Der Postbank-Bonus
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Der Postbank-Bonus
Der Postbank-Bonus – eine Rekonstruktion – Anhand der folgenden als Story verpackten Rekonstruktion der Ereignisse rund um das Lehman-Engagement der Deutschen Postbank wird deutlich, wie Verluste versteckt, Boni getarnt und insgesamt über 11 Millionen Euro zum Schaden der Postbank-Mitarbeiter verschwendet wurden. „Nichts davon ist wahr!“, sagt die Postbank (2011). Doch lesen Sie selbst… Das Reden: Wolfgang Klein (Vorstand der Postbank AG) am 07.12.08: "Meine Vergütung hängt stark vom Unternehmenserfolg ab, und wenn wir keinen Gewinn machen, bekomme ich dafür auch keinen Bonus."1 Frank Appel (Vorstand der Deutschen Post AG) am 21.02.09, verantwortlich für die illegale Bonusvergabe: „Läuft das Geschäft gut, sollte er (Anm. der Vorstand) gut verdienen. Läuft das Geschäft schlecht, dann sollten Vorstände keine variablen Vergütungsanteile erhalten.“2 Frank Appel (Vorstand der Deutschen Post AG) am 14.09.08: Ängste vor einem Abbau von Arbeitsplätzen sind völlig „unbegründet“.3 & das Tun: 2007 erhält der Postbank-Vorstand 6 Millionen Euro bei einem Jahresgewinn von 856 Millionen Euro. 2008 erhält der Postbank-Vorstand ganze 11 Millionen Euro trotz eines Verlusts von über 821 Millionen Euro.4 2009 baut die Postbank jede zehnte Stelle ab.5 1/13 Im Jahr 2007 werden Verluste in Höhe von 150 Millionen Euro versteckt. Denn es soll nicht so aussehen, als wäre die Postbank von der Finanzmarktkrise betroffen. Das Verstecken kostet die Postbank später nicht nur mehr als 550 Millionen Euro, sondern beinahe auch die Insolvenz des 100jährigen Traditionsunternehmens. Inmitten der existentiellen Krise wird dem Vorstand ein Bonus für „ganz außergewöhnliche“ Leistungen in absurder Höhe zugesprochen. Die Leistung lasse sich mit einer „Verunsicherung“ der Manager erklären, so die Postbank später. Weitere Auskünfte hierzu verweigert das DAX-Unternehmen… I Der Lehman-Deal Ende 2007, die Ermittlung des Postbank-Jahresergebnisses ist in vollem Gange, da stört sich der Vorstand an Verlusten, die im Rahmen der Finanzmarktkrise bei seiner amerikanischen Tochter entstanden sind. Schließlich könnten diese den Eindruck erwecken, auch die Postbank sei von der Finanzmarktkrise betroffen. So behilft sich die Postbank mit einem Trick. Denn findige Bilanzmathematiker wissen: Verluste verschwinden wie von Geisterhand, wenn sich nur ein Bürge dafür findet. Die Postbank geht mit der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Inc. den folgenden Deal ein: Lehman stellt sich als Bürge für die erlittenen Verluste zur Verfügung und erhält im Gegenzug einen hohen Kredit ohne Sicherheiten zu einem äußerst niedrigen Zinssatz. Ein Insider sagt: „Die Kosten, die der Postbank durch den Deal entstehen, sind genauso hoch, als hätte das Institut die verbrieften Kredite sofort abgeschrieben“.6 Für Lehman ein lohnendes und risikoloses Geschäft, erhält das Institut doch zinsgünstige Kredite, die im Zuge der aufkeimenden Finanzkrise dringendst benötigt werden und auf andere Weise wohl gar nicht mehr zu bekommen sind. Auch der Postbank-Vorstand freut sich, muss er doch nicht wegen der Verluste Rede und Antwort stehen. Und ganz nebenbei steigt auch der eigene Leistungsbonus. Nur für die 100jährige Bank kein gutes Geschäft. Dem Institut werden mehr als eine halbe Milliarde Euro entzogen, die an eine amerikanische Investmentbank verliehen werden. Und das nur, um nicht über erlittene Verluste aufklären zu müssen. Andere nennenswerte Vorteile lassen sich nicht erkennen. Die Verluste sind nicht verschwunden, sondern nur an einer anderen Stelle in der Bilanz versteckt und werden Jahr für Jahr mit den zukünftigen Gewinnen verrechnet. Anscheinend