Emerging Markets

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Emerging Markets
EMERGING MARKETS
26. August 2016
SÜDOSTASIENS VOLKSWIRTSCHAFTEN (EX CHINA)
Wolfgang Pflüger und Toni Bruchmüller
Wachstumspause beendet
Die von uns untersuchten sechs südostasiatischen Länder erwirtschafteten 2015 ein BIP von zusammen genommen etwa
3 700 Mrd. US-Dollar. Damit lag es auf einer der deutschen Wirtschaftsleistung vergleichbaren Höhe, der immerhin viertgrößten
Wirtschaftsnation weltweit. Von besonderer Bedeutung sind
Südkorea und Indonesien, die für circa 58 % der Leistungskraft
dieser Ländergruppe verantwortlich sind.
Zwar hat die Expansionsdynamik der Region in den letzten Jahren nachgelassen. Länder wie Malaysia, Indonesien oder die Philippinen wachsen aber immer noch mit Raten zwischen vier und
sechs Prozent. Was hier passiert ist also durchaus von globaler
Bedeutung, gerade auch wegen der engen Handelsbeziehungen zu
China. Dessen strukturell bedingte Wachstumsverlangsamung hat
2015 unter anderem zu einem Rückgang der Importe um 18,4 %
geführt und so das innerasiatische Handelsvolumen schrumpfen
lassen. Spiegelbildlich hat dies zu Problemen vieler exportorientierter asiatischer Volkswirtschaften geführt. Belastend wirkte
auch der Verfall der Rohstoffpreise. Immerhin ist Malaysia der
zweitgrößte Flüssiggasexporteur der Welt, Indonesien die Nummer eins für Zinn und Thailand ein bedeutender Agrarproduzent.
Fast zwangsläufig ist so die Binnennachfrage zur Hauptkonjunkturstütze geworden. Robuste Konsumausgaben, aber auch staatliche Infrastrukturprogramme bilden vielfach das Gegengewicht.
Aus Finanzmarktsicht ist allerdings das Quartalsprofil von größerer Bedeutung.
Kurzfristig zeichnet sich hier nach einer Stabilisierung in den
Sommermonaten eine Belebung während des dritten und vierten
Quartals ab. Denn: Die Brexit-Auswirkungen auf Devisen- und
Finanzmärkte waren nur vorübergehender Natur. Die Geschäftsklimaindizes haben ihre Talsohlen durchschritten. Die Exportsituation zeigt ebenfalls Anzeichen einer Trendwende.
Mittel- und langfristig erschließt die im Dezember 2015 beschlossene Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes der
ASEAN-Staaten bis zum Jahr 2025 neues Wachstumspotential.
Zollschranken und nichttarifäre Handelshemmnisse werden
abgebaut. Einheitliche Industrienormen begünstigen grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte (Verkehrswege, Energienetze,
IT-Lösungen). Produktionskosten dürften sinken, private und
öffentliche Investitionen erheblich steigen, die gesamtwirtschaftliche Produktivität ein höheres Niveau erklimmen.
Risiken: Die Region bleibt bislang nicht frei von politischen
Instabilitäten im Verbund mit immer wiederkehrenden Korruptionsvorwürfen. Aktuell stehen hier Malaysia und (immer noch)
Thailand im Vordergrund. In einigen Fällen geben die relativ
hohen Währungsverbindlichkeiten des Unternehmenssektors
Anlass zur Vorsicht. Insgesamt gesehen bietet die Region nun
jedoch wieder vermehrt interessante Investitionsmöglichkeiten.
Dennoch überwogen bis zuletzt leichte Abwärtsrevisionen der
BIP-Ziele für 2016.
Wachstumsraten der einzelnen Ländergruppen
Jährliches Wachstum
Prognose
Land
2014
2015
2016 e
2017 e
Indonesien
5,0
4,79
4,9
5,3
Malaysia
6,0
5,0
4,4
4,8
Philippinen
6,1
5,8
6,0
6,2
Südkorea
3,3
2,6
2,7
2,9
Taiwan
3,9
0,7
1,5
2,2
Thailand
0,8
2,8
3,0
3,2
In Prozent. Quelle: Bloomberg, IMF.
1
Emerging Markets | 26. August 2016
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INDONESIEN
Ein Land auf der Überholspur
•
•
•
Eine Vielzahl von Fiskalpaketen soll für die nötigen Wachstumsimpulse sorgen, um die negativen Effekte der Exportrückgänge zu schmälern. Im zweiten Quartal nahm Indonesiens Wirtschaftsleistung um 4 % zum Vorquartal zu.
Die Konsumpreise kehren in das Zielband zurück und geben
der Zentralbank den nötigen Spielraum für Zinssenkungen.
Der JCI-Aktienindex zeigt sich von seiner bullishen Seite und
stieg seit Jahresbeginn um 19,7 %.
Ausländische Investitionen in Indonesien
30
Foreign Direct Investment Net Inflow
25
20
15
10
5
Die Indonesische Regierung ist aktiv, um wachstumsdämpfende
Effekte der Rohstoffpreise zu schmälern. So wurden seit September 2015 zehn Fiskalpakete angekündigt, die neben höheren
Ausgaben für die Infrastruktur auch mehrere Reformen vorsehen. Damit sollen Investitionen angetrieben und für bessere
Wirtschaftsbedingungen gesorgt werden. Dies soll Indonesien für
ausländische Investoren attraktiver machen, nachdem das Land in
der Vergangenheit eher durch protektionistische Haltungen auffiel.
Die Bank of Indonesia sorgte derweil auf der monetären Seite für
stimulierende Impulse. Seit Jahresbeginn senkte die Zentralbank
ihren Leitzins viermal um jeweils 25 Basispunkte auf 6,5 % (Juni).
