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EMERGING MARKETS 26. August 2016 SÜDOSTASIENS VOLKSWIRTSCHAFTEN (EX CHINA) Wolfgang Pflüger und Toni Bruchmüller Wachstumspause beendet Die von uns untersuchten sechs südostasiatischen Länder erwirtschafteten 2015 ein BIP von zusammen genommen etwa 3 700 Mrd. US-Dollar. Damit lag es auf einer der deutschen Wirtschaftsleistung vergleichbaren Höhe, der immerhin viertgrößten Wirtschaftsnation weltweit. Von besonderer Bedeutung sind Südkorea und Indonesien, die für circa 58 % der Leistungskraft dieser Ländergruppe verantwortlich sind. Zwar hat die Expansionsdynamik der Region in den letzten Jahren nachgelassen. Länder wie Malaysia, Indonesien oder die Philippinen wachsen aber immer noch mit Raten zwischen vier und sechs Prozent. Was hier passiert ist also durchaus von globaler Bedeutung, gerade auch wegen der engen Handelsbeziehungen zu China. Dessen strukturell bedingte Wachstumsverlangsamung hat 2015 unter anderem zu einem Rückgang der Importe um 18,4 % geführt und so das innerasiatische Handelsvolumen schrumpfen lassen. Spiegelbildlich hat dies zu Problemen vieler exportorientierter asiatischer Volkswirtschaften geführt. Belastend wirkte auch der Verfall der Rohstoffpreise. Immerhin ist Malaysia der zweitgrößte Flüssiggasexporteur der Welt, Indonesien die Nummer eins für Zinn und Thailand ein bedeutender Agrarproduzent. Fast zwangsläufig ist so die Binnennachfrage zur Hauptkonjunkturstütze geworden. Robuste Konsumausgaben, aber auch staatliche Infrastrukturprogramme bilden vielfach das Gegengewicht. Aus Finanzmarktsicht ist allerdings das Quartalsprofil von größerer Bedeutung. Kurzfristig zeichnet sich hier nach einer Stabilisierung in den Sommermonaten eine Belebung während des dritten und vierten Quartals ab. Denn: Die Brexit-Auswirkungen auf Devisen- und Finanzmärkte waren nur vorübergehender Natur. Die Geschäftsklimaindizes haben ihre Talsohlen durchschritten. Die Exportsituation zeigt ebenfalls Anzeichen einer Trendwende. Mittel- und langfristig erschließt die im Dezember 2015 beschlossene Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes der ASEAN-Staaten bis zum Jahr 2025 neues Wachstumspotential. Zollschranken und nichttarifäre Handelshemmnisse werden abgebaut. Einheitliche Industrienormen begünstigen grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte (Verkehrswege, Energienetze, IT-Lösungen). Produktionskosten dürften sinken, private und öffentliche Investitionen erheblich steigen, die gesamtwirtschaftliche Produktivität ein höheres Niveau erklimmen. Risiken: Die Region bleibt bislang nicht frei von politischen Instabilitäten im Verbund mit immer wiederkehrenden Korruptionsvorwürfen. Aktuell stehen hier Malaysia und (immer noch) Thailand im Vordergrund. In einigen Fällen geben die relativ hohen Währungsverbindlichkeiten des Unternehmenssektors Anlass zur Vorsicht. Insgesamt gesehen bietet die Region nun jedoch wieder vermehrt interessante Investitionsmöglichkeiten. Dennoch überwogen bis zuletzt leichte Abwärtsrevisionen der BIP-Ziele für 2016. Wachstumsraten der einzelnen Ländergruppen Jährliches Wachstum Prognose Land 2014 2015 2016 e 2017 e Indonesien 5,0 4,79 4,9 5,3 Malaysia 6,0 5,0 4,4 4,8 Philippinen 6,1 5,8 6,0 6,2 Südkorea 3,3 2,6 2,7 2,9 Taiwan 3,9 0,7 1,5 2,2 Thailand 0,8 2,8 3,0 3,2 In Prozent. Quelle: Bloomberg, IMF. 1 Emerging Markets | 26. August 2016 1/14 INDONESIEN Ein Land auf der Überholspur • • • Eine Vielzahl von Fiskalpaketen soll für die nötigen Wachstumsimpulse sorgen, um die negativen Effekte der Exportrückgänge zu schmälern. Im zweiten Quartal nahm Indonesiens Wirtschaftsleistung um 4 % zum Vorquartal zu. Die Konsumpreise kehren in das Zielband zurück und geben der Zentralbank den nötigen Spielraum für Zinssenkungen. Der JCI-Aktienindex zeigt sich von seiner bullishen Seite und stieg seit Jahresbeginn um 19,7 %. Ausländische Investitionen in Indonesien 30 Foreign Direct Investment Net Inflow 25 20 15 10 5 Die Indonesische Regierung ist aktiv, um wachstumsdämpfende Effekte der Rohstoffpreise zu schmälern. So wurden seit September 2015 zehn Fiskalpakete angekündigt, die neben höheren Ausgaben für die Infrastruktur auch mehrere Reformen vorsehen. Damit sollen Investitionen angetrieben und für bessere Wirtschaftsbedingungen gesorgt werden. Dies soll Indonesien für ausländische Investoren attraktiver machen, nachdem das Land in der Vergangenheit eher durch protektionistische Haltungen auffiel. Die Bank of Indonesia sorgte derweil auf der monetären Seite für stimulierende Impulse. Seit Jahresbeginn senkte die Zentralbank ihren Leitzins viermal um jeweils 25 Basispunkte auf 6,5 % (Juni). Darüber hinaus reduzierten die Währungshüter den Mindestreservesatz auf 6,5 %. Dadurch sollen mehr und günstigere Kredite vergeben werden, um auch beim privaten Sektor für höhere Investitionen zu sorgen. Ermöglicht wurden diese expansiven Maßnahmen durch die Rückkehr der Inflation in den Zielbereich der Notenbank von 3 bis 5 %. Seit