Wirksam kündigen - Alles andere als einfach.
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Wirksam kündigen Alles andere als einfach. Ausgabe 26 | 2. Quartal 2016 Brennpunkt Employment Law 3Kündigung eines Betriebsratsmit glieds wegen Informationsweitergabe – I. d. R. unwirksam Newsletter 4Eigenmächtige Selbstbeurlaubung 5 Krankfeiern mit Ansage 7„Augenblicksversagen“ im BEM-Gespräch Gastbeitrag 8 Vom heißen Trend zur Realität: Data Analytics für HR-Organisationen Aktuelle Rechtsprechung 9 Z ulässige Kürzung der Betriebsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme 11Fremdpersonaleinsatz: Selbstverleih eines Geschäftsführers im Wege der Arbeitnehmerüberlassung unwirksam Zu Guter Letzt 13Beschwerden über den Chef? Möglichst im kleinen Kreis äußern! Editorial In den meisten Arbeitsverhältnissen wird sie früher oder später einmal relevant: Die Kündigung. Während die einseitige Beendigung durch den Arbeitnehmer zumeist ohne Probleme möglich ist, gilt für Arbeitgeber das Gegenteil. Insbesondere wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist oder der Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz genießt, muss ein Arbeitgeber erhebliche Hürden überwinden, um einseitig ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Wie hoch diese Hürden sind, zeigen die Entscheidungen, die im Brennpunkt der vorliegenden Ausgabe stehen. So können im Einzelfall weder die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht als Betriebsratsmitglied noch eine Selbstbeurlaubung oder angekündigte Krankheit eine Kündigung rechtfertigen. Dasselbe gilt bei der Androhung eines Amoklaufs. In allen Fällen ist dabei die abschließende Interessenabwägung von zentraler Bedeutung, die oft zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfällt. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird durch Arbeitgeber daher meist erst durch einen Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich, der im Nachgang der Kündigung abgeschlossen wird, erreicht. Unser Gastbeitrag „Data Analytics für HR-Organisationen“ beschäftigt sich mit einer neuen interessanten Entwicklung für eine umfassende Nutzung der Mitarbeiter-Ressourcen in Unternehmen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse können eine bessere Steuerung der Mitarbeiterentwicklung von der Einstellung bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses ermöglichen. Eine neue Entscheidung zur Änderung von Versorgungsansprüchen durch eine ablösende Neuregelung eröffnet für Unternehmen flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Flexibilität und Kreativität findet allerdings auch ihre Grenzen, z. B. wenn es um die Minimierung des Risikos einer Eingliederung von Externen und ihren daraus folgenden Arbeitnehmerstatus geht. Mit Bezug zum Brennpunkt der vorliegenden Ausgabe zeigt sich außerdem in unserer Rubrik ‚Zu Guter Letzt‘, dass auch bei einer „klassischen“ Kündigung wegen Beleidigung der Einfluss neuer Kommunikationsmittel und Kommunikationsformen berücksichtigt werden muss. Noch eine Anmerkung in eigener Sache: Nach dieser Ausgabe wird der „Staffelstab“ für die Zusammenstellung unseres Newsletters von Florian Klein an Lisa Bornemann weitergereicht. An dieser Stelle danken wir deshalb Florian Klein ganz herzlich für seine Arbeit, die maßgeblich das regelmäßige Erscheinen unseres Newsletter ermöglicht hat. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr EY Law Arbeitsrechtsteam Foto: Fotolia, Gina Sanders Brennpunkt Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen Informationsweitergabe – I. d. R. unwirksam Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen bestätigt hohe Hürden für die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern Eine außerordentliche Kündigung gegen über einem Betriebsratsmitglied wegen einer Verletzung der Verschwiegenheits pflicht ist unverhältnismäßig, wenn als milderes Mittel der Ausschluss aus dem Betriebsrat möglich ist. Sachverhalt Im Streitfall (LAG Hessen, Beschluss vom 12. März 2015 – 9 TaBV 188/14) plante der Arbeitgeber einen Arbeitsplatzabbau. Im Zuge dessen fanden zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat Gespräche statt, in denen der Arbeitgeber den Betriebsratsmitgliedern ausdrücklich die Pflicht zur G eheimhaltung auferlegte. Trotzdem versandte ein Betriebsratsmitglied eine E-Mail an den Personalleiter mit dem Entwurf einer Mitarbeiterinformation und setzte eine Frist für die Veröffent lichung einer Ad-hoc-Mitteilung. Der Personalleiter forderte das Betriebsratsmitglied auf, von der Informationsweitergabe abzusehen. Dieses ignorierte die Aufforderung jedoch und versandte eine E-Mail an die Belegschaft, mit der es über den Per sonalabbau informierte. Der E-Mail lag kein entsprechender Betriebsratsbeschluss zugrunde. Aufgrund des Vorfalles bean- tragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds. Der Betriebsrat lehnte die Zustimmung ab. Daraufhin erhob der Arbeitgeber Klage mit dem