PDF-Dokument

Transcription

PDF-Dokument
»… zweifellos der großartigste Sänger …«
Pat Boone – amerikanische Musiklegende und Christuszeuge
Von: Walter Rominger, erschienen im Deutschen Pfarrerblatt, Ausgabe: 5 / 2014
I. Ein Urteil aus berufenem Mund
"Ich finde, er ist zweifellos der großartigste Sänger, der zurzeit zu hören ist. Besonders bei den langsamen Songs." Dieses
Urteil kommt aus berufenem Mund, denn so antwortete kein Geringerer als einer der Größten, die die Gesangswelt in ihrem
langen Verlauf hervorgebracht hat, der "King of Rock’n’Roll" Elvis Presley (1935-1977) in der Mitte der 50er
Jahre bei einem Pressegespräch auf die Frage: "Was halten Sie von Pat Boone?"(1) Und Jahre später war es wiederum
Elvis, der bei seiner letzten Stellungnahme (Datum nicht verzeichnet) vor der Presse auf den ein Jahr älteren Pat Boone
(geb. 1934) zu sprechen kam. Elvis erwähnt einen nicht näher bezeichneten Talentwettbewerb, an dem er in jenen Jahren
erfolglos teilgenommen hatte, bei dem "stattdessen Pat Boone genommen wurde". Das aber sicher nicht deswegen, wie
Elvis’ Fortführung dem uninformierten und gedankenlosen Leser nahe legen könnte: "Er hatte nämlich seine weißen
Schuhe an ..." - wobei diese immer wieder ein Kennzeichen des großartigen Sängers Pat Boone bei dessen Auftritten
gewesen sind.(2)
Vorangehendes Zitat belegt Elvis’ Hochachtung vor der hohen Gesangskunst des Ausnahmekünstlers, wiewohl Pat
Boone wie auch Elvis Presley in anderen Genres der Kunst sich ebenso sicher und erfolgreich bewegten, nämlich zumindest
als (Film-)Schauspieler (und nicht allein das). Pat Boone hat denn auch nie durch äußeres Blendwerk, etwa schrille Outfits,
am wenigsten durch Klamotten und Schuhe zu glänzen versucht und vermocht (vgl. die Bilder, die von ihm existieren),
sondern durch seine bezaubernde, unnachahmliche, durch seine ausdrucksstarke mit einem warmen Timbre
daherkommenden Baritonstimme. Von seinen Anfängen bis in die gegenwärtige Zeit (und ich bin mir dessen gewiss: er wird
sich wie dies nur ganz wenigen gelingt, auch in der Zukunft halten und damit zu den "unsterblichen Stimmen" des 20. Jh.
zählen, zu denen Elvis Presley, Frank Sinatra, Simon and Garfunkel, Barbra Streisand gehören) vermochte sich Pat Boone
im "Musikgeschäft" zu halten - sicher nicht immer gleich erfolgreich, aber stetig. In völlige Vergessenheit geriet der
Ausnahmekünstler nicht, der immer (wieder), auch wenn er auf anderen Wegen als denen der Gesangskunst wandelte, doch
zu seiner "ersten Liebe" zurückfand: zur Musik und hier - bezeichnenderweise und nicht ohne Grund - zu Spiritual und
Gospel. Da hat er nämlich seinen Ausgang genommen. Dabei war eine Karriere als Musiker ihm weder in die Wiege gelegt,
noch hat er zielstrebig diese Richtung verfolgt. Zur Musik kam er eher "zufällig".
II. Vom Theologen zum Sänger
Charles Eugene Boone, genannt Pat, geboren in Jacksonville im südlichen Staat Florida an der "Ostküste" im Jahr 1934,
wuchs in der Stadt auf, in welcher der Country-Stil zuhause ist: in Nashville im Staate Tennessee. Die Familie, der er
entstammte und in der er aufwuchs, gehörte zu christlich-konservativ eingestellten Kreisen; sie zählte sich zur Kirche Jesu
Christi und, soweit sich dies Außenstehenden erschließt, stand in der Nachfolge Christi. Während sein Vater ein wohl eher
bescheidenes Bauunternehmen führte, ging seine Mutter dem schönen, aber auch anstrengenden und verantwortungsvollen
Beruf einer (selbständigen) Krankenschwester nach.
Als Kind und auch als Heranwachsender hatte Pat Boone nicht im Geringsten die Absicht, Sänger zu werden. Zu sog.