nur dafür geht der Vorstand ein reales Risiko von über einer halben Milliarde Euro ein und riskiert den Fortbestand der ganzen Bank. 2/13 Und schon ein paar Monate später ist der Finanzmarkt in Aufruhr. Die amerikanischen Investmentbanken, darunter natürlich auch Lehmann, an welche die Postbank kurz zuvor noch einen Kredit in Höhe von über einer halben Milliarde Euro veranlasste, stehen angeblich kurz vor der Pleite. Bear Stearns lässt sich nur noch mittels eines Notverkaufs retten.7 Die Bundesbank ist auch in Sorge und schreibt alle deutschen Bankvorstände an.8 9 Es seien alle Engagements in amerikanischen Investmentbanken kritisch zu überprüfen. Und die von der Postbank kürzlich erworbenen Lehman-Anleihen verlieren drastisch an Wert.10 Auf diese Art werden aus kleinen riesige Verluste. Spätestens jetzt musste dem Postbank-Vorstand klar sein, dass der Lehman-Deal, der eigentlich nur dazu diente ein paar Verluste zu kaschieren, für die Postbank ein reales Risiko darstellt und das über 100jährige Institut in seiner Existenz gefährdet. Der Deutschen Post (als Mehrheitsaktionärin) jedenfalls scheint das Risiko bekannt gewesen zu sein, denn sie beschließt ganz offiziell den Verkauf ihrer Anteile. Sie will die schnellstmögliche Trennung.11 Aus diesem Grund verspricht Post-Chef Appel in seiner Funktion als Postbank-Aufsichtsratsvorsitzender dem Postbank-Vorstand Prämien in Millionenhöhe, wenn es zu einem erfolgreichen Verkauf der Postbank kommt.12 Lehman-Deal = Risiko ohne Chance Lehman stellt sich als Bürge für die entstandenen Verluste in Höhe von etwa 150 Millionen Euro aus den Zweckgesellschaften Links, Stanfield Victoria und K2 zur Verfügung. Im Gegenzug erhält Lehman zinsverbilligte Kredite von über eine halben Milliarde Euro und eine Prämie. Für die Postbank AG entstand hieraus ein Risiko von über einer halben Milliarde Euro. Aus der Tabelle folgt, dass der Lehman-Deal ohne ökonomische Ratio ablief. Ökonomische Ratio Mit Lehman-Deal Ohne Lehman-Deal Kosten 150 Millionen Euro Verlust + Prämienzahlung + Eigenkapital-Bindung 150 Millionen Euro Verlust Risiken Verlust EUR 7 Mio. Restwerte + Prämie + Verlust EUR 550 Mio. (Kreditausfall) Verlust EUR 7 Mio. Restwerte Chancen Erholung der Zweckgesellschaften Erholung der Zweckgesellschaften Frank Appel wird später behaupten im Mai 2008 sei von der Krise noch keine Rede gewesen, was nachweislich nicht stimmt.13 14 Die Postbank wird später behaupten, dass die Prämien sogar unabhängig von einem erfolgten Verkauf ausgeschüttet werden sollten und im Zusammenhang mit einem Erwerb einer Beteiligung an der Gesellschaft stünden. Im Halbjahresbericht 2008 feiert sich die Postbank noch einmal als Hort der Stabilität selbst. Man lobt sich.15 Kein Wort über das ausfallgefährdete Lehman-Engagement und das millionenschwere Damoklesschwert. 3/13 II Geplatzter Postbank-Verkauf Und im September 2008 wird groß gefeiert. Die Postbank sei an die Deutsche Bank verkauft worden, heißt es. Selbst die Presse fällt darauf rein. Denn tatsächlich kann von einem Verkauf keine Rede sein. Wer genauer hinschaut merkt sehr schnell, dass die Postbank zwar an die Deutsche Bank gekettet wurde, diese sich aber alle Optionen offen lässt. „Eine Option ist eine Option ist eine Option“ erklärt Ackermann auf der Pressekonferenz verschmitzt. Tatsächlich erwirbt die Deutsche Bank nur eine Minderheit und darüber hinausgehende verbindliche Zugeständnisse fehlen. Nach außen hin heißt es: es sei ein langfristiger und strategischer Partner gefunden worden, der die Postbank „inhaltlich“ weiterbringe. Tatsächlich handelt es sich aber um nicht mehr als eine Minderheitsbeteiligung und Ackermann selbst sagte Tage zuvor noch: in diesem Fall habe „man keine strategischen Möglichkeiten der Einflussnahme.