Ende 2015 ist die Inflation rückläufig und notierte zuletzt bei historisch niedrigen 3,2 % im Jahresvergleich (Juli). Dabei ist der Preisverfall hauptsächlich durch den Rückgang der Energiepreise zu begründen, denn die Preise für Lebensmittel bleiben verhältnismäßig hoch. Indonesien zeigte sich beim Wirtschaftswachstum in altbekannter Belastbarkeit. Auch wenn das Wachstum unter dem LangzeitPotential blieb, so konnte die Indonesische Wirtschaftsleistung 2015 um 4,8 % zulegen. Nach einem schwachen Jahresstart 2016 von –0,4 % im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal, nahm die Wirtschaft im zweiten Quartal um 4 % qoq zu. Damit scheint der Tiefpunkt überwunden zu sein, und die durch Fiskalmaßnahmen induzierten Wachstumsimpulse Wirkung zu zeigen. 0 -5 -10 1981 1989 1997 2005 2013 In Mrd US-Dollar. Quelle: Bloomberg. Inflation 10 Konsumentenpreisindex 9 8 7 6 5 4 3 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 2 Jul 16 Jul 15 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Bruttoinlandsprodukt Durchschnitt 10 8 6 4 Die expansiven Maßnahmen auf fiskaler und monetärer Seite stimulieren die Binnennachfrage. So zogen die Einzelhandelsumsätze stark an und stiegen im Juni um 15,9 %, im Juli aber nur 2 0 2001 2004 2007 2010 2013 2016 BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 2/14 noch moderat um 2,6 % gegenüber dem Vorjahr. Ähnliches zeigt sich bei der Industrieproduktion, die sich seit 2013 im wachsenden Bereich befindet und im Juni um 9,1 % im Jahresvergleich zulegen konnte. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe stieg seit Jahresbeginn kontinuierlich an und erreichte im Juni ein Zweijahreshoch bei 51,9 Indexpunkten. Auch die Konsumenten zeigen sich optimistisch. So induzierte das Verbrauchervertrauen seit Herbst 2015 positive Konsumstimmung und erreichte im Juli sogar 114,2 Indexpunkte. Auch wenn die Stimmungsindikatoren allen Grund zum Optimismus geben, zeigen sich einige Marktakteure besorgt über den starken Anteil der öffentlichen Investitionen. In der Tat nähert sich der Haushaltssaldo dem gesetzlichen Limit von –3 %. Wenn die Regierung an dieser Grenze festhalten möchte, bleibt nur noch wenig Raum für weitere Fiskalmaßnahmen, denn 2015 kletterte das Haushaltsdefizit bereits auf 2,8 %. Dazu versicherte die neue Finanzministerin, Mulyani, dass man an der 3 % Grenze festhalten wolle. Haushaltssaldo 2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 -2 -2,5 Gesetzliche Grenze -3 2000 2003 2006 2009 2012 -3,5 2015 In % des BIP. Quelle: Bloomberg. Exporte 50 Auch wenn die Exporte in Indonesien – im Vergleich zu anderen Ländern im südostasiatischen Raum – nur einen geringeren Teil des BIP ausmachen, bleibt der Inselstaat dennoch nicht von der abschwächenden Nachfrage der wichtigsten Handelspartner verschont. Im Jahresvergleich sanken die Ausfuhren im Juli um 17 %. Indonesien leidet unter dem Preisverfall bei den Rohstoffen, die typischerweise den größten Anteil der Exporte ausmachen. Aufgrund der Abhängigkeit von Rohstoffpreisen ist das Land bestrebt, die Exporte aus den Nichtrohstoffsektoren zu erhöhen. Die unerwartet guten Wachstumszahlen im zweiten Quartal lassen optimistische Aussichten für das laufende Jahr zu. So erwartet die World Bank 2016 eine Expansion der Wirtschaftsleistung von 5,1 %. Die Indonesische Zentralbank schließt sich dem an und prognostiziert das Wachstum im laufenden Jahr auf 5 % bis 5,4 %. Lediglich der Internationale Währungs Fond (IMF) geht mit der Erwartung von 4,9 % Wachstum in diesem Jahr nicht davon aus, dass der Inselstaat die 5 %-Hürde bewältigen kann. Auch wenn Indonesien solide Devisenreserven von 103 Mrd. USDollar aufweist, steigt die Auslandsverschuldung kontinuierlich auf zuletzt 324 Mrd. US-Dollar. Dennoch vergibt Standard and Poor’s noch das Investmentgrade BB+. 40 30 20 10 0 -10 -20 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 -30 Jul 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Aktienindex 6000 Jakarta Stock Exchange Index 5500 5000 4500 4000 Der Indonesische JCI-Index legte kräftig zu. Seit Jahresbeginn stieg er um 19,7 % (per 19.08.2016). Sollten die expansiven Maßnahmen auf fiskaler und geldpolitischer Seite weiter Wirkung zeigen, könnte der Index noch dieses Jahr sein Allzeithoch von 5 528 aus 2015 durchbrechen. Die Indonesische Rupie zeigte sich im bisherigen Jahresverlauf wenig aktiv und wertete gegenüber dem US-Dollar um 4,8 % auf. 3500 Aug 10 Aug 11 Aug 12 Aug 13 Aug 14 Aug 15 3000 Aug 16 Composite Index. Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 3/14 MALAYSIA Politische Instabilität verunsichert • • • • Premierminister Najib soll bis zu 1 Mrd. US-Dollar veruntreut haben. US-Behörden ermitteln. Innenpolitisch ist ein Machtkampf entbrannt. Investoren sind verunsichert. Konjunkturell geht es seit fünf Quartalen bergab. Im zweiten Quartal kam das BIP nur noch um 4 % voran. Dazu hat auch der Verfall der Energiepreise beigetragen. Malaysia ist weltweit der zweitgrößte Flüssiggasexporteur. Nun könnte ein Wendepunkt erreicht worden sein. Nach der Mehrwertsteuererhöhung auf 6 % in 2015 sanken die Teuerungsraten wieder. Dennoch kam die Leitzinssenkung der Notenbank angesichts der voran gegangenen Währungsschwäche überraschend. Weitere Schritte sind bis zum Jahresende nicht zu erwarten. Die Landeswährung Ringgit und die Devisenreserven sind seit einigen Monaten recht stabil. Da ausländische Investoren einen vergleichsweise hohen Anteil der Staatsanleihen halten, kann sich dies rasch wieder ändern. Die Aktienmärkte entwickeln sich im bisherigen Jahresverlauf eher seitwärts. Bruttoinlandsprodukt Durchschnitt 7 6 5 4 3 2 1 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Gegen den Premierminister werden schwere Vorwürfe erhoben. Es geht um den Verbleib von bis zu 1 Mrd. US-Dollar an Staatsgeldern und mehreren hundert Millionen US-Dollar, die von Saudi Arabischer Seite auf seine Privatkonten geflossen sein sollen. Gerichtsverfahren laufen, auch in den USA. Die innerparteiliche Opposition nimmt zu. Sein Rücktritt wird gefordert. Der entbrannte Kampf um die Macht verunsichert und schreckt vor allem internationale Investoren ab. Zumal die politischen und wirtschaftlichen Strukturen des Landes bereits als relativ verkrustet und wenig innovationsfähig gelten. Exporte Malaysias Konjunktur begann sich fast zeitgleich mit dem Verfall der Rohstoffpreise abzuschwächen. Neben Flüssiggas exportiert das Land Palmöl und andere Agrarerzeugnisse in bedeutenden Mengen. Die Ausfuhren erreichten in 2015 einen Anteil von 70 % des BIP. Dessen Wachstumsraten nehmen seit fünf Jahren kontinuierlich ab. Von April bis Juni diesen Jahres expandierte die Wirtschaft um 4 % und damit so langsam wie seit 2009 nicht mehr. Angesichts des enorm hohen Exportanteils sollte ein solches Ergebnis dennoch einigen Respekt verdienen. Bei einer tragbaren Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte von knapp 55 % der nationalen Wirtschaftsleistung wurde die jährliche Neuverschuldung moderat auf 3,4 % des BIP ausgedehnt. Damit wurden in erster Linie Infrastrukturprojekte angeschoben. Parallel dazu wurden die Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung um drei Prozentpunkte gekürzt. In der Folge konnten 25 20 15 10 5 0 -5 -10 Jul 11 Sep 12 Nov 13 Jan 15 Mrz 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 4/14 Investitionen (+5,6 %) und Konsumausgaben (+6,3 %) während des zweiten Quartals deutlich zulegen. Trotz der angesprochenen politischen Wirrnisse hat sich die Stimmung in der Wirtschaft zuletzt verbessert. Fielen die Exporte zu Jahresbeginn noch zweistellig, so war im Juli erstmals seit 18 Monaten ein Plus von 3,8 % (im Vorjahresvergleich) zu verzeichnen. Die Erholung der Energiepreise war sehr hilfreich. Der MARKIT-Einkaufsmanagerindex kletterte im Juli von 47,1 auf 48,1 Punkte. Unsere Wachstumserwartung liegt für 2016 bei 4 % (nach 5 % im Vorjahr). 2017 dürfte es dann spürbar bergauf gehen. Inflation 5 Konsumentenpreisindex 4 3 2 1 Die preistreibenden Wirkungen der Mehrwertsteuererhöhung des Vorjahres verlieren nun statistisch an Bedeutung. Nach einem zyklischen Hoch von 4,2 % im Februar 2016 lag die Teuerungsrate zuletzt nur noch bei 1,1 %. Die Notenbank strebt einen Zielkorridor von 2 % bis 3 % an. Dennoch kam die Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf 3 % (erste Zinssenkung seit Juli 2014) angesichts der voran gegangenen Währungsschwäche überraschend. Bis zum Jahresende dürfte die Zentralbank nun eine abwartende Position beziehen. Über weite Strecken des Jahres 2015 war der Ringgit die schwächste asiatische Währung. Nun haben sich die Devisenreserven bei etwa 98 Mrd. US-Dollar stabilisiert. Das Land erwirtschaftet konstant Leistungsbilanzüberschüsse. Die Fremdwährungsverbindlichkeiten sind relativ niedrig. Ansatzweise hat dies zu einer Neueinschätzung der Währung geführt. Im bisherigen Jahresverlauf konnte der Ringgit um 6,5 % gegenüber dem USDollar zulegen. Standard & Poor‘s bewertet das Land mit A–, Ausblick stabil. Anleihen sind also für Investmentzwecke geeignet. Der in heimischer Währung notierte Aktienleitindex blieb hingegen seit Jahresbeginn nahezu unverändert. Der Markt ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17,2 vergleichsweise hoch bewertet. Investoren sehen noch keine klare Ertragswende der führenden Unternehmen. Wir erwarten zunächst einen Fortbestand der Seitwärtsbewegung. 