Kinderstars gehörte er nicht; vielleicht ist es angebracht zu sagen: glücklicherweise gehörte er nicht dazu, da diese in ihrer
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 1/7
Entwicklung des Öfteren stehen bleiben und kaum über Kinderlieder hinwegkommen. Pat Boone hat sich breit entwickelt und
entfaltet und beherrscht bis heute so manches Genre (moderner) Musik.
Nicht zur Musik, sondern, seiner familiären und kirchlichen Sozialisation entsprechend, zur Theologie wusste er sich
hingezogen. In Nashville besuchte er die zumindest damals renommierte Bibelschule des David Lipscomb College, bevor er
zur North Texas State University wechselte. Während dieser Zeit begann seine Karriere als Sänger, als er einen
Talentwettbewerb, der in der "Ted Mack Amateur Hour" übertragen wurde, gewann. Dies brachte es mit sich, dass er von da
an regelmäßig in der "Arthur Godfrey Show" auftreten konnte. Seiner theologischen Ausbildung an der North Texas State
University schloss er ein Studium der Musik an der Universität von New York City an, das er mit dem Examen abschloss.
III. Erste Erfolge eines vielseitig Musikbegabten
Erste Aufnahmen auf Schallplatten erfolgten 1954. Im Jahr darauf schaffte er es bereits mit Aufnahmen in die
amerikanischen Charts, was einen großen Erfolg des sympathischen Sängers bedeutete, den dieser allerdings im selben
Jahr noch dadurch toppen konnte, dass er zum Jahresende einen Nr. 1-Hit in den amerikanischen Charts erreichte und zwar
mit einer Cover-Version des Fats Domino Songs "Ain’t That a Shame". 1956 gelang ihm dasselbe nochmals: er
coverte Ivory Joe Hunters’ "I Almost Lost My Mind" und erreichte damit - nach 1955 - zum zweiten Mal einen nur
schwer erreichbaren ersten Platz im amerikanischen Musikmagazin "Billboard". Erfolge hatte er auch mit Cover-Versionen
der Songs so berühmter Musiker wie Little Richard, den El Dorados und den Flamingos.
Freilich, man kann gegen Pat Boone vorbringen, in all den Jahren als großartiger Sänger musikalisch unselbständig
geblieben zu sein, da er fast durchweg nur nachgesungen habe, was andere bereits vor ihm "erarbeitet", gemacht und
produziert haben; zudem habe er, besonders auch in seinen späteren Jahren, früheres aus seinem Repertoire einfach
wiederholt und auch teils manches, was bereits Jahrzehnte alt war, einfach wieder ausgegraben (etwa Songs des
Erfolgsduos Richard Rodgers, Komponist, und Oscar Hammerstein, Librettist/Texter). Aber damit wird verkannt, welch ein
origineller Musiker Pat Boone war und bis heute geblieben ist: Er drückte nämlich durch seine eigenständige, angenehm
sonore Stimme den Songs seinen unverwechselbaren Stempel auf und prägte sie so bis heute. Seine Interpretation zeichnete
sich bereits in den 50er Jahren dadurch aus, dass er im damals über einige Jahre die Musikszene beherrschenden
Rock’n’Roll einen ruhigeren, glatteren, angenehmeren Sound kreierte, als dieser ansonsten daherkam. Zudem,
worauf ja Elvis hingewiesen hatte, wirkte er in ausdrucksstarken, langsamen Balladen am überzeugendsten.
Doch die große Erfolgsserie vermochte Pat Boone - zunächst wenigstens - nicht auf Dauer fortzusetzen. Zum einen
wurde schon bald (in den späten 50ern) ein rauerer Ton im Rock’n’Roll gefragter, als ihn die weich timbrierte
Stimme Pat Boones lieferte. Zudem kam der aus dem Rhythm&Blues einstens hervorgegangene
Rock’n’Roll bereits nach einigen Jahren an sein Ende. Als Elvis Presley, die Musik-Ikone, die sich vor allem mit
dem Rock’n’Roll verbindet, im Frühjahr 1960 seinen Militärdienst beendet hatte, musste auch er feststellen,
dass es den Rock’n’Roll, wie er ihn vor seiner Einberufung wesensmäßig mit geprägt hatte, so nicht mehr gab.
