Wenn die Möwen zu Fuß gehen

Transcription

Wenn die Möwen zu Fuß gehen
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:22 Seite 1
A TOGNUM GROUP BRAND
MTUreport
Das Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy | Ausgabe 01I2011 | www.mtu-online.com
Wenn die Möwen zu Fuß gehen...
Nordsee-Notschlepper mit Automation und Gasschutz
Mission erfüllt
Neue Baureihe 2000 ohne Abgasnachbehandlung
Der Härtetest
Stromaggregat im Steinbruch
Editorial
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:22 Seite 2
Volker Heuer, Vorsitzender des
Vorstands der Tognum AG sowie
Vorsitzender der Geschäftsführung
der MTU Friedrichshafen GmbH.
Wir sind in Bewegung
Bewegte Monate liegen hinter – und sicherlich auch noch vor uns. Kurz vor Druck dieses MTU
Report informierten uns Daimler und Rolls-Royce, dass sie gemeinsam die Mehrheit an unserer
Muttergesellschaft Tognum übernehmen wollen. Das hat viele überrascht und bewegt. Doch ich
denke, dass diese Partnerschaft der richtige Schritt sein kann. Daimler und Rolls-Royce wären
für uns finanzstarke strategische Investoren, die sich klar zu unserer Wachstumsstrategie bekennen. Zusammen könnten wir viel bewegen, denn die Produktportfolien und die Marktzugänge
der beteiligten Unternehmen würden sich auf attraktive Weise ergänzen. Insbesondere für
Tognum und Rolls-Royce würden sich völlig neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnen.
Gemeinsam würden beide Unternehmen die komplette Bandbreite mittelschnell und schnelllaufender Dieselmotoren für komplette Antriebssysteme anbieten. Darüber hinaus würden wir von
der gegenseitigen Ergänzung des Produktportfolios in der Energieerzeugung profitieren.
Sie sehen: Dieses Übernahmevorhaben löst keinesfalls Stillstand aus, sondern führt zu noch
mehr Bewegung bei uns. Es ist ein gutes Gefühl, begehrt zu sein. Das sind wir, weil wir für die
Zukunft hervorragend aufgestellt sind und mit unseren Motoren den Standard setzen. Auf der
Baumaschinenmesse Conexpo in Las Vegas haben wir Motoren im Leistungsbereich von 100
bis 3.000 Kilowatt Leistung vorgestellt, die die US-amerikanischen Emissionsstufen Tier 4 interim
und 4 final erfüllen – größtenteils sogar ohne ein System zur Abgasnachbehandlung. Dieser
Erfolg motiviert uns, weiter in Forschung und Entwicklung zu investieren. Denn wir
wissen, dass wir noch viel bewegen können.
Aber gute Entwicklungsarbeit alleine reicht nicht aus. Wir haben daher auch unsere Vertriebsstruktur neu aufgestellt: Sie ist jetzt weltweit einheitlich und bietet das optimale Betreuungskonzept für die großen OEMs und Direktkunden sowie jetzt noch direkter für unsere Distributionskunden. Darüber hinaus haben wir aus bisher drei großen Vertriebsregionen zehn kleinere
gemacht. So wollen wir zusammen mit unseren Distributoren sicherstellen, dass wirklich jeder
Kunde die Betreuung bekommt, die er benötigt.
Doch bei all der Aufbruchstimmung hat mich eins tief bewegt: die Katastrophe in Japan und
die immer noch nicht absehbaren Folgen. Allen Betroffenen gebührt mein tiefstes Mitgefühl.
Vielleicht können uns diese schlimmen Bilder und Nachrichten noch einmal deutlich machen,
dass die Sicherheit über allem steht. Unsere Titelgeschichte über den Nordsee-Notschlepper
Nordic ist ein gutes Beispiel dafür, was man alles für die Sicherheit tun kann. Das Schiff kann
unabhängig von der Außenluft mit Sauerstoff versorgt werden und damit auch dann noch
Havaristen retten, wenn aus diesen giftige Gase strömen. Auch unsere Motoren sind mit einer
speziellen Gasschutzfunktion ausgestattet, so dass das Schiff auch dann noch fahren kann,
wenn andere Schlepper umkehren müssen.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre dieses MTU Report. Sicherlich werden Sie in
vielen Geschichten die Bewegung entdecken, die in unserem Unternehmen steckt.
Ihr Volker Heuer
2 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:23 Seite 3
22
30
44
Inhalt
04
24
02
Editorial
Marine
04 Wenn die Möwen zu Fuß gehen...
Das modernste Gasschutzsystem der
Welt, gasgeschützte Motoren und ein
extra für das Schiff programmiertes
Automationssystem – die Nordic ist ein
besonderer Notschlepper.
14
Nachrichten
Energie
24 Dr. med. Volt
Eine schlüsselfertige Notstromanlage von
MTU Onsite Energy sorgt dafür, dass im
Krankenhaus Charité in Berlin die Stromversorgung nicht dem Zufall überlassen wird.
30 Der Härtetest
Ein MTU Onsite Energy-Stromaggregat
hat fast 2.000 Stunden in einem
Steinbruch gearbeitet. Staub und Hitze
inklusive. Ein wahrer Härtetest.
Unternehmen
20 Näher, schneller, mutiger
Peter Kneipp ist der neue EnginesVorstand und damit verantwortlich
für das weltweite Geschäft mit MTUMotoren- und Antriebssystemen. Im
Interview erklärt er, was ihn am
Unternehmen reizt und welcher
Motor ihn antreibt.
22 Mission erfüllt
Die Motoren der neuen Baureihe 2000
erfüllen die US-amerikanische Emissions stufe Tier 4i ohne ein System zur Abgasnachbehandlung.
34 Das löhnt sich
Der stärkste Biogasmotor, den MTU
Onsite Energy je hatte: Die Baureihe
4000 kann jetzt nicht mehr nur mit
Diesel und Erdgas angetrieben werden,
sondern auch mit Biogas.
After Sales
40 Wartung Virtuoso
Ein MTU-Vollwartungsvertrag garantiert
der maltesischen Reederei Virtu Ferries,
dass die Motoren jederzeit laufen und die
Wartungskosten kalkulierbar sind.
Marine
Titelseite: Der neue Nordsee-Notschlepper
Nordic zeigt die MTU-Systemkompetenz:
Sowohl die gasgeschützten Motoren als auch
das Automationssystem und der Wartungsvertrag sind speziell auf die Wünsche des
Kunden zugeschnitten.
44 Architekt der Träume
Der Schiffsingenieur Paul Shallcross
erzählt im Interview, was den Yachtbau
so besonders macht, welche exklusiven
Sonderwünsche er seinen Kunden schon
erfüllt hat und warum er selber gar keine
große Yacht haben möchte.
Marine
52 Kein bisschen alt
Die Baureihe 1163 ist schon fast
30 Jahre lang auf dem Markt. Doch
Werner Remmels, Friedrich Mussotter
und Werner Flesch sind sich sicher, dass
sie trotz aller Erfolge erst jetzt in ihre
besten Jahre kommt.
Oil & Gas
58 Volltanken bitte
Ein Schiff übernimmt Öl im ungereinigten
Zustand von einer Plattform, verarbeitet
es und speichert das Öl, bis es an Land
gefahren wird.
Defense
62 Raubtierduell
In einer Vergleichsfahrt mit dem
Kampfpanzer Leopard II hat der
Schützenpanzer Puma seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
Bahn
66 Kiwis aus China
Erstmals sind chinesische Lokomotiven
in einer Industrienation außerhalb Asiens
im Einsatz.
67
Apropros
MTU Report 01/11 I 3
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:23 Seite 4
System-Know-how für den Nordsee Notschlepper
Wenn die Möwen
zu Fuß gehen…
4 I MTU Report 01/11
Marine
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:23 Seite 5
„Mayday Mayday Mayday
This is 113456789 LNG Carrier Storm AB1234
In Position
53 Degrees 85,3 Minutes North
37 Degrees 30,4 Minutes East
Fire in engine room, ship not under control
Last seen on 07:35 UTC
Require immediate help
Over“
1.200 Meter lang und so dick wie ein Arm – dieser Schleppdraht kann auch die größten Tanker auf den Haken nehmen.
MTU Report 01/11 I 5
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:24 Seite 6
KARTE
Über 20.000 PS Leistung und 20 Knoten
Höchstgeschwindigkeit: Von ihrer Basis
zwölf Seemeilen vor Norderney aus kann die
Nordic jede Stelle in der Deutschen Bucht
innerhalb von zwei Stunden erreichen.
Cuxhaven
Norderney
Hamburg
Deutschland
8
Die Nordic hat einen Pfahlzug von 200 Tonnen und kann mit dieser Kraft selbst die größten Havaristen auf den Haken nehmen.
Blue
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:24 Seite 7
Marine
Der 1. Januar 2011 war für Carsten-Söhnke Wibel
nicht irgendein Neujahrstag. An diesem Tag ging
für ihn ein Lebensabschnitt zu Ende – ein Lebensabschnitt voller Spannung und Vorfreude, mit
vielen Diskussionen, vor allem aber mit einem
vollen Terminkalender. Denn Carsten Wibel war
Projektleiter des neuen Nordsee-Notschleppers
Nordic, den die „Arbeitsgemeinschaft Küstenschutz“ seit dem 1. Januar 2011 an die deutsche
Bundesregierung verchartert hat. Diese hat das
knapp 80 Meter lange und 16,5 Meter breite
Schiff, das genau auf die Bedürfnisse zur Sicherung von havarierten Schiffen auf der Nordsee
zugeschnitten ist, für die nächsten zehn Jahre
gechartert. Es ist fast 20 Knoten (etwa 37 Stundenkilometer) schnell und kann von seiner Basis
zwölf Seemeilen vor Norderney aus jede Stelle in
der Deutschen Bucht innerhalb von zwei Stunden
erreichen. Doch das alleine macht die Nordic
noch nicht einzigartig. Beeindruckender ist da
schon ihre Kraft: Mit einem Pfahlzug von 200
Tonnen – ein solches Gewicht könnte das Schiff
vom Boden anheben – gehört sie zu den drei
stärksten Notschleppern der Welt und kann auch
voll beladene Tanker oder Großcontainerschiffe
ziehen. Die Kraft dazu geben ihr die insgesamt
17.200 Kilowatt Leistung von zwei MTU-Motoren
der Baureihe 8000.
Besonderes Merkmal: Gasschutz
Richtig einzigartig ist die Nordic aber wegen
ihres außenluftunabhängigen Schutzluftsystems.
Strömen tatsächlich einmal giftige oder zündfähige Gase aus einem havarierten Schiff aus – sei
es auf der Elbe vor Hamburg oder auf hoher See
– ist dies für sie kein Hindernis. Dann schließt
die Besatzung alle Türen und Luken, die in den
Außenbereich des Schiffs führen, so dass aus
dem Aufbau eine luftdichte Zitadelle entsteht.
Damit die Besatzung dennoch mit Sauerstoff
versorgt wird, strömt dann saubere Atemluft aus
Flaschen in den Innenraum. Diese Luft erzeugt
zugleich einen Überdruck von zwei bis vier
Millibar, so dass kein Gas mehr von außen in die
Zitadelle eindringen kann. Mindestens acht
Stunden lang kann die Nordic in der gefährlichen
Atmosphäre arbeiten, so lange reichen die Luftvorräte. „Wenn wir den Havaristen dann noch
nicht auf dem Haken haben, dann schaffen wir
es auch mit mehr Zeit nicht mehr“, so Wibel.
Zermürbende Warterei
Er weiß, wovon er spricht. Carsten-Söhnke Wibel
ist selber zur See gefahren und war unter anderem zwei Jahre lang auf der Oceanic, dem Vorgängerschiff der Nordic. Deshalb wusste er,
worauf es bei der Planung des neuen Schleppers
ankommt. Mit viel Liebe zum Detail hat er mit
seinen Kollegen aus der Reederei das Schiff entwickelt. Die Betten für die Besatzung stehen
beispielsweise nicht an der Außenwand des
Schiffes, sondern an der Innenseite, „damit es
nicht so kalt wird“. Direkt am Außendeck ist ein
kleiner Vorbereitungsraum. „Hier sind die Vorräte
für die monatliche Grillparty, die die Besatzung
im Sommer auf dem Außendeck feiern kann“,
sagt Wibel. Überhaupt sei die Stimmung an Bord
wichtig, denn die Arbeit könne schon zermürbend sein. Jederzeit kann es zu einem Einsatz
kommen. Darauf muss die Besatzung vorbereitet
sein. Doch die meiste Zeit passiert nichts und
die Nordic liegt zwölf Seemeilen vor Norderney
auf Reede. „Die Warterei ist das Schlimmste“,
berichtet Tobias Pietsch, Kapitän auf der Nordic.
„Aber wenn es soweit ist, müssen wir hellwach
sein. Denn meistens geschehen ja Havarien
dann, wenn die Bedingungen auf See besonders
schlecht sind“, macht der 30-Jährige klar. In der
Seemannssprache heißt das: „Wenn die Möwen
zu Fuß gehen.“ Dann muss er sein Schiff bei
stürmischer See so nah wie möglich an einen
Havaristen herannavigieren, der meistens um
ein Vielfaches größer ist als sein Schlepper. Das
erfordert nicht nur viel Erfahrung und Können,
sondern auch Mut. Denn dabei muss der Kapitän
die ureigenste Angst eines Seemanns überwinden,
der eigentlich gelernt hat, von anderen Schiffen
möglichst viel Abstand zu halten.
MTU-Motoren gasgeschützt
Wer mit Carsten Wibel über die Nordic geht,
der spürt, dass hier ein Fachmann von „seinem
Schiff“ spricht. Zehn Jahre lang hat er die Nordic
Carsten-Söhnke Wibel ist stolz auf „seine“ Nordic.
Zehn Jahre lang hat er das Schiff geplant.
MEMO
In der Deutschen Bucht liegt ein
havariertes Schiff. Giftige Gase strömen aus. In den Sicherheitszentralen
herrscht nervöses Treiben. Alle
wissen: Kein Schlepper kann in die
giftige Wolke hineinfahren und das
Schiff aus der Gefahrenzone bringen...
Damit dieses Szenario nicht Realität
wird, hat die deutsche Bundesregierung einen innovativen Notschlepper
für die Nordsee gechartert: Die Nordic
ist der einzige Schlepper der Welt,
der unabhängig von der Außenluft
mit Atemluft versorgt werden kann.
ARGE Küstenschutz
Die deutsche Bundesregierung hat schon in den 80er
Jahren ein nationales Notschleppkonzept entwickelt.
Dieses Konzept sieht vor, dass bundeseigene sowie privat betriebene und an den Bund vercharterte Schlepper
durch ihre strategische Positionierung entlang der
deutschen Nord- und Ostseeküste einen Havaristen
schnellstmöglich erreichen. Die drei großen deutschen
Schleppreedereien Bugsier, Fairplay Towage und
Unterweser-Reederei haben sich im Frühjahr 2001 zur
„Arbeitsgemeinschaft Küstenschutz“ zusammengeschlossen, um den Anforderungen des Bundes an
private Anbieter zu entsprechen.
MTU Report 01/11 I 7
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:24 Seite 8
Marine
Wenn der Motor zusammen mit der Luft geringe
Mengen brennbarer Gase ansaugt, ist dies für
die Verbrennung eigentlich kein Problem. Eckhard
Osterloff, der die Gasschutzfunktion für den
Motor bei MTU entwickelt hat, scherzt sogar,
dass man damit Kraftstoff sparen könne, da weniger Diesel in den Motor eingespritzt werden
müsse. Doch wenn sich zu viel brennbares Gas
in der Luft befindet und der Motor nur noch Gas
und keinen Dieselkraftstoff mehr verbrennt, ist
er nicht mehr regelbar. Daher haben MTU-Entwickler eine Mindesteinspritzmenge Diesel festgelegt, die in den Brennraum eingespritzt wird.
Sie variiert je nach Leistung des Motors: Liegt
die Leistung beispielsweise unter 1.800 Kilowatt,
dürfen bis zu 70 Prozent der Energie im Brennraum Gase sein. Wenn die Gaskonzentration
weiter steigt und somit der zulässige Fremdenergieeintrag überschritten wird, schließen
spezielle Schnellschlussklappen die Gas- und
Luftzufuhr – und der Motor stoppt, bevor gefährliche Betriebszustände eintreten.
Eine weitere Besonderheit: Damit sich das GasLuft-Gemisch im Motor nicht selbst entzündet,
darf die Temperatur der verdichteten Luft im
Motor nicht über 135 Grad Celsius liegen. Dafür
wird die Leistung von möglichen 8.600 Kilowatt
auf 4.000 Kilowatt gedrosselt. Während des
Gasschutzbetriebs wird die Temperatur ständig
überwacht. Steigt sie über 135 Grad, muss der
Kapitän die Motorleistung senken. Auch die
Abgase, die das Schiff im Normalfall mit einer
Temperatur von 300 bis 400 Grad Celsius verlassen, dürfen nicht heißer als 135 Grad sein, um
in der gashaltigen Atmosphäre außerhalb des
Schiffes keine Explosionen auszulösen. Ein mit
Seewasser betriebener Sprühkranz im Abgas schacht kühlt daher die Abgase. Flammsperren im
Ansaugtrakt des Motors verhindern zudem, dass
8 I MTU Report 01/11
bei Rückzündungen Flammen in den Ansaugtrakt
gelangen und so Explosionen im Motor auslösen.
Ein grandioses System. Einsetzen möchte es
trotzdem keiner. „Das bedeutet ja, dass ein
Schiff in Gefahr ist, und das kann ich mir als
Seemann nicht wünschen“, sagt Kapitän Pietsch.
Und wenn es doch einmal passiert? Ist einem
Kapitän dann nicht mulmig, wenn er sein Schiff
an einen Havaristen navigieren muss, der giftige
Gase ausströmt? „Nein, ich weiß, dass sowohl
die Technik als auch meine Besatzung gut vorbereitet sind“, ist sich Pietsch sicher. „Auf mein
Schiff kann ich mich verlassen.“
Automationssystem speziell für die Nordic
„Das kann er auch“, versichert Robert Nüß. Der
technische Offizier der Nordic sitzt im unteren
Deck des Schleppers im Maschinenkontrollraum
und überwacht dort das ganze Schiff. Dabei unterstützt ihn das MTU-Schiffsautomationssystem
„Callosum“. Es steuert, überwacht und regelt
nicht nur den Antrieb, sondern überwacht auch
die Bordstromversorgung, die Strahlruder sowie
weitere Schiffsbereiche wie Bilgen oder Tank. Ist
eine Luke offen oder dringt an einer Stelle im
Schiff Wasser ein, schlägt das Callosum-System
Alarm und Robert Nüß kann sofort reagieren.
Doch nicht nur er sieht jederzeit, was auf dem
Schiff los ist. Auch auf der Brücke können der
Kapitän und dessen Offiziere über das System
das Schiff steuern und verschiedene Einstellungen vornehmen. Brennt ein Havarist, können sie
die Feuerlöschpumpen zuschalten, die ebenfalls
vom 8000er-Motor angetrieben werden.
Doch jetzt gerade ist es ruhig auf dem Schiff und
Robert Nüß hat Zeit, die Ölfilter am Antriebsmotor zu wechseln. „MTU hat hier ein Automationssystem speziell für diesen Schlepper entwickelt,
das uns die Arbeit enorm erleichtert und das
Schiff zudem noch sicherer macht“, erklärt er.
Dazu gehört auch ein Videobordüberwachungssystem CCTV. Über „Callosum“ können die Offiziere und der Kapitän auf der Brücke Bildschirme
zuschalten, auf denen sie einige Räume im Schiff
einsehen können. So wird beispielsweise der
Bereich überwacht, in dem die beiden Schleppwinden ihre je 1.200 Meter langen, tonnenschweren Schleppdrähte, die mit 80 Millimeter
Durchmesser so dick wie ein Arm sind, auf- und
abtrommeln. Kommt es zu Problemen, kann die
Besatzung sofort reagieren.
„Mayday Mayday Mayday
This is 113456789 LNG Carrier
Storm AB1234
In Position
53 Degrees 85,3 Minutes North
37 Degrees 30,4 Minutes East
Fire in engine room, ship not
under control
Last seen on 07:35 UTC
Require immediate help
Over“
MEMO
geplant. Noch gut kann er sich daran erinnern,
als er den 8000er Motor das erste Mal auf dessen Prüfstand gesehen hat. „MTU war weltweit
der einzige Hersteller, der uns die zeitgerechte
Entwicklung von gasgeschützten Motoren auf
Grund seiner langjährigen Erfahrung auf diesem
Spezialgebiet zusagen und durch eine Machbarkeitsstudie belegen konnte“, erklärt Wibel. Nicht
nur die beiden Antriebsmotoren sind gasgeschützt. Auch die 12-Zylinder-Motoren der Baureihe 4000 für die Bordstromversorgung sind von
MTU speziell für den Gasschutzeinsatz konzipiert.
Getestet und für gut befunden
Der MTU-Motor hat gezeigt, dass sein Gasschutzsys tem funktioniert. Nach umfangreichen Vorversuchen
bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, in
denen mit Propangas das Potenzial der Flammsperren
und die Druckfestigkeit des Ansaugtraktes getestet
wurden, zeigte er auch auf dem Prüfstand seine Haltbarkeit. Zunächst überprüften MTU-Ingenieure die
Flammsperren und maßen die Druckspitze im Ladeluftrohr. Dann erprobten sie die angebaute elektronische Ausrüstung des Motors. Auch die Reaktion der
Schnellschlussklappen im Gasschutzbetrieb und der
Startablauf nach der Notabstellung im Gasschutzbetrieb mit Spülluft sahen sie sich während des Testlaufs in Friedrichshafen genau an. In der abschließenden Abnahmeprüfung durch den Germanischen Lloyd
erhielt der Motor die Zulassung für den Betrieb mit
durch Fremdgase kontaminierter Verbrennungsluft.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:25 Seite 9
8.600 Kilowatt Leistung auf sieben Metern Länge und zwei Metern Breite. Doch die 8000er-Dieselmotoren sind nicht nur ein kraftvoller Antrieb für die Nordic, sie
verfügen auch über ein spezielles Gasschutzsystem. Wo andere Motoren wegen der Gase in der Umgebung zerstört werden würden, laufen sie problemlos weiter.
MTU-Mechaniker Marcus Herudek
hat die Motoren an Bord installiert
und die Inbetriebnahme begleitet.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:26 Seite 10
1
2
4
5
6
10 I MTU Report 01/11
3
1 Tobias Pietsch ist Kapitän auf der Nordic. Als einziger Notschlepper weltweit verfügt das Schiff
über ein außenluftunabhängiges Gasschutzsystem.
2 Wenn es zu einem Gaseinsatz kommt, schließt die
Besatzung alle Türen und Luken, so dass kein Gas
in die Zitadelle eindringen kann.
3 Dann darf sie die Zitadelle nur noch mit einer
speziellen Ausrüstung verlassen.
4 Die grüne Lampe zeigt, dass das Gasschutzsystem
eingeschaltet ist.
5 Mit den beiden 1.200 Meter langen Schleppwinden kann die Besatzung den Havaristen dann auf
den Haken nehmen.
6 Seit dem 1. Januar 2011 liegt die Nordic vor der
ostfriesischen Nordseeinsel Norderney und wartet auf Einsätze.
7 Auch die MTU-Antriebsmotoren der Baureihe
8000 haben eine spezielle Gasschutzfunktion,
damit sie trotz der Gase in der Luft weiterlaufen.
8 Die Motoren treiben das Schiff zu einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Knoten an. Damit kann
die Nordic jede Stelle in der Deutschen Bucht in
weniger als zwei Stunden erreichen.