“16 Der Change-of-control bleibt aus und es ist nicht sicher, ob es überhaupt zu einer vollständigen Übernahme durch die Deutsche Bank später noch kommt. Denn schließlich hat sich die Deutsche Bank zu nichts verpflichtet.17 (Anm.: Tatsächlich kam es keine drei Monate später zu einer Nachverhandlung des Vertrages zu Gunsten der Deutschen Bank und eine Übernahme fand in 2010 statt.) III Frank Appel vergibt illegalen Bonus Doch die Deutsche Post ist wohl mehr als froh das Risiko – zumindest zum Teil – heimlich an die Deutsche Bank weitergereicht zu haben. Was für ein Triumph: die alte Post führt die Deutsche Bank vor – und wie! Deshalb wohl die große Freude über die eigentlich belanglose Transaktion. Und deshalb wohl kommt es auch zur illegalen Vergabe des Postbank-Bonus. Denn Postchef Frank Appel zeigt sich mehr als großzügig. Präsidial wird ein Bonus in Höhe von über 11 Millionen Euro an den Vorstand gewährt. Und der Bonus hat es tatsächlich in sich: Stetige Steigerung der Bonuszahlungen unabhängig vom Ergebnis: BONUS 2006 BONUS 2007 BONUS 2008 = = = € 6.082.200 € 6.059.200 € 11.515.000 (bei € 695 Mio. Gewinn) (bei € 856 Mio. Gewinn) (bei € -821 Mio. Verlust) Rechtlich geht das aber nicht so einfach, denn schließlich verteilt Appel nicht sein eigenes Geld, sondern das ihm anvertraute Vermögen der Gesellschaft. Der Bundesgerichtshof urteilte hierzu: eine Sonderzahlung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und dem Unternehmen keinen Anerkennungsprämie), stellt Gesellschaftsvermögens dar. zukunftsbezogenen eine Nutzen treupflichtwidrige bringt Schädigung (kompensationslose des anvertrauten 18 4/13 IV Die Verschleierung Die Begründung des Bonus stellt sich als nicht einfach heraus. Hätte eine Übernahme der Postbank stattgefunden, hätte man eine Halteprämie an den Vorstand ausschütten können. Aber ohne eine solche Übernahme ist das nicht möglich. Es muss also Leistungsprämie ausgeschüttet werden. Nur für welche Leistung? Was konnte der Postbank-Vorstand tatsächlich zum Vorteil der Postbank tun, in dem Geschäft zwischen der Deutschen Bank und der Deutschen Post? Wohl nicht viel. Aus diesem Grund wird wohl verschleiert. Öffentlich heißt es, es fand ein Verkauf der Bank statt und es wurde eine Halteprämie ausgeschüttet, da die Vorstände verunsichert waren und ansonsten die Bank verlassen hätten. Michael Sommer, immerhin DGB-Vorsitzender (Deutscher Gewerkschaftsbund), erklärt ganz unschuldig: “ich habe gegen den Beschluss zur Zahlung der sogenannten Halteprämie an die Vorstände der Postbank gestimmt". Auch Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post AG, rechtfertigt sich: “Die Sonderzahlungen hatten einen einzigen Zweck: die Vorstände mitten in den Verkaufsverhandlungen bei der Bank zu halten".14 Und die Postbank bezeichnet die Prämien vorsichtig „als eine Art Halteprämie. Denn einige Manager seien verunsichert gewesen…“. Erst ein halbes Jahr später, mit Vorlage des Geschäftsberichts, wird klar werden, dass es entgegen den öffentlichen Beteuerungen überhaupt keine Halteprämie gab, sondern eine Leistung belohnt wurde. Im Geschäftsbericht heißt es: eine „Leistungszusage (Sonderbonus) an die Vorstände im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an der Gesellschaft“.4 Ist es also nicht merkwürdig, dass Appel öffentlich den Bonus als Halteprämie bezeichnet, bankintern aber eine Leistungszusage ausspricht – und das obwohl es sich aus rechtlicher Sicht um völlig unterschiedliche Vergütungssysteme handelt? Öffentlich stellt der Gewerkschaftsvorsitzende die Prämien als Halteprämien dar, obwohl eine ganz außergewöhnliche Leistung des Vorstands belohnt wurde. Welcher Deal lief da zwischen Gewerkschaft und Aufsichtsrat ab? Und aus welchem Grund? Überlegt man sich, welche Leistungen hier überhaupt belohnt werden konnten, wird der Grund ersichtlich. Es gab keine Leistungen. Deshalb verwundert es auch nicht, dass die Postbank selbst keine Auskunft geben möchte, um welche Leistungen jedes einzelnen Postbank-Vorstands (auch zukünftigen) handelte. Zu anderer Gelegenheit aber sagt die Postbank ganz deutlich: „die Postbank war bei dem Verkauf des Aktienpaketes an die Deutsche Bank nicht Vertragspartei.