kollegiale leitung - Evangelische Kirche Spandau

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kollegiale leitung - Evangelische Kirche Spandau
1971 ̵ 2011
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40 JAHRE
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Kommen Sie und lernen Sie uns kennen!
Evangelische
Kirche in Spandau
Jüdenstraße 37 · 13597 Berlin
Telefon: 030/322 944 300
E-Mail: [email protected]
www.kirchenkreis-spandau.de
1971 - 2011 40 Jahre
Kollegiale Leitung
im Kirchenkreis Spandau
Es sind mancherlei Gaben;
aber es ist ein Geist. (1. Ko. 12)
Redaktion: Gerlinde Schnell-Fechner, Horst Skoppeck,
Klaus Wiesinger, Christine Pohl
Herausgegeben vom Kollegium des Evangelischen
Kirchenkreises Spandau
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GRUSSWORT - Bischof Dr. Markus Dröge
VORWORT - Christine Pohl
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1. LEITUNG IM KIRCHENKREIS SPANDAU
a) Struktur und Arbeitsweise - Gerlinde Schnell-Fechner
b) Die Mitglieder des Kollegiums stellen sich vor
Dietrich Berndt
Karsten Dierks
Marion Götz
Christine Pohl
Brigitte Schirrmacher
c) Das Kollegium - was uns leitet, was uns trägt
d) Leitungsziele und Leitungsinstrumente
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2. WIE DAS KOLLEGIUM ENTSTANDEN IST
a) Kurze Geschichte des Spandauer Kollegiums - Christine Pohl
b) Die Anfänge des Spandauer Kollegiums im Kontext der Kirchenreform
Klaus Wiesinger
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3. LAIEN IM KOLLEGIUM
a) Gemeinsame Leitung - Klaus Wiesinger
b) Erfahrungen ehemaliger Laienmitglieder - Horst Skoppeck
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4. DIE ZUKUNFT DER KOLLEGIALEN LEITUNG IN SPANDAU
a) Kriterien für die Suche nach neuen Kollegialen
b) Einführung in die Tätigkeiten des Kollegiums
c) Begleitende Beratung und Unterstützung
im Laufe der Kollegiumstätigkeit
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5. PLÄDOYER FÜR EINE ZUKUNFT DES KOLLEGIUMS - Christine Pohl
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ANHANG
1. Dokumentation über die „Richtlinien für das Superintendentenamt“
von 1971, konkretisiert am sog. „Rathenower Modell“
2. Rechtsverordnung von 1980
3. Leitungsstrukturgesetz von 2000
4. Satzung des Kirchenkreises Spandau über die Kollegiale Leitung
5. Theologische Leitsätze von 1985
6. Liste der Kollegialen
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Grußwort
"Im Kirchenkreis Spandau werden die Aufgaben der Superintendentin oder des Superintendenten
einem Kollegium übertragen." So nüchtern beschreibt die Satzung des Kirchenkreises Spandau
die Kollegiale Leitung. Eingeführt wurde sie als ein kirchenreformerisches Projekt, das Spandau
von anderen Kirchenkreisen der Landeskirche unterscheidet.
Ausgehend vom biblischen Grundsatz des "Priestertums aller Gläubigen" und der Überzeugung,
dass die Vielfalt menschlicher Gaben und Professionen in die Leitung eines Kirchenkreises einfließen sollte, hat sich die Kreissynode zu diesem Schritt entschieden. Seit nunmehr 40 Jahren leitet
ein Kollegium, bestehend aus Pfarrer(-innen) und Laien, gemeinsam mit dem Kreiskirchenrat den
Kirchenkreis Spandau.
Das Spandauer Modell knüpft an die guten Erfahrungen mit kollegialen Leitungsformen in der Zeit
der Bekennenden Kirche an. Insofern ist hier ein Traditionsstrom vorhanden, der den denkbaren
Missbrauch von Führungsstärke oder „Leadership“ erinnert. Bonhoeffers Warnung, dass aus einem Führer sehr leicht ein Verführer werden könne, klingt im Kirchenkreis Spandau in besonderer
Weise nach.
Gerade weil die meisten Kirchenkreise in der Landeskirche an dem gängigen Leitungsmodell mit
Superintendentenamt und Kreiskirchenrat festhalten, verdient der vom Kirchenkreis Spandau vor
40 Jahren eingeschlagene Weg eine besondere Würdigung. Der kleinen Festschrift, die zu diesem
Anlass herausgegeben wird, wünsche ich einen interessierten Leserkreis.
Dr. Markus Dröge
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VORWORT
Am 16. Oktober 1971 diskutierte die Kreissynode Spandau den von einer Sprechergruppe vorgelegten Vorschlag für eine Regelung der Nachfolge im Superintendentenamt im Kirchenkreis Spandau. Sie entschied mit 83 Stimmen (bei 9 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen), mit der Kirchenleitung über die Einsetzung eines Kollegiums zu verhandeln.
Diskussion, Abstimmung, Verhandlung – auch nach 40 Jahren kollegialer Leitung ist diese Grundstruktur der Leitungsarbeit erhalten geblieben. An jedem Mittwoch trifft sich das Kollegium am runden Tisch, um über Vorgänge in Gemeinden, Kirchenkreis und Landeskirche zu informieren, zu
beraten und die nächsten Schritte zu verabreden. Die oder der Zuständige erledigt die Aufgaben
und trägt damit die Verantwortung.
Zwölf Kollegien haben im Team, bestehend aus Ehrenamtlichen verschiedener Berufe und Pfarrerinnen und Pfarrern, den Kirchenkreis geleitet. Eine Zeit lang ging damit Spandau vorbildlich anderen Kirchenkreisen im Bereich der Regionalsynode Berlin-West voran. Leitungsentscheidungen
wurden transparent gemacht, eine herrschaftsfreie Kommunikation gefördert. Damit wurde der
Geist der Barmer Theologischen Erklärung in die Reform der Kirche eingebracht und in die Praxis
umgesetzt.
Dem Spandauer Experiment folgten andere Kirchenkreise, indem sie Teamarbeit entwickelten und
ein vertrauensvolles Gespräch nach innen und außen förderten. Vieles aus diesen Anfangsjahren
ist in die Gestalt unserer Kirche eingegangen und hat Früchte getragen.
Das Kollegium hat sich in diesen Jahren weiter entwickelt. Es ist kleiner und in seinen Zuständigkeiten klarer geworden. Es arbeitet im Auftrag des Kreiskirchenrates und hat doch ein eigenes
Gewicht, weil es u. a. die Konvente leitet und die Dienstaufsicht über alle Mitarbeitenden im Kirchenkreis und über die Pfarrerinnen und Pfarrer wahrnimmt.
Ein Rückblick auf 40 Jahre kollegiale Leitung in Spandau dient der Vergewisserung, mit welchen
theologischen Anliegen das Kollegium verbunden war und woran es sich misst.
Für die zukünftige Arbeit des Kollegiums wurde geprüft, welche theologischen Grundsätze gegenwärtig gelten und welche Leitungsinstrumente zur Umsetzung der Ziele dienen.
Der Blick auf die Geschichte des Kollegiums dient nicht der ehrfürchtigen Bewahrung überkommener Traditionen, sondern der Entscheidung, ob sich der Kraftaufwand für eine weitere Kollegiumsarbeit lohnt.
Am Ende steht die Erkenntnis: Für den Kirchenkreis Spandau ist das Kollegium eine gute und segensreiche Leitungsform. Es lohnt sich, die geschwisterliche Leitung weiterzuentwickeln. Allen, die
neu in den Kirchenkreis kommen, möge diese kleine Schrift helfen, den Ursprung und die Ent4
wicklung des Kollegiums zu verstehen und es kritisch – in der Spur gemeinsamen Lernens – zu
begleiten.
An der Broschüre haben mitgearbeitet die ehemaligen Kollegiumsmitglieder Pfarrerin Gerlinde
Schnell-Fechner, Horst Skoppeck, Pfarrer i. R. Klaus Wiesinger und Pfarrerin Christine Pohl. Nils
Lengler, Horst Skoppeck und Knut Kurtz danken wir herzlich für das Layout und den Druck.
Dem nächsten Kollegium, das im Frühjahr 2014 zu wählen ist, wünschen wir den Mut, auch weiterhin Veränderungen auf den Weg zu bringen und damit die Teilnahme von Menschen unterschiedlicher Berufe an der Leitung eines Kirchenkreises im Sinne des Reformprozesses zu stärken.
Für das Redaktionsteam
Christine Pohl
Sommer 2011
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1. LEITUNG IM KIRCHENKREIS SPANDAU
a) Struktur und Arbeitsweise
Seit fast 40 Jahren wird der Kirchenkreis Spandau von einem Kollegium, dem ordinierte und nicht
ordinierte Mitglieder angehören, geleitet.
In Artikel 58, Abs.1 der Grundordnung heißt es zur kollegialen Leitungsform:
Die Leitung eines Kirchenkreises kann abweichend von den Bestimmungen über Kreiskirchenrat
und Superintendentin oder Superintendent durch ein Kollegium wahrgenommen werden, wenn die
Kreissynode dies beschließt und die Kirchenleitung zustimmt. ...
