Logenplatz für perfektes Dolomiten-Kino
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Logenplatz für perfektes Dolomiten-Kino
Preiswert kuren in Polen: Die polnischen Ostseebäder auf der Insel Wollin haben sich auf preisbewusste Kur-Urlauber aus dem Westen spezialisiert. Im Innern Samstag, 5. / Sonntag, 6. Februar 2011 · 66. Jahrgang · Nr. 5 Sylt in der stillen Jahreszeit: Im Winter gehört Sylt den Einheimischen. Die behaupten, dass man in dieser Jahrezeit den wahren Zauber der Insel entdecken kann. Im Innern Unverwechselbare Felsen: Der Schlern mit der Santnerspitze ist von der Seiser Alm aus gut zu sehen. Mit seinen 52 Quadratkilometern gilt das Hochplateau als größte Hochalm Europas. Alpinfreaks und Langlauffans finden hier beste Möglichkeiten für den Wintersport vor. Foto:SAM/Laurin Moser Erholsame Wintertage auf der Seiser Alm Logenplatz für perfektes Dolomiten-Kino I n Compatsch, dem Hoteldorf auf der Seiser Alm, ist die Hölle los. Hunderte von Fackeln erhellen die tiefschwarze Nacht, Alphörner und Kuhglocken durchschneiden die winterliche Stille der majestätischen Bergwelt; im Festzelt tobt der Bär. Draußen bibbern ein paar Dutzend Langläufer in ihren dünnen Laufanzügen. Das Thermometer zeigt weit unter Null, die Luft ist klirrend kalt. Es ist der Abend der „Moonlight Classic“, wenn sich die Rennpakete auf ihren schmalen Brettern in die Loipe stürzen, nur geleitet von den präparierten Spuren und der leuchtkräftigen Stirnlampe. 36 beziehungsweise 20 Kilometer haben die Sportler beiderlei Geschlechts zu absolvieren, Hobbyläufer, die sich erst vor einem Jahr auf die langen Latten gewagt haben, aber auch Leistungssportler, die schon mal bei Olympia auf dem Treppchen standen. Während im Festzelt die Stimmung dem Siedepunkt entgegenstrebt, bei zünftiger Volksmusik und deftigen Speisen, müssen sich im Großen Moos, im Wolfs Bühl und am Goldknopf wahre Dramen abspielen, weil mancher Läufer die nächtliche Herausforderung ziemlich unterschätzt. Nicht so der lang aufgeschossene Schwede, der nach einer Stunde und 38 Minuten als Erster die Ziellinie durchquert und mit dem Siegerkranz dekoriert wird. Während der Dominator schon unter der Dusche steht, quält sich das Schlusslicht noch zum 2 000 Meter hoch gelegenen Goldknopf hinauf. „Auf den werden wir wohl noch länger warten müssen“, scherzt einer der Helfer im Zielraum. Es muss ja nicht gleich ein ganzer Marathon sein, um die Einzigartigkeit dieser übermächtigen, fast schon mystischen Landschaft zu er- leben, die 2009 auf die Liste des Unesco-Weltkulturerbes gesetzt wurde. Auf der Seiser Alm, diesem 52 Quadratkilometer großen Hochplateau, von dem clevere Werbestrategen behaupten, es sei die größte Hochalm Europas, finden Langläufer und Alpinfreaks, Winterwanderer und Erholungssuchende gleichermaßen ihr Glück – und nicht, wie so oft, der Skicrack oben am Berg, die Mutter mit Kleinkind unten im schattigen Tal. Die Entschleunigung beginnt schon auf der in den 30er Jahren gebauten Straße zur Seiser Alm, die vor einigen Jahren für den Individualverkehr tagsüber gesperrt wurde. Jetzt quälen sich nur noch öffentliche Busse die kurvenreiche Strecke hinauf und die paar Urlaubsgäste, die ihre Unterkunft oben auf der Hochalm und nicht in den hübschen Orten Seis und Kastelruth mit ihren verwinkelten Gassen, dem historischen Kopfsteinpflaster und den herausgeputzten Pensionen gebucht haben. Da oben zu wohnen, wo die Sonne an über 300 Tagen im Jahr auf eine zeitlose Landschaft voller Erhabenheit scheint, macht durchaus