“19 5/13 Illegale Prämien in Millionenhöhe Eine Halteprämie wurde wohl im Mai versprochen, konnte rechtlich aber nicht gewährt werden, nachdem im September überraschend die Postbank-Übernahme scheiterte. Rechtlich darf nachträglich keine Leistungszusage versprochen werden – zudem es wohl auch keine Leistung hier geben kann. Die Postbank argumentiert hier wohl mit der Absicht zur Zusammenarbeit im Vertrieb. Ein guter Grund für die Ausschüttung von über 11 Millionen Euro… Vielleicht deshalb, weil eigentlich eine Halteprämie ausgeschüttet werden sollte, kommt es in der Folge zu Widersprüchen: Der Postbank-Vorstandsvorsitzende Dr. Klein erklärt in einem Interview mit dem Spiegel, dass dem Postbank-Vorstand der Bonus bei einem erfolgreichen Verkauf versprochen worden sei.12 Kurz darauf widerspricht aber die Postbank: die Gewährung der Prämie sei nicht an das Gelingen des Verkaufs geknüpft worden.20 Offenbar ist die Verwirrung groß und niemand weiß, für was eigentlich Prämien gezahlt wurden, denn später bestreitet der ehemalige Vorstandsvorsitzende ab überhaupt einen Bonus erhalten zu haben und noch am 19.02.09 behauptet er in vollem Ernst: „für den Postbank-Vorstand wird es keinen Bonus geben.“ 21 Eine Leistungszusage ohne Leistung Das ist passiert: ..und so wurde verschleiert: April 08: Die Post will die Postbank verkaufen. Der Postbank-Vorstand will einen Bonus bei einem Verkauf. Es findet kein Verkauf statt! Für eine Prämie fehlt die rechtliche Grundlage. Man tut so, als hätte der Verkauf quasi doch statt gefunden. Frank Appel vergibt einen Leistungsbonus, obwohl keine Leistung erbracht wurde. Damit niemand die fehlende Leistung hinterfragt, wird öffentlich von „Halteprämien“ gesprochen. Trotz angeblicher „Halteprämien“ verlassen 4 der 10 Vorstände die Bank – nach Erhalt der Prämien. Ein Vorstand bekommt für sein Gehen noch einmal fast 3 Millionen Euro. Erst im März 09 taucht der Bonus als „Leistungszusage“ im Geschäftsbericht auf. Zuvor hatte der Postbank-Vorstand sogar behauptet, er würde keinen Bonus erhalten. Ohne Leistung fehlt die rechtliche Grundlage für die Ausschüttung. Der Bonus ist illegal. 6/13 Die Postbank behauptet die Prämien seien schon im Mai 2008 zugesprochen worden. Und: die Prämien seien auch an zukünftige Vorstandsmitglieder versprochen worden. So wild geht es bei der Postbank zu. Man verspricht Prämien für die Verunsicherung auch an zukünftige Vorstandsmitglieder. Denn die Verunsicherung tritt erst mit dem Vorstandsberuf ein. So wird Horst Küpker am 01.07.08 Vorstandsmitglied, also rund zwei Monate nach angeblicher Zusage, und muss sich natürlich auch gleich „halten“ lassen. Küpker erhält deshalb über 1,3 Millionen Euro mehr und damit pro Arbeitstag ganze 24.000 Euro. V Das Lehman-Problem Aber nicht genug, es kommt noch schlimmer. Am 15.09.08 geht Lehman Brothers pleite. Der Worst Case, den die Postbanker im Jahr zuvor nicht vorhersehen, ja nicht einmal erahnen hatten können, ist kaum 10 Monate später eingetreten. Jedem Existenzgründer würde man ein unverantwortliches Handeln vorwerfen, nicht aber dem Postbank-Vorstand, der sich mit Risiken auskennen sollte. Nun hat die Postbank gleich zwei Probleme mehr: nach dem Ausfall des Bürgen treiben nicht nur die „verschwundenen“ Verluste wieder an der