Projektbeschrieb Jugendarbeit Viamala, Thusis
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Projektbeschrieb Jugendarbeit Viamala, Thusis
Anhang Projektbeschrieb Jugendarbeit Viamala, Thusis Projektort Gemeinde Thusis und umliegende Gemeinden, Kanton Graubünden Projektthema Aufbau einer regionalen Jugendarbeit, Jugendräume erobern Projektleitung Vorstand Verein offene Jugendarbeit Viamala: ca. 12 Personen aus verschiedenen Bereichen (Gemeinderat, Kirche, Eltern, Bevölkerung) Organisation Verein offene Jugendarbeit Viamala, Thusis Beteiligte Jugendliche Bei der Bedürfnisformulierung, 2. Etappe: aktiv ca. 40 Jugendliche (insgesamt bis zu 70 Jugendliche) Bei der Weiterbearbeitung, 3. und 4. Etappe: aktiv ca. 15 Jugendliche Zeitraum: Herbst 2001 bis Frühling 2004, 2,5 Jahre 1. Etappe: Herbst 2001 bis April 2002 2. Etappe: Mai/Juni 2002 3. Etappe: Juli 2002 bis Mai 2003 4. Etappe: Juni 2003 bis März 2004 Finanzierung Projektphase Gemeinde Thusis, Evang. Kirchgemeinden Thusis und Masein, Amt für Kultur Graubünden, pro juventute, funtasy projects Finanzierung Pilotphase Gemeinden Thusis, Sils und Masein, pro juventute, Vereinsmitglieder und Gönnerinnen und Gönner, Weitere Durch funtasy projects begleiteter Zeitraum April 2002 bis März 2004 Ausgangslage Thusis ist eine ländliche Gemeinde mit ca. 2‘600 Einwohnerinnen und Einwohnern und befindet sich im Domleschg in der Region Viamala (GR). Die Region umfasst 40 Gemeinden mit einer Gesamtbevölkerung von rund 12‘000 Personen, für die Thusis eine Art Zentrumsfunktion darstellt. Jugendarbeit findet vorab in den Sportvereinen und Verbänden statt. Ausserhalb dieser Angebote gibt es vor dem Projektstart keine professionelle Jugendarbeit, die sich um andere Bedürfnisse der Jugendlichen kümmert. Verschiedene Gruppen von Jugendlichen nutzen den Bahnhof Thusis als Treffpunkt der Region und bilden Jugendszenen: Man trifft sich dort, wo viele hinkommen (können). Die damit verbundenen Nebenwirkungen (Lärm, Abfall, Wandschmierereien, Konsum von Suchtmitteln, Gewalt) verunsichern die Bevölkerung und stossen nicht auf Akzeptanz. Ziele des Projektes • Erhebung und Analyse der Bedürfnisse der Jugendlichen • Verarbeitung der Erkenntnisse zu einem tragfähigen Konzept • Aufbau und Etablierung eines jugendgerechten Angebotes • Regionale Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden 1 Anhang 1. Etappe Klärung der Situation, Bildung einer Projektträgerschaft Zeitgleich und unabhängig voneinander entwickeln die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Thusis und die politische Gemeinde Thusis Initiativen, um den sich abzeichnenden Problemen mit Jugendlichen rund um den Bahnhof zu begegnen; die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Thusis plant in Zusammenarbeit mit Start Up (einem kantonalen Verein zur Förderung der offenen Jugendarbeit) ein Interventions- und Animationsprojekt zur Situation und Befindlichkeit von Jugendlichen. Die politische Gemeinde Thusis möchte einen Fragebogen an Eltern und Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in Thusis abgeben. Im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten gelangt der Verein Start Up mit einem Unterstützungsgesuch (Coaching, Infrastruktur Bus und Video-Technik, Finanzen) an funtasy projects. Nachdem klar wird, dass die beiden Trägerschaften (evangelische Kirche und politische Gemeinde Thusis) dasselbe Ziel verfolgen, wird das Projekt gemeinsam weiterentwickelt. 