Aktuelle I - Friedrichsdorfer Steuerfachschule GmbH

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Aktuelle I - Friedrichsdorfer Steuerfachschule GmbH
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
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Aktuelle Information I/2010
für Mitarbeiter und Kollegen
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StB Dr. Elke Söchtig
© 2010 Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
INHALTSVERZEICHNIS
I. AKTUELLE RECHTSÄNDERUNGEN .......................................................................4
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Wachstumsbeschleunigungsgesetz ..................................................................................4
Gesetz gegen Steuerhinterziehung: Verordnung tritt in Kraft ............................................8
Zahlreiche Änderungen durch EU-Vorgaben-Gesetz ........................................................9
Sozialversicherungswerte 2010.......................................................................................12
Leicht steigende Sachbezugswerte ab 2010 ...................................................................13
Erbrechtsreform seit dem 1.1.2010 in Kraft .....................................................................14
II. EINKOMMENSTEUER............................................................................................. 16
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
GmbH-Anteile: Voller Verlustabzug bei fehlenden Dividenden .......................................16
Praxisausfallversicherung – Prämien und Leistungen.....................................................17
Arbeitszimmer: Abzugsverbot ab 2007 zweifelhaft!.........................................................18
Kein Bilanzausweis von Pfandgeldern.............................................................................19
Abzinsung von Gesellschafter-Darlehen .........................................................................19
Gebäudeerhaltung: Kosten nicht immer sofort abziehbar ...............................................20
Keine Ansparabschreibung für Freiberufler in 2007 ........................................................21
Nur Verrechnung gleichartiger erstatteter Sonderausgaben ...........................................22
BFH bestätigt wiederholt beschränkten Abzug von Vorsorgeaufwendungen..................23
Keine Übertragung des Spendenabzugs auf Erben.........................................................24
Umsatzsteuer: In welchem Jahr Betriebsausgabe?.........................................................25
Kehrtwende: Dienstreise kombiniert mit Urlaub absetzbar! .............................................26
Ungewollte Mitunternehmerschaft bei Ehegatten? ..........................................................27
Direktvermarktung: Hofläden werden neu beurteilt! .........................................................28
Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs unter aufschiebender Bedingung ........................30
Betriebsveräußerung: Freibetrag nur einmal im Leben....................................................30
Freiwillige Unfallversicherung: Lohnsteuerliche Behandlung geändert............................31
Kosten für Studium nach Berufsausbildung sind Werbungskosten .................................32
Dienstwagenbesteuerung bei „Home-Office“ ...................................................................34
Begünstigte Entschädigung bei Arbeitszeitreduzierung...................................................35
BFH erleichtert Verlustausgleich bei Aktiengeschäften ...................................................36
Umbau wegen Behinderung – steuerlich begünstigt........................................................37
Handwerkerleistungen: Keine Doppelförderung von Malerarbeiten.................................38
Handwerkerkosten dürfen auch andere bezahlen ...........................................................39
Neues Faktorverfahren für Arbeitnehmer-Ehegatten .......................................................40
Steuerermäßigung für Gewinnausschüttungen?..............................................................42
III. KÖRPERSCHAFTSTEUER ..................................................................................... 44
1.
Löschung einer Limited – steuerliche Folgen ..................................................................44
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IV. UMSATZSTEUER .................................................................................................... 45
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Umsatzsteuerpflicht von öffentlichen Zuschüssen...........................................................45
Ausgleichszahlungen nach Ende des Leasingvertrages .................................................46
Umsatzsteuerbefreiung für Pflege- und Betreuungsleistungen .......................................46
Leistungen der Berufsbetreuer umsatzsteuerfrei?...........................................................48
Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft ........................................................................49
Erleichterte Vorsteuervergütung ab 2010 ........................................................................49
V. SONSTIGE RECHTSGEBIETE................................................................................ 52
1.
2.
3.
4.
5.
Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig ........................................52
ELENA: Neue Meldepflichten für Arbeitgeber .................................................................52
Erbschaftsteuer: Kurzarbeit ohne negative Auswirkung auf Lohnsumme .......................54
Neue Erbschaftsteuer auf gerichtlichem Prüfstand .........................................................54
Erlass der Kirchensteuer bei Veräußerungsgewinnen? ..................................................55
VI. DAS BESONDERE THEMA: STEUERLICHE BEHANDLUNG VON
PHOTOVOLTAIKANLAGEN ................................................................................... 56
1.
2.
3.
4.
Allgemeines .....................................................................................................................56
Einkommensteuerliche Aspekte ......................................................................................56
Umsatzsteuer...................................................................................................................58
Gewerbesteuer ................................................................................................................60
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Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
I.
Aktuelle Rechtsänderungen
1.
Wachstumsbeschleunigungsgesetz
Das umstrittene Milliarden-Steuergeschenk der neuen Bundesregierung hat
inzwischen auch die letzte Hürde – den Bundesrat – genommen und ist damit
seit dem 1. Januar 2010 gültig.
Zinsschranke
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Wachstumsbeschleunigungsgesetz – Gesetz zur
Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom
22. Dezember 2009,
BGBl. 2009 I S. 3950
§ 4h Abs. 1 EStG
Die Zinsschrankenregelung betrifft Unternehmen, die hohe Zinsaufwendungen
haben. Überschreiten diese die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
von 1 Mio. € auf 3 Mio. € heraufgesetzte Freigrenze, können die Zinsen nur
eingeschränkt steuerlich abgezogen werden.
Durch eine Ergänzung des § 4h Abs. 1 EStG wird außerdem die Möglichkeit
eines EBITDA-Vortrags geschaffen. Künftig ist das verrechenbare EBITDA,
das die um die Zinserträge geminderten Zinsaufwendungen des Betriebes
übersteigt, in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen. Der EBITDAVortrag erhöht in den folgenden Wirtschaftsjahren die Abzugsmöglichkeit für
Zinsaufwendungen, soweit nicht bereits das EBITDA des laufenden Wirtschaftsjahres einen vollständigen Abzug von Zinsaufwendungen zulässt. Soweit ein Betrieb jedoch aufgrund der Escape-Klausel gem. § 4h Abs. 2 EStG
von der Anwendung der Zinsschranke ausgenommen ist, kann es für die betreffenden Wirtschaftsjahre auch nicht zu einem EBITDA-Vortrag bzw. zu einer Erhöhung kommen. Die Regelungen zum EBITDA-Vortrag sind erstmals
für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 enden. Der
EBITDA-Vortrag ist auf fünf Wirtschaftsjahre begrenzt. Der Vortrag erfolgt von
Amts wegen, es besteht kein Wahlrecht. Er ist, wie der Zinsvortrag, gesondert
festzustellen. Um die wirtschaftliche Situation der Unternehmen infolge der
Wirtschaftskrise zu verbessern, ist ein EBITDA-Vortrag rückwirkend bereits für
Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2006 beginnen, möglich.
Außerdem wurde die Erweiterung des Toleranzrahmens beim EigenkapitalEscape für Konzerne erhöht. Hintergrund ist, dass § 4h Abs. 2 S.1c einen
Vergleich der Eigenkapitalquote eines konzernzugehörigen Betriebes mit derjenigen des Konzerns vorsieht. Danach kommt die Zinsschranke nicht zur
Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote eines konzernzugehörigen Betriebes
mindestens derjenigen des Konzerns entspricht. Um Härten zu vermeiden,
wurde bisher eine Unterschreitung um 1 % erlaubt, nun gilt eine Grenze von
2 %.
(Anmerkung: EBITDA = Jahresüberschuss +/./. a.o. Aufwand/Ertrag +/./.
Steueraufwand/Steuerertrag +/./. Zinsaufwand/Zinsertrag +/./. Ab- und Zuschreibungen auf das Anlagevermögen).
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Ab dem 1. Januar 2010 können Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften geringwertige Wirtschaftsgüter wahlweise wie folgt abschreiben:
• Sofortabzug: Liegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von
selbständig nutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nicht über 410 € netto, können diese sofort als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Entscheidet sich der Steuerpflichtige
dafür, müssen alle Wirtschaftsgüter, deren Wert 150 € übersteigt, wieder in ein laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden, soFriedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 6 Abs. 2 und 2a EStG
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•
•
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fern sich die erforderlichen Angaben nicht bereits aus der Buchführung
ergeben. Die Anlagegüter können aber auch über ihre betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer hinweg abgeschrieben werden. Entscheidet
sich der Steuerpflichtige für den Sofortabzug, müssen Wirtschaftsgüter
über 410 € nach ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abgeschrieben werden.
Sammelposten: Zur Sofort-AfA gibt es als Alternative auch weiterhin
die Möglichkeit, bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten von mehr
als 150 € und bis zu 1.000 € den jährlichen Sammelposten zu bilden,
der über einen Zeitraum von 5 Jahren gleichmäßig aufzulösen ist. Der
Vorteil dieser Handhabung: Abgesehen von der buchmäßigen Erfassung beim Zugang des Wirtschaftsguts gibt es keine weiteren Dokumentationspflichten. Wirtschaftsgüter bis zu einem Wert von 150 €
müssen sofort abgeschrieben werden.
Das Wahlrecht kann nur einheitlich für alle in einem Wirtschaftsjahr
und nach dem 31. Dezember 2009 angeschafften, hergestellten oder
eingelegten Wirtschaftsgüter ausgeübt werden. Steuerpflichtige mit kalendergleichem Wirtschaftsjahr haben somit im Wirtschaftsjahr 2010
entweder den Sammelposten in der Bilanz oder sie haben von der Sofort-Abschreibung bzw. der Verteilung über die Nutzungsdauer
Gebrauch gemacht. Bei abweichendem Wirtschaftsjahr, z.B. vom 1.
Juli bis 30. Juni, kann das Wahlrecht wie gehabt erst für Anschaffungen oder Herstellungen nach dem 1. Januar ausgeübt werden. D.h.,
dass bei diesen Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr 2009/2010 sowohl
der Sammelposten als auch die Sofortabschreibung bis 410 €, sofern
das Wahlrecht in Anspruch genommen wurde, zum Zuge kommen
kann.
Die abschließende Entscheidung, wie geringwertige Wirtschaftsgüter am optimalsten abgeschrieben werden sollen, kann auch erst im Rahmen der Abschlussarbeiten getroffen werden, vorausgesetzt, die Angaben aus dem laufend zu führenden Verzeichnis ergeben sich aus der Buchführung.
Hinweis:
Die Abschreibungsmöglichkeiten für geringwertige Wirtschaftsgüter sind
damit erheblich vielfältiger und nahezu unübersichtlich geworden. Bei Überschusseinkünften, wie z.B. bei Vermietungseinkünften oder Einkünften aus
nicht selbständiger Arbeit, bleibt es im Übrigen bei der bewährten 410 €Regelung.
Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags
Eltern erhalten für ihre Sprösslinge ab 2010 monatlich 20 € mehr Kindergeld
pro Kind. Ebenso werden auch die Kinderfreibeträge von insgesamt 6.024 €
auf 7.008 € angehoben. Dieser wiederum setzt sich zusammen aus dem Kinderfreibetrag selbst (2.184 € pro Elternteil) und dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (1.320 € pro Elternteil).
§ 32 Abs. 6 S. 2, § 66 EStG
Verlustabzug bei GmbHs und anderen Körperschaften
Beim Übergang von Gesellschaftsanteilen konnte die bisherige Mantelkaufregelung zum teilweisen oder vollständigen Untergang der körperschaftsteuerlichen Verlustabzüge führen. Nun gibt es folgende neue Ausnahmetatbestände:
• Konzernklausel: Verluste werden nicht gestrichen, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person
zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Die Konzernklausel gilt für Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009.
§ 8 c Abs. 1 KStG
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•
•
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Übergang der Verluste in Höhe der stillen Reserven: Soweit die noch
nicht genutzten Verluste durch stille Reserven gedeckt sind, bleiben
die Verluste erhalten. Abzustellen ist auf die stillen Reserven zum
Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs, d.h. diese müssen
dann im Betriebsvermögen tatsächlich vorhanden sein. Rückwirkende
Umwandlungen wirken sich nicht aus. Die Neuregelung gilt für Erwerbe nach dem 31.12.2009.
Sanierungsklausel: Soll die Übertragung von Anteilen zur Sanierung
des Unternehmens beitragen, gilt auch hier die Ausnahme. Diese Regelung wurde ursprünglich befristet (1.1.2008 bis 31.12.2010) ins Gesetz aufgenommen und gilt nun ohne zeitliche Beschränkung. Ein geplantes BMF-Schreiben soll weitere Unklarheiten beseitigen.
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung
Immobilienmieten und andere Aufwendungen für die Überlassung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern werden bei der Gewerbesteuer künftig nur noch
zu 50 % anstatt zu 60 % hinzugerechnet.
§ 8 Nr. 1e GewStG
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistungen
Auf Beherbergungsleistungen werden seit dem 1. Januar 2010 nur noch 7 %
Umsatzsteuer fällig. Der ermäßigte Steuersatz gilt nicht für Leistungen, die
nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese mit dem Entgelt für
die Übernachtung abgegolten sind. Nach der Gesetzesbegründung zählen zu
diesen nicht begünstigten Leistungen z.B. das Frühstück, der Zugang zu
Kommunikationsnetzen (insbesondere Telefon und Internet), die TV-Nutzung
(„pay per view”), die Getränkeversorgung aus der Minibar, Wellnessangebote,
die Überlassung von Tagungsräumen und sonstige Pauschalangebote. Trotzdem sind weitere Abgrenzungsschwierigkeiten (z. B. Schuhputzautomat) vorprogrammiert.
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG
Hinweis:
Daraus ergibt sich eine Reihe von gravierenden Veränderungen, die sowohl
die Beherbergungsunternehmen selbst als auch Übernachtende auf Auswärtstätigkeit oder Geschäftsreise beachten müssen. Die leistenden Unternehmen müssen nun nämlich in ihren Rechnungen das Entgelt für die reine
Übernachtungsleistung und das Frühstück gesondert ausweisen und damit
ihre interne Kalkulation offen legen. Das betrifft auch Pauschalangebote,
z.B. bei Tagungen. Übernachtungen zum Jahreswechsel gelten bei Einzelbuchung als am Neujahrstag erbracht und sind daher mit 7 % Umsatzsteuer
abzurechnen. Werden zum Jahreswechsel Hotelübernachtungen als sog.
Blockbuchung bzw. Übernachtungspaket gebucht, z.B. vier Übernachtungen
vom 29.12.09 bis 2.1.10 zum Preis von 250 €, gilt auch hier der ermäßigte
Umsatzsteuersatz.
Für Unternehmer auf Geschäftsreise könnte die Senkung des Steuersatzes
zu einer Steigerung des Kostenfaktors führen, da sie in der Regel ohnehin
die Vorsteuer aus Hotelrechnungen erstattet bekommen und die Hoteliers
nicht verpflichtet sind, die reinen Übernachtungspreise zu senken. Auch hat
die Änderung erhebliche lohnsteuerliche Auswirkungen. Die Neuregelung ist
weiterhin höchst umstritten.
In Hotelrechnungen wurde bisher regelmäßig der Preis für das Frühstück nicht
offen ausgewiesen. Reisekostenrechtlich handelt es sich dabei um eine Art
Mahlzeitgestellung, die die zu erstattenden Übernachtungskosten mindert. Die
Minderung beträgt 20 % des Pauschbetrags für den Verpflegungsmehraufwand für eine ganztägige Abwesenheit. Das sind bei Inlandsübernachtungen
4,80 € (20 % von 24 €). Der Arbeitnehmer erhält sodann die Kosten für die
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Übernachtung abzüglich 4,80 € und die jeweils geltende Verpflegungspauschale vom Arbeitgeber ersetzt.
Anders verläuft die Erstattung bereits jetzt, wenn die Hotelrechnung den Preis
für das Frühstück, der regelmäßig den Betrag von 4,80 € überschreitet, offen
in der Rechnung ausweist. Dann wird nämlich dieser Preis von den steuerfrei
zu erstattenden Übernachtungskosten abgezogen.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer ist 2 Tage auf Auswärtstätigkeit und an diesen beiden Tagen jeweils 12 Stunden unterwegs. Das Frühstück weist in der Hotelrechnung
einen Betrag von 20 € aus. Der Arbeitgeber erstattet seinem Mitarbeiter die
Verpflegungspauschale von insgesamt 12 € (2 x 6 €) und die Hotelübernachtungskosten abzüglich 20 €. Das heißt, dass der Arbeitnehmer für das Frühstück 20 € selbst zahlen muss, von seinem Arbeitgeber dafür aber nur 12 €
steuerfrei erstattet bekommt. Das ist ein sehr unbefriedigendes Ergebnis,
denn warum soll ein Arbeitnehmer für eine durch seinen Dienstherrn angeordnete Dienstreise Beträge aus eigener Tasche zahlen? Erstattet der Arbeitgeber dennoch mehr als reisekostenrechtlich vorgesehen, liegt steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn vor.
Hinweis:
So erfreulich wie die Senkung der Umsatzsteuersätze für Übernachtungen
auch ist, sie führt doch zu einer weiteren Verkomplizierung des Steuerrechts. Hier muss gehofft werden, dass kurzfristig eine Regelung getroffen
wird, wonach der bisherige Sachbezugswert von 4,80 € auch bei einem separaten Ausweis der Frühstückskosten in der Rechnung angesetzt werden
kann.
Darüber hinaus kam noch eine weitere Ergänzung ins Gesetz: auch die kurzfristige Vermietung von Campingflächen kann vom ermäßigten Steuersatz profitieren. Davon sind nicht nur Flächen zum Aufstellen von Zelten begünstigt,
sondern auch zum Abstellen von Wohnwagen und Caravans.
Änderungen im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz
Das seit einem Jahr gültige Gesetz wurde für Unternehmensnachfolger
nachgebessert. Die Regelverschonung von 85 % ist nunmehr an einen Überwachungszeitraum von 5 Jahren (bisher: 7 Jahre) gebunden. In diesem Zeitfenster nach der Übertragung des Betriebs darf die Mindestlohnsumme nicht
unter 400 % der Ausgangslohnsumme fallen und der Betrieb muss in seiner
Substanz fortgeführt werden (Behaltensvorschrift). Optiert der Erwerber zur
100 %-igen Verschonung, betragen Überwachungszeitraum und Behaltensfrist 7 Jahre, in denen die maßgebliche Lohnsumme 700 % der Ausgangslohnsumme betragen muss.
Hinweis:
Erfreulicherweise gilt diese Regelung anders als ursprünglich geplant bereits für Erwerbe ab dem 1. Januar 2009. Doch damit nicht genug: Auch für
Erbfälle des Jahres 2007 und 2008, für die der Erbe bereits wirksam bis
zum 30. Juni 2009 zum neuen Recht optiert hatte, kommen die erleichterten
Begünstigungsvorschriften zum Zuge – allerdings nur bis zum 1. Juli 2010.
Bis dahin muss u.E. eine Änderung des Steuerbescheides veranlasst sein.
Eine weitere Änderung kommt Angehörigen der Steuerklasse II, insbesondere Geschwistern und Neffen/Nichten, zu Gute. Der Steuertarif wurde auf
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§ 13a, § 19a Abs. 3, § 19,
ErbStG
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15 % bis 43 % abgesenkt und gilt erstmals für Erwerbe, für die die Steuer
nach dem 31. 12. 2009 entsteht.
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Umwandlungen
Durch eine Konzernklausel werden schließlich Grundstücksübergänge im
Rahmen von Umstrukturierungen ab dem 1. Januar 2010 begünstigt, wenn
sich dabei die Beteiligungsverhältnisse mittelbar nicht ändern. Leider gilt diese
Befreiung nur für Konzerne, d.h. wenn ein herrschendes Unternehmen und ein
oder mehrere von diesem beherrschte Unternehmen involviert sind. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, muss die Beteiligung an dem beherrschten Unternehmen fünf Jahre vor und 5 Jahre nach der Umwandlung zu mindestens
95 % fortbestehen.
§ 6a GrEStG
Fortschreibung der Entlastungssätze für Biokraftstoffe
Die Entlastungssätze für Biokraftstoffe der Jahre 2008/2009 werden für die
Jahre 2010 bis 2012 fortgeschrieben. Auf die ursprünglich vorgesehene Reduzierung der steuerlichen Entlastungssätze wurde verzichtet.
§ 50 Abs. 3 EnergieStG
2.
Gesetz gegen Steuerhinterziehung: Verordnung tritt in Kraft
Das Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und Steuerhinterziehung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz) wurde bereits am
29.7.2009 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit in Kraft getreten.
Die genaue Umsetzung wird durch eine Verordnung (Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung – SteuerHBekV) geregelt, der der Bundesrat in seiner
Sitzung am 18.9.2009 zugestimmt hat.
In der Praxis werden die Regelungen dann ab dem 1.1.2010 umgesetzt. Damit ist der Weg frei, Unternehmern und Anlegern erhöhte Mitwirkungs- und
Nachweispflichten aufzuerlegen, sollten sie Geschäftsbeziehungen zu sog.
Steueroasen unterhalten. Zu den Steueroasen in diesem Sinne gelten alle
Staaten, die die OECD-Standards zum steuerlichen Informationsaustausch
mit den Finanzbehörden nicht anwenden wollen. Die Verordnung legt ebenso
fest, welche Rechtsfolgen sich dann für den einzelnen Steuerpflichtigen ergeben.
Die sog. Steueroasen – im Fachjargon: nicht kooperierende Jurisdiktionen –
werden künftig im Bundessteuerblatt durch das Finanzministerium veröffentlicht, sofern der Bundesrat zugestimmt hat. Allerdings können diese Staaten
auch recht schnell von der Schwarzen Liste gestrichen werden. Dafür reicht
nämlich bereits die Bereitschaft, künftig Auskünfte erteilen zu wollen und dass
das Land die entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen zeitnah einleitet.
Hinweis:
Die schwarze Liste ist derzeit leer. Nachdem die OECD entsprechende
„schwarze“ und „graue“ Listen publiziert hatte, haben sich alle Länder, die
bisher als Steueroasen galten, zum Amtshilfeaustausch in Steuersachen
verpflichtet. Bestehende Bankgeheimnisse werden bei Auskunftsersuchen
ausländischer Steuerbehörden künftig aufgehoben. Auf der "grauen" Liste
finden sich all diejenigen Länder wieder, die zwar ihre Bereitschaft zum
Auskunftsaustausch angekündigt, aber noch nicht alle notwendigen OECDAbkommen unterzeichnet haben. Erst vor kurzer Zeit wurde bspw. die
Schweiz von der grauen Liste gestrichen.
Neu ist, dass eine Bagatellregelung eingeführt wurde. Wer Geschäftsbeziehungen zu Steueroasen hat, braucht die besonderen Aufzeichnungen dann
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Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung (SteuerHBekV) vom
18. September 2009,
BGBl. 2009 I S. 3046
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nicht zu führen, wenn die gezahlten Entgelte die Summe von 10.000 € pro
Person und Wirtschaftsjahr nicht überschreiten.
Die Verordnung regelt die besonderen Nachweispflichten. Dazu zählen etwa
zeitnahe Aufzeichnungen über Art und Umfang der Geschäftsbeziehungen,
Verträge, zur Nutzung überlassene immaterielle Wirtschaftsgüter, Nutzungsrechte und Patente, gewählte Geschäftsstrategien, bedeutsame Markt- und
Wettbewerbsverhältnisse sowie Aufzeichnungen über die Gesellschafter.
Im Einzelnen können folgende Sanktionen verhängt werden:
• Betriebsausgaben oder Werbungskosten dürfen u.U. nur bei Erfüllung
der Nachweispflichten abgezogen werden.
• Ausländische Gesellschaften werden von Kapitalertrag- oder Abzugsteuer nur entlastet, wenn sie die Identität ihrer Beteiligten preis geben.
• Steuerpflichtige mit Kapitaleinkünften aus Steueroasen dürfen die Abgeltungsteuer bzw. das Teileinkünfteverfahren nur dann anwenden,
wenn sie das Finanzamt bevollmächtigen, Auskünfte bei den ausländischen Kreditinstituten einzufordern.
• Dividenden an Kapitalgesellschaften, die aus Steueroasen stammen,
werden nur bei Erfüllung der erweiterten Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Inland steuerfrei gestellt.
• Das Finanzamt kann den Steuerpflichtigen auffordern, die Richtigkeit
und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern. Tut er
das nicht, drohen ihm Zuschätzungen.
Hinweis:
Außerhalb der Regelungen im Zusammenhang mit Steueroasen tritt für
Steuerpflichtige mit Überschusseinkünften von über 500.000 € im Jahr eine
neue Aufbewahrungspflicht von 6 Jahren in Kraft. Darüber hinaus können
bei ihnen nun auch Betriebsprüfungen stattfinden.
3.
Zahlreiche Änderungen durch EU-Vorgaben-Gesetz
Das Bundeskabinett hat am 16. Dezember 2009 ein neues Gesetzesvorhaben
auf den Weg gebracht. Das „Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher EUVorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften“ sieht insbesondere
Anpassungen an die aktuelle Rechtsprechung des EuGH und der Mehrwertsteuer-Richtlinie vor und hält auch Änderungen in sonstigen Bereichen
parat. Überwiegend enthält das Gesetz positive Konsequenzen für den Steuerzahler. Im Bereich der Umsatzsteuer müssen Unternehmer allerdings mit
neuen Formalien rechnen. Hier ein erster Überblick:
Einkommensteuer
Geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen konnten bislang nur von
dem Freibetrag von 360 € profitieren, wenn die Anteile nicht durch EntgeltUmwandlung erworben wurden. Das wird nun rückwirkend zum 2. April 2009
geändert. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist damit lediglich, dass die
Förderung allen Arbeitnehmern zusteht, die mindestens 1 Jahr Betriebszugehörigkeit haben.