Oberfläche, sondern auch die Kredite an Lehman sind nichts mehr wert. Zurück bleibt ein riesiges Loch in der Bilanz. Bilanzwerte im Wert von bis zum 30fachen des an Lehman geliehenen Betrages stehen plötzlich ohne Besicherung da. Die Eigenkapitalquote sinkt dramatisch und eine Insolvenz des 100jährigen Instituts ist nicht ausgeschlossen. Und das nur aufgrund der eigentlich kleinen Verluste aus 2007. Die Meldung von der Insolvenz von Lehman schlägt in der Bankenwelt ein wie eine Bombe. Betroffen sind weltweit über 200 Institute, die dies auch unmittelbar mitteilen.22 Die britischen Behörden fordern alle Institute zur Veröffentlichung ihres LehmanEngagements auf, um Insiderhandel und weiteren Schaden für die Allgemeinheit zu vermeiden.23 Nur die Postbank verhält sich ruhig. Währendem draußen die Welt untergeht, bleibt die Postbank still. Am 24.09.08 hält der Finanzvorstand Heß eine Konferenz mit dem Titel „robust development in challenging markets“ und erklärt, dass die Postbank gut für die aktuellen und auch zukünftigen Herausforderungen gerüstet sei. Das Investment Portfolio habe sich sogar als relativ stabil in der Krise erwiesen.24 Stimmt natürlich nicht. Aber der Aufsichtsrat kann am 26.09.08 zusammenkommen und ganz beruhigt den Leistungsbonus an den Postbank-Vorstand bewilligen. 7/13 Ein Bonus trotz riesiger Verluste Tatsächlich: So wurde verschleiert: 15.Sep 08: Zusammenbruch von Lehman Brothers Der Postbank entstehen riesige Verluste. Das Institut benötigt dringend Kapital. Die Postbank hält die Verluste geheim. Ein internes Dokument belegt: der Postbank entstehen Verluste in einer bedrohlichen Größenordnung. Der Postbank-Vorstand verkündet am 24.09.08: „robust development in challenging markets“. Frank Appel vergibt trotz der Liquiditätsschwierigkeiten einen Bonus von über 11 Millionen Euro. Um ja nur keinen Verdacht aufkommen zu lassen, wird behauptet der Bonus sei schon im Mai zugesprochen worden. Erst über 40 Tage später wird über die Verluste informiert. Frank Appel sagt, als die Entscheidung fiel war von der Krise noch keine Rede. Nov 09: Der Abbau von über 2000 Mitarbeiter wird angekündigt. VI Kontrollvakuum fördert Selbstbedienungsmentalität Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der hochriskante Lehman-Deal wohl nicht dem Zweck diente die Postbank krisenfest zu machen. Und da früh klar ist, dass die Ergebnisse für 2008 keinen Bonus zulassen werden, muss eben der Minderheitserwerb als Begründung für den Leistungsbonus herhalten. Und da man nicht weiß, ob die Bank überhaupt noch in einem Jahr existiert, soll doch bitte der Bonus gleich sicherheitshalber in doppelter Höhe ausgeschüttet werden, denn die Verunsicherung ist doch schon sehr groß. Wen stören da rechtliche Bedenken, denn wer wird sich schon darüber beschweren?25 Der Lehman-Deal wurde verheimlicht und das Risiko nur aufgrund der Geheimhaltung nicht abgesichert. Augen zu und durch. Dumm nur, dass Lehman dann auch noch vor der Bonuszahlung zusammenbricht. Aber auch das ist nicht weiter schlimm: man muss nur so tun, als hätte man es nicht gemerkt. Man meldet einfach die Verluste 40 Tage später trotz gesetzlicher Pflicht. Schon kann man sich erst den Bonus auszahlen lassen und dann später den Verlust öffentlich mitteilen. 8/13 Wenn sich das alles also tatsächlich so zugetragen hat, wie hier dargestellt ist – und davon ist zum bisherigen Kenntnisstand auszugehen –, dann wurden an den PostbankVorstand illegale Prämien in Höhe von über 11 Millionen Euro ganz ohne Leistung ausgeschüttet. Nicht aus einem Versehen heraus, sondern in vollem Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit. Wenn die obige Rekonstruktion stimmt – und es spricht derzeit kein vernünftiges Argument dagegen – dann steht Post-Chef Frank Appel im Zentrum der illegalen Boni-Vergabe und der Postbank-Vorstand überging wissentlich gesetzliche Pflichten nur aus dem persönlichen Interesse heraus seinen Bonus zu bekommen. Und die Öffentlichkeit wurde ganz gezielt mit Falschinformationen hinters Licht geführt. Die Havarie vor Augen wird der Bonus verdoppelt 2007 Durch die Finanzmarktkrise entstehen Verluste in Millionenhöhe. 