Ziel, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen. Entscheidung Das LAG Hessen lehnte wie die erste Instanz die Ersetzung der Zustimmung ab. Da Betriebsratsmitglieder durch ihre Tätigkeit leichter in Gefahr gerieten, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu verletzen, müssten für Kündigungen besonders strenge Maßstäbe gelten. Nach Ansicht der Richter wäre eine Kündigung demnach unverhältnismäßig. Schließlich könne das Betriebsratsmitglied auch einfach aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden, um die Gefahr der Informationsweitergabe für die Zukunft auszuschließen. Insofern müsse man nicht zur „großen Keule“ der Kündigung greifen. Praxishinweis Es hat sich wieder gezeigt, dass für die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds hohe Hürden bestehen. Vor der Kündigung muss stets geprüft werden, ob es auch mit einem Ausschluss aus dem Betriebsrat „getan“ wäre. Es empfiehlt sich daher regelmäßig parallel zur Kündigung den Ausschluss des Betriebsratsmitglieds aus dem Betriebsrat zu betreiben. III Autoren: Dr. Wolfgang Steiner, LL.M. (UCT) Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon + 49 89 14331 21082 [email protected] Julia Meyer Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, München Telefon + 49 89 14331 12362 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 3 Brennpunkt Eigenmächtige Selbstbeurlaubung Außerordentliche Kündigung gegenüber Betriebsratsvorsitzendem nicht gerechtfertigt Das Arbeitsgericht Düsseldorf entschied am 10. März 2016 (AZ: 10 BV 253/15) zu Gunsten eines Arbeitnehmers, der lang jähriges Mitglied und Vorsitzender des Betriebsrates ist, dass eine wegen einer eigenmächtigen Selbstbeurlaubung beab sichtigte außerordentliche Kündigung nicht wirksam ausgesprochen werden kann. Sachverhalt Der Arbeitnehmer hatte sich in seiner Funktion als Vorsitzender des Betriebsrates zum Zwecke der Teilnahme an einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme für zwei Tage selbst (unbezahlt) beurlaubt und sollte deshalb eine fristlose Kündigung erhal ten. Der Arbeitgeber machte geltend, dass der zuständige Personalleiter das Urlaubsbegehren im Vorhinein ausdrücklich wegen dessen Kurzfristigkeit sowie dringend zu e rledigender Aufgaben abgelehnt habe. Nach Verweigerung der erforderlichen Zustimmung durch den Betriebsrat mit der Begründung, der Vorsitzende könne die Lage seiner Arbeitszeit nach pflicht gemäßem Ermessen selbst bestimmen und der Urlaub sei durch die Geschäftsleitung vorab bewilligt worden, begehrte der Arbeit geber deren Ersetzung vor dem Arbeitsgericht. Entscheidung Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt die eigenmächtige Selbstbeurlaubung durch Arbeitnehmer immer eine arbeits vertragliche Pflichtverletzung dar, die eine Kündigung rechtfertigen kann. Ob deswegen der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gerechtfertigt ist, ist aber eine Frage des Einzelfalls, bei dem es auf die konkreten Umstände ankommt. So kann beispielsweise bei fehlender Wiederholungsgefahr oder fehlender betrieblicher Störung der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung infolge einer Abwägung gegenstreitender Interessen nicht gerechtfertigt sein. Entsprechend nahm auch das Arbeitsgericht Düsseldorf im vorliegenden Fall eine Interessenabwägung vor und entschied, dass diese zugunsten des Arbeitnehmers ausfalle. Dabei berücksichtigte es insbe sondere die 15-jährige Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers, die fehlende vor herige Abmahnung sowie den Umstand, dass die Pflichtverletzung in der besonders geschützten Tätigkeit als Betriebsrat begründet sei. Praxishinweis Arbeitgeber müssen eigenmächtige Urlaubsantritte ihrer Arbeitnehmer grund sätzlich nicht dulden und können zum Aus spruch einer verhaltensbedingten (außer ordentlichen) Kündigung berechtigt sein. Das Urteil zeigt aber, dass auch in einer vermeintlich klaren Ausgangssituation die Umstände des Einzelfalls hinreichend zu berücksichtigen sind und anstelle einer Kündigung nur eine Abmahnung gerecht fertigt sein könnte. III Autorinnen: Lena Hommerich Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Hamburg Telefon + 49 40 36132 22395 [email protected] Nathalie Jäger Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Hamburg Telefon +49 40 36132 20584 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 4 Brennpunkt Krankfeiern mit Ansage Außerordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt In der Entscheidung vom 18. Mai 2015 (AZ: 16 Sa 999/14) beschäftigte sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen mit der Wirksamkeit einer Kündigung wegen Krankheitsankündigung, wenn ein Arbeit nehmer mit Erkrankung droht, um nicht an einer auswärtigen Schulungsveranstal tung teilnehmen zu müssen. Es entschied, dass im Falle einer Androhung einer Krankmeldung die von der Rechtsprechung auf gestellten Grundsätze gleichermaßen für den Fall einer solchen Androhung bei Nichtgewährung von Urlaub wie auch bei der Verpflichtung, einen auswärtigen dienstlichen Termin wahrzunehmen, gelten. Sachverhalt Die Beklagte betreibt ein Altenheim, in dem die Klägerin als Ergotherapeutin beschäftigt war. Am 16. Juli 2013 forderte die Vorgesetzte der Klägerin diese auf, am 18. Juli 2013 einen auswärtigen Termin wahrzunehmen. Hiermit war die Klägerin nicht einverstanden. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sie dies der Beklagten mit den Worten „es gehe ihr nicht gut, sie wolle zum Arzt gehen“, erklärte oder ob sie mitteilte, „den Termin nicht wahrnehmen zu wollen und sich krankschreiben zu lassen, sollte die Beklagte eine Nichtwahrnehmung des Termins durch sie nicht akzeptieren“. Am selben Tag suchte die Klägerin ihre Ärztin auf, die sie für die Zeit vom 16. bis 19. Juli 2013 krankschrieb. Mit Schreiben vom 23. Juli 2013 mahnte die Beklagte die Klägerin ab, weil die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 16. Juli 2013 erst am 17. Juli 2013 gegen 13:25 Uhr mit der Post bei der Beklagten einging, die Klägerin aber an diesem Tag seit 8:00 Uhr zum Dienst eingeteilt war. Im Folgenden kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zunächst außerordentlich fristlos, später außerdem ordentlich. Entscheidung Weder die außerordentliche noch die ordentliche Kündigung sind wirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist grundsätzlich bereits die Ankün digung einer zukünftigen - im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung – durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. War der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ankündigung eines künftigen, krankheits bedingten Fehlens aber bereits objektiv erkrankt und durfte er davon ausgehen, auch am Tag des begehrten Urlaubs (weiterhin) wegen Krankheit arbeitsunfähig zu sein, kann nicht mehr angenommen werden, sein fehlender Arbeitswille – und nicht die bestehende Arbeitsunfähigkeit – sei Grund für das spätere Fehlen am Arbeitsplatz. • Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 5 Brennpunkt Ebenso wenig kann dem Arbeitnehmer dann zum Vorwurf gemacht werden, er nehme notfalls eine wirtschaftliche Schädigung des Arbeitgebers in Kauf, um die von ihm erstrebte Befreiung von der Arbeitspflicht zu erreichen. Unabhängig davon, ob eine bestehende Erkrankung des Arbeitnehmers dazu führt, dass die Ankündigung der Krankschreibung lediglich als Hinweis auf ein ohnehin berechtigtes Fernbleiben von der Arbeit verstanden werden müsste, wiegt jedenfalls in einem solchen Fall eine mit der Erklärung verbundene Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regelmäßig weniger schwer. Dann kann nicht ohne weiteres von einer erheblichen, eine außerordentliche Kündigung an sich rechtfertigenden Pflichtverletzung ausgegangen werden (BAG, Urteil vom 12. März 2009 – 2 AZR 251/07). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Arbeitnehmer durch die angekündigte Krankmeldung nicht die Gewährung von Urlaub erreichen wollte, sondern die Befreiung von der Verpflichtung, einen auswär tigen dienstlichen Termin wahrzunehmen. Vorliegend hat die Beweiserhebung ergeben, dass die Klägerin am Tag der Ankün digung bereits arbeitsunfähig erkrankt war und auch zum Zeitpunkt der Schulungsveranstaltung arbeitsunfähig war. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze lag daher nach Ansicht des LAG Hessen kein Grund für eine außerordentliche Kündigung vor. Die ordentliche Kündigung ist ebenfalls sozial ungerechtfertigt, weil bei der Interessenabwägung das Alter von 61 Jahren und eine dreizehnjährige Betriebszugehörigkeit zugunsten der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen seien. Autorinnen: Lisa Bornemann Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Düsseldorf Telefon +49 211 9352 20011 [email protected] Dr. Sonja Müller Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, München Telefon + 49 89 14331 23499 [email protected] Praxishinweis Der kündigende Arbeitgeber ist darlegungsund beweispflichtig dafür, dass der Arbeit nehmer seine Erkrankung nur „vorschiebt“. Gelingt ihm dieser Nachweis, kann er auf die Drohung seines Arbeitnehmers mit Krankschreibung grundsätzlich mit einer außerordentlichen Kündigung reagieren. Allerdings ist auch dann wie vor jeder Kün digung eine Interessenabwägung durchzu führen, die im Einzelfall gegen eine Kündi gung (und zugunsten einer Abmahnung) ausfallen kann. III Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 6 Brennpunkt „Augenblicksversagen“ im BEM-Gespräch Droht ein Arbeitnehmer im Rahmen eines BEM (betriebliches Eingliederungs management)-Gesprächs mit einem Amoklauf, so kann eine darauf gestützte außerordentliche Kündigung dennoch unwirksam sein (Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 22.04.2015 – 2 Sa 1305/14). Sachverhalt Der 42-jährige Kläger hatte zum Zeitpunkt des Geschehens seit 21 Jahren für das Land Hessen und fast ausschließlich als Straßenwärter gearbeitet. Nach häufigeren und längeren krankheitsbedingten Fehl zeiten wurde ihm u. a. auch