9 Bei der Inbetriebnahme des Schiffes waren MTUMechaniker auf der Nordic, um die Besatzung in
die Motoren einzuweisen.
10 MTU hat auch den Reedediesel geliefert, der das
Schiff mit Bordstrom versorgt, wenn es vor
Norderney auf seine Einsätze wartet. Der Motor
ist von einer speziellen Schallkapsel umgeben,
damit es an Bord nicht zu laut ist.
11 Konstantin Baganz von der Bugsir-Reederei ist
28 Tage am Stück an Bord der Nordic.
12 Versorgt wird er in dieser Zeit von einem Koch
in der Schiffsküche.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:27 Seite 11
Marine
8
MEMO
7
Nordic ersetzt „alte Dame“
9
10
11
Sie ist seit 1969 im Einsatz und wird von Schiffsliebhabern gerne „die alte Dame“ genannt: Die Oceanic ist
das Vorgängerschiff der Nordic. Vor über 40 Jahren
stellte die Reederei Bugsier den Bergungsschlepper in
Dienst. Viele Jahre lang war sie zwischen den weltweiten Verschleppungsreisen mit Bohrinseln, havarierten
Schiffen oder Bargen, unter anderem in südafrikanischen Gewässern nähe der Tankerroute um das „Kap
der guten Hoffnung“ und auf den Bermuda-Inseln stationiert. Seit März 1996 hat die Bundesregierung das
Schiff als Notschlepper gechartert, um Havaristen in
der Deutschen Bucht zu Hilfe zu kommen. Doch damit
ist seit einigen Monaten Schluss. Die Oceanic liegt nun
in der Werft und wartet auf einen Käufer. Es soll bereits Interessenten geben, die sie zu einer Luxusyacht
umbauen wollen. Die Nachfolgerin der „alten Dame“ ist
zwar einige Meter kürzer, jedoch wesentlich leistungsstärker, hat einen höheren Pfahlzug und einen geringeren Tiefgang. „Die Oceanic wurde ursprünglich als
Bergungsschlepper gebaut, um auf den Weltmeeren
unterwegs zu sein. Die Nordic dagegen ist speziell für
ihren Einsatz als Notschlepper in der Deutschen Bucht
konzipiert“, erläutert Carsten Wibel den Unterschied.
12
MTU Report 01/11 I 11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:28 Seite 12
1
2
3
4
MEMO
1 Das MTU-Automationssystem Callosum gibt nicht nur einen Überblick über das Antriebssystem, sondern auch über die Stromgeneratoren, den Gasschutzbetrieb, Schiffsbereiche
wie Bilgen oder Tanks, die Türen, die Lüftung sowie das Bordüberwachungssystem CCTV. 2 Der Kapitän auf der Brücke kann über die Callosum-Bildschirme jederzeit den Status
der Motoren sehen. 3 Er hat zudem einen Überblick, wo auf dem Schiff überall die Ventilatoren laufen. 4 Bevor die Besatzung an Bord der Nordic den Gasschutzbetrieb einstellt,
überprüft Callosum, ob alle notwendigen Vorkehrungen getroffen sind.
Wartungsvertrag garantiert hohe Verfügbarkeit
Ein maßgeschneiderter MTU-Wartungsvertrag garantiert der Betreibergesellschaft
ARGE Küstenschutz einen zuverlässigen Service bei gleichzeitiger Absicherung der
Kosten. Das über zehn Jahre laufende Service-Paket beinhaltet sowohl alle präventiven Wartungsarbeiten als auch korrektive Maßnahmen, wie zum Beispiel Komponentenaustausch und deckt dadurch alle möglichen Schäden am Motor ab. Kleinere
Wartungsarbeiten, wie die tägliche Motorenkontrolle oder den Filterwechsel erledigt die Besatzung selbst. Dafür haben MTU-Instruktoren sie im Friedrichshafener
Trainingscenter speziell geschult. Ein 24-Stunden-Support und Ersatzteillieferung
innerhalb kürzester Zeit garantieren der ARGE Küstenschutz die größtmögliche
Motorverfügbarkeit. Hochwertige Original-MTU-Ersatzteile sowie qualifiziertes
Servicepersonal stehen in Cuxhaven, dem Basishafen des Schiffes, zur Ver fügung.
Aber selbst wenn der Schlepper nicht im Hafen ist, sondern unterwegs auf hoher
See oder vor Reede in der Nordsee liegt, verlieren ihn die Service-Techniker nicht
aus den Augen. Dank „MTU Remote Services“ ist die Überwachung der Motoren
auch aus der Ferne möglich. So können mithilfe von Echtzeitüber tragung wichtige
Betriebsdaten der Motoren von überall aus abgerufen und ausgelesen werden.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:28 Seite 13
Marine
Mayday
All Stations All Stations
All Stations
This is 113456789 LNG Carrier
Storm AB1234
9:40 UTC
Storm AB1234
Silence Fini
Over
Auch der Gasschutzbetrieb wird vom Automationssystem überwacht. Hier steht zu Beginn der
so genannte GSB-Check. Sind auch wirklich alle
Luken gasdicht verschlossen? Funktionieren die
Lüftungen? Erst wenn alle Vorkehrungen getroffen sind, kann der Kapitän in den Gasschutzbetrieb schalten. Dann wird die Leistung der Motoren auf 4.000 Kilowatt heruntergefahren, damit
die Ladelufttemperatur nicht zu hoch wird. Das
Überwachungssystem aktiviert außerdem die
spezielle Gasschutzbetriebsanpassung, um einen
sicheren Motorbetrieb unter solchen Bedingungen
zu gewährleisten.
Beruf und Berufung zugleich
Die Technik ist das eine. Das andere ist die Besatzung an Bord. „Die muss perfekt zusammen
arbeiten“, weiß Wibel. 28 Tage sind die Männer
zusammen auf dem Schlepper. Da muss die
Chemie stimmen. „Ich muss meine Kollegen ja
nicht lieben, aber ich muss sie respektieren“,
erzählt Konstantin Baganz, nautischer Wachoffi zier auf der Nordic. Regel Nummer eins: die
Privatsphäre der Kollegen zu achten. Möchte
Konstantin Baganz seine Ruhe haben, schließt
er die Tür zu seiner Kabine. Die Kollegen wissen
dann, dass sie ihn nur im Notfall – beispielsweise
im Falle eines Einsatzes – stören sollen. Möchte
er sich nur zurückziehen, jedoch für seine
Kollegen weiter ansprechbar bleiben, schließt er
seine Kabinentür nicht, dafür aber den Vorhang
vor der Tür – nur eine der vielen Regeln, die jeder Seemann früh verinnerlichen muss. „Das
meiste habe ich in meiner aktiven Seemannszeit
während des Essens in der Messe – dem Wohnund Esszimmer auf dem Schiff – gelernt. Dort
heißt es für junge Seemänner nur: Hinsetzen,
Mund halten, Kaffee trinken und zuhören“, so
Wibel. Auch Konstantin Baganz, von seinen Kollegen nur Konny genannt, hat mit seinen 24 Jahren
bereits viel Erfahrung auf hoher See gesammelt.
Schon sein Großvater fuhr zur See und nahm seinen Enkel oft mit. Als Schüler ist er dann in den
Ferien „Hand gegen Koje“ auf Schiffen mitgefahren und hat die Besatzung unterstützt. Nach
seiner Ausbildung zum Schiffsmechaniker und
einigen Jahren auf verschiedenen Schleppern der
Bugsier-Reederei ist er jetzt nautischer Offizier
auf der Nordic. Er steuert das Schiff und kontrolliert dazu noch die nautische Ausrüstung auf
dem Schiff. Hierzu gehören Radar- oder Funk geräte, die Seekarten oder das Ankergeschirr.
Wenn man mit ihm über die Arbeit spricht, dann
merkt man sofort: Hier spricht kein Angestellter
über seinen Job. Hier erzählt einer, der es liebt,
Seemann zu sein. Auch Kapitän Tobias Pietsch
kann sich keinen anderen Beruf vorstellen. Ein
Jahr lang hat er es mal im Büro versucht, aber
das sei nichts gewesen. Was liebt er an der Seefahrt? „Die Freiheit, die Verantwortung, aber
auch den Nervenkitzel, in kritischen Situationen
schnell entscheiden zu müssen“, erklärt Pietsch.
Das kann Carsten Wibel gut nachvollziehen.
Wenn man seine Augen leuchten sieht, während
er von der Nordic erzählt, dann könnte man
meinen, er wolle am liebsten gar nicht mehr von
Bord gehen. Die Nordic ist für ihn nicht nur ein
Schiff, sie ist sein „Baby“, sein Wunschkind, das
jetzt den sicheren Hafen verlassen hat und als
modernster Notschlepper der Welt auf der
Nordsee fährt.
Text: Lucie Dammann
Bilder: Peter Andryszak
Ihre Fragen beantwortet:
Steffen Ehrentraut
[email protected]
Tel. +49 7541 90-7020
Robert Nüß, technischer Offizier der Nordic, überprüft während der Inbetriebnahme zusammen mit dem
MTU-Mechaniker Marcus Herudek die Funktion des Automationssystems. Mit diesem hat er im Maschinen kontrollraum einen Überblick über das gesamte Schiff.
MTU Report 01/11 I 13
Nachrichten
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:28 Seite 14
Innovativ: Mit dem Hybrid-Powerpack von MTU können Bahnbetreiber 25 Prozent Kraftstoff einsparen.
Ausgezeichneter Hybrid
Friedrichshafen. Das MTU-Hybrid-Powerpack hat den Innovationspreis der Fachzeitschrift
Privatbahn Magazin in der Kategorie „Umwelt- und Bahntechnik“ gewonnen. Dieser Preis zeich net
Produkte aus, die „die Idee des ‚Neuen’ wirtschaftlich mit einem Blick für die Zukunft“ umsetzen.
Eine Jury mit Vertretern von Eisen bahn ver kehrsunternehmen hatte die umweltfreundliche Antriebslösung von MTU aus den fünf Finalisten dieser Kategorie als Gewinner gewählt.
Das Hybrid-Powerpack ist sowohl beim Neubau als auch zur Remotorisierung von Triebwagen
eine zukunftsweisende Alternative zu herkömmlichen Antriebskonzepten. Der Hybrid-Unterflurantrieb
entlässt die Bremsenergie nicht als Wärme in die Umwelt, sondern sammelt sie in Batterien und nutzt
sie für das Wiederan af hren und für den Stop-and-Go-Betrieb. Dadurch lassen sich Kraftstoffverbrauch
und Kohlendioxidausstoß um bis zu 25 Prozent reduzieren. Mit dem zusätzlichen SCR-Katalysator zur
Abgasnachbehandlung erfüllt der Antrieb die ab 2012 geltende europäische Emis sions stufe EU IIIB.
Gemeinsam mit der Deutsche Bahn-Tochter West frankenbahn bereitet MTU die Erpro bung der innovativen Technologie in einem Testfahrzeug vor: Im Rahmen eines Förder projekts fährt ab Herbst 2011 ein
mit Hybridantrieb ausgestatteter Nah ver kehrs trieb wagen der Baureihe 642 auf der Strecke zwischen
Aschaffenburg und Miltenberg. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung fördert
die Entwicklung und Erprobung des Hybridantriebs im Rahmen des Projekts Modellregionen Elektromobilität, das von der NOW GmbH Nationale Organisation für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie koordiniert wird.
Der MTU-HybridPowerpack entlässt die
Bremsenergie nicht als
Wärme in die Umwelt,
sondern sammelt sie in
Batterien und nutzt sie
für das Wiederanfahren
und für den Stop-andGo-Betrieb.
14 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:28 Seite 15
„Energiequellen intelligent
verknüpfen“
Tognum hat sich aus dem Markt für Brennstoffzellen zurückgezogen. Diese Nachricht kam kurz vor Ende des
Jahres 2010 für viele sicherlich überraschend. Christof von
Branconi, als Leiter des Tognum-Geschäftsbereichs Onsite
Energy & Components verantwortlich für die dezentrale
Energieerzeugung, erklärt die Gründe für diesen Rückzug
Rückzug,
und
wie es
zeigt,
möglicherweise
wo die Zukunft
mitvon
derMTU
Brennstoffzelle
Onsite Energy
weiter
liegt.
geht
und zeigt, wo die Zukunft von MTU Onsite Energy liegt.
Warum hat Tognum sich aus dem BrennstoffzellenGeschäft
Warum hat
zurückgezogen?
Tognum sich aus
Ist die
demTechnologie
Brennstoffzellendoch nicht
zukunftsfähig?
Geschäft zurückgezogen? Ist die Technologie doch nicht
Glauben
zukunftsfähig?
Sie mir: Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen.
Ich
Glauben
halte Sie
die mir:
Brennstoffzelle
Die Entscheidung
nach wie
ist vor
unsfür
nicht
eineleicht
hervorragende
gefallen.
Möglichkeit,
Ich halte die klimafreundlich
Brennstoffzelle nach
Stromwie
undvorWärme
für eine
zu hervorragende
erzeugen.
Doch
Möglichkeit,
bei allem
klimafreundlich
Optimismus, Strom
die Brennstoffzelle
und Wärme zu
zurerzeugen.
Serienreife zu
bringen:
Doch beiIrgendwann
allem Optimismus,
musstendie
wirBrennstoffzelle
leider feststellen,
zur dass
Serienreife
der Weg
zu
dorthin
bringen:bei
Irgendwann
den derzeitigen
mussten
weltweiten
wir leiderMarktfeststellen,
und Förderbedin
dass der Weg
gun
dorthin
gen bei
zu weit
den ist.
derzeitigen
Andere Energiegewinnungssysteme,
weltweiten Markt- und Förderbedin
wie zum
Beispiel
gungen zu
gasbasierte
weit ist. Andere
Blockheizkraftwerke
Energiegewinnungssysteme,
sind einfach wirtschaftwie zum
licher
Beispiel
und
gasbasierte
das wird sich
Blockheizkraftwerke
in absehbarer Zeitsind
nicht
einfach
ändern.
wirtschaftlicher und das wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern.
Was passiert mit den Brennstoffzellen, die noch laufen?
Unsere
Wird das
Kunden
Brennstoffzellengeschäft
können sich darauf verlassen,
verkauft
dass
oder
wir an
die ein
Brennstoffzellen,
anderes Unternehmen
die derzeit
weitergegeben?
laufen, weiter warten werden und
Ersatzteile
Sollte die angekündigte
zur VerfügungPartnerschaft
stellen. Darauf
mitgebe
Rolls-Royce
ich meinund
Wort.
Daimler zu Stande kommen, könnte Rolls-Royce unsere
Was
Brennstoffzellenaktivitäten
werden denn die künftigen
übernehmen.
Schwerpunkte
Denn auch Rolls-Royce
im
Onsite-Energy-Geschäft
stellt Brennstoffzellen her, sein?
wenn auch auf Basis einer anderen
Ab
Technologie.
jetzt konzentrieren
Danebenwir
gibtuns
es im
weitere
Bereich
Interessenten,
Onsite Energyaber
auf die
dieselund
Chancen
gasbetriebene
für eine Weiterführung
Energiesysteme.
lassen
Diese
sichbeiden
derzeitTechnologien
noch nicht
bieten
abschließend
hochinteressante
beurteilen. Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten. Die Nachfrage nach Energie steigt weltweit unvermindert
an.
WasDie
passiert
Sicherheit
mitder
denEnergieversorgung
Brennstoffzellen,
istdie
ein noch
wichtiges
laufen?
Thema.
Und
Unsere
derKunden
Ausbaukönnen
der erneuerbaren
sich daraufEnergien
verlassen,
führt
dass
dazu,
wir die
dass die
Belastungen
Brennstoffzellen,
für die
dieNetze
derzeit
stetig
laufen,
größer
weiter
werden
warten
und
werden
das Risiko
und für
Stromausfälle
Ersatzteile zur steigt.
Verfügung
Dezentrale
stellen.Energieerzeugung
Darauf gebe ich mein
ist für
Wort.
uns
daher ein Mega-Markt mit sehr großem Potenzial.
Was werden denn die künftigen Schwerpunkte im
Wo
Onsite-Energy-Geschäft
genau sehen Sie Potenzial
sein? und was kann MTU Onsite
Energy
Ab jetzt konzentrieren
dafür bieten?wir uns im Bereich Onsite Energy auf dieselIm
undDieselbereich
gasbetriebenewollen
Energiesysteme.
wir nicht nurDiese
mit dem
beiden
Verkauf
Technologien
von
Motoren,
bieten hochinteressante
sondern vor allem
Entwicklungsmit Systemlösungen
und Wachstumsmöglich
weiter wachsen.
Erst
keiten.
im Die
vergangenen
NachfrageJahr
nach
haben
Energie
wir steigt
ein neues
weltweit
Stromaggregat
unvermindert
auf
den
an. Die
Markt
Sicherheit
eingeführt,
der das
Energieversorgung
sehr gefragt ist.istAußerdem
ein wichtiges
haben
Thema.
wir
kürzlich
Und der einen
Ausbau
neuen
der erneuerbaren
Biogasmotor mit
Energien
bis zuführt
zwei dazu,
Megawatt
dass die
Leistung
Belastungen
auf den
für die
Markt
Netze
gebracht.
stetig größer
Jetzt arbeiten
werden und
wir daran,
das Risiko
dassfür
dieser
Stromausfälle
Motor auch
steigt.
mitDezentrale
Klär- oder Energieerzeugung
Deponiegas betrieben
ist fürwerden
uns
kann.
daher Und
ein Mega-Markt
das Gasturbinengeschäft
mit sehr großem
werden
Potenzial.
wir intensiver
Christof von Branconi
ist Vorstand für die
Business Unit Onsite
Energy & Components
und verantwortlich
für das Geschäft mit
dezentralen Energieanlagen.
Wo genau sehen Sie Potenzial und was kann MTU Onsite
Energy dafür bieten?
Im Dieselbereich wollen wir nicht nur mit dem Verkauf von
Motoren, sondern vor allem mit Systemlösungen weiter wachsen.
Christof von Branconi ist Vorstand für die Business Unit Onsite
Erst im vergangenen Jahr haben wir ein neues Stromaggregat auf
Energy & Components und verantwortlich für das Geschäft mit
den Markt eingeführt,
das sehr gefragt ist. Außerdem haben wir
dezentralen
Energieanlagen.
kürzlich einen neuen Biogasmotor mit bis zu zwei Megawatt
Leistung auf den Markt gebracht. Jetzt arbeiten wir daran, dass
dieser Motor auch mit Klär- oder Deponiegas betrieben werden
kann.
Und Bisher
das Gasturbinengeschäft
werden wir intensiver
be
treiben.
haben wir die Gasturbinensysteme
nur innerhalb
be treiben. Bisher
habendas
wirsoll
die sich
Gasturbinensysteme
Deutschlands
nur innerhalb
verkauft,
in Zukunft ändern.
Deutschlands verkauft, das soll sich in Zukunft ändern.
Wo liegt dann die Zukunft der dezentralen
Wo liegt dann die Zukunft der dezentralen
Energieerzeugung?
InEnergieerzeugung?
Zukunft wird es immer wichtiger werden, verschiedene EnergieIn Zukunft
wird esmiteinander
immer wichtiger
werden, verschiedene
quellen
intelligent
zu verknüpfen.
Smart GridsEnergie
sind quellen
intelligent Stichwort.
miteinander
zu verknüpfen.
Smart Grids
hier
ein wichtiges
sind
Nehmen
wir als Beispiel
unsere
hier ein wichtiges Stichwort.
Nehmen
wir bei
als Beispiel
Notstromaggregate.
unsere
Zurzeit stehen
diese
ihrem Nutzer
– beiNotstromaggregate.
Zurzeit stehen
beiund
ihrem
Nutzer
spielsweise
beieinem Krankenhaus
– imdiese
Keller
werden
nur– dann
spielsweisewenn
einemdort
Krankenhaus
im Keller
undwarum
werdensoll
eingesetzt,
nurman
dann
der Strom –ausfällt.
Doch
eingesetzt,
wenn dort
der Strom ausfällt.
Doch warum soll man
nicht
verschiedene
Notstromaggregate
zusammenschalten
und
nicht
Notstromaggregate
sie
zurverschiedene
undeine
Netzunterstützung
sie
laufen lassen?zusammenschalten
Der Strom wird über
zur Netzunterstützung
Stromwo
wird
Strombörse
einebeverteilt undlaufen
immerlassen?
dorthinDer
geleitet,
erüber
gerade
Strombörse
verteiltgleicht
und immer
dorthin geleitet,inwo
er gerade
nötigt
wird. Somit
man Schwankungen
Netzen
aus, benödie
tigt wird. Somitdurch
gleicht
man Schwankungen
in Netzen
beispielsweise
aus, die
beiSonnenoder Windenergie
entstehen.
Eine
spielsweise
SonnenWindenergie
weitere
Eine weiIdee:durch
Wir nutzen
dieoder
Abwärme
unsererentstehen.
Dieselmotoren,
um
tere Idee: Wir nutzen
die Abwärme unserer Dieselmotoren,
beispielsweise
beiMeerwasserentsalzungsanlagen
anzutreiben.um
Viele
spielsweise
Meerwasserentsalzungsanlagen
anzutreiben.
unserer
Viele unDieselaggregate
stehen in Ländern, wo
nicht nur Strom-,
serer Dieselaggregate
stehen in herrscht.
Ländern, Und
wo nicht
nur Abwärme
sondern
Strom-, sonauch Wasserknappheit
mit der
dernDieselmotoren
auch Wasserknappheit
herrscht.
mit der Abwärme
der
der
müssen wir
ja nichtUnd
die Umgebungsluft
heizen,
Dieselmotoren
wirnutzen.
ja nichtSie
diesehen,
Umgebungsluft
die
könnte man müssen
sinnvoller
das Ende heizen,
unsererdie
könnte man sinnvoller nutzen.
Sie sehen,
das Ende
unserer
Brennstoffzellenaktivitäten
Brennbedeutet
keinesfalls,
dass
wir unsere
stoffzellenaktivitäten
dass wir
unsere
Vision
Vision
aus den Augen bedeutet
verlieren,keinesfalls,
Energie effizient
und
sinnvoll
zu
aus den Augen verlieren, Energie effizient und sinnvoll zu nutzen.
nutzen.
Interview:Lucie
LucieDammann,
Dammann,Bild:
Bild:Waltraut
WaltrautE.
E.Bischof
Bischof
Interview:
MTU Report 01/11 I 15
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:28 Seite 16
Nachrichten
Modemacher
Bangladesch. Der Energieversorger Malancha aus
Bangladesch hat drei gasbetriebene Stromaggregate von
MTU Onsite Energy erhalten. Jedes Aggregat erzeugt eine
elektrische Leistung von 1,9 Megawatt. Der Strom wird
in einem riesigen Industriegebiet nahe der Hauptstadt
Dhakas benötigt, in dem Textilien namhafter Hersteller
produziert werden. Im Lieferumfang enthalten war neben
den drei 20V 4000-Gensets zur Stromerzeugung die
übergeordnete Leittechnik. Diese regelt den Inselbetrieb
sowie den Netzparallelbetrieb aller möglichen Motorkombinationen. Den Service der drei Anlagen stellt das MTUVerbindungsbüro in Bangladesch zusammen mit dem
Partner Energypac sicher.
Drei Gasaggregate erzeugen in Bangladesch je 1,9 Megawatt
elektrische Leistung.