Spenden und Mitgliedsbeiträge sollen nun auch als Sonderausgaben abzugsfähig sein, wenn die begünstigte Einrichtung ihren Sitz in der EU bzw. im
EWR hat. Das gilt für alle offenen Fälle. Begünstigt ist die Einrichtung immer
dann, wenn sie nach ihrer Satzung Zwecke verfolgt, die nach deutschem
Recht gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich wären. Das gilt auch für Spenden
an Stiftungen. Wird an eine juristische Person des öffentlichen Rechts im
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Entwurf eines Gesetzes zur
Umsetzung steuerlicher
EU-Vorgaben sowie zur
Änderung steuerlicher
Vorschriften vom
16. Dezember 2009,
LEXinform Nr. 0434524
§ 3 Nr. 39 EStG
§ 10b Abs. 1 EStG,
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und
Abs. 3 KStG,
§ 9 Nr. 5 GewStG
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EU- und EWR-Ausland gespendet, muss diese natürliche Personen im Inland
fördern oder die Tätigkeit zum Ansehen Deutschlands im Ausland beitragen.
Die degressive Abschreibung für Gebäudeneubauten wird ebenfalls auf den
EU-/ EWR-Raum ausgeweitet. Möglich ist das bei noch allen offenen Veranlagungen. Allerdings muss dazu der Bauantrag bereits vor dem 31. Dezember
2005 gestellt worden sein. Wie sich die neuen Abschreibungsmöglichkeiten
auf die deutsche Steuererklärung auswirken, hängt davon ab, wie die ausländischen Mieteinkünfte im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
behandelt werden. Sieht das DBA die Anrechnungsmethode vor, z.B. bei
Finnland und Spanien, können ab dem VAZ 2008 negative ausländische
Mieteinkünfte mit inländischen Einkünften verrechnet werden. In den meisten
Fällen werden die ausländischen Mieteinkünfte im Inland freigestellt. Durch
den Wegfall des Progressionsvorbehalts für Einkünfte aus dem EU-/ EWRRaum ab 2008, wirkt sich die Neuregelung allerdings nur auf noch nicht bestandskräftige Vorjahre aus.
§ 7 Abs. 5 EStG
Änderungen gibt es auch bei der Riester-Rente:
• Zulagenberechtigt sind künftig auch Grenzgänger, wenn sie in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Kinder und mittelbar begünstigte Ehegatten erhalten keine Zulage.
• Dagegen sind nun auch Ehegatten dann mittelbar zulagenberechtigt,
wenn nicht beide Partner unbeschränkt steuerpflichtig sind, weil einer
seinen Wohnsitz im EU-/ EWR-Ausland hat.
• Die sog. Wohnriester-Förderung erhalten nun auch Immobilien im EU-/
EWR-Raum, wenn die begünstigte Wohnung den Lebensmittelpunkt
bildet. Ferienhäuser sind damit nach wie vor nicht begünstigt.
• Wer seine Steuerpflicht in Deutschland durch Wegzug ins EU-/ EWRAusland aufgibt, braucht künftig die steuerliche Förderung nicht mehr
zurückzuzahlen, zumindest solange die Auszahlungsphase nicht begonnen hat. Wird der Wohnsitz in einen Staat außerhalb der EU verlegt, ist immerhin noch eine zinslose Stundung bis zum Beginn der
Auszahlungsphase möglich.
§ 10a Abs. 1 EStG
Rentner mit Wohnsitz im Ausland müssen ihre deutsche Rente in Deutschland versteuern. Künftig wird der Zugriff des deutschen Fiskus in diesen Fällen
auch auf solche Renten ausgeweitet, die von einer ausländischen Zahlstelle
geleistet werden, wenn die früheren Beiträge zumindest teilweise in Deutschland steuerbegünstigt waren, z.B. über den Sonderausgabenabzug. Ob sich
der Sonderausgabenabzug tatsächlich ausgewirkt hat, spielt keine Rolle.
Umsatzsteuer
Umfangreiche Änderungen sollen sich bei Postleistungen ergeben. Ausschlaggebend ist die Liberalisierung des Postmarktes. Auch private Postdienstleister werden von der Umsatzsteuer befreit, wenn durch sie eine
Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt wird. Insbesondere müssen
sie flächendeckend tätig sein und eine bestimmte Qualität zu tragbaren Preisen anbieten. Darüber wird das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine
Bescheinigung erteilen.
Umsatzsteuerfrei sind nach wie vor die folgenden Dienstleistungen:
• die Beförderung von Briefsendungen, adressierten Büchern, Katalogen, Zeitungen und Zeitschriften bis 2 kg,
• die Beförderung von adressierten Paketen bis 10 kg und
• Einschreibe- und Wertsendungen.
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§ 4 Nr. 11b UStG
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Nicht mehr umsatzsteuerbefreit – und das gilt auch für Leistungen der Deutschen Post AG – sollen ab dem 1. Juli 2010 folgende Leistungen sein:
• Paketsendungen über 10 kg,
• adressierte Bücher, Kataloge, Zeitschriften, Zeitungen über 2 kg,
• Expresszustellungen und Nachnahmelieferungen,
• Leistungen, die individuell vereinbart oder zu Sonderkonditionen
erbracht werden,
• Leistungen zu nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines
Anbieters festgelegten Qualitätsmerkmalen und
• Leistungen, die nicht für den durchschnittlichen Privathaushalt bestimmt sind, wie z.B. der Versand von Postvertriebsstücken ab 1.000
Exemplaren.
Hinweis:
Betroffene Unternehmen sollten sich bis zur zweiten Jahreshälfte auf die
Änderungen einstellen und einen entsprechenden Antrag beim BZSt stellen,
da die Bescheinigung bis zum 1. Juli 2010 vorliegen muss.
Erbringt ein Unternehmer aus dem EU-Ausland steuerpflichtige Dienstleistungen für einen inländischen Unternehmer, wird der deutsche Unternehmer
in der Regel zum Steuerschuldner. Bereits ab dem 1.1.2010 soll neuerdings
die Steuer bereits in dem Voranmeldungszeitraum entstehen, in dem die Leistung ausgeführt wird. Für andere Leistungen, die unter das Steuerschuldnerverfahren fallen, ändert sich der Entstehungszeitpunkt der Steuer nicht. Bei
Dauerleistungen entsteht die Umsatzsteuer künftig mindestens jährlich.
§ 13b UStG
Für Zusammenfassende Meldungen, die ab 2010 auch für innergemeinschaftliche Dienstleistungen abzugeben sind, wird der Abgabezeitraum von
bisher quartalsweise auf monatlich verkürzt. Im Gegenzug wird die Abgabefrist vom 10. auf den 25. Tag nach Ablauf des Kalendermonats ausgedehnt.
Weiterhin quartalsweise dürfen diejenigen Unternehmer ihre Zusammenfassenden Meldungen abgeben, wenn sie innergemeinschaftliche Warenlieferungen und Dreiecksgeschäfte von nicht mehr als 100.000 € pro Quartal bewirken. Unternehmer mit grenzüberschreitenden Dienstleistungen sind von
dieser Vereinfachungsregelung ausgenommen. Wird die Betragsgrenze innerhalb eines Quartals überschritten, muss bereits für den laufenden Kalendermonat auf monatliche Abgabeweise umgestellt werden. Eine Dauerfristverlängerung soll nicht mehr möglich sein. Berichtigungen müssen innerhalb eines Monats erfolgen. Diese Änderungen sollen ab dem 1. Juli 2010 gelten.
Führt der Unternehmer im übrigen Gemeinschaftsgebiet Dienstleistungen aus
und der Leistungsempfänger schuldet die Steuer, müssen diese nun bereits
im Monat der Leistungserbringung in die Umsatzsteuer-Voranmeldung aufgenommen werden.
Auf Antrag sollen ab dem 1. Januar 2010 auch Kleinunternehmer, pauschalierende Land- und Forstwirte und Unternehmer mit ausschließlich steuerfreien
Umsätzen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom BZSt auf Antrag
erhalten.
§ 18a, § 27a Abs. 1 S. 2
UStG
Hinweis:
Das Gesetzgebungsverfahren befindet sich erst im Anfangsstadium. Daher
kann noch mit Änderungen und Ergänzungen gerechnet werden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
4.
Seite 12
Sozialversicherungswerte 2010
Zum 1.1.2010 sind die Eckwerte in allen sozialversicherungsrechtlichen Bereichen gestiegen. Die neuen Beitragssätze in der gesetzlichen Sozialversicherung sehen ab 2010 wie folgt aus:
Rentenversicherung
Arbeitslosenversicherung
Pflegeversicherung
Krankenversicherung
Beitragssatz
19,90 %
2,80 %
1,95 %
Kinderlose
2,20 %
14,90 %
davon Arbeitnehmeranteil
7,90 %
und Arbeitgeberanteil
7,00 %
Die Krankenkassen können kassenindividuelle Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern in Höhe von 8 € monatlich ohne Einkommensprüfung und bis maximal 37,50 € monatlich erheben.
Ab 2010 gelten folgende Beitragsbemessungsgrenzen. Berücksichtigt wird
immer das komplette Jahreseinkommen inkl. Sonderleistungen.
Renten- und Arbeitslosenversicherung
Kranken- und Pflegeversicherung
West
Monat
5.500 €
3.750 €
Jahr
66.000 €
45.000 €
Ost
Monat
4.650 €
3.750 €
Jahr
55.800 €
45.000 €
Gegenüber dem Vorjahr sind die Grenzwerte um rund 2 % gestiegen. Bis zum
Erreichen der allgemeinen Versicherungspflichtgrenze von 4.162,50 € im Monat bzw. 49.950 € Jahreseinkommen ist jeder in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Nur wer mehr verdient, kann wählen, ob er weiterhin Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt oder in die private
Krankenversicherung wechselt. Das gilt allerdings erst dann, wenn die Versicherungspflichtgrenzen an drei aufeinanderfolgenden Jahren überschritten
sind (Die Koalition plant hier eine Reduzierung auf ein Jahr).
Bei Selbständigen, die sich freiwillig in der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung versichert haben, wird ab 2010 eine Bezugsgröße von mindestens 2.555 € im Monat (alte Bundesländer) bzw. 2.170 € (neue Bundesländer) für die Beitragsbemessung zu Grunde gelegt.
Nachdem der Abgabesatz in der Künstlersozialversicherung bereits im Jahr
2009 auf 4,4 % gesenkt wurde, wurde dieser Satz für 2010 weiter auf 3,9 %
reduziert.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
SozialversicherungsRechengrößenverordnung
vom 27. November 2009,
BGBl. 2009 I S. 3846
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
5.
Seite 13
Leicht steigende Sachbezugswerte ab 2010
Die amtlichen Sachbezugswerte für Verpflegung und Unterkunft wurden zum
1.1.2010 wieder an die Entwicklung der Verbraucherpreise angepasst. Sie
werden in der Sozialversicherungsentgeltverordnung festgesetzt und gelten
einheitlich für alle Bundesländer.
Sachbezüge, wie freie Verpflegung oder Unterkunft, unterliegen der Beitragspflicht zur Sozialversicherung und sind ebenso für das Steuerrecht verbindlich.
Folgende Werte müssen ab dem Kalenderjahr 2010 für gewährte Sachbezüge
berücksichtigt werden:
Sachbezugswerte für freie Verpflegung 2010 in €
Personenkreis
mtl.
ktgl.
47,00
1,57
84,00
2,80
Abendessen
84,00
2,80
mtl.
ktgl.
bei Vollendung des 14., aber
mtl.
nicht d. 18. Lebensjahrs
ktgl.
bei Vollendung des 7., aber nicht mtl.
d. 14. Lebensjahrs
ktgl.
vor Vollendung des 7. Lebensmtl.
jahrs
ktgl.
47,00
1,57
37,60
1,26
18,80
0,63
14,10
0,47
84,00
2,80
67,20
2,24
33,60
1,12
25,20
0,84
84,00
2,80
67,20
2,24
33,60
1,12
25,20
0,84
Arbeitnehmer
Frühstück
Familienangehörige des
Arbeitnehmers
volljährig
Mittagessen
insgesamt
215,00
7,17
215,00
7,17
172,00
5,74
86,00
2,87
64,50
2,15
Die Tagessätze steigen damit um 2,4 %. Sollen die Sachbezugswerte für einen Teil-Entgeltsabrechnungszeitraum ermittelt werden, müssen die jeweiligen Tagesbeträge mit der Anzahl der Kalendertage multipliziert werden.
Im Übrigen sind die Werte für Familienangehörige anzusetzen, wenn die Verpflegung nicht nur dem Beschäftigten, sondern auch seinen nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Angehörigen gewährt wird. Sind Ehegatten bei
demselben Arbeitgeber beschäftigt, sind die Werte für die Verpflegung der
Kinder bei jedem Ehegatten zur Hälfte anzusetzen.
Sachbezugswerte für freie Unterkunft 2010 in €
Unterkunft
allgemein
Unterkunft belegt mit
1 volljähriger Arbeitnehmer
2 volljährige Arbeitnehmer
3 volljährige Arbeitnehmer
1 Jugendlicher / Azubi
2 Jugendliche / Azubis
3 Jugendliche / Azubis
mtl.
ktgl.
mtl.
ktgl.
mtl.
ktgl.
mtl.
ktgl.
mtl.
ktgl.
mtl.
ktgl.
Aufnahme in Arbeitgeberhaushalt/
Gemeinschaftsunterkunft
204,00
6,80
122,40
4,08
102,00
3,40
173,40
5,78
91,80
3,06
71,40
2,38
173,40
5,78
91,80
3,06
71,40
2,38
142,80
4,76
61,20
2,04
40,80
1,36
Die Werte für Unterkunft bleiben gegenüber dem Vorjahr unverändert. Das ist
darauf zurückzuführen, dass der Verbraucherpreisindex im Zeitraum Juni
2008 bis Juni 2009 für Unterkunft und Mieten nur geringfügig um 0,2 % gestiegen ist.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
2. Verordnung zur Änderung
der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 19. Oktober 2009, BGBl. 2009 I S.
3667
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Seite 14
Eine Aufnahme in den Arbeitgeberhaushalt ist immer dann gegeben, wenn
der Arbeitnehmer sowohl in die Wohnungs- als auch in die Verpflegungsgemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen wird. Wird dem Arbeitnehmer
ausschließlich eine Unterkunft zur Verfügung gestellt, ist der ungekürzte Unterkunftswert anzusetzen. Gemeinschaftsunterkünfte sind z.B. Lehrlingsoder Schwesternwohnheime. Charakteristisch dafür sind Wasch- und Duschräume oder Toiletten, die gemeinschaftlich genutzt werden.
Für freie Wohnung gibt es keinen amtlichen Sachbezugswert. Unter Wohnung versteht man eine geschlossene Einheit von Räumen mit Wasserversorgung, Kochgelegenheit und WC, während bei Mitbenutzung von Bad, Toilette
und Küche lediglich eine Unterkunft vorliegt. Dasselbe gilt, wenn mehreren
Arbeitnehmern eine Wohnung zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Wird vom Arbeitgeber eine Wohnung überlassen, muss als Sachbezug die ortsübliche Miete angesetzt werden. Wenn die Ermittlung des ortsüblichen Mietpreises mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden ist,
kann er mit 3,55 €/m² angesetzt werden. Bei einfacher Ausstattung (ohne
Sammelheizung oder ohne Bad/Dusche) werden 2,88 €/m² zu Grunde gelegt.
Auch dieser Wert bleibt gegenüber dem Vorjahr unverändert.
Hinweis:
Der Gesamtsachbezugswert beträgt damit 419,00 € (Vorjahr: 414,00 €). Die
neuen Sachbezugswerte sind für Lohnabrechnungen ab Januar 2010 zu berücksichtigen.
6.
Erbrechtsreform seit dem 1.1.2010 in Kraft
Mit der Erbrechtsreform sind zum 1.1.2010 einige Änderungen in Kraft getreten. Die wichtigsten Punkte sind die Folgenden:
Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe
Das Pflichtteilsrecht lässt bestimmte Erben auch dann am Nachlass teilhaben,
wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen
Erbfolge ausgeschlossen hat. Die Regelungen zum Pflichtteilsentzug finden
nun für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung. Geschützt werden nun auch alle dem Erblasser ähnlich nahestehende Personen, z. B. Stief- und Pflegekinder. Ein Pflichtteilsentzug ist
nun auch dann möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen
nach dem Leben trachtet oder ihnen gegenüber eine sonstige schwere Tat
begeht. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber einem viel engeren Personenkreis möglich.
Bisher gab es gegenüber Abkömmlingen den Entziehungsgrund des „ehrlosen
und unsittlichen Lebenswandels“. Dieser ist nun entfallen. Stattdessen kann
nun der Pflichtteil entzogen werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte bereits
rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde.
Erweiterung der Stundungsgründe
Die Auszahlung des Pflichtteils bereitet den Übernehmern oft Sorgen. Besteht
das geerbte Vermögen z.B. aus einem Unternehmen oder einem Eigenheim,
stand oftmals der Verkauf dieser Vermögenswerte an, damit der Pflichtteil
ausbezahlt werden konnte. Seit 2010 sind nun die Voraussetzungen der bereits geltenden Stundungsregelung erleichtert worden und sind für jeden Erben durchsetzbar, wie beispielsweise auch für den Neffen oder die Lebensgefährtin.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Gesetz zur Änderung des
Erb- und Verjährungsrechts
vom 24. September 2009,
BGBl. 2009 I S. 3142
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Seite 15
Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs werden Schenkungen des Erblassers innerhalb der letzten 10 Jahre berücksichtigt. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung
nicht erfolgt und sich dadurch das Vermögen des Erblassers nicht verringert
hätte.
Noch im Jahr 2009 wurden bei der Berechnung zurückliegende Schenkungen
innerhalb der 10-Jahresfrist voll berücksichtigt. Damit ist seit 2010 Schluss.
Schenkungen finden nun graduell immer weniger Berücksichtigung je weiter
zurück die Schenkung liegt. Schenkungen, die nur ein Jahr vor dem Erbfall
stattgefunden haben, werden nach wie vor in voller Höhe angerechnet. Liegen
sie zwei Jahre zurück, werden sie nur noch in Höhe von 9/10 angesetzt. Liegen sie gar 10 Jahre zurück, werden sie lediglich zu 1/10 in die Berechnung
einbezogen.
Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich verbessert
Hat der Erblasser in seinem Testament keine Ausgleichsregelung zugunsten
eines pflegenden Angehörigen getroffen, gab es bisher für einen Abkömmling,
der den Erblasser über längere Zeit hinweg gepflegt hat und dabei auf eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat, erbrechtliche Ausgleichsansprüche. Künftig hat der Abkömmling diesen Anspruch unabhängig davon, ob für
die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.
Beispiel:
Die verwitwete Erblasserin wird langjährig von ihrer berufstätigen Tochter gepflegt. Der Sohn kümmert sich nicht. Die Erblasserin verstirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen. Das vererbte Vermögen beträgt insgesamt 100.000 €.
Die Pflegeleistungen der Tochter sind mit 20.000 € zu bewerten. Noch in 2009
erbten Sohn und Tochter je zur Hälfte. Ab 2010 darf die Schwester einen
Ausgleich für ihre Pflegeleistungen verlangen. Von dem Nachlass wird somit
zugunsten der Schwester der Ausgleichsbetrag von 20.000 € abgezogen und
der Rest nach der Erbquote verteilt. Von den übrigen 80.000 € erhalten beide
die Hälfte, die Schwester zusätzlich eine Honorierung ihrer Pflegeleistungen
von 20.000 €. Die Schwester erhält somit im Ergebnis 60.000 €.
Abkürzung der Verjährung
Änderungen haben sich auch im Verjährungsrecht ergeben. Die Verjährung
von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen wird der Regelverjährung von
drei Jahren angepasst. Dort, wo es sinnvoll ist, gibt es auch weiterhin die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 2057a BGB
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
II.
Einkommensteuer
1.
GmbH-Anteile: Voller Verlustabzug bei fehlenden Dividenden
1. Gewährt ein nichtunternehmerisch beteiligter Aktionär der AG ein
Darlehen, so führt dies nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten
seiner Beteiligung.
2. Der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG ist jedenfalls
dann nicht nach § 3c Abs. 2 S. 2 EStG begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen
erzielt hat.
Im Bereich der Beteiligungseinkünfte, was vorrangig GmbH-Gesellschafter betrifft, galt bis zum 31.12.2008 noch das Halbeinkünfteverfahren (ab 2009: Teileinkünfteverfahren auf Antrag, sonst Abgeltungsteuer). Das führte dazu, dass
Einnahmen nur zur Hälfte steuerlich berücksichtigt wurden, auf der anderen
Seite das Gleiche auch für Ausgaben in diesem Zusammenhang galt. Auflösungsverluste wurden wie Ausgaben behandelt und fielen damit unter das
sog. Halbabzugsverbot. Gegen diese steuerliche Behandlung richtet sich ein
aktuelles BFH-Urteil, dass die Anwendung des Halbabzugsverbots für den Fall
ausschließt, dass der Gesellschafter überhaupt keine Einkünfte aus der Beteiligung bezogen hat.
Im verhandelten Fall ging es um die Insolvenz einer AG. Der Gesellschafter
hatte der AG zusätzlich diverse Darlehen gewährt, die die AG nicht zurückzahlte. Der Steuerpflichtige machte einen Auflösungsverlust geltend, den ihm
das Finanzamt wegen des Halbeinkünfteverfahrens aber nur zur Hälfte zuerkannte.
Die Richter am BFH kamen recht überraschend zu einer anderen Auslegung
des Halbeinkünfteverfahrens: Die hälftige Erfassung hätte ihren Sinn darin, die
Einnahmen des Anteilseigners nicht doppelt zu besteuern, da damit die Vorbelastung der Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer berücksichtigt werden solle. Werde nur die Hälfte der Einnahmen berücksichtigt, sei die andere
Hälfte steuerfrei und der Gesellschafter könne die damit zusammenhängenden Ausgaben auch nur zur Hälfte absetzen. Damit werde im Prinzip eine
doppelte Begünstigung vermieden. Allerdings gebe es auch Fälle, in denen
gar keine Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus einer Beteiligung angefallen sind. Dann komme es auch nicht zu der Steuerbefreiung von
50 %. Aber das, so die Richter, sei die maßgebende Bedingung dafür, dass
entsprechende Aufwendungen nur zur Hälfte abgezogen werden können. In
solchen Fällen müsse der Auflösungsverlust in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden dürfen.
Der Fall wurde an das Finanzgericht zurückverwiesen, da noch nicht ausreichend geklärt war, ob der Steuerpflichtige durch seine Beteiligung überhaupt
Einnahmen erzielt hatte.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 16
§ 3c Abs. 2 S. 2, § 17 EStG
BFH-Urteil vom 25. Juni
2009, IX R 42/08, DStR 2009
S. 1696
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 17
Hinweis:
Wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagieren wird, ist noch offen.
Fakt ist, dass sich das Bundesverfassungsgericht ohnehin wegen einer bereits anhängigen Klage mit der Verfassungsmäßigkeit des Halbabzugsverbots beschäftigen muss (Az. 2 BvR 2221/07).
Betroffene sollten ihre Steuerbescheide nicht bestandskräftig werden lassen
und dabei auf dieses Urteil bzw. die anhängige Verfassungsbeschwerde
verweisen.
2.
Praxisausfallversicherung – Prämien und Leistungen
1. Eine sogenannte Praxisausfallversicherung, durch die im Falle einer
krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Steuerpflichtigen die
fortlaufenden Kosten seines Betriebes ersetzt werden, gehört dessen
Lebensführungsbereich an. Die Beiträge zu dieser Versicherung stellen daher keine Betriebsausgaben dar, die Versicherungsleistung ist
nicht steuerbar.
2. Wird neben dem privaten Risiko der Erkrankung zugleich das betriebliche Risiko der Quarantäne, also der ordnungsbehördlich verfügten Schließung der Praxis, versichert, so steht § 12 Nr. 1 EStG
dem Abzug der hierauf entfallenden Versicherungsbeiträge als Betriebsausgaben nicht entgegen.
Vor allem bei Freiberuflern und Einzelgewerbetreibenden sind Praxisausfallversicherungen recht häufig. Die Versicherungsleistung soll Vermögensschäden ersetzen, die der Praxisinhaber durch Krankheit, Sachgefahren (z.B. Zerstörung oder Beschädigung der Praxisräume durch Brand, Leitungswasser,
Einbruch) oder behördlich verfügte Quarantänemaßnahmen erleidet. Während
durch solche Ereignisse die Honorareinnahmen oder Betriebseinnahmen wegfallen, laufen die fixen Kosten, wie etwa Miete, Personalaufwand, Zinsen, weiter. Die Versicherungsverträge werden in unterschiedlichen Ausgestaltungen
angeboten. So können etwa Sachgefahren ausgeschlossen werden oder die
Versicherungsleistung den Gewinn, die sämtlichen fortlaufenden Betriebskosten oder einen Teil davon ersetzen.
Sofern die Praxisausfallversicherung das Krankheitsrisiko abdeckt, ist sie einer privaten Krankentagegeldversicherung ähnlich, stellt der BFH fest. Das ist
für die steuerliche Beurteilung von enormer Bedeutung. Denn während Leistungen aus betrieblichen Versicherungen zu Betriebseinnahmen führen, sind
Versicherungsleistungen auf privater Ebene steuerlich ohne Bedeutung.