Darüber hinaus reduzierten die Währungshüter den Mindestreservesatz auf 6,5 %. Dadurch sollen mehr und günstigere Kredite
vergeben werden, um auch beim privaten Sektor für höhere Investitionen zu sorgen. Ermöglicht wurden diese expansiven Maßnahmen durch die Rückkehr der Inflation in den Zielbereich der
Notenbank von 3 bis 5 %. Seit Ende 2015 ist die Inflation rückläufig und notierte zuletzt bei historisch niedrigen 3,2 % im Jahresvergleich (Juli). Dabei ist der Preisverfall hauptsächlich durch
den Rückgang der Energiepreise zu begründen, denn die Preise
für Lebensmittel bleiben verhältnismäßig hoch.
Indonesien zeigte sich beim Wirtschaftswachstum in altbekannter
Belastbarkeit. Auch wenn das Wachstum unter dem LangzeitPotential blieb, so konnte die Indonesische Wirtschaftsleistung
2015 um 4,8 % zulegen. Nach einem schwachen Jahresstart 2016
von –0,4 % im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal, nahm
die Wirtschaft im zweiten Quartal um 4 % qoq zu. Damit scheint
der Tiefpunkt überwunden zu sein, und die durch Fiskalmaßnahmen induzierten Wachstumsimpulse Wirkung zu zeigen.
0
-5
-10
1981
1989
1997
2005
2013
In Mrd US-Dollar. Quelle: Bloomberg.
Inflation
10
Konsumentenpreisindex
9
8
7
6
5
4
3
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
2
Jul 16
Jul 15
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Bruttoinlandsprodukt
Durchschnitt
10
8
6
4
Die expansiven Maßnahmen auf fiskaler und monetärer Seite
stimulieren die Binnennachfrage. So zogen die Einzelhandelsumsätze stark an und stiegen im Juni um 15,9 %, im Juli aber nur
2
0
2001
2004
2007
2010
2013
2016
BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
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noch moderat um 2,6 % gegenüber dem Vorjahr. Ähnliches zeigt
sich bei der Industrieproduktion, die sich seit 2013 im wachsenden Bereich befindet und im Juni um 9,1 % im Jahresvergleich
zulegen konnte. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende
Gewerbe stieg seit Jahresbeginn kontinuierlich an und erreichte
im Juni ein Zweijahreshoch bei 51,9 Indexpunkten. Auch die
Konsumenten zeigen sich optimistisch. So induzierte das Verbrauchervertrauen seit Herbst 2015 positive Konsumstimmung
und erreichte im Juli sogar 114,2 Indexpunkte. Auch wenn die
Stimmungsindikatoren allen Grund zum Optimismus geben,
zeigen sich einige Marktakteure besorgt über den starken Anteil
der öffentlichen Investitionen. In der Tat nähert sich der Haushaltssaldo dem gesetzlichen Limit von –3 %. Wenn die Regierung
an dieser Grenze festhalten möchte, bleibt nur noch wenig Raum
für weitere Fiskalmaßnahmen, denn 2015 kletterte das Haushaltsdefizit bereits auf 2,8 %. Dazu versicherte die neue Finanzministerin, Mulyani, dass man an der 3 % Grenze festhalten wolle.
Haushaltssaldo
2
1,5
1
0,5
0
-0,5
-1
-1,5
-2
-2,5
Gesetzliche Grenze
-3
2000
2003
2006
2009
2012
-3,5
2015
In % des BIP. Quelle: Bloomberg.
Exporte
50
Auch wenn die Exporte in Indonesien – im Vergleich zu anderen
Ländern im südostasiatischen Raum – nur einen geringeren Teil
des BIP ausmachen, bleibt der Inselstaat dennoch nicht von der
abschwächenden Nachfrage der wichtigsten Handelspartner
verschont. Im Jahresvergleich sanken die Ausfuhren im Juli um
17 %. Indonesien leidet unter dem Preisverfall bei den Rohstoffen, die typischerweise den größten Anteil der Exporte ausmachen. Aufgrund der Abhängigkeit von Rohstoffpreisen ist das
Land bestrebt, die Exporte aus den Nichtrohstoffsektoren zu
erhöhen.
Die unerwartet guten Wachstumszahlen im zweiten Quartal lassen optimistische Aussichten für das laufende Jahr zu. So erwartet die World Bank 2016 eine Expansion der Wirtschaftsleistung
von 5,1 %. Die Indonesische Zentralbank schließt sich dem an
und prognostiziert das Wachstum im laufenden Jahr auf 5 % bis
5,4 %. Lediglich der Internationale Währungs Fond (IMF) geht
mit der Erwartung von 4,9 % Wachstum in diesem Jahr nicht
davon aus, dass der Inselstaat die 5 %-Hürde bewältigen kann.
Auch wenn Indonesien solide Devisenreserven von 103 Mrd. USDollar aufweist, steigt die Auslandsverschuldung kontinuierlich
auf zuletzt 324 Mrd. US-Dollar. Dennoch vergibt Standard and
Poor’s noch das Investmentgrade BB+.
40
30
20
10
0
-10
-20
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
-30
Jul 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Aktienindex
6000
Jakarta Stock Exchange
Index
5500
5000
4500
4000
Der Indonesische JCI-Index legte kräftig zu. Seit Jahresbeginn
stieg er um 19,7 % (per 19.08.2016). Sollten die expansiven Maßnahmen auf fiskaler und geldpolitischer Seite weiter Wirkung
zeigen, könnte der Index noch dieses Jahr sein Allzeithoch von
5 528 aus 2015 durchbrechen. Die Indonesische Rupie zeigte sich
im bisherigen Jahresverlauf wenig aktiv und wertete gegenüber
dem US-Dollar um 4,8 % auf.
3500
Aug 10
Aug 11
Aug 12
Aug 13
Aug 14
Aug 15
3000
Aug 16
Composite Index. Quelle: Bloomberg.
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MALAYSIA
Politische Instabilität verunsichert
•
•
•
•
Premierminister Najib soll bis zu 1 Mrd. US-Dollar veruntreut
haben. US-Behörden ermitteln. Innenpolitisch ist ein Machtkampf entbrannt. Investoren sind verunsichert.