Gastfreundschaft
Türkei. 228 Zimmer, drei luxuriöse Suiten, elf Veranstaltungsräume, fünf Restaurants und ein 1.800 Quadratmeter großer
Wellnessbereich: Das Divan Hotel gehört zu den besten Adressen Istanbuls. Die Gäste sollen sich hier wohl fühlen – auch
dann, wenn das öffentliche Stromnetz ausfällt. Zwei Notstromaggregate von MTU Onsite Energy sorgen dafür, dass der Betrieb
auch in diesem Fall unverändert weiter geht. Mit je einem 16-Zylinder-Motor der Baureihe 4000 erzeugen beide eine Leistung
von 2.145 kVA. Das deckt nicht nur den gesamten Strombedarf
des Hotels. Selbst wenn während eines Stromausfalls ein
Aggregat gewartet wird, kann das andere noch immer den
Notbetrieb des Hotels sicherstellen. Da die Aggregate im Garten
des Hotels stehen, sind sie in einem speziell isolierten Contai ner untergebracht. So stören sie die Ruhe der Gäste nicht.
Stromaggregate von MTU Onsite Energy sorgen im Fall der
Fälle für die Energieversorgung im Istanbuler Hotel Divan.
16 I MTU Report 01/11
Ein Rechenzentrum mit MTU-Motoren gilt als besonders innovativ
und wurde mit dem „Datacentre Leaders Award 2010“ ausgezeichnet.
Award für Rechenzentrum
Spanien. Zwei 16V 4000-Gasaggregate von MTU Onsite
Energy und ein Dieselnotstromaggregat mit einem Motor der
Baureihe 4000 stellen ab dem Sommer des Jahres 2011 die
Stromversorgung in einem neuen Rechenzentrum im spanischen Valencia sicher. Für den optimalen Betrieb wird das
Rechenzentrum des Telekommunikationsspezialisten Tissat
ganzjährig gekühlt. Die Abwärme der Gasmotoren wird im
Winter zum Heizen, im Sommer mittels Kraft-Wärme-Kopplung
zur Kühlung der Bürogebäude verwendet. Notfalls liefert ein
Dieselnotstromaggregat nach wenigen Sekunden die benötigte Elektrizität. Das Energieversorgungskonzept mit Gasmotoren wurde im Dezember 2010 in London mit dem „Datacentre
Leaders Award 2010“ in der Kategorie „Neuheiten bei mittelgroßen Rechenzentren“ ausgezeichnet.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:29 Seite 17
Notstrom für Kläranlage
Kurz notiert:
USA/Mexiko. Jeden Tag werden in der Kläranlage South Bay International Wastewater Treatment Plant in San Ysidro, Kalifornien, 25 Millionen Gallonen Abwasser
aus dem Tal des Río Tijuana an der Grenze zwischen den USA und Mexiko gereinigt. Die Anlage wird von beiden Ländern gemeinsam betrieben. MTU Onsite
Energy lieferte nun ein zusätzliches Notstromaggregat mit einer Leistung von
2.000 Kilowatt für eine Abwassernachbehandlungsanlage. Das Projekt umfasst
auch eine neue Steuerung für den vorhandenen Generator der Anlage, eine
Parallelschaltanlage, automatische Transferschalter sowie zahlreiche Schnittstellen für übergangslosen Betrieb. Teil des Lieferumfangs war auch ein speziell
entwickelter Kühler sowie ein ISO-Container.
ARAI-Emissionszertifikate erhalten
Das neue 2.000 kW Aggregat verdoppelt den verfügbaren Notstrom der Kläranlage.
Die neue MTU-Baureihe 1600 für Stromaggregate hat die
Zertifizierung der „Automotive Research Association of
India, kurz ARAI, erhalten. Bei der Prüfung mussten die
Motoren mit bis zu 800 Kilowatt Leistung zeigen, dass die
Emissionsgrenzwerte des indischen „Ministry of Environ ment & Forest and Government“ eingehalten werden.
Tierisches Jubiläum
Bereits 1.000 Motoren für das Minensuch- und Räumfahrzeug „Husky“ hat die MTU Südafrika an den Fahrzeugher steller DCD Dorbyl ausgeliefert. Der Motor des Typs 6R 106
hat eine Leistung von 150 Kilowatt und ist auf Grund seines
geringen Gewichts ideal für leichte Fahrzeugtypen, wie den
„Husky“ geeignet.
Erfolgsmodell: 1.000 Husky mit MTU-Motoren ausgestattet.
Freie Fahrt für Themse-Fähren
Richtig sauber
Jeweils zwei MTU-Motoren der Baureihe 2000 treiben
die Londoner Fähren Thames Clipper an. Mike Ferris,
Geschäftsführer der MTU UK, und Sean Collins, Geschäftsführer der Thames Clippers, unterzeichneten nun
kürzlich einen Vertrag über MTU-Ersatzteile und Überholungen für die sechs Fähren der Flotte.
500. Reman-Powerpack
Friedrichshafen. Der Triebwagenhersteller Alstom testet als erster Kunde die neuen
MTU-Powerpacks, die die ab dem Jahr 2012 geltende europäische Emissionsstufe EU IIIB
erfüllen. Der Motor 6H 1800 mit einer Leistung von 315, 335, 360 oder 390 Kilowatt
verschont allein durch innermotorische Maßnahmen die Luft vor einem Großteil der
Partikel und erfüllt so die kommenden Emissionsrichtlinien. Um die Stickoxidemission zu
verringern, bietet MTU das Powerpack mit einem SCR-Katalysator an, der die im Abgas
enthaltenen Stickoxid-Schadstoffe in Wasserdampf und harmlosen Stickstoff umwandelt.
Rund um den Jahreswechsel 2010/2011 hat MTU das 500.
Bahn-Powerpack aufbereitet. Seit sieben Jahren richtet MTU
die Unterflurantriebe, die nach 18.000 Betriebsstunden das
Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben, so wieder her, dass
sie fit für die nächsten 18.000 Einsatzstunden sind.
Schon 500 Bahn-Powerpacks hat MTU wiederaufbereitet.
Alstom erhielt für
den LINT-Triebwagen
das erste MTU-Power pack, das die ab 2012
geltenden Emissions richtlinien der Stufe
EU IIIB einhält.
MTU Report 01/11 I 17
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:30 Seite 18
Nachrichten
Doppelter Takt
Erfolgsschiff: Austal baut weiteres LCS für die US Navy
Weiter geht’s
USA. Die US-Navy hat ein weiteres Littoral Combat Ship
der Independence-Klasse bestellt und gleichzeitig eine
Option für neun weitere erteilt. Hauptauftragnehmer ist
der amerikanische Rüstungskonzern General Dynamics.
Gebaut wird das Schiff bei Austal in den USA. Die Klasse
ist als erstes Kriegsschiff der Welt als Trimaran konzipiert.
Angetrieben von zwei MTU-Motoren der Baureihe 8000
mit je 9.100 Kilowatt Leistung ist das fast 130 Meter lange
und 30 Meter breite Schiff 28 Knoten schnell. Zwei Gasturbinen können den Trimaran bis auf 45 Knoten beschleunigen. Die Schiffe müssen so schnell sein, da sie
die Vereinigten Staaten von Amerika vorwiegend in küstennahen Gewässern vor asymmetrischen Bedrohungen,
wie Angriffen von Terroristen schützen sollen.
USA. Die Schlepper der amerikanischen Reederei Wilmington
Tug haben ihre Taktzahl sprichwörtlich verdoppelt. Sie werden
jetzt nicht mehr von Zwei-, sondern von Viertaktmotoren der
MTU-Baureihe 4000 angetrieben. Der Hintergrund: Die zu
schleppenden Binnenschiffe und Tanker wurden im Laufe der
Jahre immer größer und so mussten auch die Motoren in den
Schleppschiffen mit der Zeit gehen und kräftigeren Nachfolgern weichen. „Wir werden vor allem zum An- und Ablegen
von Schiffen eingesetzt; da ist die Zuverlässigkeit des Schleppers entscheidend“, so Hickman Rowland, Eigentümer und
CEO von Wilmington Tug. „Wir müssen uns darauf verlassen
können, dass die Motoren anspringen – egal, wann wir einen
Einsatz haben. Und wir müssen sicher sein, dass sie die ganze
Zeit zuverlässig und mit der geforderten Leistung arbeiten”,
ergänzt er.
Die Schlepper der Reederei Wilmington Tug verlassen sich auf
MTU-Motoren der Baureihe 4000.
Wartungsvertrag für Hotel-Fähren
Indonesien. Sieben Mal am Tag bringen die Bintan Resort
Ferries Urlauber in die luxuriösen Hotels vor der indonesischen Insel Sumatra. Ein MTU_ValueCare Wartungsvertrag
sichert den ständigen Einsatz der 16V 2000-MTU-Motoren
der Fähren ab. 10.000 Betriebsstunden oder fünf Jahre lang
– je nachdem was zuerst eintritt – übernimmt MTU alle präventiven und korrektiven Wartungen. Die präventive Wartung
betrifft die Überholung der Motoren in vorgeschriebenen
Serviceintervallen. Eine korrektive Wartung tritt ein, sobald
ein Problem am Motor auftritt. Der Betreiber profitiert von
18 I MTU Report 01/11
einer optimierten Betriebszeit seiner Fähren und einer
möglichst hohen Einsatzbereitschaft der Motoren. Außerdem kann er seine Wartungskosten exakt planen. „Der
Kunde weiß von vornherein, was die Wartung der Motoren
in den kommenden fünf Jahren kostet und erlebt keine
Überraschungen durch Kosten für außerplanmäßige War tungen“, erklärt Davis Ong, AfterSales MTU Asia. Zu guter
letzt erhöht die Wartung durch den Originalhersteller der
Motoren auch den Wert der Schiffe bei einem möglichen
späteren Verkauf.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:30 Seite 19
Die Bagger des US-amerikanischen Herstellers Gradall graben schon mit MTU-Motoren der Baureihe 900, die die Emissionsstufe Tier 4i erfüllen.
Up-Grade
Im Jahr 2011 ist die Emissionsstufe Tier 4i in
Kraft getreten und führte bei einigen Motoren
zu bedeutenden Veränderungen. So auch bei
der MTU-Baureihe 900. Erstmals seit Einführung der Emissions-Grenzwerte reicht es in dieser Leistungsklasse nun nicht aus, bestehende
Komponenten am Motor zu verbessern. Ein SCRKatalysator muss die Stickoxide unschädlich
machen.
In ganz Amerika sind die Gradall-Bagger zu sehen. Sie buddeln
Gräben für Rohre und Leitungen, heben Gruben aus, schaffen
Geröll weg und planieren Straßen. 1.500 Stunden im Jahr
schuftet ein Gradall-Bagger im Durchschnitt – und das zwölf
Jahre lang. Die Bagger beeindrucken mit einmaliger Kipp- und
Teleskopauslegerbauweise. So können sie schneller und
kontrollierter planieren als herkömmliche Knickarmbagger.
„Knickarmbagger können lediglich zweidimensional graben,
unsere Bagger dagegen dreidimensional“, erklärt Greg Siders,
Logistikleiter bei Gradall.
Positives Feedback
MTU-Motoren der Baureihe 900 sind seit den 1990er Jahren
treue Begleiter der Gradall-Bagger. Ihre modulare Bauweise ermöglicht es, die Motorkonfigurationen der jeweiligen Aufgabe
anzupassen. Auf der Grundlage eines Standardhubraums von
1,06 Litern pro Zylinder können verschiedene Leistungen und
Drehmomente erreicht werden, indem die Zylinder in Viereroder Sechserreihe angeordnet werden. „Das Feedback unserer
Kunden war von Beginn an äußerst positiv“, sagt Greg Siders,
Logistikleiter bei Gradall. Er ergänzt: „Die Motoren sind sehr
zuverlässig, wir hatten bisher kaum Probleme“, so Siders.
Übergang gemeistert
Die größte Herausforderung in der Zusammenarbeit von MTU
und Gradall war nun der Übergang von den Tier-3-Motoren zu
den Tier-4i-Motoren. Um die Emissionsgrenzwerte einzuhalten, rüstete MTU die Motoren der Baureihe 900 mit einem
SCR-Katalysator aus, um die Stickoxide chemisch unschädlich
zu machen. Zwar blieb die Grundbauweise des Motors unverändert, doch sowohl der Katalysator als auch die notwendige
Harnstofflösung brauchten ihren Platz im Bagger. Um sich darauf vorbereiten zu können, lieferte MTU bereits Mitte des
Jahres 2010 einen mit einer SCR-Anlage ausgerüsteten Motor
mit Tier 4i-Zer tifizierung. Gradall hatte so Zeit, sich schon
frühzeitig auf die neuen Motoren einzustellen. „Wir bekommen
ernorme Unterstützung von MTU, das macht uns zuversichtlich, die Herausforderungen zu lösen“, erklärt Siders.
MTU-Motoren der
Baureihe 900 erfüllen
die Emissionsstufe
Tier 4i mit Hilfe eines
SCR-Katalysators.
MTU Report 01/11 I 19
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:30 Seite 20
Interview mit dem neuen Vorstandsmitglied Peter Kneipp
Näher, schneller, mutiger
Seit Anfang des Jahres 2011 ist Peter
Kneipp der Neue im Vorstand der
MTU-Muttergesellschaft Tognum AG.
Als Engines-Vorstand verantwortet
er das weltweite Geschäft mit MTUAntriebssystemen. Doch der Begriff
„Der Neue“ trifft nur auf seine
Position zu. Im Unternehmen ist der
52-jährige Familienvater ein alter
Bekannter. Bereits seit 22 Jahren ist
er in verschiedenen Positionen tätig:
Als Projektleiter für Schiffsantriebssysteme, Vertriebs- und Kundendienstleiter in Asien, Managing Director bei
MTU Detroit Diesel Australia und zuletzt als Geschäftsführer von MTU
Asia. Bei so einer Historie im Unternehmen ist es nicht verwunderlich,
dass er schon jetzt, einige Wochen vor
dem Ende der ersten 100 Tage „Schonfrist“, genau weiß, was er bewegen
will: Schneller und mutiger soll das
Unternehmen werden – und näher
am Kunden sein.
Nehmen wir einmal an, der MTU Report veröffentlicht in einem Jahr einen Artikel über Ihre Arbeit
als Engines-Vorstand. Welche Schlagzeile wünschen Sie sich dann?
„Strong and Steady“ würde mir gut gefallen.
„Strong“, weil wir in vielen Bereichen kräftig
wachsen werden. Gleichzeitig aber auch „steady“,
weil wir kontinuierlich Leistung bringen werden,
um unsere Postion in den Märkten zu halten, wo
wir jetzt schon überaus erfolgreich sind.
Was reizt Sie jetzt an Ihrer neuen Aufgabe im
Tognum-Vorstand?
Da gibt es einiges. Ich bin schon relativ lange
im Unternehmen, habe viel erlebt und noch viel
mehr Ideen im Kopf. Jetzt kann ich vieles, was
mir schon immer wichtig war, schneller umsetzen.
Die Nähe zu unseren Kunden weiter auszubauen,
liegt mir beispielsweise besonders am Herzen.
Als Kundendienst- oder als Vertriebsleiter hatte
ich immer viel Kontakt zu unseren Kunden und
habe da viel Erfahrung gesammelt. Die werde ich
weiter benötigen, denn ich will als Vorstand den
Kundenkontakt auf keinen Fall verlieren. Ich werde zum Beispiel weiterhin President von MTU
Asia und damit unserem Asien-Geschäft verbunden bleiben. Diese Mischung aus Unternehmensverantwortung als Vorstand und Regionalverantwortung reizt mich. Und sie wird mir zudem helfen,
die Bodenhaftung nicht zu verlieren. So sitze ich
nicht nur im Elfenbeinturm, sondern auch in den
Besprechungszimmern unserer Kunden.
«
Die Verbindung aus Unternehmensverantwortung als Vorstand und
Regionalverantwortung in Asien reizt mich. So sitze ich nicht nur im Elfenbeinturm, sondern auch in den Besprechungszimmern unserer Kunden.
»
Sie sind jetzt seit 22 Jahren im Unternehmen
tätig, davon die meiste Zeit im Ausland. Welche
Zeit hat Sie am meisten geprägt?
Sicherlich die Zeit in Asien. China und Indien
zum Beispiel sind unglaublich vielfältig und daher
nicht so einfach zu beschreiben. Es herrscht dort
eine faszinierende Aufbruchstimmung. Nur das
„Morgen“ zählt, nicht die Vergangenheit. Projekte
werden viel schneller vorangetrieben. Ich denke
da an unser chinesisches Joint Venture mit
Norinco. Innerhalb kürzester Zeit haben wir die
Zusammenarbeit vereinbart, eine Fabrik auf die
grüne Wiese gestellt und gleichzeitig komplexe
20 I MTU Report 01/11
Anlagen für Kernkraftwerke ausgeliefert. Ich
wage zu behaupten, dass das in Europa so nicht
möglich gewesen wäre. Von dieser Schnelligkeit
können wir eine Menge lernen. Auch der Mut der
Asiaten, neue Dinge anzugehen, für die sie vielleicht noch gar kein Know-how haben, hat mich
beeindruckt. Viele asiatische Unternehmen haben
sich mit Produkten beschäftigt, die eigentlich gar
nicht in ihr Portfolio passten und waren damit
überraschend erfolgreich. Vielleicht gibt es links
und rechts unserer Produkte noch Wachstumsmöglichkeiten, an die wir heute noch gar nicht
denken. Doch auch meine Zeit in Australien war
spannend und hat mir gezeigt, dass man Dinge
schaffen kann, die erst unmöglich scheinen. Ich
habe dort das Zusammengehen von MTU und
Detroit Diesel begleitet. Es war zwar nicht immer
leicht, doch wir haben damit zwei Unternehmen
mit völlig unterschiedlichen Philosophien zusammengeführt. Das sollte uns Mut geben, auch mal
was zu wagen.
Sie hatten in den vergangenen Jahren die Möglichkeit, das Unternehmen aus völlig verschiedenen
Blickwinkeln zu betrachten. Was ist denn aus Ihrer
Sicht das Besondere an Tognum?
Was mich immer wieder aufs Neue fasziniert,
ist die uneingeschränkte Verbundenheit unserer
Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Dies gilt weltweit und wird insbesondere dann deutlich, wenn
eine schwierige Situation zu bewältigen ist. Wenn
irgendwo auf der Welt ein Kunde Probleme hat,
dann sind unsere Mitarbeiter da. Sie identifizieren
sich voll mit „ihren Motoren“ und arbeiten,
wenn’s sein muss, auch über Weihnachten. Aber
auch unser Kundenstamm ist schon etwas Besonderes. Wir haben sehr viele langjährige Kunden,
zu denen wir eine sehr persönliche Beziehung
pflegen. Da macht die Arbeit wirklich Freude.
Sie haben mit MTU Asia die am schnellsten wachsende Tochtergesellschaft von Tognum geleitet.
Gibt es Märkte, die in den kommenden Jahren
ebenso viel Potenzial haben?
Natürlich haben die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China, besonders die beiden
letzteren, weiter viel Potenzial. Allerdings dürfte
sich das Wachstum sicher wieder abschwächen
und eher in Zyklen entwickeln. Dazu kommen
Entwicklungsländer in Afrika und Südamerika, in
denen gerade die Infrastruktur wie Autobahnen,
Krankenhäuser oder Flughäfen aufgebaut wird.
Unternehmen
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:31 Seite 21
Dazu braucht man Dieselmotoren, sei es in
Stromaggregaten oder in Baumaschinen. Aber
auch Länder, in denen diese Infrastruktur bereits besteht, bieten uns weiter viel Potenzial.
Hier liegt der Fokus eher auf Motoren, die
wenig Schadstoffe ausstoßen und im Unterhalt
günstig sind. Und da liegen wir mit unseren
Produkten genau richtig.
Was wünschen sich Ihre Kunden von Ihnen,
wenn Sie über die Entwicklung der Antriebssysteme in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten sprechen?
Am liebsten hätten unsere Kunden natürlich
Motoren und Systeme, die nur Wasser verbrauchen und nichts kosten. Aber Spaß beiseite. Geringe Lebenszykluskosten und damit
die Forderung nach sauberen, sparsamen und
effizienten Antriebssystemen steht ganz oben
auf der Liste. Genauso wichtig ist ihnen aber
die Betreuung vor Ort und zwar nicht nur in
der Angebots- und Verkaufsphase, sondern
auch noch dann, wenn der Motor läuft und die
Kunden beispielsweise bei der Wartung Unterstützung brauchen.
Zu Beginn haben wir über die Schlagzeile gesprochen, die Sie in einem Jahr über sich lesen
möchten. Schauen wir einmal weiter in die Ferne.
Wo geht das Engines-Geschäft von Tognum langfristig hin? Werden Dieselmotoren auch in
20 Jahren noch das Hauptgeschäft sein?
Keiner von uns kann sagen, was in 20 Jahren
passieren wird. Aber drei Dinge stehen fest: Die
Menschen werden immer mobiler, die Ressourcen sind endlich und die für Antriebssysteme
erforderlichen Technologien entwickeln sich
rasant weiter. Der Dieselmotor wird sich also
weiterentwickeln. Von Quantensprüngen gehe
ich nicht aus. Sicher, an der Elektronik wird sich
einiges tun und bei der Wahl der Kraftstoffe
werden wir in 20 Jahren flexibler sein. Aber am
Grundkonzept des Motors wird sich nicht viel
ändern. Wohl aber bei den Systemen um den
Motor herum. Hier sehe ich viel mehr Potenzial.
Schon heute verkaufen wir längst nicht mehr
nur Motoren, sondern komplette Antriebs- und
Automationssysteme. Dieser Trend wird sich
sicherlich fortsetzen.
Interview: Lucie Dammann
Bild: Robert Hack
Peter Kneipp ist seit dem 1. Januar 2011 im TognumVorstand für den Bereich Engines verantwortlich.
Unternehmen
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:31 Seite 22
Baureihe 2000 ohne Abgasnachbehandlung
Emission erfüllt
MEMO
Die Mission ist erfüllt: Die neue Baureihe 2000 feiert ihre Weltpremiere. Nicht
nur ihre äußere Form beeindruckt: Vor allem die inneren Werte der neuen
Motoren überzeugen: Sie erfüllen die US-amerikanische Emissionsstufe EPA
Tier 4i, kommen ohne ein Abgasnachbehandlungssystem aus und verbrauchen
weniger Kraftstoff als ihre Vorgänger.
Die Vorteile des Motors auf einem Blick:
>
>
>
>
>
Geringe Life-Cycle-Kosten: Acht Prozent weniger als bei der bisherigen Baureihe 2000
Bis zu zehn Prozent weniger Kraftstoffverbrauch als beim Vorgängermodell
Geringer Bauraumbedarf, da keine Abgasnachbehandlung notwendig ist
Verbessertes Leistungsgewicht
Verbessertes Drehmoment und verbessertes Kennfeld: Mehr Agilität und ein besseres
Beschleunigungsverhalten
> Kundenoptimierte Wartungsintervalle (14.000 bis 18.000 Stunden je nach Lastprofil)
> Volle Leistung bis 3.100 Meter Höhe
> Intensiv erprobt
22 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:31 Seite 23
Egal, mit wem man in den letzten Jahren über die Entwicklung von
Dieselmotoren gesprochen hat – die beherrschende Frage war: Wie erfüllen wir die Emissionsgrenzwerte der Umweltbehörden? Fast alle waren sich
einig: Spätestens 2011, wenn die Stufe EPA Tier 4i in Kraft tritt, wird es
ohne Abgasnachbehandlung nicht gehen. Doch nichts da!
Aufladung. Die Verbrennungsluft des Motors wird nicht wie bisher einstufig
von einem Turbolader verdichtet und in den Brennraum geleitet, sondern
nacheinander mit einer Zwischenkühlung von zwei Turboladerstufen. Somit
bekommt der Motor mehr Luft und erreicht schon im niedrigen Drehzahlbereich ein höheres Drehmoment. Die Folge: ein spürbar agiler Motor.