Das Urteil geht auf den Fall einer Ärztin zurück, die sich gegen Krankheit und
Quarantäne versichert hatte. Nach einem Unfall war sie längere Zeit arbeitsunfähig und nahm die Versicherungsleistung für den Unterbrechungsschaden
in Anspruch. Das Finanzamt wollte die Versicherungsleistungen als steuerpflichtige Betriebseinnahme ansetzen.
Ob es sich um eine Versicherung im betrieblichen oder im privaten Bereich
handele, müsse nach der Art des versicherten Risikos bestimmt werden, urteilte der BFH. Quarantäne sei ein betriebliches Risiko, hingegen sei Krankheit
ein privates. Für die Einstufung spiele daher die Art des Risikos eine Rolle und
nicht der versicherte Schaden, wie etwa der Ersatz von Betriebskosten. Diese
Einstufung sei auch nicht gestaltbar, etwa durch die gewillkürte Einlage der
Versicherung ins Betriebsvermögen. Sofern die Versicherungsleistung wegen
eines privaten Risikos realisiert werde, gehören die Leistungen insgesamt
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 4 Abs. 4, § 12 EStG
BFH-Urteil vom 19. Mai 2009,
VIII R 6/07, DStR 2009
S. 1632
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 18
zum privaten Bereich und seien damit nicht steuerbar. Umgekehrt sind dann
leider auch die geleisteten Prämien an die Versicherung nicht als Betriebsausgaben absetzbar.
Hinweis:
Sind nicht nur private Risiken versichert, sondern auch betriebliche (Brand,
Quarantäne, Einbruch, etc.), muss die Versicherungsprämie entsprechend
aufgeteilt werden. Der von der Gesamtprämie auf betriebliche Risiken entfallende Beitragsanteil kann dann als Betriebsausgabe abgezogen werden.
3.
Arbeitszimmer: Abzugsverbot ab 2007 zweifelhaft!
Nach dem BFH Beschluss vom 25. August 2009 ist es ernstlich zweifelhaft, ob
das ab VZ 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG
betreffend Aufwendungen (hier: eines Lehrers, dem kein anderer Arbeitsplatz
zur Verfügung steht) für ein häusliches Arbeitszimmer, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen
und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist. Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 auf den Beschluss reagiert. Sie
wird allgemein AdV gewähren, sofern das Einspruchsverfahren betrieben
wird. Dafür muss eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
• die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt
mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit
oder
• für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht dem Steuerpflichtigen
kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Das Finanzministerium weist die Finanzämter somit an, Anträgen auf AdV in
folgenden Angelegenheiten statt zu geben:
• Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte für Jahre ab
2009,
• Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen für Veranlagungszeiträume ab 2009 oder
• Einkommensteuerbescheide ab 2007.
Dabei kann es u.U. auch zu einer Erstattung bereits gezahlter Steuern oder
Vorauszahlungsbeträge kommen.
Wichtig:
Wer AdV beantragen will, muss zunächst das Einspruchsverfahren betreiben. Der allgemeine Vorläufigkeitsvermerk für Arbeitszimmerkosten, der inzwischen automatisch jedem Bescheid beigefügt wird, reicht dafür nicht aus.
Weiterhin muss beachtet werden, dass der Prozessausgang noch ungewiss
ist. Kommt das Bundesverfassungsgericht oder der BFH zu der Ansicht,
dass die Arbeitszimmerregelung doch verfassungsgemäß ist oder das Bundesverfassungsgericht weist den Gesetzgeber an, erst für die Zukunft eine
verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen, bleibt die bisherige Regelung in Kraft. In diesen Fällen muss der ausgesetzte Steuerbetrag zurückgezahlt werden und das zuzüglich Zinsen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG
BMF-Schreiben vom
6. Oktober 2009; BStBl. 2009
I S. 1148
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
4.
Seite 19
Kein Bilanzausweis von Pfandgeldern
Hat ein Getränkehändler einerseits an seinen Lieferanten Pfandgelder für
die an ihn gelieferten Kästen und Flaschen gezahlt und andererseits von
seinen Kunden Pfandgelder in gleicher Höhe vereinnahmt, so gleichen
sich diese Vorgänge in der Regel bilanziell aus. Der Händler ist nur bei
Vorliegen besonderer Umstände berechtigt, in seiner Bilanz insoweit ein
Verlustgeschäft auszuweisen.
§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG, § 252
Abs. 1 Nr. 4 HGB, § 39 AO
BFH-Urteil vom 6. Oktober
2009, I R 36/07, BFH/NV
2010 S. 108
Der Fall betraf eine GmbH, die einen Getränkegroß- und -einzelhandel betrieb. Bei einer Betriebsprüfung wurde plötzlich die Auffassung vertreten, die
GmbH müsste in ihrer Bilanz eine Forderung ausweisen, da sie einen Anspruch auf die verauslagten Pfandgelder gegen den Getränkehersteller habe.
Die Höhe dieser Forderung richte sich nach der Rückstellung, die die GmbH
für die an ihre Kunden zurückzuzahlenden Pfandgelder gebildet habe. Gegen
die geänderten Steuerbescheide klagte die GmbH zunächst erfolgreich vor
dem Finanzgericht. Doch das Finanzamt gab sich nicht geschlagen und legte
erfolgreich Revision beim BFH ein.
Dieser bestätigte im Ergebnis die Auffassung des Finanzamts. Der BFH beurteilt die Aktivierungs- bzw. Passivierungspflicht der Pfandgelder unabhängig
davon, wer Eigentümer des Leerguts ist, was wiederum davon abhängt, ob es
sich um Einheitsleergut (Eigentum geht auf Käufer über) oder um auf einzelne
Hersteller bezogenes individuelles Leergut handelt (Eigentum bleibt beim Hersteller). Der BFH beurteilt die Pfandgelder als eine Sicherheitsleistung bzw.
Kaution. Die Ansprüche gegen die Lieferanten und die Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden sollen nach Ansicht des BFH saldiert ausgewiesen werden. Die Forderung an den Hersteller entspricht dann regelmäßig dem Betrag,
der voraussichtlich an die Kunden bei zu erwartender Pfandeinlösung zurückgezahlt werden muss und für den eine Rückstellung gebildet wird. Etwaige
Schadenersatzforderungen seitens der Getränkehersteller, weil Leergut nicht
zurückgegeben wurde, dürfen erst dann bilanziert werden, wenn konkrete
Schadenersatzforderungen zutage getreten sind.
Hinweis:
Damit bestätigt der BFH im Ergebnis die Praxis, die die Finanzämter bereits
anwenden. Nach Auffassung des BFH werden Forderungen gegen den Getränkehersteller und Rückstellungen aus der Pfandrückgabe saldiert und
wegen der Betragsgleichheit erscheinen die Beträge auch nicht in der Bilanz.
5.
Abzinsung von Gesellschafter-Darlehen
Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen sind nach Maßgabe des § 6
Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn
sie aus handelsrechtlicher Sicht eigenkapitalersetzenden Charakter haben.
Darlehen dürfen dann nicht mit ihrem Nennwert in der Bilanz ausgewiesen
werden, wenn sie unverzinslich sind. Damit soll vermieden werden, dass der
Steuerpflichtige sein Betriebsvermögen nicht zu niedrig ausweist. Sofern der
zugrunde liegende Darlehensvertrag keine Verzinsungspflicht vorsieht, muss
die Schuld mit einem Zinsfuss von 5,5 % abgezinst werden. Die Regeln zur
Abzinsung gelten auch für solche Darlehen, die aus handelsrechtlicher Sicht
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§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
BFH-Beschluss vom
6. Oktober 2009, I R 4/08,
DStR 2009 S. 2587
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Seite 20
eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Das entschied der BFH in einer aktuellen Entscheidung.
Der Fall betraf eine GmbH, die von ihrem Alleingesellschafter ein Darlehen
von rund 8 Mio. € über eine unbestimmte Zeit erhalten hatte. Eine Verzinsung
der Verbindlichkeit hatte nicht stattgefunden. Das Finanzamt bemängelte in
einer späteren Betriebsprüfung, dass das Darlehen mit seinem Nennwert ausgewiesen wurde. Es legte nach Verhandlungen mit der GmbH eine Laufzeit
von 7 Jahren zugrunde und zinste entsprechend ab. Mit den daraus resultierenden Mehrsteuern war die GmbH nicht einverstanden und zog mit ihrer Klage bis vor den BFH.
Dieser hält allerdings die Vorgehensweise des Finanzamtes, das Darlehen
abzuzinsen, für zutreffend. Das Gebot der Abzinsung von Verbindlichkeiten
beruhe, ebenso wie das entsprechende Abzinsungsgebot für Verbindlichkeitsrückstellungen, auf der Vorstellung, dass eine erst in der Zukunft zu erfüllende
Verpflichtung den Schuldner weniger belaste als eine sofortige Leistungspflicht. Das Abzinsungsgebot sei daher – gemessen an der wirtschaftlichen
Belastung – sachgerecht. Wie hoch die wirtschaftliche Belastung des Schuldners sei, hänge in erster Linie auch davon ab, auf eine wie lange Zeit der
Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit dem Kapital arbeiten
kann. Das sei besonders von Bedeutung bei Darlehen, die wie hier im Streitfall auf unbestimmte Zeit gewährt wurden, obwohl auch im verhandelten Fall
vertraglich eine vierteljährliche Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Eine entscheidende Rolle spielten die Umstände des Einzelfalles, d.h. bei Gesellschafter-Darlehen könne im Grunde immer mit einer längerfristigen Überlassung gerechnet werden. Die Abzinsungspflicht gelte – und das betonte der
BFH ausdrücklich – auch für eigenkapitalersetzende Darlehen.
Hinweis:
Seit der Änderung des Eigenkapitalersatzrechts durch die GmbH-Reform
müssen somit bei allen Gesellschafter-Darlehen die Grundsätze dieses Urteils berücksichtigt werden.
Gesellschafter von GmbHs müssen beachten, dass ihre Darlehen gegenüber der GmbH eine Verzinsungsvereinbarung enthalten müssen, um der
ansonsten vorzunehmenden ertragsteuerlichen Abzinsungspflicht von immerhin 5,5 % zu entgehen. Sofern sich die Darlehensverbindlichkeit beim
Gesellschafter im Privatvermögen befindet, muss keine marktgerechte Verzinsung stattfinden. Sie sollte aber auch nicht nahe 0 % liegen, da das Finanzamt ansonsten Gestaltungsmissbrauch vermutet.
6.
Gebäudeerhaltung: Kosten nicht immer sofort abziehbar
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes
sind - unabhängig davon, ob sie auf jährlich üblicherweise anfallenden
Erhaltungsarbeiten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG beruhen - nicht
als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar, wenn sie im Rahmen einheitlich
zu würdigender Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S.
des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG anfallen.
Zwar sind die jährlich üblicherweise anfallenden Erhaltungsarbeiten sofort abzugsfähige Werbungskosten/ Betriebsausgaben, liegen sie aber im zeitlichen
Zusammenhang mit dem Kauf einer Immobilie und weiteren erheblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten, können auch diese Kosten nur
zeitanteilig im Wege der Abschreibung abgezogen werden.
Der BFH musste sich mit dem Fall eines Steuerpflichtigen beschäftigen, der
im Jahr 2004 ein vermietetes Zweifamilienhaus für 205.000 € erworben hatte.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG
BFH-Urteil vom 25. August
2009, IX R 20/08, BFH/NV
2010 S. 96
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 21
Noch im selben Jahr ließ er umfangreiche Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten durchführen. Unter anderem wurden einzelne Fenster und
Türen ausgetauscht, Boden- und Fliesenbeläge erneuert und Bäder modernisiert. Die Kosten von insgesamt netto rund 31.500 € wollte er in seiner Steuererklärung als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen ansetzen. Leider
machte ihm das Finanzamt dabei einen Strich durch die Rechnung. Die Aufwendungen seien „anschaffungsnahe Herstellungskosten“, da sie im zeitlichen
Zusammenhang mit der Anschaffung der Immobilie stünden. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wandte sich der Immobilieneigentümer an das Finanzgericht, was ihm aber auch kein Recht gab. Zwar seien einzelne Arbeiten
für sich genommen als jährliche Erhaltungsarbeiten zu beurteilen. Aber diese
könnten nicht isoliert von den übrigen Modernisierungsmaßnahmen betrachtet
werden. Dieser Auffassung folgte letztendlich auch der BFH. Sämtliche Aufwendungen konnte der Steuerpflichtige damit nur im Wege der Abschreibung
bei der Steuer geltend machen. Generell sind alle Baumaßnahmen, die nach
dem 31.12.2003 begonnen wurden, als anschaffungsnahe Herstellungskosten
zu beurteilen, wenn sie innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und die Kosten ohne Umsatzsteuer mehr als
15 % der Gebäudeanschaffungskosten betragen. Nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören allerdings Erhaltungsmaßnahmen, die
jährlich üblicherweise anfallen. Stehen diese wiederum in engem räumlichen,
zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Modernisierung des Hauses im Ganzen, zählen auch sie zu den anschaffungsnahen Aufwendungen.
Der Sofortabzug bleibt diesen Kosten damit verwehrt. Der BFH unterstreicht,
dass ansonsten die gesetzliche Absicht einer Typisierung verfehlt würde, wollte man im Rahmen einer einheitlichen Modernisierungsmaßnahme einzelne
Arbeiten als Erhaltungsmaßnahme isoliert betrachten.
7.
Keine Ansparabschreibung für Freiberufler in 2007
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass Steuerpflichtige mit Einkünften
aus selbständiger Arbeit für 2007 keine Ansparabschreibung nach § 7g
EStG a.F. geltend machen können, sondern - bei Einhaltung der in § 7g
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und c EStG n.F. genannten Größenmerkmale - den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG n.F.
Die bisherigen Regelungen der Ansparabschreibung wurden im Rahmen der
Unternehmensteuerreform 2008 grundlegend zum neuen Investitionsabzugsbetrag umgestaltet. Die Neuregelungen gelten nach dem Gesetzeswortlaut für
alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 17.8.2007 enden – mithin für kalendergleiche Wirtschaftsjahre ab dem Wirtschaftsjahr 2007.
Für Freiberufler ist die Neuregelung zum Teil alles andere als förderlich. Waren nach der alten Ansparrücklage noch alle Einnahmen-Überschussrechner
begünstigt und konnten sie mit der Ansparrücklage jede Menge Steuern sparen, kann der neue Investitionsabzugsbetrag nur noch von denjenigen genutzt
werden, deren Gewinn nicht mehr als 100.000 € beträgt. Zwar wurde die Gewinngrenze für Einnahmen-Überschussrechner in den Jahren 2009 und 2010
auf 200.000 € ausgeweitet, aber eine Reihe von Freiberuflern, besonders
GbRs, können den Investitionsabzugsbetrag nicht mehr geltend machen.
Kein Wunder also, dass die Anwendungsregel für den Investitionsabzugsbetrag nun auf dem richterlichen Prüfstand steht. Das Gesetz formuliert eindeutig, dass der Investitionsabzugsbetrag für alle Wirtschaftsjahre gilt, die nach
dem 17.8.2007 enden. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass Freiberufler überhaupt kein Wirtschaftsjahr hätten. Freiberufler müssen ihren Gewinn
stets nach dem Kalenderjahr ermitteln. Wäre es da nicht rechtens, für das
Jahr 2007 noch die alte Ansparrücklage zum Zuge kommen zu lassen?
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§ 7g EStG a.F.
BFH-Beschluss vom
13. Oktober 2009, VIII B
62/09, BFH/NV 2009 S. 2037
§ 52 Abs. 23 EStG
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 22
Diese Frage wird zum Teil kontrovers diskutiert. Während das Finanzgericht
Münster dem eine Absage erteilt hat, gab das hessische Finanzgericht einem
Freiberufler Recht, der die Ansparrücklage noch für das Jahr 2007 bekommen
wollte. Nun hat allerdings der BFH ein erstes Signal in einem Verfahren gegeben, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung ging.
Ein Tierarzt hatte für 2007 knapp über 100.000 € Gewinn errechnet. Darin war
bereits eine Gewinnminderung für eine Ansparrücklage in Höhe von 36.000 €
enthalten. Das Finanzamt strich ihm die Rücklage und versagte ihm auch die
Bildung eines Investitionsabzugsbetrags, weil er die dafür vorgesehene Gewinngrenze von 100.000 € überschritten habe. Der Tierarzt legte Einspruch
ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Nach seiner Auffassung dürfte er nach der gesetzlichen Übergangsvorschrift noch die alte Ansparrücklage
bilden. Die Aussetzung der Vollziehung wurde jedoch abgelehnt. Diese könne
grundsätzlich nur dann gewährt werden, wenn die Regelung ernstlich zweifelhaft sei. Das war sie weder nach Auffassung des Finanzamtes noch des Finanzgerichtes. Der BFH bestätigte diese ablehnende Haltung. Eine Ausnahmeregelung für Freiberufler komme nicht in Betracht.
Hinweis:
Da es sich in diesem Verfahren lediglich um die Gewährung der Aussetzung
der Vollziehung handelte, ist das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen. Aber man kann davon ausgehen, dass der BFH in einem späteren Urteil sicherlich keine andere Auffassung vertreten wird.
8.
Nur Verrechnung gleichartiger erstatteter Sonderausgaben
1. Die Verrechnung erstatteter oder zurückgezahlter mit gezahlten Sonderausgaben setzt Gleichartigkeit voraus.
2. Ob die Sonderausgaben gleichartig sind, richtet sich nach deren
Sinn und Zweck sowie deren wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkungen für den Steuerpflichtigen. Bei Versicherungsbeiträgen
kommt es auf die Funktion der Versicherung und das abgesicherte
Risiko an.
Zu den als Sonderausgaben abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen zählen in
erster Linie Versicherungsbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Grundsätzlich sind die Beiträge als Sonderausgaben abzugsfähig. Mitunter
kann es vorkommen, dass die Versicherung Beiträge erstattet. In solchen Fällen müssen die erstatteten Beträge mit den abzugsfähigen Sonderausgaben
verrechnet werden. Im Jahr der Erstattung wirken sich somit nur Sonderausgaben nach Abzug der Rückzahlung steuermindernd aus. Die Verrechnung
mit gezahlten Beiträgen ist nach einem aktuellen BFH-Urteil nur dann möglich,
wenn Gleichartigkeit vorliegt.
Das Urteil des BFH geht auf den Fall eines Steuerpflichtigen zurück, der in der
Zeit von August 1993 bis September 2002 insgesamt rund 14.100 € Beiträge
an eine Krankentagegeldversicherung gezahlt hatte. Die Beiträge hatte er seit
1993 in seiner Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Steuerlich wirkten sich die Beiträge allerdings nicht aus, da die Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen bereits durch andere abziehbare Vorsorgeaufwendungen
überschritten waren. Im September 2002 wurde die Krankentagegeldversicherung rückwirkend ab August 1993 aufgehoben. Die geleisteten Beiträge wurden allesamt erstattet.
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§ 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG
BFH-Urteil vom 21. Juli 2009,
X R 32/07, BFH/NV 2009
S. 2031
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Seite 23
Fraglich war nun, wie die Rückzahlung in der Einkommensteuererklärung
2002 zu behandeln war. Insgesamt hatte der Steuerpflichtige rund 16.100 €
Versicherungsbeiträge geleistet, u.a. war das der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherung, Beiträge zu einer freiwilligen Höherversicherung, Krankenund Pflegeversicherung, Lebens- und Haftpflichtversicherung. Den erstatteten
Betrag zog er in Höhe der Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung (4.697 €) ab. Den Rest machte er als Sonderausgabenabzug geltend.
Das Finanzamt ging indes einen anderen Weg. Es verrechnete nämlich die
Erstattung mit den gesamten Sonderausgaben. Dagegen klagte der Steuerpflichtige und vertrat die Auffassung, eine Verrechnung sei nur mit gleichartigen Beiträgen statthaft.
Der BFH stimmte ihm zu. Nur gleichartige Sonderausgaben dürften verrechnet
werden und ob Gleichartigkeit vorliege, richte sich nach deren Sinn und Zweck
sowie deren wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkungen für den Steuerpflichtigen. Demnach spiele bei Versicherungsbeiträgen die Funktion der Versicherung und das abgesicherte Risiko eine große Rolle. Eine Verrechnung
mit sämtlichen Vorsorgebeiträgen, so wie sie das Finanzamt vorgenommen
hatte, sei nicht möglich. Der Abzug der Erstattungsbeträge von den Krankenversicherungsbeiträgen sei korrekt.
Hinweis:
Ab 2010 wird die bisherige Abzugsbeschränkung von 2.400 € für Selbständige bzw. 1.500 € für Arbeitnehmer aufgehoben, zumindest was die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung betrifft. Diese dürfen dann in voller
Höhe steuerlich geltend gemacht werden.
9.
BFH bestätigt wiederholt beschränkten Abzug von Vorsorgeaufwendungen
1. Im zeitlichen Geltungsbereich des Alterseinkünftegesetzes geleistete
Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind als Sonderausgaben
nur beschränkt abziehbar. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Altersvorsorgeaufwendungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.d.F.
des Alterseinkünftegesetzes nicht als Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können.
In gleich mehreren Entscheidungen hat der BFH bestätigt, dass der beschränkte Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen verfassungsgemäß sei.
Weiterhin bejahte der BFH die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags
2005 und den beschränkten Abzug von sonstigen Vorsorgeaufwendungen.
Altersvorsorgeaufwendungen
Diese Aufwendungen können derzeit nur eingeschränkt als Sonderausgaben
abgezogen werden. Der BFH sieht in dieser Regelung keinen Verstoß gegen
das Grundgesetz. Betroffen sind neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung auch diejenigen, die an berufsständische Versorgungswerke
oder die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt werden. Obwohl die späteren
Renteneinnahmen seit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes anders versteuert werden, sei die Behandlung der Beiträge ab 2005 als Sonderausgaben
rechtens. Der BFH beurteilt die Rentenbeiträge im Wesentlichen als Erwerbsaufwendungen. Allerdings hätten sie eine „Doppelnatur“, die die Einstufung als Sonderausgabe rechtfertigen würde.
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§ 10 Abs. 1 Nr. 2a und 3,
Abs. 4, § 9, § 22 EStG,
Art. 1 und 3 GG
BFH-Urteile vom 18. November 2009, X R 6/08 und X R
28/07, BFH/NV 2010 S. 320,
334
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 24
Vielfach wurde gefordert, dass die Rentenbeiträge als vorweggenommene
Werbungskosten anzuerkennen seien. Das hätte für den Steuerzahler den
Vorteil gehabt, dass sie sich unmittelbar und in voller Höhe steuerlich ausgewirkt hätten und nicht nur eingeschränkt. Der BFH berücksichtigte in seiner
Entscheidung, dass die Aufwendungen spätestens ab 2025 in voller Höhe abgezogen werden können. Ob dennoch eine unzulässige Doppelbesteuerung
vorliege, wenn die späteren Renteneinnahmen in größerem Umfang besteuert
werden, könne erst in den Jahren geprüft werden, in denen die Renteneinnahmen zuflössen.
Hinweis:
Sämtliche Einkommensteuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2005
ergehen vorläufig, was den beschränkten Abzug von Vorsorgeaufwendungen bzw. die mögliche Berücksichtigung als vorweggenommene Werbungskosten betrifft. Es muss abgewartet werden, ob die Verwaltung die Vorläufigkeit in diesen Punkten aufheben wird. Möglich ist immer noch, dass das
Verfahren bis vor das Bundesverfassungsgericht geht.
Sonstige Vorsorgeaufwendungen
Zu diesen Ausgaben zählen die Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Unfall-, Haftpflicht-, Berufsunfähigkeitsversicherungen etc. und zu Lebensversicherungen,
die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden. Solche Beiträge konnten ab
2005 nur in Höhe von jährlich insgesamt 2.400 € (Selbständige) oder 1.500 €
(Arbeitnehmer) abgezogen werden. Gegen diese Ungleichbehandlung klagte
ein Arbeitnehmer, der sich gegenüber Selbständigen benachteiligt fühlte. Für
den BFH war diese Differenzierung seitens des Gesetzgebers kein Problem,
denn es komme entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige für seinen
Krankenversicherungsschutz allein aufkommen müsse oder ob sich sein Arbeitgeber an den Beitragszahlungen beteilige. Im Übrigen sei die unzureichende steuerliche Berücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge bis
2009 hinzunehmen.
Grundfreibetrag
Weiterhin wurde in einem Verfahren die Höhe des Grundfreibetrags bei Zusammenveranlagung im Jahr 2005 beanstandet. Nach Auffassung des BFH
ohne Grund. Messgröße für den Grundfreibetrag ist das staatlich garantierte
Sozialhilfeniveau. Dazu legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über das Existenzminimum vor, wonach dieses bei Ehegatten im Jahr
2005 exakt 12.240 € betrug. Nach Meinung der Richter sei damit die Höhe
des Grundfreibetrags nicht zu beanstanden, denn dieser lag mit 15.329 € in
diesem Jahr sogar noch über diesem Betrag.
10. Keine Übertragung des Spendenabzugs auf Erben
Der Erbe kann den nicht verbrauchten Betrag einer Großspende des Erblassers nicht als eigene Spende abziehen.
Spenden können unabhängig davon, welchen Zweck sie fördern, bis zu 20 %
des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden.
Spender mit Gewinneinkünften können alternativ dazu auch auf die Bemessungsgrundlage von 4 Promille der gesamten Umsätze zuzüglich der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter zurückgreifen. Bei Körperschaften liegt der Höchstbetrag bei 20 % des Einkommens. Gewerbesteuerlich sind bis zu 20 % des um bestimmte Zurechnungen erhöhten Gewinns abzugsfähig.
