Artikel im Luxemburger Wort
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10 I M FO KU S Luxemburger Wort Dienstag, den 5. Juli 2016 Fischerei in Luxemburg In die Ecke gedrängt Fehlende Zugänge, Störenfriede und administrative Hürden erschweren den Anglern ihr Hobby Fischers Fritze fischt viele Fische – das gilt auch für die Angler an Mosel und Sauer. Zufrieden sind sie aber meist nicht mit ihrer Ausbeute. Denn die Schwarzmeer-Grundel erschwert ihnen den Fang „richtiger“ Fische. Doch die Petrijünger plagen noch weitere Sorgen. VON NADINE SCHARTZ Sonntagmorgen 6 Uhr. Noch bedeckt der Nebel die Region. Das Wasser plätschert, die Vögel zwitschern und die Dampfer bahnen sich ihren Weg über die Mosel. An den Ufern suchen die Angler den passenden Platz, um ihrem Hobby nachzugehen. Eine Freizeitbeschäftigung mitten in der Natur, die Gespräche mit anderen Angeln und das Warten auf den großen Biss. Für viele Fischer könnte dies ein perfekter Tag werden. Wären da nicht diverse Hürden, die den Anglern ihr Hobby erschweren. Angefangen bei den Zugängen zur Mosel – ein Problem, das sich der Fischerföderation FLPS erst kürzlich im Rahmen der diesjährige „Péiteschfeier“ stellte. „Fast 300 Sportfischer beteiligten sich an dem Wettbewerb. Allerdings hatten wir Schwierigkeiten damit, alle Teilnehmer überhaupt an den erlaubten „ Ich werde nicht zulassen, dass wir von jenen, die Tiere töten, aufs Eis geführt werden.“ FLPS-Präsident Jos. Scheuer Orten aufzustellen“, sagt Verbandspräsident Jos. Scheuer. Nicht etwa, weil sich so viele an der „Péiteschfeier“ beteiligten – die Teilnehmerzahl ist seit Glanzzeiten mit 1 000 Anglern deutlich zurückgegangen –, sondern da die Zugänge u. a. durch die Gestaltung der (neuen) Radwege nicht mehr gewährleistet seien. „Eine Verbindung zwischen Straße, Radweg und Mosel gibt es nicht“, erklärt Scheuer. Und gerade dieses Vorhaben sei aber laut einer schriftlichen Abmachung mit der Straßenbauverwaltung vorgesehen worden, bedauert der Vorsitzende und fügt hinzu: „Wir wurden noch immer in die Ecke gedrängt und, das wird auch weiterhin so bleiben.“ In zwei Stunden 120 Schwarzmeer-Grundeln: Fischer Serge Toussaint bedauert, dass er kaum noch andere Fische an der Hangel hat. Die Schwarzmeer-Grundel – des Anglers Leid Hinzu kommt das Problemkind Schwarzmeer-Grundel, die sich innerhalb kurzer Zeit zum Teil explosionsartig ausgebreitet hat. „Die Grundeln bedecken den gesamten Boden, was sich sowohl negativ auf den Lebensraum als auch auf die Fortpflanzung der heimischen Fische auswirkt“, erklärt Scheuer. 2015 wurden im Schnitt bei einem normalen Preisfischen zwischen 700 und 750 Kilogramm Grundeln geangelt. Auch Sportfischer Serge Toussaint kann ein Liedchen davon siegen: „Erst am Donnerstag hatte ich mit einem Freund innerhalb von zwei Stunden 120 Grundeln im Netz. Andere Fische erwischt man kaum noch.“ Auch am Sonntagvormittag hatte er beim Angeln in der Sauer I M FO KU S Luxemburger Wort Dienstag, den 5. Juli 2016 nicht viel mehr Glück. Fischer Jean Wies ergeht es beim Fischen in der Mosel nicht besser und zieht eine Grundel nach der anderen heraus. „Es sind wahre Plagegeister. Sie sind überall,“ erklärt er. Eine Lösung gegen das hohe Aufkommen gibt es nicht wirklich. Da es sich aber bei der SchwarzmeerGrundel um eine invasive Art handelt, kann sie laut EU-Direktive bekämpft werden – doch das akzeptieren die Sportfischer nicht. „Wir wurden aufgefordert, die Grundeln nicht zurückzusetzen. Stattdessen sollen sie eliminiert werden“, erklärt Scheuer. Aber: „Ich werde nicht zulassen, dass wir von jenen, die Tiere töten, aufs Eis geführt werden. Die Regierung muss eine Entscheidung treffen. Nicht wir.