2. Etappe Jugendliche formulieren ihre Bedürfnisse und präsentieren sie Die beiden Initiantinnen übernehmen zusammen die Trägerschaft für die von Start Up organisierte Watch-Out-Woche, die zwischen dem 6. und dem 12. Mai 2002 auf der Marktwiese in Thusis stattfindet. Etwa 40 Jugendliche machen bei verschiedenen Workshops mit jugendkulturellen Inhalten (Graffiti, Hiphop, Rap) mit, erarbeiten in Diskussionen Statements zu ihrer Situation in Thusis und präsentieren an einer Schlussvernissage ihre Produktionen und eine Liste mit ihren Bedürfnissen. Die Jugendlichen bemängeln vor allem das Fehlen von Räumen für ihre Freizeitgestaltung. Die rege Beteiligung der Jugendlichen zeigt ihr grosses Interesse und Engagement für diese Sache. Fünf Medienhäuser berichten im Vorfeld und im Anschluss über die Projektwoche (einschliesslich Lokal-TV). Am 12. Juni 2002 stellen die Jugendlichen ihre Wünsche und Bedürfnisse nochmals einem interessierten, erweiterten Publikum vor. An dieser Präsentation nimmt unter anderen auch der Gemeindepräsident teil. 3. Etappe Das zukünftige Angebot für die Jugendlichen wird ausgehandelt Ab Mitte Juli 2002 treffen sich je eine Gruppe von Erwachsenen und Jugendlichen regelmässig, um das weitere Vorgehen zu planen. Die Arbeitsgruppe der Erwachsenen kümmert sich vor allem um Strukturfragen, erarbeitet ein Leitbild, ein Grobkonzept und ein Budget für die zukünftige Jugendarbeit. Diese Papiere werden der Bevölkerung im November 2002 vorgestellt. Aus dieser Präsentation ergeben sich die Aufträge zur Vereinsgründung und zur Integration der anderen Gemeinden der Region. Region. Die Jugendlichen ihrerseits überlegen, was es aus ihrer Sicht braucht (Räume, Öffnungszeiten) und erörtern und besichtigen verschiedene Möglichkeiten und Standorte. Sie engagieren sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit (Dorffest) und planen einen provisorischen Jugendhausbetrieb, der aber leider nicht realisiert wird. In beiden Gruppen wird parallel gearbeitet, der Austausch findet mittels Vertreterinnen oder Vertretern statt. Dabei engagiert sich neben den Jugendlichen auch ein junger Mann aus der Region als Jugendarbeiter und Vermittler. Er hat schon beim Watch-Out-Projekt mitgewirkt. Da noch keine Finanzen zur Verfügung stehen, kann die Frage der Raumbeschaffung nicht abschliessend geklärt werden. Daher beschliesst die erwachsene Arbeitsgruppe, vorerst die Vereinsgründung und die Finanzbeschaffung in den Vordergrund zu stellen. Mit dem Ziel, möglichst alle Gemeinden der Region zu integrieren, wird mit dem Verein Regio Viamala (Regionalverband) Kon2 Gemeinden profitieren Allen Gemeinden, die an einem Projekt beteiligt werden sollen, muss der effektive eigene Nutzen individuell aufgezeigt werden. Wenn zum Beispiel mit dem Aufbau von regionalen Strukturen in der Jugendarbeit auch ein Imagegewinn der beteiligten Gemeinden möglich ist, sind sie eher zu einer Zusammenarbeit bereit. Anhang takt aufgenommen. Die Regio Viamala sieht jedoch keine Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Es mangelt vor allem an finanziellen Mitteln, aber auch an der Einsicht, was die Jugendarbeit den kleinen Berggemeinden für einen Nutzen bringen könnte. Die Integration anderer Gemeinden ins Projekt gestaltet sich in der Folge als schwierig. Es können konkret nur die Gemeinden Sils und Masein in die Arbeitsgruppe eingebunden werden. Da die Finanzierung das grösste Problem darstellt, wird auch über eine Redimensionierung des Projektes diskutiert. Die Arbeitsgruppe entscheidet jedoch, das Leitbild sowie das Konzept unverändert bei zu behalten und sie als Vision zu verstehen, die Schritt um Schritt verwirklicht werden soll. Erste Priorität hat jedoch ein Jugendraum mit regelmässigen Öffnungszeiten sowie die Gründung des Vereins offene Jugendarbeit Viamala, die am 6. Mai 2003 stattfindet. 