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§ 10b Abs. 1 S. 3, § 10d
EStG
BFH-Urteil vom 21. Oktober
2008, X R 44/05, DStRE
2009 S. 339
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Seite 25
Übersteigen die Spenden die genannten Höchstbeträge oder wirken sie sich
nicht aus, weil vorrangig ein Verlustabzug zur Geltung kommt, können sie auf
nachfolgende Veranlagungszeiträume übertragen und dann später als Sonderausgaben abgezogen werden. Diese Regelung gilt erst seit dem Veranlagungszeitraum 2007 und löst die bis dahin geltende Großspendenregelung
ab, die sogar einen Rücktrag in das letzte Veranlagungsjahr ermöglichte.
Der BFH musste sich kürzlich mit der Frage befassen, ob ein noch nicht verbrauchter Großspendenabzug auch vom Erben in Anspruch genommen werden kann, wenn ihn der Erblasser bis zu seinem Tod noch nicht in voller Höhe
verbraucht hat. Der BFH hat das abgelehnt. Der Erbe wird zwar zum Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen, aber das gilt nicht für den Spendenabzug.
Spenden beruhen auf einer höchstpersönlichen Entscheidung des Spenders.
Dagegen hatte der Erbe überhaupt keine Spendenmotivation gehabt und die
geltend gemachten Beträge stammten auch nicht aus seinem Vermögen.
Hinweis:
Das Urteil erging zur Großspendenregelung, wie sie vor 2007 gültig war. Für
die Neuregelung ist keine andere Behandlung zu erwarten, zumal der BFH
nach fast 40 Jahre währender Rechtsprechung die Vererblichkeit des einkommensteuerlichen Verlustabzugs gekippt hat.
11. Umsatzsteuer: In welchem Jahr Betriebsausgabe?
Umsatzsteuervorauszahlungen zählen nach einem neueren Urteil des BFH zu
den sog. regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben. Bedeutung haben die regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben für Einnahmen-Überschussrechner und
die Überschusseinkünfte (im Wesentlichen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung). Solche Ausgaben zählen auch dann noch zu den
Ausgaben eines Jahres, wenn sie kurze Zeit nach dem Ende des jeweiligen
Jahres geleistet werden. Dies gilt besonders für die Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Dezember, die bis zum 10. Januar des Folgejahres beglichen wird. Entsprechendes gilt auch bei Dauerfristverlängerungen für die Umsatzsteuervoranmeldung des Monats November. Nun hat die Oberfinanzdirektion Rheinland klar gestellt, wie zu verfahren ist, wenn dem Finanzamt eine
Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt wurde und die Vorauszahlung tatsächlich erst nach dem 10. des Folgemonats fällig wird.
In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob bei einer Abbuchung seitens des Finanzamtes kurze Zeit nach dem 10. des Monats noch der 10-Tageszeitraum
greift. Die Finanzverwaltung bejaht das, da bei einer erteilten Lastschrifteinzugsermächtigung und fristgerechter Abgabe der Voranmeldung die Zahlung
bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit abgeflossen sei, soweit das betroffene Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweise. Es spiele
demnach keine Rolle, wann das Finanzamt abbucht oder ob der Steuerpflichtige später davon Gebrauch macht, den Lastschrifteinzug zu widerrufen.
Aus einkommensteuerlicher Sicht liegt der maßgebende Abflusszeitpunkt bei
Lastschrifteinzug noch im Vorjahr, wenn die Umsatzsteuervorauszahlung tatsächlich am 10.1. des Folgejahres fällig wird. Doch hier muss beachtet werden, dass wegen der sog. Samstags-, Sonntags-, Feiertags-Regelung der Fälligkeitstag in der Praxis oft um einige Tage verschoben ist und deshalb nach
dem 10. des Monats liegt. Für solche Fälle weist die Finanzverwaltung nochmals darauf hin, dass die Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende
Ausgaben nicht gilt. Das muss besonders im Jahr 2010 (10. Januar ist ein
Sonntag) und auch im Jahr 2009 (10.1. ist ein Samstag) beachtet werden. In
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§ 11 Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 3
EStG, § 18 Abs. 1 S. 4 UStG
OFD-Rheinland, Verfügung
vom 29. Juni 2009, S 2142
2009/0003 St 142, DStR
2009 S. 2151
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 26
diesen beiden Jahren ist die Umsatzsteuervorauszahlung – wie bereits früher
– im Jahr der Verausgabung als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
12. Kehrtwende: Dienstreise kombiniert mit Urlaub absetzbar!
1. Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe
der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt
werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und
nicht von untergeordneter Bedeutung sind.
2. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.
Steuerpflichtige können künftig die Kosten für Dienstreisen und andere berufliche Zwecke selbst dann steuerlich geltend machen, wenn die Aufwendungen
auch zum Teil privat veranlasst sind. Das war nach der bisherigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis unmöglich. Sogenannte gemischt veranlasste
Aufwendungen schieden in vollem Umfang aus dem Betriebsausgaben- oder
Werbungskostenabzug aus. An dieser recht strikten Haltung wollte der BFH
nicht mehr festhalten und befürwortete schließlich eine Aufteilung gemischt
veranlasster Aufwendungen, wenn es dafür einen objektiven Aufteilungsmaßstab gibt. Damit rückt das oberste deutsche Steuergericht von seiner jahrzehntelang praktizierten Linie ab. Nun wird die Meinung vertreten, dass das
sogenannte Aufteilungsverbot sich in Wirklichkeit nicht dem Einkommensteuergesetz entnehmen lasse. Gemischt veranlasste Aufwendungen werden damit in größerem Umfang als bisher zum Abzug als Betriebsausgaben oder
Werbungskosten zugelassen.
Die Änderung der Rechtsprechung geht auf den Fall eines EDV-Controllers
zurück, der vor 16 Jahren eine Computer-Messe in Las Vegas besuchte. Der
USA-Aufenthalt dauerte insgesamt 7 Tage, von denen der Steuerpflichtige an
vier Tagen an Fachveranstaltungen teilnahm und die restlichen drei Tage für
private Aktivitäten zur Verfügung standen. Diese drei angehängten Urlaubstage störten die rein berufliche Veranlassung der Reise und veranlassten das
Finanzamt dazu, die Flugkosten überhaupt nicht gelten zu lassen. Lediglich
die Tagungsgebühren sowie die Hotel- und Verpflegungskosten für die Dauer
der Fachveranstaltungen wollte das Finanzamt anerkennen.
Nun ist das letzte Wort in dieser Sache gesprochen. Der BFH erkennt die
Flugkosten in Höhe des beruflich veranlassten Teils an. Voraussetzung sei
dafür, dass die zeitlichen Anteile von privater Lebensführung einerseits und
betrieblichem oder beruflichen Anlass andererseits feststünden. Im verhandelten Fall war dieses Erfordernis gegeben, denn anhand der Zeitaufteilung
konnte festgestellt werden, dass die Reise zu 3/7 privat zu 4/7 beruflich veranlasst gewesen war. Fehle es an solchen objektivierbaren Aufteilungskriterien,
müsse eine Aufteilung unterbleiben, weil dann berufliche und private Motivation zu sehr ineinander greifen würden. Wichtig sei außerdem, dass der berufliche Beweggrund für die Reise nicht von untergeordneter Bedeutung sei.
Vom Abzug weiterhin ausgeschlossen sind nach dem Wortlaut der Richter
„unverzichtbare Aufwendungen für die Lebensführung“, die durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal
abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung abFriedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 12 Nr. 1 S. 2, § 4 Abs. 4,
§ 9 Abs. 1 EStG
BFH-Urteil vom 21. September 2009, GrS 1/06, BFH/NV
2010 S. 285
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Seite 27
ziehbar seien, wie zum Beispiel die Kosten bürgerlicher Kleidung oder einer
Brille. Bereits anerkannt war die Aufteilung bisher schon bei Computern, Telefonen und Kfz-Kosten. Das Urteil sorgt auf alle Fälle für mehr Rechtssicherheit, denn bisher hing es sehr stark vom jeweiligen Sachbearbeiter beim Finanzamt ab, ob und inwieweit gemischt veranlasste Aufwendungen zum Abzug zugelassen wurden. Nach der neuen Rechtsprechung ist es wichtig, dass
ein geeigneter – z.B. zeitlicher – Aufteilungsmaßstab herangezogen werden
kann.
Hinweis:
Es muss nun abgewartet werden, wie sich die Aufgabe des Aufteilungs- und
Abzugsverbots auf andere gemischte Aufwendungen auswirkt, vor allem,
wie die Finanzverwaltung mit der neuen Rechtsprechung umgehen wird.
13. Ungewollte Mitunternehmerschaft bei Ehegatten?
1. Ehegatten können in der Land- und Forstwirtschaft ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn
jeder der Ehegatten einen erheblichen Teil der selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zur Verfügung stellt.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Ehegatten das Fruchtziehungsrecht an den zur Verfügung gestellten Grundstücken als Alleineigentümer, als Miteigentümer oder als Pächter zusteht (Änderung der Rechtsprechung).
2. Der Anteil des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen
Grundbesitzes, den jeder Ehegatte zur Verfügung gestellt hat, ist in
der Regel nicht erheblich und daher zur Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft nicht geeignet, wenn er weniger als
10 % der insgesamt land- und forstwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen beträgt (Änderung der Rechtsprechung).
3. Unterhält jeder Ehegatte einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb,
genügt die Selbstbewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen
der Ehegatten nicht, um eine konkludente Mitunternehmerschaft zu
begründen. Erforderlich ist, dass die Ehegatten die Grundstücke gemeinsam in einem Betrieb bewirtschaften, so dass von einer gemeinsamen Zweckverfolgung ausgegangen werden kann.
Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur so genannten faktischen
Mitunternehmerschaft bei Ehegatten geändert. Während bisher – auch ohne
Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages – nur dann von einer Mitunternehmerschaft ausgegangen wurde, wenn jeder Ehegatte dem Betrieb Grundstücke
zur Verfügung stellte, die mehr als 20 % des gemeinen Wertes des Hofes
ausmachten und beide Ehegatten im Betrieb mitarbeiteten, hat er diese Grenze nun nach unten hin angepasst. Nun gilt eine Grenze von 10 %, die sich
nicht auf den Wert des Hofes bezieht, sondern auf den Anteil der bewirtschafteten Flächen. Der Wert der Hofstelle bleibt unberücksichtigt.
Es handelte sich im Streitfall um einen Sachverhalt, der in der Praxis sehr
häufig vorkommt. Ein Landwirt bewirtschaftete bis zum Wirtschaftsjahr
1996/1997 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als Einzelunternehmer. Dann erbte seine Frau von ihrer Mutter land- und forstwirtschaftliche
Grundstücke. Diese Grundstücke waren zum Teil verpachtet, zum Teil bewirtschaftete sie diese selber mit weiteren von ihr angepachteten Grundstücken.
Die Eheleute ermittelten für ihre jeweiligen Betriebe den Gewinn nach Durchschnittsätzen. Das Finanzamt nahm dagegen eine Mitunternehmerschaft der
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§ 13 EStG
BFH-Urteil vom 25. September 2008, IV R 16/07,
BFH/NV 2009 S. 1489,
BMF-Schreiben vom
18. Dezember 2009,
IV C 2 S 2230/09/10001,
www.bundesfinanzministerium.de
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 28
Eheleute an und verlangte die Vorlage einer Buchführung. Da die Landwirte
dieser Aufforderung nicht nachkamen, schätzte das Finanzamt den Gewinn.
Hiergegen klagten beide.
Der BFH gab der Klage statt, wies den Fall aber an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurück. Neu an dem Urteil
sind insbesondere zwei Dinge:
1. Die Aufgabe der 20 %-Flächengrenze zugunsten einer 10 %-Grenze.
2. Pachtflächen sind in die Prüfung der Flächengrenze einzubeziehen.
Hinweis:
Nach diesen verschärften Regeln wird in einer ganzen Reihe von Fällen eine Mitunternehmerschaft vorliegen, wenn Eheleute über gemeinschaftliche
oder im Einzeleigentum befindliche Flächen verfügen, die zusammen bewirtschaftet werden. Manchmal tritt ein solcher Sachverhalt auch erst im
Laufe der Zeit ein, wenn z.B. wie im Streitfall die Ehefrau Flächen erbt oder
beide Eheleute auf Anraten der Bank, des Notars oder zur Absicherung der
Ehefrau gemeinsam Flächen erwerben. Auch werden Pachtverträge häufig
von beiden Eheleuten unterzeichnet. Es empfiehlt sich also, dass neue
BFH-Urteil zum Anlass zu nehmen, um dieser Frage nachzugehen. Auswirkungen können sich wie im Urteilsfall z.B. für die Buchführungspflicht ergeben. Aber auch die Frage der Gewerblichkeit kann relevant sein. Was ist
z.B. wenn Maschinenleistungen erbracht oder ein Hofladen betrieben werden? Hier besteht die Gefahr, dass aufgrund der so genannten Abfärbung
das ganze Unternehmen gewerblich wird. Verfügt ein Ehepartner über einen
Flächenanteil von mehr als 10 %, kann der Abschluss eines Pacht- oder
Nutzungsüberlassungsvertrages mit dem anderen Ehepartner eine Lösung
darstellen. Nach dem BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2009 sind die
neuen BFH-Grundsätze für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember
2009 beginnen, anzuwenden.
14. Direktvermarktung: Hofläden werden neu beurteilt!
1. Eine auf dem Hof befindliche Verkaufsstelle oder ein auf dem Hof befindliches Handelsgeschäft (Hofladen) und ebenso das räumlich getrennte Handelsgeschäft sind Bestandteile des landwirtschaftlichen
Betriebs, wenn darin ausschließlich Eigenprodukte vertrieben werden.
2. Werden in dem Hofladen oder dem Handelsgeschäft zugekaufte Produkte abgesetzt, entsteht neben dem landwirtschaftlichen Betrieb ein
selbständiger Gewerbebetrieb, wenn der Nettoumsatzanteil aus den
zugekauften Produkten ein Drittel des Nettogesamtumsatzes des
Hofladens bzw. des Handelsgeschäfts oder 51.500 € nachhaltig übersteigt.
3. Fremdprodukte, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, sind nicht in die Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenze einzubeziehen.
4. Die nachhaltige Überschreitung der Zukaufsgrenzen führt nur zur
Umqualifizierung sämtlicher im Hofladen oder Handelsgeschäft getätigter Umsätze.
5. Das Vorliegen einer nachhaltigen Überschreitung der Zukaufsgrenzen beurteilt sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zum Strukturwandel im Bereich der Landwirtschaft.
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§ 13 EStG, § 24 UStG
BFH-Urteil vom 25. März
2009, IV R 21/06, DStR 2009
S. 1576
BMF-Schreiben vom
18. Januar 2010, IV D 4 S
2230/09/10001,
www.bundesfinanzministerium.de,
BMF-Schreiben vom
16. Januar 2008, IV A 5 S
7410/07/0008, BStBl. 2008 I
S. 293
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Der BFH hat neue Grundsätze zur steuerlichen Behandlung von Hofläden
aufgestellt. Anlass war der Fall eines niedersächsischen Landwirtes, der
Schweinemast betrieb und daneben noch Spargel, Himbeeren und Erdbeeren
anbaute. Einen Teil der selbst erzeugten Produkte und zusätzlich zugekaufte
Wurst, Schinken, Sauce Hollandaise, Wein, Marmelade, Nudeln und Liköre
verkaufte er in seinem Hofladen direkt an Endverbraucher. Die übrigen Erzeugnisse wurden ab Hof an Wiederverkäufer bzw. weiterverarbeitende Betriebe verkauft. Der Landwirt behandelte den Hofladen als Teil seines landwirtschaftlichen Betriebes. Das Finanzamt dagegen vertrat nach einer Betriebsprüfung die Auffassung, dass der Landwirt aufgrund der erheblichen Zukäufe von Handelswaren aus dem Betrieb des Hofladens gewerbliche Einkünfte erzielte. Da der Hofladen räumlich vom landwirtschaftlichen Betrieb getrennt war und eigene landwirtschaftliche Produkte nachhaltig zu weniger als
40 % darüber verkauft wurden, läge ein selbständiger Gewerbebetrieb vor. Im
vorliegenden Fall war diese Frage von erheblicher Bedeutung, da die Gewerbesteuer noch nicht – wie seit 2001 – auf die Einkommensteuer anrechenbar
war.
Der BFH stellt in seinem neuen Urteil noch einmal klar, dass der Verkauf der
eigenen Produkte über einen Hofladen oder eine sonstige Verkaufseinrichtung
immer zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führt. Dann jedoch weicht
er von den bisher geltenden Reglungen ab. Findet nämlich ein Zukauf von anderen Produkten statt, liegen auch dann weiterhin land- und forstwirtschaftliche Einkünfte vor, wenn der Zukauf nicht mehr als 1/3 des Nettogesamtumsatzes und nicht mehr als insgesamt 51.500 € beträgt. Diese Grenze kannte
man bisher nur aus der Erbringung von Maschinenleistungen. Der BFH wendet sie nun auch bei der steuerlichen Beurteilung von Hofläden an. Werden
diese Grenzen überschritten, wird der Hofladen insgesamt gewerblich.
Abschließend gibt der BFH noch ein paar Hinweise. So sind Fremdprodukte,
die im Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, selbstverständlich nicht in die Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenze einzubeziehen. Für
die Überschreitung der Grenzen gelten außerdem die allgemeinen Grundsätze des Strukturwandels. Das heißt, erfolgt die Überschreitung der Zukaufsgrenzen durch eine planmäßige Handlung des Landwirts, z.B. den Abschluss
bestimmter Abnahmeverträge, ggf. auch die Anschaffung einer größeren Verkaufseinrichtung, liegt von Anfang an ein Gewerbebetrieb vor. Findet dagegen
z.B. wegen witterungsbedingter Produktionsschwankungen ein einmaliger Zukauf statt, so ist erst nach Ablauf von drei Jahren ggf. ein Gewerbebetrieb anzunehmen.
Hinweis:
Damit ist die bisherige Beurteilung der Hofläden durch den BFH umgestoßen worden. Bisher musste nämlich beurteilt werden, ob der Landwirt mehr
als 40 % seiner Eigenerzeugnisse über den Hofladen absetzt und wenn
nein, ob der Wert des Zukaufs der fremden Erzeugnisse 30 % des Nettoumsatzes des Handelsgeschäftes nicht übersteigt. Die Finanzverwaltung wendet die neuen Rechtsgrundsätze ab dem Wirtschaftsjahr 2010/2011 an.
Kompliziert wird es außerdem noch dadurch, dass umsatzsteuerlich andere
Regelungen gelten. Hier ist für den Verkauf zugekaufter land- und forstwirtschaftlicher Produkte und Handelswaren vom ersten Euro an die Regelbesteuerung anzuwenden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
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Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
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15. Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs unter aufschiebender
Bedingung
Wird ein Gesellschaftsanteil unter einer aufschiebenden Bedingung veräußert, geht das wirtschaftliche Eigentum an dem Gesellschaftsanteil
grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Bedingung auf den Erwerber über,
wenn ihr Eintritt nicht allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers
abhängt.
§ 16 Abs. 4 EStG,
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
BFH-Urteil vom 25. Juni
2009, IV R 3/07, BFH/NV
2009 S.2039
Hintergrund des Urteils war der Verkauf zweier KG-Anteile. Die ausscheidenden Komplementäre verkauften ihren Anteil mit Vertrag vom 21. Dezember
1993 an eine GmbH. Der Kaufpreis wurde insgesamt auf rund 114 Mio. €
festgelegt und sollte zum Teil bar und zum Teil in Aktien einer AG beglichen
werden. Der Vertrag trat aber nicht sofort in Kraft sondern stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss
billigen müsse. Das geschah am 25. März 1994, woraufhin die Aktien am
15. Mai 1994 auf die früheren Gesellschafter übertragen wurden.
Das Finanzamt kam bei einer späteren Außenprüfung zu einem höheren
Veräußerungsgewinn, der im Wesentlichen durch einen abweichenden Ansatz
der Aktienkurse zustande kam. Das Finanzamt orientierte sich dabei am ersten Kurswert des Jahres 1994.
Zu Unrecht, wie der BFH feststellte. Eine entscheidende Rolle spiele der Zeitpunkt, in dem das wirtschaftliche Eigentum auf den Erwerber übergehe. In
diesem Moment werde der Veräußerungsgewinn realisiert. Dabei spiele es
keine Rolle, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort oder in Raten fällig werde, ob
er langfristig gestundet sei und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließe. Zum Veräußerungspreis zählten im hier verhandelten Fall
auch die Aktien, die mit ihrem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Veräußerung
anzusetzen seien.
Auf diesen Grundlagen kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Gesellschaftsanteile erst am 25. März 1994 veräußert wurden. Zwar war im ursprünglichen Kaufvertrag vereinbart worden, dass die Anteile mit dinglicher
Wirkung zum 1. Januar 1994 übertragen werden sollten. Der Vertrag stand
aber unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Bundeskartellamt den
Zusammenschluss billigte, was erst im März des Jahres 1994 geschah. Vor
diesem Zeitpunkt sei das wirtschaftliche Eigentum noch nicht auf den Erwerber übergegangen.
16. Betriebsveräußerung: Freibetrag nur einmal im Leben
Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG wird personenbezogen gewährt; er
steht dem Steuerpflichtigen für alle Gewinneinkunftsarten nur einmal zu.
Steuerpflichtigen, die ihren Betrieb, ihre Praxis oder einen Mitunternehmeranteil verkaufen oder aufgeben, steht der sog. Veräußerungsfreibetrag
zu. Damit sollen mögliche Härten in der Besteuerung vermieden werden, die
sich durch die Aufdeckung der jahrelang angesammelten stillen Reserven ergeben können. Der Freibetrag beträgt derzeit 45.000 €. Liegt der Veräußerungsgewinn über 136.000 €, wird der Freibetrag entsprechend gekürzt.
Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist u. a., dass der Unternehmer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Wie der BFH in einem aktuellen Urteil
feststellte, können Steuerpflichtige den Freibetrag für sämtliche Veräußerungsgewinne, die im Rahmen der Gewinneinkünfte anfallen, nur einmal im
Leben beantragen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 16 Abs. 4 EStG
BFH-Urteil vom 21. Juli 2009,
X R 2/09, DStR 2009 S. 2042
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 31
Der verhandelte Fall betraf einen Arzt, der an einer Arztpraxis und an einem
Gewerbebetrieb beteiligt war. Bei dem Verkauf seiner Praxisbeteiligung erzielte er im Jahre 1997 einen Veräußerungsgewinn von rund 25.000 €. Das
Finanzamt gewährte ihm im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung
1997 den Freibetrag in gleicher Höhe, obwohl der Steuerpflichtige ihn weder
beantragt noch die Altersvoraussetzungen erfüllt hatte. Im Jahr 2003 verkaufte
er seine Beteiligung an dem Gewerbebetrieb. Der Gewinn betrug ca.
72.000 €. Obwohl er nun die Altersvoraussetzungen erfüllte, wollte ihm das
Finanzamt trotzdem nicht den Veräußerungsfreibetrag gewähren.
Der BFH musste das letzte Wort in diesem Fall sprechen und befand die Vorgehensweise des Finanzamtes für richtig, denn der Veräußerungsfreibetrag
wurde bereits im Jahr 1997 berücksichtigt. Dass zum damaligen Zeitpunkt die
Voraussetzungen für den Freibetrag nicht vorgelegen hatten, spiele keine Rolle. Darüber hinaus stellte der BFH klar, dass der Freibetrag nur einmal im Leben einkünfteübergreifend gewährt werde. Werde der Freibetrag – wie in diesem Fall – im Zusammenhang mit der Aufgabe einer freiberuflichen Praxis
verbraucht, so könne ihn der Steuerpflichtige bei der Aufgabe oder Veräußerung seines Gewerbebetriebs – oder ggf. seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs – nicht mehr beanspruchen. Der Steuerpflichtige hatte seinen
Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 nicht angefochten, obwohl aus
der Berechnung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erkennbar war, dass
das Finanzamt den Freibetrag ohne Antrag angesetzt hatte. Leider schied
auch die Möglichkeit aus, den Freibetrag aus dem Jahr 1997 rückgängig zu
machen, da bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Hinweis:
Es sollte sorgfältig überlegt werden, ob der Veräußerungsfreibetrag beantragt wird. Das gilt besonders dann, wenn Veräußerungsgewinne aus mehreren Unternehmensverkäufen oder –aufgaben zu erwarten sind. Wer bereits bei einem Veräußerungsgewinn von 5.000 € den Freibetrag beantragt,
muss eventuell später anfallende höhere Veräußerungsgewinne voll versteuern.
17. Freiwillige Unfallversicherung: Lohnsteuerliche Behandlung
geändert
Zur lohnsteuerlichen Behandlung von Gruppenunfallversicherungen gibt es
neue Rechtsprechungsgrundsätze. Diese will die Finanzverwaltung auch anwenden und hat daher in neues BMF-Schreiben herausgegeben. Arbeitgeber
müssen sich wegen der geänderten Beurteilung, ob im Einzelnen für die in der
Regel arbeitgeberfinanzierten Versicherungen Arbeitslohn vorliegt oder nicht,
an die neuen Vorgaben halten.