Der Grundordnung gemäß wird das Kollegium von der Kreissynode für eine Amtszeit von sechs
Jahren gewählt. Der Wahlturnus entspricht dem des Kreiskirchenrates. Eine Wiederwahl ist möglich. Es hat sich bewährt, dass nicht alle Mitglieder des Kollegiums zur gleichen Zeit ausscheiden,
sondern, ähnlich wie im Gemeindekirchenrat, einige Mitglieder im Amt bleiben, um die erworbenen
Leitungskompetenzen weiterzugeben.
Die Aufgaben des Kollegiums entsprechen denen des Superintendenten/der Superintendentin, wie
sie in Artikel 53 und 54 der Grundordnung beschrieben sind.
Das Kollegium besteht derzeit aus fünf Mitgliedern. Davon kommen drei aus weltlichen Berufen
und zwei aus dem Pfarramt.
Die Pfarrerinnen und Pfarrer sind mit 50 % Dienstumfang für die Leitungstätigkeit freigestellt. Die
Gemeinden können dafür eine auf sechs Jahre befristete 50 %-Stelle besetzen. Die theologischen
Laien erhalten eine Dienstaufwandsentschädigung.
Zum Beginn der Amtszeit wird ein Geschäftsverteilungsplan erstellt, der in allen Gemeinden und
Arbeitsbereichen sowie in der Landeskirche vorliegt. Darin ist für alle Gemeinden, kreiskirchlichen
Arbeitsfelder und öffentlichen Aufgaben festgelegt, welches Mitglied des Kollegiums erst- bzw.
zweitzuständig ist. Damit wird das beratende Gespräch zwischen den Kollegialen und eine gegenseitige Vertretung gewährleistet. Im Konfliktfall wird damit auch eine Trennung von Dienstaufsicht und Seelsorge ermöglicht.
Das Kirchengesetz über die kollegiale Leitungsstruktur vom 18. November 2000 sieht eine Vorsitzende/einen Vorsitzenden vor, dem oder der bestimmte Aufgaben vorbehalten sind, wie die Mitarbeit im Konvent der Ephorinnen und Ephoren, die Leitung des Pfarrkonvents, die Dienstaufsicht
über die Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Rechenschafts- und Auskunftspflicht gegenüber der
Kirchenleitung und dem Konsistorium. Es steht dem oder der Vorsitzenden frei, bestimmte Aufgaben zu delegieren.
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Das Kollegium trifft sich in der Regel wöchentlich mittwochs von 16:30 bis 18:30 Uhr. Die Tagesordnung folgt einem Fünf-Punkte-Plan:
Gemeinden - Kirchenkreis - Landeskirche - Öffentlichkeit - Interna, Büro.
Sie füllt sich im Laufe der Woche, indem jede/jeder der Kollegialen seine/ihre Vorgänge und Termine notiert. Die eingegangene Post wird zur Kenntnis genommen, Kreiskirchenratssitzungen
werden vorbereitet, die Teilnahme an Terminen im kirchlichen und politischen Leben verteilt und
Entscheidungen beraten.
Seelsorgegespräche bleiben vertraulich und werden nicht ausgetauscht.
Die Sitzungsleitung und das Protokoll werden von den Kollegialen abwechselnd übernommen.
Die Kollegialen arbeiten auf Augenhöhe und verhindern damit, dass es Vorrangstellungen und
Vorsprünge an Informationen gibt.
Ein Mitglied des Kollegiums, zur Zeit ein Laienmitglied, hat den Vorsitz im Kreiskirchenrat inne.
Die Beratungsergebnisse aus Kollegium und Kreiskirchenrat werden, sofern sie nicht der Schweigepflicht unterliegen, im Spandauer Rundbrief sowie im Pfarrkonvent bekannt gegeben.
Die Vorteile der kollegialen Leitung liegen auf der Hand:
Die Mitglieder des Kollegiums kommen aus dem Kirchenkreis und kehren am Ende der Amtszeit in
ihre Arbeitsfelder zurück. Diese Praxis stärkt die Bereitschaft zur Mitarbeit im Kirchenkreis und die
Akzeptanz der Leitung. Das Gegenüber von Gemeinden und Kirchenkreis tritt zugunsten des Miteinanders in den Hintergrund. Der Kirchenkreis Spandau hat auf diesem Wege in den letzten Jahrzehnten eine starke Identität gewonnen und ist in der Lage, solidarisch und kreativ zu handeln.
Eine besondere Rolle spielen Gemeindeglieder, die als theologische Laien dieses Leitungsamt
übernehmen. Sie nehmen eine hohe Arbeitsbelastung auf sich, sind hoch motiviert und sehr lernbereit.
Das Gespräch zwischen den Kollegialen mit unterschiedlichen Berufs- und Lebenserfahrungen ist
anregend, ergänzend und manchmal auch kontrovers. Darin sind auch Pfarrerinnen und Pfarrer
auf gleicher Ebene Lernende und stehen nicht in der Gefahr, in klerikalen Hochmut zu verfallen.
„Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, dass niemand höher von sich halte,
als sich’s gebührt zu halten, sondern dass er von sich mäßig halte, ein jeglicher, wie Gott
ausgeteilt hat das Maß des Glaubens. Denn gleicherweise wie wir an einem Leibe viele Glieder haben, so sind wir viele ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern
Glied und haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist.“ Römer 12, 3-6
Gerlinde Schnell-Fechner
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b) Die Mitglieder des Kollegiums stellen sich vor
Dietrich Berndt
Jahrgang 1930, verheiratet, zwei erwachsene Töchter, vier Enkel.
Studium an der TU Berlin, Fachrichtung Architektur, berufliche Tätigkeit von 1954-1995 als Bauingenieur. Engagement im Ehrenamt
als Elternvertreter und Bezirksverordneter, 1980-2004 im GKR der
heutigen Weinbergkirchengemeinde, seit 1999 Mitglied der Kreissynode und seit 2002 im Kollegium und Vorsitzender des Kreiskirchenrates.
Entscheidend ist das gegenwärtige kollegiale Handeln
Das Kollegium per se wird es nicht geben, sondern immer nur das amtierende Kollegium, geprägt
durch die handelnden Personen mit ihren unterschiedlichen Charakteren. Für das Kollegium von
2002 bis 2008 hat sich die Frage der Existenzberechtigung nie gestellt, es war einfach die selbstverständliche Leitung des Kirchenkreises. Entfacht durch die in der Kirche aufgekommene Diskussion über Leitungshandeln mussten wir viel Zeit und Energie aufwenden, um vor uns selbst und
möglichen Kritikern unsere Handlungsweise zu erklären und zu rechtfertigen.
Gegenseitige Akzeptanz ist wichtig
Leitung kann man eigentlich nicht wirklich durch Fortbildung lernen, sondern nur Techniken, die
dabei helfen können. Wenn der/die Geleitete dem Leitenden nicht ein Minimum an Respekt entgegenbringt und eine gewisse persönliche Autorität akzeptiert, ist wahrscheinlich alle Mühe umsonst.
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Teamarbeit entscheidend über die Qualität des kollegialen Handelns
Eigentlich sind die Aufgaben des Kreiskirchenrates und des Superintendenten in der Grundordnung völlig ausreichend beschrieben und was sind wir letztlich anderes als ein Superintendent als
Team. Sowohl das vorherige als auch das jetzige Kollegium zeichnet sich dadurch aus, dass es
sich in der Tat als Team versteht und deshalb auch fast störungsfrei arbeitet.
Die intensive Begleitung von Gemeindekirchenräten muss in Frage gestellt werden
Manchmal frage ich mich, ob die intensive Betreuung der Gemeindekirchenräte gemessen an den
Möglichkeiten, die ein Superintendent hätte, nicht ein Fehler ist. Gerade bei den Vorbereitungen
für den Visitationsbericht der Luthergemeinde wurde mir deutlich, wie sehr man schon in den Details des Innenlebens der Gemeinde steckt, um den nötigen Abstand zu abstrahieren. Vielleicht
wäre es besser, die Besuche zu beschränken und sich die GKR alleine streiten zu lassen und zu
warten, bis man gerufen wird. Schließlich sind es ja alles erwachsene Leute.
Erst- und Zweitzuständigkeit sollte besser abgegrenzt werden
Ein ähnliches Problem scheint mir manchmal die Erst- und Zweitzuständigkeit. Ich sehe eine gewisse Gefahr, die Beiden gegeneinander auszuspielen. Inzwischen hat das Kollegium durch eine
Neuordnung der Zuständigkeiten den Versuch unternommen, dieser Gefahr zu begegnen.
Ein Kollegium bleibt in Spandau die beste Leitungsform
Trotzdem möchte ich auf die Kollegiale Leitung auf keinen Fall verzichten, denn ich halte sie nach
wie vor für die beste Leitungsform.
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Pfarrer Karsten Dierks
Jahrgang 1960, verheiratet, zwei Kinder, Theologiestudium in Berlin, Marburg, Tübingen und Heidelberg. 1992 - 2002 Pfarrer in der Kirchengemeinde
Siemensstadt, seit 2002 Pfarrer in der Kirchengemeinde St. Nikolai, seit 2008 Mitglied des Kollegiums. Interesse an Homiletik, Ökumene, Reformationsgeschichte, Schweden.
