3sp sept - IHK Bonn/Rhein-Sieg

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3sp sept - IHK Bonn/Rhein-Sieg
Konrad-Adenauer-Airport
will weiter wachsen
Köln/Bonn
fliegt auf Erfolgskurs
Der Flughafen Köln/Bonn
hat die Trendwende
geschafft. Nach den schwierigen Geschäftsjahren 2001
und 2002 geht es wieder
aufwärts. Der Umschwung
kam gegen Ende des Jahres
2002 mit den Billigfluglinien Hapag Lloyd Express
und Germanwings, die die
Passagierzahlen schnell und
deutlich nach oben
steigen ließen. Im ersten
Quartal 2003
verzeichnete der
Airport gegenüber dem Vorjahr
ein Plus an Fluggästen von
knapp fünfzig
Prozent - die
Passagierzahlen
stiegen auf 1,6
Titelthema
Millionen an.
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Die Spitzenposition als deutsches Drehkreuz für Billigflieger sorgt in Köln/
Bonn für die größten Wachstumsraten
unter den deutschen Verkehrsflughäfen. In diesem Jahr sollen die Passagierzahlen auf 7,5 Millionen steigen – ein
Plus von 40 Prozent gegenüber 2002.
Und für die Zukunft (spätestens in
2005) peilt Michael Garvens, kaufmän-
nischer Geschäftsführer des Flughafens, sogar die Zehn-Millionen-Marke
an. Schon heute hat Köln/Bonn bei den
Passagierzahlen Stuttgart überholt und
greift die deutsche Nummer fünf,
Hamburg, an. Im Frachtverkehr liegt
der Köln/Bonner Flughafen nach Frankfurt schon an Position zwei in Deutschland.
DIE WIRTSCHAFT 5/2003
Auch mehr
Langstreckenflüge geplant
Weitere Zuwächse sollen natürlich
zunächst einmal von den Low-CostCarriern kommen. Denn noch haben
die Deutschen Nachholbedarf. Statistisch gesehen fliegt erst jeder 20. Deutsche mit den Billigfluglinien, in Großbritannien ist es jeder Dritte.
Doch auch bei den Langstrecken- und
Kontinentalflügen setzt der Flughafen
auf Wachstum: Ab Mitte Juli wird Iran
Air zwei Mal wöchentlich non-stop
nach Teheran fliegen. Zu den über 80
Zielen, die von Köln/Bonn angeflogen
werden, zählen nun auch Dubrovnik
und Catania. Interessante Langstreckenmärkte sieht Flughafenchef Garvens in China, Südost-Asien, dem Mittleren Osten und in Südafrika.
Doch nicht nur bei den Passagierzahlen
will Köln/Bonn weiter wachsen: Ein
zweistelliger Millionenbetrag in einen
Neubau am Terminals 1 investiert werden. Zwischen dem B- und dem CStern entsteht eine 5.000 Quadratmeter große Glas-Stahl-Halle, die über
DIE WIRTSCHAFT 5/2003
Mehr Restaurants und mehr Shops - das
Angebot im Flughafen soll deutlich erweitert werden
eine transparente Brücke mit dem
Hauptgebäude verbunden sein soll.
Dieser Neubau soll sowohl die Abfertigungskapazitäten als auch das Ladenangebot im Flughafen erweitern. In der
Jahresmitte 2004 soll er dann zeitgleich
mit dem dann fertig gestellten ICE-Bahnhof eröffnet werden.
Positiver Nebeneffekt der Billigflieger: Statt
des ursprünglich befürchteten Verlusts von
4,6 Millionen Euro kommt der Flughafen
in 2002 mit einem blauen Auge, sprich
ohne rote Zahlen, davon. Außerdem wurden 150 neue Mitarbeiter eingestellt. Für
dieses Jahr peilt der Airport einen Gewinn
von drei Millionen Euro an.
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Schönes neues Billigflugangebot? Der Flughafen Köln/Bonn
entwickelt sich zum
neuen Drehkreuz für
die „Low-Cost-Carrier“.
Mit Germanwings,
Hapag Lloyd Express
und der Deutschen BA
fliegen drei dieser sogenannten Billigfluglinien von Köln/Bonn
aus Ziele in Europa an.
I
mmer mehr Ziele bieten die Fluggesellschaften an: Germanwings fliegt
mit Start des neuen Sommerflugplanes
nunmehr 19 statt 11 Zielorte an. Neu
hinzu gekommen sind Bologna, Venedig, Dresden, Prag, Lissabon, Edinburgh, Thessaloniki und Izmir. Ab dem
22. Mai folgt dann Budapest. Hapag
Lloyd Express hat ebenfalls mit Manchester, Marseille, Madrid, Olbia auf
Sardinien, Reus/Barcelona, Rom (Ciampino) und Valencia von sieben auf 14
Zielflughäfen aufgestockt.