Keine Abgasnachbehandlung, weniger Kraftstoffverbrauch
Die neuen MTU-Motoren der Baureihe 2000 erfüllen die US Abgasnorm
– und zwar ohne eine platzraubende Abgasnachbehandlungsanlage. Zugleich werden sie bis zu zehn Prozent weniger Kraftstoff benötigen als das
Vorgängermodell. Mitte 2011 kommen die ersten Motoren für Baumaschinen,
Minenfahrzeuge sowie für die Öl- und Gasindustrie in Amerika auf den Markt.
Auf derselben Motorplattform werden ab dem Jahr 2014 auch die Motoren der
Emissionsstufe Tier 4 final aufgebaut – dann nicht nur für Industrie- sowie Ölund Gasanwendungen, sondern auch für den Antrieb von Stromaggregaten
und Schiffen. „Alle Motoren der Baureihe 2000 werden dann eine gemeinsame Plattform haben“, erläutert Heiko Wingart, der bei MTU die Entwicklung
der Baureihe geleitet hat. Neben einem einheitlichen Triebwerk und Grundmotor werden die Motoren zudem alle mit einem Common-Rail-Einspritzsystem ausgestattet sein.
Elektronik in neuen Dimensionen
Ein höherer Einspritzdruck, zweistufige geregelte Aufladung, gekühlte regelbare Abgasrückführung, neue Brennverfahren – all diese Techniken müssen
zusammengeführt und von einem Motormanagementsystem aufeinander abgestimmt werden. Hier hilft die von MTU im eigenen Haus weiterentwickelte
Motorsteuerung ADEC. Bisher musste diese lediglich die Motordrehzahl, den
Kraftstoffhochdruck und den Einspritzbeginn regeln. Im neuen Motor werden ihre Aufgaben komplexer: Sie errechnet beispielsweise über zusätzliche
Sensoren im Abgaspfad, wie viel Abgas der Frischluft zugeführt werden
muss, um die Verbrennungstemperatur und damit auch den Stickoxidanteil
im Abgas zu senken. Gleichzeitig muss sie die zweistufige Aufladung regeln
und dafür sorgen, dass der Motor zum richtigen Zeitpunkt ausreichend Luft
zur Verbrennung hat. Für all diese Aufgaben hat die ADEC-Steuerung jetzt
eine zehn Mal so große Rechnerleistung als bisher.
Erfolg durch Abgasrückführung
Ein Schlüssel zum Erfolg ist die Abgasrückführung. Bis zu einem Drittel
der Abgase werden zunächst gekühlt und dann noch einmal der frischen
Verbrennungsluft zugeführt. Dadurch ist die Verbrennungstemperatur niedriger und es entstehen weniger Stickoxide. „Mit diesem System haben wir die
Verbrennung so verbessert, dass die Motoren jetzt nicht nur die Emissionsgrenzwerte erfüllen, sondern gleichzeitig viel weniger Kraftstoff verbrauchen
als ihre Vorgänger“, so Wingart weiter. Der Hintergrund: Bisher mussten die
Stickoxidemissionen immer durch einen möglichst späten Verbrennungszeitpunkt gesenkt werden. Dies führte jedoch zu einem höheren Kraftstoffverbrauch. Mit der Abgasrückführung ist dies nun nicht mehr nötig, da die
Stickoxidemissionen durch die Abgasrückführrate beeinflusst werden. Somit
kann der Einspritzpunkt optimal gelegt werden. Die Folge: Ein deutlich geringerer Kraftstoffverbrauch bei knapp 50 Prozent weniger Stickoxidemissionen
im Vergleich zum Vorgängermotor.
„Mit dem Motor haben wir unsere Vision erfüllt: Wir wollten einen Motor bauen, der für alle Vorteile bringt: unseren Kunden, die geringere Betriebskosten
haben. Der Umwelt, die nun deutlich weniger Schadstoffe auffangen muss.
Und dem Betreiber, weil der Motor einfach Spaß macht“, sagt Alexander
Richter, Produktmanager Global Application Engineering Mining von MTU.
Und wenn ein paar Jahre später die Emissionsstufe Tier 4 final in Kraft tritt,
soll dies weiter gelten. „Auch dann wollen wir den Einsatz von Systemen zur
Abgasnachbehandlung vermeiden“, so Technikvorstand Dr. Ulrich Dohle.
Verbrennung optimiert
Doch die Abgasrückführung allein ist es nicht, die den zehn Prozent niedrigeren Kraftstoffverbrauch möglich macht. MTU-Entwickler haben den
gesamten Verbrennungsprozess unter die Lupe genommen: die Luftbewegungen im Zylinder, die Geometrie der Zylinderköpfe, den Einspritzwinkel
oder die Geometrie der Kolbenböden. Die bisherigen Mulden dieser Kolben
waren wie ein „W“ oder ein Topf geformt, jetzt sehen sie aus wie eine runde
Treppenstufe. Klingt banal, doch um die Betriebskosten des Motors zu
senken, haben die Entwickler jeden Spielraum ausgeschöpft.
Ohne Abgasnachbehandlung: Die Motoren der neuen Baureihe 2000 erfüllen die USamerikanische Emissionsstufe Tier 4i ohne ein System zur Abgasnachbehandlung.
Text: Lucie Dammann
Bild: Wagner Digitale Medien, Tognum-Konzernarchiv
Ihre Fragen beantwortet:
Klaus Pöpsel, [email protected], Tel. +49 7541 90-2817
Auch den Rußpartikeln geht es an den Kragen. Zünglein an der Waage, um
die Entstehung dieser und damit auch den Einsatz eines Dieselpartikelfilters
zu verhindern, ist der Einspritzdruck. Alle Motoren der neuen Baureihe 2000
sind mit einem Common-Rail-Einspritzsystem ausgestattet. Mit einem Druck
von 2.200 Bar schießt der Kraftstoff in den Brennraum. Dadurch verbrennt
er sauberer und es entstehen weniger Rußpartikel.
Besseres Beschleunigungsverhalten
Und noch eins: Der Motor hat ein wesentlich besseres Beschleunigungsverhalten als sein Vorgänger. Der Grund ist die zweistufige geregelte
MTU Report 01/11 I 23
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 24
Notstromanlage für ein Krankenhaus
Dr. med. Volt
KARTE
Bild links: Die Beleuchtung in den
Operationssälen muss bei einem
Stromausfall gewährleistet sein, um
das Leben der Patienten nicht zu
gefährden.
Energie
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 25
Hamburg
Berlin
Deutschland
8
Blue
Woher kommt Strom? Aus elektrischen Leitungen, klar. Doch der Notstrom, woher kommt der? Das
wissen nur die, die sich viel damit beschäftigen. Denn die Aggregate, die ihn erzeugen, stehen meist
unsichtbar und „versteckt“ in einem nicht zugänglichen Kellerraum. Nicht so in Berlin: Mitten auf
dem Gelände des Standortes Campus Charité Mitte des Universitätsklinikums Charité entstand für
die Notstromaggregate ein zweigeschossiges Backsteingebäude. Durch große Schaufenster an den
Längsseiten des Gebäudes – so mancher Boutiquebesitzer würde vor Neid erblassen – kann sich
jeder ein Bild von Dr. med. Volt, den Notstromsystemen, machen.
Rund eine halbe Million Patienten im Jahr, 7.000
Operationen pro Monat und 20 Geburten pro Tag:
Die Charité in Berlin ist das größte Universitätsklinikum Europas und eine der renommiertesten
Unikliniken weltweit. Mehr als 13.000 Mitarbeiter
arbeiten rund um die Uhr für das Wohl der Patienten. Sie überlassen nichts dem Zufall – auch nicht
die Stromversorgung. Um den Krankenhausbe trieb im Falle eines Stromausfalles aufrechterhalten zu können, verfügt die Charité über ein umfangreiches Notstromsystem, bei dem sie auch
auf Anlagen der Marke MTU Onsite Energy setzt.
Neben Aggregaten mit den ersten beiden in
Deutschland ausgelieferten Motoren der neuen
MTU-Baureihe 1600 am Standort Campus VirchowKlinikum stehen im Südbereich des Standortes
Campus Charité Mitte zwei Aggregate mit Motoren der Baureihe 4000. Neuester Zuwachs ist eine
komplette, von MTU schlüsselfertig gelieferte
Anlage für den Nordbereich des Campus Charité
Mitte, die die alte Notstromanlage ersetzt.
MTU lieferte eine schlüsselfertige
Anlage mit zwei Aggregaten zur
Notstromversorgung. Durch große
Schaufenster sind sie ein echter
Blickfang auf dem Krankenhausgelände.
Notstrom für rund 50 Stunden
Neben den beiden Dieselaggregaten mit MTU-Motoren des Typs 12V 4000 G23 gehören zu dieser
schlüsselfertigen Anlage auch das Kühl-, Kraftstoffund Abgassystem, das Zu- und Abluftsystem sowie
die Steuerung. Die Aggregate haben eine elektrische Leistung von insgesamt rund 1.700 Kilovoltampere (kVA). Dabei ist jedes Aggregat für eine
elektrische Leistung von 850 kVA ausgelegt. Die
Motoren selbst haben eine höhere Leistung, somit
haben sie noch Reserven, wenn der Standort
Campus Charité Mitte ausgebaut werden sollte. Ein
Tank mit 2.000 Litern Diesel je Aggregat sowie ein
weiterer 20.000-Liter-Vorratstank gewährleisten
eine Notstromversorgung für rund 50 Stunden.
Rückgrat für den Krankenhausbetrieb
Die Notstromsysteme versorgen wichtige Einrichtungen, wie den Hauptdiagnostikbereich, die
Dermatologie und die Nuklearmedizin. Darüber
hinaus hängen die Psychiatrie und Neurologie
sowie die pathologische Diagnostik an der Notstromversorgung. In Letzterer werden Gewebsstücke oder Zellproben von Patienten im Labor untersucht. Im Ernstfall muss das innerhalb kürzester
Zeit passieren. Auch die Hauptwärmestation und
die Krankenhausküche beziehen ihre Energie im
Notfall von den Aggregaten.
Notstrom = Sicherheitsstrom + Ersatzstrom
„Die Notstromversorgung unterteilt sich in
Sicherheitsstromversorgung und Ersatzstromversorgung“, erläutert Thomas Flügel, technischer
Leiter der Charité. Die Sicherheitsstromversorgung
versorgt alle elektrischen Anlagen, die bei einem
Stromausfall das Leben und die Gesundheit der
Patienten unmittelbar sicherstellen. Dazu gehören
unter anderem ein Teil der Beleuchtung, Lüftungsanlagen, Anlagen für medizinische Gase, wie Sauer stoffanlagen, elektrische Anlagen für medizinische
Geräte, wie beispielsweise Beatmungsgeräte,
Kontrastspritzen und Über wachungsmonitore
sowie Schwesternruf- und Brandmeldeanlagen.
Die Ersatzstromversorgung hingegen umfasst alle
elektrischen Anlagen, die notwendig sind, um
den Krankenhausbetrieb aufrechtzuerhalten: Aufzüge, Beleuchtung, Teile der Küche, Wärme- und
Kühlanlagen sowie Sterilisationseinrichtungen.
Medizinische Großgeräte wie Herz-Lungen-Maschinen oder Brutkästen für Frühchen hängen nicht an
MTU Report 01/11 I 25
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 26
Thomas Flügel, technischer Leiter der Charité, im Gespräch mit Hochspannungselektriker Matthias Lück zwischen den beiden Notstrom-Aggregaten mit
MTU-Motoren der Baureihe 4000.
diesem Tropf. Solche Geräte haben in der Regel
eine eigene Notstromversorgung.
„Die Stromversorgung ist das Rückgrat für den
Krankenhausbetrieb, ohne sie funktioniert nichts“,
erklärt Flügel. „In einem Krankenhaus kann man
nicht experimentieren, sondern muss sich hundertprozentig auf die Notstromanlage verlassen können.“
MEMO
Komplettpaket von MTU
MTU hat als Gesamtdienstleister die komplette
Planung des Projekts, einschließlich der Baulei-
tung übernommen und war damit für den Einbau
weiterer Anlagen, wie den Kaminen zum Ausstoß
der Abgase, dem Vorratstank sowie der Brandschottungen zuständig, die Wand- und Decken durchbrüche so abschotten, dass sich ein mögliches Feuer nicht ausbreiten kann. Darüber hinaus
richtete das MTU-Projektteam die Steuerungen
der Aggregate selbst ein und setzte die Koordination zu externen Schnittstellen, wie der zentralen Notstromsteuerung um. „Wir waren froh,
MTU als großes, erfahrenes Unternehmen in
diesem Projekt an Bord zu haben“, so Thomas
Sicherheitsstromversorgung + Ersatzstromversorgung = Notstromversorgung
Sicherheitsstromversorgung: Elektrische Anlagen zur Sicherstellung des Lebens und der Gesundheit
der Patienten bei einem Stromausfall
Beispiele: Minimum an Beleuchtung, Lüftungsanlagen, Anlagen für medizinische Gase (z. B. Sauerstoffanlagen),
elektrische Anlagen für medizinische Geräte (z. B. Beatmungsgeräte, Kontrastspritzen, Überwachungsmonitore,
Schwesternruf- und Brandmeldeanlagen)
Ersatzstromversorgung: Elektrische Anlagen zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes
Beispiele: Aufzüge, Beleuchtung, Teile der Küche, Wärme- und Kühlanlagen, Sterilisationseinrichtungen
26 I MTU Report 01/11
Siebeck, Geschäftsführer des IBB Ingenieurbüro
Siebeck, das für die Charité die Bauüberwachung
des Projektes übernahm. „Für uns war es wichtig,
das große Know-how nutzen zu können, das hinter dieser Firma steckt.“ Bei der Projektierung
der Anlage gab es zwei zentrale Anforderungen:
Zum einen die strengen Lärmschutzauflagen
der TA Lärm, da das Aggregatehaus neben den
Patientengebäuden steht. „Wir haben die Schalldämmung so ausgelegt, dass die bei laufenden
Aggregaten im Innenraum gemessenen 120 Dezibel – das entspricht einem Presslufthammer –
draußen kaum zu hören sind“, erläutert Jochen
Thurner, Projektleiter bei MTU. Zum anderen
schreibt die TA Luft aufgrund der Innenstadtlage
des Klinikstandortes Campus Charité Mitte strenge Abgasgrenzwerte vor. Diese erfüllt MTU durch
den Einsatz emissionsoptimierter Motoren mit
nachgeschalteten Dieselpartikelfiltern.
Betriebsbereit in zehn Sekunden
Fällt der Strom aus, starten die beiden Notstromaggregate vollautomatisch über Starterbatterien
– zwei pro Aggregat. Zum Starten benötigt wird
allerdings nur ein Startsystem, das andere dient
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 27
Energie
MTU war als Gesamtdienstleister für
die gesamte Projektplanung zuständig.
Dazu gehörten auch Bauleitung und
der Einbau von Brandschutzmaßnahmen.
«
Wir haben die Schalldämmung so ausgelegt, dass die bei laufenden
Aggregaten im Innenraum gemessenen 120 Dezibel – das entspricht einem
Presslufthammer – draußen kaum zu hören sind.
»
Jochen Thurner, MTU-Projektleiter
Matthias Lück, Hochspannungselektriker und
Mitarbeiter der Charité,
kontrolliert die Belastung
eines Versorgungsabgangs
in der Hauptschaltanlage
des Charité-Nordrings.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 28
Energie
„Wir waren froh, MTU als großes,
erfahrenes Unternehmen in diesem
Projekt an Bord zu haben“, so Thomas
Siebeck, Geschäftsführer des IBB
Ingenieurbüros Siebeck, hier bei der
Planung der Notstromanlage zusammen mit Thomas Flügel, technischer
Leiter der Charité, und MTU-Projektleiter Jochen Thurner (v. li.).
König Friedrich I. von Preußen gründete 1710 ein
Pesthaus vor den Toren Berlins. Ab 1727 erklärte
König Friedrich Wilhelm I. dieses zu einem Krankenhaus und nannte das Haus „Charité“ – französisch
für Barmherzigkeit.
der zusätzlichen Sicherheit. Der Startbefehl kommt
von der übergeordneten Notstromsteuerung, die
alle Verbraucher im Blick hat. Bei einem Spannungseinbruch startet der Motor nach einer Sekunde und
läuft auf die Nenndrehzahl von 1.500 Umdrehungen pro Minute hoch, bei der er 50 Hertz erzeugt.
Damit er möglichst schnell zur Verfügung steht,
befindet sich der Motor stets im vorgewärmten
Zustand. Aufgrund des hohen Drehmoments hat
der Motor ein schnelles und hohes Lastaufschaltvermögen. Innerhalb von zehn Sekunden hat das
Aggregat die Betriebsbedingungen mit stabilen
Spannungs- und Frequenzwerten erreicht. Ab
diesem Moment kann Last zugeschaltet werden.
Dieses hohe Lastaufschaltvermögen kommt der
Charité zu Gute: So können alle für die Sicherheitsstromversorgung vorgesehen Verbraucher auf einmal zugeschaltet werden. Weitere Verbraucher
folgen je nach Plan und Bedarf.
Strombedarf wie Leistung eines
Kraftwerkblocks
Der Notstrom kommt mit einer Betriebsspannung
von 10.000 Volt aus dem Generator und muss
über einen Transformator erst wieder auf eine
28 I MTU Report 01/11
benutzbare Niederspannung heruntertransformiert werden. Bei Notstromanlagen arbeitet man
normalerweise mit viel niedrigerer Spannung, so
genannter Niederspannung, damit der Strom sofort benutzbar ist. Nicht im Fall der Charité: „Wir
benutzen diese Hochspannung von 10.000 Volt
auch für unser internes Stromnetz, da wir mit
hohen Leistungen arbeiten müssen“, erläutert
Flügel. Der Standort Campus Charité Mitte beispielsweise hat einen Strombedarf von rund
12,5 Megavoltampere, das entspricht etwa der
Leistung eines Kraftwerkblocks. „Der Vorteil ist,
dass wir uns direkt mit dem öffentlichen Netz
synchronisieren können. Zudem kann der Strom
über weite Strecken verlustärmer verteilt und die
Notstromversorgung aller Gebäude über Zentralen abgewickelt werden.“
mit dem Krankenhauspersonal und den Notstromsystemen. Einmal im Monat gibt es einen Testlauf,
um sicherzustellen, dass die Notstromsysteme einwandfrei laufen. Der dabei produzierte Strom wird
in das Krankenhausnetz eingespeist.
Generalprobe unter realen Bedingungen
Ehe die Notstromsysteme nach Berlin geliefert
wurden und im Juli 2010 in Betrieb gingen, hatte
MTU diese auf dem eigenen, hochmodernen Aggregate-Prüfstand in Friedrichshafen mit Hilfe einer
simulierten Lastaufschaltung umfassend getestet.
Zusätzlich probt Flügel regelmäßig den Ernstfall –
Text: Katrin Hanger
Bilder: Alexander Fischer, Charité Berlin
Energie zum „Anfassen“
Viele Menschen sind schon neugierig vor den
großen Schaufenstern stehen geblieben, Kinder
haben ihre Handabdrücke auf dem Glas hinterlassen, einige haben sich vielleicht auch die Nase
platt gedrückt. Denn hier gibt es die Energie fast
„zum Anfassen“. Eigentlich haben Schaufenster
die Funktion, die Leistungsfähigkeit und Kompetenz eines Handelsunternehmens darzustellen.
In diesem Fall machen sie elektrische Energie für
den Notfall für Menschen sicht- und vorstellbar.
Ihre Fragen beantwortet:
Jochen Thurner
[email protected]
Tel. +49 7541 90-4864
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 29
Blick in die technische Leitwarte der Charité am Campus Charité Mitte,
im Hintergrund das Übersichtsschaltfeld für die elektrische Versorgung
des Campus: Von hier aus haben die Mitarbeiter alles genau im Blick.
«
In einem Krankenhaus kann man nicht experimentieren, sondern muss
sich hundertprozentig auf die Notstromanlage verlassen können.
»
Thomas Flügel, Technischer Leiter Charité Berlin
Das 85 Meter hohe Bettenhochhaus der Charité ist aus der Luft kaum zu übersehen. Nicht weit entfernt (vorne links) ist der Reichstag mit seiner charakteristischen
Glaskuppel.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 30
Stromaggregat läuft fast 2.000 Stunden im Steinbruch
Der Härtetest
In einem Steinbruch im östlichen Iowa wurde das MTU Onsite
Energy-Genset unter härtesten Bedingungen getestet.
30 I MTU Report 01/11
Energie
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:32 Seite 31
Ein MTU Onsite Energy-Stromaggregat
mit einem 1600er-Motor hat gezeigt,
was in ihm steckt. In einem entlegenen
Steinbruch im US-amerikanischen Iowa
trieb es Förderbänder und Zerkleinerer an – 1.887 Stunden lang, völlig problemlos. Der Härtetest ist bestanden.
Steine, soweit das Auge sieht. Große Steine,
kleinere Steine und Steine, die so klein sind, dass
sie schon Sand und nicht mehr Stein genannt
werden. Dazu ein Lärm, den man auch in vielen
Kilometern Entfernung noch hört, da es außer
Steinen nichts gibt, das den Schall schlucken kann.
Die Atmosphäre in einem Steinbruch ist schon be-
ängstigend. Über riesige Förderbänder werden
die Steine von einem Zerkleinerer zum nächsten
gefahren. So wird aus einem Stein, der so groß
ist wie ein Fußball, nach einigen Stunden kieselfeiner Sand. In Cedar Rapids im US-amerikanischen Bundesstaat Iowa ist es vielleicht noch ein
wenig rauer als anderswo, denn hier ist es
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:34 Seite 32
1
3
Energie
2
nicht nur laut, sondern auch entweder heiß oder
bitterkalt. Heiße Sommer werden abgelöst von
schneereichen Wintern. In dieser Umgebung
feierte das MTU Onsite Energy-Stromaggregat
mit einem 1600er-Motor seine Premiere – eine
überaus erfolgreiche Premiere.
Die meisten Steinbrüche der Firma Wendling enthalten Kalkstein. Der zerkleinerte Stein wird für
die Herstellung von Beton, den Bau von Straßen
MEMO
Mobile Stromversorgung gefragt
Das Unternehmen Wendling Quarries betreibt
im östlichen Iowa und westlichen Illinois etwa
100 Steinbrüche. Viele Steinzerkleinerer, För derbänder und Behälter müssen daher häufig
von einem Bergwerk zum anderen verlegt
werden. Ein ideales Einsatzgebiet für das neue
MTU Onsite Energy-Stromaggregat, das sich
bei Wendling Quarries einer ersten Bewährungsprobe stellte. Und zwar zunächst in einem BetonRecyclinghof, wo Altbeton aufgebrochen und
zerkleinert wird, um Steinmaterial zu gewinnen.
„Dies ist eine der energieintensivsten Aktivitäten
in einem Steinbergwerk“, so Hollis Emerson,
Ausrüstungsmanager im Unternehmen.
und Straßen-Randstreifen sowie zum Asphaltieren verwendet. In jedem Steinbergwerk wird
Steinmaterial verschiedener Größen abgebaut,
zerkleinert, gesiebt und gelagert. Liegen genug
Steine auf Lager, wird die transportable Anlage
zum nächsten Steinbruch verlegt.
„Etwa die Hälfte unserer Zerkleinerer haben einen
Dieselantrieb, die andere wird elektrisch betrieben“, erklärt Emerson. „Das verleiht uns echte
Einsatzflexibilität. Wenn wir in einem unserer
Steinbrüche sind, der über eine Hochspannungsleitung verfügt, ziehen wir es vor, mit Strom aus
dem Netz zu arbeiten. Befinden wir uns dagegen
an einem entlegenen ländlichen Standort – was
auf die meisten zutrifft – produzieren wir entweder
Strom mit dem Generator oder setzen die Anlagen
mit Dieselantrieb ein. Manchmal tun wir beides, je
nach Mischung der Ausrüstung“, sagt er.