Verschiedene Zugänge eröffnen unterschiedliche Blickwinkel
Im Kollegium werden Themen aus verschiedenen Perspektiven miteinander ins Gespräch gebracht. So ergibt sich eine umfassendere Sicht auf eine Gemeinde als allein aus der Sicht einer
Person, z. B. gibt es aus der Sicht der Kita andere Wünsche nach Prioritäten als aus dem Blick der
Gottesdienstgemeinde.
An Konfliktlösungen wird gearbeitet
In Konfliktfällen wird lange nach einvernehmlichen Lösungen gesucht. Eine schwierige Entscheidung muss von Mehreren getragen werden, so dass große Sorgfalt geübt wird.
Vertrauensvoller Umgang ist nötig
Es bedarf eines sehr vertrauensvollen Umgangs miteinander, weil nicht eine/r allein den Zugang
zu einer Gemeinde/Person kontrollieren kann. Durch unterschiedliche Fragestellungen kommen
verschiedene Mitglieder des Kollegiums mit einer Gemeinde in Kontakt (z. B. Baufragen, Kita, allgemeine Dienstaufsicht). Dabei ist es notwendig, dass die Gesprächsprozesse kollegiumsintern
transparent sind.
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Ein gemeinsames Verständnis zu finden, dauert lange
Es dauert lange, bis es im Kollegium zu einem gemeinsamen Verständnis von den Aufgaben und
Prioritäten gekommen ist, in unserem Fall fast zwei Jahre.
Die Arbeit an der Zukunft des Kirchenkreises ist wichtig
Wichtig wäre die prospektive Arbeit im Kollegium, die Zukunftsplanung, die sich in einem neuen
Sollstellenplan verdichtet, aber sich nicht darauf beschränkt. Es bleibt wenig Zeit für strategische
Überlegungen, Brainstorming und Einbindung von Dritten in die Perspektivarbeit.
Es kommt auf die Gesprächskultur im Kollegium an
Die interne Gesprächskultur im Kollegium muss sehr diszipliniert sein, sonst verliert sich das Gespräch in Anekdoten. Es braucht eine offene, transparente, verletzungsfreie und wertschätzende
interne Kritikkultur. Die internen Tabus im Kollegium gefährden sonst die Zusammenarbeit. Wir
brauchen eine Qualitätssicherung: wie lange Zeit nehmen wir uns für welche Prozesse, wann hat
das Kollegium eine verlässliche Antwort, wie schnell reagiert das Kollegium?
Das Kollegium ist tragfähig
Ich erlebe mich in meinem Leitungshandeln von den Kollegialen geschwisterlich getragen.
Die Unterscheidung von Seelsorge und Dienstaufsicht ist eine ständige Herausforderung
Immer wieder steht das Kollegium vor dem Problem, dass sich dienstaufsichtliche und seelsorgerliche Aspekte in Konflikten mischen. Es ist dann eine große Herausforderung, Prozesse transparent und sensibel zu gestalten.
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Marion Götz
Jahrgang 1959, verheiratet, zwei erwachsene Kinder, Bankkauffrau, zu Beginn der Kollegiumstätigkeit seit 16 Jahren im
Gemeindekirchenrat zu Staaken ehrenamtlich tätig, davon
sechs Jahre GKR-Vorsitz. Meinen Beruf übe ich stundenweise aus.
Der Blick für den Kirchenkreis wird geweitet
Seitdem ich im Leitungskollegium des Kirchenkreises bin, lerne ich Kirche aus einer anderen Perspektive kennen. Der Blick von außen in Gemeinden ist für mich lehrreich, weil er alle Bereiche
betrifft und nicht nur meine bisherigen Arbeitsfelder. Evangelische Kirche in Spandau als eine Gemeinschaft zu begreifen, ist eine neue Erfahrung. Auch die Landeskirche und ihre Gremien rücken
in den Fokus. Die eigene Gemeinde nehme ich jetzt differenzierter wahr.
Die Verbundenheit mit den Ortsgemeinden bleibt erhalten
Als gut empfinde ich die weiterhin bestehende Bodenhaftung durch die Zugehörigkeit zu einer
Ortsgemeinde. Diese profitiert von Denkanstößen und Informationen, die ansonsten vielleicht nicht
gehört worden wären. Manchmal ist dies allerdings auch schwierig und führt zu inneren Konflikten.
Die Einarbeitung braucht mehr Sorgfalt
Die Einarbeitung war für mich nicht immer einfach, da Vorgänge, die anderen selbstverständlich
waren (z. B. Dienstwege, Zuständigkeiten), mir überhaupt nicht geläufig waren.
Ich habe gelernt, dass Absprachen sehr konkret sein und Zuordnungen gut kommuniziert werden
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müssen. Das Einhalten dieser Regelungen ist zwingend, da es sonst leicht zu Missverständnissen
und Verzögerungen kommt. Eine gemeinsame Klausur zu Beginn des kollegialen Miteinanders halte ich für empfehlenswert.
Klare Ziele und Absprachen sind nötig
Die Vorstellungen über die Aufgaben im jeweiligen Arbeitsgebiet sind oft sehr unterschiedlich.
Konkrete Absprachen sind auch hier zwingend.
Besonders schätzen gelernt habe ich hier, dass die Möglichkeiten des Austausches, der Reflektion
und Überprüfung der eigenen Meinung möglich ist, insbesondere auch in / zu diffizilen personellen
Situationen / Fragen. Wie leicht verfängt man sich in einem Gedankengang oder verfolgt einen
weniger geeigneten Lösungsweg.
Das Gespräch mit den Pfarrerinnen und Pfarrern ist eine Herausforderung
Die Akzeptanz der Laien durch die Pfarrerinnen und Pfarrer ist sehr unterschiedlich. In manchen
Fällen suchen sie doch lieber das Gespräch mit den ordinierten Kollegialen.
Das Kollegium erleichtert es, Ziele zu erreichen
Das Miteinander im Kollegium erleichtert das „Brainstorming“. Im Team können wir Gedanken und
Ideen austauschen, bevor es an die Umsetzung geht. Gutes wird gestärkt, Bedenken werden ausgesprochen und berücksichtigt, unmögliche Vorhaben werden zurückgestellt.
Fazit
Die kollegiale Leitung hat nicht nur Vorteile. Entscheidungswege dauern in der Regel länger, es
gibt nicht das eine bekannte Gesicht in der Öffentlichkeit, den einen Ansprechpartner. Entscheidungsträger können untereinander ausgespielt werden. Ich bin aber überzeugt, dass es eine Aufgabe der Kirche ist, sich im Miteinander zu üben – auch auf Leitungsebene. Feedbackkultur und
Kritikfähigkeit werden in dieser Leitungsform weiter entwickelt. Das gemeinsame Lernen und die
Multiplikation in den Kirchenkreis hinein stehen im Vordergrund. In der heutigen Situation – immer
schneller, immer mehr, immer professioneller – ist es nicht leicht, Menschen zu finden, die diese
Leitungsaufgabe ausüben können und wollen. Vielleicht entsteht irgendwann durch kreatives Denken ein neues Leitungsmodell. Derzeit ist es eine gute Alternative zum Leitungsamt, das von einer
Person wahrgenommen wird. Ich halte ein Kollegium für die derzeit beste Form der Leitung.
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Pfarrerin Christine Pohl
Jahrgang 1955, verheiratet, zwei erwachsene
Söhne, Theologiestudium an der Ernst-MoritzArndt-Universität Greifswald und an der Humboldt-Universität Berlin. Seit 1987 Pfarrerin in der
Gemeinde Siemensstadt, seit 2002 Mitglied des
Kollegiums. Interesse an Seelsorge, Ökumene,
Kirchenraumpädagogik, Feministischer Theologie.
Eine gute Einarbeitung in das Kollegium ist wichtig
Die für die Kollegiumsarbeit benötigten guten Kenntnisse in Organisationsstrukturen und Leitungshandeln standen mir am Beginn nicht zur Verfügung. Ich musste Erfahrungen mit Gemeinden, Kolleg/innen und Mitarbeiter/innen im Kirchenkreis sammeln. Fortbildungen in Öffentlichkeitsarbeit,
Personalentwicklung und Leitungshandeln halfen mir, meine Arbeit zu gewichten, zu verändern
und zu reflektieren.
Impulse kommen an
Im Kirchenkreis ist es mir möglich, Prozesse anzustoßen, z. B. die Einrichtung einer Stelle für Öffentlichkeitsarbeit, die Erneuerung der Visitationspraxis und der Orientierungsgespräche, die Entwicklung von Standards für die Zusammenarbeit von Arbeitsstelle für Religionsunterricht und
Kreiskirchenrat, die Weiterentwicklung der Kollegiumsarbeit. Durch eine intensive Visitationspraxis
wuchs meine Kompetenz, für die Gemeinden und den Kirchenkreis Perspektiven zu denken und
Ziele zu entwickeln. Die Einbeziehung von Kreiskirchenratsmitgliedern in das Gespräch über Visitationserfahrungen war ein wichtiger Schritt, mit dem Kreiskirchenrat zu überlegen, welches Bild
von Kirche und Gemeinde uns bestimmt und in welche Richtung wir uns entwickeln wollen.