4. Etappe Ein neuer Raum und zwei Ansprechpersonen für die Jugendlichen Ein alter Werkhof, mitten im Dorf gelegen und von der Gemeinde Thusis nicht mehr benötigt, wird dem Verein zusammen mit einem Startkapital von CHF 3‘000.- zur Verfügung gestellt. Ab September 2003 wird ein provisorischer Jugendraumbetrieb organisiert. Für die Betreuung wird der – vorher teilweise ehrenamtlich tätige - Jugendarbeiter verpflichtet. Ebenso werden zusammen mit Jugendlichen verschiedene, von der Feuerpolizei verlangte, Umbauten getätigt. Der Jugendraum JAMATA hat ab September 2003 jeweils am Freitagabend geöffnet und wird gut besucht (bis zu 30 Jugendliche). Unterschiedliche Erwartungen des Vorstands und der Jugendlichen, schwache Beteiligung der Jugendlichen am Umbau und Unklarheiten in der Kommunikation zwischen den Beteiligten (Vorstand, Jugendarbeiter, Jugendliche) stellen den Vorstand oft auf die Probe: Gemeinsam wird nach Lösungen gesucht. Zeitgleich geht die Suche nach Finanzen, Mitgliedern und Gemeinden weiter, die sich an der Trägerschaft beteiligen. Gegen Ende des Jahres 2003 kann dank Beiträgen der Gemeinden Thusis, Sils, Masein und der pro juventute ein Budget für das Jahr 2004 erstellt werden. Damit kann die monatliche Arbeitszeit für die Jugendarbeit auf 66 Stunden pro Monat festgelegt werden (was ca. 37 Stellenprozenten entspricht). Da der angestellte Jugendarbeiter nicht die ganze zusätzliche Arbeit leisten kann, wird als zweite Person eine Frau engagiert. Die Aufteilung der Jugendarbeit auf eine männliche und eine weibliche Person wird auch vom Vorstand gewünscht. Ebenso wird die Aufteilung der Arbeitszeit auf Öffnungszeiten, Projektarbeit und Administration festgelegt. Verankerung: Start einer Pilotphase Anfang März 2004 startet die Jugendarbeit Viamala einen 2-jährigen Pilotbetrieb. Projektverlauf, Prozess Eine grosse Schwierigkeit stellt von Anfang an die Finanzierung des Projektes dar. Noch heute sind die unsicheren wiederkehrenden finanziellen Ressourcen für die bezahlte Jugendarbeit, das Fertigstellen der Räumlichkeiten und Anschaffungen ein Problem. Wichtig für den Erfolg des Projektes ist das grosse unbezahlte Engagement der hoch motivierten ehrenamtlichen Erwachsenen. Positiv ausgewirkt hat sich auch die breite Abstützung dieser Personen; sie alle wissen ihr gutes Beziehungsnetz für 3 Persönliche Kontakte Die Nutzung des persönlichen Kontaktnetzes der einzelnen Mitglieder einer Projektträgerschaft machen viel möglich, bei einem vergleichbar geringen finanziellen Mitteleinsatz. Auf der anderen Seite erhalten beteiligte Jugendliche und Erwachsene selbst vielfältige Kontakte, welche Generationen- und Kultur übergreifende Einblicke in unterschiedliche Lebenswelten ermöglichen und damit das gegenseitige Verständnis verbessern. Anhang das Projekt und die Arbeit im Vorstand des Vereins offene Jugendarbeit Viamala zu nutzen. Die Partizipation der Jugendlichen verläuft angesichts der Projektorganisation – zwei separate Arbeitsgruppen mit Erwachsenen respektive Jugendlichen – eher schwierig. Die Erwartungen und Ziele zwischen den Arbeitsgruppen und an die Koordinationsperson werden zu wenig geklärt. Dass es kein Kommunikationsgefäss respektive keine Kommunikationskultur zum Austausch von