2008 Geplatzter Postbank-Verkauf. Pleite von Lehman Brothers. Es entstehen unmittelbar riesige Verluste. Verluste werden geheim gehalten. Verluste werden mittels riskantem Lehman-Deal versteckt. Illegaler Bonus wird zugesprochen. Bonusvergabe wird verschleiert. 6 Millionen Euro Bonus an den Vorstand. 11 Millionen Euro Bonus an den Vorstand. Dass dies so lange unbemerkt bleibt, offenbart das Problem der fehlenden gegenseitigen Kontrolle, welches bereits an anderer Stelle thematisiert wurde: „Nein, bei Verfehlungen dieser Art kann nur der Aufsichtsrat gegen den Vorstand klagen oder der Vorstand gegen den Aufsichtsrat.“26 Wenn indes wie in diesem Fall der Aufsichtsrat Appel und der Postbank-Vorstand Klein gegenseitig voneinander profitieren und zudem die Arbeiterseite (DGB) mit eingebunden wird, mangelt es an wirksamer Kontrolle. In einem solchen Kontrollvakuum kann sich eine Selbstbedienungsmentalität ausbreiten (siehe die VW-Korruptionsaffäre), die nicht nur für die Postbank AG und andere Aktiengesellschaften, sondern für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands schädlich ist. Die Vorstände wechseln, der Schaden bleibt. Denn was auf der einen Seite verschwendet wird, muss auf der anderen Seite ganz brutal eingespart werden. Zu diesem Zweck legte der Vorstand am 25.11.09 ein „Strategieprogramm“ auf, welches darin besteht über 9/13 2.000 Arbeitsplätze abzubauen.27 Die ganze „Strategie“ beschränkt sich also zunächst darauf das Unternehmen erfolgreich auszusaugen, um dann, wenn gespart werden muss, Arbeitsplätze abzubauen. Man mag der Meinung sein 11 Millionen Euro wären doch im Verhältnis zu den riesigen Verlusten der Finanzmarktkrise gar nichts. Doch man sollte den schädlichen Einfluss der Bonusvergabe nicht unterschätzen. Der Ruf nach mehr Regulierung ist hingegen irreführend. Mit mehr Regulierung und strengeren Gesetzen wird wenig erreicht. Denn was nützt eine noch strengere Regulierung, wenn Geschäfte nach wie vor außerhalb der Bilanz geführt werden dürfen? Was nützen mehr Regeln, wenn Gesetze ganz offensichtlich gebrochen werden und eine Strafverfolgung nicht erfolgt? 11 Millionen Euro waren Antrieb dafür Geschäfte einzugehen, die jeder Sorgfaltspflicht und jeder kaufmännischen Logik widersprachen. 11 Millionen Euro waren Antrieb dafür Verluste in Höhe von über einer halben Milliarde Euro aufzutürmen. Aber Konsequenzen werden daraus nicht gezogen. Wenn Vorstände damit rechnen müssen selbst strafrechtlich belangt zu werden, dann werden sie auch wieder damit aufhören Banken und Unternehmen, die sie eigentlich führen sollten, leichtsinnig und häufig auch größenwahnsinnig an die Wand zu fahren und in den Abgrund zu ziehen. Wegen 11 Millionen Euro geht kein DAX-Vorstand das Risiko ein wegen Untreue belangt zu werden, es sei denn er kann von vorne herein sicher sein, dass sein Handeln ohne Konsequenzen bleibt. Nicht ein Mehr an Regulierung, sondern ein Nicht-Zulassen der Intransparenz (Geschäfte außerhalb der Bilanz, Zweckgesellschaften, fehlende Transparenz den Aktionären gegenüber) und die Angst vor tatsächlichen (strafrechtlichen) Konsequenzen hätte die Finanzmarktkrise wirksam verhindert. Doch obwohl im vorliegenden Fall niemand sagen kann, welche Leistung der Postbank-Vorstand für seinen Leistungs-Bonus erbracht haben soll, passiert nichts. 