Leistungsspektrum der MTU Onsite Energy-Stromaggregate
50 Hz
60 Hz
Baureihe 1600
275 - 715 kVA
250 - 600 kWe
32 I MTU Report 01/11
Baureihe 2000
800 - 1.285 kVA
640 - 1.240 kWe
Baureihe 4000
1.290 - 3.310 kVA
1.180 - 3.315 kWe
Bis zu 50 Stunden die Woche
Die für die Erprobung verwendete mobile Anlage
hat einen Haupt-Zerkleinerer, der von seinem
eigenen Dieselmotor angetrieben wird, während
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:34 Seite 33
5
1 und 3 Über Förderbänder werden die Steine von einem Zerkleinerer
zum nächsten transportiert. 2 Der MTU Onsite Energy-Servicetechniker
Jeff Timm informiert sich vor Ort bei Tim McPherson von Wendling
Quarries über den Einsatz des Aggregats. 4 Ein Tieflader fährt das
Stromaggregat vom einen Steinbruch in den nächsten. 5 Jeff Timm
wartet das Aggregat beim Kunden.
MEMO
4
MTU Onsite Energy-Stromaggregat:
die Fakten
Zur Standardausstattung des Dieselgeneratoraggregats der Baureihe 1600 gehören zahlreiche
Eigenschaften, die früher eine kundenspezifische
Bestellung erforderten. Dazu zählen:
> EPA-Tier2-Zertifizierung
> Einhaltung der Testvorgaben nach ISO 8528-5
für Einschwingverhalten bei 85 Prozent Lastfaktor
(gegenüber Standardtest bei 70 Prozent Lastfaktor)
> Einstufige Nennlastannahme (einstufige
100 Prozent Blocklast) nach NFPA 110
> Von UL anerkannte digitale Schalttafeln
Neue Bauweise erleichtert Anschlüsse
Um die elektrischen Anschlüsse zu erleichtern,
haben die Entwickler die Steuerung, die Batterien
und den Leistungsschutzschalter in einem
Kompaktpaket, der sogenannten Outlet-Box
vereint. Diese ist unmittelbar am Grundrahmen
angebracht, was Schwingungen reduziert. Die
neue Bauweise bietet zudem reichlich Platz für
Anschlusskabel. Zum Schutz der Testanlage gegen Staub und Wettereinflüsse im Steinbergwerk
ist das Genset in einem von MTU Onsite Energy
gelieferten Container untergebracht. Da dieser
auf einen dreiachsigen Tieflader montiert ist,
kann ihn ein Bulldozer im Steinbruch umher fahren. Auch ein Kraftstoff tank mit knapp 2.100
Liter Fassungsvermögen ist auf dem Anhänger
montiert.
„Wir wussten von Beginn an, dass wir dieses
Genset im Steinbergbau anwenden wollten”,
sagt Michael Ware, Vertriebsleiter des MTU
Onsite Energy-Distributors Interstate Power
Systems. „Wegen der entlegenen Lage der
meisten Steinbergwerke verlassen sich diese
auf Dieselgeneratoren für den Dauerbetrieb
und der Generator wird von Anfang an intensiv
genutzt”, so Ware weiter.
Text: Lucie Dammann
Bilder: Midcoast Studio, Elma Riley
Ihre Fragen beantwortet:
Al Prosser
[email protected]
Tel. +1 507 385-8629
KARTE
das MTU-Genset Elektromotoren in der transportablen Anlage mit einer Leistung von bis zu 60 PS
versorgt. Die Gesamtlast auf dem Generatoraggregat zu jedem beliebigen Zeitpunkt beträgt
geschätzte 375 Kilowatt und das bei einer täglichen Betriebsdauer von etwa zehn Stunden, fünf
Tage die Woche. Über eine sowohl mit Diesel- als
auch mit Elektroantrieb ausgestattete Ausrüstung
zu verfügen, bietet laut Emerson mehr Flexibilität
und verhindert zudem Ausfallzeiten aufgrund von
Ausrüstungsproblemen. „Wir haben sechs transportable Steinbearbeitungsanlagen wie jene, die
sich in Erprobung befindet, und dort, wo wir über
Ausrüstung sowohl mit Diesel- wie mit elektrischem Antrieb verfügen, können wir deren Einsatz je nach Bedarf mischen und anpassen. Fällt
ein elektrisch angetriebener Zerkleinerer oder ein
Förderband aus, ist schnell für Ersatz gesorgt, da
alle unsere Stromanschlüsse untereinander austauschbar sind“, so Emerson.
Wisconsin
Nebraska
Iowa
Illinois
Vereinigte Staaten
Indiana
West
Verginia
8
Blue
South
Carolina
Energie
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:34 Seite 34
Zwischen Osnabrück und Oldenburg: Im Hasetal liegt Löningen mit seinen 13.230 Einwohnern.
«
Die Biogas-Anlage ist ein echter Glücksfall für Löningen. Sie macht aus
Thomas Städtler, Bürgermeister von Löningen
der Stadt etwas besonderes.
»
34 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:34 Seite 35
Biogasmotor mit bis zu zwei Megawatt Leistung
Die Brüder Reinhard und Hermann Groß betreiben die Löninger Biogasanlage.
Das löhnt sich
Eigentlich ist Löningen eine ganz normale Klein stadt in Niedersachsen. Zwischen Oldenburg
und Osnabrück, 40 Kilometer entfernt von der niederländischen Grenze, läuft das Leben beschaulich. Im Sommer zieht es Touristen zum Radeln,
Kanu fahren oder Reiten in das Hasetal, der
Stadtkern lädt Einheimische und Touristen zum
Bummeln ein und die Landwirtschaft ringsum hat
einen hohen Stellenwert. Hier bauen die Gebrüder
Reinhard und Hermann Groß auf etwa 1.800
Hektar Ackerfläche Mais und Getreide an. Den
Großteil der Ernte verkaufen sie, den restlichen
Ertrag nutzen sie für ihre Biogasanlage. Sie wird
täglich mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais
und Getreide, Gülle und Mist befüllt, die dann zu
Biogas vergären.
Soweit, so gut – das ganz normale Landleben.
Biogasanlagen sind ja gerade in ländlichen Regionen nichts Ungewöhnliches mehr. Trotzdem hat
die Löninger Biogasanlage etwas, was all die anderen Anlagen nicht haben: Den neuen 4000erBiogasmotor von MTU Onsite Energy. Damit
versorgen die Gebrüder Groß einen Großteil der
Kleinstadt mit Wärme. „Die Biogas-Anlage ist
ein echter Glücksfall für Löningen. Sie macht
aus der Stadt etwas Besonderes“, erzählt Bürgermeister Thomas Städtler. Denn wenn das neue
Fernwärmekonzept der Stadt abgeschlossen ist,
werden die meisten öffentlichen Gebäude mit
Wärme von den Gebrüdern Groß versorgt. Damit
ist Löningen eine Besonderheit in Niedersachsen.
„Hier im Nordwesten Deutschlands kenne ich
kein vergleichbares Projekt“, sagt Städtler.
Geld verdienten, suchten die Brüder Groß ihr Glück
in der Energiegewinnung mit einem Biogas-Blockheizkraftwerk. Sie riefen die Groß-Förster-BioEnergie Hasetal ins Leben und stellten Wilfried
Förster als Geschäftsführer ein. Bis zum Jahr
2008 betrieben sie ihr Blockheizkraftwerk mit
zehn Zündstrahlmotoren, die je 80 Kilowatt
Leistung hatten. Das reichte, um ihren Hof und
die Biogas-Anlage mit Strom und Wärme zu versorgen. Den übrigen Strom speisten sie in das
öffentliche Netz ein, die Abwärme beheizt ein
Schulzentrum mit drei Schulen, ein Hallenbad
und eine Veranstaltungshalle in Löningen. Da
KARTE
Die Biogas-Motoren von MTU Onsite
Energy stoßen in eine neue Leistungsklasse vor. Bisher waren vor allem
die kleineren MTU-Motoren mit einer
Leistung bis zu 420 Kilowatt im BiogasGeschäft aktiv. Jetzt steigt der große,
leistungsstärkere Motor der Baureihe
4000 ein. Als Diesel- oder Erdgasmotor
gibt es ihn schon lange auf dem Markt.
Als Biogasmotor ist er erst seit März
2011 erhältlich. Und während die kleinen Motoren maximal 420 Kilowatt
Leistung erbringen, schafft der neue
Motor der Baureihe 4000 über zwei
Megawatt. In einer Biogas-Anlage in
Löningen hat ein Vorserienmodell des
Typs 12V 4000 in 7.500 Stunden Laufzeit einen einjährigen Probebetrieb
absolviert – und bestanden. Als Grundlast-Motor versorgt er nun die BiogasAnlage und öffentliche Gebäude in der
niedersächsischen Kleinstadt Löningen
mit Wärme – das lohnt, oder löhnt sich.
Kiel
Hamburg
Löningen
Hannover
Berlin
Deutschland
8
Blue
Weniger Motoren, mehr Leistung
Angefangen hat alles im Jahr 2001. Da sie mit
landwirtschaftlichen Produkten immer weniger
MTU Report 01/11 I 35
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 36
Energie
60 Tonnen nachwachsende Rohstoffe, 60 Tonnen Gülle und zehn Tonnen Mist
vergären täglich in der Biogasanlage.
ihnen aber die Wartungs- und Instandhaltungskosten für zehn Motoren zuviel wurden, überarbeitete die GF-Bioenergie Hasetal ihr Konzept.
Im Jahr 2008 stieg sie auf drei Blockheizkraft -
Die nachwachsenden Rohstoffe erzeugen die Brüder Groß auf dem eigenen
Bauernhof.
großer Motor, der die Grundlast trägt und einige
kleinere, die die Spitzenlasten ausgleichen. „Die
guten Erfahrungen mit MTU Onsite Energy bei
den kleinen 400er-Motoren waren ausschlag-
«
Die guten Erfahrungen mit MTU Onsite Energy bei den kleinen
400er-Motoren waren ausschlaggebend, gemeinsam nach neuen
Reinhard Groß, Betreiber der Biogasanlage
Lösungen zu suchen.
»
werk-Module von MTU Onsite Energy um. Ab
diesem Zeitpunkt sorgten nur noch drei Motoren
der Baureihe 400 mit jeweils 350 Kilowatt elektrischer Leistung für Strom und Wärme.
MEMO
Das Vorserienmodell lief 7.500 Stunden
Doch auch auf diesem Konzept ruhen sich die
Betreiber nicht aus. Ihr Plan für die Zukunft: Ein
gebend, gemeinsam nach neuen Lösungen zu
suchen“, so Reinhard Groß. Und MTU Onsite
Energy machte ein besonderes Angebot: ein
Vorserienmodell des neuen Biogas-Motors der
Baureihe 4000. „Am Anfang waren die Zweifel
groß, ob das die richtige Entscheidung war. Ein
Vorserienmodell, mit dem noch keiner Erfahrung
sammeln konnte, war sicherlich ein Risiko“,
Der neue 4000er im Überblick
Die 8-, 12-, 16- und 20-Zylinder-Motoren der Baureihe 4000 werden in Aggregaten zur Stromerzeugung
sowie in Blockheizkraftwerk-Modulen zur Kraft-Wärme-Kopplung angeboten. Die neuen Biogasmotoren
basieren auf einem Baukastenprinzip der MTU-Motoren-Baureihe 4000. Sie ist sowohl auf Diesel- als
auch Gasbetrieb ausgelegt und in Varianten in mehr als 20 unterschiedlichen Anwendungen einsetzbar. Anstatt Aluminium-Kolben hat die Biogas-Variante geschmiedete Stahl-Kolben und eine andere
Brennraumgeometrie als die Dieselmotoren. Außerdem ist die Nockenform für eine größere Ventilöffnung fülliger. Wegen des geringeren Brennwerts von Biogas haben die MTU-Ingenieure Ventilsteuerung und Ventilhub angepasst und erzielen so eine schadstoffarme Verbrennung. Der elektrische Wirkungsgrad liegt über 42 Prozent. Weitere wählbare Komponenten sind eine Abgasreinigung, auf die
Serie abgestimmte Formaldehyd-Katalysatoren, schalldämmende Gehäuse, Notkühler und Wärmetauscher sowie Abgasschalldämpfer. Damit Betriebsunterbrechungen so selten wie möglich vorkommen, bietet MTU Onsite Energy außerdem ein Öl-Umlaufsystem, das den nutzbaren Schmiermittelvorrat um beispielsweise 1.000 Liter vergrößert. Ab 2011 sollen weitere Varianten für Klär- und
Deponiegas, später auch für Sondergase, eingeführt werden.
bekennt Reinhard Groß. Trotzdem blieb das Team
um die Brüder und den Ingenieur Wilfried Förster
bei seiner Entscheidung – und hat es bis heute
nicht bereut. Sie bauten eine neue Maschinenhalle und im Jahr 2009 installierten Ingenieure
von MTU Onsite Energy das BHKW mit dem neuen 12-Zylinder Biogas-Motor. Jetzt müssen sie in
ihrer Halle nur noch einen Motor warten und
sparen zusätzlich Platz. Denn mit einer elektrischen Leistung von 1.166 Kilowatt und mehr als
1.300 Kilowatt thermischer Leistung ersetzt
dieser Motor drei der kleinen 400er-Maschinen.
Von Oktober 2009 bis Oktober 2010 lief der
Biogas-Motor mehr als 7.500 Stunden im Probebetrieb. Das Fazit der drei: „Nicht alles war
optimal, aber wenn man den monatlichen Durchschnitt aus Laufzeiten und Stillstand betrachtet,
ist der Motor fast 90 Prozent gelaufen“, resümiert
Wilfried Förster. „Das ist schon mehr als wir
erwartet hatten“, ergänzt Hermann Groß.
Löningen bekommt mehr Wärme
Dass ihr Konzept Früchte tragen würde, davon
waren die Brüder Groß überzeugt. Denn schon
vor der Suche nach einem großen Motor beschlossen sie gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer Wilfried Förster und Bürgermeister Städtler,
dass die bereits bestehenden 400er-Motoren
als Satelliten-BHKWs ausgelagert werden sollten.
Für das neue Fernwärmekonzept der Stadt
Löningen werden sie seit Oktober 2010 in der
Nähe von öffentlichen Gebäuden aufgebaut, um
verbrauchernah Strom und Wärme zu erzeugen.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 37
1
2
1 „Es ist wichtig, bei Problemen einen verlässlichen Partner zu haben.” Wilfried Förster, Geschäftsführer der GF Bio-Energie Hasetal
im Gespräch mit einem Service Mitarbeiter von MTU Onsite Energy. 2 Ein MTU Onsite Energy-Monteur bringt den Gemischkühler
an einen Biogasmotor an.
MTU Report 01/11 I 37
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 38
Energie
1,6 Megawatt leistet der Biogas-Motor des Typs 16V 4000. Das nächst größere Modell, die 20V-Version, schafft bis zu zwei Megawatt. Damit stößt MTU Onsite Energy
in eine neue Leistungsklasse vor.
38 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 39
Die Gülle für die Biogas-Anlage beziehen die Betreiber von der betriebseigenen Güllebörse.
Da sie Schadensersatz zahlen müssten, wenn
sie keine Wärme liefern, und die Betreiber einen
defekten Motor nicht selbst reparieren wollen,
war ihnen von Anfang an eines wichtig: „Wir
brauchen einen zuverlässigen Partner, der sich
um Probleme kümmert und sie löst. Den haben
wir in MTU Onsite Energy gefunden“, sagt Reinhard Groß. Die robuste Bauweise und die defensive Motorabstimmung des neuen Biogas-Motors
ermöglichen langfristigen und störungsarmen
Betrieb. So steht der Motor nur äußerst selten
still. Die Generalüberholung des Grundmotors ist
erst nach etwa 64.000 Betriebsstunden geplant.
Das sind über sieben Jahre, wenn der Motor
24 Stunden am Tag läuft.
Vorteile für alle Seiten
Sowohl die GF-Bio-Energie Hasetal als auch die
Stadt Löningen profitieren von dieser geschäftlichen Beziehung. Der Betrieb bekommt wegen des
wie Mais und Getreide sehr wichtig. Deshalb werden wir nur dann ausbauen, wenn der Bedarf da
ist“, erklärt Wilfried Förster. Solange sie aber nicht
mehr benötigen, werden sie das meiste, was sie
«
Wir brauchen einen zuverlässigen Partner, der sich um
Probleme kümmert und sie löst. Den haben wir in MTU Onsite
Energy gefunden.
»
Reinhard Groß, Betreiber der Biogasanlage
deutschen Strom-Einspeisegesetzes (EEG) die
Stromvergütung für den eingespeisten Strom. Die
Stadt Löningen, das Krankenhaus und weitere
Interessenten bekommen die Abwärme und sparen
Ausgaben für das Heizen. Die Umwelt profitiert
ebenfalls: Die Betreiber haben ihren 4000er-Motor
mit einem Katalysator nachgerüstet, der den Formal dehydausstoß senkt. Weiter in die Biogas-Anlage
mit ihren Blockheizkraftwerken investieren will die
GF-Bio-Energie Hasetal nur dann, wenn sie neue
Abnehmer für die Wärme haben. „Uns ist ein bewusster Umgang mit nachwachsenden Rohstoffen,
jetzt im Frühjahr wieder anbauen, weiterhin verkaufen. Der Rest kommt in die Biogas-Anlage.
Denn die Rohstoffe, um Biogas zu erzeugen haben
sie selber gesät, versorgt und geerntet.
Text: Katrin Beck
Bilder: Alexander Fischer
Ihre Fragen beantwortet:
Gerhard Miller
[email protected]
Tel. + 49 821 7480-156
MEMO
Das nötige Biogas aus der Anlage kommt über
neu gebaute Pipelines zu den Satelliten-BHKWs.
So geht weniger Wärme auf dem Transport verloren. Und noch besser: Mit dem neuen Fernwärmesystem brauchen die Löninger weniger Gas
zum Heizen und sparen pro Jahr 1.255 Tonnen
Kohlendioxid ein. Um mehr Leistung zu erzeugen,
werden drei weitere 400er-Motoren in SatellitenBlockheizkraftwerke eingebaut. „So können wir
jeden einzelnen Motor nach Bedarf dazuschalten
und Strom und Wärme immer ausreichend garantieren“, erklärt Förster das Konzept. In Zukunft
werden drei weitere Schulen, eine Turnhalle, das
Krankenhaus, das Altenheim sowie eine Gärtnerei, zwei Banken, das Rathaus und das Freibad
versorgt. Und damit sind sie noch nicht vollständig ausgelastet.
Modell
Elektrische Leistung
Wärmeauskopplung
8V 4000
12V 4000
16V 4000*
20V 4000*
772 kW
1.166 kW
1,6 MW
2 MW
max. 880 kW
max. 1.310 kW
max. 1,7 MW
max. 2,6 MW
* erhältlich ab Ende 2011
MTU Report 01/11 I 39
After Sales
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 40
Wartungsvertrag für Schnellfähre
Wartung Virtuoso
Sie gehört zu den modernsten und größten Hochgeschwindigkeits-Katamaranen
in Europa: die „Jean de la Valette“. Seit September 2010 ist die Katamaran-Fähre
zwischen Malta und Sizilien auf dem Mittelmeer unterwegs. Damit sie stets
pu?
nktlich und zuverlässig am Zielort eintrifft, verlässt sich der Betreiber Virtu
Ferries auf einen Vollwartungsvertrag von MTU.
Ruhig ist es nachts am Sea-Passenger-Terminal.
Über den Pinto Wharf im Hafen von Valletta in
Malta fegt ein leichter Wind. In der Nähe schlägt
ein Glockenturm elf Mal. Mit jedem Läuten
rückt aus der Dunkelheit ein Katamaran ein
Stück näher an den Kai heran. Es ist die Jean
de la Valette, die neueste Fähre der maltesischen Reederei Virtu Ferries. Seit September
ist das Schiff mehrmals täglich auf der Route
zwischen dem südeuropäischen Inselstaat und
Sizilien unterwegs, um Passagiere und Fracht
zu befördern. In den vergangenen Jahren hat
sich hier einiges getan. „Die Anzahl der Fahr 40 I MTU Report 01/11
gäste und der Kraftfahrzeugverkehr zwischen
Malta und Italien haben stark zugenommen“, so
Francis Portelli, Managing Director bei Virtu
Ferries. „Neue Fähren müssen mehr Passagiere
aufnehmen können und die Strecke trotzdem in
der gleichen Zeit schaffen.“ Von Schiffseignern
und -betreibern wird heute zudem erwartet, dass
sie ihren Gästen ein sehr viel höheres Maß an
Komfort und Service bieten, als noch vor zehn
Jahren.
Von Malta nach Sizilien in 90 Minuten
All diesen Ansprüchen müssen neue Fähren ge-
recht werden, wenn sie auf ihren Routen erfolgreich
betrieben werden sollen. „Geschwindigkeit und
Zuverlässigkeit sowie die Effizienz aller Maschinen
hatten für uns oberste Priorität, als wir die Jean de
la Valette bei der australischen Werft Austal in
Auftrag gegeben haben“, erläutert Francis Portelli.
Dies erkläre auch die strengen Auswahlkriterien,
nach denen jedes Teil der technischen Ausstattung
ausgewählt wurde. Bei der Antriebsanlage entschied sich Virtu Ferries für Motoren von MTU.
Während die Passagiere auf dem Oberdeck spazieren gehen, in der luxuriösen VIP-Lounge entspannen oder im Kiosk shoppen, wird im Maschinen raum Schwerstarbeit verrichtet: Dort liefern vier
leistungsgesteigerte 20-Zylindermotoren der MTUBaureihe 8000 die nötige Power, um die Fähre
durch die Wellen voranzutreiben. Die 8000er sind
die größten und leistungsstärksten Motoren, die
das Unternehmen herstellt. Jedes der Kraftpakete
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 41
MEMO
Von Valletta nach Pozzallo: Die 93 Kilometer vom
Hafen in Malta bis nach Sizilien bewältigt der
Hochgeschwindigkeits-Katamaran in eineinhalb
Stunden.
Virtu Ferries
ist zwei Meter breit, knapp sieben Meter lang, über
drei Meter hoch und erzeugt bis zu 9.100 Kilowatt
Leistung (12.000 PS). Davon profitieren Transportunternehmen ebenso wie Touristen, die mit ihrem
Campingwagen unterwegs sind: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 70 Stundenkilometern
bringt die Fähre ihre Fracht in eineinhalb Stunden
nach Pozzallo, knapp drei Stunden benötigt sie für
die Strecke von Malta nach Catania im östlichen
Sizilien.
Ankunft in Malta: 23 Uhr
Mit dem letzten Glockenschlag legt der weiße
Hochgeschwindigkeits-Katamaran am Kai an und
öffnet seine Tore, um die Passagiere in die Nacht
zu entlassen. Wieder einmal hat die Jean de la
Valette eine Punktlandung hingelegt. Ebenso wie
beim Fährbetrieb des Schwesterschiffs Maria
Dolores sind auch hier Pünktlichkeit und Zuver-
Die Hochgeschwindigkeits-Katamarane von Virtu Ferries verkehren bereits seit 1988
zwischen Malta und Sizilien. Das Schwesterschiff der Jean de la Valette, die Maria Dolores
kann bis zu 600 Passagiere und 65 PKW transportieren und macht jährlich über 1.000
Überfahrten zwischen Valletta (Malta) und Pozzallo (Italien) bzw. Catania (Italien).
lässigkeit oberstes Gebot. Rund 60 Millionen Euro
hat Virtu Ferries in den ganzjährigen Fährdienst investiert, um den steigenden Bedarf im kommerziellen, industriellen und touristischen Sektor zu bedienen. Damit die Schiffsmotoren die anstrengende
Arbeit ohne Ausfälle bewältigen und keine Verzögerungen bei der Überfahrt zwischen Malta und
Sizilien entstehen, müssen die Antriebseinheiten
regelmäßig auf Herz und Nieren überprüft werden.