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Unterstützung und Korrektur am runden Tisch ist wichtig
In die Bewältigung schwieriger Konfliktsituationen bin ich hineingewachsen. Dabei von einem/einer
Zweitzuständigen begleitet und unterstützt zu werden, ist mir wichtig. Der Austausch hilft, die eigene Rolle zu reflektieren, nicht zu resignieren, neue Gedanken zu entwickeln.
Vielfalt ist reizvoll
Das Kollegium ist immer in Bewegung. Ich entdecke und übernehme neue Arbeitsfelder. Diese
Vielfalt von Erfahrungen und der Zuwachs an Lernfeldern sind reizvoll und geben mir Entwicklungsmöglichkeiten, die über das Gemeindepfarramt hinausgehen.
Auseinandersetzung mit ordinierten und nicht ordinierten Kollegialen weitet den Blick
Gleichberechtigt mit Kollegialen aus anderen Berufen zusammenzuarbeiten, ist eine besondere
Erfahrung und eine besondere Herausforderung. Ich erlebe es als ein Geben und Nehmen auf
verschiedenen Ebenen. Ich habe großen Respekt vor der umfangreichen Arbeit, die ehrenamtlich
in dieser Funktion geleistet wird. Diese Zusammenarbeit gibt mir die Chance, neben dem Kollegium meiner Gemeinde verbunden zu bleiben und dort Prozesse mit zu gestalten, neue Arbeitsformen auszuprobieren, Zeit für Fortbildungen und landeskirchliche Aufgaben wahrzunehmen. Ich
bin dankbar, dass Kollegiale ihre Stärken und Fähigkeiten einbringen, die ich nicht aufbringe. Ich
erlebe mich auch als Weitergebende, bezogen auf theologisch-liturgische Kenntnisse, ekklesiologische Überlegungen, Berufserfahrungen im Pfarramt, Eingebundene in die Landeskirche.
Kritische Selbstreflexion ist möglich
Neben den erweiterten Möglichkeiten der Kommunikation mit Gemeinden und Mitarbeitenden und
den Vorteilen der Teamarbeit halte ich die Souveränität eines Kollegiums, die eigene Leitungstätigkeit uneitel und selbstbewusst zu reflektieren, für eine große Stärke und einen Vorzug. Das
Kollegium muss nicht unangefochten leiten und fehlerfrei handeln. Es hört auf die Kritik, es bildet
sich fort, entwickelt sich. Es handelt eindeutig und entschlossen, aber es bleibt in Bewegung. Ermüdung führt nicht zu Abgrenzung und Verteidigung, sondern zum Wechsel in den Positionen.
Eine/r kann für eine Zeit lang neue Kraft schöpfen, nachdenken, familiäre Pflichten ernst nehmen
und dann wieder die Spur aufnehmen. Er/sie weiß sich dann getragen, vertreten und zurückerwartet im Kollegium.
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Brigitte Schirrmacher
Jahrgang 1939, verwitwete Pfarrfrau, einen Sohn, einen Pflegesohn. Ausbildung: Gemeindehelferin, Katechetin, Verwaltung,
Krankenhausseelsorgerin mit pastoralen Diensten. Von 1992 bis
zur Rente 2001 im Kirchenkreis Spandau als Krankenhausseelsorgerin und Katechetin tätig.
Seit 2002 Mitglied im Kollegium.
Mitgebrachte Erfahrungen und Lernprozesse
Meine Erfahrungen aus der Arbeit mit Kindern in Schulen und verschiedenen Gemeinden, u. a.
Aufbau von Strukturen und Organisation für Kinderbibelwochen und Kinderbibeltage, Durchführung
von großen Zeltlagern, Konfirmanden- und Jugendreisen, Ausbildung von Ehrenamtlichen für viele
Arbeitsbereiche in der Gemeinde haben mich ermutigt, die Anforderung der Kollegiumsarbeit anzunehmen. Trotzdem hat es mindestens zwei Jahre gedauert, Leitungshandeln im Kirchenkreis in
einem gemeinsamen Prozess zu erlernen.
Das Gespräch am runden Tisch
Bei der Vielfalt von Aufgaben schätze ich sehr, dass es am runden Tisch das Gespräch gibt, um
Probleme zu analysieren, genau nachzudenken, welche Schritte gegangen werden müssen. Ich
bin mir der Unterstützung der Mitkollegialen bewusst und fühle mich ermutigt, auch schwierige
Gespräche zu führen und nötige Prozesse einzuleiten. Auslernen werde ich nie und bin dankbar,
dass wir an Fortbildungen teilnehmen, um Neues zu lernen und in den Arbeitsalltag zu übernehmen. Besonders konzentriere ich mich auf die Arbeit mit Frauen, z. B. in ökumenischen Begegnungen mit Frauen in Polen und in der Vorbereitung und Durchführung von jährlichen Werkstätten
zum Weltgebetstag.
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Die eingesetzte Zeit lohnt sich
Unsere Spandauer Leitungsform erlebe ich als ein gutes Instrument, alle Menschen Spandaus im
Blick zu haben. Die Vielfalt der Sicht auf die Gemeinden, Arbeitszweige, einzelne Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen – seien sie hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig – erlaubt multiple Lösungsmöglichkeiten zu erörtern und auch zu finden. Auch wenn es manchmal länger dauert, Vorgänge in
Bewegung und ans Ende zu bringen, das kollegiale Miteinander bewährt sich.
Zukunft
Wichtig bleibt, dass das Kollegium auf Zeit gewählt wird, damit immer wieder neue Ideen, Arbeitsansätze und -gebiete in den Fokus genommen werden. Das Kollegium sollte nicht alle sechs Jahre
komplett ausgetauscht werden, damit es einen fließenden Übergang, die Weitergabe von Informationen, Erfahrungen und wichtigen Themen gibt.
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c) Das Kollegium – was uns leitet, was uns trägt
Aus unterschiedlichen Berufen, Lebenserfahrungen und kirchlichen Ämtern wurden wir als Mitglieder des Leitungsgremiums gewählt, den Kirchenkreis Spandau geistlich und organisatorisch zu
leiten.
Nach fast zwei Jahren der neuen Zusammensetzung haben wir uns darüber verständigt, was unsere Leitungsziele hinsichtlich unserer geistlichen „Heimat“, unserer biblisch-christlichen Grundlage, sind.
Wir lassen uns leiten vom biblischen Menschenbild und von der Gnadenzusage durch Jesus Christus.
I. Die Grundlage
Da schuf Gott Adam, die Menschen, als göttliches Bild, als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich und weiblich hat er, hat sie, hat Gott sie geschaffen. Dann segnete Gott sie,
indem Gott zu ihnen sprach: Seid fruchtbar, vermehrt euch, füllt die Erde und bemächtigt
euch ihrer. (1 Mo 1,27f.)
Aus der Zusage der Gott-Ebenbildlichkeit der Menschen und dem geschenkten Segen leiten wir
unsere Aufgabe ab, allen Menschen, für deren Arbeit und christliche Existenz wir eine gemeinsame Verantwortung tragen, mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Wo die Würde von
Menschen verletzt wird, sind wir beauftragt, dies mutig zu benennen.
Wir nehmen wahr, dass in den Gemeinden Gottes Segen wirksam ist. Ihre Mühe um heranwachsende, suchende, hilfebedürftige, alte, trauernde Menschen trägt vielfältige Früchte.
Sie setzen Zeichen gegen Unrecht, Gewalt und Menschenverachtung. Dieses Bekenntnis wird in
der Öffentlichkeit wahrgenommen und geschätzt.
Wir wollen dazu beitragen, dass die Gemeinden für sich und ihren Auftrag auch weiterhin ein Dach
über dem Kopf haben, Mitarbeitende gewinnen, fördern und sinnvoll einsetzen können, in allen
grundlegenden Fragen gut beraten sind und sich mit anderen Gemeinden und Kirchen in der
Ökumene verbunden wissen.
Lass dir an meiner Gnade genügen. Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. (2. Ko 12,9)
Aus dieser Zusage leiten wir die Aufgabe ab, uns selbst und die Menschen im Kirchenkreis als
Begnadigte und Begnadete anzusehen. Wir stehen im Licht der Gnade Gottes und erwarten, dass
am Ende ER seine Kirche mit uns baut – und alle Konzepte, Standards, Regelungen und Verabredungen nur Hilfsmittel der Gnade sind.
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Wir nehmen Stärken und Schwächen in Menschen, Gemeinden und Strukturen des Kirchenkreises
wahr. Wir sehen, dass die Stärken Schatten der Schwächen sind und umgekehrt.
Wir wollen dazu beitragen, dass Schwache und Starke sich gegenseitig ermutigen. Stärken und
Schwächen sollen ohne Angst transparent werden können in einer Kultur der Wertschätzung,
Klarheit und Offenheit.