Der King of Rock’n’Roll sah sich dazu veranlasst, gerade mal knapp drei Jahre später, seine Musik zu ändern;
er vollzog eine Kehre um 180 Grad von fetzigen Rhythmen weg zu romantisch angehauchten gefühlvollen Balladen wie
"It’s Now Or Never" (Melodie: "O Sole Mio") und "Are You Lonesome Tonight" - übrigens zwei Titel, die sich, obwohl
bereits 1960 aufgenommen, wie kaum ein anderer Song mit dem King of Rock’n’Roll verbinden.
Zudem erreichten bereits im Laufe der frühen 60er Jahre Schallplatten der Beatles die USA und bald darauf bereisten die
vier "Pilzköpfe" aus der englischen Hafenstadt Liverpool selbst die USA, wobei diese "britische Invasion" für einige Zeit eine
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 2/7
wahre "Beatlemania" verursachte. Auch wenn diese u.a. wegen als blasphemisch empfundener Äußerungen John Lennons,
des (intellektuellen) Kopfes des damaligen Musikquartetts, nach ein paar wenigen Jahren wieder abebbte, so musste sich
doch Pat Boone umorientieren, da seine Art, Musik zu machen zumindest für einige Zeit nicht mehr gefragt war. Für ihn blieb
es Episode, wenn auch eine, an die man sich am besten erinnert, die jedoch zeigt, dass er auch anderweitig erfolgreich zu
agieren wusste: zum einen im Filmgeschäft und zum andern, an sich fach- und sachfremd, in der Wirtschaft.
IV. Versuche jenseits von Gesang und Musik
Film(e) und Fernsehen
Erfolgreiche Gesangskünstler wurden im Amerika der 60er Jahre recht schnell von Hollywood entdeckt (vgl. etwa die Karriere
von Elvis Presley, der in etwa zwölf Jahren in rund 30 Filmen mitgewirkt hat, ebenso Barbara Streisand). So ist es nicht
verwunderlich, dass Pat Boone in einer ganzen Reihe von Filmen mitwirkte, wobei die Verfilmung des eindrücklichen
Bestsellers "Das Kreuz und die Messerhelden"(3) - ein lesenswerter Erlebnisbericht des pfingstkirchlichen Pastors David
Wilkerson, der gegen Ende der 50er Jahre eine beachtliche seelsorgerliche Arbeit unter Drogenbanden und -abhängigen
begann. Pat Boone spielte in dem 1970 unter der Regie von Don Murray gedrehten und produzierten Film Pastor David
Wilkerson selbst. Allerdings hat Pat Boone bereits vor seiner Entdeckung durch Hollywood in den Jahren 1957 bis 1960 in
Fernsehserien mitgewirkt; das war jene Zeit, als er musikalisch noch auf seinem (frühen) Höhepunkt stand.
Völlig fachfremd bei Chevrolet und General Motors
Bildeten Engagements bei Film und Fernsehen wohl einen Wechsel, so blieb Pat Boone damit doch innerhalb des weiten
Feldes der Kunst und teilte überdies das Schicksal so manches erfolgreichen amerikanischen Sangeskünstlers. Musik und
Film gingen eine sich gegenseitig befruchtende und ergänzende, auch in finanzieller Hinsicht einträgliche Symbiose ein.
Doch dann wurde Pat Boone von der amerikanischen Fahrzeugindustrie entdeckt und als Werber der Marke Chevrolet
eingesetzt, einer Firma, die zum Fahrzeug-Großkonzern General Motors (GM) gehört. Aus dieser Zeit ist er bis zur
Gegenwart noch so manchem bekannt, wiewohl das inzwischen lange zurückliegt. Doch es entsteht bei Pat Boone der sicher
kaum falsche Eindruck, dass sich Kunst und Geschäft, Inspiration und eher monetäre Interessen nicht so recht zur Deckung
und in Einklang bringen lassen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn er nach derartigen Ausflügen bald wieder zu seinen
Wurzeln zurückkehrte.
V. Der Weg zurück zur Berufung - Passion und Profession
Spiritual und Gospel
Von Anfang an bildeten geistliche Lieder einen wesentlichen Bestandteil des gesanglichen Repertoires Pat Boones, der sich
als "born again" bezeichnet, sowohl was seine Bühnenpräsenz als auch seine zahlreichen Schallplattenaufnahmen anlangt.
Eine ganze Reihe geistlicher Lieder nahm er in den späten 50er Jahren auf, also just zu der Zeit, als er die für ihn besten
Jahre als Idol der Teenager hatte. Dieses Repertoire entwickelte Pat Boone im Lauf der darauffolgenden Jahre weiter.