Kleinere Arbeiten, wie Filterwechsel oder tägliche
Ölkontrollen erledigt die Schiffscrew selber.
Umfangreichere Wartungsarbeiten, die spezielle
Fachkenntnisse erfordern, werden hingegen über
einen Servicevertrag abgedeckt, den Virtu Ferries
mit MTU abgeschlossen hat. Melita Power, der
MTU-Distributor auf Malta, übernimmt die anfallenden Wartungsarbeiten. Er ist der erste Ansprechpartner für den Fährbesitzer und kümmert
sich im Auftrag von MTU um die Großmotoren.
Zu diesem Zweck müssen die Melita-Mitarbeiter
die Motorbaureihe mit allen besonderen Eigenschaften in- und auswendig kennen lernen. Über
einen Zeitraum von zwei Jahren arbeiten sie
deshalb bei Wartungen gemeinsam mit einem
Experten von MTU. Er vermittelt die nötigen
Kenntnisse und unterstützt das Team des
MTU Report 01/11 I 41
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 42
After Sales
Distributors bei Schwierigkeiten. Die Hilfe endet
jedoch nicht mit Abschluss der Schulungen.
Auch danach stehen die MTU-Exper ten als
„fliegende Doktoren“ zur Verfügung, die jederzeit aktiviert werden können und dem MelitaWartungsteam bei besonderen Fällen zur Seite
stehen.
Für den Betreiber lohnt sich diese Investition.
„Über den Vollwartungsvertrag erhalten wir alle
Dienstleistungen, die den Motor betreffen, zu
einem Festpreis“, erläutert Francis Portelli.
„Darüber hinaus haben wir Zugriff auf ausgebildetes Fachpersonal, hochwertige OriginalErsatzteile und Spezialwerkzeuge, um jederzeit
für den Ernstfall gerüstet zu sein.“ Das Resultat:
planbare, effiziente Wartungsarbeiten und somit
eine garantiert hohe Verfügbarkeit der Fähre.
Rundum-Sorglos-Wartungsvertrag
Während langsam eine bunte Mischung aus
Lastwagen, Autos und Wohnmobilen über mehrere Rampen an Land rollt und der Tag für die
Schiffscrew endet, beginnt für das Wartungs team jetzt erst die Arbeit. Geduldig warten die
Monteure, bis die Fähre sich geleert hat, und
machen sich dann auf den Weg zum Maschinenraum. Unerwartete Motorprobleme kommen
selten vor. Das Team konzentriert sich auf vorbeugende Arbeiten, damit Schäden am Motor
gar nicht erst entstehen. Zum Wartungsvertrag
gehört die Instandsetzung von Komponenten
über einen Zeitraum von zehn Jahren oder
24.000 Betriebsstunden mit einer Garantie für
Originalersatzteile bis zu 30 Jahren. Innerhalb
des Vertrags werden beispielsweise planmäßig
anstehende Filter und Verschleißteile ausgewechselt, die Brennräume mit Endoskopen kontrolliert oder die Einspritzdüsen erneuert – alles
genau nach Wartungsplan. Auch anspruchsvolle
Arbeiten, bei denen der Motor teilweise zerlegt
werden muss, sind Teil der korrektiven Wartung,
beispielsweise wenn der Turbolader oder die Zylinderköpfe überholt werden. Falls technisch erforderlich, werden an den Motoren neue Entwicklungsstufen der Orginal-MTU-Ersatzteile verbaut.
Damit ist der Motor immer auf dem neuesten technischen Stand und ein Großteil möglicher Fehlfunktionen lässt sich bereits von vornherein ausschließen – was langfristig die Stillstandzeiten deutlich
reduziert. Neben den nötigen Fachkenntnissen
sieht Francis Portelli auch die offene Kommunikation als einen der Schlüssel für einen möglichst
reibungslosen Fährbetrieb. Dazu gehört, dass er
sich regelmäßig mit dem Wartungsteam austauscht.
„Um Schäden frühzeitig zu diagnostizieren und zu
reparieren, müssen alle Beteiligten jederzeit auf
dem aktuellen Wissensstand sein“, empfiehlt er.
„Nur so lassen sich Wartungsarbeiten effizient
durchführen und die Ausfallzeiten der Fähre auf ein
Minimum reduzieren.“ Das Ergebnis: Bisher hat
keine der Fähren von Virtu Ferries eine Fahrt verpasst.
Datenmessungen auf dem Weg nach Malta
Als die Fähre am nächsten Morgen zurück nach
Malta fährt, befinden sich einige unübliche Passagiere an Bord. Ausgerüstet mit Laptops machen
sie sich auf den Weg in den Maschinenraum, um
dort ihre Rechner mit der Motorsteuerung zu
verbinden. Es ist das Wartungsteam, das Motordaten aus dem laufenden Betrieb erhebt und
analysiert. Dafür wird ein Laptop an den Motor
angeschlossen, der mithilfe eines speziellen
Analyseprogramms die relevanten Daten aufzeichnet und den Technikern von MTU und Melita
eine erste Auswertung liefert. Da die Informationen unter Realbedingungen gewonnen wurden,
lassen sie nützliche Rückschlüsse darauf zu, ob
sich alle Funktionen des Motors im normalen
Rahmen bewegen. Ist dies nicht der Fall, tauschen
die Monteure die verdächtigen Bauteile aus und
Vier 8000er-Motoren treiben die Fähre durch die Wellen voran.
42 I MTU Report 01/11
fangen so kleine Unregelmäßigkeiten ab,
bevor daraus größere Schäden entstehen. Die
Datenanalyse dient aber nicht nur dazu, mögliche Fehlerquellen auszuschalten. Alle wichtigen
Informationen darüber, wie der Motor sich im
Alltag verhält, geben die Techniker an Bord der
Fähre direkt an die Ingenieure bei MTU weiter.
Diese erhalten aus dem Feedback Hinweise, wie
sich die Motorleistung weiter verbessern lässt.
Zukünftige Anforderungen
Besonders im Hinblick auf Emissionen sind die
Daten zur Optimierung bedeutend. Denn die derzeit geltenden Richtlinien wie IMO 2 oder EPA Tier 2
werden in den nächsten Jahren schärfer – die
Motoren sollen also weniger Stickstoff oder C02
produzieren, jedoch ohne mehr Kraftstoff zu verbrauchen. Damit verändern sich auch die Ansprüche an die Antriebssysteme von Fähren, wie
der Jean de la Valette. „In den vergangenen
Jahren wurden Sicherheit und Umweltschutz beim
Fährbetrieb immer stärker reglementiert. Deshalb
werden entsprechende Zertifizierungen und Dokumentationen für die Motoren immer wichtiger“,
erklärt Francis Portelli. Obwohl die Anforderungen
nicht überall gleichermaßen durchgesetzt werden,
müssen Betreiber von Hochgeschwindigkeitsfähren dennoch auf deren Einhaltung achten, wenn
sie in der Mittelmeerregion ihre Routen effizient
bedienen wollen. Welchen Herausforderungen
müssen die Antriebssysteme zukünftig gewachsen sein? Für den Fährenexperten eine eindeutige
Sache: „Gleiche Leistung mit weniger Verbrauch
und mit umweltfreundlicheren Kraftstoffen.“
Text: Elke Brown
Bilder: Melita Power Services, Austal
Ihre Fragen beantwortet:
Michael Hurrle, [email protected]
Tel. +49 7541 90-3432
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 43
1
3
4
2
MEMO
1 Mehrmals wöchentlich bringt der Katamaran
Passagiere und Fracht an ihren Zielort. 2 Zusammen
mit einem MTU-Ingenieur überprüfen die Mitarbeiter
des Distributors vor Ort die riesigen 8000er-Motoren.
3 Die Techniker von MTU und Melita Power bereiten
die Wartungsarbeiten vor. 4 Regelmäßig kontrollieren
die Techniker das LOP (Local Operating Panel), ein
Elektroniksystem, das zusammen mit dem Schiffsmotor
von MTU geliefert wurde.
Der MTU Customized Care-Wartungsvertrag läuft über den
gesamten Lebenszeitzyklus der Fähre und gewährleistet so
eine maximale Verfügbarkeit.
Die Vorteile:
> maximale Kostengewissheit
> 24-Stunden Hotline
> bestmögliche Planung mit reduzierten Fixkosten
KARTE
MTU_ValueService
Italien
Sizilien
Catania
Pozzallo
Valletta
8
Malta
MTU Report 01/11 I 43
Blue
Marine
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 44
Interview mit dem Schiffsingenieur Paul Shallcross
Architekt
der Träume
Paul Shallcross über exklusive Wünsche von Yachteignern, die Zukunft der
Antriebssysteme und die Globalisierung des Yachtmarktes.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:35 Seite 45
Tennisplätze, echte Palmen oder ausklappbare Sandstrände – den Wünschen von Paul Shallcross’ Kunden
sind keine Grenzen gesetzt.
Es riecht nach Salz und Meerwasser. Möwen kreisen am Himmel und scheinen sich über ein paar Sonnenstrahlen
zu freuen, die sich durch die Wolken kämpfen. Noch haben die Menschen dicke Winterjacken an, doch die ersten
Straßencafés haben schon geöffnet. Frühling liegt in der Luft. Aber nicht nur das: In der Luft der südenglischen Stadt
Southampton liegt noch etwas anderes: Seefahrt. Sieben Häfen hat die Stadt: Vom kleinen Yachthafen bis zu riesigen
Containerhäfen ist hier alles zu finden. Kaum zu glauben, dass in Southampton eine der schlimmsten Katastrophen in
der Schifffahrtsgeschichte ihren Anfang nahm: Die berühmte Titanic startete hier im Jahr 1912 zu ihrer Jungfernfahrt
nach New York, kam dort aber nie an. Daran erinnern soll hier jedoch nur noch ein Museum, das gerade gebaut wird.
Denn in der südenglischen Hafenstadt werden viele erfolgreiche Schifffahrtsgeschichten geschrieben. Die Southampton
Boat Show zieht jedes Jahr im September Hunderttausende Yacht-Begeisterte nach Südengland. Der britische Yachtbauer Sunseeker hat nicht weit von Southampton seinen Hauptsitz. Und viele Yachtdesigner und Marinearchitekten
suchen hier die Nähe zur Yachtszene. So auch Paul Shallcross, Ingenieur im Schiffsarchitektur-Büro BMT Nigel Gee. Im
Interview erzählt er, was den Yachtbau so besonders macht, welche Träume er seinen Kunden schon erfüllen konnte
und warum er selber gar keine große Yacht, sondern ein kleines Segelboot haben möchte.
KARTE
Swimming Pools auf den Dächern oder
Hubschrauberlandeplätze gehören ja fast
schon zum Standard auf einer Megayacht.
Wo hört denn der Standard auf und wo
fängt Exklusivität an?
England
London
Belgien
Southampton
Paris
Frankreich
Paul Shallcross: Das ist eine schwierige Frage,
denn eigentlich ist fast alles möglich, was man
bauen kann. Aber Swimming Pools können –
auch wenn sie normal zu sein scheinen – eine
große Herausforderung sein. Denn die Besitzer
wollen immer größere und ausgefallenere Pools
an Bord haben. Da bekommen wir aber Probleme
mit der Stabilität der Yachten. Auch Landeplätze
für Helikopter sind sehr häufig gefragt. Aber
hier sind in den letzten Jahren immer schärfere
Gesetze entstanden, die es uns schwer machen,
diese auf einer Yacht unterzubringen. Im Normalfall ist es so, dass die Kunden mit einer großen
Wunschliste auf uns zukommen. Wir versuchen,
so viele Wünsche wie möglich zu erfüllen, doch
einiges ist einfach nicht machbar. So wird die
Liste während der Yacht-Entwicklung immer kürzer und wir müssen mit den Yachtdesignern, die
die Kunden vertreten, viele Kompromisse finden.
Das ist eine sehr spannende Zeit, in der wir die
Grenzen immer weiter ziehen: Die Designer
haben immer neue Ideen, was man noch machen
könnte und wir müssen immer neue Wege finden,
diese Wünsche umzusetzen.
Können Sie von besonders spektakulären
Wünschen von Yachteignern berichten?
Paul Shallcross: Oh, da gibt es einige verrückte
Wünsche: Tennisplätze, echte Palmen oder
Sandstrände, die man ausklappen kann. Sogar
Wasserstrahlantriebe aus Titan wollten unsere
MTU Report 01/11 I 45
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:36 Seite 46
Mit Bruce Phillips von MTU UK tauscht sich Paul Shallcross regelmäßig über die
verschiedenen Möglichkeiten aus, Antriebssysteme in Yachten einzusetzen.
Kunden schon haben. Und einer wollte das Kon zept eines Dieselmotors radikal ändern. Aber
keinen dieser Wünsche konnten wir bisher erfüllen. Unsere Kunden versuchen trotzdem immer
wieder, die Grenzen des Machbaren zu sprengen.
Größer – schneller – exklusiver! Das
scheint derzeit das Motto im Yachtbau zu
sein. Gerüchte sagen, dass die erste 200
Meter lange Yacht schon gebaut wird. Wann
glauben Sie, wird die erste 250-Meter-Yacht
ausgeliefert?
Paul Shallcross: Das ist sicher nur noch eine
Frage der Zeit, denn es gibt immer Yachtbesitzer,
für die größer gleich besser bedeutet. Das Spiel
„Wer hat die größte Yacht der Welt“ ist sicher
noch nicht beendet. Doch große Yachten haben
einen Nachteil: Man merkt kaum noch, dass man
auf dem Wasser ist. Ich nenne das immer das
„Kreuzfahrtschiff-Syndrom“. Viele unserer Kunden wollen aber genau diese Nähe zum Wasser
spüren, sie wollen vielleicht auch mal nass werden. Und dazu brauchen sie kleinere Yachten.
Und noch etwas: Große Yachten haben den
Nachteil, dass sie kaum in die vielen wunderschönen, flachen Buchten fahren können. Das
schreckt einige Kunden ab und sie bleiben bei
ihren kleineren Yachten.
Paul Shallcross muss es wissen. Sechs Jahre lang
ist er selbst zur See gefahren, war Kapitän und
Schiffsingenieur auf verschiedenen Segelyachten.
Wenn er von seinen Reisen auf den Seychellen
46 I MTU Report 01/11
„Das Spiel, wer hat die
größte Yacht der Welt,
ist mit Sicherheit noch
nicht beendet“, sagt Paul
Shallcross.
erzählt, kommt er geradezu ins Schwärmen. Auch
Bruce Phillips hört begeistert zu. Er ist Vertriebsmitarbeiter bei MTU und mit Paul Shallcross häufig
in Kontakt.
Bruce Phillips: Je größer die Yacht, desto stärker muss natürlich das Antriebssystem sein. Ich
denke da an Gasturbinen, die in Kombination mit
Dieselmotoren unheimliche Leistungsreserven
bieten und zugleich für Kraftstoffeffizienz sorgen.
Bei Langstreckenfahrten oder bei niedrigen Geschwindigkeiten laufen allein die Dieselmotoren.
Soll es schneller gehen, werden die Gasturbinen
ein- oder zugeschaltet. Für all diese Systeme
erstellen wir die kompletten Pakete, bestehend
aus Antrieb und Automation, maßgeschneidert
für die speziellen Anforderungen.
Gibt es auf dem Yacht-Markt Mode-Erscheinungen? Wie sahen Yachten vor zehn
Jahren im Vergleich zu heute aus und wie
werden Yachten in zehn Jahren aussehen?
Paul Shallcross: Man kann schon sagen, dass
Yachten tendenziell immer größer werden. Eine
mittelgroße Yacht heute ist viel größer als vor
zehn Jahren. Doch ich würde die Entwicklung
eher evolutionär als revolutionär nennen. Denn
auch wenn die Yachtbesitzer immer wollen, dass
ihre Yacht einzigartig ist: Große Sprünge gibt es
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:36 Seite 47
Marine
bei den Designs nicht. Nur bei ihren „Spielzeugen“
wie eben Swimming Pools, Wellness-Landschaf ten oder Hubschrauber-Landeplätzen ziehen sie
die Grenzen des Machbaren immer weiter.
Trifft der berühmte Gestaltungsleitsatz
„Form follows Function“ auch auf den
Yachtbau zu, oder müssen wir den Spruch
hier umkehren zu „Function follows Form“?
Paul Shallcross: Als Ingenieur wäre mir natürlich die Ursprungsvariante des Satzes, dass die
Form der Funktion folgt, lieber. Im Maschinenraum einer Yacht ist das so. Wir haben gerade
eine 85-Meter-Yacht entwickelt und der Maschinenraum ist wunderschön, zumindest ist das
meine Meinung. Doch auf dem Rest der Yacht
verhält es sich tatsächlich oft umgekehrt. Die
Designer haben die Form im Kopf und wir müssen um die Form herum die Funktion entwickeln.
Denn zugegeben: Wenn ich ein funktionelles
Design entwickeln würde, fänden das die meisten eher langweilig – Ingenieure natürlich ausgenommen. Doch eins ist den Designern klar:
Die Form muss auch Funktion haben. Das macht
jede Yacht einzigartig: Das Design und damit der
Weg, wie die Funktion erreicht wird, ist immer
anders.
Wer entwickelt denn die Trends im Yachtgeschäft? Sind es die Eigner, die die Yacht
später besitzen, Sie als Consultant, der die
Yacht entwickelt, oder doch die Werften,
die sie am Ende bauen?
Paul Shallcross: Zugegeben, es sind die Designer, die uns zwingen, die Grenzen immer weiter
zu sprengen. Wir haben zwar viele Ideen, doch
die können wir nicht immer umsetzen, da sie
nicht in den Budget- oder Zeitrahmen des Projekts passen oder nicht dem gewünschten
Design entsprechen.
Und welche Rolle spielen die Dieselmotoren in Zukunft?
Paul Shallcross: Zweifelsfrei eine ganz
wichtige. Der Dieselmotor wird weiterhin der gefragteste Antrieb sein. Es gibt zwar Alternativen,
wie das Flüssiggas LNG. Doch bis die in Serie
auf Yachten eingebaut werden, ist es noch ein
weiter Weg.
Wie wichtig ist den Yachteignern denn der
Kraftstoffverbrauch? Schauen sie darauf?
Paul Shallcross: Die Betriebskosten waren
Yachtbesitzern bisher nicht so wichtig. Der Kraftstoffverbrauch war eigentlich nur eine Zahl und
die Tankkapazität wurde so ausgelegt, dass die
Eigner die gewünschte Reichweite erzielen konnten. Aber natürlich werden die steigenden Preise
für Schiffskraftstoff Kunden dazu bringen, sich
auch mehr für die Betriebskosten ihrer Yacht zu
interessieren. Schon heute arbeiten wir an Lösungen, um den Kraftstoffverbrauch zu senken,
Hybridsysteme beispielsweise sind ein Thema.
… Man merkt kaum noch, dass man auf dem Wasser ist.“
„Doch große Yachten haben einen Nachteil: …
An dieser Stelle greift Bruce Phillips wieder in das
Gespräch ein. Er kann von besonders kraftstoffsparenden MTU-Antriebssystemen berichten, die durch
die Kombination mehrerer Dieselmotoren, von Diesel- und Elektromotoren oder von Dieselmotoren
und Gasturbinen die Leistung des Dieselmotors optimal ausnutzen. (Mehr Informationen auf Seite 51)
Bruce Phillips: Dabei gibt es Antriebssysteme,
die den Kraftstoffverbrauch von Yachten erheblich senken. Ein Beispiel ist hier die Kombination
von vier Dieselmotoren, die auf zwei Sammelgetriebe geschaltet werden. Bei Vollgas werden alle
Motoren zugeschaltet, bei normaler Fahrt kann
der Kapitän einen Motor pro Getriebe abstellen.
So werden die Motoren nicht ständig im Teillast bereich gefahren, in dem sie überproportional
mehr Kraftstoff benötigen als bei Vollast. Denn
die Motoren werden meistens auf den Topspeed
ausgerichtet, der aber nur fünf Prozent der Zeit
benötigt wird. Die restlichen 95 Prozent fährt
der Motor im Teillastbereich. Dies ist eine hervor ragende Möglichkeit, die Antriebsanlage so
effizient wie möglich zu nutzen.
Paul Shallcross: Wir arbeiten gerade an einigen
kombinierten Antriebssystemen, die aus Dieselund Elektromotor bestehen. Diese sind zwar in
der Anschaffung teurer, aber sie erfüllen die
Bedürfnisse unserer Kunden.
Ist „green technology“, also der Schadstoff ausstoß, im Yachtbau ein Thema?
Paul Shallcross: „Grün“ ist auf jeden Fall ein
Thema. Yachten liegen oft an wunderschönen
Plätzen vor Anker und natürlich wollen die Yachtbesitzer, dass diese Plätze so schön bleiben.
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:37 Seite 48
Marine
Yachtbesitzer spüren schon die Verantwortung,
die sie dafür tragen. Viele Yachten haben schon
einen Rußfilter, um den Ausstoß von schwarzem
Rauch oder Ölresten aus ihren Motoren und
Generatoren zu verhindern. Wir arbeiten auch
mit Kunden, die sehr aktiv Yachten wollen, die
besonders „grün“ sind.
Southampton ist ein
Eldorado für Yachtfans:
Die Stadt hat sieben
Häfen und zieht mit der
„Southampton Boat
Show“ jährlich Hunderttausende Yacht-Begeisterte nach Südengland.
Ab dem Jahr 2016 geht es ja beim Thema
„grün“ nicht mehr nur ums Image. Dann wird
die Emissionsstufe IMO 3 in Kraft treten und
gerade die Grenzwerte für den Ausstoß von
Stickoxiden werden extrem sinken. Vielleicht wird ein Motor dann nicht mehr ohne
ein Abgasnachbehandlungssystem auskommen. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Paul Shallcross: Ich bin im ständigen Kontakt
mit den Motorenherstellern, auch mit MTU, um
„Meine Yacht wäre klein
und hätte ein Segel“,
sagt Paul Shallcross. Er
war jahrelang Kapitän
auf einer Segelyacht.
herauszufinden, wo der Weg hingeht. Noch ist
das Thema im Yachtbau nicht so sehr auf der
Tagesordnung, da die neuen Bestimmungen ja
erst im Jahr 2016 in Kraft treten. Alle Yachten,
die bis Ende 2015 auf Kiel gelegt worden sind,
sind davon noch nicht betroffen. Doch wir arbeiten auch schon an Yachten, die die Emissions stufe IMO 3 erfüllen. Da empfehle ich meinen
Kunden schon, den Platz für eine SCR-Anlage an
Bord freizuhalten. Das ist natürlich ein Nachteil,
gerade für kleinere Yachten, denn neben der
Anlage brauchen sie ja auch noch Platz für einen
Tank mit der Harnstofflösung. Daher hoffen wir
natürlich alle, dass die Motorenhersteller es
irgendwie schaffen, die Motoren so zu optimie-
48 I MTU Report 01/11
ren, dass keine Nachbehandlung des Abgases
nötig ist. Dann haben wir den Platz, den wir jetzt
einplanen, wieder frei. Aber das ist besser als
wenn es andersherum wäre.
Wenn Sie, ohne auf technische Machbarkeit
zu achten, ein Antriebssystem bauen könnten, das die Emissionsstufe IMO 3 einhält,
wie sähe das aus?
