Parfum Angel cumarin

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Parfum Angel cumarin
Patientinnen-Information
„Angel“ von Thierry Mugler
Dick aufgetragen können Parfüms eine Plage sein, das können viele Menschen sofort aus eigener
Erfahrung bestätigen. Sie stinken einfach, wie mancher sagt. Doch mangelnder Wohlgeruch ist nicht
alles. Einige der Duftwässerchen rauben einem regelrecht die Sinne, verursachen Kopfschmerzen,
Schwindel und lassen einen keinen klaren Gedanken mehr fassen. Dass solche Reaktionen durch die
Chemikalien in so manchem Parfüm verursacht werden, ist leicht nachvollziehbar, wenn man sich die
Inhaltsstoffe anschaut. Nicht schlecht gestaunt habe ich dennoch, als ich eine Pressemitteilung der
amerikanischen Stiftung National Toxic Encephalopathy Foundation (NTEF), die sich für Menschen
mit toxisch bedingten Hirnschäden einsetzt, bezüglich des Parfüms „Angel“ von Thierry Mugler
zugeschickt bekam. (1) Demnach ist manches Parfüm nicht nur „dick aufgetragen“ eine Gefahr.
Parfüm nur noch auf Verordnung in der Apotheke?
„Angel“ zu Deutsch Engel, enthält das toxikologisch relevante Cumarin. Cumarin ist laut der
Gefahrstoffverordnung mit dem Andreaskreuz als gesundheitsschädlich gekennzeichnet.
Cumarinderidivate werden als sehr wirksames Rattengift vertrieben. In geringerer Dosierung wird
Cumarin als hochpotentes Herzmedikament eingesetzt. Natürlich kein Medikament, das man ohne
ärztliche Verschreibung erhält wie Halsschmerzpastillen, sondern eines, was nach ganz präziser
Diagnostik in einer wohlüberlegten Dosierung verordnet wird. Die Stiftung NTEF sieht genau hier
eine Gefahr für Benutzer des cumarinhaltigen Parfüms. Sie fordert durch eine Petition die
Reglementierung von „Angel“ und dass es als Medikament eingestuft wird. Außerdem soll der Import
wegen zahlreicher Verletzungen der amerikanischen Importbestimmungen beendet werden.
Parfüminhaltsstoffe im Nebel der Verschwiegenheit
Bis vor einiger Zeit waren die Inhaltsstoffe von Parfüms völlig unbenannt, angeblich um
Nachahmungen zu verhindern. Mancher unbedarfte Verbraucher mag es glauben. Doch die Realität
sieht anders aus, denn mit wenig Mühe und relativ geringem finanziellen Aufwand kann eine
Laboranalyse eines Parfüms erstellt werden und nicht lange danach könnte es in Kopie auf dem Markt
sein. Neuen gesetzlichen Regelungen ist es zu verdanken, dass nun wenigstens einige von mehreren
Tausend im Einsatz befindlichen Inhaltsstoffen angegeben werden müssen. Allerdings nur dann,
wenn sie einen bestimmten Prozentsatz überschritten haben, was für Extremallergiker immer noch
keinen umfassenden Schutz bedeutet. Eine leichte Verbesserung bestenfalls, denn vormals bestand
überhaupt keine Pflicht, Inhaltsstoffe zu deklarieren. Im Fall von „Angel“ habe der Hersteller einige
Jahre lang nur wenige Inhaltsstoffe bekannt gegeben, berichtet die Stiftung, doch jetzt kamen weitere
hinzu, unter anderem das besagte Gift Cumarin.
Parfüm verstößt gegen Gesetze
Die Petition, die an die amerikanische Behörde für Arzneimittelzulassung FDA gerichtet ist, verweist
im Fall des Parfüms auf über 10 Verstöße des Kodex der Vereinigten Staaten und des Kodex für
staatliche Vorschriften, sagte die Präsidentin des NTEF, Angel de Fazio aus Las Vegas. Gerade habe sie
der FDA auf deren Bitte noch eine fehlende Angabe zukommen lassen, die Ermittlungen sind also
angelaufen.