betriebsärztlich empfohlen, zukünftig nicht mehr als Straßenwärter zu arbeiten. Während eines von mehreren sog. BEM-Gesprächen teilte der Arbeitgeber dem Kläger schließlich mit, dass er trotz seiner massiven gesundheit lichen Probleme dennoch nicht anderweitig eingesetzt werden könne. Das Land hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt angedeutet, dass die sehr restriktiven Einsparvorgaben im Bereich der Stellen und des Personalbudgets bei der Prüfung einer Möglichkeit des anderweitigen Einsatzes zu berücksichtigen seien. Der Kläger drohte nach dieser Aussage mit Amok oder Selbstmord, infolgedessen er in eine psychiatrische Ambulanz gebracht wurde. Kurz darauf erhielt der Kläger die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, wogegen er Kündigungsschutzklage erhob. Entscheidung Das Arbeitsgericht Gießen hat die Kündigungsschutzklage mit der Begründung abgewiesen, die Drohung mit einem Amok lauf sei eine rechtswidrige Nötigung, die der Arbeitgeber nicht hinnehmen müsse, und die einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstelle. Das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG) hingegen hat der Klage stattgegeben. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das LAG darauf abgestellt, dass die Amokdrohung nicht in einem üblichen Personalgespräch gefallen sei, sondern in der besonderen „geschützten“ Situation eines betrieblichen Eingliederungsmanagements. Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber im Rahmen eines BEMGesprächs verpflichtet sei, mittels fairer, sach- und einzelfallorientierter Gespräche innerbetriebliche Lösungen zu finden, um lange Ausfallzeiten zu überwinden und kranke Arbeitnehmer wieder nachhaltig zu integrieren. Ein teilnehmender Arbeitnehmer solle sich dabei öffnen und in den Suchprozess einbringen können, so das LAG. Dadurch, dass der Arbeitgeber den Kläger mit der dem Sinn eines BEM-Gesprächs gänzlich entgegenstehenden Unabänderlichkeit seiner Beschäftigungssituation konfrontiert habe, habe er diese Kooperationspflicht verletzt. Wenn diese Pflichtverletzung nun wiederum den Kläger emotional zu einer, nach Ansicht des Gerichts hier jedoch allenfalls im „Augenblicksversagen“ getätigten und damit kaum glaubhaften Nötigung gereizt habe, sei diese in der Gesamtschau der Umstände nicht völlig ungerechtfertigt, was zugunsten des Klägers berücksichtigt werden müsse. Ein Arbeitnehmer soll schließlich im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gerade nicht (ohne weiteres) um den Bestand seines Arbeitsverhältnisses fürchten müssen. Fazit Das Gericht unterstreicht mit dieser Entscheidung noch einmal, dass ein BEM vorrangig dem Gesundheitsschutz und nicht allein der Kündigungsprävention dient. Es soll von Ergebnisoffenheit geprägt sein. Ein Arbeitgeber hat daher alle die Ziele eines BEM störenden einseitigen Entscheidungen oder Maßnahmen bis zu dessen Abschluss zu unterlassen. Arbeit nehmer dürfen aus dem BEM-Gespräch von ihrem Arbeitgeber daher zu Recht zumin dest den Versuch einer Verbesserung ihrer Arbeitssituation erwarten. III Autorinnen: Sabine Fabig Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Frankfurt a. M. Telefon +49 6196 996 25776 [email protected] Sophia Haus Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Frankfurt a. M. Telefon +49 6196 996 11454 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 7 Gastbeitrag Vom heißen Trend zur Realität: Data Analytics für HR-Organisationen Attract/Onboard Retain/Release Deploy Plan Mitarbeiter stellen üblicherweise 60 % der jährlichen Ausgaben und über 80 % des Wertes eines Unternehmens dar. Dennoch haben viele Unternehmen Probleme, den Faktor Mensch optimal zu managen oder in diesen zu investieren. HR Analytics untersucht die Treiber hinter Leistung, Motivation und Bindung der Mitarbeiter und trägt dazu bei, genauere und besser informierte Entscheidungen hinsichtlich dieses wichtigen Gutes zu treffen – ein wichtiger Aspekt, um den Geschäftserfolg zu optimieren. Unternehmen setzen deshalb heutzutage zunehmend auf Data Analytics im HR-Umfeld, um Wettbewerbsvorteile zu erreichen. HR Analytics ist eine vielfältige Kombination verschiedener Datenanalyse-Ansätze, welche Zusammenhänge über menschliche Inter aktionen in Organisationen aufzudecken versuchen, um schneller, genauer und sicherer die richtigen Geschäftsentscheidungen zu treffen. EY’s ganzheitlicher Analyse-Ansatz überträgt das Konzept der „Customer Journey“ auf den Mitarbeiter. Genauso wie Kunden einen Wert für ein Unternehmen haben und sich dieser über die Zeit verändert, trifft dies auch auf Mitarbeiter zu. Betrachtet man diesen „Employee Journey“ ganzheitlich, ergibt sich schnell ein Vorteil in der Integration verschiedener Aspekte des Arbeitslebens und der dabei entstehenden Informationen gegenüber den typischer weise separaten und heute nicht stark inte grierten HR-Aufgaben wie z. B. Recruiting, Performance Management, Attrition & Retention, Learning & Development, Leadership