II. Der Auftrag
Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. (1. Ko 13)
Gott sprach: Licht soll aus der Dunkelheit aufstrahlen, und Gott hat ein helles Strahlen in
unsre Herzen gegeben, so dass wir das Leuchten der Gegenwart Gottes im Angesichte des
Messias erkennen. (2. Ko 4,6)
Aus der Zusage, im Angesicht des Messias die leuchtende Gegenwart Gottes zu erkennen, leiten
wir unsere Aufgabe ab, in der Nachfolge Jesu die Liebe Gottes den Menschen nahezubringen.
Wir erleben, dass in den Gemeinden und Einrichtungen des Kirchenkreises viele Menschen verschiedener Generationen auf der Suche nach einer Begegnung mit Gottes Liebe sind. Sie warten
darauf, mit ihren Stärken gesehen und mit ihren Schwächen, Defiziten und Fehlern angenommen,
getröstet und gestärkt zu werden.
Wir wollen dazu beitragen, dass Mitarbeitende in ihrem religions-pädagogischen und theologischen Handeln und in ihrem diakonischen und seelsorgerlichen Tun ein gutes Werkzeug bekommen, ermutigt, unterstützt und begleitet werden. Dabei liegt uns die Förderung einer situationsgemäßen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen besonders am Herzen.
Ihr seid das Licht der Welt. (Mt 5,12)
Aus dieser Verheißung leiten wir die Aufgabe ab, die vielfältigen Aktivitäten der Gemeinden und
des Kirchenkreises bekannt zu machen. Wir haben einen Auftrag, der über die Gemeinden hinausgeht und uns dazu verpflichtet, immer wieder neu zu überlegen, wie wir Menschen außerhalb
der (Kern-) gemeinden erreichen.
Wir nehmen wahr, dass sich Gemeinden an vielen Stellen den Nöten und Sorgen ihres Kiezes
öffnen.
Wir wollen dazu beitragen, dass der Blick über die Grenzen der Gemeinden und des Kirchenkreises hinaus immer wieder neu eingeübt wird.
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III. Das Leben in der Kirche
Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist. (1. Ko 12)
Aus diesem biblischen Bild leiten wir unsere Aufgabe ab, die Zusammenarbeit in und zwischen
den Spandauer Gemeinden und kreiskirchlichen Arbeitsbereichen zu fördern.
Wir nehmen viele Gaben und großes Engagement bei den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden sowie bei den Pfarrerinnen und Pfarrern wahr.
Wir wollen dazu beitragen, dass die Freude an gemeinsamen, fantasievollen Projekten, die sich
(auch) an gemeindeferne Menschen richten, wächst, die Unterschiedlichkeit der Begabungen als
Bereicherung und nicht als Konkurrenz empfunden wird, vorhandene personelle und finanzielle
Ressourcen sinnvoll geteilt werden und im Miteinander eine Kultur gegenseitiger stärkender Begleitung und ermutigender Kritik wächst.
Es liegt uns daran, auch die Vernetzung mit nicht-kirchlichen Initiativen zu stärken.
IV. Ermutigung
Danket dem Herrn, denn seine Güte währet ewiglich. (Ps 106,1)
Danken macht die Herzen weit, dies hilft, in vielen kleinen Erfahrungen Gott und seine Größe zu
erspüren. So kommt uns Gott nahe. Zum Danken, zum Erkennen von Gottes Güte und dem, was
uns gelungen ist, wollen wir ermuntern und es immer wieder gemeinsam üben.
Wir nehmen wahr, wie schwer es fällt, Nichtgelungenes und Fehlerhaftes anzunehmen und gemeinsam daraus für die Zukunft zu lernen. Weil Gottes Güte ewiglich währt, wird uns die Chance
geschenkt, immer wieder neu anzufangen und Neues zu wagen.
Daher wollen wir zu neuen Versuchen ermutigen, wenn etwas nicht geglückt ist.
Wir unterstützen das Bemühen, den Blick nicht auf Vergangenes, sondern auf Zukünftiges zu richten, auch wenn Verletzungen dies erschweren.
Vor dir ist Freude die Fülle. (Ps 16,11)
Aus dem biblischen Wort leiten wir die Aufgabe ab, in den Niederungen des Alltags und den Mühen der Ebene die Verheißung Gottes für sein Volk immer wieder in Erinnerung zu rufen.
Wir nehmen wahr, dass Mitarbeitende in den Gemeinden und im Kirchenkreis z. T. überlastet sind
und eine Fülle von notwendigen Aufgaben abarbeiten müssen.
Wir wollen dazu beitragen, dass die Mitarbeit in den Gemeinden und im Kirchenkreis als Dienst an
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der Freude und mit Begeisterung geschehen kann.
Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn,
meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat. (Ps 103)
Alles, was wir tun, tun wir im Namen Gottes und in Dankbarkeit für seine Barmherzigkeit. Daraus
gewinnen wir die Kraft, nicht zu verurteilen, sondern geduldig nach Lösungen zu suchen. Das
Streben nach selbst erworbener Gerechtigkeit lässt Vergebung kaum zu. Das Schwierige, Misslungene bekäme die Oberhand, so dass die guten Ansätze, Bemühungen, die kleinen Erfolge nicht
mehr gesehen werden.
Wir nehmen wahr, dass zahlreiche Meinungsverschiedenheiten, Interessengegensätze und ungelöste Konflikte das gemeinsame Arbeiten erschweren. Der Ruf nach Gerechtigkeit und Autorität
des Leitungsamtes ist dann besonders groß.
Wir wollen durch Gespräche, Besuche und sorgfältige Wahrnehmung aller Beteiligten dazu beitragen, dass gegenseitige Achtung und einfühlsames Verständnis an die Stelle von Rechthaberei
treten. Wir sehen unsere Aufgabe in der Förderung einer konfliktlösenden Gesprächskultur.
Unsere Bemühungen brauchen die Gnade Gottes.
Im Februar 2010
Dietrich Berndt
Karsten Dierks
Marion Götz
Christine Pohl
Brigitte Schirrmacher
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d) Leitungsziele und Leitungsinstrumente des Kollegiums
Mitarbeitende im Kirchenkreis, Mitglieder der Kreissynode, Pfarrerinnen und Pfarrer und die Kirchenleitung fragen nach einem deutlichen und reflektierten Leitungshandeln im Kirchenkreis
Spandau. Die daraus entstehende Kommunikation über das Leitungshandeln ist ein Zeichen für
die Qualität der Arbeit.
Im Perspektivpapier der EKBO wird dies begründet: Verlässliche Kommunikation gewährleistet
Transparenz der Entscheidungsprozesse und ermöglicht Vertrauen in Führungspersonen. (Salz
der Erde, S. 93)
Das Gespräch über Ziele und Formen von Leitung entspricht der fast 40-jährigen Tradition von
kollegialer Leitung im Kirchenkreis Spandau.
1. Die Zusammenarbeit im Kirchenkreis wächst
Leitungsziel: Die Freude an gelingenden, fantasievollen, gemeindeübergreifenden Projekten
nimmt zu. Von haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden werden sie als Bereicherung empfunden
und weiterentwickelt. Mitarbeitenden im Verkündigungsdienst kommt dabei eine besondere geistliche Verantwortung zu, indem sie Projekte initiieren, unterstützen und begleiten.
Leitungsinstrumente: Das Kollegium initiiert und moderiert Gespräche zwischen Gemeindekirchenräten und Haupt- und Ehrenamtlichen, sorgt für Vereinbarungen zu Stellenausschreibungen,
Arbeitsschwerpunkten und Vertretungsregelungen. Dadurch fördert es auch die regionale Zusammenarbeit.
Fusionierte Gemeinden werden besonders vom Kollegium begleitet und durch Supervision, Fortbildungen und Besuche unterstützt.
Eine wichtige Grundlage für die Begleitung von Gemeinden und Arbeitsbereichen sind Visitationen, die von Kreiskirchenrat und Kollegium durchgeführt werden. Für die Visitationen im Kirchenkreis Spandau hat das Kollegium Leitlinien entwickelt und im Kreiskirchenrat einen Visitationsplan
bis 2014 aufgestellt. Mit besonderer Sorgfalt werden Visitationsberichte und Zielvereinbarungen
erarbeitet, die den Visitierten aufzeigen, an welchen Fragen dringend gearbeitet werden muss,
aber auch welche großen Stärken vorhanden sind. An den Zielstellungen und Vereinbarungen wird
auch nach abgeschlossener Visitation weitergearbeitet.
Konvente werden durch die zuständigen Kollegialen ermutigt, gemeinsame Projekte zu planen
und umzusetzen. Sie werden dabei gut begleitet, u. a. von der Gemeindeberatung und von
dem/der Zuständigen des Kollegiums.
Der vom Kollegium geförderte Umzug kreiskirchlicher Arbeitsstellen in die Spandauer Altstadt
verkürzt die Wege der Kommunikation.
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Die vom Kollegium geleiteten Dienstbesprechungen für Mitarbeitende im Kirchenkreis finden
regelmäßig statt und dienen dem Austausch und der gegenseitigen Unterstützung.