0 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 Jul 16 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Wechselkurs US-Dollar/Malaysischer Ringgit 4,5 4,1 3,7 3,3 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 2,9 Jul 16 Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 5/14 PHILIPPINEN Ziel: Verbesserte strukturelle Wachstumsbedingungen • • • • Der im Mai neu gewählte Ministerpräsident Duterte setzt wirtschaftspolitisch mit staatlichen Infrastrukturprogrammen auf eine Stärkung der strukturellen Wachstumskräfte. Die nachgebenden Exporte wurden im bisherigen Jahresverlauf durch eine starke Binnenkonjunktur mehr als ausgeglichen. Im zweiten Quartal stieg das BIP um 7 %. Die Teuerungsrate liegt dennoch bei unter 2 %. Die Notenbank kann ihre Leitzinsen bei Bedarf weiter senken. Die Finanzmärkte entwickeln sich positiv: Seit Jahresbeginn gewann der Peso gegenüber dem US-Dollar leicht an Wert (+1,3 %). Der Leitindex der Börse Manila legte um 14,3 % zu (per 18.8.2016). Bruttoinlandsprodukt Durchschnitt 8 7 6 5 4 3 2 Die Philippinen gehören seit Jahren zu den dynamischsten Volkswirtschaften der Region. Zwischen 2010 und 2015 wuchs die Wirtschaft im Durchschnitt um etwas mehr als 6 %. Dabei wurde die Finanzstabilität nicht aus den Augen gelassen. Die Neuverschuldung der Öffentlichen Haushalte liegt bei weniger als 2,5 % des BIP. Die Gesamtverschuldung unterschreitet mittlerweile 45 % des Bruttoinlandprodukts. Der seit dem 30.6.2016 amtierende neue Ministerpräsident Rodrigo Duterte möchte diese Erfolgsstory fortschreiben. Während seiner sechsjährigen Regierungszeit soll ein dauerhaft höherer Wachstumspfad von 7 bis 8 % erreicht werden. Im Fokus steht der massive Ausbau der vor allem in ländlichen Gebieten äußerst dürftigen Infrastruktur. Dabei geht es um Straßen, Schienen, See- und Flughäfen, aber auch um den Ausbau des Sozial- und Bildungssystems. Ein Gelingen ist schon aus demographischen Gründen geboten. 34 % der schnell wachsenden Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre, mehr als die Hälfte unter 25. Jahr für Jahr müssten also Millionen von neuen Arbeits- und Studienplätzen zur Verfügung gestellt werden. Eine Herkulesaufgabe für ein Land, dessen Pro-KopfEinkommen durchschnittlich kaum mehr als US-Dollar 2.500 im Jahr erreicht. Bei derzeit ausreichenden Finanzierungsspielräumen sind die Aussichten für eine erfolgreiche Umsetzung gegeben. Es bleibt abzuwarten, wie der erklärte Korruptionsgegner Duterte mit den tiefsitzenden Gefälligkeitserwartungen gerade in der Bauindustrie umgehen wird. Während seines Wahlkampfes war er mit Trump-ähnlichen Aussagen aufgefallen und hatte ein hartes Vorgehen gegen jede Form von Kriminalität angekündigt. Sep 11 Sep 12 Sep 13 Sep 14 Sep 15 BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Philippinischer Aktienindex 9000 Philippines Stock Exchange PSE 8000 7000 6000 5000 4000 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 3000 Jul 16 Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 6/14 Die aktuelle konjunkturelle Verfassung des Landes ist als gut zu bezeichnen. Der Exportanteil an der gesamtwirtschaftlichen Leistung ist mit 22 % für die Region eher niedrig. Zwar nahmen die Ausfuhren genau wie Anderswo ab. Im ersten Quartal lag das Minus bei 8,4 %, im zweiten nur noch bei 6,6 %. Darüber hinaus ist das Land ein Netto-Rohstoff-Importeur. Hier wurde die Außenhandelsbilanz also sogar entlastet. Der sehr robuste Verlauf der Binnenkonjunktur glich die externen Belastungen mehr als aus. Der private Verbrauch legte um 7,3 % gegenüber Vorjahr zu, staatliche und private Investitionen gar um 27,6 %. Für das BIP insgesamt ergab sich ein Anstieg von 1,8 % (Quartalsvergleich) bzw. von 7 % (Vorjahresvergleich). Somit ergibt sich ein stetiger Aufwärtstrend. In den fünf voran gegangenen Vierteljahresabschnitten wurden Zuwachsraten zwischen 5 und 6,8 % erzielt. Die Regierung strebt für 2016 einen BIP-Anstieg von 6 bis 7 % an. Das dürfte ohne weiteres erreichbar sein. Vorsichtige Schätzungen gehen von 6,3 % aus. Trotz der hohen konjunkturellen Dynamik stellt die aktuelle Inflationsentwicklung kein Problem für die Notenbank dar. Deren Zielvorgabe liegt bei einer jährlichen Steigerungsrate von 2 bis 4 %. Von Januar bis Juli wurde das Vorjahresniveau um 1,4 % überschritten, im Juli für sich genommen allerdings um 1,9 %. Einerseits entlasten die niedrigen Energiekosten. Andererseits haben sich Nahrungsmittel als Folge der El Nino-Dürre verteuert. Eine rapide Beschleunigung ist nicht absehbar. Die Geldhüter könnten daher im Bedarfsfall ihre seit dem September 2014 unverändert bei 4 % belassenen Leitzinsen spürbar absenken. Bis Ende 2016 erwarten wir derzeit allerdings keinen Zinsschritt. Die Auslandsverschuldung der Philippinen ist mit circa 26 % des BIP unproblematisch. Rekordhohe Devisenreserven von zuletzt US-Dollar 85,5 Mrd. sind als Deckung mehr als ausreichend. Da zudem die Leistungsbilanzüberschüsse 3 % des BIP überschreiten, ist eine Bonitätseinstufung der Staatsanleihen mit dem niedrigsten Investmentgrad (S & P: BBB, Ausblick positiv) gerechtfertigt. Die Landeswährung, der Peso, hat seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar um 1,3 % zugelegt. Die gute Konjunkturlage hat dem lokalen Aktienmarkt zu einer Wertsteigerung von bislang 14,3 % verholfen. Damit liegt die philippinische Börse im internationalen Spitzenfeld. Mittelfristig bleiben die Aussichten positiv. Inflation 6 Konsumentenpreisindex 5 4 3 2 1 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 0 Jul 16 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Wechselkurs