11 Millionen Euro werden ohne Leistung ausgeschüttet und die staatsanwaltlichen Ermittlungen werden mit der lächerlichen Begründung eingestellt, dass, auch wenn es sich bei dem Geschäft um ein Geschäft zwischen Dritten handele (also eine Leistung gar nicht erbracht werden konnte), schließlich eine gewisse Anreizwirkung von den Prämien ausgehen könne. Eine solche Argumentation führt den Sinn einer Leistungszusage ad absurdum. Eine solche Argumentation erklärt für Recht, wenn das nächste Mal nicht 11 Millionen Euro, sondern 111 Millionen Euro ohne Leistung ausgeschüttet werden. 10/13 • Frank Appel geht mit seinen Mitarbeitern nicht so präsidial und großzügig um wie mit dem Vorstand: am 04.10.09 stellte er seinen Beschäftigten Boni in Aussicht – allerdings mit Bedingungen: auf eine bereits vereinbarte Lohnerhöhung müsste verzichtet und die Wochenarbeitszeit unentgeltlich ausgedehnt werden. Und: die wirtschaftliche Situation im Briefbereich müsste sich besser entwickeln. (Manager Magazin vom 03.10.09: „Post-Chef lockt mit Bonuszahlungen“). • Der Autor sichert zu, dass obige Rekonstruktion entsprechend den derzeitigen Erkenntnissen wiedergegeben wurde. Fehler können aufgrund der fehlenden Mitwirkung der Deutschen Postbank AG nicht ausgeschlossen werden. Fabian Klink, Leipzig, 03.01.2012, [email protected] Stimmen: - „Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass sich die ‚Bleibeprämien’ rechtlich nicht begründen lassen.“ Inhaber einer Professur für Wirtschaftsrecht - VIP (Vereinigung Institutionelle Privatanleger) eV: „… und auch dies: Ihre Argumente liegen wirklich auf der Hand.“ - DWS (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V.): „wir haben bei der DSW eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in der Fragen der Organhaftung bei Banken diskutiert werden soll. Konkret wird auch das Thema Postbank behandelt werden.“ - Wirtschaftsjournalistin (Schwerpunkt Banken): Ich glaube auch, dass da was faul ist. - In einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung vom 07.01.11 schreibt Steffen Könau: „Ein Lehrstück, geschrieben von einem, der weder Finanzanalyst noch Börsenjournalist ist.“ - Die Postbank AG: "Das ist Quatsch", sagt Postbank-Sprecher Hartmut Schlegel, "einfach blühender Unsinn. Nichts davon ist wahr!" Quellen: 1 WELT ONLINE, 07.12.2008, „An ein normales Leben war dieses Jahr nicht zu denken“ 2 Sueddeutsche.de, 21.02.09, „Ich habe gedacht, es geht schneller“ 3 Manager Magazin, 14.09.08, „Appel weist Stellenabbau zurück“ 4 Postbank-Geschäftsbericht 2008, „Service ist …“ - S. 50: „Für die Vorstandsmitglieder kann der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats bei außergewöhnlichen Leistungen einen angemessenen Sonderbonus (besondere Erfolgstantieme) beschließen.“ 5 Der Tagesspiegel, 25.11.09, „Postbank baut jede zehnte Stelle ab“ 6 Wirtschaftswoche, 17.11.2008, „Der Schönfärber“ 11/13 - „Die Kosten, die der Postbank durch den Deal entstehen, sind genauso hoch, als hätte das Institut die verbrieften Kredite sofort abgeschrieben“, sagt ein Insider. Der einzige Vorteil des Deals habe darin bestanden, dass die Verluste über einen langen Zeitraum gestreckt werden konnten. 7 FAZ.NET, 16.03.2008, „JP Morgan übernimmt Bear Stearns zum Spottpreis“ 8 E-Mail der Deutschen Bundesbank vom 30.09.09 - 9 „Die deutsche Aufsicht – BaFin und Bundesbank – hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise in mehreren Erhebungen insbesondere bei den großen deutschen Banken einen Überblick über die Höhe von Engagements verschafft.“ SPIEGEL ONLINE, 18.08.2009, „Finanzaufsicht hatte Hinweise auf LehmanRisiko“ - "Mit der Pleite einer US-Investmentbank musste gerechnet werden und wurde zumindest auf Seiten der Bundesbank auch gerechnet." 