Konjunkturell geht es seit fünf Quartalen bergab. Im zweiten
Quartal kam das BIP nur noch um 4 % voran. Dazu hat auch
der Verfall der Energiepreise beigetragen. Malaysia ist weltweit der zweitgrößte Flüssiggasexporteur. Nun könnte ein
Wendepunkt erreicht worden sein.
Nach der Mehrwertsteuererhöhung auf 6 % in 2015 sanken
die Teuerungsraten wieder. Dennoch kam die Leitzinssenkung der Notenbank angesichts der voran gegangenen Währungsschwäche überraschend. Weitere Schritte sind bis zum
Jahresende nicht zu erwarten.
Die Landeswährung Ringgit und die Devisenreserven sind seit
einigen Monaten recht stabil. Da ausländische Investoren einen vergleichsweise hohen Anteil der Staatsanleihen halten,
kann sich dies rasch wieder ändern. Die Aktienmärkte
entwickeln sich im bisherigen Jahresverlauf eher seitwärts.
Bruttoinlandsprodukt
Durchschnitt 7
6
5
4
3
2
1
0
2011
2012
2013
2014
2015
2016
BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Gegen den Premierminister werden schwere Vorwürfe erhoben.
Es geht um den Verbleib von bis zu 1 Mrd. US-Dollar an Staatsgeldern und mehreren hundert Millionen US-Dollar, die von
Saudi Arabischer Seite auf seine Privatkonten geflossen sein
sollen. Gerichtsverfahren laufen, auch in den USA. Die innerparteiliche Opposition nimmt zu. Sein Rücktritt wird gefordert. Der
entbrannte Kampf um die Macht verunsichert und schreckt vor
allem internationale Investoren ab. Zumal die politischen und
wirtschaftlichen Strukturen des Landes bereits als relativ verkrustet und wenig innovationsfähig gelten.
Exporte
Malaysias Konjunktur begann sich fast zeitgleich mit dem Verfall
der Rohstoffpreise abzuschwächen. Neben Flüssiggas exportiert
das Land Palmöl und andere Agrarerzeugnisse in bedeutenden
Mengen. Die Ausfuhren erreichten in 2015 einen Anteil von
70 % des BIP. Dessen Wachstumsraten nehmen seit fünf Jahren
kontinuierlich ab. Von April bis Juni diesen Jahres expandierte
die Wirtschaft um 4 % und damit so langsam wie seit 2009 nicht
mehr. Angesichts des enorm hohen Exportanteils sollte ein solches Ergebnis dennoch einigen Respekt verdienen. Bei einer
tragbaren Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte von
knapp 55 % der nationalen Wirtschaftsleistung wurde die jährliche Neuverschuldung moderat auf 3,4 % des BIP ausgedehnt.
Damit wurden in erster Linie Infrastrukturprojekte angeschoben.
Parallel dazu wurden die Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung um drei Prozentpunkte gekürzt. In der Folge konnten
25
20
15
10
5
0
-5
-10
Jul 11
Sep 12
Nov 13
Jan 15
Mrz 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
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Investitionen (+5,6 %) und Konsumausgaben (+6,3 %) während
des zweiten Quartals deutlich zulegen. Trotz der angesprochenen
politischen Wirrnisse hat sich die Stimmung in der Wirtschaft
zuletzt verbessert. Fielen die Exporte zu Jahresbeginn noch zweistellig, so war im Juli erstmals seit 18 Monaten ein Plus von 3,8 %
(im Vorjahresvergleich) zu verzeichnen. Die Erholung der Energiepreise war sehr hilfreich. Der MARKIT-Einkaufsmanagerindex kletterte im Juli von 47,1 auf 48,1 Punkte. Unsere Wachstumserwartung liegt für 2016 bei 4 % (nach 5 % im Vorjahr).
2017 dürfte es dann spürbar bergauf gehen.
Inflation
5
Konsumentenpreisindex
4
3
2
1
Die preistreibenden Wirkungen der Mehrwertsteuererhöhung des
Vorjahres verlieren nun statistisch an Bedeutung. Nach einem
zyklischen Hoch von 4,2 % im Februar 2016 lag die Teuerungsrate zuletzt nur noch bei 1,1 %. Die Notenbank strebt einen Zielkorridor von 2 % bis 3 % an. Dennoch kam die Leitzinssenkung
um 25 Basispunkte auf 3 % (erste Zinssenkung seit Juli 2014)
angesichts der voran gegangenen Währungsschwäche überraschend. Bis zum Jahresende dürfte die Zentralbank nun eine
abwartende Position beziehen.
Über weite Strecken des Jahres 2015 war der Ringgit die
schwächste asiatische Währung. Nun haben sich die Devisenreserven bei etwa 98 Mrd. US-Dollar stabilisiert. Das Land erwirtschaftet konstant Leistungsbilanzüberschüsse. Die Fremdwährungsverbindlichkeiten sind relativ niedrig. Ansatzweise hat dies
zu einer Neueinschätzung der Währung geführt. Im bisherigen
Jahresverlauf konnte der Ringgit um 6,5 % gegenüber dem USDollar zulegen. Standard & Poor‘s bewertet das Land mit A–,
Ausblick stabil. Anleihen sind also für Investmentzwecke geeignet. Der in heimischer Währung notierte Aktienleitindex blieb
hingegen seit Jahresbeginn nahezu unverändert. Der Markt ist mit
einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17,2 vergleichsweise hoch
bewertet. Investoren sehen noch keine klare Ertragswende der
führenden Unternehmen. Wir erwarten zunächst einen Fortbestand der Seitwärtsbewegung.
0
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
Jul 16
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Wechselkurs US-Dollar/Malaysischer Ringgit
4,5
4,1
3,7
3,3
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
2,9
Jul 16
Quelle: Bloomberg.