US-Dollar/Philippinischer Peso 49 US-Dollar in Philippinischer Peso 48 47 46 45 44 43 42 41 40 Jan 10 Jul 11 Jan 13 Jul 14 Jan 16 Quelle Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 7/14 SÜDKOREA Exportkrise hält an • • • Die regierende Saenuri-Partei verliert die absolute Mehrheit und reagiert mit diversen fiskalen Maßnahmen auf den oppositionellen Druck. Neben der letzten Zinssenkung auf 1,25 % im Juni sind wegen der niedrigen Inflation und anhaltender Exportschwäche weitere Zinssenkungen wahrscheinlich. Die Südkoreanische Volkswirtschaft wird seit 2015 von heftigen Exporteinbrüchen belastet. Erst eine Nachfragesteigerung auf den Weltmärkten, insbesondere in der Schiffbauindustrie, kann nachhaltig die Ausfuhren stützen. Inflation / Leitzins 5 Inflation Leitzins 4 3 2 1 Bei den Parlamentswahlen im April ging die regierende SaenuriPartei mit deutlichen Verlusten vom Feld und verlor ihre absolute Mehrheit. Die dadurch gestärkte Opposition übt nun Druck auf die Regierung aus, die Sozialausgaben zu erhöhen. Von wirtschaftspolitischer Seite wurden bereits temporäre Steuersenkungen verlängert und Teile des Haushaltsbudgets aus 2017 in das laufende Jahr vorgezogen. Darüber hinaus beinhaltet der jüngst beschlossene Restrukturierungsplan ein Konjunkturpaket von 20 Billionen Won (15,4 Mrd. Euro) für das gesamte Kalenderjahr 2016 und zusätzlich 10 Billionen Won für die zweite Jahreshälfte. Angesichts der geringen Staatsverschuldung von 36 % des BIP bleibt ausreichend Spielraum für weitere Maßnahmen. Für günstige Finanzierungsbedingungen wird von der Bank of Korea gesorgt. Im Juni senkte die Zentralbank ihren Leitzins auf 1,25 % und reagiert damit auf die rückläufigen Exporte und die geringe Inflation von zuletzt 0,7 % im Jahresvergleich (Juli). Sollte sich erwartungsgemäß die angespannte Situation bei den Exporten nicht entschärfen, kann es zu weiteren Zinssenkungen kommen. Südkorea hatte es im vergangenen Jahr nicht leicht. Durch den massiven Rückgang der Exporte und Ausbruch der MERSEpidemie blieben Produktionskapazitäten ungenutzt, da es zu Nachfragerückgängen sowohl im Binnen- als auch in den ausländischen Absatzmärkten kam. Die Touristenankünfte sanken um 54 %. Umso erstaunlicher ist es, dass Asiens viertgrößte Volkswirtschaft 2015 um solide 2,6 % wachsen konnte. Im ersten und zweiten Quartal 2016 legte Südkoreas Wirtschaftsleistung jeweils um 0,5 % und 0,7 % zum Vorquartal zu. Problematisch ist auch in Südkorea die Exportsituation, die das exportorientierte Land seit 2015 belastet. Zum Jahresauftakt schrumpften die Ausfuhren zwischenzeitlich bis zu 19,1 % yoy (Januar) und konnten sich bis zuletzt kaum erholen (-10,2 % yoy im Juli). Rückläufig sind nicht nur Lieferungen nach China, denn Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 0 Jul 16 Jul 15 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Exporte 50 40 30 20 10 0 -10 Aug 10 Okt 11 Dez 12 Feb 14 Apr 15 -20 Jun 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Exporte in die Absatzmärkte 160000 0% 140000 2013 -6% 2014 2015 120000 100000 80000 +13% -1% 60000 +6% -7% 40000 -7% -21% 20000 China USA Europa Japan In Mio US-Dollar. Quelle: IMF. Emerging Markets | 26. August 2016 8/14 auch in die USA und Europa wurde weniger verschifft. Unter starken Bestelleinbußen der internationalen Handelspartner leidet vor allem die Schiffbauindustrie, die in den vergangenen Jahren die wichtigste Exportquelle darstellte. Die Binnenwirtschaft erholt sich langsam vom MERS-Schock (s.o.), der die Produktion im vergangenen Jahr stark belastete. So konnte der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im laufenden Jahr wieder Werte oberhalb der Expansionsschwelle erzielen und schloss zuletzt bei 50,1 Punkten (Juli). Auch bei der Nachfrage überwog zuletzt der Optimismus. So induziert das Verbrauchervertrauen in fast jedem Monat seit Mitte 2015 positive Konsumstimmung und notiert zuletzt auf 101 (Juli). Ähnliches zeigt sich bei den Einzelhandelsumsätzen, die 2016 gegenüber dem Vorjahr stetig anstiegen und im Juni sogar um 8,4 % wachsen konnten. Auch wenn die reale Steigerung, aufgrund des Basiseffekts durch die MERS-Epidemie 2015, etwas geringer ausfallen dürfte, ist durchaus von einer Erholung der südkoreanischen Binnennachfrage auszugehen. In den letzten Jahren wurde ein wesentlicher Teil der Binnennachfrage durch private Verschuldung finanziert. Geringe Zinsen und leichte Kreditbewilligung für Immobilienkäufe ließen die Verschuldung im privaten Sektor anschwellen. Insbesondere seit 2015 stieg die private Verschuldung an, nahm zuletzt um 11,4 % (erstes Quartal 2016) gegenüber dem Vorjahr zu und erreichte damit eine private Haushaltsverschuldung von 87 % des BIP (2015). Dem gegenüber nehmen die Konsumausgaben trendmäßig ab, weshalb die Bank of Korea die private Haushaltsverschuldung als ein Schlüsselrisiko einstuft. Durch die fiskalischen Maßnahmen der Regierung und expansive Ausrichtung der Geldpolitik dürfte die Verschuldung