An den jährlichen kreiskirchlichen Gottesdiensten, die die Zusammengehörigkeit stärken, beteiligt sich das Kollegium mit theologischen Anregungen und organisatorischer Beratung.
Die Entwicklung einer Kirchen-Route durch Spandauer Kirchen, die verlässlich geöffnet sind, wird
als Projekt vom Kollegium in den nächsten Jahren initiiert und gefördert.
2. Entlastung statt Überforderung
Leitungsziel: Gelingende Zusammenarbeit, Schwerpunktsetzung, gegenseitige Unterstützung und
Vernetzung führen zur Konzentration auf verabredete Arbeitsfelder und verringern so die Gefahr
der Überlastung von Haupt- und Ehrenamtlichen.
Leitungsinstrumente: Entsendungsdienstpfarrer und -pfarrerinnen werden – nach Möglichkeit
– in den Kirchenkreis geholt, um Vakanzen zu überbrücken, Zusammenarbeit und Schwerpunktbildung zu fördern.
Die zuständigen Kollegialen begleiten die Entsendungsdienstpfarrer und -pfarrerinnen und laden
ggf. regelmäßig zu Gesprächen im Pfarrteam ein und beraten mit dem Gemeindekirchenrat die
Entwicklung eines Gemeindekonzeptes, in dem der/diejenige neue Ideen und Projekte entwickeln
kann.
Das Kollegium sorgt in Zusammenarbeit mit dem Kreiskirchenrat dafür, dass Personalüberhänge
in den Gemeinden weiterhin aus dem kreiskirchlichen Haushalt finanziert werden, bis ein/e Mitarbeiter/in den Arbeitsplatz verlässt, um eine gute bestehende Arbeit abzusichern und weitere Belastungen zu verhindern.
Die zuständigen Kollegialen begleiten die Arbeit in den kreiskirchlich finanzierten Pfarrstellen
der Krankenhausseelsorge, im Religionsunterricht und der Jugendarbeit im Kirchenkreis sowie die
Mitarbeiterinnenstellen in der Arbeit mit Kindern und in den Kindertagesstätten. Damit helfen sie,
Ressourcen für die Gemeinden zu schaffen und zu erhalten, auf die Verlass ist. Gemeindepfarrer
können sich darauf verlassen, dass ihre Gemeindeglieder im Krankenhaus seelsorgerlich begleitet
werden, ihre Konfirmandinnen Religionsunterricht erhalten und z. B. Jugend- und Kinderreisen
angeboten werden.
Für die seelsorgerliche Betreuung alter Menschen in den Wohn- und Pflegeeinrichtungen im
Kirchenkreis Spandau entwickelt das Kollegium in Zusammenarbeit mit dafür beauftragten Mitarbeiterinnen ein Konzept. Damit soll besonders belasteten Gemeinden geholfen werden.
Eine funktionierende Verwaltung, für die das Kollegium durch Mitgliedschaft im Vorstand des
Kirchenkreisverbandes sorgt, entlastet nicht nur die geschäftsführenden Pfarrer und Pfarrerinnen,
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sondern auch die Gemeindekirchenräte und hauptamtlich Mitarbeitenden.
Die beim Kirchenkreis Spandau liegende Arbeitgeberfunktion für die Mitarbeitenden der Kindertageseinrichtungen entlastet die Gemeinden von Aufgaben der Personal- und Finanzverwaltung. Das Kollegium sorgt in Zusammenarbeit mit der Mitarbeiterin für die Fachberatung der Kindertageseinrichtungen für eine gute Qualität pädagogischer Arbeit und für finanzielle Sicherheit.
3. Die Qualität der Arbeit nimmt zu
Leitungsziel: Zusammenarbeit, Schwerpunktsetzung und Entlastung sind gute Voraussetzungen,
die Qualität von Gemeindearbeit und gemeindeübergreifenden Projekten, Gottesdiensten, von
Unterricht, Seelsorge und Diakonie zu verbessern.
Leitungsinstrumente: Die ordinierten Kollegialen führen im Rhythmus von zwei Jahren mit den
Pfarrerinnen und Pfarrern Orientierungsgespräche, für die Leitlinien und Vorbereitungsbögen –
nach einem Gespräch im Pfarrkonvent – entwickelt wurden.
Stellenbeschreibungen oder Dienstvereinbarungen werden zunehmend entwickelt, um vor
Überlastung zu schützen und dennoch die Qualität der Arbeit und die Zufriedenheit in der Arbeitssituation zu fördern.
Das Kollegium führt nach eigener Fortbildung Gespräche mit Mitarbeitenden, in denen die eigene Arbeit reflektiert und neue Ziele gesetzt werden. Dabei ermuntert es besonders, sich Zeit für
Fortbildungen zu nehmen und die gewonnenen Erkenntnisse und Fähigkeiten umzusetzen. Für
diese Gespräche wurden Leitlinien und Vorbereitungsbögen entwickelt. Die Gespräche werden
von den nicht ordinierten Mitgliedern des Kollegiums entsprechend ihrer Zuständigkeit geführt.
Diese Gespräche sollen auf allen Ebenen fortgesetzt werden.
So wird das Kollegium auch regelmäßige Gespräche mit den Vorsitzenden der Gemeindekirchenräte führen.
Das Kollegium setzt sich dafür ein, dass auch in den Gemeinden mit den Haupt- und Ehrenamtlichen diese Gespräche über Zufriedenheit, Arbeitsbedingungen, gegenseitige Erwartungen und
gesetzte Ziele geführt werden.
In Konfliktsituationen ist die Gefahr besonders groß, dass die Qualität der Arbeit leidet, daher
verwendet das Kollegium besondere Mühe auf die Lösung von Konflikten. Es führt Gespräche, um
alle Beteiligten zu hören und zu verstehen. Es nimmt daher häufig an Sitzungen der Gemeindekirchenräte teil, um bei der Suche nach Klarheit, Kommunikation und Kompromissen zu helfen. Es
fordert auf, Supervision und Beratung in Anspruch zu nehmen. Bei unlösbaren Konflikten geht es
auch den Weg dienstrechtlicher oder anderer Konsequenzen mit den Gemeinden. Das Kollegium
berät sich regelmäßig mit dem Konsistorium.
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4. Sozialdiakonische Angebote erreichen die Betroffenen
Leitungsziel: Sozialdiakonische Angebote erreichen die Betroffenen in ihrer Situation, stärken und
ermutigen sie, ihre Fähigkeiten zu nutzen und ihre Rechte wahrzunehmen. Besondere Aufmerksamkeit bekommen Menschen, die in Spandau von Armut betroffen sind, ebenso auch Kinder
und Jugendliche sowie Menschen mit Migrationshintergrund.
Leitungsinstrumente: Das Kollegium arbeitet mit an Konzepten zur Finanzierung von Projekten
wie HÎNBÛN, Power Girls, Herberge zur Heimat, und bringt diese Arbeit immer wieder in das Bewusstsein der kirchlichen Öffentlichkeit. Der Arbeit des Jugendberatungshauses widmet es eine
besondere Aufmerksamkeit und fördert die Verbindung zum Kirchenkreis und zu den Kirchengemeinden.
Eine Regionale Armutskonferenz für den Sprengel Berlin wurde durch die verschiedenen Gremien langfristig vorbereitet. Anschließend wird eine Dokumentation erstellt. Beispiele guter Praxis
sollen in Spandau aufgenommen und umgesetzt werden.
Das Mehrgenerationenhaus in der Paul-Gerhardt-Gemeinde wird besonders begleitet und gefördert.
Der Umbau des Paul-Schneider-Hauses in der Luthergemeinde zum Stadtteilzentrum wird vom
Kollegium unterstützt.
Die bauliche Verbesserung der Kindertageseinrichtungen wird mit großem Aufwand vorangebracht.
5. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wird vernetzt
Leitungsziel: Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wird im Kirchenkreis auf besondere Weise
gefördert. Da in vielen Gemeinden kein/e hauptamtliche/-r Jugendarbeiter/-in mehr tätig ist, wird an
einem Konzept auf Kirchenkreisebene gearbeitet, das Schule und Gemeinde stärker verbindet und
die Arbeit von Ehrenamtlichen fördert und einbezieht.
Leitungsinstrumente: Mit der Arbeitsstelle für Jugendarbeit entwickelt das Kollegium ein Modell,
wie die Evangelische Kirche in Spandau in der Schule ein Angebot für Jugendliche machen kann.
Das Kollegium stärkt die Arbeit und die Kompetenzen des Kreisjugendpfarrers, dem eine besondere Verantwortung in der Jugendarbeit des Kirchenkreises zukommt.
Das Jugendberatungshaus wurde vom Kollegium durch Mitwirkung an der Ausgestaltung vertraglicher Vereinbarungen und die Suche nach einer guten Stellenbesetzung gefördert.
Das Kollegium strebt an, in den nächsten Jahren mit Hilfe der Kirchenpädagogik den Zugang und
die Nutzung der Kirchen auch für Jugendliche und Kinder zu verstärken.
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6. Toleranz und Respekt gegen Gewalt und Rassismus
Leitungsziel: Gegen jede Form von Intoleranz, Gewalt und Rassismus erhebt der Kirchenkreis
seine Stimme und arbeitet in gesellschaftlichen Initiativen mit, die sich dieser Aufgabe stellen.