“ Wels hat sich wieder in den Gewässern breitgemacht Wie kompliziert es ist, dieses Problem in den Griff zu bekommen, weiß auch Carole Molitor vom „Service Biologie et Pêche“ im Wasserwirtschaftsamt. „Unser Ziel ist es, die Grundel einerseits auf natürliche Art zu verdrängen und andererseits die einheimischen Arten zu stärken“, sagt sie. Und unterstreicht gleichzeitig, dass man diese kleinen Fische keinesfalls als Köder nutzen sollte, da man diese dann in die heimischen Gewässer einführen und damit dem Lebensraum der heimischen Arten schaden würde. Einen natürlichen Feind der Grundel gibt es allerdings: der Wels. In den vergangenen Jahren hat dieser sich nämlich wieder in den heimischen Gewässern breitgemacht. Teilweise werden Exemplare von bis zu zwei Metern aus der Mosel gezogen. Dieser Raubfisch frisst alles, was ihm in den Weg kommt – sogar Enten werden ihm zum Opfer. „Da der Wels sich ebenfalls nah am Gewässergrund aufhält, könnte er so auch langfristig zum Gleichgewicht beitragen“, sagt Carole Molitor. Und dann wäre da noch das Sorgenkind Kormoran, dass den Bestand der Fischbevölkerung seit Jahren im Winter mancherorts regelrecht dezimiert. Eine Strategie dagegen sei laut Jos. Scheuer kaum möglich. Unter anderem aus diesem Grund fordert die FLPS eine Bereicherung des Besatzes u. a. in der Sauer. Der Fluss, der als Barbengewässer ausgewiesen ist, soll mit Forellen und Äschen bereichert werden, um den Schäden durch die Kormorane entgegenzuwirken. Doch gerade in puncto Besatzung in der Sauer laufen derzeit noch Gespräche in der internationalen Grenzkommission. Bis dato lag die Besatzung nämlich ausschließlich in Luxemburger Hand. Diese Maßnahme soll nun überarbeitet werden. „Unser Ziel ist es langfristig ein Gleichgewicht zwischen den ökologischen Gegebenheiten, den Fischen und dem Zustand der Gewässer herzustellen und dabei den Interessenbereich der Fischer zu respektieren“, erläutert Carole Moltor. Auf administrativer Ebene müssen die Fischer aber bereits vor der Ausübung ihres Hobbys einige Hürden überwinden. Nach der Abschaffung der Distriktskommissariate ist der Angelschein nämlich beim Wasserwirtschaftsamt und dem Umweltministerium erhältlich. Auch einige Gemeinden bieten den Schein an. Doch vorher muss der Antragsteller je nach Typ des Angelscheins einen Beleg, dass er die betreffende Summe eingezahlt hat, vorweisen (siehe nebenstehenden Kasten). „Der Antrag ist mit einem solch administrativen Aufwand verbunden, der nicht dessen wirklichem Wert entspricht“, sagt Scheuer. Im Ausland funktioniere dies ohne viel Aufwand: Über das Internet füllt man ein Formular aus, zahlt die Gebühren mit der Kreditkarte, schickt das Formular ab und erhält daraufhin seinen Schein. „ Unser Ziel ist es, die Grundel auf natürliche Art zu verdrängen und die einheimischen Arten zu stärken.“ Carole Molitor, Wasserwirtschaftsamt Der FLPS-Präsident bedauert in diesem Zusammenhang, aber auch dass das Geld, das durch die Ein- nahmen der Angelscheine in den Spezialfonds nicht dazu genutzt wird, um für die Fischerei zu werben. Überhaupt fordert er diesbezüglich ein Umdenken: „Ich bin der Überzeugung dass das Fischen einen wichtigen sozialen, ökonomischen und ökologischen Impakt hat. Deshalb muss auch die Regierung erkennen, dass eine nachhaltige Fischerei Sinn macht.