Paul Shallcross: Mein Antriebssystem wäre
komplett CO2-neutral, extrem effizient, leicht zu
warten, kaum hör- und spürbar und hätte natürlich kein Abgasnachbehandlungssystem. Ich
habe vor einiger Zeit ein Konzept gesehen, das
kam dem schon recht nahe: Auf einem Schiff
steht ein Algen-Bioreaktor, der mit dem von einer
Brennstoffzelle generierten CO2 und dem Son nenlicht aus den Algen Biodiesel erzeugt. Ist das
nicht eine gute Idee? Die US Navy hat diesen
Algen-Biodiesel mit konventionellem Dieselkraftstoff gemischt und damit ein Schiff angetrieben.
Doch ich glaube, eine Gallone hat 450 US Dollar
gekostet. Da müssten die Preise für Schiffskraftstoffe kräftig ansteigen, bevor diese Lösung die
Welt erobert. (lacht)
Bruce Phillips und Paul Shallcross vertiefen sich in
ein Gespräch über die Zukunft der Antriebssysteme.
Containerschiffe mit Segeln haben sie schon gese-
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:37 Seite 49
Im Herzen von
Southampton bietet
der Hafen Ocean Village
375 Schiffen Platz.
MTU Report 01/11 I 49
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:38 Seite 50
Marine
Paul Shallcross zeichnet die Entwürfe für seine Antriebssysteme immer mit Hand. „Das gibt mir Zeit, auch darüber nachzudenken“, sagt er. In der Besprechung mit
seinen Kollegen werden dann noch Details verbessert.
50 I MTU Report 01/11
MEMO
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:38 Seite 51
hen. Beide sind sich sicher, dass LNG-Kraftstoff ein
wichtiges Thema werden wird. Aber erst, wenn die
Probleme der weltweiten Verfügbarkeit geklärt seien. Noch sei LNG nicht überall verfügbar und anders
als Schnellfähren führen Yachten keine festen
Routen und könnten so nicht planen, wann sie ihre
Kraftstofftanks wieder auffüllen können.
Worauf kommt es Ihnen persönlich ganz besonders an, wenn Sie eine Yacht planen?
Paul Shallcross: Mir ist es am allerwichtigsten,
dass unser Kunde am Ende zufrieden mit dem
Ergebnis ist. Ich bin oft schon sehr früh in das
Konzept einer Yacht eingebunden und begleite
sie viele Jahre: von der ersten Idee über das
Design, die Detailplanung bis zum Bau und zur
Übergabe. Da bleibt es nicht aus, dass sie ein
wichtiger Teil meines Lebens wird. Wenn dieser
wichtige Teil mich verlässt, ist das natürlich erst
einmal schade, aber es gibt nichts schöneres,
als zu sehen, wie ein Kunde begeistert und aufgeregt zum ersten Mal mit seiner Yacht fährt.
Dafür arbeiten wir hart.
Bisher war der Yachtmarkt ja fest in europäischer Hand: Die größten Megayachten
der Welt wurden in Deutschland, Italien
und England gebaut. Jetzt entstehen in der
Türkei und in Asien große Werften. Wie
wird sich der Markt weiterentwickeln?
Paul Shallcross: In der Türkei gibt es schon
einige große Werften. Dort entsteht gerade eine
144 Meter lange Segelyacht. Auch in Asien
wächst der Markt und es gibt einige Yachtbauer,
die sehr hart arbeiten, um europäische Standards
zu erreichen. Ein Kollege von mir war vor einiger
Zeit in Asien und hat Werften besucht: Einige sind
wirklich auf einem guten Weg, andere dagegen
nicht. Doch die, die es geschafft haben, mussten
massiv investieren. Noch müssen sie allerdings
die meisten Materialien in Europa zukaufen, daher
ist es schwierig, woanders eine qualitativ hochwertige Yacht zu einem guten Preis zu bauen.
In Kombination noch besser
Kombinierte Antriebsanlagen aus Dieselmotoren mit Gasturbinen oder Elektromotoren nutzen die Vorteile aller
Systeme optimal aus. Sie alle haben eins gemeinsam: Sie senken den Kraftstoffverbrauch und verlängern die
Wartungsintervalle der Motoren. Unterschieden wird zwischen Kombinationen aus mehreren Dieselmotoren,
Kombinationen aus Diesel- und Elektromotoren sowie Kombinationen aus Dieselmotoren und Gasturbinen. MTU
liefert nicht nur die einzelnen Komponenten inklusive Getriebe, sondern auch die übergeordnete Steuerung.
CODAD: Combined Diesel and Diesel
Vier Dieselmotoren sind auf zwei Sammelgetriebe
geschaltet und treiben zwei Propeller an. Bei hohen
Geschwindigkeiten werden alle Motoren zugeschaltet,
bei normaler Fahrt kann der Kapitän einen Motor pro
Getriebe abstellen. So werden die Motoren nicht ständig
im Teillastbereich gefahren, in dem sie überproportional
mehr Kraftstoff benötigen als im Volllastbetrieb. Denn
die Motoren werden meistens auf den Topspeed ausgerichtet, der aber nur fünf Prozent der Zeit benötigt wird.
CODAE: Combined Diesel and Electric
Eine andere Variante ist die Kombination eines Dieselund eines Elektromotors. Die wirken zusammen auf
ein Sammelgetriebe und werden von einer übergeordneten Steuerung geregelt. Bei normaler Fahrt ruft das
System vom Motor die Leistung ab, für die er eigentlich ausgelegt ist. Das mag oft mehr sein, als die Yacht
für die Geschwindigkeit benötigt. Die übrige Leistung
wird über das Sammelgetriebe an den Elektromotor
zurückgegeben. Der fungiert dann als Generator
und speist den Strom ins Bordstromnetz ein.
CODOG: Combined Diesel or Gas
Zwei Dieselmotoren und zwei Gasturbinen wirken
abwechselnd über zwei Hauptgetriebe auf zwei steuerbare Propeller. Die Gasturbinen sind über selbst-synchronisierende Kupplungen angeschlossen. Bei Langstreckenfahrten oder bei niedrigen Geschwindigkeiten
laufen alleine die deutlich Kraftstoff sparenden
Antriebsdiesel, während für Höchstgeschwindigkeiten
die Gasturbine eingeschaltet wird.
CODAG: Combined Diesel and Gas
Zwei Dieselmotoren und eine Gasturbine wirken
über zwei Haupt- und ein Verbindungsgetriebe auf
die Propeller. Ist nur einer der Dieselmotoren oder
die Gasturbine in Betrieb, werden beide Propeller
über das Verbindungsgetriebe gleichmäßig mit der
Antriebsenergie versorgt. Sind beide Dieselmotoren in
Betrieb, kann dieses Getriebe ausgekuppelt werden.
Und wo kommen die künftigen Megayacht besitzer her? Weiterhin aus den arabischen
Ländern oder aus Russland?
Paul Shallcross: Unsere meisten Kunden
kommen immer noch aus Europa und Nord amerika, Russland und dem Mittleren Osten.
Natürlich werden auch andere Regionen immer
reicher, doch die wichtigsten Märkte werden
immer noch da sein, wo es eine Yachtkultur und
-tradition gibt. Dort ist der Wunsch der Menschen
viel größer, auch eine eigene Yacht zu besizten.
Eine letzte Frage: Wie sähe denn die Yacht
aus, die Sie sich selbst bauen würden?
Paul Shallcross: Das schlimme an der Sache
ist, dass ich weiß, was diese Dinge kosten. (lacht)
Aber im Ernst: Ich liebe es, die Nähe zum Wasser
zu spüren. Meine Yacht wäre klein und hätte ein
Segel.
Interview: Lucie Dammann
Bilder: Robert Hack, Tognum-Konzernarchiv
Ihre Fragen beantwortet:
Bruce Phillips, [email protected]
Tel. +44 1342 335-459
MTU Report 01/11 I 51
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:38 Seite 52
Werner Remmels leitet die
Entwicklung der Baureihe 1163.
52 I MTU Report 01/11
Marine
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:39 Seite 53
Baureihe 1163 wird weiterentwickelt
Kein bisschen alt
30 Jahre – und noch kein bisschen alt. Seit
dem Jahr 1983 ist der Motor 1163 im MTUPortfolio, ein erfolgreicher Dauerbrenner,
der in Schiffen auf der ganzen Welt im
Einsatz ist. Jetzt wird er in einer weiterentwickelten Variante auf den Markt kommen.
Sparsamer, umweltfreundlicher und genauso leicht und leistungsstark wie bisher.
Werner Remmels, Wolfgang Mussotter und
Werner Flesch könnten wohl unterschiedlicher
kaum sein. Der eine verbringt sein Leben am
Schreibtisch und entwickelt Motoren, in seiner
Freizeit liest er viel und treibt Sport. Es darf auch
mal etwas extremer sein, Bungeejumping und
Fallschirmspringen gefallen ihm. Der andere arbeitet am Prüfstand und interessiert sich für
Mega-Yachten. Der nächste fotografiert gerne
und verbringt viel Freizeit mit seiner Modelleisenbahn. Doch alle haben eins gemeinsam: Sie sind
Fans des 1163er-Motors von MTU. Der eine mag
ihn, weil er ihn entwickeln darf, der andere, weil
er ihn testen darf und der dritte, weil er ihn baut.
Doch das, was sie alle am MTU-Motor der Baureihe 1163 fasziniert, ist gleich: Er ist leichter und
leistungsstärker als alle vergleichbaren Motoren.
Ein Erfolgsmotor, und das nicht erst in diesem
Jahrtausend, sondern schon seit fast 30 Jahren.
Doch der Motor hatte bisher ein Problem: Er
stößt zu viele Stickoxide aus, so dass er die
Grenzwerte, die in den Emissionsstufen IMO 2
und IMO 3 der „International Maritime Organi zation“ festgelegt sind, nicht erreicht. Noch nicht.
Mit seinem erweiterten Projektteam bespricht Werner Remmels den Fortgang der Entwicklungen für den Motor.
Denn mit 30 kommt der Motor ja jetzt erst in
seine besten Jahre – sparsamer und umweltfreundlicher, doch immer noch genauso leicht
und leistungsstark wird der weiterentwickelte
Motor sein. Und das freut sie alle: Werner
Remmels, Wolfgang Mussotter und Werner Flesch.
am Computer gehören zu seinem Alltag wie die
abendliche Nachrichtensendung vor dem Fernseher. Er ist gewiss kein Neuling auf diesem Gebiet,
schon die Baureihe 4000-03 wurde unter seiner
Regie zu einem Erfolgsmotor. Auch die hat er fit
gemacht für die nächste Emissionsstufe. Da ist
«
Motoren zu entwickeln, ist immer eine Herausforderung. Aber wenn
der Motor fast 30 Jahre alt ist, dann wird’s richtig interessant.
»
Werner Remmels, Projektleiter Entwicklung Baureihe 1163
Der Motor ist etwas Besonderes
Werner Remmels leitet das Projektteam zur Weiterentwicklung des Motors. Die Moderation von
Besprechungen, die Koordination von unterschiedlichsten Aufgaben und Simulationsprogrammen
Entwicklung schon Routine. Trotzdem: Die Baureihe 1163 ist für ihn etwas Besonderes. „Motoren
weiterzuentwickeln, ist immer eine Herausforderung. Aber wenn der Motor fast 30 Jahre alt ist,
dann wird’s richtig interessant“, so der Ingenieur.
1 Zwei 16-Zylinder-Motoren der Baureihe 1163 treiben die Korvetten der Venezuela Navy zu einer Höchstgeschwindigkeit von 22 Knoten an. 2 Die Korvette K130 der Deutschen
Marine fährt mit zwei 20V 1163-Motoren 26 Knoten schnell. 3 Die deutsche Fregatte Sachsen hat neben den beiden 20-Zylinder-Motoren der Baureihe 1163 auch noch eine 20.000
Kilowatt starke Gasturbine an Bord.
1
2
3
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:39 Seite 54
Für Wolfgang Mussotter war
die Nachricht, dass der 1163er
weiterentwickelt wird, wie ein
Festtag.
54 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:39 Seite 55
Seit 30 Jahren ein Dauerbrenner: Der
MTU-Motor der Baureihe 1163. Mit den
drei Zylindervarianten 12V, 16V und
20V deckt die Baureihe ein Leistungs spektrum von 4.440 bis 7.400 Kilowatt
bei 1.300 Umdrehungen pro Minute ab.
Marine
Seit mehr als 30 Jahren ist Wolfgang Mussotters Arbeitsplatz der Prüfstand Nummer 217 im Friedrichshafener
Werk 2. Hier passt er die Motoren ihrem künftigen Aufgabengebiet an.
Zur Erinnerung: Vor 30 Jahren entstanden Motoren nicht in Simulationsprogrammen am Bild schirm, sondern auf Zeichenbrettern. An elektronisch geregelte Common-Rail-Einspritzsysteme
war damals noch nicht zu denken. Auch Ladedrücke jenseits von 5,5 Bar, wie sie der weiterentwickelte Motor haben wird, waren weder
technisch vorstellbar noch war das Material darauf ausgelegt. Dennoch sagt Werner Remmels:
„Der 1163er war modern und ist es heute noch!“
Der Motor ist mit einer komplett integrierten
zweistufigen Registeraufladung ausgestattet. Die
20-Zylinder-Variante hat fünf Aufladegruppen, die
zweistufig je eine Niederdruck- und eine Hochdruckstufe haben. Diese fünf Aufladegruppen
ermöglichen die Registeraufladung: Der Motor
startet im unteren Leistungsbereich mit zwei
Aufladegruppen. Nach und nach werden beim
Beschleunigen die drei weiteren Aufladegruppen
zugeschaltet. Die Folge: Schiffe können mit dem
Motor enorm schnell beschleunigen, da schon im
unteren Leistungsbereich viel Verbrennungsluft
zur Verfügung steht. Und noch eins macht den
Motor besonders: Er ist extrem leicht und trotzdem leistungsstark. Bei einer Leistung von 7.400
Kilowatt wiegt er nur 22,8 Tonnen. Er hat daher
ein Leistungsgewicht von 3,1 Kilogramm pro Kilowatt. Hinzu kommt, dass der Motor im Schwachlastbereich, also immer dann, wenn er wenig
gefordert wird und das Schiff nur sehr langsam
fährt, noch äußerst robust ist. Und damit unterscheidet er sich von vielen seiner Wettbewerbern.
Bewährte Bauteile übernehmen
Ein Erfolgsmotor, dessen Weiterentwicklung nun
in den Händen von Werner Remmels und seinem
Projektteam liegt. Was soll sich ändern? „Mög lichst wenig“, so der Entwickler. „Wir werden die
bewährten Bauteile vom bisherigen Motor über -
nehmen.“ Der Motor wird weniger Schadstoffe
ausstoßen, damit er fit für die Emissionsstufen
IMO 2 ist. Zudem wird er deutlich weniger Kraftstoff benötigen. Konkret bedeutet dies: Der Motor
bekommt ein modernes Common-Rail-Einspritzsystem, eine verbesserte Aufladung und mit der
neuesten Generation des Motorreglers ADEC ein
elektronisches Motormanagement. Somit können
Einspritzbeginn, -menge und -verlauf frei, das
gestoßen werden. Da für dieses Verfahren höhere
Ladedrücke benötigt werden, haben die Entwickler die Turbolader auf den neuesten Stand der
Technik gebracht. Sie sind nun effizienter und
sorgen so zudem für einen geringeren Kraftstoffverbrauch. „So wird der Motor auf seine alten
Tage richtig genügsam“, so Remmels. Noch etwas
anderes ist ihm wichtig: Der Motor wird auch bei
erschwerten Einsatzbedingungen dieselbe Leis-
«
Der 20V 1163 war der erste schnelllaufende Großdieselmotor auf der
ganzen Welt, der mehr als 10.000 PS Leistung hatte, darauf waren wir
damals richtig stolz.
»
Wolfgang Mussotter, Prüfstandsfahrer bei MTU
heißt unabhängig von der Motordrehzahl geregelt
und die Verbrennungsabstimmung wesentlich
effektiver verbessert werden. Geringere Schadstoffemissionen und weniger Kraftstoffverbrauch
sind die Folgen. Damit der Motor die in der Emissionsstufe IMO 2 geforderten Grenzwerte für den
Ausstoß von Stickoxiden einhält, wird zusätzlich
das Miller-Verfahren eingesetzt: Ein früheres
Schließen der Einlassventile im Zylinder führt bei
diesem dazu, dass die Verbrennungstemperatur
niedrig ist und dadurch weniger Stickoxide aus-
tung bringen. Egal, ob das Schiff in der kalten
Nordsee oder bei Außentemperaturen von bis zu
45 Grad in über 30 Grad warmem Wasser fährt.
Für ihn gibt es nur einen Motor
Das freut auch Wolfgang Mussotter. Er sitzt hinter einer Glasscheibe, seine Augen fokussieren
abwechselnd den Motor auf der anderen Seite
der Glasscheibe und die Bildschirme rechts und
links neben ihm. Mit beiden Händen stellt er über
die Elektronik die Drehzahl und die Leistung des
1 Auch die Koreanische Küstenwache setzt auf die 1163er-Dauerbrenner von MTU. 2 Die spanische Navy setzt bei der Meteoro-Class auf die 16-Zylinder-Motoren der Baureihe
1163. 3 Die Shinas fuhr mit einem 1163er zum Weltrekord: Mit 56,3 Knoten Höchstgeschwindigkeit ist sie die schnellste mit Dieselmotoren angetriebene Passagierfähre der Welt.
1
2
3
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:39 Seite 56
Ein ganzes Berufsleben lang hat
der 1163er-Motor Werner Flesch
in der Montage begleitet.
56 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:40 Seite 57
Marine
Motors ein. Nein, Wolfgang Mussotter fährt nicht
als Kapitän ein Schiff, sondern als MTU-Mechaniker einen Prüfstand. Seit 30 Jahren schlägt sein
Herz nur für einen Motor: den 1163er. Nach seiner Ausbildung bei MTU war er einige Jahre lang
Kundendienstmonteur, bevor er im Jahr 1972
Prüfstandsfahrer wurde – und bis heute blieb.
Wenn der Motor aus der Montage kommt, passt
er ihn für seine jeweilige Anwendung an: Für welche Leistung soll der Motor ausgelegt sein oder
in welcher Umgebung wird er fahren sind Fragen,
die ihn dann beschäftigen. Und das nicht nur, um
den Motor perfekt für seinen Einsatz vorzubereiten. Wolfgang Mussotter interessiert sich auch
persönlich dafür, was mit „seinem Motor“ passiert. Er ist ein wahres Lexikon, wenn es um die
Einsatzgebiete des 1163ers geht. Sei es die
schnellste von einem Dieselmotor angetriebene
Autofähre der Welt – die Shinas. Oder die vielen
Korvetten und Fregatten der Marinen auf der ganzen Welt. Auch die zwei 20-Zylinder-1163-Motoren
für die US-Küstenwache, die zusammen mit einer
Gasturbine fast 50.000 PS Leistung für die Hochseepatroullienboote National Security Cutter liefern, sind ihm in bleibender Erinnerung. So richtig
zu leuchten beginnen seine Augen aber erst,
damals richtig stolz. Als die Nachricht kam,
dass wir den Motor weiterentwickeln, war das
wie ein Festtag, da ich damit nicht mehr gerechnet habe“ sagt er und gesteht, damals
eine Träne in den Augen gehabt zu haben. Ja,
Wolfgang Mussotter hat ihn gern, den ewig
jung gebliebenen 1163er.
Ein Motor zum gern haben
Einen Motor, den man lieben müsse, wenn man ihn
besser kenne. Da kann sein Kollege Werner Flesch
aus der Montage nur zustimmen. Auch für ihn
spielte der 1163er Motor die entscheidende Rolle
in seinem Berufsleben. Nur zu gut erinnert er sich
an die Anfangszeiten des Motors. Damals dauerte
es noch über 500 Stunden, den Motor zu montieren, jetzt sind es 380. „Heute sind wir Monteure
spezialisiert auf nur wenige Arbeitsschritte, das
war damals anders“, berichtet er. Sonst habe sich
aber an der Montage der Motoren in den vergangenen 30 Jahren nicht so viel geändert. Und das soll
so bleiben. Einige Bauteile, beispielsweise die Turbolader, die Komponenten für die Common-RailEinspritzung sowie die Elektronik werden neu sein,
doch drei Viertel der Bauteile bleiben gleich. „Die
Schnittstellen des Motors ändern sich nicht und
«
Die Schnittstellen des Motors bleiben gleich und unsere Kunden
können ihn weiter in bestehende Schiffskonzepte einsetzen.
Anfangs dauerte es noch 500 Stunden, den Motor zu
montieren, heute sind es noch 380. „Wir sind spezialisierter geworden“, sagt Werner Flesch.
»
Werner Flesch, Monteur bei MTU
wenn er von den vier in Perlmutt-Farben lackierten Motoren für eine große Yacht spricht. „Das
war ein Highlight“, grinst er. Auch an den wahrlich
schlechten Start der Baureihe, als einer der vier
Motoren einer neuen Fregatte während der
Präsentationsfahrt auf dem Weg in die Türkei
Probleme hatte, kann er sich noch gut erinnern.
„Das war damals tragisch“, so der 59-Jährige.
Bei jedem Satz ist der Stolz nahezu greifbar.
„Der 20V 1163 war der erste schnelllaufende
Großdieselmotor auf der ganzen Welt, der mehr
als 10.000 PS Leistung hatte, darauf waren wir
unsere Kunden können ihn weiter in bestehende
Schiffskonzepte einsetzen“, erzählt Flesch.
Von außen werden erst ab dem Jahr 2016, wenn
die Emissionsstufe IMO 3 in Kraft tritt, Änderungen sichtbar. Ein SCR-Katalysator, der an den
Motor angebaut wird, soll voraussichtlich die
austretenden Stickoxide chemisch unschädlich
machen. Dann dürfen Schiffe mit dem Motor auch
in Meeresgebiete fahren, in denen die Grenzwerte
für den Ausstoß von Schadstoffen besonders
streng sind. Hierzu gehören bisher die Küsten
der USA, Hawaiis und Kanadas.
Dann ist der Motor fit für die nächsten 30 Jahre.
„Denn 30 ist ja noch kein Alter“, sind sich die drei
1163er-Fans einig.
Text: Lucie Dammann
Bilder: Robert Hack, Tognum-Konzernarchiv
Ihre Fragen beantwortet:
Werner Remmels
[email protected]
Tel. +49 7541 90-3331
1 bis 3: Für den National Security Cutter der US Coast Guard lieferte MTU das komplette Antriebssystem, bestehend aus zwei 1163er Dieselmotoren mit je 20 Zylindern, einer
Gasturbine, einem komplexen Getriebe, den Antriebswellen und dem Propeller. Das MTU-Schiffsautomationssystem „Callosum“ steuert und überwacht zudem die Motoren, die
Turbine und das Getriebe.
1
2
3
Oil & Gas
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:40 Seite 58
FPSO-Schiff macht Öl- und Gasförderung flexibel
Volltanken bitte
320 Meter lang und 61 Meter breit – das FPSO-Schiff ist so groß wie drei Fußballfelder und bietet Platz für zwei Millionen Barrel Öl.
Mit über 30 Milliarden Barrel Ölreserven ist Nigeria der
viertgrößte Ölproduzent innerhalb der OPEC. Ein kleiner
Teil davon soll nun 100 Kilometer entfernt von der Küste
des Landes im Atlantischen Ozean gefördert werden. Das
Besondere: Das Ölfeld hat keine Pipeline. Ein Schiff soll
das Öl fördern, auf hoher See verarbeiten und speichern,
bis Tanker es an Land bringen. Doch es ist kein normales
Schiff.
