Lena de Boer
Transcription
Lena de Boer
Erfahrungsbericht // Praktikum mit der Leonardo Da Vinci-Förderung Ein Praktikum in einer Kunstgalerie in Palma de Mallorca/Spanien. Das Verfassen von Pressemitteilungen über verschiedene Künstler. Ausstellungen vorbereiten. Touristen und Einheimische durch die Galerie führen. – Fast klang es zu schön, um wahr zu sein, als ich im Frühjahr 2006 einen Aushang im Kunstgeschichtlichen Institut an der Ruhr Universität Bochum sah. Vor meinem Studium hatte ich ein zweijähriges Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert. Nachdem ich drei Monate in der Kulturredaktion gearbeitet hatte, war mein Schwerpunkt klar definiert: Kunst und Kultur. Die Entscheidung für ein Studium der Kunstgeschichte fiel daher leicht. Da es sich um einen Zweifach-Bachelor handelte, musste ich mir noch ein zweites Fach suchen. Ich entschied mich für Spanisch. In der elften Klasse war ich ein Jahr in Ecuador gewesen und seitdem in diese romanische Sprache verliebt. Während meines Studiums entsprang schnell der Wunsch, nach einer Verbindung meiner Erfahrungen: Der journalistischen, der kunstwissenschaftlichen und der spanischen. Der Aushang am Institut kam für mich also wie gerufen. Ich schrieb eine Email an die Galerie und bekam schnell eine Reaktion: Mit dabei ein Fragebogen. Gefragt wurde nach meiner Motivation, danach, wie ich eine Ausstellung vorbereiten würde und wer meine Lieblingskünstler seien. Ich machte mich sofort an die Arbeit, schrieb bis drei Uhr Nachts und schickte noch am nächsten Tag meine Bewerbungsunterlagen nach Spanien. Zwei Monate später, im Juni, hatte ich die Antwort auf meinem Tisch: Ich würde im September für sechs Monate auf die Ferieninsel Mallorca ziehen. Nicht, um dort Urlaub zu machen sondern, um dort zu arbeiten, zu leben, meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Vor allem aber, um direkte Praxiserfahrung mit Kunst zu erlangen. Vom 5. September 2006 bis zum 5. März 2007 absolvierte ich in der Galerie für moderne Kunst ABA art contemporani, Placa Porta de Santa Catalina in 07012 Palma de Mallorca, ein Praktikum im Bereich der Galerie-Assistenz und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Galerie ABA art contemporani wird von den Zwillingsschwestern Alejandra und Maribel Bordoy geführt. Ein sehr junges Unternehmen, die Galerie wurde im Frühjahr 2004 eröffnet, mit zwei jungen, sehr ambitionierten Chefinnen. Beide blicken auf eine Vergangenheit mit sehr großer Auslandserfahrung zurück und haben sich entschieden, zwei mal im Jahr mit Unterstützung der Stiftung Leonardo Da Vinci eine/n Praktikanten/in einzustellen. Beide sprechen neben ihren Muttersprachen Spanisch und Katalan fließend Französisch und Englisch. Aufgrund der touristischen Struktur der Insel stellen sie für die Position der Galerie-Assistenz vorlieblich deutsche Studenten ein. Es gibt einen weiteren Posten für den Bereich Grafik-Design, der auch mit 1 einem internationalen Studenten besetzt wird. In der Galerie herrscht also eine sehr junge, multiKulti Atmosphäre, die den Arbeitsalltag für mich unheimlich interessant gestaltet hat. Ich wurde nach meiner Ankunft einige Tage von meiner Vorgängerin eingearbeitet. Diese hatte eine To Do-Liste für mich parat, die mich erstmal erblassen lies. Die Galerie öffnen und schließen, Besucher empfangen, das Telefon bedienen, Termine mit Künstlern machen, mit den ortsansässigen Medien kommunizieren, die Homepage aktualisieren, etc. Zu viel, dachte ich. Zumal ich in den ersten vier Wochen morgens alleine in der Galerie seien sollte, da beide Chefinnen hauptberuflich noch einer anderen Tätigkeit nachgingen. Ab Oktober würde dann Alejandra Bordoy täglich am Schreibtisch neben mir sitzen und sich voll der Galerie widmen. Bis dahin sollte ich die Galerie jedoch im wahrsten Sinne des Wortes alleine führen. Bekanntlich wächst man an der Herausforderung. Eine alte Weisheit, die auf meine Situation in Spanien sicherlich voll zutrifft. Trotz anfänglichem Gefühl der Überforderung hatte ich schnell einen runden Ablauf für meinen Arbeitsalltag gestalten können. Morgens um elf öffnete ich die Räumlichkeiten und startete meinen Computer. Die erste Stunde beantwortete ich Mails, schnitt Zeitungsberichte für das Pressdossier aus und erledigte die üblichen Aufgaben einer GalerieAssistentin. Danach hatte ich Zeit, Pressetexte und Dossiermappen für Pressekonferenzen vorzubereiten. Eine Aufgabe, die sehr