Der Straßenkreuzer wird volljährig - Stadtleben

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Der Straßenkreuzer wird volljährig - Stadtleben
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Der Straßenkreuzer wird volljährig
Soziales Projekt hat sich bewährt - Anspruch ist über all die Jahre gleich geblieben - 19.07. 07:00 Uhr
NÜRNBERG - Endlich 18! Die ehrenamtlichen Geburtshelfer des Straßenkreuzers können stolz sein: Das Sozialmagazin wird im November volljährig – und feiert das
Jubiläum so, wie man es erwartet: mit einer Benefizaktion für jene, die Hilfe brauchen – minderjährige Flüchtlinge, die ohne Begleitung in Nürnberg leben.
Auch wenn sich die Aufmachung des Straßenkreuzers im Lauf der Jahre etwas verändert hat, ist das Konzept doch gleich
geblieben: Ehrenamtliche erstellen das Sozialmagazin, das Arme und Bedürftige daraufhin auf der Straße verkaufen.
Foto: Horst Linke
Die Wiege steht mit mindestens einem Bein fest in der NZ. 1994, es waren gerade die ersten Straßenzeitungen in München und Hamburg erschienen, fand sich auch in Nürnberg
eine Gruppe engagierter Autoren zusammen. Mit viel Herzblut und großem Einsatz entwickelten damals Sozialarbeiter, Politiker und eben Journalisten – darunter etliche
Redakteure der NZ – ein ganz eigenes Nürnberger Konzept, basierend auf sehr viel Ehrenamt.
Inzwischen arbeiten sehr viele freiwillige Journalisten und Fotografen mit, darunter nach wie vor etliche Wort- und Bildredakteure der Nürnberger Zeitung. Hinzu kommen dutzende
unentgeltliche Mitarbeiter für Büro- und Vertriebsarbeiten und natürlich rund 50 Verkäufer – Wohnungslose und Bedürftige, die das Heft in Nürnberg, Erlangen und Fürth verkaufen
und damit ihr winziges Einkommen etwas aufbessern.
Der soziale Anspruch ist über all die Jahre gleich geblieben. Auch das Ursprungskonzept des gemeinnützigen gleichnamigen Vereins Straßenkreuzer hat sich mehr als bewährt. So
konnten die Initiatoren in der Vergangenheit immer weitere Projekte aufnehmen: Etwa spezielle Straßenkreuzer-Führungen, die Interessierte in karitative Einrichtungen führen und
somit einen Blick auf Nürnberg quasi von unten ermöglichen.
Auch die Straßenkreuzer Uni hat sich innerhalb von gerade einmal zweieinhalb Jahren zu einem bereits vielfach ausgezeichneten Prestigeobjekt entwickelt. Aus gutem Grund: Die
Vorlesungsreihe trägt Bildung zu den Menschen, die in Wärmestuben und Obdachlosenheimen zu Hause sind – weit weg von Hörsälen und Volkshochschulen. Die Liste der
Referenten ist lang – und honorig: Politiker wie OB Ulrich Maly oder der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser haben an der ungewöhnlichen Reihe ebenfalls teilgenommen
wie Finanzexperte Wolfgang Gerke oder der neue evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm.
Jedes Halbjahr sieht das Vorlesungsprogramm auch Ausflüge und Exkursionen vor. In diesem Sommersemester – das
heute offiziell zu Ende geht – stellte einen Höhepunkt ein Besuch im Verlagshaus Nürnberger Presse dar. „Die Resonanz
auf das Angebot, hinter die Kulissen einer Zeitung zu blicken, war riesig“, sagt Mitorganisatorin Barbara Kressmann.
Deshalb konnten viele Anmeldungen nicht mehr berücksichtigt werden. Aber rund 20 Straßenkreuzer-Verkäufer und
Mitglieder der Schreibwerkstatt, die einen der begehrten Plätze ergatterten, kamen an diesem Abend aus dem Staunen
nicht mehr heraus.
Schon die Einführung in die Geheimnisse des Redaktionsalltags – die NZ-Chefredakteur Raimund Kirch als eine Art
Pressekonferenz präsentierte – traf bei den Teilnehmern ins Schwarze: „Wie kommt eine Nachricht in die Zeitung?“, „Wer
schreibt die Texte?“, „Was kommt auf die Seite eins?“ und „Warum heißt die NZ in Fürth nicht Nürnberger, sondern
Nordbayerische Zeitung?“, wollten die Gäste wissen. Kirchs Antworten provozierten bei den Anwesenden meist sofort
neue Fragen, zum Beispiel nach dem spätesten Redaktionsschluss und dem Drucktermin. Die endgültige Produktion
konnte die Gruppe schließlich bei einem Gang durch die Rotation mit eigenen Augen bewundern – zum Abschluss gab es
für jeden Einzelnen die frische Ausgabe eine zur NZ gehörenden Heimatzeitungen.
Solche Highlights machen die Erfolgsgeschichte des Straßenkreuzers mit aus. Das findet auch Chefredakteurin Ilse Weiß:
„Wir haben es geschafft“, meint die Journalistin, „wir kommen ohne sichere Zuschüsse und feste Töpfe aus.“ Der Verein
habe sich mitsamt seinen Projekten etabliert, das Magazin erfreue sich einer großen Beliebtheit.
Die Straßenkreuzer Uni zu Gast in der NZ: Redakteurin Maja
Kolonic und Chefredakteur Raimund Kirch (ganz rechts) führten
die Gruppe in die Geheimnisse der großen Nachrichtenwelt ein.
Foto: Sharon Chaffin
Deshalb ist für Weiß gerade der 18.Geburtstag ein besonderer Grund zum Feiern: „Der Straßenkreuzer ist erwachsen geworden, ein Stück reifer und selbstständiger.“
Nun sei der Verein in der Lage, auch anderen zu einem eigenständigen Leben in Würde zu verhelfen: jungen minderjährigen Flüchtlingen, die ohne Begleitung in Nürnberg leben.
Der Künstler Jean-Francois Drozak wird die Weihnachts-Benefizaktion wie bereits 2011 koordinieren: „Das ist unser Geburtstagsgeschenk“, sagt Weiß, „an Menschen, die es
brauchen.“
Der Straßenkreuzer widmet die November-Ausgabe ebenfalls seinem 18.Geburtstag. Darin berichten u.a. 18-Jährige über ihr Leben.
Sharon Chaffin
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23.07.12 16:41

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