Nach der jüngsten BFH-Rechtsprechung führen Leistungen, die ein Arbeitnehmer aus einer arbeitgeberfinanzierten (Gruppen-)Unfallversicherung erhält, die ihm keinen unentziehbaren Rechtsanspruch einräumt, im Leistungszeitpunkt in Höhe der auf den jeweiligen Arbeitnehmer entfallenden Beiträge
zu Arbeitslohn. Somit muss darauf Lohnsteuer abgeführt werden. Bisher wurden solche Fälle anders gehandhabt. Besteuert wurde die jeweils ausgekehrte
Versicherungsleistung. Das neue BMF-Schreiben setzt diese Rechtsprechung
wie folgt um:
Ausübung der Versicherungsrechte durch den Arbeitgeber
Wie eine Gruppenunfallversicherung lohnsteuerlich zu behandeln ist, unterscheidet sich danach, ob dem Arbeitgeber oder etwa auch dem Arbeitnehmer
die Ausübung der Vertragsrechte gegenüber dem Versicherungsunternehmen
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 19, § 8, § 10, § 22 EStG
BMF-Schreiben vom
28. Oktober 2009,
IV C 5 S 2332/09/10004,
BStBl. 2009 I S. 1275
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 32
zusteht. Bereits nach bisheriger Rechtsprechung liegt kein Arbeitslohn vor,
wenn nur der Arbeitgeber nach den allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausüben darf. Unter diesen
Bedingungen hat der Arbeitnehmer während der Beitragsphase keinen unentziehbaren Rechtsanspruch auf Versicherungsleistung. Die Lohnsteuerpflicht
der Beitragsleistungen entfällt in diesem Fall zugunsten einer nachgelagerten
Besteuerung der etwaigen Versicherungsleistungen im Schadensfall. Hier
bleibt damit alles beim Alten.
Wesentlich geändert wurde die Höhe der Lohnbezüge, die im Schadensfall
beim Arbeitnehmer erfasst werden müssen. Hier vertritt der BFH die Auffassung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht die gewährte Versicherungssumme zuwendet, sondern maximal die zur Finanzierung des Versicherungsschutzes aufgewendeten Beitragszahlungen. Der zu versteuernde geldwerte Vorteil liegt nach neuer Ansicht also in den zugewendeten Beiträgen.
Damit beschränkt sich der zugeflossene Arbeitslohn auf die bis zur Auszahlung der Versicherungsleistung entrichteten Prämien für den verunfallten Arbeitnehmer.
Ausübung der Versicherungsrechte durch den Arbeitnehmer
Wird vertraglich vereinbart, dass der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann, gehören die bezahlten Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers als
Zukunftssicherungsleistungen zum Arbeitslohn. Die neue Rechtsprechung
wirkt sich in diesen Fällen nicht aus, da bereits während der Beitragsphase
Lohnsteuer abgeführt wird.
In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer bereits während der Beitragsphase einen unentziehbaren Rechtsanspruch auf Versicherungsschutz. Dem Lohnsteuerabzug unterliegen nicht die Leistungen aus der Gruppenunfallversicherung, sondern die Beitragszahlungen.
Hinweis:
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer
hierfür mit einem Pauschsteuersatz von 20 % übernehmen. Dazu darf im
Durchschnitt nicht mehr als 62 € im Jahr pro versicherten Arbeitnehmer aufgewendet werden. Die neuen Regelungen sind in allen noch offenen Fällen
anzuwenden.
18. Kosten für Studium nach Berufsausbildung sind Werbungskosten
1. § 12 Nr. 5 EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte Aufwendungen.
2. In verfassungskonformer Auslegung steht § 12 Nr. 5 EStG einem Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten für ein Erststudium
nach abgeschlossener Berufsausbildung nicht entgegen.
Dieses Urteil traf der BFH in gleich mehreren Fällen zugunsten der Steuerpflichtigen. Das im Gesetz verankerte Abzugsverbot für die beruflich veranlassten Kosten eines Erststudiums würde somit dann nicht greifen, wenn dem
Studium bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist.
Bislang lassen die Finanzämter den Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug nur zu, wenn die Kosten im Zusammenhang mit einer weiteren BeFriedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1
Nr. 7, § 12 Nr. 5 EStG
BFH-Urteile vom 18. Juni
2009, VI R 49/07, VI R 6/07,
VI R 79/06, VI R 31/07,
VI R 14/07, DStR 2009
S. 1952, BFH/NV 2009
S. 1799, S. 1797, S. 1796,
LEXinform Nr. 05879988
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
rufsausbildung stehen. D.h. dazu muss vor einem Studium bereits ein Studium
absolviert worden sein oder einer Berufsausbildung ging eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung voraus. Wer sich also nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung für ein Studium entschloss, konnte für diese Aufwendungen nach Verwaltungsmeinung keinen Werbungskostenabzug erhalten,
sondern nur den steuerlich ungünstigeren Sonderausgabenabzug.
Kosten für ein Erststudium oder eine Erstausbildung gehören seit 2004 generell zu den nicht abzugsfähigen Kosten. Diese Aufwendungen sind laut Gesetz
privat veranlasst und können lediglich bis zu 4.000 € im Jahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Dieser Abzug wirkt sich steuerlich aber nur dann
aus, wenn der Auszubildende selbst oder sein Ehepartner steuerpflichtige
Einkünfte hat. Da die Sonderausgaben auch nicht in folgende Jahre als Verlust vorgetragen werden dürfen, verpuffen sie in den meisten Fällen wirkungslos.
Zumindest in Fällen, in denen einem Studium bereits eine abgeschlossene
Berufsausbildung vorangegangen ist, soll nach der neuesten Rechtsprechung
des BFH diese Handhabung beendet sein. In insgesamt fünf Fällen, in denen
die Steuerpflichtigen zunächst eine Ausbildung abgeschlossen hatten und anschließend ein Hochschulstudium betrieben, erkannte der BFH den Werbungskostenabzug an. Das Abzugsverbot für die Kosten einer Erstausbildung
sei dann nicht anwendbar.
Hinweis:
Ob die Regelung seit 2004 verfassungswidrig ist, musste der BFH nicht beurteilen. Der Werbungskostenabzug wurde bereits aus anderen Gründen
gewährt. Diese Frage muss der BFH in einem anderen Verfahren beantworten, das bereits anhängig ist (Az. VI R 22/09). Betroffene können ihre Steuerbescheide unter Hinweis auf dieses Verfahren offen halten.
Um die Kosten des Studiums mit späteren Einkünften ausgleichen zu können,
müssen diese dem Finanzamt über die Steuererklärung gemeldet werden.
Wichtig ist also, dass die Studenten, auch wenn sie nur geringe Einkünfte haben, eine Einkommensteuererklärung einreichen, damit das Finanzamt die
Verluste feststellt, in nachfolgende Jahre vorträgt und die so konservierten
Verluste nach Abschluss des Studiums mit Einkünften verrechnet werden
können. Zu den Kosten zählen u.a.:
• Studien- und Semestergebühren sowie Lehrgangskosten;
• Fachliteratur, Bibliotheksgebühren, Schreibmaterialien, Kopierkosten,
Arbeitsmittel;
• Kosten für einen PC. Sofern er weniger als 10 % privat genutzt wird,
können die Kosten in voller Höhe abgezogen werden.
• Fahrtkosten zu Ausbildungsstätte, Lerngemeinschaften oder auswärtigen Fortbildungsstätten. Liegt ein regelmäßiger Ausbildungsort vor
(z.B. Universität, Fachhochschule), sind die Kosten mit der Entfernungspauschale anzusetzen. Andernfalls kann nach Dienstreisegrundsätzen abgerechnet werden (30 Cent pro gefahrenem Kilometer
zzgl. Verpflegungsmehraufwand).
Hinweis:
Auch der Kindergeldbezug sowie weitere steuerliche Vergünstigungen können durch die Studienkosten beeinflusst werden. Um die Einkünfte- und Bezügegrenze von 7.680 € (ab 2010: 8.004 €) bei volljährigen Kindern zu unterschreiten, dürfen Ausbildungskosten, die sonst nur als Sonderausgaben
berücksichtigt werden dürfen, abgezogen werden. Das einkommensteuerliche Abzugsverbot braucht hier nicht beachtet zu werden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 33
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
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19. Dienstwagenbesteuerung bei „Home-Office“
Arbeitnehmer, die von zu Hause aus arbeiten und einen vom Arbeitgeber
überlassenen Dienstwagen haben, müssen für Fahrten zum Betrieb des Arbeitgebers trotzdem meist einen geldwerten Vorteil versteuern.
In der Regel versteuern Dienstwagennutzer den geldwerten Vorteil aus der
Privatnutzung des Firmenwagens nach der 1 %-Regelung, d.h. 1 % vom
Bruttolistenpreis pro Monat. Dazu kommt ggf. noch ein zusätzlicher geldwerter
Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte von 0,03 % des
Listenpreises pro Entfernungskilometer. Dieser ist allerdings nur dann anzusetzen, wenn der Mitarbeiter überhaupt eine regelmäßige Arbeitsstätte außerhalb seines häuslichen Arbeitszimmers hat. Für Arbeitnehmer mit HomeOffice ist daher die Frage nach einer regelmäßigen Arbeitsstätte von erheblicher Bedeutung.
Die OFD Frankfurt ist – leider recht pro-fiskalisch – der Frage nachgegangen,
welche Bedingungen dazu führen, dass das Home-Office zur regelmäßigen
Arbeitsstätte des Arbeitnehmers wird und wie steuerlich die Fahrten mit dem
Firmenwagen zu behandeln sind.
Wann gilt das „Home-Office“ als regelmäßige Arbeitsstätte?
Grundsätzlich nie, so die Auffassung der Finanzverwaltung. Eine regelmäßige
Arbeitsstätte wäre es nur dann, wenn es eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers ist.
Hinweis:
Diese Aussage widerspricht der allgemeinen Verwaltungsauffassung, denn
selbst eine betriebliche Einrichtung eines Kunden kann zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte werden.
Die o.g Voraussetzung wäre nur dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber das Arbeitszimmer vom Arbeitnehmer angemietet und es ihm anschließend aus betrieblichen Gründen wieder überlässt. Also lediglich unter der Bedingung, dass
der Arbeitgeber das Arbeitszimmer angemietet hat und der Mietvertrag auch
steuerlich anerkannt wird. Wichtig sei hier, dass eindeutig betriebliche Gründe
für die Anmietung des Arbeitszimmers durch den Arbeitgeber vorliegen, wie
z.B. mangelnde Räumlichkeiten in der eigentlichen Betriebsstätte. Liegt der
Abschluss des Mietvertrags dagegen im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitnehmers, ist die Mietzahlung Arbeitslohn und das Arbeitszimmer keine regelmäßige Arbeitsstätte.
Hinweis:
Hilfreicher wäre hier die Maßgabe gewesen, dass alle Fälle von Heimarbeit
zu einem anzuerkennenden Mietvertrag führen bzw. das Home-Office dann
zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte wird. Doch hier setzt sich die OFD
Frankfurt nicht nur über die gängige Rechtsprechung des BFH sondern
auch über die verwaltungseigenen Grundsätze hinweg. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer, wenn der Arbeitnehmer von dort aus an 3 von 5 Tagen
arbeitet. Der Mittelpunkt der Tätigkeit würde dann sicher auch zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte führen.
Wie sind die Fahrten zum Betrieb zu behandeln?
Wenn der Mitarbeiter, dessen regelmäßige Arbeitsstätte sich im Home-Office
befindet, die Betriebsstätte des Arbeitgebers im Durchschnitt mindestens einmal wöchentlich aufsucht (mindestens 46mal im Jahr), so handelt es sich um
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 19, § 8 Abs. 2 S. 3 EStG
OFD-Frankfurt, Verfügung
vom 7. Mai 2009, S 2334 A
18 St 211, LEXinform Nr.
5232067; Hessisches FG,
Urteil vom 16. März 2009,
11 K 3700/05, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
(Az. des BFH: VI R 54/09),
FR 2009 S. 914
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 35
eine weitere regelmäßige Arbeitsstätte. Die Fahrten dorthin werden dann
steuerlich benachteiligt.
Das hat nach Verwaltungsauffassung die Folge, dass diese Fahrten wie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht als Fahrten zwischen zwei
regelmäßigen Arbeitsstätten zu behandeln sind. Der private Bereich der Wohnung überlagert den beruflichen Bereich des Home-Office, so die Finanzverwaltung.
Hinweis:
Die Finanzverwaltung verweist fairerweise darauf, dass die Rechtslage dazu
noch nicht endgültig geklärt ist. In der Tat wird hier wohl offensichtlich ein
noch unveröffentlichtes Urteil des Hessischen Finanzgerichtes angewandt,
gegen das Revision beim BFH eingelegt wurde (Az. BFH: VI B 54/09). Gegen alle nachteiligen Bescheide sollte vorsorglich Einspruch eingelegt werden.
Im Übrigen kann der Heimarbeiter die „weitere“ betriebliche Arbeitsstätte im
Betrieb des Arbeitgebers vermeiden, indem er nicht mehr als 46mal im Jahr
dorthin fährt. Die Fahrten zählen dann zur Kategorie Dienstreise, müssen
nicht zusätzlich mit einem geldwerten Vorteil versteuert werden und können
ggf. sogar mit Verpflegungspauschalen abgerechnet werden.
Wie wird der geldwerte Vorteil ermittelt?
Hier vertritt die Finanzverwaltung erfreulicherweise eine bürgerfreundliche
Meinung. Die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb des Arbeitgebers als
weitere regelmäßige Arbeitsstätte müssten nicht wie in Normalfällen arbeitstäglicher Fahrten mit dem Monatswert angesetzt werden (0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer), sondern mit dem geschätzten Vorteil für
die einzelne Fahrt, d.h. mit 0,002 % des Listenpreises pro Fahrt und Entfernungskilometer.
Hinweis:
Arbeitnehmer mit Home-Office und Dienstwagen sowie deren Arbeitgeber
sollten darauf achten, die Vertragsverhältnisse möglichst so auszugestalten,
dass kein zusätzlicher geldwerter Vorteil versteuert werden muss.
20. Begünstigte Entschädigung bei Arbeitszeitreduzierung
Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Abfindung, weil dieser
seine Wochenarbeitszeit aufgrund eines Vertrags zur Änderung des Arbeitsvertrags unbefristet reduziert, so kann darin eine begünstigt zu besteuernde Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegen (Klarstellung der Rechtsprechung).
Der Urteilsfall betraf die Arbeitnehmerin eines großen Konzerns, die ihre Wochenarbeitszeit um die Hälfte reduzieren musste und dafür von ihrem Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe von 17.000 € erhalten hatte. Gegenüber
dem Finanzamt erklärte sie diese als tarifbegünstigte Einkünfte und hoffte auf
eine erhebliche Steuerersparnis. Das lehnten sowohl das Finanzamt als auch
das Finanzgericht ab. Eine günstigere Besteuerung käme nur dann in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestehen würde. Darüber hinaus
liege keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vor, denn die Teilabfindung wurde für die zukünftige Reduzierung der Arbeitszeit gezahlt. Dieser Argumentation wollte der BFH aber nicht folgen.
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§ 24 Nr. 1a EStG
BFH-Urteil vom 25. August
2009, IX R 3/09, BFH/NV
2010 S. 98
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 36
Um eine steuerbegünstigte Entschädigung nach dem Einkommensteuergesetz handelt es sich dann, wenn die Zahlungen als Ersatz für entgangene
oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Die gesetzliche Regelung verlangt indes nicht, dass das Arbeitsverhältnis gänzlich beendet werden muss.
Es werde lediglich vorausgesetzt, dass Einnahmen wegfallen und dass dafür
Ersatz geleistet werde. So verhalte es sich, wenn eine Vollzeitbeschäftigung in
eine Teilzeitbeschäftigung überführt und die Arbeitnehmerin dafür abgefunden
werde.
Hinweis:
Der BFH hat den Fall noch nicht abschließend entscheiden können. Das
Finanzgericht muss im Nachgang noch einmal prüfen, ob die Arbeitnehmerin bei der Änderung ihres Arbeitsvertrags unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt hat. Die Veranlassung durch den
Arbeitgeber ist letztendlich eine der Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung. Daneben muss die Abfindung zusammengeballt in einem Jahr zufließen.
21. BFH erleichtert Verlustausgleich bei Aktiengeschäften
Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art
und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO.
Bislang mussten Kapitalanleger bei solchen Gestaltungen einige Tage warten,
ehe sie sich die verkauften Wertpapiere wieder ins Depot holen konnten. Der
Vorteil dabei liegt eindeutig im steuerlichen Bereich. Denn nur bei einem Verkauf können eventuelle Kursverluste auch steuerlich geltend gemacht werden.
Werden nach dem Verkauf die Papiere unmittelbar zurückgekauft, bleibt der
Depotbestand unverändert. Beim Verlustausgleich müssen bestimmte Beschränkungen beachtet werden.
Hinweis:
Um das positive Urteil zu nutzen, muss darauf geachtet werden, wann die
verlustbehafteten Wertpapiere ins Depot gekommen sind. War das vor dem
1.1.2009, müssen sie noch innerhalb der 1-jährigen Spekulationsfrist verkauft werden. Wenn bei ihnen die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen
ist, kann das Minus mit Verkaufsgewinnen aus Fonds, Optionsscheinen und
anderen Wertpapieren verrechnet werden. Bei Wertpapieren, die ab dem
1.1.2009 gekauft wurden, spielt die Spekulationsfrist keine Rolle mehr.
Allerdings wurde der Verlustausgleich erheblich eingeschränkt. Aktienverluste können nur noch mit Aktiengewinnen verrechnet werden. Anderen Verlusten bietet sich der Ausgleich mit Zinsen und anderen Kurserträgen an.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG,
§ 42 AO
BFH-Urteil vom 25. August
2009, IX R 60/07, BStBl.
2009 II S. 999
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 37
22. Umbau wegen Behinderung – steuerlich begünstigt
Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Hauses können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein, wenn sie so
stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass die etwaige Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles in den Hintergrund tritt.
Behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen in Wohnhäusern waren bisher nur
in Ausnahmefällen abziehbar. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung
wurde in den meisten Fällen mit der Begründung versagt, der Steuerpflichtige
würde durch seine Aufwendungen auch einen Gegenwert erhalten. Doch nun
hat der BFH in einem konkreten Fall diese Sichtweise relativiert und den Abzug zugelassen.
Es ging um einen verheirateten Steuerpflichtigen, der im Jahr 1999 einen
Schlaganfall erlitt und daraufhin schwer behindert war. Um ihm den Aufenthalt
in einem Pflegeheim zu ersparen, nahmen die Ehegatten an ihrem Einfamilienhaus umfangreiche Umbaumaßnahmen vor, damit der Ehemann trotz seiner starken Gehbehinderung weiterhin in seiner gewohnten Umgebung leben
konnte. Insgesamt zahlte das Ehepaar rund 70.000 €, etwa für den Bau einer
Rollstuhlrampe oder die Einrichtung eines behindertengerechtes Bades. Von
der Krankenkasse erhielten sie dafür keine Zuschüsse. Diese Kosten wollten
sie steuerlich als außergewöhnliche Belastung abziehen, doch das Finanzamt
spielte nicht mit. Es fehle an einer Belastung der Steuerpflichtigen, so lautete
die Begründung, denn für ihre Aufwendungen hätten die Steuerpflichtigen
schließlich auch einen Gegenwert erlangt. Dafür gewährte das Finanzamt den
Behinderten-Pauschbetrag und den Pflegepauschbetrag von damals insgesamt rund 4.500 €.
Trotz der Niederlage der Steuerpflichtigen vor dem Finanzgericht führte die
Revision beim BFH schließlich zum Erfolg. Die Kosten für den behinderungsgerechten Umbau des Hauses seien als außergewöhnliche Belastung abziehbar, entschieden überraschend die Richter am BFH. Für sie waren die Umstände des Einzelfalles entscheidend, denn hier trat die Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund, denn die
behinderungsbedingten Aufwendungen standen zu stark unter dem Gebot der
situationsbedingten Zwangsläufigkeit.
Hinweis:
Die Aufwendungen mussten daher in vollem Umfang – lediglich gemindert
um die zumutbare Eigenbelastung – als außergewöhnliche Belastung steuermindernd abgezogen werden. Eine Verteilung der Kosten über die Nutzungsdauer des Gebäudes, so wie es die Finanzverwaltung in den Fällen
des behindertengerechten Umbaus eines Fahrzeuges vorsieht, lehnte der
BFH ab.
Leider äußerte sich der BFH nicht zu der im Schrifttum weit verbreiteten Kritik an der sog. Gegenwertlehre. Es bleibt also abzuwarten, ob und inwieweit
die Finanzverwaltung dieses positive Urteil bei ähnlichen Fällen anwenden
will. Betroffene sollten aber in jedem Fall auf die neue Rechtsprechung hinweisen, um die Kosten steuerlich geltend zu machen.
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§ 33 EStG
BFH-Urteil vom 22. Oktober
2009, VI R 7/09, BFH/NV
2010 S. 304
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Seite 38
23. Handwerkerleistungen: Keine Doppelförderung von Malerarbeiten
1. Bei Malerarbeiten im Treppenhaus und im Flur des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses handelt es sich nicht um nach § 35a
Abs. 2 Satz 1 EStG 2006 geförderte haushaltsnahe Dienstleistungen,
sondern um Handwerkerleistungen für Renovierungsmaßnahmen, für
die ausschließlich die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2
EStG 2006 in Anspruch genommen werden kann. Auch wenn der
Höchstbetrag der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG
2006 von 600,- EUR bereits durch Aufwendungen für Handwerkerleistungen (Arbeitskosten) i.H.v. 3.000 Euro voll ausgeschöpft wird, ist
es nicht möglich, insoweit einen noch nicht ausgeschöpften Höchstbetrag der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG von
ebenfalls 600 Euro in Anspruch zu nehmen.
2. Die Anwendungsbereiche der Sätze 1 und 2 des § 35a Abs. 2 EStG
2006 überschneiden sich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht.
Sämtliche unter Satz 2 fallenden Handwerkerleistungen bzw. handwerkliche Leistungen sind auch dann nur nach Satz 2 steuerbegünstigt, wenn man sie auch als haushaltsnahe Dienstleistungen qualifizieren könnte, wie z.B. üblicherweise von den Haushaltsangehörigen
selbst erbrachte Schönheitsreparaturen oder kleinere Ausbesserungsarbeiten.
Handwerkerarbeiten in der selbstgenutzten Immobilie werden über eine direkte Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen gefördert. Für Leistungen
nach dem 31.12.2008 können die Arbeitskosten des Handwerkers in Höhe
von 20 % von bis zu 6.000 € von der Steuer abgezogen werden. Maximal darf
der Steuerabzug 1.200 € betragen (bis 2008: 600 €). Doch was passiert, wenn
der Höchstbetrag bei den förderfähigen Handwerkerleistungen bereits ausgeschöpft ist? Dürfen die Kosten dann ggf. als haushaltsnahe Dienstleistung
zum Abzug kommen? Immerhin beträgt hier seit 2009 der maximale Abzug
4.000 €. Dieser Gestaltungsvariante erteilte das FG Bremen eine Absage.
Der Urteilsfall betraf Malerarbeiten im Treppenhaus, die von einem Handwerker durchgeführt wurden. Die Steuerpflichtigen nahmen für diese Leistungen
zunächst den Abzugsbetrag für Handwerkerleistungen in Anspruch und beantragten für die noch nicht berücksichtigten Kosten den Abzug als haushaltsnahe Dienstleistung. Das Gericht ließ das aber nicht zu. Malerarbeiten würden
eindeutig zu den Handwerkerleistungen zählen und könnten damit ausschließlich nur über den dafür vorgesehenen Abzugsbetrag gefördert werden. Das
gelte auch für alle anderen Handwerkerleistungen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 35a Abs. 2 S. 1 EStG
FG Bremen, Urteil vom
11. Dezember 2008, 2 K
100/08 1, Revision eingelegt
(Az. des BFH: VI R 4/09),
EFG 2009 S. 478,
BMF-Schreiben vom
26. Oktober 2007, IV C 4 S
2296b/07/0003, BStBl. 2007 I
S. 783
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 39
Hinweis:
Wichtig ist, dass die Handwerkermaßnahmen überhaupt steuerlich begünstigt sind. Das sind im Grunde alle Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, vorausgesetzt, man hat eine Rechung und unbar bezahlt. Es spielt keine Rolle, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleinere Ausbesserungsarbeiten handelt, die gewöhnlich von den Mitgliedern des privaten Haushalts erledigt werden (Abzug als haushaltsnahe Dienstleistung) oder ob Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen vorliegen, die regelmäßig nur von Fachkräften durchgeführt werden (Abzug als Handwerkerleistung). Die handwerklichen Tätigkeiten sind im Grunde alle begünstigt, soweit sie nicht im Zusammenhang mit
einer Neubaumaßnahme stehen. Zu den Neubaumaßnahmen zählen sämtliche Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Nutz- und Wohnflächenschaffung bzw. -erweiterung stehen. Das heißt, solange keine neue
Wohn- oder Nutzfläche geschaffen wird, ist es egal, ob die Handwerkermaßnahmen zu Erhaltungs- oder Herstellungsaufwendungen führen. Die
steuerliche Beurteilung ist hier anders als bei vermieteten Immobilien.
Renovierungskosten fallen daher regelmäßig unter die steuerliche Begünstigungsvorschrift.
24. Handwerkerkosten dürfen auch andere bezahlen
1. Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG können im abgekürzten Zahlungsweg vom Konto eines Dritten bezahlt werden (hier: Bezahlung durch die im Haushalt des Steuerpflichtigen lebende Mutter).
2. Das in § 35a Abs. 2 S. 5 der Vorschrift normierte Erfordernis unbarer
Zahlungsvorgänge wird durch die Zulassung des abgekürzten Zahlungswegs nicht berührt. Ein Erfordernis, dass das Geld vom Konto
der Kläger selbst überwiesen sein muss, lässt sich nicht herleiten.