kreativ war und die ich mit Freude erledigte. Schwierigkeiten gab es bei der Aktualisierung der Homepage. Als „Computer-Profi“ würde ich mich nicht bezeichnen und das Internet war mir bis auf Email-Programme und Google ein Rätsel. Zudem war das sogenannte „Back-Office“ der Galerie-Homepage, die Seite zum Verändern und Gestalten, relativ schwierig zu bedienen. Im Oktober kam zusätzlich zur Galeristin Alejandra Bordoy eine weitere Unterstützung in die Galerie. Zum ersten Mal stellte die junge Galerie einen zweiten Praktikanten ein, eingesetzt im Bereich des Grafik-Designs. Zu uns kam eine junge Grafik-Designerin aus New York, die sehr schnell den Anschluss an unser kleines Team gewann. Erstaunlicherweise verwoben sich unsere Aufgabenbereiche so sehr, dass ich beinahe täglich mit meiner Praktikums-Kollegin, Tina Pohle, zusammen arbeitete. Wir entschieden uns dazu das „Sorgenkind“ Homepage komplett neu und einfacher zu gestalten – ich kümmerte mich um den redaktionellen, Tina um den grafischen Bereich. Wir überarbeiteten Flyer und Dossiers der Galerie – auch hier war ich für den Inhalt, meine Kollegin für die äußere Erscheinung verantwortlich – und gerieten in einen wahren „Überarbeitungs-Rausch“. Es machte mir unheimlichen Spaß, über Konzepte der Galerie kritisch nachzudenken und nach neuen Ideen zu suchen. Unsere Chefinnen standen bei fast jeder Idee hinter uns, und so änderten wir nicht bloß die Homepage, sondern unter anderem auch Erscheinung und Aufbau der Pressemitteilungen, erstellten mehrsprachige Informationsblätter für Besucher, gestalteten ein Gästebuch und stellten sogar die Möbel im Bürobereich um. 2 Unterschätzt hatte ich definitiv den Bereich der Ausstellungsvorbereitung. In einer kleinen und vor allem jungen Galerie lautet das Motto „Jeder macht alles“, und so musste ich alle zwei Monate zu Pinsel, Bohrmaschine und Schmiergelpapier greifen. Eine Ausstellung bei ABA art contemporani läuft acht Wochen, danach wird ein neuer Künstler präsentiert. Zur Vorbereitung muss der Ausstellungsraum neu gestrichen werden, Löcher in den Wänden müssen verputzt, die alten Kunstwerke verstaut werden. Das bedeutet vor allem auch physische Kraft – sind einige Werke doch Recht groß und schwer. Nach einer Woche Renovierungsarbeiten, und steht die neue Ausstellung erst einmal, fühlte ich vor allem Stolz. Ich fühlte mich als Teil dieser Ausstellung, hatte mit dem jeweiligen Künstler eng zusammen gearbeitet und die Werke waren mir unheimlich nah. In dieser Zeit schrieb ich auch die jeweiligen Presse-Mitteilungen, was mir keinerlei Probleme bereitete, da ich mit dem Material schon bestens vertraut gemacht hatte. Meine Erwartungen in mein Auslandspraktikum haben sich voll erfüllt. Ich fühle mich vor allem was meine Zukunftsplanung angeht sehr bestärkt. Das Bild, das ich von meinem künftigen Beruf habe, liegt mir jetzt deutlich vor Augen. Ich möchte definitiv im Bereich Kunst und Medien arbeiten. Klar ist mir jedoch auch geworden, dass eine Galerie nicht hundertprozentig meiner Perspektive entspricht. Die Kommerzialisierung der Kunst, die sicherlich auch sehr notwendig ist, entspricht nicht meiner momentanen künstlerischen Auffassung. Ich halte sie wie gesagt für nötig, bin ihr gegenüber jedoch auch sehr kritisch eingestellt. Kunst ist für mich etwas sehr delikates, sehr spirituelles, dessen Wert und Aussagekraft für mich schwierig in Preise und Marktwert zu fassen ist. Mir gefällt der Umgang mit ihr, die Arbeit mit dem Künstler, das „Verpacken“ eines jeden Kunstwerkes in eine Öffentliche Präsenz. Natürlich hat mir auch das Leben in der spanischen Kultur sehr gut gefallen. Gelernt habe ich dabei eine gelassenere aber nicht weniger ehrgeizige Einstellung zum Beruf. „Nicht gleich verzweifeln, sondern einfach ruhig weitermachen“, etwas, was mir meine Chefinnen von Anfang an versucht haben, zu vermitteln. Leben und Arbeiten in einer fremden Sprache ist natürlich auch ein großer Bestandteil meiner Erfahrung. „Europakompetent“ würde ich das Ergebnis betiteln. Ich glaube, dass es immer wichtiger wird, mobil und grenzenüberschreitend zu arbeiten und denken. Und ich glaube, ein Praktikum im Ausland ist dahingehend ein wichtiger und interessanter Schritt. Für mich persönlich gibt es jedoch noch ein anderes, eindeutiges Fazit: Ich glaube und hoffe durch meine Praxiserfahrung dem Umgang mit Kunst und seiner Verbreitung in den Medien und der Gesellschaft näher gekommen zu sein. 3