Sinn, fällt man doch gleichsam vom Bett auf die Piste, wo kleine Italiener, Deutsche, Schweizer und der Rest der Welt die ersten Schwünge im jungfräulichen Weiß proben und der Herr Papa seine schweißtreibenden Runden in perfekt gespurten Loipen dreht. Sage mal noch einer die nordische Disziplin sei ein Altherrensport, bei dem betagte Semester mit gehörigem Bierbauch durchs pulvrige Weiß stapfen. Die anspruchsvolle, 15 Kilometer lange Joch-Loipe nötigt selbst eingefleischten Carving-Fans Respekt ab. Die Sonne scheint an 300 Tagen Wie riesig dieses Südtiroler Sahnestück auf rund 2 000 Metern Höhe ist, das wird einem erst bewusst, wenn man sich mühelos von Sessellift zu Sessellift hangelt und immer neue Seiten dieser majestätischen Bergwelt fernab jeglicher Hektik entdeckt. Geislergruppe, Schlern und der überaus markante Langkofel: es ist perfektes Dolomiten-Kino, das dem Betrachter auf dieser gigantischen Sonnenterrasse geboten wird. Da der trutzige Wolkenkratzer des über 3 000 Meter hohen Langkofels mit dem kleineren Plattkofel im Schlepptau, dessen weiß verzuckerte Flanke in der Sonne glänzt, dort der Schlern mit dem steilen Zahn der Santnerspitze, die steil Richtung Völs und Seis abfällt. Dazwischen erstreckt sich eine familientaugliche Skiarena, gespickt mit roten und blauen Pisten, die trotz ihrer Ausdehnung der Natur und der Einsamkeit den Vortritt lässt. Unberührte Hänge mit dicken Schneemützen prägen das Bild, kleine Wäldchen, durch die dampfende Haflinger Kutschen hinter sich herziehen. Zu der verwunschenen Atmosphäre passen die verwitterten Holzhütten, die unzählige Jahreszeiten kommen und gehen sahen und heute als Almwirtschaften genutzt werden – wie beispielsweise die „Gostner Schwaige“. Mehr als fünf Tische passen in den winzigen Wirtsraum nicht hinein und so müssen die hungrigen Mäuler eng zusammenrücken, wenn sie denn überhaupt einen Platz in der urigen Kneipe finden. Doch das Warten lohnt sich, denn gekocht wird mit regionalen Zutaten aus dem eigenen Betrieb. Die schmackhafte Heusuppe wird beispielsweise in einem „Teller“ aus Brotteig serviert, der stilecht auf einem Heubett serviert wird. Statt schrillem AprèsSki mit wummernden Bässen gibt es gediegene Gastlichkeit mit Klavierbegleitung, statt alkoholgeschwängerter Disco-Atmosphäre knisterndes Kaminfeuer. Gäbe es einen Preis für den schönsten Ort, die hereinbrechende Nacht zu erleben, er würde dem Pool des „Alpina Dolomites“ gebühren. Wie ein Hufeisen schmiegt sich der Bau des Brixener Architekten Gerhard Tauber in diese wunderbare Winterwelt ein, ein rechter Hingucker aus Naturstein, Holz und Glas, der meilenweit vom alpenländischen Design mit seinem verstaubten Heimatmelodie-Charakter entfernt ist. Wer im wohlig-warmen Wasser des Außenpools plantscht, umgeben von weißen Dampfschwaden, genießt bei jedem Zug nicht nur die frische Bergluft, er ist gleichsam mitten im Geschehen. Nur einen Steinwurf entfernt schweben die blauen Gondeln Richtung Seis davon, gleich dahinter verstecken sich die Hexenstühle, jene geheimnisvollen Basaltsäulen, um die sich wilde Sagen ranken: Die Schlernhexen sollen sich dort versammelt haben, um schwarze Wolken zu brauen. Wenn die Sonne im Westen versinkt und die Zacken der Santnerspitze in ein bedrohliches Schwarz tauchen, liefert die Natur ein außergewöhnliches Schauspiel: Schwimmen mit Enrosadira. Was wie die Oberhexe klingt, ist ein Phänomen der Dolomiten: das abendliche Leuchten am Himmelszelt, das die schroffen Gipfel in ein rotes Licht taucht. Für den Maler Le