Erwartungen, Bedürfnissen, Ängsten und Sorgen gibt, erschwert die direkte Kommunikation zwischen den beiden Gruppen sowie zum Jugendarbeiter und führt zeitweise zu Spannungen. Oft werden auch Erwartungen von den und an die Beteiligten (Jugendarbeiter, Jugendliche) nicht im direkten Gespräch ausgesprochen. Das grosse Engagement der ehrenamtlich tätigen Erwachsenen führt auch gegenüber den Jugendlichen zu hohen Erwartungen an deren Engagement und Tempo bei der Umsetzung von Aufgaben und Arbeiten. Für die Führung von Projektprozessen (Projektleitung, Sitzungsleitung sowie partizipative Arbeit mit Jugendlichen) sowie für den Aushandlungsprozess insbesondere mit Jugendlichen fehlt es teilweise auch an Know-how. Durch das grosse Engagement für die Sache gelingt es jedoch immer wieder allen Beteiligten, Wege und Umwege zu finden, den Prozess – wenn auch etwas verzögert – konstruktiv weiter und zum Erfolg zu führen. Die Jugendlichen sehen das grosse unentgeltliche Engagement der Erwachsenen für ihre Sache und fühlen sich mit ihrem Anliegen nach einem betreuten Jugendhaus ernst genommen. Einzelne Aktionen wie der «Tag der offenen Tür» werden von den Jugendlichen weitgehend allein organisiert, was sie in ihrem Selbstvertrauen und Auftreten bestärkt. Das Tempo während der vierten (Umsetzungs-) Etappe erscheint den Jugendlichen zu langsam. Die Fortschritte werden nicht sichtbar, was die aktiven Jugendlichen demotiviert. Es ist schwierig, andere Jugendliche zur Mitarbeit zu motivieren, zumal die Arbeiten in den Wintermonaten anfallen, die von den Jugendlichen in Skigebieten traditionell vor allem für Aktivitäten im Wintersportbereich genutzt werden. Zudem sind die Anforderungen auch bezüglich Engagement und Zeitinvestition für unattraktive Freizeitarbeiten nach Ansicht der Jugendlichen eher zu hoch. Da die Jugendlichen sich nur unmerklich an den Bauarbeiten beteiligen, wird zwischenzeitlich ein Baustopp für den Dezember 2003 verhängt. Der Vorstand muss einsehen, dass die Initiative für den Weiterbau von den Jugendlichen kommen muss. muss. Bei konkreten Aktionen, an denen sich die Jugendlichen auf der Fun-Ebene einbringen können (Kuchenverkauf, Einrichten der Räumlichkeiten, Werbemassnahmen mit Flyern, Abbrucharbeiten, Graffiti-Aktion, Tag der offenen Tür, Neujahrsparty usw.), beteiligen sie sich in höherer Zahl. Die langwierigen Arbeiten, die wenig sichtbar und mit wenig «Action», dafür umso mehr mit Fleiss verbunden sind, werden nur von sehr wenigen Jugendlichen in Angriff genommen. Die externe fachliche Beratung und Begleitung durch funtasy projects wird von den Beteiligten als wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen des Projektes bezeichnet. Die aussenstehende Beratung bringt Anregungen sowie Lösungsansätze in das Projekt ein und hilft mit, den Prozess in Gang zu halten und die gesteckten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. 4 Verantwortung übernehmen Erwachsene möchten oft alle baulichen Arbeiten bei einem Projekt extern an Fachleute vergeben. Dabei ist es wichtig, dass die Jugendlichen sich eigenverantwortlich für ihren Treffausbau engagieren, auch wenn das möglicherweise viel länger als geplant dauert. Durch das eigenverantwortliche Arbeiten entsteht eine Identifikation mit dem Bauprojekt, und die Jugendlichen werden später auch verantwortungsvoller damit umgehen. Auf der anderen Seite gilt es aber auch zu beachten, das gewisse Arbeiten Sicherheitsbestimmungen unterliegen und nur durch Fachleute erledigt werden dürfen.