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PHILIPPINEN
Ziel: Verbesserte strukturelle Wachstumsbedingungen
•
•
•
•
Der im Mai neu gewählte Ministerpräsident Duterte setzt
wirtschaftspolitisch mit staatlichen Infrastrukturprogrammen
auf eine Stärkung der strukturellen Wachstumskräfte.
Die nachgebenden Exporte wurden im bisherigen Jahresverlauf durch eine starke Binnenkonjunktur mehr als ausgeglichen. Im zweiten Quartal stieg das BIP um 7 %.
Die Teuerungsrate liegt dennoch bei unter 2 %. Die Notenbank kann ihre Leitzinsen bei Bedarf weiter senken.
Die Finanzmärkte entwickeln sich positiv: Seit Jahresbeginn
gewann der Peso gegenüber dem US-Dollar leicht an Wert
(+1,3 %). Der Leitindex der Börse Manila legte um 14,3 % zu
(per 18.8.2016).
Bruttoinlandsprodukt
Durchschnitt
8
7
6
5
4
3
2
Die Philippinen gehören seit Jahren zu den dynamischsten
Volkswirtschaften der Region. Zwischen 2010 und 2015 wuchs
die Wirtschaft im Durchschnitt um etwas mehr als 6 %. Dabei
wurde die Finanzstabilität nicht aus den Augen gelassen. Die
Neuverschuldung der Öffentlichen Haushalte liegt bei weniger als
2,5 % des BIP. Die Gesamtverschuldung unterschreitet mittlerweile 45 % des Bruttoinlandprodukts. Der seit dem 30.6.2016
amtierende neue Ministerpräsident Rodrigo Duterte möchte diese
Erfolgsstory fortschreiben. Während seiner sechsjährigen Regierungszeit soll ein dauerhaft höherer Wachstumspfad von 7 bis
8 % erreicht werden. Im Fokus steht der massive Ausbau der vor
allem in ländlichen Gebieten äußerst dürftigen Infrastruktur.
Dabei geht es um Straßen, Schienen, See- und Flughäfen, aber
auch um den Ausbau des Sozial- und Bildungssystems. Ein Gelingen ist schon aus demographischen Gründen geboten. 34 %
der schnell wachsenden Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre, mehr
als die Hälfte unter 25. Jahr für Jahr müssten also Millionen von
neuen Arbeits- und Studienplätzen zur Verfügung gestellt werden. Eine Herkulesaufgabe für ein Land, dessen Pro-KopfEinkommen durchschnittlich kaum mehr als US-Dollar 2.500 im
Jahr erreicht. Bei derzeit ausreichenden Finanzierungsspielräumen
sind die Aussichten für eine erfolgreiche Umsetzung gegeben. Es
bleibt abzuwarten, wie der erklärte Korruptionsgegner Duterte
mit den tiefsitzenden Gefälligkeitserwartungen gerade in der
Bauindustrie umgehen wird. Während seines Wahlkampfes war er
mit Trump-ähnlichen Aussagen aufgefallen und hatte ein hartes
Vorgehen gegen jede Form von Kriminalität angekündigt.
Sep 11
Sep 12
Sep 13
Sep 14
Sep 15
BIP: gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Philippinischer Aktienindex
9000
Philippines Stock
Exchange PSE
8000
7000
6000
5000
4000
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
3000
Jul 16
Quelle: Bloomberg.
Emerging Markets | 26. August 2016
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Die aktuelle konjunkturelle Verfassung des Landes ist als gut zu
bezeichnen. Der Exportanteil an der gesamtwirtschaftlichen
Leistung ist mit 22 % für die Region eher niedrig. Zwar nahmen
die Ausfuhren genau wie Anderswo ab. Im ersten Quartal lag das
Minus bei 8,4 %, im zweiten nur noch bei 6,6 %. Darüber hinaus
ist das Land ein Netto-Rohstoff-Importeur. Hier wurde die Außenhandelsbilanz also sogar entlastet. Der sehr robuste Verlauf
der Binnenkonjunktur glich die externen Belastungen mehr als
aus. Der private Verbrauch legte um 7,3 % gegenüber Vorjahr zu,
staatliche und private Investitionen gar um 27,6 %. Für das BIP
insgesamt ergab sich ein Anstieg von 1,8 % (Quartalsvergleich)
bzw. von 7 % (Vorjahresvergleich). Somit ergibt sich ein stetiger
Aufwärtstrend. In den fünf voran gegangenen Vierteljahresabschnitten wurden Zuwachsraten zwischen 5 und 6,8 % erzielt.
Die Regierung strebt für 2016 einen BIP-Anstieg von 6 bis 7 %
an. Das dürfte ohne weiteres erreichbar sein. Vorsichtige Schätzungen gehen von 6,3 % aus.
Trotz der hohen konjunkturellen Dynamik stellt die aktuelle
Inflationsentwicklung kein Problem für die Notenbank dar. Deren Zielvorgabe liegt bei einer jährlichen Steigerungsrate von 2
bis 4 %. Von Januar bis Juli wurde das Vorjahresniveau um 1,4 %
überschritten, im Juli für sich genommen allerdings um 1,9 %.
Einerseits entlasten die niedrigen Energiekosten. Andererseits
haben sich Nahrungsmittel als Folge der El Nino-Dürre verteuert. Eine rapide Beschleunigung ist nicht absehbar. Die Geldhüter
könnten daher im Bedarfsfall ihre seit dem September 2014 unverändert bei 4 % belassenen Leitzinsen spürbar absenken. Bis
Ende 2016 erwarten wir derzeit allerdings keinen Zinsschritt.
Die Auslandsverschuldung der Philippinen ist mit circa 26 % des
BIP unproblematisch. Rekordhohe Devisenreserven von zuletzt
US-Dollar 85,5 Mrd. sind als Deckung mehr als ausreichend. Da
zudem die Leistungsbilanzüberschüsse 3 % des BIP überschreiten, ist eine Bonitätseinstufung der Staatsanleihen mit dem niedrigsten Investmentgrad (S & P: BBB, Ausblick positiv) gerechtfertigt. Die Landeswährung, der Peso, hat seit Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar um 1,3 % zugelegt. Die gute Konjunkturlage hat dem lokalen Aktienmarkt zu einer Wertsteigerung von
bislang 14,3 % verholfen. Damit liegt die philippinische Börse im
internationalen Spitzenfeld. Mittelfristig bleiben die Aussichten
positiv.