Profiling, etc. • Wie identifizieren wir frühzeitig die Entwicklung zu einem „toxischen“ Mitarbeiter? Über den gesamten Zeitraum des Arbeitsverhältnisses ist es wichtig, einen Überblick über die Wert- und Kostenänderung der Mitarbeiter zu haben, welche (bisher oft nur generalisiert oder abstrahiert auf z. B. Abteilungen, Alterszugehörigkeit, Performance Levels etc.) für gewisse Planungen und Entscheidungen wesentlichen Einblick schaffen können. Um solche Entscheidungen zu unterstützen, fokussiert sich der EY-Ansatz auf die ganzheitliche Aufnahme, Verwaltung und Nutzung von Daten, welche sich über den gesamten Verlauf eines Beschäftigungsverhältnisses ergeben. Prädiktive Analytics auf diesen Daten ermöglicht es z.B. den Unternehmen, Mitarbeiter mit hohem Kündigungsrisiko zu identifizieren. Es lassen sich in diesem Zusammenhang Motivationsprofile von Mitarbeitergruppen entwickeln, mit denen man verstehen kann, wer das Unternehmen wahrscheinlich verlassen wird und wer bleiben möchte. Mehrere innovative große Organisationen haben den Aufbau dieser Art von HR-Analytics bereits mit großem Erfolg in den letzten Jahren begonnen. Ein derartiger Überblick ist hilfreich bei der Beantwortung von Fragestellungen wie z. B.: • Basierend auf unseren Geschäftszielen, wie viele Mitarbeiter mit welchen Fähigkeiten brauchen wir jetzt und in der Zukunft? • Wie viele davon haben wir schon an Bord? • Wie finden wir die richtigen Mitarbeiter und wie bringen wir sie an Bord? Hinweis: Erfahren Sie mehr auf unserer Veranstaltung „Data Analytics für HR Organisationen” am 13. Juli in München (siehe Veranstaltungshinweise S. 14) • Wie optimieren wir die Talent-Verteilung und Leistung? • Wie können wir die Schlüssel-Teams sowie redundante Teams bzw. Mitarbeiter identifizieren? • Wie können wir faire und attraktive Retention und Abfindungsangebote bieten und strukturieren? Ansprechpartner: Torsten Kiewert Advisory Services Ernst & Young GmbH, München Telefon +49 89 14331 13974 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 8 Aktuelle Rechtsprechung Zulässige Kürzung der Betriebsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme Die ablösende Neuregelung einer Versor gungszusage, insbesondere die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Kürzung bei vorzeitiger Inanspruchnahme kann – unter Berücksichtigung des Vertrauens- und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – auch zum Nachteil des Versorgungsberechtigten mit Wirkung für die Zukunft erfolgen (Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 08. Juli 2015 – 6 Sa 257/14). Hintergrund Wird eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die eine ältere Betriebsvereinbarung ablösen soll, gilt das sog. Ablösungsprinzip. Die neuere Regelung ersetzt grundsätzlich die ältere, auch wenn dadurch bei den begünstigten Arbeitnehmern Nachteile entstehen. Bei ablösenden Betriebsverein barungen, die Versorgungszusagen in der Höhe verschlechtern, unterliegt die Neure gelung dann jedoch einer Billigkeitskontrolle durch die Arbeitsgerichte. Diese Billigkeitskontrolle wurde durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem drei stufigen Prüfungsschema konkretisiert (sog. Drei-Stufen-Modell), wobei an die Rechtfer tigung eines Eingriffs – je nach betroffenem Besitzstand – unterschiedliche Anforde rungen geknüpft werden. Danach wird im Wesentlichen zwischen einem Eingriff in bereits erdiente und noch nicht erdiente Besitzstände unterschieden. Für die Rechtfertigung eines Eingriffs in noch nicht erdiente Besitzstände genügen sachliche Gründe. Sachverhalt Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer Kürzung der Betriebsrente des Klägers. Dem Anspruch des Klägers lag ursprünglich eine Versorgungszusage zugrunde, die an das jeweilige gesetzliche Renteneintrittsalter für eine Vollrente anknüpfte und mit dessen Erreichen eine betriebliche Altersrente gewährte. Im Zeitpunkt der Erteilung der Zusage war es für Frauen schon mit Vollendung des 60. Lebensjahres möglich, die Betriebsrente in Anspruch zu nehmen; für Männer grundsätzlich erst mit 65 Jahren. Anlässlich der geänderten europäischen Vorgaben zur Gleichbehandlung von Frau und Mann in der betrieblichen Altersversorgung wurde der Anspruch aus der Versorgungszusage im Dezember 1995 neu geregelt. Die neue Versorgungszusage sah u. a. vor, dass die Betriebsrente einheitlich – d. h. für Frauen und Männer – erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt werden sollte. Außerdem sollte eine Kürzung der Betriebsrente um 0,4 % für jeden vorgezogenen Monat erfolgen, den die gesetzliche Rente – und damit auch die Betriebsrente – vor Vollendung des 65. Lebensjahres in A nspruch genommen wurde. Dies galt jedoch nur hinsichtlich der nach Inkraft treten der Neuregelung erworbenen Teilanwartschaften; also lediglich für diejenigen Anwartschaften, die ab Januar 1996 erdient wurden. Da der Kläger eine gesetzliche Altersrente für Schwerbehinderte vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nahm, kürzte die Beklagte den Rentenanspruch anteilig für den nach Inkrafttreten der ablösenden Regelung erworbenen Teil der Anwartschaften. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Entscheidung Das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG) entschied zugunsten der Beklagten und erachtete die Kürzung des Betriebsrentenanspruchs als rechtmäßig. Das Gericht sah in der Anhebung der Altersgrenze und der Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags einen Eingriff in die Versorgungsrechte des Klägers, dessen Rechtmäßigkeit an dem vom Bundesarbeitsgericht entwickelten dreistufigen Prüfungsschema zu messen sei. • Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 9 Aktuelle Rechtsprechung Es stellte in diesem Zusammenhang weiter fest, dass (lediglich) ein Eingriff in künftige, noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse vorliege und dieser durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Besagte sachliche Gründe seien vorliegend in der Verwirklichung des Gebots der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern durch die Anhebung bzw. Angleichung der zuvor unterschiedlichen Altersgrenzen auf das 65. Lebensjahr zu sehen: Die gesetzliche Möglichkeit der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente führe zu einer Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung, da in diesem Fall regelmäßig mit einer längeren Bezugsdauer und damit einer höheren wirtschaftlichen Belastung des Versorgungsschuldners zu rechnen sei. Ein deshalb eingeführter versicherungsmathematischer Abschlag sei vor diesem Hintergrund gerechtfertigt. Zudem werde der bisherige Besitzstand durch die ablösende Neuregelung nicht angetastet, weshalb an die Rechtfertigung des Eingriffs keine höheren Anforderungen zu stellen waren. Praxishinweis Die jetzige Entscheidung des LAG liegt ganz auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welches die Angleichung der Altersgrenze in der betrieblichen Altersversorgung und die Einführung von versicherungsmathe matischen Abschlägen im Einzelfall für rechtmäßig erachtet. Autoren: Arne Dannemann Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, Frankfurt a.M. Telefon +49 6196 996 25764 [email protected] Dr. Yavuz Topoglu Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 25138 [email protected] Allerdings hatte das LAG Hessen in einem früheren Urteil, dem ein ähnlicher Sach verhalt zu Grunde lag, noch gegenteilig entschieden und die Einführung des ver sicherungsmathematischen Abschlags bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Betriebsrente für unzulässig gehalten (Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 12. Januar 2000 – 8 Sa 2086/98). Vor diesem Hintergrund ließ das LAG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeu tung des Streitfalls zu. Für die Praxis ist eine abschließende Beurteilung der Rechtslage durch das Bundesarbeitsge richt abzuwarten. III Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 10 Aktuelle Rechtsprechung Fremdpersonaleinsatz: Selbstverleih eines Geschäftsführers im Wege der Arbeitnehmerüberlassung unwirksam Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schles wig-Holstein hat in seinem Urteil vom 1. Dezember 2015 entschieden, dass ein Geschäftsführer eines Verleih-Unterneh mens sich nicht selbst an einen Entleiher verleihen kann. Zudem sei der Arbeitneh merstatus eines Kameramanns nach den allgemeinen Grundsätzen zu bestimmen (AZ: 1 Sa 439 b/14). Sachverhalt Der Kläger arbeitete seit den 1990er Jahren bei der beklagten Rundfunkanstalt als freiberuflicher Kameramann. Aufgrund interner Vorgaben war der Einsatz von freiberuflichen Mitarbeitern auf eine Arbeitszeit von maximal 60 Stunden pro Jahr beschränkt. Im Jahr 2000 erklärte der zuständige Projektleiter dem Kläger, dass die gewünschte umfangreiche Beschäftigung nur im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung möglich sei. Daraufhin gründete der Kläger ein eigenes Verleih-Unternehmen, wurde dessen Geschäftsführer und verlieh sich selbst als Geschäftsführer und zwei bis drei weitere Mitarbeiter an die Beklagte. Im Jahr 2014 beantragte der Kläger vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Kiel die Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestünde. Das ArbG Kiel wies die Klage ab, woraufhin der Kläger beim LAG Schleswig-Holstein Berufung einlegte. Entscheidung Nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein handelt es sich vorliegend nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger sei Geschäftsführer des Verleihunternehmens und könne nicht wirksam verliehen werden, da das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nur für Arbeitnehmer gelte. Die Beklagte dürfe auch nicht von einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung ausgehen, da die maßgeblichen Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von der Geschäftsführerstellung des Klägers gehabt hätten. • Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 