3. Ein nicht ausgeschöpfter Anrechnungsüberhang in Folge der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG kann weder
zur Festsetzung einer negativen Einkommensteuer noch zur Feststellung einer rück- oder vortragsfähigen Steuerermäßigung führen.
Die Grundsätze des abgekürzten Zahlungswegs gelten auch bei den haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Das Urteil ging auf
den Fall einer Steuerpflichtigen zurück, die gemeinsam mit ihrem Ehemann
ein Einfamilienhaus besaß. Dort lebte auch die Mutter der Steuerpflichtigen.
Als Handwerkerleistungen im Haus durchgeführt wurden, bezahlte nicht die
Tochter die Handwerkerrechnung, sondern das Geld wurde vom Konto der
Mutter abgebucht. Das Finanzamt verweigerte daraufhin den Steuerabzug,
denn schließlich habe die Steuerpflichtige selbst keine Aufwendungen gehabt.
Zu Unrecht, so das Sächsische Finanzgericht.
Hinweis:
Das Urteil ist rechtskräftig geworden. Der Belegnachweis muss seit 2007
nicht mehr zwingend der Steuererklärung beigefügt werden, damit der Abzug überhaupt gewährt werden kann, aber die Rechnungen und Bankbelege
müssen trotzdem aufbewahrt werden. Ob das Finanzamt dann tatsächlich
die einzelnen Belege zur Prüfung anfordert, steht in dessen Ermessen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 35a Abs. 2 EStG
Sächsisches FG, Urteil vom
18. September 2009, 4 K
645/09, LEXinform Nr.
5009223
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
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25. Neues Faktorverfahren für Arbeitnehmer-Ehegatten
Arbeitnehmer-Ehegatten haben ab dem Jahr 2010 neben den bisher bekannten Lohnsteuerklassen-Kombinationen IV/IV oder III/V auch die Möglichkeit,
ihre Lohnsteuer nach dem neuen Faktorverfahren berechnen zu lassen. Dabei
wird auf beiden Lohnsteuerkarten die Steuerklasse IV und ein Faktor eingetragen. Für wen lohnt sich das neue Verfahren?
Optimale Steuerklassenkombination
Beziehen beide Ehegatten Arbeitslohn, werden sie grundsätzlich beide in die
Steuerklasse IV eingereiht. Auf gemeinsamen Antrag hin können sie auch die
Kombination III und V wählen. Der besser verdienende Ehegatte erhält dann
die Steuerklasse III. Dort werden der doppelte Grundfreibetrag, Kinderfreibeträge u.a. Steuerentlastungen angesetzt. Dieser Ehegatte bekommt dann das
höhere Nettogehalt. Der Ehegatte mit der Steuerklasse V wird dann allerdings
deutlich höher mit Lohnsteuer belastet. Die Kombination III/V ist in der Regel
dann günstiger, wenn der Besserverdienende 60 % oder mehr des gemeinsamen Gehalts bezieht. Leider hat diese Kombination den Nachteil, dass die
Ehegatten eine Steuererklärung abgeben müssen und in vielen Fällen eine
Steuernachzahlung fällig wird.
Das neue Faktorverfahren
Das Faktorverfahren soll die Ungleichbehandlung von Ehegatten bei der
Lohnsteuerbelastung vermeiden, die Steuerklasse V von hohen Lohnsteuerzahlungen entlasten und letztendlich auch einen Anreiz bieten, dass der geringer verdienende Ehegatte ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis aufnimmt. Voraussetzungen für das neue Faktorverfahren sind, dass beide
Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und
beide Arbeitslohn beziehen. Dann können sie gemeinsam das Faktorverfahren wählen. Wie bei der Wahl der Steuerklassenkombination III/V sind die Arbeitnehmer-Ehegatten auch bei der Wahl des Faktorverfahrens verpflichtet,
nach Ablauf des Kalenderjahres eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt einzureichen.
Zur Berechnung des Faktors werden als Erstes beide Ehegatten in die Steuerklassen IV/IV eingereiht und die jeweilige Lohnsteuer ermittelt. Auf diese
Lohnsteuerabzugsbeträge ermittelt das Finanzamt dann den Faktor als Multiplikator. Im Gegensatz zur Steuerklassen-Kombination III/V werden bei beiden
Ehegatten die Steuerentlastungen durch Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag
und Vorsorgepauschale angesetzt. Dadurch wird der monatliche Lohnsteuereinbehalt ziemlich exakt an die Jahressteuer angeglichen, wie folgendes Beispiel zeigt:
Ermittlung des Faktors:
Arbeitnehmer-Ehegatte A: 36.000 € (3.000 € mtl.), Steuerklasse IV 5.791 €
(im Vergleich bei III jährlich 2.950 €).
Arbeitnehmer-Ehegatte B: 20.400 € (1.700 € mtl.), Steuerklasse IV 1.844 €
(im Vergleich bei V jährlich 4.250 €).
Die Summe der Lohnsteuer für die Ehegatten A und B bei IV/IV beträgt jährlich 7.635 € (X).
(im Vergleich: Die Summe der Lohnsteuer für die Ehegatten A und B bei III/V
beträgt jährlich 7.200 €.)
Die voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren beträgt jährlich
7.418 € (Y).
Der Faktor Y : X, also 7.418 : 7.635 = 0,971.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 39f EStG
BMF, Merkblatt zur Steuerklassenwahl bei Arbeitnehmer-Ehegatten für das Jahr
2010 vom 22. Oktober 2009,
LEXinform Nr. 0922701
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
(Der Faktor wird mit drei Nachkommastellen berechnet und nur eingetragen,
wenn er kleiner als 1 ist.)
Lohnsteuerberechnung durch den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber ermittelt den Lohnsteuerabzug anhand der Steuerklasse IV
unter Anwendung des auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Faktors.
Beispiel zur Anwendung des eingetragenen Faktors:
Arbeitnehmer-Ehegatte A:
Jahreslohnsteuer Steuerklasse IV = 5.791 € x Faktor 0,971 = 5.623,06 €.
Arbeitnehmer-Ehegatte B:
Jahreslohnsteuer Steuerklasse IV = 1.844 € x Faktor 0,971 = 1.790,52 €.
Summe der Lohnsteuer im Faktorverfahren gesamt: 7.413,58 €.
Im Beispielsfall führt die Veranlagung zur Einkommensteuer rechnerisch
- bei der Steuerklassenkombination III/V zu einer Nachzahlung in Höhe
von 218 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren
7.418 € - Summe Lohnsteuer III/V 7.200 €),
- bei der Steuerklassenkombination IV/IV zu einer Erstattung in Höhe
von 217 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren
7.418 € - Summe Lohnsteuer IV/IV 7.635 €).
Bei der Steuerklassenkombination IV/IV Faktor ist weder eine Nachzahlung,
noch eine Erstattung zu erwarten (in diesem Fall nur Rundungsdifferenz in
Höhe von 4,42 €).
Die Lohnsteuer ist im Faktorverfahren wesentlich anders verteilt (5.623,06 €
für A, 1.790,52 € für B) als bei der Steuerklassenkombination III/V (2.950 € für
A, 4.250 € für B). Die Lohnsteuerverteilung im Faktorverfahren entspricht der
familienrechtlichen Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der Ehegatten.
Hinweise für die Praxis
Welche Steuerklassenkombination nun die optimalste ist, hängt entscheidend
von der persönlichen Situation der Ehegatten ab:
• Soll der monatliche Lohnsteuerabzug möglichst der Steuerschuld der
späteren Veranlagung entsprechen, ist der Steuerklassenkombination
IV/IV mit Faktor der Vorzug zu geben. Das Risiko einer Steuernachzahlung ist allerdings dann gegeben, wenn sich die Arbeitslöhne unterjährig verändern. Die Ehegatten müssen auf alle Fälle eine Steuererklärung abgeben.
• Wer monatlich mehr Nettogehalt wünscht, sollte die Steuerklassen III/V
wählen. Auch in diesem Fall müssen die Ehegatten eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen. Mit Steuernachzahlungen muss allerdings gerechnet werden. Das kann sogar zu einer Festsetzung von
Einkommensteuer-Vorauszahlungen führen, wenn die Nachzahlung
mindestens 400 € beträgt.
• Die Wahl der Kombination III/V kann auch dann empfohlen werden,
wenn der Ehegatte mit der Steuerklasse III in Kürze mit Lohnersatzleistungen wie etwa Elterngeld, Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld
rechnet. Da diese nach der Höhe des Nettoeinkommens berechnet
werden, erhöht sich dadurch auch die entsprechende Lohnersatzleistung.
• Die Lohnsteuerklasse können Ehegatten einmal im Jahr wechseln.
Nach einem Wechsel wirkt die geänderte Steuerklasse ab dem nächsten Monat. Für das Jahr 2010 haben Ehegatten noch bis zum
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 41
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 42
30.11.2010 Zeit, einen Wechsel zu beantragen. Je früher das erledigt
ist, desto eher kann von möglichen Vorteilen profitiert werden.
Hinweis:
Den Faktor berechnet das Finanzamt. Dazu müssen beide Lohnsteuerkarten vorgelegt werden und die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Kalenderjahres 2010 aus den ersten Dienstverhältnissen angegeben werden.
26. Steuerermäßigung für Gewinnausschüttungen?
1. Sinn und Zweck der Regelung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ist es, bei
zusammengeballten Vergütungen aus einer gewerblichen, freiberuflichen oder unselbständigen Tätigkeit die Tarifprogression zu mildern
und zu erreichen, dass die steuerliche Belastung für Einkünfte, die
dem Steuerpflichtigen in einem Veranlagungszeitraum für die Tätigkeit mehrerer Jahre zufließen, möglichst nicht höher wird, als wenn
ihm in jedem Jahr ein Anteil hiervon zugeflossen wäre.
2. Die Anwendung von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setzt weiter voraus, dass
ein ungewöhnlicher oder atypischer Sachverhalt vorliegt, der zu einer Zusammenballung von Einkünften geführt hat. An diesem Merkmal fehlt es bei einer Gewinnausschüttung.
3. Eine Gewinnausschüttung unterliegt auch dann nicht der Regelung
des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, wenn es sich um die im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschafter beschlossene Vollausschüttung
der in den Vorjahren thesaurierten Gewinne der Kapitalgesellschaft
handelt.
Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit werden steuerlich begünstigt. Das
betrifft z.B. Abfindungen. Wegen der meist hohen Beträge, die an den Steuerpflichtigen ausgezahlt werden, schnellt sein zu versteuerndes Einkommen im
Zahlungsjahr in der Regel in die Höhe. Die Folge wäre eine immense Steuerbelastung. Um die steuerlichen Folgen abzumildern, wird auf diesen Vergütungsteil ein ermäßigter Steuersatz angewandt. Ein GmbH-Gesellschafter kam
auf die Idee, dass die Gewinnausschüttung, die er aus seiner GmbHBeteiligung erhielt, ebenfalls unter die Steuerermäßigung fallen könnte.
Schließlich schüttete die GmbH Gewinne aus, die sie über Jahre hinweg angesammelt hatte. Damit hatte er weder beim Finanzamt noch vor dem Finanzgericht Erfolg. Das Finanzgericht berief sich auf die gesetzliche Regelung, die
eindeutig nur für die in der Ermäßigungsvorschrift aufgezählten Einkünfte eine
Begünstigung vorsehe, wie z. B. Veräußerungsgewinne, Entschädigungen
sowie Nutzungsvergütungen und Zinsen, die für einen Zeitraum von mehr als
3 Jahren nachgezahlt werden.
Doch allein eine Zusammenballung durch die Nachzahlung sei noch nicht ausreichend. Die Zahlung müsse für sich betrachtet auch ein Entgelt für eine
mehrjährige Tätigkeit darstellen. Diese Voraussetzung würden Gewinnausschüttungen nicht erfüllen, denn sie werden an die Gesellschafter nicht für eine Tätigkeit ausgezahlt. Letztendlich sei eine Gewinnausschüttung auch kein
ungewöhnlicher oder atypischer Sachverhalt, sondern entspreche den Regelungen des GmbH-Gesetzes. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Gewinn regelmäßig jedes Jahr oder nur nach Jahren längerer Thesaurierung an die Gesellschafter ausgekehrt werde.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 34 Abs. 2 Nr. 4, § 20
Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sächsisches FG, Urteil vom
23. Juni 2009, 6 K 905/05,
LEXinform Nr. 5008905
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Hinweis:
Das Finanzgericht bestätigt damit die gängige BFH-Rechtsprechung, der
ebenfalls keine Abmilderung jeglicher steuerlicher Mehrbelastung, die sich
aus dem Zuflussprinzip ergibt, befürwortet.
Das Urteil erging noch für einen Veranlagungszeitraum, der vor Inkrafttreten
der Abgeltungsteuer lag. Sollten erhebliche Ausschüttungen durchgeführt
werden, sind diese grundsätzlich mit 25 % Abgeltungsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer zu versteuern. Liegt der persönliche
Steuersatz im Spitzenbereich, ist dieser Versteuerung der Vorzug zu geben.
Ansonsten lohnt sich die Option zum Teileinkünfteverfahren, das die Einkünfte nur zu 60 % erfasst, dafür aber den persönlichen Steuertarif zum
Einsatz kommen lässt. Optieren können alle Gesellschafter ab einer Mindestbeteiligung von 25 % oder bereits ab 1 %, wenn der Gesellschafter für
die GmbH tätig ist.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 43
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 44
III. Körperschaftsteuer
1.
Löschung einer Limited – steuerliche Folgen
Seit der GmbH-Reform im November 2008 können Mini-GmbHs ab 1 €
Stammkapital in Deutschland gegründet werden. Das sorgte dafür, dass die
Gründung einer britischen Limited (kurz: Ltd.) weniger attraktiv ist. Bereits bestehende Limiteds können nach britischem Recht gelöscht werden, wenn die
Registerbehörde vermutet, dass die Gesellschaft nicht mehr am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Dafür spricht beispielsweise, wenn die Limited nicht
mehr ihren Veröffentlichungspflichten nachkommt oder Gebühren nicht beglichen werden. In solchen Fällen wird die Gesellschaft dreimal gemahnt und
nach einer öffentlichen Androhung im Amtsblatt darf deren Löschung erfolgen.
Nach britischem Recht gilt die Gesellschaft dann als aufgelöst, hat ihre
Rechtsfähigkeit verloren und die Vermögensgegenstände, die sich im Vereinigten Königreich befinden, gehen auf die britische Krone über. Der in
Deutschland gelegene Besitz wird dann quasi herrenlos und einer sog. Restgesellschaft zum Zweck des Haltens von inländischem Vermögen zugeordnet.
Aus steuerlicher Sicht besteht die Limited aber noch solange weiter, wie sie
noch steuerliche Pflichten zu erfüllen hat. Mit diesem Problem hat sich die
OFD Hannover befasst. Nach deren Ansicht müssen zwei Fälle unterschieden
werden:
Restgesellschaft beendet ihre Tätigkeit nach Löschung im britischen
Handelsregister
Für die Restgesellschaft gilt bis zu ihrer endgültigen Liquidation der Gesellschaftsstatus als Kapitalgesellschaft. In der Praxis wird die verbliebene Restgesellschaft in der Regel nicht mehr durch die Organe der Limited vertreten,
da sie zuvor ihre Pflichten nach britischem Recht verletzt haben, was letztendlich zur Löschung der Limited geführt hat. In diesen Fällen ist für die Vertretung ein Nachtragsliquidator zu bestellen. Umsatzsteuerlich ist die Restgesellschaft mit der Limited identisch; es ergeben sich keine Auswirkungen. Ebenso
verbleibt auch die Zuständigkeit beim bisherigen Finanzamt.
Restgesellschaft führt die Tätigkeit der Limited fort
Sofern die Restgesellschaft in Deutschland auch nach der Löschung im britischen Register werbend tätig ist, gründen die Gesellschafter eine neue Gesellschaft. Dabei handelt es sich in der Regel um eine GbR, OHG oder ein
Einzelunternehmen. Das in Deutschland gelegene Vermögen der Limited wird
im Zeitpunkt der Löschung in das Betriebsvermögen des neuen Unternehmens eingelegt. Ertragsteuerlich wird dieser Vorgang nicht begünstigt, denn
man unterstellt, dass die stillen Reserven der inländischen Vermögensgegenstände im Wege einer sog. Sachauskehrung an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Diese haben sie dann als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu
versteuern. Umsatzsteuerlich ergeben sich keine Probleme, denn es liegt eine
nicht steuerbare unentgeltliche Geschäftsveräußerung im Ganzen vor.
Hinweis:
Bis zu einer bundeseinheitlichen Regelung durch das Bundesfinanzministerium sollen die Grundsätze der OFD Hannover bundesweit angewandt werden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 8 Abs. 3 S.2 KStG, § 20
Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 1
Abs. 1a UStG
OFD-Hannover, Verfügung
vom 3. Juli 2009, S 2700 5
StO 241/244, DStR 2009
S. 1585
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 45
IV. Umsatzsteuer
1.
Umsatzsteuerpflicht von öffentlichen Zuschüssen
1. Bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen kann es an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn die Zahlung lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein, aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht der
Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist.
2. Bei Leistungen, zu denen sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt grundsätzlich ein Leistungsaustausch vor.
3. Für die Steuerbarkeit einer Leistung ist nicht entscheidend, ob sie
letztlich im öffentlichen Interesse liegt. Ein Interesse der Allgemeinheit, das dem Handeln jeder öffentlich-rechtlichen Körperschaft innewohnt, schließt die Identifizierbarkeit des Leistungsempfängers
nicht aus. Entscheidend ist nur, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen konkreten Vorteil
zieht.
In diesem Urteil erläutert der BFH, unter welchen Voraussetzungen Zuschüsse aus öffentlichen Kassen zur Umsatzsteuerpflicht führen. Anders als die
(noch) aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung schließt der BFH bei Zuschüssen, die ausschließlich auf der Grundlage des Haushaltsrechts vergeben werden, eine Umsatzsteuerpflicht nicht aus.
Der Fall ging auf einen Verein zurück, der von der Stadt mit der Durchführung
eines Stadtfestes beauftragt wurde. Für das Finanzgericht reichte der Umstand aus, dass die Stadt keine konkreten inhaltlichen Vorgaben machte bzw.
auch keinen maßgeblichen Einfluss auf die Veranstaltungen nahm, um auf einen „echten“ und damit nicht steuerbaren Zuschuss zu schließen. Der Verein
war nicht ausschließlich für den Zuschussgeber tätig und die Höhe des Zuschusses stand nicht von Beginn an fest.
Das Finanzamt legte gegen das Urteil Revision ein. Für den BFH lösen zwei
Hauptkriterien eine Umsatzsteuerpflicht aus. Ein steuerbarer Umsatz setzt
voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Wenn sich die beiden Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag zur Ausführung von Leistungen verpflichten, handelt es sich
grundsätzlich um einen Leistungsaustausch. Bei dem Verein bestand der gegenseitige Vertrag im Zuwendungsbescheid der Stadt. Keine Rolle würde es
spielen, dass die Mittel nur durch einen entsprechenden Haushaltsbeschluss
vergeben werden dürfen. Etwas anderes wäre es, wenn der Verein bzw. jeder
andere Zuwendungsempfänger durch die Zuschüsse nur unterstützt werden
sollte. Dann würde es an der Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung fehlen. Das könne im Einzelfall nur auf der Grundlage des jeweiligen
Rechtsverhältnisses beurteilt werden.
Liegt dann auch noch ein identifizierbarer Leistungsempfänger vor, ist die
zweite Voraussetzung für einen steuerbaren Umsatz erfüllt. Leistungsempfänger war in diesem Fall die Stadt, die nach Ansicht der Richter aus der Ausrichtung des Stadtfestes einen eindeutigen Vorteil zog. Nicht von Bedeutung sei,
ob die Leistung im öffentlichen Interesse gelegen habe. Der Leistungsaustausch würde fehlen, wenn die Zahlung den Empfänger aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen fördern sollte.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008, V R 38/06, BStBl.
2009 II S. 749
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 46
Hinweis:
Es kann damit gerechnet werden, dass die Finanzverwaltung die Grundsätze dieses Urteils anwenden wird. Aktuelle Zuwendungsbescheide sollten
unter diesem Gesichtspunkt auf eine etwaige Umsatzsteuerpflicht hin überprüft werden. Liegt ein identifizierbarer Leistungsempfänger und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung nicht vor,
muss grundsätzlich keine Umsatzsteuer bezahlt werden.
2.
Ausgleichszahlungen nach Ende des Leasingvertrages
Die OFD Hannover erläutert in einem aktuellen Schreiben, wie Ausgleichszahlungen bei Beendigung eines Leasingvertrages aus umsatzsteuerlicher Sicht
zu behandeln sind. Sie stellt klar, dass der zivilrechtlichen Einordnung der
Zahlung als Schadenersatz lediglich Indizwirkung zukomme.
Wenn der Leasingnehmer bei Vertragsende eine Zahlung zu leisten hat, die
auf die Nutzung des Gegenstandes durch ihn zurückzuführen ist (z.B. als
Ausgleich für den schlechten Erhaltungszustand, bei einem Unfallschaden
oder bei Überschreiten der vereinbarten Kilometerleistung), liegt ein zusätzliches Nutzungsentgelt vor. Das ist nach den allgemeinen Grundsätzen in der
Regel umsatzsteuerpflichtig. Der Leasinggeber muss ihm demnach für die
Zahlung eine Rechnung mit Umsatzsteuer ausstellen, die der Leasingnehmer
ggf. als Vorsteuer geltend machen kann.
Es gibt aber auch noch andere Gründe, aus denen der Leasingnehmer eine
Zahlung zu leisten hat und die nicht ein zusätzliches Nutzungsentgelt darstellen. Das ist der Fall, wenn das Verpflichtungsgeschäft teilweise nicht erfüllt
würde, wie etwa bei Zahlungsverzug oder bei Totalschaden des Gegenstandes. Mangels Leistung handelt es sich hier um einen nichtsteuerbaren Schadenersatz.
Wird der Leasingvertrag vorzeitig beendet, kann sich ein Ausgleichsanspruch
des Leasingnehmers ergeben, wenn der Leasinggeber den Leasingvertrag
wegen Zahlungsverzug des Leasingnehmers kündigt. Bei der Berechnung des
vom Leasingnehmer zu leistenden Schadenersatzes muss berücksichtigt werden, dass der Gegenstand bei vorzeitiger Rückgabe einen höheren Wert hat
als bei Rückgabe zum vereinbarten Vertragsende. Dieser Wert mindert nach
Auffassung der Verwaltung den vom Leasingnehmer zu zahlenden Schadenersatz, nicht jedoch das Entgelt für die beendete Nutzungsüberlassung durch
den Leasinggeber. Denn ursächlich ist nicht die bisherige Nutzung, sondern
der Umstand, dass der Leasingnehmer den Gegenstand in Zukunft nicht mehr
nutzen kann.
3.
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG,
Abschnitt 3 Abs. 9 UStR
OFD-Hannover, Verfügung
vom 22. Oktober 2009,
S. 7100 619 StO 171,
LEXinform Nr. 5232378
Umsatzsteuerbefreiung für Pflege- und Betreuungsleistungen
Die Vorschrift zur Umsatzsteuerbefreiung von Pflege- und Betreuungsleistungen wurde zum 1.1.2009 neu gefasst. Dadurch wird die deutsche Steuerbefreiungsregelung stärker an den europarechtlichen Vorgaben ausgerichtet.
Das Finanzministerium erläutert in einem Schreiben die neue Vorschrift.
Adressatenkreis der begünstigten Leistungen
Begünstigt werden wie bisher Einrichtungen, die sich der Pflege und Betreuung körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Menschen widmen. Eingeschlossen sind auch Personen, die einen Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz haben.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 4 Nr. 16 UStG
BMF-Schreiben vom 20. Juli
2009, IV B 9 S
7172/09/10002, BStBl. 2009 I
S. 774
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Begünstigte Leistungen
Unter den Begriff der Betreuung und Pflege fallen all diejenigen Leistungen für
die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf
des täglichen Lebens, bei (teil-)stationärer Aufnahme auch die Unterbringung
und Verpflegung. Dazu gehören insbesondere Leistungen der Grundpflege
und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Behandlungspflege und medizinische Hilfeleistungen fallen nicht unter diese Steuerbefreiungsvorschrift, können allerdings als heilberufliche Leistung steuerbefreit sein. Konkret nennt das
Gesetz folgende begünstigte Leistungen:
• Haushaltshilfeleistungen
• Leistungen der häuslichen Pflege
• Leistungen der Altenheime, Pflegeheime und Altenwohnheime
• Leistungen der Integrationsfachdienste
• Leistungen der Werkstätten für behinderte Menschen
• niedrigschwellige Betreuungsangebote
• Sozialhilfeleistungen
• interdisziplinäre Frühförderstellen
• sonstige Betreuungsleistungen
Die angebotene Leistung muss im Zusammenhang mit der Betreuung und
Pflege des genannten Personenkreises stehen oder damit eng verbunden
sein. Das heißt, dass auch andere Leistungsinhalte steuerbefreit sein können,
wenn sie nach der Verkehrsauffassung für die Einrichtung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen
und damit unmittelbar und mittelbar zusammenhängen. Begünstigt sind somit
folgende eng verbundenen Umsätze:
• stationäre und teilstationäre Aufnahme von hilfsbedürftigen Personen,
deren Pflege und Betreuung sowie die Lieferung der dazu erforderlichen Medikamente und Hilfsmittel, z.B. Verbandsmaterial
• ambulante Pflege und Betreuung
• Lieferung von Gegenständen, die im Wege der Arbeitstherapie hergestellt wurden, sofern kein nennenswerter Wettbewerb zu steuerpflichtigen Unternehmern besteht
• Personalgestellung
Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen und damit nicht begünstigt sind:
• entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Besucher
• Telefongestellung und Vermietung von Fernsehgeräten
• Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen
• Lieferung von medizinischen Pflegemitteln
• Veräußerung des Anlagevermögens und der Warenvorräte nach Betriebseinstellung
Begriff der Einrichtung
Anders als die frühere Gesetzesfassung verzichtet die neue Vorschrift auf eine ausdrückliche Benennung der begünstigten Einrichtungen. Wie bisher sind
Pflege- und Betreuungsleistungen durch juristische Personen des öffentlichen
Rechts ohne weitere Voraussetzung von der Umsatzsteuer befreit. Alle übrigen Leistungen sind umsatzsteuerfrei, wenn sie von „anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter“ erbracht werden. Wichtig ist dabei in erster Linie,
dass die „Einrichtungen“ je nach ihrem Leistungsangebot Verträge mit den
Trägern der gesetzlichen Sozialversicherung – meistens mit den Krankenkassen – abgeschlossen haben. Welche Rechts- oder Organisationsform die begünstigte Einrichtung letztendlich hat, spielt dann eigentlich keine Rolle mehr.