Leitungsinstrumente: Die AG Christen und Juden und die Mahnwache gegen Rassismus,
Intoleranz und Gewalt erfahren ebenso wie der „Runde Tisch gegen Gewalt“ weiterhin Unterstützung durch das Kollegium.
Besondere Aufmerksamkeit verwendet das Kollegium auf die Pläne, das Mahnmal für die deportierten und ermordeten Spandauer Juden zu erweitern. Es führt Gespräche mit dem Bezirksamt
und den Künstlern und wird sich für ein Finanzierungskonzept einsetzen.
7. Öffentlichkeitsarbeit erreicht auch kirchenferne Menschen
Leitungsziel: Die Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Spandau fördert die innerkirchliche Kommunikation und wirkt einladend auch auf Menschen, die sich keiner Kerngemeinde zugehörig fühlen oder der Kirche fernstehen.
Leitungsinstrumente: Das Kollegium arbeitet eng mit der Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit
zusammen, deren Arbeit von einem vom Kollegium erarbeiteten Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit und einer Arbeitsplatzbeschreibung bestimmt wird.
Im Rundbrief berichtet das Kollegium regelmäßig von seiner Arbeit und den Beschlüssen und
Projekten des Kreiskirchenrates.
In einer Reihe von Broschüren zum kirchlichen Leben, an denen das Kollegium mitarbeitet,
werden die verschiedenen Zielgruppen angesprochen und zur Teilnahme eingeladen. Dabei soll
der Austausch mit anderen Kirchenkreisen genutzt werden.
In jährlichen Gesprächen mit dem Bezirksamt tauscht das Kollegium Gedanken zur sozialen und
wirtschaftlichen Situation der Menschen im Bezirk aus, stellt die Arbeitsschwerpunkte des Kirchenkreises vor und wirbt um eine gute Zusammenarbeit. Kritische Fragen werden u. a. zur Praxis der
Sozialbestattungen und der Jugendpflege gestellt.
Besonders aufwändig, aber auch außerordentlich öffentlichkeitswirksam sind die Kreiskirchentage, für die das Kollegium die Gesamtverantwortung übernimmt und theologische Anregungen
gibt.
Um die kirchliche Öffentlichkeit über die Kollegiale Leitung im Kirchenkreis Spandau zu informieren und die besonderen Chancen (und Risiken) herauszustellen, legt das Kollegium diese Dokumentation vor, in der Erfahrungen, Einsichten, Auseinandersetzungen und Ausblicke enthalten
sind. Anlass ist die 40-jährige Wiederkehr des Beschlusses der Spandauer Kreissynode vom
16. Oktober 1971, eine kollegiale Leitung zu wagen.
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Zur Arbeitsweise des Kollegiums
Leitungsziele und Leitungsinstrumente brauchen im Spandauer Kollegium das regelmäßige, beratende, entlastende, vertrauensvolle Gespräch. Die dafür aufgewandte Zeit ist damit zu rechtfertigen, dass fünf Menschen ihre verschiedenen Kompetenzen einbringen, sich die Arbeit nach klaren
Regeln teilen und erkennbar eine gemeinsame Linie vertreten.
Berlin-Spandau, 24. November 2010
Das Kollegium
Dietrich Berndt
Karsten Dierks
Marion Götz
Christine Pohl
Brigitte Schirrmacher
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2. WIE DAS KOLLEGIUM ENTSTANDEN IST
a) Kurze Geschichte des Spandauer Kollegiums
Spandauer Superintendenten
Sup. Fritz Augustat
Sup. Martin Albertz
Sup. Martin Schutzka
Sup. Günther Brandt
(1915 - 1931)
(1931 - 1953)
(1954 - 1960)
(1960 - 1971)
Mitte der 50iger Jahre
Der Arbeitskreis der Landeskirche „Missionarische Struktur der Gemeinde“ richtet einen besonderen Blick auf den theologischen Auftrag der Laien beim Gemeindeaufbau.
1954
Gründung des Spandauer Rundbriefes, in dem über Kirchenreform und Leitungsstruktur im Kirchenkreis informiert und diskutiert wird.
1960 – 1971
Sup. Günther Brandt prägt, wie zuvor bereits Martin Albertz, mit seiner Widerstandsgeschichte
gegen Naziherrschaft und Judenverfolgung den Kirchenkreis, 1980 wird er in Yad Vashem ein Gerechter der Völker.
1960 – 1967
Ernst Lange (1927 – 1974) ist Pfarrer in Spandau (1963 – 1965 Prof. an der Kirchlichen Hochschule) und engagiert sich für Laienmitarbeit in der Kirche und ökumenische Weite.
Anfang 1967
Der Kirchenkreis Rathenow erarbeitet ein Konzept der Bruderschaftlichen Leitung. Ausgangspunkt
ist eine Diskussion in der Landeskirche über das Superintendentenamt, bei dem die vielfältigen
auszuübenden Funktionen im Gegenüber zu den begrenzten Möglichkeiten eines Amtsträgers
gesehen wurden. Das Superintendentenamt auf Zeit wird angestrebt und die Konzentration auf die
koordinierende Tätigkeit. Die Teilnahme der Laien an der Leitung eines Kirchenkreises soll gefördert werden. Das Problem der Verbindung zwischen Kirchenkreis und Landeskirche/Konsistorium
wird gesehen.
„Da mit jeder dieser Funktionen Arbeit verbunden ist, sind die Pfarrer eines Kirchenkreises
zufrieden, wenn ein Mann da ist, der alle Funktionen wahrzunehmen hat. Sie sparen zwar
nicht mit Kritik, wenn er nicht alle Funktionen gut ausführen kann; denn auch der fähigste
Superintendent kann unmöglich alle Gaben besitzen. Allerdings sind die Brüder auch kaum
zur Mitarbeit in der Leitung bereit; denn dazu ist ja der Superintendent da. Dieser wiederum
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ist kaum bereit, eine seiner Funktionen abzutreten, denn er würde damit ja zugeben, daß
ihm eine Gabe fehlt, die als wesentlich für die Leitung des Kirchenkreises angesehen wird.
So hindert dies so prägende Amt die bruderschaftliche Leitung im Kirchenkreis.“
März 1970
Die Regionalsynode Berlin-Brandenburg (West) beauftragt drei ständige Synodalausschüsse mit
der Überprüfung der Gestalt des ephoralen Amts. Überprüft werden sollen: 1. Das Verfahren,
2. Die Dauer der Amtszeit und die Verbindung mit dem Gemeindepfarramt, 3. Die Delegierung
ephoraler Funktionen.
16. Oktober 1971
Die Kreissynode Spandau diskutiert den von einer „Sprechergruppe“ vorgelegten „Vorschlag für
eine Regelung der Nachfolge im Superintendentenamt im Kirchenkreis Spandau“. Dazu legt Sup.
Günther Brandt eine Dokumentation über die „Richtlinien für das Superintendentenamt“ der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Ost) auf Grund eines Beschlusses
der Regionalen Synode Ost vom 9. März 1970, konkretisiert am sog. „Rathenower Modell“ (s. Anhang) vor.
Die Kreissynode trifft die Entscheidung (mit 83 gegen 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen), mit der Kirchenleitung über die Einsetzung eines Kollegiums zu verhandeln.
Die Kirchenleitung lehnt eine kollegiale Leitung ohne „herausgehobenes Superintendentenamt“ ab.
Im Kirchenkreis Spandau herrscht zu dieser Zeit eine hohe personelle Fluktuation im Pfarramt und
eine umfangreiche Bautätigkeit (in Planung: das Gemeindehaus in Gatow, Kladow und StaakenDorf sowie in der Paul-Gerhardt-Gemeinde, die Kita Klosterfelde und das Gemeinwesenzentrum
Heerstraße-Nord).
Es findet der 1. Ökumenische Gottesdienst im Kirchenkreis in der St. Nikolaikirche statt.
Dezember 1971
Als Sup. Brandt in den Ruhestand tritt, hatte er bereits verschiedene Personen an der Leitung des
Kirchenkreises beteiligt.
Januar 1972
Ein Interims-Kollegium nimmt die Arbeit auf: Pfn. Treichel, Herr Dr. Augustat (Laienvorsitzender
des Kreiskirchenrates, stellv. Sup., Amtsrichter i. R.), Pfr. Cauer (theologischer Stellvertreter des
Sup.), Pfr. Buthenuth , Pfr. v. der Hude, Pfr. Schurig. Es trifft sich wöchentlich.
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Juli 1972
Der Kreiskirchenrat und das Interims-Kollegium treten zurück. Die Kirchenleitung beauftragt Pfr.
Emil Cauer kommissarisch mit dem Superintendentenamt, dieser lehnt es ab. Oberkirchenrat Kehr
wird von der Kirchenleitung als kommissarischer Verwalter beauftragt.
November 1972
Pfr. Emil Cauer schreibt an alle Regionalsynodale.