Inflation
6
Konsumentenpreisindex
5
4
3
2
1
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
0
Jul 16
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Wechselkurs US-Dollar/Philippinischer Peso
49
US-Dollar in
Philippinischer Peso
48
47
46
45
44
43
42
41
40
Jan 10
Jul 11
Jan 13
Jul 14
Jan 16
Quelle Bloomberg.
Emerging Markets | 26. August 2016
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SÜDKOREA
Exportkrise hält an
•
•
•
Die regierende Saenuri-Partei verliert die absolute Mehrheit
und reagiert mit diversen fiskalen Maßnahmen auf den oppositionellen Druck.
Neben der letzten Zinssenkung auf 1,25 % im Juni sind
wegen der niedrigen Inflation und anhaltender Exportschwäche weitere Zinssenkungen wahrscheinlich.
Die Südkoreanische Volkswirtschaft wird seit 2015 von heftigen Exporteinbrüchen belastet. Erst eine Nachfragesteigerung
auf den Weltmärkten, insbesondere in der Schiffbauindustrie,
kann nachhaltig die Ausfuhren stützen.
Inflation / Leitzins
5
Inflation
Leitzins
4
3
2
1
Bei den Parlamentswahlen im April ging die regierende SaenuriPartei mit deutlichen Verlusten vom Feld und verlor ihre absolute
Mehrheit. Die dadurch gestärkte Opposition übt nun Druck auf
die Regierung aus, die Sozialausgaben zu erhöhen. Von wirtschaftspolitischer Seite wurden bereits temporäre Steuersenkungen verlängert und Teile des Haushaltsbudgets aus 2017 in das
laufende Jahr vorgezogen. Darüber hinaus beinhaltet der jüngst
beschlossene Restrukturierungsplan ein Konjunkturpaket von 20
Billionen Won (15,4 Mrd. Euro) für das gesamte Kalenderjahr
2016 und zusätzlich 10 Billionen Won für die zweite Jahreshälfte.
Angesichts der geringen Staatsverschuldung von 36 % des BIP
bleibt ausreichend Spielraum für weitere Maßnahmen.
Für günstige Finanzierungsbedingungen wird von der Bank of
Korea gesorgt. Im Juni senkte die Zentralbank ihren Leitzins auf
1,25 % und reagiert damit auf die rückläufigen Exporte und die
geringe Inflation von zuletzt 0,7 % im Jahresvergleich (Juli). Sollte sich erwartungsgemäß die angespannte Situation bei den Exporten nicht entschärfen, kann es zu weiteren Zinssenkungen
kommen.
Südkorea hatte es im vergangenen Jahr nicht leicht. Durch den
massiven Rückgang der Exporte und Ausbruch der MERSEpidemie blieben Produktionskapazitäten ungenutzt, da es zu
Nachfragerückgängen sowohl im Binnen- als auch in den ausländischen Absatzmärkten kam. Die Touristenankünfte sanken um
54 %. Umso erstaunlicher ist es, dass Asiens viertgrößte Volkswirtschaft 2015 um solide 2,6 % wachsen konnte. Im ersten und
zweiten Quartal 2016 legte Südkoreas Wirtschaftsleistung jeweils
um 0,5 % und 0,7 % zum Vorquartal zu.
Problematisch ist auch in Südkorea die Exportsituation, die das
exportorientierte Land seit 2015 belastet. Zum Jahresauftakt
schrumpften die Ausfuhren zwischenzeitlich bis zu 19,1 % yoy
(Januar) und konnten sich bis zuletzt kaum erholen (-10,2 % yoy
im Juli). Rückläufig sind nicht nur Lieferungen nach China, denn
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
0
Jul 16
Jul 15
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Exporte
50
40
30
20
10
0
-10
Aug 10
Okt 11
Dez 12
Feb 14
Apr 15
-20
Jun 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Exporte in die Absatzmärkte
160000
0%
140000
2013
-6%
2014
2015
120000
100000
80000
+13% -1%
60000
+6% -7%
40000
-7%
-21%
20000
China
USA
Europa
Japan
In Mio US-Dollar. Quelle: IMF.
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auch in die USA und Europa wurde weniger verschifft. Unter
starken Bestelleinbußen der internationalen Handelspartner leidet
vor allem die Schiffbauindustrie, die in den vergangenen Jahren
die wichtigste Exportquelle darstellte.
Die Binnenwirtschaft erholt sich langsam vom MERS-Schock
(s.o.), der die Produktion im vergangenen Jahr stark belastete. So
konnte der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe
im laufenden Jahr wieder Werte oberhalb der Expansionsschwelle
erzielen und schloss zuletzt bei 50,1 Punkten (Juli). Auch bei der
Nachfrage überwog zuletzt der Optimismus. So induziert das
Verbrauchervertrauen in fast jedem Monat seit Mitte 2015 positive Konsumstimmung und notiert zuletzt auf 101 (Juli). Ähnliches
zeigt sich bei den Einzelhandelsumsätzen, die 2016 gegenüber
dem Vorjahr stetig anstiegen und im Juni sogar um 8,4 % wachsen konnten. Auch wenn die reale Steigerung, aufgrund des Basiseffekts durch die MERS-Epidemie 2015, etwas geringer ausfallen dürfte, ist durchaus von einer Erholung der südkoreanischen
Binnennachfrage auszugehen. In den letzten Jahren wurde ein
wesentlicher Teil der Binnennachfrage durch private Verschuldung finanziert. Geringe Zinsen und leichte Kreditbewilligung für
Immobilienkäufe ließen die Verschuldung im privaten Sektor
anschwellen. Insbesondere seit 2015 stieg die private Verschuldung an, nahm zuletzt um 11,4 % (erstes Quartal 2016) gegenüber dem Vorjahr zu und erreichte damit eine private Haushaltsverschuldung von 87 % des BIP (2015). Dem gegenüber nehmen
die Konsumausgaben trendmäßig ab, weshalb die Bank of Korea
die private Haushaltsverschuldung als ein Schlüsselrisiko einstuft.
