Skihelme BB_2010_01

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Skihelme BB_2010_01
Sicherheit/Ausrüstung
Skihelme und Unfallprävention
Von Georg Süsskraut
Der schwere Skiunfall des thüringischen
Ministerpräsidenten Althaus Ende 2008
ist uns allen noch in unguter Erinnerung
und hat ein Schlaglicht auf die Risiken
des alpinen Skisports geworfen, insbesondere auf die Frage nach einer Helmtragepflicht. Diese existiert in Deutschland und Österreich bis heute nicht, nur
Italien schreibt für Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre seit 2005 das Tragen
von Helmen vor.
Nach Angaben des DSV sind die Unfallzahlen in Deutschland seit Jahren rückläufig. „Insgesamt vier Millionen Skifahrer gibt
es in Deutschland. 43 000 bis 45 000 BrettlSportler wurden in der Skisaison 2006/07
verletzt, 6 500 davon schwer, ein RekordTiefstand. Die meisten Unfälle, nämlich
85 %, sind übrigens selbst verschuldet.
Kopfverletzungen nahmen im vergangenen
Jahr leicht zu, haben sich aber insgesamt
auf einem niedrigen Niveau eingependelt.
Ihr Anteil lag im vergangenen Jahr bei 10,2
%. Zum Vergleich: Knieverletzungen machten ein Drittel aller Verletzungen aus, Oberarm- und Schulterverletzungen 23,9 %.“
(Quelle: Rheinische Post)
Auch wenn das alpine Skifahren insgesamt sicherer geworden ist, gibt es keinen
Grund, in punkto Kopfschutz andere Maßstäbe anzulegen als bei anderen Sportarten
mit Sturz- oder Kollisionsgefährdung, denn
die meisten tödlichen Pistenunfälle sind
auf schwere Kopfverletzungen zurückzuführen. Nachfolgend einige Unfallbeispiele,
Quelle: www.welt.de/multimedia/archive/00726/Koerperregionen_DW__726936a.jpg
10
von denen sich mit fast gleichlautenden
Texten noch einige mehr aufzählen ließen:
„02.02.2007: Beim Zusammenstoß zweier
Skifahrer in Bruneck in Südtirol ist am Freitag einer der Betroffenen ums Leben gekommen. Bei dem Opfer handele es sich um
einen 64-jährigen Mann aus Baden-Württemberg. Ein 19-Jähriger aus Venetien sei
bei dem heftigen Zusammenprall schwer
verletzt worden. Die beiden Skifahrer waren auf einer Piste in Kronplatz mit hoher
Geschwindigkeit kollidiert. Erst am Mittwoch waren zwei Skiläufer - ein 26-jähriger Belgier und ein 20-jähriger Italiener im Trentino gestorben, als sie auf der Piste
Alpe Alta am Passo Tonale zusammenstießen.“ (Quelle: Focus)
„28.12.2008: Der Crash auf einer Piste im
Salzburger Skigebiet von Mittersill endete
für einen 57-jährigen Mann aus Klings in
Thüringen tödlich. Er war ohne Helm gefahren und erlitt dabei einen offenen Schädelbruch. Kurz nach dem Unfall starb er. Der
19-jährige Mann, mit dem der Thüringer
zusammengestoßen war, hatte einen Sturzhelm getragen und wurde schwer verletzt.
Er musste mit einem Schädelbasisbruch in
ein Unfallkrankenhaus geflogen werden.“
(Quelle: spiegel online)
„04.01.2009: Bei einem Skiunfall in der
Obersteiermark sind am Samstag zwei
junge Skifahrer verletzt worden. Gegen
13.30 Uhr war es im Skigebiet Kreischberg auf der sogenannten Panoramapiste
im Gemeindegebiet Stadl an der Mur (Bezirk Murau) aus bisher unbekannter Ursache zu einer Kollision zwischen den beiden Skifahrern gekommen. Der 24 Jahre
alte Murauer erlitt eine schwere Gehirnerschütterung und eine Fraktur des Mittelhandknochens. Der zehn Jahre alte Deutsche wurde mit dem Hubschrauber Alpin 1
in das LKH Klagenfurt geflogen. Er hatte
bei dem Zusammenstoß eine schwere Gehirnerschütterung davongetragen.“ (Quelle:
Kleine Zeitung Steiermark)
„12.01.2009: Sölden: Skifahrer aus Lörrach bei Zusammenstoß in Tirol schwer verletzt: Bei einer Kollision auf einer Skipiste in
Tirol ist ein 44-jähriger Mann aus Lörrach
schwer am Kopf verletzt worden. Er stieß
am Freitag am Tiefenbachferner in Sölden mit einem 24-jährigen Snowboarder
aus Oberösterreich zusammen. Die beiden
Männer waren zunächst parallel bergab gefahren, bevor sie plötzlich zusammenprallten. Sie trugen nach Angaben der Polizei
keine Sturzhelme.“ (Quelle: Südkurier)
Testsieger des Vereins für Konsumenteninformation Wien (Bericht veröffentlicht von Stiftung Warentest): Skihelm „Casco Powder“
(Quelle: http://static.rp-online.de/layout/showbilder/49060-9_Casco_Powder_FF)
Was ist beim Kauf von Ski- und
Snowboardhelmen zu beachten?