der privaten Haushalte allerdings keine ernsthaften Auswirkungen auf den Expansionspfad haben. Aufgrund der schwierigen Exportbedingungen verringern sich die Wachstumsaussichten. So senkt die Regierung ihre Prognose für 2016 von 3,1 % auf 2,8 %. Dem schließt sich die Bank of Korea an, die ihre Aussicht von 3 % auf ebenfalls 2,8 % verringert. Ähnlich erwarten der IMF und die OECD 2016 jeweils ein Wachstum von 2,7 %. Trotz der angespannten Wirtschaftslage ist Südkorea langfristig stabil. Die hohen Währungsreserven von 371 Mrd. US- Dollar (Juli) und der solide Staatshaushalt sichert die Liquidität in Asiens viertgrößten Volkswirtschaft. Das sieht auch die Ratingagentur Standard and Poor’s, die Südkoreas Bonität mit dem Investmentgrade AA bewertet. Der Südkoreanische Aktienindex konnte zwar im laufenden Jahr um 7,2 % zulegen (per 19.08.2016), verharrt seit 2010 allerdings in einer Seitwärtsbewegung zwischen 1600 und 2200 Punkten. Nur nachhaltiges Wachstum, induziert durch steigende Exporte, könnte dem Index die nötigen Impulse geben um aus seinem Seitwärtspfad auszubrechen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Währung. Der Südkoreanische Won wertete gegenüber dem US-Dollar im Jahresverlauf um 4,9 % auf (per 19.08.2016). Verschuldung privater Haushalte / Konsumausgaben Kredite an private Haushalte Konsumausgaben 11 9 7 5 3 1 -1 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Jan 14 Jan 15 Jan 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Wechselkurs US-Dollar/Südkoreanischer Won 1300 1250 1200 1150 1100 1050 1000 Jan 10 Jul 11 Jan 13 Jul 14 Jan 16 Quelle: Bloomberg. Aktienindex 2200 Korea Stock Exchange KOSPI Index 2100 2000 1900 1800 1700 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 1600 Jul 16 Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 9/14 TAIWAN Die Souveränität als Licht am Ende des Tunnels • • • • Die neue Präsidentin Tsai könnte Taiwans Souveränität stärken, riskiert damit aber, die ohnehin angespannte Beziehung zu China weiter zu verschärfen. Die Zentralbank senkt kontinuierlich den Leitzins um 12,5 Basispunkte, zuletzt auf 1,375 % im Juni. Nachdem die Exporte fast eineinhalb Jahre rückläufig waren, stiegen die Ausfuhren im Juli erstmals wieder an. Der Taiwanische Dollar legte gegenüber dem US-Dollar zu, könnte aber im Zuge weiterer Zinssenkungen wieder abwerten. Neben der Problematik von rückläufigen Exporten stellt die angespannte politische Lage zwischen Taiwan und China immer noch ein Risiko da. Denn die frisch gewählte Präsidentin Tsai gilt als Kritikerin des Rahmenabkommens über Wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECFA) zwischen China und Taiwan und verfolgt stattdessen Verhandlungen mit China in einem multilateralen Rahmen der WTO. Ein Kippen des ECFA könnte zwar die Souveränität Taiwans stärken, lässt allerdings entscheidende Fragen über weitere Handelsbeziehungen zu Taiwans wichtigstem Absatzmarkt – dem chinesischen Festland – offen, was die Exporte weiter belasten könnte. Taiwans Wirtschaft konnte 2015 nur um 0,65 % zulegen. Damit ist das vergangene Jahr das schwächste seit der Finanzkrise. Angesichts des enormen Durchschnittswachstums von 7,6 % zwischen 1984 und 1997 sind die letzten Wachstumszahlen eine herbe Enttäuschung. Verhaltene Exporte lassen auch für das laufende Jahr keine guten Aussichten zu. Im zweiten Quartal 2016 konnte Taiwans Wirtschaft lediglich um 0,7 % im Jahresvergleich wachsen. Das exportorientierte Taiwan leidet seit Beginn 2015 unter Nachfragerückgängen in den Hauptabsatzmärkten China und Hongkong. 17 Monate waren die Ausfuhren rückläufig mit dem Tiefpunkt im November 2015 (–17,2 % yoy). Im Juli konnten Taiwans Exporte mit einer Steigerung von 1,2 % erstmals wieder positive Veränderungen im Jahresvergleich erzielen. Da sich die Nachfrage in den Absatzmärkten in den nächsten Monaten bestenfalls nur graduell verbessern dürfte, bleibt Taiwans Exportsituation das größte Wachstumsrisiko. Das schwache Jahr 2015 spiegelt sich auch in der Binnenwirtschaft wider. So notierte der Einkaufsmanagerindex 2015 für 8 Monate unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Indexpunkten und konnte erst im aktuellen Jahr wieder im Expansionsbereich schließen (Juli: 51 Punkte). Ähnliches zeigt sich bei der Industrieproduktion die seit Mai 2015 rückläufig war und erst Exporte 40 30 20 10 0 -10 -20 Aug 10 Jan 12 Jun 13 Nov 14 Apr 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Inflation / Leitzins 4 Inflation Leitzins 3 2 1 0 -1 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 -2 Jul 16 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Bruttoinlandsprodukt / Staatsverschuldung 40 38 36 12 Jahres BIP (rechte Achse) 10 Staatsverschuldung in % des BIP 8 34 6 32 4 30 0,65 28 26 Jan 03 2 0 -2 Mrz 05 Mai 07 Jul 09 Sep 11 Nov 13 Jan 16 Jahres BIP: Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 10/14 zuletzt wieder um 0,9 % (Juni) gegenüber dem Vorjahr wachsen konnte. Die schlechte Stimmung setzt sich bei den