11 Aktuelle Rechtsprechung Das LAG Schleswig-Holstein vertrat zudem die Ansicht, dass der Kläger Arbeitnehmer bei der Beklagten sei. Die Beurteilung des Arbeitnehmerstatus des Klägers richte sich nach den allgemeinen Grundsätzen, da der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) nicht eröffnet sei. Es fehle an der programmgestaltenden Tätigkeit des Klägers, weil er an den Fernsehbeiträgen, an denen er beteiligt sei, nicht gestaltend mitwirke. Der Kameramann sei aufgrund der Dauer, des Umfangs und der Art der Tätigkeit als Arbeitnehmer der Beklagten anzusehen. Er sei zudem weisungsgebunden und voll in die Arbeitsorganisation der Beklagten integriert, weil er insbesondere „redaktionellen Vorgaben“ unterlag und aufgrund der kurzen Dauer der gesendeten Beiträge von ca. 2 Minuten 30 Sekunden pro Beitrag kein nennenswerter Bereich für ein eigenstän diges Handeln als Kameramann vorgelegen habe. Die Berufung des Klägers auf den Arbeitnehmerstatus sei auch nicht treuwidrig nach § 242 BGB, weil den Verantwortlichen der Beklagten bekannt gewesen sei, dass der Kläger Geschäftsführer einer GmbH war und auch sein Vorgehen in keiner Weise auf Täuschung der Beklagten ausgerichtet gewesen sei. Vielmehr habe der Kläger versucht, über den Weg des Selbstverleihs zu mehr Einsätzen zu kommen. Fazit Das LAG Schleswig-Holstein hat die Revi sion wegen der grundsätzlichen Bedeu tung des Rechtsstreits zugelassen (AZ: 9 AZR 76/16). Es bleibt also abzuwarten, wie das BAG hier entscheiden wird. Fest steht, dass der Geschäftsführer eines Ver leih-Unternehmens sich nicht selbst als Arbeitnehmer an einen Entleiher verleihen kann. Bei der Feststellung des Arbeit nehmerstatus eines Kameramanns können schon kleine Abweichungen im Rahmen der Beschäftigung zu anderen Ergebnissen führen. Wenn der Kameramann programm gestaltend tätig ist, ist der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit eröffnet. Ist keine programmgestaltende Tätigkeit vorgesehen, beurteilt sich der Arbeitnehmerstatus nach den allgemeinen Grundsätzen. III Autorinnen: Dominika Kußmaul Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon + 49 711 9881 26303 [email protected] Xenia Rupp Rechtsanwältin Ernst & Young Law GmbH, Stuttgart Telefon + 49 711 9881 22878 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 12 Zu Guter Letzt Beschwerden über den Chef? Möglichst im kleinen Kreis äußern! Wenn man über den Chef schlecht spricht, dann sollte man genau darauf achten, vor wem man das tut. Diese Erfahrung musste auch ein Oberarzt machen, der aber mit einem blauen Auge davonkam. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz sah die gegen ihn ausgesprochene Kündigung als unwirksam an (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Januar 2015 – 3 Sa 571/14). Trier hatte Erfolg. Das LAG Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung auf die Berufung der Beklagten hin. Es führte zunächst aus, dass das Verhalten des Klägers eine grobe Beleidigung und damit grundsätzlich einen Grund für eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung darstelle, denn die Beleidigung störe das Vertrauensverhältnis und den Betriebsfrieden erheblich. eine Beleidigung vor, jedoch sei als verhältnismäßige Maßnahme eine Abmahnung und keine Kündigung auszusprechen. Der Adressatenkreis werde auch nicht dadurch zu Lasten des Klägers erweitert, dass – entgegen seiner Annahme – die SMS an den Chef weitergeleitet wurde. Vielmehr dürfe er auf die Vertraulichkeit seiner SMS und den Schutz dieser Privatsphäre vertrauen. Vorausgegangen war der Kündigung eine SMS des Klägers an seine ehemalige Lebensgefährtin. Darin hatte er den gemeinsamen Chef als ein „… autistisches krankes Arschl …“ bezeichnet. Über diese Vorgänge informierte die ehemalige Lebensgefährtin den Chef, woraufhin die Beklagte eine ordentliche Kündigung aussprach. Die hiergegen erhobene Klage des Klägers vor dem Arbeitsgericht Allerdings sei als besonderer Umstand des Einzelfalls zu berücksichtigen, dass der Kläger darauf vertrauen durfte, dass seine SMS nicht an den Chef weitergeleitet wird. Bei Beleidigungen sei besonders zu berücksichtigen, in welcher Situation und gegenüber welchem Adressatenkreis sie geäußert werden. Wenn der Adressatenkreis wie vorliegend beschränkt sei, läge zwar nach wie vor Die vom Gericht vorgenommene Berücksichtigung der Größe des Adressatenkreises zur Beurteilung negativer arbeitgeberbezogener Äußerungen ist nichts Neues. Angesichts der ständig wachsenden Zahl an möglichen Kommunikationswegen sind hierzu auch in Zukunft weitere Entscheidungen zu erwarten. Bei der vorliegenden „individuellen“ Kommunikation bleibt diese auch dann vertraulich, wenn der Adressatenkreis später unerwartet (und unerwünscht) erweitert wird. Bei anderen Kommunikationsmitteln (z. B. Facebook) kann das Ergebnis aber je nach konkreter Ausgestaltung (Eintrag auf Pinnwand, persönliche Nachricht) ganz anders ausfallen. III Autor: Florian Klein, LL.M. (Warwick) Rechtsanwalt