2008 kam mit "24 Gospel Great. Sweat Hour Of Prayer"(4) eine Sammlung wunderbarer geistlicher Lieder/Songs heraus, die
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 3/7
zum allergrößten Teil aus seiner frühen Zeit als begnadeter Interpret von Spirituals stammen und das sind, was man,
zumindest sofern es bei Pat Boone um den Bereich Gospel und Spiritual geht, als "The Essential" bezeichnen kann.
Darunter so bekannte Lieder wie "Peace in the Valley", "Now the Day is over", "Softley and Tenderly", "Holy, Holy, Holy",
"Amazing Grace" und "The Lord’s Prayer", wobei auffallend ist, dass es sich vielfach um sog. Traditionals handelt.
Bestechend sind sie nach Inhalt und Musik und vor allem in ihrer angemessenen Interpretation durch Pat Boone, wobei die
Begleitmusik sparsam eingesetzt ist, sodass die Stimme mit ihrem herausragenden Timbre und ihrer Leichtigkeit umso mehr
zur Geltung kommt, aufhorchen lässt und besticht.
Als der berühmte Musikevangelist George Beverly Shea (geb. 1909), der als Sänger über Jahrzehnte den Evangelisten Billy
Graham auf dessen "Evangelisationskreuzzügen" begleitet hat, seinen 100. Geburtstag begehen konnte, schrieb ihm Pat
Boone neben einigen anderen (z.B. Sir Cliff Richard, Jessy Dixon und George Hamilton IV)(5) einen lobenden
Gratulationsbrief, in welchem er die große Bedeutung Sheas für Spirituals und Gospels heraushob.
Eine kleine persönliche Reminiszenz erscheint hier angebracht. Ich hatte zu Pat Boone, der bereits seit vielen Jahren in Los
Angeles lebt, brieflich Kontakt aufgenommen. Fast auf den Tag genau zwei Wochen später bekam ich Antwort. Er sandte
mir, mit einem Silberstift von ihm signiert, sein Bild. Dieses zeigt den alternden Sänger in seinem Element - bei einem
Auftritt. Und er legte ein kleines gedrucktes Grußwort bei: "Help My Unbelief. A letter to a friend from Pat Boone." Es ist fast
ein evangelistisches Traktat, sehr persönlich gehalten: Pat Boone benennt, was ihm der Glaube an Jesus bedeutet und lädt
zu eben diesem auch die Leser ein. Man erfährt aus seinem Leben. So hat sich gerade bei den Arbeiten zum Film "Das
Kreuz und die Messerhelden" (1970) sein Glaube an Jesus seinen Angaben zufolge vertieft. Selbst dann, wenn man des
Englischen nicht so mächtig ist, um alles auf das erste Mal zu erfassen, so ging mir doch sogleich auf, wie man
Entscheidendes mehr intuitiv als rational erfasst: Hier schreibt ein von Jesus und dessen Geist Ergriffener; sein Zeugnis
nehme ich ihm ab und an. Pat Boone ist eben mehr als nur der geniale, begnadete Sänger; er ist im selben, wenn nicht gar
höherem Maße der Zeuge Jesu Christi, der ergriffen ist von dem, von dem er singt; er ist überzeugender weil selbst
überzeugter singender Zeuge des Herrn.
Familienengagement
Geheiratet hat Pat Boone Shirley Lee Foley, eine Tochter des einst bekannten Country-Sängers Red Foley. Dem Ehepaar
wurden vier Töchter geschenkt. Zusammen tourte die Familie als Gesangsformation durch die Staaten und trug Gospels vor.
Er selbst hatte eine lange Karriere als Solo-Künstler, die von Mitte der 50er Jahre bis in unsere Zeit andauert, wobei gerade
seine Gospel-Alben Beachtung verdienen. So kommt zu seinen Auftritten mit der Familie eine Anzahl von Solo-Aufnahmen
mit Gospel-Songs, deren 20 wichtigste auf dem oben benannten Tonträger sich vereinigt finden. Dazu treten solche, die er
zusammen mit seiner Familie aufnahm. Selbst bei seinen "Einsätzen" als Entertainer waren teilweise seine Frau und seine
Töchter beteiligt. Und wiederum, wie bereits früher, als er zum Schauspieler für Film und Fernsehen avancierte, kam er noch
einmal in die Medien. Er mutierte zum Moderator einer eigenen Fernseh-Sendung mit dem Titel "Gospel America" auf Trinity
Broadcasting.