Konsumenten fort. Das Verbrauchervertrauen bewegt sich seit April 2015 unterhalb der Schwelle von 100 Indexpunkten. Unter diesen wirtschaftlichen Umständen werden üblicherweise Fiskalpakete verabschiedet, um für die nötigen wachstumsfördernden Impulse zu sorgen. Doch auch wenn Taiwans Verschuldung von 32,8 % des BIP (2015) verhältnismäßig gering ausfällt, tut sich der Inselstaat mit Neuverschuldung schwer. Denn laut der geltenden Verfassungsordnung darf die Staatsverschuldung nicht über 40 % der Wirtschaftsleistung steigen, was den Spielraum für fiskale Maßnahmen stark einschränkt. Daher liegt es momentan an der Notenbank für kurzfristigen Wachstumsschub zu sorgen. Diese senkte seit September 2015 zu jeder ihrer Sitzungen den Leitzins um 12,5 Basispunkte. Zuletzt stand der Zinssatz bei 1,375 % (Juni). Da sich der Zinssenkungspfad auf 12,5 Basispunkte pro Quartal beschränkt, bleiben deutliche Sprünge beim Wachstum aus. Daher gehen einige Marktakteure bereits davon aus, dass die Notenbank schon bald auf unkonventionelle geldpolitische Mittel zurückgreifen könnte. Wechselkurs US-Dollar/Neuer Taiwan-Dollar 34 33 32 31 30 29 28 Jan 10 Jul 11 Jan 13 Jul 14 Jan 16 Quelle: Bloomberg. Anders als die Wirtschaftsleistung, reagierten die Preissteigerungsraten stark auf die geldpolitischen Maßnahmen. So bewegt sich der Konsumentenpreisindex seit September 2015 wieder im positivem Bereich – konnte zwischenzeitlich sogar Werte über 2 % erreichen, notierte zuletzt aber bei moderaten 1,2 % yoy (Juli). Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass der schlagartige Anstieg bei den Konsumentenpreisen weitere Zinssenkungen verhindert. Denn der Preisanstieg lässt sich hauptsächlich durch Nahrungsmittelpreise begründen, die aufgrund des kalten Wetters ungewöhnlich stark anzogen. Die Kernrate – die Nahrungsmittel und Energie ausschließt – bleibt seit 2015 stabil unter 1 %. Durch die gedämpften Exporte bleiben auch die Aussichten für das laufende Jahr reserviert. Der IMF erwartet ein BIPWachstum von 1,5 % für 2016. Etwas zurückhaltender zeigt sich das öffentliche Census Bureau mit Erwartungen von 1,1 % Wachstum in diesem Jahr. Sollten sich die Ausfuhren im weiteren Jahresverlauf nicht erholen, könnte die Wirtschaftsleistung sogar noch geringer ausfallen Mit einer Bonitätsbewertung von AA- (Standard and Poor‘s) gilt Taiwan allerdings als stabil. Der Aktienmarkt startete gestärkt in das laufende Jahr. Der TWSE-Index stand zuletzt auf 9034,3 (per 19.08.2016). Damit legt der Index im Jahresverlauf zwar um solide 8,4 % zu, kann aber die massiven Verluste aus dem Vorjahr noch nicht ausgleichen. Der Taiwanesische Dollar wertete kräftig auf und legte seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar um 3,6 % zu (per 19.08.2016). Setzt die Zentralbank ihren expansiven Kurs mit weiteren Zinssenkungen fort, so könnte der Wechselkurs auf die technische Unterstützung vom Dezember 2014 reagieren und der Taiwanesische Dollar wieder abwerten. Eine schwächere Währung dürfte die Exporte weiter stützen. Emerging Markets | 26. August 2016 11/14 THAILAND Neue Verfassung - mehr Zuversicht • • • Am 7 August 2016 stimmten die Thailänder für die neue Landesverfassung. Doch auch in der neuen Ordnung hält das Militär eine einflussreiche Position. Mehrere Fiskal-Pakete stützen die Thailändische Wirtschaft, die von der Dürre und rückläufigen Exporten angeschlagen ist. Das Bruttoinlandsprodukt steigt im zweiten Quartal um 3,5 % im Jahresvergleich. Der SET-Aktienindex zog stark an und konnte seit Jahresbeginn um 19,5 % zulegen (per 19.08.2016). Inflation versus Kerninflation 5 Inflation Kernrate 4 3 2 1 0 Neben der ernsten Dürre ist die angespannte politische Lage der größte Risikofaktor in Thailand. Nach dem Militärputsch stimmte die thailändische Bevölkerung am 7. August für die neue Landesverfassung. Dass sich die politische Situation nun entspannt ist dennoch unwahrscheinlich, da das Militär auch in der neuen Verfassung eine elementare Rolle spielt. So kann es Gesetze blockieren und Verfassungsänderungen verhindern. Wahlen finden voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2017 statt. -1 Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 -2 Jul 16 Jul 15 Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Exporte 40 Von Seiten der Geldpolitik hat sich die Bank of Thailand bislang verhalten gezeigt. Seit der Zinssenkung im April 2015 verharrt der Leitzinssatz bei 1,5 %. Weitere Zinssenkungen sind eher unwahrscheinlich. Auch wenn der Konsumentenpreisindex, aufgrund sinkender Öl- und Lebensmittelpreise, in den letzten zwei Monaten nur noch leicht zulegen konnte (Juli: 0,1 % yoy), zeigten sich die Konsumentenpreise seit April wieder mit positiven Jahresveränderungsraten. Die Kernrate lag solide bei 0,8 % im Juli. Thailands Wirtschaft konnte 2015 um 2,8 % wachsen. Den schwierigen politischen Bedingungen zum Trotz, sorgten die Investitionen im öffentlichen Sektor und steigender Tourismus für die nötigen Impulse. Neben unerwartet