Das FPSO-Schiff übernimmt das Öl im ungereinigten
Zustand von den Förderquellen am Meeresboden,
verarbeitet und speichert es, bis es von Tankern an
Land gefahren wird.
KARTE
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:40 Seite 59
Afrika
Nigeria
Port Harcourt
8
Blue
«
Wo Millionen Barrel Öl
gelagert werden und 200
Menschen auf hoher See
arbeiten, darf nichts dem
Zufall überlassen werden
– erst recht nicht die
Notstromversorgung.
»
Ein Schiff, das keinen Motor zum Fahren hat, und ein Ölfeld mitten auf dem
Ozean, bei dem es keine Pipeline gibt, um das Öl an Land zu bringen. Da
stimmt doch was nicht.
Doch, da stimmt alles! Des Rätsels Lösung: Ein Ölfeld, bei dem sich der
Bau einer Pipeline nicht lohnt und ein „Floating Production Storage and
Offloading Vessel“, kurz FPSO, das an Stelle einer Pipeline eingesetzt wird.
Dies sieht zwar aus wie ein riesiger Tanker, transportiert jedoch kein Öl,
sondern verarbeitet und speichert Öl und Gas, das dann von Tankern an
Land gefahren wird. Der französische Ölkonzern Total hat solch ein Schiff
gerade bei der südkoreanischen Werft Hyunday Heavy Industries bauen
lassen. Jetzt ist es auf dem Weg zum Ölfeld USAN in Nigeria, wo das FPSO
Mitte des Jahres ankommen soll. Da es selbst keinen Antriebsmotor hat,
fährt es nicht aus eigener Kraft, sondern lässt sich von Schleppern ziehen.
Knapp 14.000 Kilometer wird das Schiff unterwegs sein. Vorbei an Australien, Indien und Südafrika geht es über den Indischen Ozean in den Atlanti -
Robert Wagner, Teamleiter für Öl- und
Gasanwendungen bei MTU
schen Ozean, wo das Ölfeld USAN
rund 100 Kilometer südlich von Port
Harcourt liegt. 500 Millionen Barrel
Öl sind dort unter der Erdkruste verborgen und im Jahr 2012 soll die
Förderung beginnen. „Das Ölfeld liegt so weit von der Küste entfernt, dass
der Bau einer Pipeline nicht wirtschaftlich wäre“, erklärt Nicolas Lauras von
Total. Ein FPSO ist daher die ideale Alternative. Das 320 Meter lange und
61 Meter breite Schiff übernimmt das Öl im ungereinigten Zustand von der
Plattform, verarbeitet es und speichert dann bis zu zwei Millionen Barrel an
Bord. Wenn wie geplant 160.000 Barrel Öl am Tag gefördert werden, reicht
der Platz für zehn Tage. Dann kommen Tanker und bringen das Öl für die
Weiterverarbeitung an Land.
Notstromaggregat bietet Sicherheit
Noch etwas macht das FPSO zu einem ganz besonderen Schiff: Nicht Dieselmotoren erzeugen den Strom an Bord, sondern Gasturbinen. 45 Mega watt werden zum Pumpen und zur weiteren Verarbeitung des Öls benötigt.
MTU Report 01/11 I 59
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:40 Seite 60
Von Friedrichshafen über Korea nach Nigeria: Das Notstromaggregat mit einem MTU-Motor der Baureihe 4000 wurde in
Friedrichshafen gebaut und in Südkorea in das Schiff eingebaut.
«
Bei den Motoren
haben wir besonders auf
die Qualität geschaut,
auf die müssen wir uns
verlassen können.
»
Fällt die Hauptstromversorgung
jedoch aus, springt ein Dieselmotor
ein – in einem MTU-NotstromaggreNicolas Lauras, FPSO-Experte bei Total
gat. Die 1.760 Kilowatt Leistung
des Aggregats reichen dann zwar
nicht mehr für die Ölförderung, es erhält jedoch die wichtigsten Funktionen
an Bord aufrecht, damit keine Menschenleben gefährdet werden. „Bei den
Motoren haben wir besonders auf die Qualität geschaut, auf die müssen wir
uns verlassen können“, so Lauras. Denn eins ist klar: „Wo Millionen Barrel
Öl gelagert werden und bis zu 200 Menschen auf hoher See arbeiten, darf
nichts dem Zufall überlassen werden – erst recht nicht die Notstromversorgung. Diese muss ganz besondere Sicherheitsstandards erfüllen”, erklärt
Robert Wagner, Teamleiter für Öl- und Gasanwendungen bei MTU. Die Sicherheitsstandards fangen beim Container an, in den das Aggregat installiert ist.
Eine spezielle Isolierung verhindert, dass das Notstromaggregat beschädigt
wird, wenn es an Bord brennt. Am Container werden dann alle Belüftungsklappen geschlossen und dem Motor wird Verbrennungsluft über einen separaten Kanal aus einer „Safe Area“ zugeleitet. Darüber hinaus hat der Motor
„Schnellschluss-Klappen“, mit denen im Gefahrenfall die Luftzufuhr des
Motors innerhalb kürzester Zeit angehalten werden kann. Um größtmögliche
Sicherheit zu bieten, verfügt das Aggregat über eine „doppelte Sensorik“:
Fällt ein Überwachungssystem aus, übernimmt das zweite. Wassergekühlte
Abgasleitungen und Turbolader halten zudem die Oberflächentemperatur des
Motors möglichst niedrig, damit es nicht anfängt zu brennen, wenn Kraftstoff
austreten sollte.
Wasser marsch!
Doch auch dann helfen vier Dieselmotoren aus. Sie treiben vier riesige
Feuerlöschpumpen an, die auf dem Schiff installiert sind. Das Wasser zum
Löschen kommt – wie anzunehmen – aus dem Ozean. Eine Tauchpumpe,
die über einen Hydraulikmotor vom 1.600 Kilowatt starken MTU-Dieselmotor der Baureihe 4000 angetrieben wird, saugt 2.000 Liter Meerwasser
pro Sekunde an und leitet es weiter zu einer Boosterpumpe. Diese erhöht
den Druck auf 15 Bar und pumpt es in die Wasserleitungen.
Flexibilität als großes Plus
FPSO-Schiffe passen gut in die Zeit. Die Situation im Energiesektor ist
kurzfristig und von extremen Preisschwankungen geprägt, langfristig steigen die Preise aber. Mobile Systeme ermöglichen auch in abgelegenen
Ölfeldern und unter schwierigen Umweltbedingungen eine wirtschaftliche
Förderung. „Das vielleicht größte Plus der FPSOs ist aber ihre Flexibilität“,
so FPSO-Experte Nicolas Lauras. Wenn ein Ölfeld unrentabel geworden ist,
können die Ölgesellschaften das FPSO-System ohne Probleme in ein neues
Feld verlegen. Soweit ist es aber beim nigerianischen Ölfeld USAN noch
lange nicht. Dort soll die Förderung im Jahr 2012 beginnen. Im März 2011
hat das Schiff sich auf den Weg nach Nigeria gemacht. Ohne Motor. Zu
einem Ölfeld ohne Pipeline.
Text: Lucie Dammann
Bilder: Robert Hack, Total
Ihre Fragen beantwortet:
Robert Wagner
[email protected]
Tel. +49 7541 90-4849
60 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 61
Oil & Gas
1
1 Sollte es an Bord
brennen, treiben MTUMotoren vier Feuerlöschpumpen an.
2 Das Notstromaggregat
wird störungsfrei weiterlaufen, da es in einem
feuerfesten Container
untergebracht ist.
200 Menschen arbeiten an Bord des FPSO-Schiffes. Sie fördern täglich bis zu 160.000 Barrel Öl.
2
Defense
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 62
Panzertest auf freier Wildbahn
Im realen Leben werden Leopard und Puma wohl selten um die Wette rennen, wohl aber die gleichnamigen militärischen Kettenfahrzeuge der
Deutschen Bundeswehr. Bei dem eher ungleichen Duell in Baumholder mit dem großen Leopard 2 hat der Puma gezeigt, was er kann.
Raubtierduell
405 Fahrzeuge des neuen Schützenpanzers Puma will die deutsche Bundeswehr beschaffen. Damit setzt sie eine ihrer wichtigsten und nachhaltigsten Investitionen um. Der
neue Panzer soll als Nachfolger des Marders noch effektiver für internationale Einsätze
zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung eingesetzt weden. Die Anforderungen an
den 10-Zylinder-Motor der MTU-Baureihe 890, der den Puma antreibt, waren klar formuliert: Eine hohe Leistung auf kleinstem Bauraum. Dass er diese erfüllt, haben die jüngsten Vergleichsfahrten eindrucksvoll bewiesen. Ein Duell der „Raubtiere“, bei dem der
Puma gegen den Kampfpanzer Leopard 2 angetreten ist.
62 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 63
Kann sich der Puma im Rennen mit dem Leopard 2 messen? Im Duell lässt er sogar den seit Jahren bewährten Leo an einem Steilhang hinter sich.
„3, 2, 1, Null ....Start“ … das sonore Grollen des 1.100 Kilowatt starken
873er-MTU-Motors lässt die Luft erzittern, kraftvoll greifen die breiten
Antriebsketten des Leopard-2-Panzers im Grund, Schlammfontänen steigen
auf, und der über 60 Tonnen schwere Koloss rauscht davon. 15 Sekunden
später setzt der Herausforderer zum Sprung an: der Prototyp eines um rund
20 Tonnen leichteren Pumas mit einem 800 Kilowatt-Motor der Baureihe
890. Dies ist ein Kampf zwischen David und Goliath, der kleine mit elf Liter
Hubraum, der große mit 48 Litern. Wer ist wohl schneller?
Truppenübungsplatz Baumholder an einem trüben Novembertag. Das feuchtkalte Wetter hält Vertreter der Bundeswehr, des wehrtechnischen Dienstes
und von MTU nicht davon ab, eine besondere Rallye zu veranstalten. Die
Piste ist nach regenreichen Tagen so tief verschlammt, dass selbst ein
Geländewagen darin versänke. Doch das kommt den Männern an der Piste
gerade recht. Bei der Hatz durch schweres Gelände soll der Puma ordentlich gefordert werden und dabei seine Fahrtüchtigkeit unter Beweis stellen. Wie wichtig dies dem Heer ist, zeigt die Vielzahl von Härtetests, die
der Puma bereits auf dem nahe gelegenen Übungsgelände bei Trier absolviert hat. Hier zeigte der Puma auf einem engkurvigen Stadtparcours seine
Rangier fähigkeit und bei der Jagd über Beton-, Asphalt- und Wellenpisten,
darunter eine beinharte Rüttelstrecke auf dem harten, schlagloch-durchsetzten „Belgisch-Block“-Pflaster, sein Vermögen, mit harten Stößen und
Schwingungen fertig zu werden. Bei simulierten Bergfahrten mit einem
Belastungssimulator, einem schweren Lkw-Spezialfahrzeug, wurde die
Zugkraft unter Volllast geprüft und dabei die Kühlanlage thermisch bis an
ihre Grenzen geführt. Hinzu kamen Tests im Tauchbecken sowie in einer
Kältekammer bei arktischen Temperaturen. Nun also geht’s auf die
Schlammpiste ins Freigehege…
Im Mittelpunkt dieser Tests stehen neben der
Fahrtüchtigkeit des gesamten Systems die
Leistung und Elastizität des Antriebsaggregats.
Herzstück ist der 10V 890-Motor, den MTU unter
der Bezeichnung „Pulsetron“ vorgestellt hat. „Mit
seiner hohen Leistungsdichte und seinem kraftvollen Ansprechverhalten setzt der Motor Maßstäbe in seinem Leistungssegment“, betont
Knut Müller, Leiter Defense bei MTU.
Weltmeister in Sachen Leistungsgewicht
Das von MTU gelieferte Triebwerk bündelt als
System alle Komponenten wie Motor, Getriebe,
«
Luftfilter und Kühlanlage zu einer festen Einheit, dem so genannten Powerpack. Für diese Größenklasse bietet der 890er-Motor mit 800 Kilowatt
(bei 3.800 Umdrehungen pro Minute) eine eindrucksvolle Leistung . Mit
einem Leistungsgewicht von knapp über einem Kilogramm pro Kilowatt
ist die Baureihe 890 sogar Weltspitze. Nicht größer als ein Lkw-Motor leistet der Motor doppelt so viel. Dies ist das Ergebnis eines konsequenten
„Downsizings“, einer Verkleinerung der Motorabmessungen, wobei die
Drehzahl und der hohe Aufladegrad erhalten wurden. Unter anderem
wurden bislang außen montierte Baugruppen wie Ölfilter, Ölkühler und
Ladeluftrohre von den MTU-Entwicklern in das Motorgehäuse integriert.
Bauraum spart auch der Schwungrad-Star tergenerator, den MTU und der
Systemspezialist ESW gemeinsam entwickelt haben. Mit 170 Kilowatt elektrischer Leistung bildet er eine kompakte Motor-Generatoreinheit. Der
„Füllungsgrad“, das heißt die Dichte, mit der Bauteile den vorgegebenen
Triebwerksraum ausfüllen, liegt bei 92 Prozent.
Neben dem Leistungsgewicht ist es das elektronische Motormanagement,
das diesem Antrieb eine technologische Spitzenposition verschafft.
Anders als bei den Vorgängerantrieben der MTU auf der Basis von CANFeldbustechnik (CAN = Controller Area Network) wurden erstmals alle
Elektronik-Komponenten des Triebwerks miteinander vernetzt: Motor,
Getriebe, Star tergenerator, Grobstaubgebläse und Lüfter. Nur so ist es
möglich, die für alle erdenklichen – auch extremen Fahrsituationen –
erforderlichen Potenziale des Motors voll auszuschöpfen und dabei die
Getriebebelastung auf das zulässige Niveau zu begrenzen. Das MotorManagement hält dafür optimale Schaltstrategien bereit und sorgt so
dafür, dass der Motor in allen Fahrsituationen seine volle Leistung für den
Antrieb zur Ver fügung stellt. Unter anderem wird
dazu der Lüfterantrieb, der bis zu 130 Kilowatt
Leistung aufnimmt, kurzfristig abgeschaltet.
Mit dem Puma bekommen
die Landstreitkräfte – als größter Truppensteller für die Ein sätze – einen Schützenpanzer,
der gemeinsam mit jedem
modernen Kampfpanzer unter
allen Bedingungen eingesetzt
werden kann. Beide Fahrzeuge
bilden zusammen den gepanzerten Kern des Heeres.
Zurück nach Baumholder: Mit dem Leopard 2 hat
der Puma einen wahrhaft „königlichen“ Gegner.
Dieser gilt bislang als Maßstab für militärische
Mobilität schlechthin. „Der Kunde erwartet,
dass der Puma mit dem Leopard 2 mithalten
kann”, so Knut Müller. Dies ist auch der Grund,
weshalb hier zwei äußerlich so wenig vergleichbare Fahrzeuge als Kontrahenten auftreten
sollen: Kann sich der Puma mit dem seit vielen
Jahren anerkannten und bewährten Leopard 2
messen? Tatsächlich wird schnell deutlich, dass
»
Generalleutnant a.D. Manfred Dietrich, Präsident
Förderkreis Deutsches Heer e.V.
MTU Report 01/11 I 63
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 64
Auf einer wahren Schlammpiste zeigte der Puma, dass er bereit für das Leben in freier Wildbahn ist.
der Puma mit seinem Antrieb hält, was er verspricht: Nach nur 600 Metern
hat er den 15-Sekunden-Abstand aufgeholt. Sein Glanzstück liefert er kurz
darauf an einem rund 200 Meter langen und 30 Prozent steilen Hang.
Mehr Mobilität für Kriseneinsätze
Die hohen Anforderungen an den Puma ergeben sich letztlich aus den
taktischen Anforderungen. Er soll dem Marder nachfolgen und in internationalen Einsätzen Konflikte verhindern und Krisen bewältigen. Dies sind
heute eindeutig die Arbeitsschwerpunkte des Heeres. Der Puma ist hierbei
Bindeglied zwischen den leichten Infanterie-Kräften und den schweren
mechanisierten Kräf ten. All dies verlangt vom Fahrzeug eine erhöhte
Funktionalität, Durchhaltefähigkeit und bestmöglichen Schutz, aber auch
mehr Mobilität sowie Lufttransportfähigkeit für den weltweiten Einsatz.
wert des Fahrzeugs haben sie viele Parameter und Größen in allen
erdenklichen Fahrsituationen und verschiedensten Fahrstilen durchgespielt. Wie komplex das Antriebssystem und dessen Entwicklung ist, wird
unter anderem daran deutlich, dass das Triebwerk bei hochdynamischen
Beschleunigungsvorgängen in nur wenigen Sekunden durch vier Fahrbereiche schaltet, die sich aus der zweistufigen Aufladung und zwei variablen
Turbinengeometrien ergeben. Möglich waren die umfangreichen und aussagefähigen Berechnungen allerdings nur auf der Grundlage von intensiven
Mess- und Versuchsreihen auf dem Prüfstand, im Fahrzeug und auf dem
Testgelände. “Dabei haben wir den Motor sowohl auf dem Prüfstand als
auch im Fahrzeug feinabgestimmt”, betont Jürgen Schimmels, Leiter
Versuch militärische Motoren.
Auch das Raubtierduell auf dem Übungsgelände in Baumholder hat
Virtuelle Fahrzeugerprobung
wichtige Daten geliefert. Mittlerweile werden bereits die ersten SerienHinter dem Triebwerk stecken umfangreiche Entwicklungs- und Versuchsfahrzeuge ausgeliefert. Das bedeutet jedoch nicht, dass die intensive
prozesse. „Bei keinem unserer militärischen Motoren haben wir bislang
Erprobung beendet ist. Bis Ende des Jahres 2012 muss das Fahrzeug
einen so hohen Aufwand in Sachen Berechnung, Konstruktion und
den finalen Nachweis erbringen. Danach beginnt der reguläre Dienst.
Versuchsabstimmung betrieben, insbesondere
Dann heißt das Duell nicht mehr „Puma gegen
bei der Aufladung, der Verbrennung und dem
Leopard“, denn dann muss sich der Panzer im
elektronischen Motor- und Triebwerksmanage wahren Einsatz bewähren.
ment“, so Dr. Dirk Pfuderer, Leiter Entwicklung
Das Heer erfährt mit
militärische Motoren.
Text: Wolfgang Stolba
Einführung des Pumas einen der
Bilder: Peter Bruhn, Fotolia, PSM Projekt
So haben MTU-Ingenieure in der BerechnungsSystem & Management GmbH
größten und nachhaltigsten
abteilung nicht nur das Funktionsspektrum des
Modernisierungsschübe seit dem
Antriebs, sondern des gesamten Fahrzeugs
Beginn der Transformation: Der
simuliert. Dabei gingen sie so tief ins Detail wie
Ihre Fragen beantwortet:
nie zuvor. Von der Antriebswelle über die hydrauBernd Mink
Schützenpanzer Puma löst den
lische Kupplung bis zum Drehmoment der
[email protected]
Marder ab und schlägt damit ein
Lenkung und sogar dem CW-WindwiderstandsTel. +49 7541 90-6653
«
neues Kapitel in der Geschichte
des Deutschen Heeres auf.
»
Ullrich Meßmer MdB, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages
64 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 65
Defense
2
KARTE
1
Deutschland
Bonn
Frankfurt
Baumholder
1 Ende des Jahres 2010 sind die ersten Serienmodelle des Puma an die Bundeswehr ausgeliefert worden. 2 Das Antriebsaggregat, dessen Herzstück ein 800 Kilowatt starker
10-Zylinder-Motor der MTU-Baureihe 890 ist, verbindet alle Komponenten, wie Motor,
Getriebe, Luftfilter und Kühlanlage zu einem Powerpack.
Saarbrücken
Stuttgart
Leopard und Puma friedlich nebeneinander -- das gibt es nur bei der Bundeswehr. Aus Tradition benennt sie alle Panzer nach Tieren.
8
Blue
Bahn
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:41 Seite 66
Chinesische Loks fahren in Neuseeland
Kiwis aus China
Die ersten sechs
von 20 chinesischen
Lokomotiven sind
in Neuseland angekommen: Auf dem
Weg vom Hafen in
Tauranga zum
KiwiRail Stützpunkt
Te Rapa.
Weltpremiere: Zum ersten Mal fahren chinesische Lokomotiven in einem westlich geprägten Land: Neuseelands Premierminister John Key
nahm am 10. Dezember 2010 die erste von 20 Lokomotiven des Herstellers Dalian Locomotive persönlich in Empfang. Neuseeland hat als
erstes Land der westlichen Welt chinesische Lokomotiven bestellt und
verschafft der chinesischen Bahnindustrie damit den Durchbruch zu
Aufträgen in den westlich geprägten Ländern. Die Lokomotiven sind
mit MTU-Motoren vom Typ 20 V 4000 R 43 ausgestattet. Vorteile der
neuen Antriebe mit einer Leistung von 2.700 Kilowatt sind niedriger
1
Kraftstoffverbrauch und geringe Emissionen. Sie erfüllen die internationalen Emissionsstandards UIC III. Da ein MTU-Stützpunkt in der
Nähe des KiwiRail-Depots ist, profitiert der Kunde außerdem von einer
24-Stunden-Service-Garantie. Der Einsatz von MTU-Motoren war
Voraussetzung für den Auftraggeber KiwiRail. Die Lokomotiven sollen
im neuseeländischen Fernverkehr zum Einsatz kommen.
Text: Katrin Beck
Bilder: Chris James, MTU Detroit Diesel Australia, Steven McElney
2
3
1, 2 Ein Kran hebt die Lokomotiven aus dem Frachtschiff Beluga Foresight. 3 Sie erwarten die Lokomotiven in Te Rapa mit Spannung: (v. li.) Peter McDonald
(TransDiesel Service Manager), James Gilchrist (MTU Detroit Diesel Australia Market Development Manager), John Key (Ministerpräsident von Neuseeland),
Alister McLaughlin (TransDiesel Director), Paul Ellis (MTU Detroit Diesel Australia General Manager – Sales, Marketing & Application Engineering).
66 I MTU Report 01/11
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:42 Seite 67
Apropos...
...Gasschutz
Impressum
MTU Report Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy HERAUSGEBER Tognum AG; für den Herausgeber: Wolfgang Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Dammann, e-mail: [email protected], Tel. +49
7541 90-2974 REDAKTION Katrin Beck, e-mail: [email protected], Tel. +49 7541 90-6535; Katrin Hanger,
e-mail: [email protected], Tel. +49 7541 90-7740; Wolfgang Stolba, e-mail: [email protected],
Tel. +49 7541 90-3703 WEITERE AUTOREN Elke Brown, Bryan Mangum ANSCHRIFT DER REDAKTION
Tognum AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG design manufaktur|ries, 88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid Hartmann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE
wagner ...digitale medien, 88690 Uhldingen-Mühlhofen DRUCK EBERL PRINT GmbH, Immenstadt im
Allgäu ISSN-Nr 09 42-82 59, Nachdruck mit Quellenangabe erlaubt. INTERNET ADRESSE http://www.mtuonline.com
Der MTU Report steht für Sie kostenfrei zum Download bereit: www.mtu-online.com,
Rubrik „Über MTU“/„MTU Report“.
IMPRESSUM
Mehr Informationen zum Gasschutz ab Seite 4
MTU eReport
Sie möchten häufiger über
Neuigkeiten aus der TognumGruppe informiert werden? Der
MTU eReport ist die elektronische Variante des MTU Report,
die einmal im Monat als
Online-Newsletter erscheint.
Anmeldung unter
www.mtu-online.com, Rubrik
„Über MTU“/„MTU Report“.
MTU Report 01/11 I 67
Tognum_MTU-Report_dt:Layout 1 01.04.11 13:42 Seite 68

Documents pareils