"Säkulare" Musik
Freilich, Pat Boone war und ist nicht nur Evangeliumssänger. Auch in späteren Jahren hat er sich, etwa in den ausgehenden
70ern, der Country-Musik zugewandt und eine Anzahl säkularer Country-Hits sowohl als Single als auch auf Alben
veröffentlicht. 1997 brachte er säkulare Hits unter der Bezeichnung "The Very Best of Pat Boone"(6) heraus. Und während all
dieser Zeit hat er neben seinen geistlichen Liedern von der Liebe gesungen: Gott und die Liebe, jene Macht, die so stark ist,
so schön und auch so zerstörerisch und zerbrechlich sein kann - das ist bis heute das Wesentliche der Musik Pat Boones
geblieben. Politische Songs waren für ihn allem Anschein nach ein "garstig Lied". Pat Boone ist Menschenfreund
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 4/7
(Philanthrop) und Christuszeuge. Als solcher versteht er sich selbst.
"The Very Best Of Pat Boone"
Hierbei handelt es sich um 20 Lieder, die sich in besonderer Weise mit dem Sänger verbunden haben; die Mehrzahl sind
langsame Songs, die unter die Haut gehen und auch Gänsehaut verursachen können. Außer den beiden Liedern, mit denen
er im Billboard jeweils Platz 1 erreichen konnte, befinden sich darauf, um nur einige zu nennen, "Love Letters In The Sand",
"I Love You More And More Every Day", "April Love", "Speedy Gonzales", "Tutti Frutti", "Moody River", "Poetra In Motion".
Doch auch auf diesen an säkularen Songs orientieren Tonträger hat es ein Gospel-Song "geschafft": der L. Abernathy-Song
"A Wonderful Time Up There".
VI. "Schwanengesang" oder "Summe"?
Im Alter vom bereits 75 Jahren hat der Ausnahmekünstler noch einmal das Aufnahmestudio besucht und zwölf Love-Songs
aufgenommen, vielleicht als "Letzte Lieder" oder auch als "Schwanengesang" oder gefälliger als "Summe" zu bezeichnen,
doch mit dem immer wiederkehrenden Thema: "die Liebe aber bleibt". Pat Boone selbst hält es für wahrscheinlich, dass die
zwölf Lieder, veröffentlicht unter dem Titel "Near"(7) das Letzte auf Tonträger sein dürfte, das von ihm stammt. Der Titel
"Near" erscheint passend: um menschliche Nähe der Liebe geht es.
Pat Boone, der, wie er selbst schreibt, mehr als 50 Jahre und mehr als je ein anderer Sänger von der Liebe sang, hat zwölf
von ihm geschätzte Songs zum Thema ausgewählt, teilweise recht alte: etwa "More Than You Know" aus dem Musical
"Great Day" von William Rose, Vincent Youmous und Edward Eliscu aus dem Jahre 1929, sowie den Song "Body and Soul"
von John W. Green, Edward Heyman, Robert Sour und Frank Eyton aus den 30er Jahren. Dazu kommt eine Reihe
ursprünglicher Filmmelodien: "Moonlight Becomes You" von Johnny Burk und Jimmy Van Hunsen, "The Look of Love" von
Mack Gordon und Harry Warren, "The Look of Love" von Burt Bacharach und Hal David sowie "What Are You Doing The
Rest of Your Life?" von Michel Legrand, Mardyn und Alon Bergman. Mit diesen Aufnahmen zeigt sich Pat Boone auch über
den möglichen Vorwurf erhaben, er singe lediglich Songs anderer nach, sei aber ansonsten nicht produktiv, denn zwei der
Songs stammen aus seiner Feder bzw. ist er Mitautor: "I Need You" und "Love Who Needs It" (zusammen mit Ike Isaaks).
Als Pat Boone diese Aufnahmen machte (2010), die von David Diggs produziert und orchestriert wurden, war er bereits über
75 Jahre alt. Man merkt es der Stimme an, dass hier nicht mehr ein fast Jugendlicher singt, was für seine Aufnahmen aus
den 50er Jahren zutrifft, sondern ein in die Jahre gekommener Sänger. Die Stimme ist nicht mehr die leichte von einst,
sondern nachgedunkelt, einfach gealtert. Aber sie ist nicht weniger beeindruckend und überzeugend wie ehedem, sondern
eher mehr. Sie klingt intensiver, vielleicht gar gereifter, gerade weil sie brüchiger geworden ist.