Durch die fiskalischen Maßnahmen der Regierung und expansive
Ausrichtung der Geldpolitik dürfte die Verschuldung der privaten
Haushalte allerdings keine ernsthaften Auswirkungen auf den
Expansionspfad haben.
Aufgrund der schwierigen Exportbedingungen verringern sich die
Wachstumsaussichten. So senkt die Regierung ihre Prognose für
2016 von 3,1 % auf 2,8 %. Dem schließt sich die Bank of Korea
an, die ihre Aussicht von 3 % auf ebenfalls 2,8 % verringert.
Ähnlich erwarten der IMF und die OECD 2016 jeweils ein
Wachstum von 2,7 %. Trotz der angespannten Wirtschaftslage ist
Südkorea langfristig stabil. Die hohen Währungsreserven von 371
Mrd. US- Dollar (Juli) und der solide Staatshaushalt sichert die
Liquidität in Asiens viertgrößten Volkswirtschaft. Das sieht auch
die Ratingagentur Standard and Poor’s, die Südkoreas Bonität mit
dem Investmentgrade AA bewertet. Der Südkoreanische Aktienindex konnte zwar im laufenden Jahr um 7,2 % zulegen (per
19.08.2016), verharrt seit 2010 allerdings in einer Seitwärtsbewegung zwischen 1600 und 2200 Punkten. Nur nachhaltiges Wachstum, induziert durch steigende Exporte, könnte dem Index die
nötigen Impulse geben um aus seinem Seitwärtspfad auszubrechen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Währung. Der Südkoreanische Won wertete gegenüber dem US-Dollar im Jahresverlauf um 4,9 % auf (per 19.08.2016).
Verschuldung privater Haushalte / Konsumausgaben
Kredite an private Haushalte
Konsumausgaben
11
9
7
5
3
1
-1
Jan 10
Jan 11
Jan 12
Jan 13
Jan 14
Jan 15
Jan 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Wechselkurs US-Dollar/Südkoreanischer Won
1300
1250
1200
1150
1100
1050
1000
Jan 10
Jul 11
Jan 13
Jul 14
Jan 16
Quelle: Bloomberg.
Aktienindex
2200
Korea Stock Exchange
KOSPI Index
2100
2000
1900
1800
1700
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
1600
Jul 16
Quelle: Bloomberg.
Emerging Markets | 26. August 2016
9/14
TAIWAN
Die Souveränität als Licht am Ende des Tunnels
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Die neue Präsidentin Tsai könnte Taiwans Souveränität stärken, riskiert damit aber, die ohnehin angespannte Beziehung
zu China weiter zu verschärfen.
Die Zentralbank senkt kontinuierlich den Leitzins um 12,5
Basispunkte, zuletzt auf 1,375 % im Juni.
Nachdem die Exporte fast eineinhalb Jahre rückläufig waren,
stiegen die Ausfuhren im Juli erstmals wieder an.
Der Taiwanische Dollar legte gegenüber dem US-Dollar zu,
könnte aber im Zuge weiterer Zinssenkungen wieder abwerten.
Neben der Problematik von rückläufigen Exporten stellt die
angespannte politische Lage zwischen Taiwan und China immer
noch ein Risiko da. Denn die frisch gewählte Präsidentin Tsai gilt
als Kritikerin des Rahmenabkommens über Wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECFA) zwischen China und Taiwan und verfolgt
stattdessen Verhandlungen mit China in einem multilateralen
Rahmen der WTO. Ein Kippen des ECFA könnte zwar die Souveränität Taiwans stärken, lässt allerdings entscheidende Fragen
über weitere Handelsbeziehungen zu Taiwans wichtigstem Absatzmarkt – dem chinesischen Festland – offen, was die Exporte
weiter belasten könnte.
Taiwans Wirtschaft konnte 2015 nur um 0,65 % zulegen. Damit
ist das vergangene Jahr das schwächste seit der Finanzkrise. Angesichts des enormen Durchschnittswachstums von 7,6 % zwischen 1984 und 1997 sind die letzten Wachstumszahlen eine
herbe Enttäuschung. Verhaltene Exporte lassen auch für das
laufende Jahr keine guten Aussichten zu. Im zweiten Quartal
2016 konnte Taiwans Wirtschaft lediglich um 0,7 % im Jahresvergleich wachsen.
Das exportorientierte Taiwan leidet seit Beginn 2015 unter Nachfragerückgängen in den Hauptabsatzmärkten China und Hongkong. 17 Monate waren die Ausfuhren rückläufig mit dem Tiefpunkt im November 2015 (–17,2 % yoy). Im Juli konnten Taiwans Exporte mit einer Steigerung von 1,2 % erstmals wieder
positive Veränderungen im Jahresvergleich erzielen. Da sich die
Nachfrage in den Absatzmärkten in den nächsten Monaten bestenfalls nur graduell verbessern dürfte, bleibt Taiwans Exportsituation das größte Wachstumsrisiko.
