Ole Einar – und sonst keiner

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Ole Einar – und sonst keiner
Erinnungs-Schnappschüsse: Nachwuchs-Biathleten aus Norwegen, die bis heute in Brotterode weilten, ahmen Skispringer nach.
Fotos: fotoart-af.de
Ole Einar – und sonst keiner
Nachwuchs-Biathleten aus
Norwegen sind bis heute
beim Brotteroder Wintersportverein zu Gast. Bei einem Ausflug trafen sie auf
prominente Landsleute.
Von Christopher Eichler
Brotterode – Eine Anekdote zu
ihrem Idol? Nichts leichter als das.
Lillian Grønhovd strahlt, wenn sie
nach Ole Einar Björndalen gefragt
wird. Wie die anderen zehn Norweger, die derzeit Brotterode und Umgebung unsicher machen. Acht
Nachwuchs-Biathleten von Björndalens Heimatclubs Simostranda IL –
plus drei Mütter und Väter, die als
Betreuer dabei sind. Wie Lillian
Grønhovd. Sie erzählt mit einem
Grinsen die Geschichte, als Björndalen mit seinen Brüdern im Garten
des väterlichen Bauernhofs in Simostranda, in der Nähe von Vikersund,
im Sommer mit dem Gewehr trainierte. Und dabei versehentlich den
BH seiner Mutter erwischte, der auf
der Wäscheleine hing.
Die norwegischen Junioren sind
seit vergangenem Samstag Gäste des
Brotteroder
Wintersportvereins.
Zwei Klassenräume der Grundschule
wurden als Basis- und Schlaflager
umfunktioniert. Duschen können
sich die eisenharten Nordländer im
Eisstadion. „Sie sollen einfach eine
schöne Zeit haben“, sagt Steven Peter, der langjährige WSV-Vorsitzende, der sich jetzt unter anderem um
die Öffentlichkeitsarbeit kümmert.
„Sie wollen sich Brotterode und die
Umgebung anschauen und ein bisschen trainieren.“
Der Tapetenwechsel bekommt den
Kindern gut – der Terror-Anschlag
von Oslo und das anschließende
Massaker auf der Insel Utøya spukt
Die Delegation aus Norwegen auf dem Dach des Sprungrichtergebäudes unterhalb der Inselbergschanze – geführt von Steven Peter (2.v.l.)
vielen noch in den Köpfen herum.
„Sie sind alle sehr schockiert, damit
hat niemand gerechnet“, sagt Peter,
der mit seinem passablen Norwegisch als Übersetzer einspringt – er
kennt Norwegen gut, bereits zehnmal reiste er ins Land der Wikinger.
„Für die Kinder ist es sehr gut, dass
sie etwas Abstand gewinnen konnten. Sie haben sich vor allem mit den
jugendlichen Opfern sehr stark identifiziert“, sagt Lillian Grønhovd.
Aber wie kommen norwegische Biathleten nach Brotterode? Steven Peter berichtet über erste Kontakte, die
WSV-Vertreter 1998 beim Skifliegen
in Planica in den hohen Norden
knüpften – allerdings zunächst nur
zu den Skispringern vom benachbarten Vikersund IF.
Erste Kontakte bereits 1998
2005 übergab eine norwegische
Delegation, anlässlich „100 Jahre
Wintersport in Brotterode“, einen
von mehreren norwegischen (Ex)Sportlern signierten Hovde-Ski. Es
war einer der letzten der legendären
Sprungski, die produziert wurden.
Im selben Jahr liefen auch die Planungen für den ersten Austausch
von Jugendlichen, der inzwischen
regelmäßig erfolgt. „Wir fahren
meist im April mit etwa zwölf Nachwuchs-Skispringern und Langläufern nach Vikersund zum Skifahren
und die Norweger kommen im Sommer zu uns“, berichtet Peter, der
selbst zehn Jahre über Schanzenhänge hinabsegelte. „Die Skispringer, die
mitkommen wollten, haben dieses
Jahr abgesagt“. Deshalb waren dieses
Jahr nur Biathleten zu Gast. Vor allem Langlauf-Trainerin Silke Bartolmäs, ihr Mann Jörg und die Brüder
Uli und Knut Bonsack engagieren
sich auf Brotteroder Seite für den
Austausch, berichtet Peter, der beim
Programm ganz auf die Wünsche seiner Gäste eingeht. „Das gestalten wir
spontan – das läuft dann völlig ungezwungen“, erzählt Peter, der beim
Skifliegen in Vikersund bereits als
Volontär für die Organisatoren arbeitete.
Die Norweger, die heute in die Heimat aufbrechen, bewanderten unter
anderem den Inselsberg, rodelten die
Sommerrodelbahn
herunter,
planschten im Inselbergbad oder begutachteten die Inselbergschanze.
„Abends haben sie sich dann mit den
Kids von unserem Verein in der
Schule getroffen und sich ausgetauscht“, erzählt Peter. Und auch das
Training kam nicht zu kurz: Im Oberhofer Skitunnel und auf der Skirollerstrecke in der DKB-Ski-Arena legten
die Biathleten kurze Einheiten ein.
Am Mittwoch kam es dabei zu einer ungewöhnlichen Begegnung.
„Im Skitunnel trainierte gerade die
norwegische
Langlaufnationalmannschaft“, berichtet Steven Peter.
Mit dabei Superstar Petter Northug.
„Die waren total entspannt“, sagt Peter. Anschließend trafen die Nachwuchs-Biathleten ihre berühmten
Landsleute in deren Hotel zum
Plausch.
„Petter Northug ist ein richtig cooler Typ“, sagt Steven Peter. „Eines der
größten norwegischen Idole“, ergänzt Lillian Grønhovd. Doch auch
wenn die Norweger den Oberhofer
Skitunnel oder die Bratwurst schätzen gelernt haben, eines ändert sich
bestimmt nicht. „Der größte Star in
Norwegen aber ist Ole Einar“, sagt
Lillian Grønhovd und grinst.