Anfang 2008 veröffentlichte die Stiftung
Warentest einen Testbericht des Vereins für
Konsumenteninformation, Wien, in dem 15
Modelle bewertet wurden. Testsieger war
der Casco Powder, gefolgt von den Modellen
Head Stratum und Scott Biomex. Insgesamt
wurden 6 Helme mit gut und die übrigen 9
mit befriedigend bewertet. Die Testergebnisse im Überblick findet man im Internet
unter der Adresse: http://www.test.de/themen/freizeit-reise/test/-Ski-und-Snowboardhelme/1609358/1609358/1612051/
Ganz aktuell stellt der ADAC in der ADACMotorwelt Heft 11/2009 die Ergebnisse
eines Tests mit ebenfalls 15 Helmen vor.
Testsieger war der Alpina Grap, insgesamt
wurden 10 Helme mit gut, 4 mit befriedigend und einer mit mangelhaft bewertet.
Unter den 10 mit „gut“ bewerteten Helmen,
die bei rund 100 € starten, findet sich auch
ein 40 €-Exemplar, der „Kronos“ von Walser. Die Testergebnisse findet ihr außer im
Heft auch auf der Website des ADAC unter
http://www.adac.de/skihelmtest.
Weiter gilt es beim Kauf zu beachten,
dass Helm und Skibrille zueinander passen müssen, damit beide richtig sitzen. Der
Kinnriemen sollte fest sitzen, so dass gerade
noch ein Finger unter das Kinn passt. Sinnvoll ist auch ein Test, ob sich das Schloss mit
Handschuhen öffnen und schließen lässt.
Helme sollten außer beim Gebrauch
nicht unnötig der Sonne ausgesetzt sein,
da UV-Licht und Hitze das Material altern
lassen. Ab einer gewissen Gebrauchsdauer
(ca. 5 Jahre) sollte der Helm wegen Materialermüdung gewechselt werden. Nach
einem schweren Unfall den Helm bitte nicht
Berliner Bergsteiger 01/2010
Sicherheit/Ausrüstung
weiterverwenden, da auch nicht sichtbare
Schäden zu einem Nachlassen der Dämpfung führen können.
Auf dem Helm muss die Kennzeichnung
CE EN 1077 zu sehen sein. DIN EN 1077 ist
eine europäische Norm für Ski- und Snowboardhelme. Helme nach dieser Norm erfüllen bestimmte Sicherheitsanforderungen an Aufbau und Material. Unterschieden
wird zwischen Halbschalen- und Vollschalenmodellen - bei letzteren ist die Hartschale bis über die Ohren heruntergezogen.
Wegen des verbesserten Verletzungsschutzes sind für Kinder und Rennsportler Vollschalenhelme sinnvoll. Ein guter Helm besitzt ein ausreichendes Isolationssystem
gegen Kälte und eine gute Luftzirkulation,
sein Kinnriemen muss leicht verstellbar sein
und er sollte das Hörvermögen des Trägers
möglichst wenig beeinflussen.
Testsieger beim ADAC: Skihelm „Alpina Grap“
(Quelle: http://static.rp-online.de/layout/fotos/
457x325/49060-1_Alpina_Grap_FF.jpg
Prävention
Auch die beste Sicherheitsausrüstung
ersetzt natürlich nicht die Unfallprävention durch entsprechende Vorbereitung und
das Einhalten bestimmter Verhaltensregeln
(FIS-Regeln). In Italien kennt man zusätzlich zu den 10 Regeln der FIS (Fédération
Internationale de Ski) auch ein spezielles
und in Europa einmaliges Pistengesetz, dessen Einhaltung von einer Pistenpolizei auf
Skiern überwacht wird. Weiterhin gelten
auf Italiens Pisten noch zusätzliche Vorschriften: die Vorfahrt für Skifahrer, die von
rechts kommen und das Verbot von Fußgängern auf der Piste. Nachstehend die
„10 FIS- Verhaltensregeln“:
1. Rücksichtnahme auf die
anderen Skifahrer und Snowboarder
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss
sich so verhalten, dass er keinen
anderen gefährdet oder schädigt.
2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss
auf Sicht fahren. Er muss seine
Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
3. Wahl der Fahrspur
Der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder muss seine Fahrspur
so wählen, dass er vor ihm fahrende
Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet.
4. Überholen
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber
immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer oder Snowboarder für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren, Anfahren und
Hangaufwärts-Fahren
Jeder Skifahrer und Snowboarder, der
in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangauf-
wärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten
vergewissern, dass er dies ohne Gefahr
für sich und andere tun kann.
6. Anhalten
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss
es vermeiden, sich ohne Not an engen
oder unübersichtlichen Stellen einer
Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter
Skifahrer oder Snowboarder muss eine solche Stelle so schnell wie
möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abstieg
Ein Skifahrer oder Snowboarder, der
aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss
den Rand der Abfahrt benutzen.
8. Beachten der Zeichen
Jeder Skifahrer und Snowboarder muss
Markierungen und die Ausschilderun-
gen beachten.
9. Hilfeleistung
Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und
Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht
Jeder Skifahrer und Snowboarder,
ob Zeuge oder Beteiligter, ob
verantwortlich oder nicht, muss im
Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.