Ernst & Young Law GmbH, München Telefon +49 89 14331 16190 [email protected] Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 13 Zu Guter Letzt Veranstaltungen & Veröffentlichungen 8. Juni 2016 Berlin People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 9. Juni 2016 Mannheim Veranstaltungsreihe: „Kommunale Wirtschaft im Brennpunkt – Neue Gesetzgebung hinsichtlich der für die Kommunen und kommunalen Unternehmen interessanten Änderungen im Vergabe-, Arbeits- und Steuerrecht“ 15. Juni 2016 Hamburg People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 16. Juni 2016 München Veranstaltungsreihe: „Kommunale Wirtschaft im Brennpunkt – Neue Gesetzgebung hinsichtlich der für die Kommunen und kommunalen Unternehmen interessanten Änderungen im Vergabe-, Arbeits- und Steuerrecht“ 16. Juni 2016 Hannover People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 23. Juni 2016 Dortmund Veranstaltungsreihe: „Kommunale Wirtschaft im Brennpunkt Neue Gesetzgebung hinsichtlich der für die Kommunen und kommunalen Unternehmen interessanten Änderungen im Vergabe-, Arbeits- und Steuerrecht“ 30. Juni 2016 Berlin Veranstaltungsreihe: „Kommunale Wirtschaft im Brennpunkt – Neue Gesetzgebung hinsichtlich der für die Kommunen und kommunalen Unternehmen interessanten Änderungen im Vergabe-, Arbeits- und Steuerrecht“ 7. Juli 2016 München Arbeitsrechtsfrühstück: „Haftungsfalle Scheinselbständigkeit und Fremdpersonaleinsatz – Teil II: Praxisbericht der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung und Analysemöglichkeiten von Risikoindikatoren bei der Beauftragung Externer“ 7. Juli 2016 Frankfurt/Eschborn Veranstaltungsreihe: „Kommunale Wirtschaft im Brennpunkt – Neue Gesetzgebung hinsichtlich der für die Kommunen und kommunalen Unternehmen interessanten Änderungen im Vergabe-, Arbeits- und Steuerrecht“ 13. Juli 2016 München Advisory Services/Law: „Data Analytics für HR Organisationen” 20. Juli 2016 Stuttgart Workshop: „Die neue EU Datenschutzverordnung – Anforderungen und Handlungspflichten durch die neue EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)“ 7. September 2016 Hamburg Arbeitsrechtsfrühstück: „Arbeitsrecht aktuell“ 30. September 2016 Stuttgart Arbeitsrechtsfrühstück 26. Oktober 2016 Hannover Dashöfer Seminar: „Auslandsentsendung von Mitarbeitern“ 26. Oktober 2016 München Dashöfer Seminar: „Auslandsentsendung von Mitarbeitern“ 3. November 2016 Frankfurt/Eschborn Arbeitsrechtsfrühstück 16. November 2016 Hamburg People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 17. November 2016 Berlin People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 24. November 2016 Leipzig Dashöfer Seminar: „Auslandsentsendung von Mitarbeitern“ 24. November 2016 Hannover People Advisory Services: Stammtisch Auslandsentsendung 30. November 2016 Köln Dashöfer Seminar: „Auslandsentsendung von Mitarbeitern“ 2. Dezember 2016 Stuttgart Arbeitsrechtsfrühstück: „Arbeitsrecht 2016“ 7. Dezember 2016 Stuttgart Dashöfer Seminar: „Auslandsentsendung von Mitarbeitern“ 9. Dezember 2016 Frankfurt/Eschborn Arbeitsrechtsfrühstück Employment Law Newsletter 2. Quartal 2016 | 14 Ihre Ansprechpartner für Arbeitsrecht bei der Ernst & Young Law GmbH München Stuttgart Dr. Karsten Umnuß Rechtsanwalt, Partner Telefon +49 89 14331 22220 [email protected] Iris Tauth Rechtsanwältin Telefon + 49 711 9881 12862 [email protected] Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Arnulfstraße 59 80636 München Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Flughafenstraße 61 70629 Stuttgart Düsseldorf Hamburg Martina S. Buhr Rechtsanwältin Telefon +49 211 9352 28164 [email protected] Wolfgang Hardt Rechtsanwalt Telefon +49 40 36132 16463 [email protected] Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Graf-Adolf-Platz 15 40213 Düsseldorf Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Rothenbaumchaussee 78 20148 Hamburg Frankfurt am Main Berlin Bärbel Kuhlmann Rechtsanwältin, Partner Telefon +49 6196 996 11336 [email protected] Jan-Jacob Roeder, LL.M. Rechtsanwalt Telefon +49 30 25471 23089 [email protected] Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Mergenthalerallee 3–5 65760 Eschborn/Frankfurt a. M. Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Friedrichstraße 140 10117 Berlin EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young G lobal Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Man danten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 21 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2016 Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft All Rights Reserved. GSA Agency SRE 1605-584 ED None Fotos: iStockphoto EY Tax & Law DE News App - Lesen Sie das Tax & Law Magazine oder unsere wöchentlichen News bequem unterwegs und bleiben Sie über aktuelle Entwicklungen des Steuerrechts informiert. Mit den Archivversionen ausgewählter Tax & Law Webcasts steht Ihnen eine weitere Wissensquelle zur Verfügung. 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