In Betracht kommen sowohl juristische als auch natürliche Personen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
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Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
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Hinweis:
Spezielle Nachweisvorschriften für die Steuerbefreiung gibt es keine. Zu beachten sind daher die allgemeinen Aufzeichnungspflichten eines jeden Unternehmers. Wichtig ist, dass steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze getrennt aufgezeichnet werden müssen.
4.
Leistungen der Berufsbetreuer umsatzsteuerfrei?
1. Umsätze aus einer Betreuungstätigkeit im Jahr 1999 waren nicht
nach § 4 Nr. 18 Satz 1 UStG 1993/1999 steuerfrei, soweit die Leistungsempfänger mittellos waren. Diese Umsätze waren nach Art. 13
Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei.
2. Das in § 4 Nr. 18 Satz 1 Buchst. c UStG 1993/1999 geregelte Abstandsgebot ist insofern gemeinschaftsrechtswidrig, als es auch für
behördlich genehmigte Preise i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a
3. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG gilt.
3. Ein zu einem anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege gehörender und gemeinnützigen Zwecken dienender Verein kann sich für
die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung für Betreuungsleistungen unmittelbar auf die günstigere Regelung in Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. g i.V.m. Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen.
Berufsbetreuer müssen auf ihre Entgelte Umsatzsteuer von 19 % abführen.
Doch die Steuerpflicht steht derzeit auf dem Prüfstand. Grund dafür ist ein
BFH-Urteil aus dem Jahr 2009, in dem der BFH die Umsatzsteuerfreiheit für
Betreuungsvereine festgestellt hat. Grundlage dafür ist nicht etwa das deutsche Umsatzsteuergesetz sondern die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie. Diese
schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen steuerfrei stellen müssen.
Ebenso steuerbegünstigt sind Leistungen, die durch im betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannte Leistungserbringer
bewirkt werden. Allerdings dürfen die einzelnen Mitgliedstaaten diese Steuerbefreiung von weiteren Bedingungen abhängig machen, u.a. davon, dass die
Preise, die diese Einrichtungen verlangen, behördlich genehmigt sind oder
nicht über diesen genehmigten Preisen liegen dürfen, sog. Preisabstandsgebot.
Die Vergütung der Betreuer richtet sich seit dem Jahr 1999 nach dem Gesetz
über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG). Dieses Gesetz sieht
eine einheitliche Vergütung von Vereins- und Berufsbetreuern vor. Welche
konkrete Vergütung sich ergibt, das wird unter Berücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands entweder durch den Urkundsbeamten der Geschäftsteile
oder durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt. Im ersten Fall wird funktional
eine Behörde tätig, im zweiten Fall das Vormundschaftsgericht, das eine mit
einer Behörde vergleichbare Funktion ausübt. Der BFH kam daher zu dem
Schluss, dass es sich bei den für die Betreuer festgesetzten Vergütungen um
behördlich genehmigte Preise handelt.
Das deutsche Umsatzsteuerrecht hat das sog. Preisabstandsgebot aber nicht
konsequent umgesetzt. Es kommt nämlich nur amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zu Gute. Zumindest Betreuungsvereine können sich nun direkt auf das höherrangige europäische Recht berufen und ihre
Leistungen umsatzsteuerfrei abrechnen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 4 Nr. 18 S 1c Art. 13 Teil A
Abs. 1g i.V.m. Abs. 2 EWGRl 77/388
BFH-Urteil vom 17. Februar
2009, XI R 67/06, DStR 2009
S. 687
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Seite 49
Doch wie sieht es mit selbständigen Berufsbetreuern aus? Die Rechtsprechung geht dahin, dass der „Einrichtungsbegriff“ auch auf natürliche Personen
anzuwenden ist. Doch bisher gibt es dazu noch keine Rechtsprechung oder
Stellungnahmen seitens der Finanzverwaltung. Der Berufsverband freier Berufsbetreuer führt dazu ein Musterverfahren, um diese Frage richterlich klären
zu lassen.
Hinweis:
Die Steuerbefreiung würde sogar rückwirkend ab dem 1. Juli 2005 möglich
sein. Bereits abgeführte Umsatzsteuerbeträge könnten erstattet werden,
soweit die jeweiligen Bescheide noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
stehen, was regelmäßig der Fall sein dürfte. Allerdings besteht in solchen
Fällen noch kein akuter Handlungsbedarf. Der Antrag auf Erstattung kann
noch bis zum 31. Dezember 2010 gestellt werden. Da momentan noch keine richterliche Entscheidung in dieser Sache gefällt wurde, noch kein Aktenzeichen des anhängigen Verfahrens vorliegt und im Übrigen noch ungewiss
ist, wie die Gerichte entscheiden werden, sollte mit der Einspruchsführung
oder mit Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung abgewartet werden.
Im Übrigen müssten, sollte man zu Gunsten der Berufsbetreuer entscheiden, eventuell geltend gemachte Vorsteuerbeträge ans Finanzamt zurückgezahlt werden. Berufsbetreuer, die als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen müssen, wären ohnehin von einer abweichenden umsatzsteuerlichen Behandlung nicht betroffen.
5.
Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft
Das BMF hat ein umfassendes Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft (USt M 2) nach dem Stand Oktober 2009 herausgegeben. Es bezieht sich auf das BMF-Schreiben vom 13. Juli 2004.
6.
§§ 13, 13b UStG
Erleichterte Vorsteuervergütung ab 2010
Bezieht ein Unternehmer im Ausland Lieferungen oder sonstige Leistungen,
kann er sich die ausländische Vorsteuer, die auf der Rechnung ausgewiesen
ist, nur im Wege des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erstatten lassen. Das
betrifft alle Unternehmer, die im Ausland weder ansässig noch dort für umsatzsteuerliche Zwecke registriert sind. Ansässig ist ein Unternehmer bereits
dann, wenn er im Inland eine Betriebsstätte unterhält, von der aus Leistungen
erbracht werden oder erbracht werden sollen. Das Vergütungsverfahren war
bislang recht aufwändig. Der Antrag musste an das jeweilige Land gestellt
werden, wo zunächst sprachliche Barrieren überwunden werden mussten. Ab
dem 1.1.2010 wird das Verfahren zumindest für Vorsteuerbeträge aus anderen EU-Staaten erheblich vereinfacht. Das Finanzministerium erläutert die Details in einem neuen Schreiben ausführlich.
Vorsteuer-Vergütungsanträge innerhalb der Europäischen Union sind ab dem
1.1.2010 beim jeweiligen Heimatstaat des Unternehmers auf elektronischem
Weg zu stellen. Aber auch der im Drittlandsgebiet ansässige Unternehmer,
z.B. aus der Schweiz, muss ab dem 1.1.2010 bei einer Vergütung in Deutschland geänderte Rahmenbedingungen beachten. Die Neuregelung gilt für alle
Anträge, die ab dem 1.1.2010 gestellt werden, mithin auch dann, wenn die
Vorsteuer bereits im Jahr 2009 gezahlt wurde.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 18 Abs. 9, § 18g, § 27
Abs. 14 UStG, § 59, § 61,
§ 61a UStDV
BMF-Schreiben vom
3. Dezember 2009, IV B 9 S
7359/09/10001, BStBl. 2009 I
S. 1520
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Das Vorsteuervergütungsverfahren nach deutschem Recht
Die Vorsteuervergütung nach deutschem Recht ist eine Sonderregelung zum
Vorsteuerabzug nach § 15 UStG. Sie kann in Deutschland nur dann angewandt werden, wenn der Leistungsempfänger im Inland nicht ansässig ist und
im Inland auch keine Leistungen ausführt, die zu einer Umsatzsteuerpflicht
des Unternehmers in Deutschland führen. Ausnahmen sind:
• steuerfreie Beförderungsleistungen mit Drittlandsbezug,
• Leistungen, für die der Leistungsempfänger zum Steuerschuldner wird,
• Leistungen, die unter die Beförderungseinzelbesteuerung fallen,
• innergemeinschaftliche Erwerbe als mittlerer Unternehmer eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts sowie
• elektronische Dienstleistungen an nichtunternehmerische Leistungsempfänger, die aus dem Drittlandsgebiet ausgeführt werden.
Eine Vorsteuervergütung ist dann nicht möglich, wenn der vergütungsberechtigte Unternehmer Leistungen ausführt, die im Inland den Vorsteuerabzug
ausschließen würden, z.B. bei steuerfreien Ausgangsumsätzen in seinem
Heimatstaat. Im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmern wird eine Vorsteuer aus dem Bezug von Kraftstoffen grundsätzlich nicht vergütet.
Hinweis:
Bei Unternehmern aus dem Drittland ist wichtig, dass es eine sog. Gegenseitigkeitsvereinbarung zwischen Deutschland und seinem Ansässigkeitsstaat gibt. Diese Gegenseitigkeit ist dann gegeben, wenn der ausländische
Staat einem deutschen Unternehmer ebenfalls Vorsteuer vergütet oder diese erst gar nicht berechnet wird. Gegenseitigkeitsabkommen fehlen beispielsweise mit Russland, der Türkei oder China.
Die Vorsteuervergütung, die ein im Drittlandsgebiet ansässiger Unternehmer
in Deutschland haben möchte, erfolgt wie gehabt beim Bundeszentralamt für
Steuern. Der Antrag muss in deutscher Sprache gestellt werden und ist bis
zum 30.6 des Folgejahrs einzureichen. Originalbelege sind vorzulegen. Der
Vergütungsbetrag muss mindestens 500 € betragen, bei unterjährigen Vergütungsanträgen mindestens 1.000 €.
Neue Regeln für Vergütungsanträge innerhalb der EU
Das neue Verfahren innerhalb der EU müssen auch deutsche Unternehmer
beachten. Wird einem deutschen Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat
Umsatzsteuer berechnet, kann er die Vorsteuervergütung ab dem 1.1.2010
nur noch elektronisch über das Portal des Bundeszentralamts für Steuern stellen. Dazu muss er sich authentifizieren. Der Vergütungsantrag muss spätestens bis zum 30.9. des Folgejahres gestellt werden. Pro Vergütungsland muss
der Vergütungsbetrag mindestens 50 € betragen. Unterjährige Vergütungsanträge müssen mindestens einen Zeitraum von 3 Monaten umfassen und der
Vergütungsbetrag darf in diesen Fällen nicht unter 400 € liegen. Für jedes
Vergütungsland muss ein separater Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern gestellt werden.
Der Unternehmer muss in dem elektronischen Vergütungsantrag verschiedene Angaben allgemeiner Art machen und auch die Erklärung abgeben, dass
er im Vergütungszeitraum im Erstattungsland keine steuerpflichtigen Umsätze
bewirkt hat. Für jede Rechnung mit ausländischer Vorsteuer müssen ebenfalls
Erläuterungen im Antrag gemacht werden, z.B. über die Art der erworbenen
Gegenstände und Dienstleistungen aufgeschlüsselt nach Kennziffern. Grundsätzlich müssen die Rechnungen nicht dem Vergütungsantrag beigefügt werden, es sei denn, dass das einzelne Entgelt mindestens 1.000 € beträgt (bei
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 50
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Kraftstoffrechnungen: 250 €). Die Rechnungen sind dann in elektronischer
Form beizufügen und im Original aufzubewahren. Der jeweilige Vergütungsstaat darf diese ggf. anfordern.
Das Bundeszentralamt prüft nach Antragseingang lediglich die USt-IdNr. oder
die Steuernummer des Unternehmers sowie dessen Vorsteuerabzugsberechtigung. Eine weitere Prüfung erfolgt nicht. Der Antrag wird daraufhin vom Bundeszentralamt an den anderen Mitgliedstaat weitergeleitet. Der Antragsteller
bekommt vom Bundeszentralamt eine elektronische Empfangsbestätigung.
Hinweis:
Ein erheblicher Fortschritt ist die verlängerte Antragsfrist bis zum 30.9 des
Folgejahrs sowie die einheitliche Anlaufstelle in dem jeweiligen Heimatland.
Allerdings sind von dem Unternehmer weiterhin erhebliche Detailangaben
zu machen – eine genaue Bestandsaufnahme der Einzelbelege ist auch in
Zukunft unvermeidlich.
Der Vergütungsbetrag ist ab 2010 zu verzinsen. Der Vergütungsstaat hat ab
dem Eingang der Antragsunterlagen 4 Monate und 10 Tage Zeit, den Antrag
abschließend zu bearbeiten. Ansonsten wird der Anspruch verzinst. Nur wenn
sich die Bearbeitung durch ein Verschulden des Vergütungsberechtigten verzögert, etwa bei verspäteter Vorlage der Originalbelege, darf sich der Vergütungsstaat länger Zeit lassen.
Hinweis:
Die hier genannten Neuerungen für deutsche Unternehmer gelten nur für
Vorsteuerbeträge aus dem EU-Ausland. Bei Umsatzsteuerbeträgen aus
dem Drittland ändert sich nichts. Hier muss auch weiterhin ein Antrag bei
der jeweiligen Landesbehörde nach den dort geltenden Vorschriften gestellt
werden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 51
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
V.
Sonstige Rechtsgebiete
1.
Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig
Zum ersten Mal stuft ein deutsches Gericht den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig ein. Der Solidaritätszuschlag wird seit 1991 mit Unterbrechung
bzw. durchgängig seit 1995 als Ergänzungsabgabe in Höhe von 5,5 % der
Einkommen- oder Körperschaftsteuer erhoben. Dem Bund steht das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag zu, das jährlich rund 12 Mrd. € beträgt. Ursprünglich sollte der Solidaritätszuschlag den wirtschaftlichen Aufbau in den
neuen Bundesländern finanzieren.
Die Richter am Niedersächsischen Finanzgericht stuften in einem aktuellen
Verfahren den Solidaritätszuschlag als verfassungswidrig ein. Ergänzungsabgaben wie der Solidaritätszuschlag dürfen nach dem Grundgesetz nur der
vorübergehenden Deckung von Bedarfsspitzen dienen. Allerdings, so das
Finanzgericht, decke der Soli-Zuschlag schon lange einen langfristigen Bedarf
und dieser dürfe nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe befriedigt
werden.
Seite 52
SolzG, GG
Niedersächsisches FG,
Pressemitteilung vom
12. November 2009, 7 K
143/08, LEXinform Nr.
0434716; BMF-Schreiben
vom 7. Dezember 2009, IV A
3 S 0338/07/10010,
www.bundesfinanzministerium.de; Bayerisches
Landesamt für Steuern,
Pressemitteilung vom
8. Dezember 2009,
www.finanzamt.bayern.de/lfst
Das Gericht war davon überzeugt, dass die Ergänzungsabgabe spätestens ab
dem Jahr 2007 ihre verfassungsrechtliche Berechtigung verloren habe. Damit
wurde der Klage eines Steuerpflichtigen Recht gegeben, der rund 1.000 €
Solidaritätszuschlag im Jahr 2007 zahlen sollte. Die Einwendungen des
Finanzamtes, dass es für Ergänzungsabgaben des Bundes keine zeitliche
Begrenzung gebe und obendrein für die Kosten der deutschen Einheit weit
mehr als die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag ausgegeben wurden,
wies das Gericht zurück. Die Klage wird nun zur endgültigen Klärung dem
Bundesverfassungsgericht vorgelegt.
Hinweis:
Das Finanzministerium hat inzwischen auf diese Entwicklungen reagiert und
weist seine Finanzämter an, Steuerbescheide im Hinblick auf den Solidaritätszuschlag nur noch vorläufig zu erlassen. Der Vorläufigkeitsvermerk soll
allen Veranlagungen ab 2005 beigefügt werden. Soweit jetzt noch Steuerbescheide ergehen bzw. noch nicht bestandskräftig sind, die noch keinen
entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk enthalten, kann der Vorläufigkeitsvermerk noch innerhalb eines Monats nach Bescheiderteilung beantragt
werden.
2.
ELENA: Neue Meldepflichten für Arbeitgeber
Zum Jahresbeginn 2010 brachte das Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA-Verfahrensgesetz) eine wichtige Änderung in der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Ab 2010 sind Arbeitgeber verpflichtet, Daten ihrer Beschäftigten gleichzeitig mit der Entgeltabrechnung
elektronisch an die zentrale Speicherstelle (ZSS) weiterzuleiten. Behörden
oder Gerichte können dann auf die zentral gespeicherten Daten und damit auf
die Einkommensdaten der Arbeitnehmer zugreifen. Hierdurch sollen Arbeitgeber ab 2012 generell von Anfragen zu Einkommensbescheinigungen für ihre
Arbeitnehmer befreit werden, wenn diese Sozialleistungen (z.B. Arbeitslosengeld, Elterngeld) beantragen. Die Arbeitnehmer erhalten ab dann einen elektronischen Entgeltnachweis.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
ELENA-Verfahrensgesetz
vom 28. März 2009,
BGBl. 2009 I S. 634;
Bundesministerium für Arbeit
und Soziales, Pressemitteilung vom 5. Januar 2010,
www.bmas.de
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
Das ELENA-Verfahrensgesetz wird die Arbeit in den Lohn- und Personalbüros
nachhaltig verändern, da künftig viel mehr Informationen benötigt werden. So
müssen neben abrechnungsbezogenen Stamm- und Bewegungsdaten wie
Versicherungsnummer, Name oder vermögenswirksame Leistungen auch
abrechnungsunabhängige Daten gemeldet werden wie beispielsweise die Angabe von Zusatzinformationen für Auszubildende oder die Angabe der individuellen wöchentlichen Arbeitszeit. Ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten, Empfänger von Versorgungsbezügen und nebenberufliche Übungsleiter bei gemeinnützigen Vereinen oder sonstigen steuerbegünstigten Körperschaften. Doch damit nicht genug – ab 1. Juli 2010 müssen gemäß ELENA-Verfahrensgesetz die Daten des so genannten Datenbausteins
„Kündigung/Entlassung“ übermittelt werden mit Angaben z. B. zu Kündigungsgründen, Kündigungsdatum und durch wen die Kündigung veranlasst
wurde.
In der Regel stehen die ab Januar 2010 erforderlichen neuen Eingabefelder
für ELENA in den Lohn-Programmen bereits zur Verfügung. Die Datenübermittlung erfolgt ab Januar 2010 in gewohnter Weise über die jeweiligen Rechenzentren.
Es gibt keine bestimmte Frist für die Datenübermittlung an die Zentrale Speicherstelle (ZSS). Nach den gesetzlichen Vorgaben soll die Übermittlung zeitgleich mit der Meldung an die Sozialversicherung erfolgen. Kann die Datenübermittlung nicht zeitgleich mit der Übermittlung der Entgeltdaten erfolgen,
z.B. aus technischen Gründen findet die Meldung für den Entgeltmonat Januar
2010 erst im Mai 2010 statt, bleibt das in der Regel ohne Konsequenzen. Wird
bei einer späteren Prüfung, etwa durch die Deutsche Rentenversicherung
Bund, festgestellt, dass die Datenübermittlung im Rahmen des ELENAVerfahrens überhaupt nicht erfolgte, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit
bis zu 25.000 € Geldbuße belegt werden kann.
Über die in den Lohndaten i.d.R. bereits vorhandenen Daten ist Folgendes zu
ermitteln:
• Name und Telefonnummer des Ansprechpartners im Unternehmen
• betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit
• bei Arbeitnehmern mit abweichender Wochenarbeitszeit: Name, wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit, Grund für die Änderung der
Wochenarbeitszeit
• bei Auszubildenden: Name, Beginn der Ausbildung und deren voraussichtliches Ende gemäß Vertrag und tatsächliches Ende der Ausbildungszeit
• bei Heimarbeitern: Name und jährlicher Urlaubsanspruch
• bei Austritten/ Kündigungen ab 1.7.2010: Name, Kündigungsgründe,
befristetes Arbeitsverhältnis, wer hat die Kündigung veranlasst? Kündigungsdatum
Hinweis:
Das ELENA-Verfahren wird von Datenschützern kritisiert. Die millionenfache
Sammlung von Arbeitnehmerdaten bei der Zentralen Speicherstelle sei eine
unzulässige Datenspeicherung auf Vorrat, da nicht abzusehen sei, ob die
Daten überhaupt jemals benötigt würden. Außerdem werden Arbeitgeber in
der Einführungsphase doppelt belastet, da vorerst trotz ELENA-Verfahren
noch alle Bescheinigungen zusätzlich erstellt werden müssen. Inzwischen
hat sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Kritik am ELENA-Verfahren geäußert und angekündigt, das Verfahren in einigen Punkten
zu ändern. Dazu gehört u.a., dass noch einmal alle zu erhebenden Daten
auf ihre zwingende Notwendigkeit hin überprüft werden. Bis zu einer konkreten Änderung ist allerdings die derzeit geltende Rechtslage anzuwenden.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
Seite 53
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
3.
Erbschaftsteuer: Kurzarbeit ohne negative Auswirkung auf
Lohnsumme
Unternehmenserben werden seit der Erbschaftsteuerreform zum 1.1.2009
weitgehend von der Erbschaftsteuer entlastet, vorausgesetzt sie führen den
Betrieb fort und erhalten die vorhandenen Arbeitsplätze. Die letztgenannte
Voraussetzung gilt dann als erfüllt, wenn die im Durchschnitt in den letzten
5 Jahren vor dem Übergang gezahlte jährliche Lohnsumme im Wesentlichen
auch in den nachfolgenden 5 bzw. 7 Jahren erhalten bleibt. Das ist in Zeiten
der Wirtschaftskrise kein leichtes Unterfangen!
Viele Unternehmen konnten Entlassungen wegen des Auftragsrückgangs aber
vermeiden, indem Kurzarbeit angemeldet wurde. Die Bundesagentur für Arbeit
überweist in der Praxis das Geld an die Arbeitgeber, die es dann mit Lohn und
Gehalt an die Angestellten auszahlen. Inzwischen wurden vielfach Bedenken
geäußert, dass das ausbezahlte Kurzarbeitergeld von der Lohnsumme abgezogen werden müsse und im Ergebnis einen Verlust der Erbschaftsteuerbefreiung nach sich gezogen hätte.
Diese Befürchtungen seien unbegründet. Darauf weisen die Finanzministerien
der Länder Baden-Württemberg und Bayern in einer Pressemitteilung hin. Die
Zustimmung des Bundesfinanzministeriums liege bereits vor.
4.
Seite 54
§ 13a ErbStG
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Pressemitteilung vom 24. September
2009, Nr. 339/2009,
LEXinform Nr. 0434605
Neue Erbschaftsteuer auf gerichtlichem Prüfstand
Keine Aussetzung der Vollziehung wegen möglicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 1 ErbStG.
Die geänderten Regelungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind gerade mal ein Jahr seit ihrem Inkrafttreten gültig, da gibt es bereits ein erstes
anhängiges Verfahren. Demnächst muss sich der BFH mit der Klage eines
Steuerpflichtigen auseinandersetzen, der sich durch die Neuregelungen benachteiligt fühlt.
Konkret geht es um die neuen Steuersätze, mit denen die Angehörigen der
Steuerklasse II belastet werden. Zu denen zählen in erster Linie die Geschwister, aber auch Neffen und Nichten. Sie müssen genauso wie Nichtverwandte auf das geerbte oder geschenkte Vermögen mindestens 30 % Steuern
zahlen. Das hielt ein Steuerpflichtiger für nicht gerechtfertigt. Er hatte von seinem Bruder 25.000 € geschenkt bekommen und weigerte sich, die gegen ihn
festgesetzte Schenkungsteuer zu zahlen. Seine Klage begründete er damit,
dass seit der Erbschaftsteuerreform Geschwister mit Nichtverwandten gleichbehandelt werden würden. Das war in der Tat ein zentraler Kritikpunkt der Reform. Ob das Finanzgericht der Klage folgen wird, muss noch abgewartet
werden.
Der Steuerpflichtige beantragte außerdem Aussetzung der Vollziehung, was
allerdings das Finanzgericht München ablehnte. Nun soll darüber der BFH
entscheiden. Sollte der Steuerpflichtige in diesem Verfahren erfolgreich sein,
würden die neuen Steuersätze vorerst ausgesetzt werden. Vorläufiger
Rechtsschutz müsste dann in der Form gewährt werden, dass bis zur endgültigen Klärung die alten Steuersätze – zumindest bei Übertragungen im Jahr
2009 – wieder zur Anwendung kämen.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 19 Abs. 1 ErbStG, Art 6
Abs. 1 GG
FG München, Beschluss vom
5. Oktober 2009, 4 V
1548/09, Beschwerde eingelegt (Az. des BFH: II B
168/09), DStR 2009 S. 2420
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
5.