hohen Exporten sind dies auch die Hauptwachstumstreiber im aktuellen Jahr. Zum Auftakt legte die Wirtschaft im ersten und zweiten Quartal 2016 mit jeweils 1 % und 0,8 % gegenüber dem Vorquartal etwas mehr zu als erwartet. Die Binnennachfrage steht weiterhin im Fokus. Das Verbrauchervertrauen ist seit Jahresbeginn rückläufig und mit zuletzt 61,4 Indexpunkten (Juli 2016) weit von positiver Konsumstimmung entfernt. Die Inlandsnachfrage leidet momentan unter einer der schwersten Dürreperioden seit 1994. Dadurch dürften sich die Schulden bei den privaten Haushalten weiter verschärfen, da gerade die ländlichen Regionen stark von den landwirtschaftlichen Erträgen abhängen. Auf industrieller Seite verbesserten sich die Aussichten durch Erstarken der Elektronik- und Autoindustrie. Nach einem schwachen Jahresstart verläuft die Produktion im verarbeitenden Gewerbe seit März wieder im positiven Bereich 30 20 10 0 -10 -20 Aug 10 Jan 12 Jun 13 Nov 14 Apr 16 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg. Exporte in die Absatzmärkte 27000 25000 2013 2014 -7% -6% +5% 0% 2015 +5% 23000 -6% -2% 21000 -8% 19000 17000 15000 China USA Europa Japan In Mio. US-Dollar. Quelle: IMF. Emerging Markets | 26. August 2016 12/14 und wächst zuletzt im Jahresvergleich um 0,8 % (Juni). Darüber hinaus ist die Binnennachfrage aktuell von den FiskalMaßnahmen der öffentlichen Hand geprägt. Neben den Infrastrukturprojekten steht ein Budget von THB 56 Mrd. (0,4 % des BIP) für Investitionen im elektronischen Bezahlsystem und Internetkabel zur Verfügung. Weitere THB 93 Mrd. (0,7 % des BIP) sollen für die Bekämpfung der Dürrefolgen eingesetzt werden. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr konnten sich die Exporte 2016 leicht erholen. Getrieben durch steigende Ausfuhren von Gold, Autos und Maschinen stiegen die Exporte im Juni um 1,9 % im Jahresvergleich nachdem die Ausfuhren zuvor drei Monate abnahmen. Während die Lieferungen in die Hauptabsatzmärkte 2016 rückläufig waren, zogen die Exporte in andere süd-ost-asiatische Regionen sowie Australien an. Bei einer rückläufigen Nachfrage aus China oder anderen Hauptabsatzmärkten sind erneute Exportrückgänge allerdings wahrscheinlich. Darüber hinaus, weist Thailand einen Handelsbilanzüberschuss von 2,8 Mrd. US-Dollar auf und ist damit deutlicher Nettoexporteur. Für 2016 wird im Allgemeinen mit höheren Wachstumszahlen als 2015 gerechnet. Dennoch wurden die Prognosen zuletzt tendenziell herabgesetzt. So erwartet die Bank of Thailand ein Wachstum für 2016 von 3,1 % (vorher 3,5 %). Der IMF prognostiziert einen ähnlichen BIP-Anstieg von 3 % für 2016. Lediglich die World Bank zeigt sich mit ihren Erwartungen von 2,5 % Wachstum für das laufende Jahr etwas pessimistischer. Des Weiteren ist Thailands Auslandsverschuldung seit 2014 rückläufig und betrug im ersten Quartal 2016 133,9 Mrd. US-Dollar. Standard and Poor’s schätzt Thailands Bonität, mit dem Investmentgrade BBB+, als stabil ein. Im Jahresverlauf konnte der Thailändische Baht gegenüber dem US-Dollar leicht aufwerten. Veerathai Santiprabhob, Gouverneur der Bank of Thailand, versicherte mehrmals das Bestreben, die Volatilität im Thailändischen Baht zu glätten. Ferner mildern die hohen Devisenreserven (Juli: US-Dollar 178 Mrd.) die negativen Effekte der globalen Finanzmarktvolatilität. Auch der Aktienindex nimmt stetig zu und stand zuletzt bei 1550 Punkten mit einem Gewinn von 21,8 % seit Jahresbeginn (per 19.08.2016). Sollte die neue Verfassungsordnung dazu genutzt werden, zügig Neuwahlen voranzutreiben um Stabilität zu sichern, sind weitere Anstiege im SET-Index bis auf das Langzeithoch vom Mai 2013 bei 1643 Indexpunkten möglich. Wechselkurs US-Dollar/Thailändischer Baht 37 35 33 31 29 27 Jan 10 Jul 11 Jan 13 Jul 14 Jan 16 Quelle: Bloomberg. Thailändischer Aktienindex 1800 1600 1400 1200 1000 Stock Exchange of Thailand SET Jul 11 Jul 12 Jul 13 Jul 14 Jul 15 800 Jul 16 Quelle: Bloomberg. Emerging Markets | 26. August 2016 13/14 IMPRESSUM Makro-Team Hamburg Dr. Holger Schmieding | Chefvolkswirt +49 40 350 60-8021 | [email protected] Wolf-Fabian Hungerland +49 40 350 60-8165 | [email protected] Cornelia Koller +49 40 350 60-198 | [email protected] Berenberg Makro erscheint zu folgenden Themen: ► Emerging Markets Geldpolitik Konjunktur Osteuropa Rohstoffe Trends Währungen www.berenberg.de/publikationen Wolfgang Pflüger +49 40 350 60-416 | [email protected] Dr. Jörn Quitzau +49 40 350 60-113 | [email protected] Wichtige Hinweise: Dieses Dokument stellt keine Finanzanalyse im Sinne des § 34b WpHG, keine Anlageberatung, Anlageempfehlung oder Aufforderung zum Kauf von Finanzinstrumenten dar. Es ersetzt keine rechtliche, steuerliche und finanzielle Beratung. Die in diesem Dokument enthaltenen Aussagen basieren auf allgemein zugänglichen Quellen und berücksichtigen den Stand bis zum Tag vor der Veröffentlichung. Nachträglich eintretende Änderungen können nicht berücksichtigt werden. Joh. 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