Früh buchen, billig fliegen
Doch nur wer früh bucht, kann
billig(er) fliegen. Schon Anfang Februar
hatte Germanwings 300.000 Tickets
für den Sommer 2003 verkauft. Innerhalb von fünf Monaten (Oktober 2002
bis Anfang März 2003) hat Germanwings eine Million Tickets verkauft!
Und je später die Buchung, desto teurer der Preis. Denn die Kalkulation geht
für die Billiganbieter nur bei einem
Durchschnittspreis von 70 bis 80 Euro
Reiseziele
Vom Flughafen Köln/Bonn aus starten die low-cost-carrier zu folgenden
Zielen:
50% mehr Passagiere
im ersten Quartal 2003
Germanwings:
Barcelona, Berlin, Bologna, Budapest
(ab 22. Mai), Dresden, Edinburgh,
Istanbul, Izmir, Lissabon, London
(Stansted), Madrid, Mailand (Malpensa), Nizza, Paris (Charles de Gaulle),
Prag, Rom, Thessaloniki, Venedig,
Wien und Zürich
ton), Manchester, Madrid, Mailand
(Orio al Serio), Marseille, Neapel, Olbia
(Sardinien), Pisa, Reus (Barcelona),
Rom (Ciampino), Valencia, Venedig
Hapag Lloyd Express:
Deutsche BA:
Berlin (Tegel), Hamburg, London (Lu-
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für einen Flug auf. Pro Flug bietet Germanwings 15 bis 20 Prozent der Plätze
(der Airbus 319 hat 142, der A 320 150
Sitzplätze) zum Einstiegspreis von 19
Euro (inklusive Gebühren und Steuern,
aber ohne Verpflegung) an. Und lockt
damit Kunden an, die sonst nicht fliegen würden. Nach einer Untersuchung
des Flughafens Köln/Bonn wären 29 Prozent der Fluggäste bei einem höheren
Preis gar nicht erst verreist, 15 Prozent
wären auf die Bahn und knapp acht Prozent auf das Auto umgestiegen.
Berlin (Tegel), München
Das die Billigflieger ein neues Kundenpotenzial erschließen, lässt sich in
Köln/Bonn mit Zahlen untermauern:
Im Januar 2003 verzeichnete der Airport bei den Fluggästen einen Zuwachs
von 61 Prozent gegenüber dem Januar
2002! Im Februar fiel das Plus mit 47
Prozent ebenfalls sehr üppig aus.
Insgesamt verzeichnete der Airport im
gesamten 1. Quartal 2003 einen Passagierzuwachs von knapp 50 Prozent auf
DIE WIRTSCHAFT 5/2003
1,6 Millionen. Damit ist die Trendwende geschafft. Denn 2002 war „kein
besonders erfolgreiches Jahr“, wie Ulrich Stiller, Marketingleiter des Flughafens Köln/Bonn, einräumt: Die Zahl der
Fluggäste ging von 5,802 Millionen um
5,8 Prozent auf 5,466 Millionen zurück.
Maximal 30 Ziele in Europa
Der Marktanteil der low-cost-carrier
wird weiter wachsen. Aber die Anzahl
der Ziele ist begrenzt: Denn um Gewinn zu machen, müssen die Maschinen pro Tag elf bis 14 Stunden in der
Luft sein (normal sind acht bis neun
Stunden). Das heißt die Ziele dürfen
lediglich drei Flugstunden entfernt
sein, müssen geschäftlich und touristisch interessant sein. „Ein Potenzial
von maximal 30 Zielen in Europa“ sieht
Dr. Joachim Klein, Geschäftsführer der
Germanwings GmbH. Bedarf sieht er
vor allem noch in Verbindungen mit
Nordeuropa (Oslo, Stockholm, Helsinki, Göteborg).
Michael Pieck
Low-Cost-Airlines
machen Flughafen attraktiver
Am Konrad-Adenauer-Flughafen Köln/
Bonn führte die Fachhochschule BonnRhein-Sieg eine Fluggastbefragung zum
Thema „Incoming-Tourismus“ durch.
710 Touristen wurden im November
und Dezember 2002 am Flughafen befragt. Neben einer Zufriedenheitsanalyse der ankommenden Reisenden stand
deren Reiseplanung mit Low-Cost-Airlines im Mittelpunkt der Untersuchung.
Wie sich herausstellte, konnten sich die
Low-Cost-Flieger am Köln/Bonner Flughafen gut etablieren. Insgesamt 41% aller Befragten haben bereits die Angebote von Low-Cost-Airlines genutzt. Ein
Drittel der befragten Fluggäste ist mit
einer Low-Cost-Airline nach Köln/Bonn
gereist. Und der Trend ist steigend: Zwei
von drei Fluggästen haben sich bereits
über die Low-Cost-Angebote informiert
und wollen innerhalb der nächsten 12
Monate „Low-Cost“ fliegen.