10 FAZ.NET, 19.03.08, „Ist Lehman Brothers ausreichend liquide?“ 11 WELT ONLINE, 05.06.2008, „Postbank-Verkauf läuft zäher als erwartet“ 12 SPIEGEL ONLINE, Millionenprämie“ 13 sicherte sich Insofern sei dem Vorstand eine Sonderprämie für den Fall zugestanden worden, dass die Postbank doch noch zu einem lukrativen Preis an einen Investor veräußert werden könne. - Die Millionenprämie und der konkrete Termin seien bereits im Mai vereinbart worden, teilte das Unternehmen mit. - Auch mit dem überraschenden Gewinneinbruch des Unternehmens in Höhe von rund 450 Millionen Euro bestehe keinerlei Zusammenhang. Manager Magazin, 18.08.2009, „Rechnete Bankenaufsicht bereits im Frühjahr mit Lehman-Pleite?“ "Erstmals im März und dann noch einmal im August 2008 hat die Bundesbank in enger Abstimmung mit der Bafin die Risikopositionen deutscher Geschäftsbanken gegenüber US-Investmentbanken abgefragt. Man wollte sich einen Überblick darüber verschaffen, wie deutsche Banken in den USA engagiert sind." FAZ.NET, 12.03.2009, „Arbeitnehmervertreter stimmten gegen Boni“ - 15 „Postbank-Vorstand - - 14 01.11.2008, Als die Entscheidung im Ausschuss am 8. Mai 2008 gefallen sei, sei von Krise noch keine Rede gewesen, äußerte er (Anm.: Herr Dr. Appel) weiter. Zwischenbericht der Postbank II 2008 - „Dabei haben sich die negativen Wertschwankungen der ersten drei Monate im zweiten Quartal jedoch erwartungsgemäß leicht vermindert. Dies bestätigt die insgesamt gute Kreditqualität des Portfolios.“ - „Wegen der sehr guten Qualität unserer hochliquiden Bestände…“ 16 RP Online, 11.09.08, „Postbank ist eine Preisfrage“ 17 Investor Relations Release der Postbank, 12.09.2008 18 BGH 3 StR 470/04 – Urteil vom 21.12.05 (LG Düsseldorf) - Bewilligt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft für eine erbrachte dienstvertraglich geschuldete Leistung einem Vorstandsmitglied nachträglich eine zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarte Sonderzahlung, die ausschließlich belohnenden Charakter hat und dem Unternehmen keinen zukunftsbezogenen 12/13 Nutzen bringt (kompensationslose Anerkennungsprämie), liegt hierin treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens. 19 E-Mail der Deutschen Postbank AG vom 06.10.08 20 DIE WELT: 03.11.08, „Postbank-Boni werden vorerst nicht ausgezahlt“ eine - Die Prämie sei bereits im vergangenen Mai vereinbart worden. Schon damals sei auch der konkrete Zahlungstermin im September festgelegt worden. - Anders als vom "Spiegel" berichtet, sei die Zuwendung nicht an das Gelingen eines Verkaufs der Bank geknüpft worden, betonte der Sprecher. 21 SPIEGEL ONLINE, Erklärungsnot“ 22 DOWJONES Newswires, 16.09.08, Daily List of Comp. Reporting Lehman Bros Exposure 23 THE INDEPENDENT, 16.09.08, „Regulators order UK insititutions to declare exposure to Lehman Brothers“ 24 German Investment Conference 2008, 24.09.2008, „Robust development in challenging markets“, Seite 9 25 10.03.2009, „Millionenboni bringen Regierung - „Postbank well-set for current and future challenges…“ - „Sustainable earnings and conservative risk profile..“ - „Solid quality of loan book, proven risk management..“ - „Cost of risk to remain significantly below loan growth“ - „Investment Portfolio proved to be relatively stable in market turmoil..“ in Wirtschaftswoche, 18.01.2010, Andreas Henry, „Wie nasse Hunde“ - „Ein Blick in die Verzeichnisse offenbart, dass die Finanzbranche sich selbst bestens im Griff hat. Warum soll eine Bank, ein Fondsverwalter oder ein Hedgefonds für Begrenzungen von Gehältern stimmen, die das gesamte Vergütungsniveau in der Finanzbranche unter Druck brächten?” 26 Manager Magazin, 03.03.09, „Höchstpersönlich haftbar“ 27 Der Tagesspiegel, 25.11.09, „Postbank baut jede zehnte Stelle ab“ 13/13