Das schwache Jahr 2015 spiegelt sich auch in der Binnenwirtschaft wider. So notierte der Einkaufsmanagerindex 2015 für
8 Monate unterhalb der Wachstumsschwelle von 50 Indexpunkten und konnte erst im aktuellen Jahr wieder im Expansionsbereich schließen (Juli: 51 Punkte). Ähnliches zeigt sich bei der
Industrieproduktion die seit Mai 2015 rückläufig war und erst
Exporte
40
30
20
10
0
-10
-20
Aug 10
Jan 12
Jun 13
Nov 14
Apr 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Inflation / Leitzins
4
Inflation
Leitzins
3
2
1
0
-1
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
-2
Jul 16
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Bruttoinlandsprodukt / Staatsverschuldung
40
38
36
12
Jahres BIP (rechte Achse)
10
Staatsverschuldung in %
des BIP
8
34
6
32
4
30
0,65
28
26
Jan 03
2
0
-2
Mrz 05
Mai 07
Jul 09
Sep 11
Nov 13
Jan 16
Jahres BIP: Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Emerging Markets | 26. August 2016
10/14
zuletzt wieder um 0,9 % (Juni) gegenüber dem Vorjahr wachsen
konnte. Die schlechte Stimmung setzt sich bei den Konsumenten
fort. Das Verbrauchervertrauen bewegt sich seit April 2015 unterhalb der Schwelle von 100 Indexpunkten.
Unter diesen wirtschaftlichen Umständen werden üblicherweise
Fiskalpakete verabschiedet, um für die nötigen wachstumsfördernden Impulse zu sorgen. Doch auch wenn Taiwans Verschuldung von 32,8 % des BIP (2015) verhältnismäßig gering ausfällt,
tut sich der Inselstaat mit Neuverschuldung schwer. Denn laut
der geltenden Verfassungsordnung darf die Staatsverschuldung
nicht über 40 % der Wirtschaftsleistung steigen, was den Spielraum für fiskale Maßnahmen stark einschränkt. Daher liegt es
momentan an der Notenbank für kurzfristigen Wachstumsschub
zu sorgen. Diese senkte seit September 2015 zu jeder ihrer Sitzungen den Leitzins um 12,5 Basispunkte. Zuletzt stand der
Zinssatz bei 1,375 % (Juni). Da sich der Zinssenkungspfad auf
12,5 Basispunkte pro Quartal beschränkt, bleiben deutliche
Sprünge beim Wachstum aus. Daher gehen einige Marktakteure
bereits davon aus, dass die Notenbank schon bald auf unkonventionelle geldpolitische Mittel zurückgreifen könnte.
Wechselkurs US-Dollar/Neuer Taiwan-Dollar
34
33
32
31
30
29
28
Jan 10
Jul 11
Jan 13
Jul 14
Jan 16
Quelle: Bloomberg.
Anders als die Wirtschaftsleistung, reagierten die Preissteigerungsraten stark auf die geldpolitischen Maßnahmen. So bewegt
sich der Konsumentenpreisindex seit September 2015 wieder im
positivem Bereich – konnte zwischenzeitlich sogar Werte über
2 % erreichen, notierte zuletzt aber bei moderaten 1,2 % yoy
(Juli). Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass der schlagartige
Anstieg bei den Konsumentenpreisen weitere Zinssenkungen
verhindert. Denn der Preisanstieg lässt sich hauptsächlich durch
Nahrungsmittelpreise begründen, die aufgrund des kalten Wetters
ungewöhnlich stark anzogen. Die Kernrate – die Nahrungsmittel
und Energie ausschließt – bleibt seit 2015 stabil unter 1 %.
Durch die gedämpften Exporte bleiben auch die Aussichten für
das laufende Jahr reserviert. Der IMF erwartet ein BIPWachstum von 1,5 % für 2016. Etwas zurückhaltender zeigt sich
das öffentliche Census Bureau mit Erwartungen von 1,1 %
Wachstum in diesem Jahr. Sollten sich die Ausfuhren im weiteren
Jahresverlauf nicht erholen, könnte die Wirtschaftsleistung sogar
noch geringer ausfallen Mit einer Bonitätsbewertung von
AA- (Standard and Poor‘s) gilt Taiwan allerdings als stabil.
Der Aktienmarkt startete gestärkt in das laufende Jahr. Der
TWSE-Index stand zuletzt auf 9034,3 (per 19.08.2016). Damit
legt der Index im Jahresverlauf zwar um solide 8,4 % zu, kann
aber die massiven Verluste aus dem Vorjahr noch nicht ausgleichen. Der Taiwanesische Dollar wertete kräftig auf und legte seit
Jahresbeginn gegenüber dem US-Dollar um 3,6 % zu (per
19.08.2016). Setzt die Zentralbank ihren expansiven Kurs mit
weiteren Zinssenkungen fort, so könnte der Wechselkurs auf die
technische Unterstützung vom Dezember 2014 reagieren und der
Taiwanesische Dollar wieder abwerten. Eine schwächere Währung dürfte die Exporte weiter stützen.
Emerging Markets | 26. August 2016
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THAILAND
Neue Verfassung - mehr Zuversicht
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Am 7 August 2016 stimmten die Thailänder für die neue
Landesverfassung. Doch auch in der neuen Ordnung hält das
Militär eine einflussreiche Position.
Mehrere Fiskal-Pakete stützen die Thailändische Wirtschaft,
die von der Dürre und rückläufigen Exporten angeschlagen
ist. Das Bruttoinlandsprodukt steigt im zweiten Quartal um
3,5 % im Jahresvergleich.
Der SET-Aktienindex zog stark an und konnte seit Jahresbeginn um 19,5 % zulegen (per 19.08.2016).
Inflation versus Kerninflation
5
Inflation
Kernrate
4
3
2
1
0
Neben der ernsten Dürre ist die angespannte politische Lage der
größte Risikofaktor in Thailand. Nach dem Militärputsch stimmte
die thailändische Bevölkerung am 7. August für die neue Landesverfassung. Dass sich die politische Situation nun entspannt ist
dennoch unwahrscheinlich, da das Militär auch in der neuen
Verfassung eine elementare Rolle spielt. So kann es Gesetze
blockieren und Verfassungsänderungen verhindern. Wahlen
finden voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2017 statt.