“ Und genau dies könne man für den Tourismus nutzen – insbesondere deshalb, weil Luxemburg in puncto Fischerei vieles zu bieten habe. Hierbei spiele denn auch die Schaffung einer „Maison de la Pêche“ eine wichtige Rolle, ein Wunsch, den Scheuer bereits mehrmals öffentlich geäußert hat. „In das neue Biodiversum in Remerschen hätte man auch die Bereiche Aquaflora und Aquafauna integrieren können“, bedauert er. Die Hoffnung, dass diese Idee (vielleicht andernorts) einmal Realität wird, bleibt bestehen. Etwas Geduld ist gefragt. Wie beim Fischen. 11 Die Störenfriede Eine Invasion: In den vergangenen Jahren hat die Schwarzmeer-Grundel sich dermaßen in den heimischen Gewässern verbreitet. Sie bedecken den gesamten Boden, was sich negativ auf den Lebensraum der heimischen Fische auswirkt. (FOTO: NADINE SCHARTZ) Ein gefräßiger Fischjäger: Der Kormoran schafft es gerade in den Wintermonaten den Fischbestand deutlich zu dezimieren. Täglich verschlingt er bis zu 500 Gramm Fisch. (FOTO: MARC GENGLER) Nicht ohne gewisse Regeln Ohne Erlaubnis kein Angeln In Luxemburg wird zwischen der Fischerei in den Binnengewässern und der Fischerei in den Grenzgewässern mit Deutschland unterschieden. Vorschriften für die Fischerei in den Grenzgewässern mit Deutschland: Betroffen ist die Moselregion von Schengen nach Wasserbillig, die Sauergegend von Wasserbillig nach Wallendorf sowie die Our von Wallendorf nach Lieler (inklusive Stausee bei Vianden). Angler über 14 Jahre alt sein, müssen über einen Angelschein verfügen. Wer jünger ist, braucht zwar keinen Schein, muss aber in Begleitung einer Person mit Erlaubnis sein. n Der Angelschein ist erhältlich bei der „Administration de l’enregistrement et des domaines“ oder in verschiedenen Gemeinden. Hier sind nur ein Ausweis und ein Foto nötig. In puncto fischen, darf in Sauer und Our pro Person nur eine Handangel verwendet werden, in der Mosel hingegen zwei. Die Handangeln müssen unter ständiger Aufsicht des Fischers bleiben. Hinzu kommen diverse Verbote: Laut Vorschriften dürfen die Petrijünger „nicht mehr als drei Salmoniden (Forellen, Äschen) und einen Hecht pro Tag fangen“, das Reißen der Fische, die Watfischerei sowie das „Ködern mit gebietsfremden Fischarten sowie Krebsen, Kaulquap- pen, Fröschen, Fischeiern oder gefärbten Maden und das Anfüttern mit gefärbten Maden“. Daneben darf nicht in der Nacht geangelt werden. Vorschriften für die Fischerei in den Binnengewässern: Unterschieden wird zwischen den öffentlichen Gewässern (der Stausee von Esch/Sauer und die die Sauer von der Alzette-Einmündung bis zur Einmündung der Our bei Wallendorf) sowie die verpachteten Gewässer. In puncto Alter und Angelschein gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Fischerei in den Grenzgewässern (ab 14 Jahre gilt die Angelscheinpflicht). n Anders hingegen sieht es beim Angelschein aus: Für die Fischerei in den Binnengewässern werden diese von den einem Großteil der Gemeindesekretariate sowie beim Wasserwirtschaftsamt in Diekirch ausgestellt. Der Antragssteller braucht hier allerdings zuerst eine Quittung von der „Administration de l’enregistrement et des domaines“, damit er vorweisen kann, dass die Gebühr bezahlt wurde. Je nach Gebiet variieren die Vorschriften bezüglich der Anzahl der Angeln und der erlaubten Fänge. Auch hier darf in der Nacht nicht geangelt werden. Dies gilt vom 1. Oktober bis 31. März von 19 bis 7 Uhr und vom 1. April bis 30. September von 23 bis 5 Uhr. Die beliebten Angelplätze entlang der Mosel sind derzeit nur noch schwer zugänglich. (FOTOS: NADINE SCHARTZ)