Seite 55
Erlass der Kirchensteuer bei Veräußerungsgewinnen?
1. Es ist nicht sachlich unbillig, wenn eine Kirchensteuer auch insoweit
erhoben wird, als sie auf der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruht.
2. Ist die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen für die Kirchensteuer den Kirchengemeinden übertragen, so ist die einzelne Kirchengemeinde insoweit nicht an die von anderen Kirchengemeinden
getroffenen Regelungen gebunden.
Bei der Kirchensteuer handelt es sich um Geldleistungen, die die Religionsgemeinschaften auf der Grundlage von landesrechtlichen Kirchensteuergesetzen von ihren Mitgliedern erheben. Die Kirchensteuer bemisst sich nach der
Einkommen- bzw. Lohnsteuer und liegt in Deutschland derzeit zwischen 8 %
und 9 %. Bei besonders hohen Einkommen darf die Kirchensteuer eine sog.
Kappungsgrenze nicht überschreiten. Das sind in der Regel zwischen 2,75 %
und 3,5 % des zu versteuernden Einkommens.
Die theoretische Abhängigkeit der Kirchensteuer von der Einkommensteuer
wurde in dem verhandelten Fall von einem kirchensteuerpflichtigen Ehepaar
hinterfragt. Der Ehemann war römisch-katholisch und seine Ehefrau evangelisch. Der Ehemann hatte im Jahr 2005 seinen GbR-Anteil veräußert und dabei einen beträchtlichen Veräußerungsgewinn erzielt. Die Einkommensteuer
wurde auf der Grundlage des Gewinns festgelegt.
Hinweis:
In der Praxis wird bei beabsichtigten Betriebsveräußerungen bereits im Vorfeld abgeklärt, wie sich die kirchensteuerlichen Folgen darstellen. Nicht selten wird ein rechtzeitiger Kirchenaustritt erwogen, um Steuern zu sparen.
Um das zu verhindern, bieten die meisten Kirchen ihr Entgegenkommen in
Form eines teilweisen Erlasses der Kirchensteuer, soweit sie auf den Veräußerungsgewinn entfällt, an.
Bei ihren Kirchgemeinden beantragten die Eheleute, die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Kirchensteuer zur Hälfte zu erlassen. Die kirchliche
Stelle, die für den Ehemann zuständig war, gewährte den beantragten Erlass.
Anders jedoch die für die Ehefrau zuständige evangelische Kirchgemeinde:
sie lehnte den Erlass ab, obwohl die Landeskirche den Erlass empfohlen hatte
und nahezu alle übrigen evangelischen Gemeinden in der Umgebung einen
solchen Erlass in der Regel gewährten.
Diese Handhabung beanstandete der BFH nicht. Es fehle zum einen an einer
gesetzlichen Vorgabe, wonach die Erhebung der Kirchensteuer in besonderen
Fällen unbillig wäre. Zum anderen seien die einzelnen Kirchgemeinden nicht
an die Empfehlungen der Landeskirche gebunden sondern können weitgehend autonom agieren.
Hinweis:
Die Kirchensteuerbelastung sollte bei Betriebsveräußerungen nicht unterschätzt werden. Es bietet sich an, bereits im Vorfeld mit der eigenen Kirchgemeinde zu verhandeln.
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a KiStG
NRW, § 34 EStG, § 227 AO,
Art. 3 GG
BFH-Urteil vom 1. Juli 2009,
I R 81/08, DStR 2009
S. 2095
Aktuelle Information I/2010 für Mitarbeiter und Kollegen
VI. Das besondere Thema: Steuerliche Behandlung von
Photovoltaikanlagen
1.
Allgemeines
Durch die Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im
Jahr 2004, mit dem der Gesetzgeber über 20 Jahre eine feste Vergütung für
den erzeugten Strom garantierte, wurde bei der Installation von Photovoltaikanlagen ein Boom ausgelöst. Mitte 2009 wurde das EEG novelliert (EEG
vom 25.10.2008, BGBl. 2008 I, S. 2074). Verabschiedet wurde eine Absenkung der Einspeisevergütungen ab 2009, wobei bei kleineren Anlagen bis
100 kW 8 % und bei einer Leistung von mehr als 100 kW 10 % Degression
vorgesehen sind. Ab dem Jahr 2011 unterliegen sämtliche Inbetriebnahmen
von PV-Anlagen einer jährlichen Degression von jeweils 9 % (§ 33 EEG i.V.m.
§ 20 Abs. 2 und 2a EEG). Die Vergütung wird fest für 20 Jahre zuzüglich des
Jahres der Inbetriebnahme garantiert. Bei Gebäudeanlagen über 30 kW wird
anteilig bis 30 kW der höhere Vergütungssatz verrechnet. Erst ab 30 kW gilt
der niedrigere Satz.
Nach den neuesten Verlautbarungen ist beabsichtigt, über die o.g. Degression
die Solarförderung für Dachflächen zum 1. Juli 2010 um zusätzlich 16 % und
für agrarische Freiflächen zum 1. Juli 2010 um zusätzlich 25 % zu kürzen. Eine weitere Degression soll vom jeweiligen mengenmäßigen Zubau abhängig
gemacht werden (z.B. bei mehr als 3.500 MWh Zubau eine feste Absenkung
um weitere 2,5 %). Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.
Ab 2009 kann der erzeugte Strom bei Anlagen bis 30 kW auch teilweise oder
vollständig zum Eigenverbrauch verwendet werden (§ 33 Abs. 2 EEG). Die
Vorschrift des § 33 Abs. 2 EEG gilt für nach dem 31.12.2008 erstmals installierte Anlagen zur Elektrizitätsgewinnung aus solarer Strahlungsenergie (Photovoltaikanlagen) mit einer installierten Leistung von nicht mehr als
30 kW. Soweit die erzeugte Energie vom Anlagenbetreiber nachweislich dezentral verbraucht wird (sog. Direktverbrauch), kann sie mit dem nach
§ 33 Abs. 2 EEG geltenden Betrag vergütet werden. Nach § 18 Abs. 3 EEG ist
die Umsatzsteuer in den im EEG genannten Vergütungsbeträgen nicht enthalten. Es werden 25,01 ct/kWh (ab 2010: 23,01 ct/kWh; ab 2011: 20,94 ct/kWh)
zusätzlich zum eingesparten Verbrauch vergütet. Der nicht eigenverbrauchte
Strom wird weiterhin in das öffentliche Netz zum normalen Vergütungssatz
eingespeist. Der eigenverbrauchte Strom muss dabei in unmittelbarer Nähe
der Anlage selbst oder von einem Dritten (z.B. Mieter) verbraucht werden.
2.
Einkommensteuerliche Aspekte
Einkünfte
Die Erzeugung von Strom ist gewerblich. Dies gilt auch für Land- und Forstwirte, Freiberufler oder im Übrigen nicht selbständig tätige Steuerpflichtige.
Die reduzierte Vergütung für selbst erzeugten und sofort verbrauchten Strom
stellt neben dem normalen Tarif für eingespeisten Strom Betriebseinnahmen
dar. Hinsichtlich des für private Zwecke verbrauchten Stroms (§ 33 EEG) ist
darüber hinaus eine ggf. nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme anzusetzen. Maßgebend für den Teilwert ist der Strompreis für aus dem Netz des Energieversorgers bezogenen Strom. Bei Verwendung des Stroms für eigenbetriebliche Zwecke ist § 6 Abs. 5 S. 1 EStG zu
beachten. Wird der Strom an einen Dritten veräußert, ist neben der reduzierten Vergütung des Netzbetreibers der vom tatsächlichen Stromabnehmer vereinnahmte Strompreis als Betriebseinnahme zu erfassen.
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Gewinnermittlung
Steuerpflichtige, die eine Photovoltaikanlage errichten, können ihren Gewinn
in aller Regel durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
ermitteln, denn es besteht handelsrechtlich keine Buchführungspflicht. Häufig
werden auch die steuerrechtlichen Buchführungsgrenzen nach § 141 AO nicht
überschritten. Wird die Anlage Bestandteil eines bereits bestehenden Gewerbebetriebes, so gelten die allgemeinen Grundsätze. Gewinnermittlungszeitraum ist i.d.R. das Kalenderjahr. Bei Gewerbebetrieben, deren Firma ins Handelsregister eingetragen ist, kann ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr – auch ohne Zustimmung des Finanzamtes – gewählt werden
(§ 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Einnahme-Überschussrechner haben die Anlage
EÜR auszufüllen, sofern die Bruttoeinnahmen mehr als 17.500 € betragen.
Betriebsvorrichtung oder unselbständiger Gebäudebestandteil
Die einkommensteuerrechtliche Beurteilung einer Photovoltaikanlage als Betriebsvorrichtung oder als unselbständiger Bestandteil des Gebäudes ist vor
allem davon abhängig, ob die Anlage als auf das Dach aufgesetzte Anlage
oder als in das Dach integrierte Anlage betrieben werden soll.
Photovoltaikanlagen, die auf das Dach aufgesetzt werden, dienen ganz dem
Gewerbebetrieb der Stromerzeugung und sind daher regelmäßig als Betriebsvorrichtung anzusehen (OFD Rheinland v. 09.03.2009 - S 2130 - 2009/0001
St 142, LEXinform Nr. 5232011).
Dagegen dienen dachintegrierte Photovoltaikanlagen - z.B. in Form von Solardachsteinen, Solardachfolien oder Indach-Solarmodulen - nach Auffassung
der Finanzverwaltung - von ihrer Funktion her nicht unmittelbar der Ausübung
der gewerblichen Tätigkeit. Vielmehr übernehmen sie - neben der Erzeugung
von Strom - auch den Schutz des Gebäudes vor Witterungseinflüssen. Dachintegrierte Photovoltaikanlagen sollen somit ertragsteuerlich keine Betriebsvorrichtungen, sondern unselbständige Bestandteile des Gebäudes darstellen
(FG Rheinland-Pfalz v. 19.03.2007 - 5 K 1639/05, EFG 2007, S. 1068). Eine
gesonderte AfA - wie für Betriebsvorrichtungen - wäre nicht zu gewähren. Die
Aufwendungen für den Einbau der PV-Anlage sind einkommensteuerrechtlich
dann entweder den Herstellungskosten des Gebäudes zuzurechnen oder - bei
Sanierung des Daches - als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen. Nach
Auffassung der OFD Rheinland sind allerdings die durch die dachintegrierte
Photovoltaikanlage verursachten Kosten zur Wahrung des im Steuerrecht geltenden Nettoprinzips im Wege der Aufwandseinlage als Betriebsausgaben bei
den gewerblichen Einkünften zu berücksichtigen, soweit sie auf den Gewerbebetrieb Stromerzeugung entfallen. Das bedeutet: Wird die dachintegrierte
Photovoltaikanlage bereits bei Herstellung des Gebäudes eingebaut, so sind
im Wege der Aufwandseinlage AfA nach den für Gebäude geltenden AfAVorschriften zu berücksichtigen. Dabei ist der maßgebende AfA-Satz nur auf
die Anschaffungskosten anzuwenden, die auf den Gewerbebetrieb Stromerzeugung entfallen. Bei der erforderlichen Abgrenzung der sowohl auf das Gebäude als auch auf den Gewerbebetrieb entfallenden Aufwendungen, kann
aus Vereinfachungsgründen der auf das Gebäude entfallende Anteil in Höhe
der Kosten für eine Dacheindeckung ohne integrierte Photovoltaikanlage (in
Anlehnung an die übrige Dacheindeckung) geschätzt werden. Der übersteigende Betrag ist dem Gewerbebetrieb zuzuordnen und stellt die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der AfA als Aufwandseinlage dar. Wird
die Photovoltaikanlage dagegen im Zuge einer Dachrenovierung eingebaut,
so sind nach Auffassung der OFD Rheinland im Wege der Aufwandseinlage
anteilige Erhaltungsaufwendungen als (sofort abzugsfähige) Betriebsausgaben anzuerkennen.
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Abschreibung und Investitionsabzugsbetrag (IAB)
Auf-Dach-Anlagen rechnen zu den beweglichen WG und haben nach der amtlichen AfA-Tabelle eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren.
Daraus resultiert eine lineare Abschreibung von 5 %, die im Jahr der Inbetriebnahme nur zeitanteilig zu berechnen ist. Unter den Voraussetzungen des
§ 7 Abs. 2 EStG kann auch die degressive AfA in Höhe von 25 %, maximal
das 2,5fache der linearen Afa (demnach 12,5 % p.a.), bei Anschaffung in den
Jahren 2009 und 2010 angesetzt werden.
Zusätzlich besteht für diese Anlagen die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung unter den weiteren Voraussetzungen des § 7g
Abs. 5 EStG. Hiernach können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und
in den vier folgenden Jahren bis zu insgesamt 20 % der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten neben der regulären Abschreibung in Abzug gebracht
werden. Begünstigt sind buchführende Betriebe mit einem Betriebsvermögen
von maximal 235.000 € (in den Jahren 2009 und 2010: 335.000 €). Für Einnahmeüberschussrechner gilt eine Gewinngrenze von 100.000 € (in den Jahren 2009 und 2010: 200.000 €). Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung ist auf das Jahr der Anschaffung abzustellen. Ist die Anlage fremdfinanziert, so sind die Verbindlichkeiten bei der Prüfung der Betriebsgrößengrenze mindernd zu berücksichtigen.
Ebenso besteht für solche beweglichen Wirtschaftsgüter die Möglichkeit, vorab einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von max. 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend zu machen (§ 7g Abs. 1
bis 4 EStG). In der Regel wird eine verbindliche Bestellung erforderlich sein.
3.
Umsatzsteuer
Unternehmer
Wird der erzeugte Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz eingespeist oder regelmäßig weitergeliefert (z.B. an Mieter), liegt auch bei sonst nicht unternehmerisch tätigen Personen eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG vor (Abschn. 18
Abs. 5 UStR 2008). Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 18.12.2008 zum
EEG 2004 bestätigt, da der Steuerpflichtige durch die Einspeisung des Stroms
in das allgemeine Stromnetz nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig
geworden ist (BFH v. 18.12.2008 - V R 80/07, BFH/NV 2009, S. 860). So auch
die Auffassung der OFD Karlsruhe (OFD Karlsruhe vom 28.01.2009 - S 7104,
LEXinform Nr. 5232014).
Vorsteuerabzug
Werden keine weiteren Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit von brutto mehr als 17.500 € im Vorjahr bzw. im laufenden Jahr von 50.000 € erzielt,
muss keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt werden (Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG). In diesen Fällen ist jedoch auch kein Vorsteuerabzug möglich. Auf die Kleinunternehmerregelung kann verzichtet werden.
An diesen Verzicht ist der Unternehmer 5 Jahre gebunden.
Ausgangsumsätze
Die entgeltliche Lieferung von Strom an den Netzbetreiber ist ein steuerpflichtiger Umsatz, der dem Regelsteuersatz unterliegt.
Zur umsatzsteuerlichen Behandlung des sogenannten Direktverbrauchs nach
§ 33 Abs. 2 EEG ab dem 01. 01. 2009 hat sich das BMF im Schreiben v.
01.04.2009 (BMF-Schreiben v. 01.04.2009 - IV B 8 S 7124/07/10002, BStBl
2009 I, S. 523) mittlerweile klarstellend geäußert. Danach führt der dezentrale
(private) Stromverbrauch gegen reduzierte Vergütung nicht zu einer unentgeltlichen Wertabgabe, sondern zu einer Lieferung des Anlagenbetreibers an den
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Stromnetzbetreiber mit anschließender Rücklieferung des Stromnetzbetreibers an den Anlagenbetreiber. Hintergrund des BMF-Schreibens ist die Erhaltung des vollen Vorsteuerabzuges.
Die Einspeisevergütung ist Entgelt für Lieferungen des Anlagenbetreibers.
Neben der für den vom Anlagenbetreiber selbst erzeugten (und umsatzsteuerrechtlich gelieferten) Strom geschuldeten Einspeisevergütung von 0,2501
€/kWh (ab 2010: 0,2301 €/kWh) muss der Netzbetreiber diesen Strom umsatzsteuerrechtlich - mit einer Bemessungsgrundlage von 0,18 €/kWh (ab
2010: 0,1656 €/kWh) - an den Anlagenbetreiber (zurück-) liefern. Die Bemessungsgrundlage pro gelieferte kWh Strom ergibt sich entsprechend den o.g.
Grundsätzen aus der Summe dieser beiden Werte und beträgt somit für 2009
0,4301 €/kWh (ab 2010: 0,3957 €/kWh).
Die Lieferung des Anlagenbetreibers kann nicht - auch nicht im Wege der
Vereinfachung unter Außerachtlassung der Rücklieferung des Netzbetreibers lediglich mit der reduzierten Vergütung nach § 33 Abs. 2 EEG bemessen werden, weil der Umfang der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Nutzung
der Anlage letztendlich über den Vorsteuerabzug aus der Rücklieferung abgebildet wird.
Der Anlagenbetreiber kann die Vorsteuer aus der Rücklieferung nicht abziehen, wenn der Strom für private, also nicht unternehmerische, Zwecke, verwendet wird.
Seeling-Modell
In der Praxis war schnell die Idee aufgekommen, dass durch eine gewerblich
genutzte Photovoltaikanlage auf dem Dach eines privaten Wohnhauses der
Vorsteuerabzug für das gesamte Gebäude erreicht werden kann, sofern die
unternehmerische Nutzung des Gebäudes mindestens 10 % beträgt. Für die
Frage der 10 %-Grenze kann entweder darauf abgestellt werden, dass die
Aufwendungen für die PV-Anlage mindestens 10 % der gesamten Herstellungs- oder Anschaffungskosten betragen oder mindestens 10 % des Gebäudes unternehmerisch genutzt werden. Die Finanzverwaltung hat jedoch schon
vor einiger Zeit deutlich gemacht, dass sie solche Gestaltungen nicht mitträgt
(OFD Karlsruhe v. 29.04.2005 - S 7300, DStR 2005 S. 1140). Auch wenn die
Photovoltaikanlage einen Teil des Dachs bilden sollte, diene sie ausschließlich
der Stromerzeugung und sei deshalb als eigener Leistungsbezug i. S. des
§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG anzusehen. Daher könne nur die Photovoltaikanlage
dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.
Dachsanierung
Weil mit dem Einbau einer Photovoltaikanlage häufig auch eine Dachsanierung einhergeht, stellt sich die Frage nach dem Vorsteuerabzug für entstehende Sanierungskosten.
Die Kosten der Dachsanierung werden nach Ansicht der Finanzverwaltung
nicht durch die Installation der Photovoltaikanlage verursacht, selbst wenn die
bisherige Dacheindeckung asbesthaltig ist und darauf keine Photovoltaikanlage montiert werden dürfte (OFD Frankfurt v. 10.07.2008, a.a.O ). In der Regel
würde es sich um (ggf. vorweggenommenen) Erhaltungsaufwand für das Gebäude handeln, ein Vorsteuerabzug käme insoweit nicht in Betracht – so jedenfalls die OFD Frankfurt.
Die OFD Karlsruhe sieht dies anscheinend anders (OFD Karlsruhe
v. 28.01.2009 - S 7104, LEXinform Nr. 5232014). Muss danach die Sanierung
erfolgen, z.B. bei einem asbesthaltigen Dach, werden unmittelbar mit dem
Einbau zusammenhängende Aufwendungen für die Dachsanierung sowohl für
das Gebäude, als auch für den Betrieb der Photovoltaikanlage genutzt. Die
unternehmerische Nutzung kann zur Berechnung des Vorsteuerabzugs mit
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50 % der von der Photovoltaikanlage bedeckten Dachfläche geschätzt werden.
Beispiel:
Ein Steuerpflichtiger errichtet auf dem Dach eine Photovoltaikanlage. Das
vorhandene Dach muss vor dem Einbau entfernt und durch eine andere
Dachabdeckung ersetzt werden. Die Vorsteuer für die Dacherneuerung beträgt 60.000 €. Das Dach hat eine Gesamtfläche von 900 qm. Die Photovoltaikanlage bedeckt eine Fläche von 300 qm.
Die Photovoltaikanlage bedeckt 1/3 der gesamten Dachfläche. Für die Gebäudenutzung ist ein Abschlag von 50 % vorzunehmen. Damit ergibt sich eine
unternehmerische Nutzung von 1/6. Da die 10%-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz
2 UStG überschritten ist, kann die Maßnahme insgesamt dem Unternehmensvermögen zugeordnet und die Vorsteuer in vollem Umfang abgezogen werden. Die nichtunternehmerische Nutzung ist als unentgeltliche Wertabgabe
nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar. Da es sich bei den Aufwendungen
nicht um Herstellungskosten handelt, sind sie sofort und in voller Höhe in die
Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bemessungsgrundlage sind die anteiligen Kosten von 5/6 von 60.000 € = 50.000 €.
Erste Rechtsprechung zu dieser Frage kommt von den Finanzgerichten München und Nürnberg (FG München v. 27.07.2009 - 14 K 595/08, rkr., 14 K
1164/07, Revision BFH XI R 29/09, FG Nürnberg v. 19.05.2009 - 2 K
1204/2008,rkr.). Die Vorsteuern aus den Kosten der Dachsanierung sind danach grundsätzlich nicht abzugsfähig. Soweit es infolge der Installation der
Anlage allerdings notwendig ist, aus statischen Gründen Sparren zu verstärken oder Stützbalken einzuziehen, können diese Kosten dagegen als durch
den Aufbau der Anlage verursacht angesehen werden.
Dachvermietung
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Vermietung eines Daches
zur Errichtung einer Photovoltaikanlage ein umsatzsteuerfreier Vorgang sei.
Grundlage dieser Auffassung ist das BMF-Schreiben vom 28.11.2005 zur
Verpachtung von Dachflächen für Funkfeststationen (BMF Schreiben v.
28.11.2005 - IV A 5 S 7410 57/05, BStBl 2005 I, S. 1065).
Dies ist u.E. aber nicht ohne Weiteres übertragbar auf die Vermietung von
Dachflächen zum Betrieb einer PV-Anlage, da es sich nicht um die Überlassung eines abgrenzbaren Grundstücks(-teils) handelt. Es liegt u.E. ein Vertrag
besonderer Art vor, der umsatzsteuerpflichtig ist. So entschied der BFH zur
Überlassung von Außenwandflächen oder Dachflächen eines Gebäudes zu
Reklamezwecken (BFH v. 23.10.1957, BStBl. 1957 III S. 457, Abschnitt 81
UStR Abs. 1 Nr. 6 UStR 2008).
4.
Gewerbesteuer
Da aus Photovoltaikanlagen gewerbliche Einkünfte erzielt werden, sind diese
grundsätzlich auch gewerbesteuerpflichtig. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG ein Freibetrag
in Höhe von 24.500 € gewährt. Die an sich notwendige Hinzurechnung der üblichen Finanzierungsaufwendungen und ggf. Kosten der Dachmiete entfällt im
Allgemeinen wegen des Freibetrags von 100.000 € (§ 8 Nr. 1 GewStG). Eine
ggf. eintretende Gewerbesteuerbelastung kann bei Einzelunternehmern und
Personengesellschaften grds. nach § 35 EStG „neutralisiert” werden.
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SACHREGISTER
Abschreibung, degressive
9
Ansparabschreibung a.F.,
Freiberufler
21
Arbeitszimmer
18
Ausgleichszahlung, Leasing
46
Ausschüttung, Tarifermäßigung
42
außergewöhnliche Belastung,
Umbau
37
Behaltefrist
7
Beherbergungsleistungen
6
Berufsbetreuer
48
Betriebsveräußerung, Freibetrag
30
Biokraftstoffe
8
Dienstleitungen im EU-Ausland
11
Dienstreise
26
Dienstwagen, home-office
34
Direktvermarktung
28
EBITDA
4
ELENA
52
Entschädigung,
Arbeitszeitreduzierung
35
Erbrechtsreform
14
ErbSt, verfassungsgemäß
54
Erhaltungsaufwendungen,
anschaffungsnah
20
Faktorverfahren
40
gemischt veranlasste
Aufwendungen
26
geringwertige Wirtschaftsgüter
4
Gesellschafter-Darlehen, Abzinsung 19
Umwandlung
8
Handwerkerleistungen
38
Hinzurechnungen, GewSt
6
Hofladen
28
Kinderfreibetrag
5
Kindergeld
5
Kirchensteuer, Erlass
55
Künstlersozialabgabe
12
Kurzarbeitergeld, ErbSt
54
Limited, Löschung
44
Mitarbeiterbeteiligungen
9
Mitunternehmerschaft,
Landwirtschaft
Pfandgelder
Pflege- und Betreuungsleistungen
Pflegeleistungen
Pflichtteil
Pflichtteilsergänzungsanspruch
Photovoltaikanlagen
Postleistungen
Praxisausfallversicherung
Riester-Rente
Sachbezüge 1
Sammelposten
Solidaritätszuschlag
Sonderausgaben, Verrechnung
Sozialversicherungswerte
Spenden
Spendenabzug, Übergang
Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung
Steuerklasse, Ehegatten
Steuerklasse, ErbSt
Steuertarif, ErbSt
Studienkosten, Werbungskosten
Übernachtung
Umsatzsteuer, Betriebsausgabe
Unfallversicherung
Unternehmensverkauf,
aufschiebend bedingt
UStID-Nr.
Verlustabzug
Verlustabzug, voll
Verlustausgleich, Aktien
Verschonung, ErbSt
Vorsorgeaufwendungen,
beschränkter Abzug
Vorsteuervergütung
Zinsschranke
Zusammenfassende Meldungen
Zuschüsse, USt
Friedrichsdorfer Steuerfachschule
27
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45