Doch betrachten wir die inhaltliche Seite: Es geht, wie gesagt, um die Liebe, verewigt in großartigen Love-Songs aus
mehreren Jahrzehnten. Freilich, menschliche Liebe ist in diesen Fällen gemeint. "The Nearness of You", so der Titel des
ersten der zwölf Songs; dieser hat dem Album vielleicht auch den Namen gegeben. Man würde freilich zu kurz greifen,
beschränkte man diese Nähe einzig und allein auf die menschliche und damit auf menschliche Liebe. Bei Pat Boone, dem
überzeugten Christen, darf man neben der Liebe zum Menschen auch Liebe zu Gott mithören, ganz nach dem Doppelgebot
der Liebe.
Ja, Pat Boone ist in all den Jahren seiner langen Karriere der überzeugte und überzeugende Christuszeuge geblieben. Das
ist das eine, das es zu beachten gilt. Und das andere: Er ist nicht den gerade gängigen und am augenblicklichen und
raschen Erfolg orientierten musikalischen Stilrichtungen und Genres gefolgt. Er hat nicht alles mitgemacht, obschon er
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 5/7
vielseitig und breit aufgestellt war. Aber damit ist er auch nicht zeitbedingt geblieben, sondern in gewisser Weise zeitlos
geworden. Dass er Charakter bewiesen hat, das hat sich bei ihm auf die Dauer ausbezahlt. Somit ist Pat Boone eines der vielleicht wenigen - Vorbilder aus dem weiten Bereich des Entertainments, dessen "Mitglieder" sich doch leider so oft durch
Charakterschwäche und moralische Defizite und Deformationen auszeichnen. Der Charaktermensch und Christuszeuge Pat
Boone vermag m.E. durchaus Vorbild nicht allein für seine Standesgenossen aus dem Entertainment zu sein, sondern auch
in einem ganz allgemeinen Sinn. Es lohnt sich in mehrfacher Hinsicht, seinen Songs zu lauschen. Die Botschaft dieser
"Letzten Lieder", etwas wehmütiger ausgedrückt, seines "Schwanengesangs" oder seiner "Summe" lautet ganz einfach:
"aber die Liebe bleibt".
▸ Walter Rominger
Anmerkungen:
1 Zit. nach: Pearce Marchbank, Mick Farren (Hg.): Elvis Presley. In eigenen Worten, deutschspr. Ausgabe Heidelberg 2000
(Palmyra Verlag), 107). Die Originalausgabe erschien 1977 unter dem Titel "Elvis. In his own words" bei Omnibus Press,
London, © Copyright 1977 & 1994 by Omnibus Press. Um des Zusammenhangs willen sei das ganze Zitat
vermerkt: ""Was halten Sie von Pat Boone?" Ich finde, er ist zweifellos der großartigste Sänger, der zurzeit zu hören ist.
Besonders bei den langsamen Songs. Ich sage das nicht, damit ich selbst als guter Sänger dastehe, ich meine das wirklich
so. Boone hat schon vor mir Platten aufgenommen, und schon damals habe ich seine Platten gekauft" (107).
2 Ebd., 107.
3 David Wilkerson, Das Kreuz und die Messerhelden, deutsche Erstauflage Erzhausen 1963 (Leuchter Verlag), Neuaufl.
2008; engl. Originaltitel: The Cross and the Switchblade. Der Hamburger Fernsehsender BibelTV hat diesen beachtlichen
Film schon des Öfteren gesendet. Die von Wilkerson in New York begonnene Arbeit hat sich bald weiterentwickelt zu "Teen
Challange", die inzwischen international agiert und christliche Jugend- und Suchtkrankenhilfe betreibt.
4 © 2008 IMC MUSIC LTD, Licensed from Intermusic, MCPS.
5 S. Booklet zur Doppel-CD: George Beverly Shea, The Wonder Of It All. 48 classic songs, (p) und © 2010, MCPS,
Jasmine Records.
6 © und (P) 1997 Pegasus/Eagle Rock Entertainment PLC, Licensed from TKO.
7 Pat Boone, "Near", © + (P) 2010, PGL, Los Angeles, THE GOLDEN LABEL, Produced &Orchestrated by David
Diggs.
Deutsches Pfarrerblatt, ISSN 0939 - 9771
Herausgeber:
Geschäftsstelle des Verbandes der ev. Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 6/7
Langgasse 54
67105 Schifferstadt
Alle Rechte vorbehalten, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Deutschen Pfarrerblatts.
Seite 7/7