Parfüm – Gefahr für Kranke
„Ein potentielles Gesundheitsproblem, das mit dem Parfüm Angel in Zusammenhang steht, besteht im
darin enthaltenen Cumarin“, führt der bekannte Toxikologe mit Spezialgebiet Immuntoxikologie, Jack
D. Thrasher, an. „Cumarin ist eine Vorstufe zum gesetzlich geregelten Medikament Warfarin und wird
von Personen eingenommen, die unter Herzkrankheiten leiden oder bei denen Blutgerinnung fatal
sein kann. Das Parfum enthält auch Ethanol und weitere Chemikalien, die eine Durchlässigkeit der
Haut verstärken, was es dem Cumarin ermöglicht, in den Blutstrom einzudringen. Das verstärkt das
potentielle Risiko für Herzpatienten und auch Personen, die vor einer Operation stehen. Dieser Duft
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ist ein Medikament, was erfordert, dass er neu eingestuft wird, und Restriktionen bezüglich seiner
Verwendung.“
Parfüminhaltsstoffe bedenklich für jeden
Was weiß man in Deutschland über die Gefahr von Cumarin? Eine Menge, denn das Bundesinstitut
für Risikobewertung (BfR) hat sich aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes im
vergangenen Jahr intensiver mit dem nach frischem Heu, Waldmeister oder Vanille riechenden Duftund Aromastoff Cumarin befasst. Von Umweltorganisationen war herausgefunden worden, dass
zimthaltiges Weihnachtsgebäck meist Cumarin in unterschiedlicher Konzentration enthält. Das
Bundesamt für Risikobewertung nahm sich der Angelegenheit an und erstellte eine
Zusammenfassung mit dem Titel: „Verbraucher, die viel Zimt verzehren, sind derzeit zu hoch mit
Cumarin belastet“, über die Gefahren der Substanz (2). „Wegen der gesundheitsschädlichen Wirkung
größerer Mengen – Cumarin kann Leberschäden verursachen – darf Cumarin im Lebensmittelbereich
nur als Bestandteil von Aromen und sonstigen Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften
verwendet werden.“„…Lange bekannt ist zudem, dass Cumarin im Tierexperiment die Bildung von
Tumoren auslösen kann. Nach tierexperimentellen Befunden einer hepatotoxischen Wirkung wurde
1954 zunächst in den USA der Zusatz von synthetischem Cumarin zur Aromatisierung von
Lebensmitteln verboten. Darüber hinaus wird Cumarin als Medikament zur Behandlung insbesondere
von Stauungsfolgen durch venöse (chronische venöse Insuffizienz) und lymphatische (Lymphödem)
Abflussstörungen eingesetzt. Die kanzerogenen Eigenschaften von Cumarin im Tierversuch sind seit
den 1970er Jahren bekannt und haben seitdem zu anhaltenden Diskussionen über die Bedeutung
dieser Ergebnisse für den Menschen und über den zugrunde liegenden Wirkmechanismus geführt.“
Auf Seite 8 und 9 der gesundheitlichen Bewertung des BfR steht über die dermale Aufnahme der
Substanz aus Kosmetika zu lesen: „Im Gegensatz zum Einsatz bei der Lebensmittelherstellung darf
synthetisches Cumarin als Duftstoff in kosmetischen Mitteln ohne Beschränkung eingesetzt werden.
Nach EU-Verordnung 76/768/EWG über kosmetische Mittel (Amtsblatt der EU vom 11.03.2003) muss
Cumarin lediglich ab einer Konzentration von 0,001 % in „Leave-on“-Produkten und ab einer
Konzentration von 0,01 % in „Rinse-off“-Produktion als Bestandteil deklariert werden.“
Wie viel Gift bekommt der Verbraucher täglich?
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hat im Fall von Cumarin ermittelt und führt an: „Bereits
aus einer überschlägigen Betrachtung der Produktionsmenge von synthetischem Cumarin,
umgerechnet auf den pro Kopf-Anteil in der Bevölkerung, wird deutlich, dass die dermale Exposition
nicht unwesentlich ist. Yourick und Bronaugh (1997) berechneten aus einer jährlichen Produktion von
250.000 angelsächsischen Pfund (113,4 t) in den USA bei einer Bevölkerungszahl von 250 Millionen
Menschen eine durchschnittliche tägliche Cumarin- Menge von 1,2 mg pro US-Amerikaner.“ (2) Hier
stutzte ich beim Lesen etwas, denn nicht jeder in der amerikanischen Bevölkerung verwendet
Duftstoffe und selbst wenn, enthalten diese nicht zwangläufig auch immer Cumarin, ergo ist für
Benutzer solcher Cumarinhaltiger Produkte mit wesentlich höheren Werten und somit höherem Risiko
für die Benutzer zu rechnen.
Parfümlobby – Änderungen wären besser als aussitzen
Die Fachzeitung für Parfumeure scheint ihrer ersten Reaktion zufolge recht hilflos zu sein gegenüber
dem „Angriff“ der amerikanischen Stiftung NTEF auf ein erfolgreiches Parfüm. Rat, was zu tun ist,
weiß man nicht und fragt stattdessen die Leser um Vorschläge. (3) Guter Rat ist nicht teuer, ich würde
etwas logisches Denken und Pragmatismus vorschlagen: Zurück zu natürlichen Essenzen, die ungiftig
sind, auch wenn ein Parfüm etwas teurer in der Herstellung ist, denn lebende Kunden kaufen länger.
Autor: Silvia K. Müller, CSN-Chemical Sensitity Network
Literatur: NTEF Presseerklärung, NTEF Petitions the FDA to Have Angel Perfume Declared a Drug,
Las Vegas, NV 89126, 29. Oktober 2007
BfR, Verbraucher, die viel Zimt verzehren, sind derzeit zu hoch mit Cumarin belastet,
Gesundheitliche Bewertung des BfR Nr. 043/2006 16. Juni 2006
Comment: NTEF Attacks Clarins, Perfumer & Flavorist magazine, Okctober 30, 2007
Quelle: http://www.csn-deutschland.de/blog/2007/11/02/parfuem-schlecht-fuer-die-ratte-gut-fuerden-menschen/
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