Aber auch immer mehr Unternehmen
entdecken die Billigflieger. Fast jeder
dritte Fluggast von Germanwings oder
Hapag-Lloyd-Express reist aus geschäftlichen Anlässen. Bei den Incoming-Fluggästen liegt dieser Anteil sogar bei rund
70 Prozent.
Das zeigt aber zugleich, dass für den
Tourismussektor noch Potenzial vorhanden ist, denn drei Viertel der Passagiere
der Low-Cost-Airlines starten ihre Reise in
Köln/Bonn und nur ein Viertel wird durch
die Billigtarife in die Region gelockt. Gut
29 Prozent der in Köln/Bonn ankommenden Low-Cost-Passagiere gaben Bonn als
Reiseendziel an, gut fünf Prozent wollten
in den Rhein-Sieg-Kreis. Dies soll bald
mehr werden. Im Rahmen einer Kooperation mit den Billigfluglinien will die Tourismus & Congress GmbH, Bonn, noch
mehr Gäste in die Region locken.
Flughafen Köln/Bonn: 30 Prozent Marktanteil
im Low-Cost-Segment angepeilt
Interview mit dem kaufmännischen
Geschäftsführer des Flughafens Köln/
Bonn, Michael Garvens.
Die Wirtschaft: Der Flughafen
Köln/Bonn ist mit den Günstig-Fliegern wieder im Aufwind. Wie entwickeln sich die Passagierzahlen?
Michael Garvens: Der Flughafen
Köln/Bonn hat als erster großer Airport
in Deutschland im vergangenen Jahr
auf das Geschäft mit den Low-CostCarriern gesetzt. Inzwischen ist Köln/
Bonn Marktführer in diesem Segment
und rechnet für dieses Jahr mit einem
Zuwachs bei den Passagierzahlen von
40 Prozent auf rund 7,5 Millionen rund drei Millionen Passagiere werden
dabei auf das Angebot der „GünstigFlieger“ zugreifen.
Die Wirtschaft: Wie sehen Sie die
Entwicklung im sogenannten LowCost-Segment?
Michael Garvens: Das Marktpotenzial im Low-Cost-Bereich ist gewaltig.
Wenn man die Gesamtzahl der Bevölkerung ins Verhältnis setzt zur Zahl der
Passagiere von Low Cost-Anbietern,
dann kommt Großbritannien auf einen Wert von 0,36. In Deutschland ist
das ein Verhältnis von 0,04. Von den
10
82 Millionen Menschen in Deutschland
sind 2002 gerade einmal 3,3 Millionen
„günstig“ geflogen. Noch bilden wir das
Schlusslicht in Europa. Deshalb gehe ich
davon aus, dass man im Low-Cost-Segment in den kommenden drei bis fünf
Jahren bundesweit mit einem Passagieraufkommen von 25 bis 30 Millionen
Fluggästen rechnen kann.
Die Wirtschaft: Und wie viele dieser
Passagiere wollen Sie in Köln/Bonn abfertigen?
Michael Garvens: Da wir langfristig gesehen unseren Marktanteil auf wenigstens
30 Prozent in diesem Segment ausbauen
wollen, erwarten wir dann jährlich sieben
bis neun Millionen Passagiere allein aus
dem Low-Cost-Bereich.
Die Wirtschaft: Zur Zeit finden umfangreiche Baumaßnahmen am Flughafen statt. Wie sind die Planungen?
Michael Garvens: Der Flughafen Köln/
Bonn investiert zur Zeit einen zweistelligen Millionenbetrag in einen Neubau
am Terminal 1, der bis zum Sommer
2004 komplett fertig gestellt sein wird.
Damit verfünffacht sich auch die Fläche
für Geschäfte und Gastronomie auf rund
2.500 Quadratmeter. Schon jetzt entstehen im Terminal 1 neue Shops und Res-
Michael Garvens - seit Februar 2002
kaufmännischer Geschäftsführer
der Flughafen Köln/Bonn GmbH
taurants. Am 28. März hat ein BurgerKing-Restaurant aufgemacht, im Sommer öffnen ein Shop und ein weiteres
Restaurant ihre Pforten. Ab Sommer
2004 wird der Flughafen Köln/Bonn
auch per Schiene erreichbar sein. Dann
wird der Flughafenbahnhof im Terminal
2 eröffnet. Mit dem Anschluss an ICE,
Regional-Express und S-Bahn zählt
Köln/Bonn zu den modernsten Airports Europas. Neben zwei stündlichen
ICE-Verbindungen in jede Richtung
sollen die Regional-Express-Züge, die
zwischen Aachen und Siegen sowie zwischen Mönchengladbach und Koblenz
verkehren, über den Flughafen Köln/
Bonn führen. Hinzu kommen drei SBahn-Züge pro Stunde und Richtung.
Die Wirtschaft: Herr Garvens, wir
danken Ihnen für das Gespräch.
DIE WIRTSCHAFT 5/2003