Corbusier war dieser Landstrich „das schönste architektonische Kunstwerk der Welt“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Roswitha Bruder-Pasewald Sagen ranken sich um Basaltsäulen Südtiroler Sahnestück: Großes Dolomiten-Kino bietet die Seiser Alm, die nur einen Steinwurf von Langkofel und Plattkofel entfernt liegt. Wer sich eine Unterkunft in Compatsch, der Hotelsiedlung auf der Seiser Alm, sucht, fällt vom Bett praktisch auf die Piste. Und an kalten Tagen ist es im Hallenbad mollig warm. Foto: SAM/Laurin Moser/Maro A nreise: Mit dem Auto über Inntal- und Brennerautobahn bis zur Ausfahrt Klausen, danach bis zur Ortschaft Waidbruck und der Beschilderung Kastelruth/ Seiser Alm folgen. Die Straße zum Hochplateau der Seiser Alm ist tagsüber gesperrt und darf nur von Gästen der dortigen Unterkünfte benutzt werden. Extratipp: Die Seiser Alm ist ein Paradies für Langläufer. Auf dem Hochplateau gibt es 60 Kilometer Loipen, alle doppelt gespurt, für klassischen Stil und Skating-Technik. Daneben gibt es eineVerbindung zu den Loipen in Monte Pana. In Compatsch, der Hotelsiedlung auf der Seiser Alm gibt es im Nordic Ski Center Umkleideräume, Duschen, einen Langlauf-Ski-Verleih, Schließfächer sowie ein Skidepot. Für die Benutzung der Loipen ist eine Gebühr fällig. Das Alpin-Ski-Gebiet auf der Seiser Alm umfasst rund 60 Kilometer Pisten, zumeist rote und blaue Strecken, die auch für Anfänger und Kinder bestens geeignet sind. Wer sportlichere Herausforderungen sucht, muss ins Grödnertal, wo der Einstieg in die Sella-Runde möglich ist. Wer keine Lust auf Skifahren hat, findet zahlreiche Winterwanderwege vor. Zudem gibt es ein halbes Dutzend Rodelbahnen und die Möglichkeit zu Pferdeschlittenfahrten. Skipasspreise: Wer ausschließlich in Gröden und auf der Seiser Alm Ski fahren möchte, für den reicht der dortige Skipass mit rund 175 Kilometer Pisten. Der SechsTages-Pass kostet in der Hochsaison für Erwachsene 216 Euro, für Junioren (geboren nach dem 27. November 1994) 151 Euro und für Senioren (vor dem 27. November 1945) 194 Euro. Ab 20. März werden die Informationen Preise für den Skipass um rund zehn Prozent preiswerter. Achtung: Für die SellaRunde braucht man den Skipass „Dolomiti Superski“. Der Sechs-Tages-Pass kostet in der Hochsaison für Erwachsene 233 Euro, für Junioren 163 Euro und für Senioren 210 Euro. Übernachtung: Es macht durchaus Sinn, sich direkt auf der Seiser Alm eine Unterkunft zu suchen. Man spart sich die zeitaufwendige Anfahrt per Bus oder Gondel von Seis aus. Erst seit wenigen Monaten hat das „Alpina Dolomites“ offen, ein Fünf-SterneHaus mit außergewöhnlicher Architektur, die dem Gast das Gefühl vermittelt,Teil der Landschaft zu sein. Es gibt ein riesiges Panorama-Hallenbad mit Blick auf die Pisten, einen großzügigen Wellnessbereich mit vier verschiedenen Saunen, geführte Skitage, Schneeschuh- und Winterwanderungen sowie Fitnessangebote. Noch bis zum 27. März gibt es die Pauschale „Wintermärchen“, die sieben Übernachtungen mit Halbpension, eine Pferdeschlittenfahrt sowie verschiedene Wellnessanwendungen umfasst. Sie kostet pro Person ab 1 024 Euro. Die anschließenden „Sonnenskiwochen“, ebenfalls sieben Übernachtungen mit Halbpension, sind ab 894 Euro zu buchen. Alpina Dolomites, Compatsch, I-39040 Seiser Alm, Telefon (00 39) 04 71 79 60 04, Fax (00 39) 04 71 78 60 64. www.alpinadolomites.it Auskünfte: Seiser Alm Marketing, Dorfstraße 15, I-39050 Völs am Schlern, Telefon (00 39) 0 47 17 09 6 00, Fax (00 39) 04 71 70 41 99. www.seiseralm.it.