-1
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
-2
Jul 16
Jul 15
Preissteigerung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Exporte
40
Von Seiten der Geldpolitik hat sich die Bank of Thailand bislang
verhalten gezeigt. Seit der Zinssenkung im April 2015 verharrt
der Leitzinssatz bei 1,5 %. Weitere Zinssenkungen sind eher
unwahrscheinlich. Auch wenn der Konsumentenpreisindex, aufgrund sinkender Öl- und Lebensmittelpreise, in den letzten zwei
Monaten nur noch leicht zulegen konnte (Juli: 0,1 % yoy), zeigten
sich die Konsumentenpreise seit April wieder mit positiven Jahresveränderungsraten. Die Kernrate lag solide bei 0,8 % im Juli.
Thailands Wirtschaft konnte 2015 um 2,8 % wachsen. Den
schwierigen politischen Bedingungen zum Trotz, sorgten die
Investitionen im öffentlichen Sektor und steigender Tourismus
für die nötigen Impulse. Neben unerwartet hohen Exporten sind
dies auch die Hauptwachstumstreiber im aktuellen Jahr. Zum
Auftakt legte die Wirtschaft im ersten und zweiten Quartal 2016
mit jeweils 1 % und 0,8 % gegenüber dem Vorquartal etwas mehr
zu als erwartet.
Die Binnennachfrage steht weiterhin im Fokus. Das Verbrauchervertrauen ist seit Jahresbeginn rückläufig und mit zuletzt 61,4
Indexpunkten (Juli 2016) weit von positiver Konsumstimmung
entfernt. Die Inlandsnachfrage leidet momentan unter einer der
schwersten Dürreperioden seit 1994. Dadurch dürften sich die
Schulden bei den privaten Haushalten weiter verschärfen, da
gerade die ländlichen Regionen stark von den landwirtschaftlichen Erträgen abhängen. Auf industrieller Seite verbesserten sich
die Aussichten durch Erstarken der Elektronik- und Autoindustrie. Nach einem schwachen Jahresstart verläuft die Produktion im
verarbeitenden Gewerbe seit März wieder im positiven Bereich
30
20
10
0
-10
-20
Aug 10
Jan 12
Jun 13
Nov 14
Apr 16
Veränderung gegenüber Vorjahr in %. Quelle: Bloomberg.
Exporte in die Absatzmärkte
27000
25000
2013
2014
-7%
-6%
+5% 0%
2015
+5%
23000
-6%
-2%
21000
-8%
19000
17000
15000
China
USA
Europa
Japan
In Mio. US-Dollar. Quelle: IMF.
Emerging Markets | 26. August 2016
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und wächst zuletzt im Jahresvergleich um 0,8 % (Juni). Darüber
hinaus ist die Binnennachfrage aktuell von den FiskalMaßnahmen der öffentlichen Hand geprägt. Neben den Infrastrukturprojekten steht ein Budget von THB 56 Mrd. (0,4 % des
BIP) für Investitionen im elektronischen Bezahlsystem und Internetkabel zur Verfügung. Weitere THB 93 Mrd. (0,7 % des
BIP) sollen für die Bekämpfung der Dürrefolgen eingesetzt werden.
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr konnten sich die Exporte
2016 leicht erholen. Getrieben durch steigende Ausfuhren von
Gold, Autos und Maschinen stiegen die Exporte im Juni um
1,9 % im Jahresvergleich nachdem die Ausfuhren zuvor drei
Monate abnahmen. Während die Lieferungen in die Hauptabsatzmärkte 2016 rückläufig waren, zogen die Exporte in andere
süd-ost-asiatische Regionen sowie Australien an. Bei einer rückläufigen Nachfrage aus China oder anderen Hauptabsatzmärkten
sind erneute Exportrückgänge allerdings wahrscheinlich. Darüber
hinaus, weist Thailand einen Handelsbilanzüberschuss von 2,8
Mrd. US-Dollar auf und ist damit deutlicher Nettoexporteur.
Für 2016 wird im Allgemeinen mit höheren Wachstumszahlen als
2015 gerechnet. Dennoch wurden die Prognosen zuletzt tendenziell herabgesetzt. So erwartet die Bank of Thailand ein Wachstum für 2016 von 3,1 % (vorher 3,5 %). Der IMF prognostiziert
einen ähnlichen BIP-Anstieg von 3 % für 2016. Lediglich die
World Bank zeigt sich mit ihren Erwartungen von 2,5 % Wachstum für das laufende Jahr etwas pessimistischer. Des Weiteren ist
Thailands Auslandsverschuldung seit 2014 rückläufig und betrug
im ersten Quartal 2016 133,9 Mrd. US-Dollar. Standard and
Poor’s schätzt Thailands Bonität, mit dem Investmentgrade
BBB+, als stabil ein.
Im Jahresverlauf konnte der Thailändische Baht gegenüber dem
US-Dollar leicht aufwerten. Veerathai Santiprabhob, Gouverneur
der Bank of Thailand, versicherte mehrmals das Bestreben, die
Volatilität im Thailändischen Baht zu glätten. Ferner mildern die
hohen Devisenreserven (Juli: US-Dollar 178 Mrd.) die negativen
Effekte der globalen Finanzmarktvolatilität. Auch der Aktienindex nimmt stetig zu und stand zuletzt bei 1550 Punkten mit einem Gewinn von 21,8 % seit Jahresbeginn (per 19.08.2016).
Sollte die neue Verfassungsordnung dazu genutzt werden, zügig
Neuwahlen voranzutreiben um Stabilität zu sichern, sind weitere
Anstiege im SET-Index bis auf das Langzeithoch vom Mai 2013
bei 1643 Indexpunkten möglich.
Wechselkurs US-Dollar/Thailändischer Baht
37
35
33
31
29
27
Jan 10
Jul 11
Jan 13
Jul 14
Jan 16
Quelle: Bloomberg.
Thailändischer Aktienindex
1800
1600
1400
1200
1000
Stock Exchange of
Thailand SET
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
800
Jul 16
Quelle: Bloomberg.
Emerging Markets | 26. August 2016
13/14
IMPRESSUM
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