Die kollegiale Wahrnehmung eines kirchlichen Leitungsamtes zielt auf eine Vorstellung von
Kirche, die mit folgenden Formeln gekennzeichnet sein kann:
Unvollständigkeit und Offenheit der Kirche nach außen und innen. Unter einer Vielzahl von
Gemeinden und Gruppen wird auf konziliare Weise ein möglichst hohes Maß an Übereinstimmung erzielt, ohne daß Meinungsverschiedenheiten verdeckt werden müssen. Auf die
Frage nach der Wahrheit werden im Hören auf die biblische Überlieferung situationsbezogene Antworten gesucht. Dabei kann dieses Suchen nicht im Amt eines Einzelnen monopolisiert werden, sondern es ist allen Gläubigen in gleicher Weise zugemutet und wird von
Einzelpersonen und Gruppen nach der Maßgabe des Gewissens und der Vernunft wahrgenommen.
Wird die Macht und Leitung der Gemeinde auf Dauer einzelnen Amtsträgern übertragen,
wird de facto der heilige Geist an das Amt gebunden. Im Gegensatz hierzu liegt die Verheißung des Geistes im brüderlichen Gespräch (Matthäus 18, 15-20). Dementsprechend müsste die Gestalt der Kirche geordnet werden.
Frühjahr 1974
Für eine Erprobungszeit von dreieinhalb Jahren werden ein Laie und sechs Theologen in ein Leitungskollegium gewählt.
Oktober 1977
Zwischenbilanz nach dreieinhalb Jahren
„Im Laufe der Entwicklung … gab es ein Missverständnis … die kollegiale Leitung … wird
mit einem Team verwechselt, das zur Beratung und Entlastung eines Hauptverantwortlichen
bereit steht. Im ersten Fall werden Entscheidungen auf konziliare Weise herbeigeführt und
vertreten, im zweiten Fall verantwortet der eine Amtsträger letztlich jede Entscheidung,
auch wenn er ihre Vorbereitung delegiert hatte …“
„Das Gegenmodell der kollegialen Leitung ist … der aufgeschlossene Superintendent, der
viele Dienste und Entscheidungen delegiert … aber eben überall das letzte Wort hat …“
„Das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Kollegium ist persönlicher geworden ...“ (Joachim Heinze) „Weil das Gespräch im Kollegium sehr gut läuft … fehlen notwendige Rückfragen … und Kontroversen.“
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Herbst 1977
Eine zweite Erprobungszeit von drei Jahren beginnt. Vier Mitglieder, die nicht dem Kreiskirchenrat
angehören und drei Mitglieder des Kreiskirchenrates werden in das Kollegium entsandt.
70iger Jahre
Der Kirchenkreis Spandau übernimmt in der Landeskirche die Aufgabe, kirchenreformerische Ansätze zu entwickeln und zu erproben (Ladenkirche am Brunsbütteler Damm, Gemeindezentrum
Heerstraße-Nord, Eltern- und Familienarbeit, neue Formen des Konfirmandenunterrichts, Selbstorganisation von Gruppen, Initiativen der Betroffenen mit eigener Stimme).
April 1978
Emil Cauer stellt das Modell des Kollegiums in einer theologischen Fachzeitschrift (WPThG) dar.
„Ich möchte die praktischen Positiva zusammenfassen: Sehr viel mehr Gemeinden werden
besucht; Besuche werden eher als gegenseitiger Dienst, nicht als Aufsicht verstanden;
seelsorgerliche Beratung und Leitungskompetenz sind nicht unbedingt personengebunden;
die Beratung in Personalangelegenheiten ist sorgfältiger und kontrollierter; niemandem
geht es so wie einem einzelnen Superintendenten, der in Konfliktfällen manchmal sehr vereinsamt.“
Defizite werden benannt:
Nicht immer sind Entscheidungen durchsichtig. Es fehlt eine klare Verabredung, an welcher theologischen Frage man gemeinsam arbeiten möchte und was man praktisch erreichen will. Der Zeiteinsatz von fünf bis zwölf Stunden/Woche ist für Laien zu hoch.
November 1979
Auf Antrag der Kreissynode Spandau wird der Artikel 99 in die Grundordnung eingefügt.
„Die Kirchenleitung kann durch Rechtsverordnung Regelungen über die Leitung des Kirchenkreises beschließen, die von den Vorschriften über den Kreiskirchenrat und den Superintendenten abweichen, wenn die Kreissynode dies auf Vorschlag des Kreiskirchenrates
beantragt.“
Februar 1980
Die Rechtsverordnung über die Kollegiale Leitung des Kirchenkreises Spandau tritt in Kraft.
Die Spandauer Kreissynode wählt das dritte Kollegium.
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Oktober 1983
Das Kollegium stellt in seinem Bericht Fragen:
„Fördert kollegiale Leitung in Spandau das Entstehen von urteilsfähiger Meinung durch
Denkanstöße und Vorgaben oder blieben wir hinter den entsprechenden Erwartungen sehr
zurück?“
„Im Zuge restaurativer Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft sind hierarchische Strukturen wieder gefragt … wir werden kollegiale Leitung so lange haben, wie wir kollegiale Leitung wirklich wollen.“
1984
Eine Dokumentation aus Berichten (1971 - 1983) wird zusammengestellt:
Die Entscheidung für eine kollegiale Leitung in Spandau bedeutet, daß der Kirchenkreis
gegen den anfänglichen Widerstand der Kirchenleitung und des Konsistoriums für sich die
Chance einer Veränderung der kirchlichen Leitungsstrukturen auf der mittleren Ebene
wahrgenommen und als mögliches Modell für die Gesamtkirche verstanden hat …
Die Rückwirkung der kollegialen Leitung auf den Kirchenkreis liegt darin, daß es über diese
Frage einen Solidarisierungsprozeß der Kreissynode gegeben hat; daß keine ‚tiefgreifenden
Polarisierungen und Fraktionsbildungen’ bei Mitarbeitern und Pfarrern mehr entstanden;
daß der Einfluß partnerschaftlicher Arbeitsstrukturen auf der Ebene der Gemeinden und
des Kirchenkreises wuchs und die Zusammenarbeit gefördert wurde, daß autoritäre Machtausübung zugunsten von ‚Brüderlichkeit, Gewaltfreiheit und schöpferischer Entfaltung des
Einzelnen’ (Bericht vom 16.2.1980) abgebaut wurde …
1985
Theologische Leitsätze zum Planungsprozess (s. Anhang) im Kirchenkreis Spandau werden vom
Arbeitskreis Kirche vorgelegt:
„Dienst und Nachfolge finden im Alltag statt. Es geht nicht um die Pflege des kirchlichen
Binnenlebens, sondern um die ‚Weitergabe der in Jesus Christus offenbar gewordenen Liebe Gottes an die Menschen in den Sachbereichen der Welt’ (aus: Missionarische Struktur
der Gemeinde in der DDR) …
… Im Blick auf diesen Dienst im Alltag wäre Zentralisierung der falsche Weg. Die Gemeinde
braucht als Sammlungsformen, die ihrer Sendung gemäß sind, ‚Zellen …, in denen Gemeinschaft, Liebe, mündiger Glaube und echte Dienstfähigkeit der Gemeinde wachsen können’
(Gestrich). Gegenüber den hauptberuflichen Mitarbeitern sind dann die Laien keine Betreuungsobjekte, sondern notwendige Fachleute des Lebens (z. B. ihrer Berufsbereiche) im gemeinsamen Gespräch über die biblische Tradition.
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1986/87
Es treten Probleme auf, die erforderliche Zahl von drei Kandidaten für das Kollegium zu finden. In
seinem Bericht beklagt das Kollegium zu wenig Zeit für Grundsatzfragen und nimmt sich vor, nach
theologischem Profil zu suchen. Die Frage nach dem Weg der Kirche soll bedacht werden.
Propst Dr. Lütcke hält einen Vortrag auf der Kreissynode:
Kollegiale Leitung – Ein Ausweg aus den Schwierigkeiten mit Leitung in der Kirche?
„Es hängt mit der Neuentdeckung des Priestertums aller Gläubigen zusammen, daß in den
Kirchenordnungen nach der Reformation kollegiale Strukturen an die Stelle der hierarchisch durchstrukturierten Organisation getreten sind …
… Diese Entwicklung war gemeinreformatorisch, aber im reformierten Bereich sehr viel
kräftiger in die Praxis umgesetzt als im lutherischen, in dem die äußere Leitung eher Sache
des Amtsträgers war …
Nach vielen Abwägungen endet er mit einer Frage:
Kollegiale Leitung mindert viele Probleme von Leitung; kollegiale Leitung kann aber auch
komplizieren. Deswegen schließe ich auch mit einer Art Konvergenz-Theorie: Es gibt nicht
eine ideale, vollkommene Leitungs-Struktur (vor 20 Jahren war man zu strukturgläubig, so
wie man vorher die Bedeutung von Strukturen unterschätzt hat). Die menschlichen Schwächen und Eitelkeiten und Konfliktmöglichkeiten müssen mit im Blick sein. Man muß deswegen versuchen, entweder in die traditionellen Leitungs-Strukturen kollegiale Elemente einzubauen, um die Chancen bruderschaftlicher Leitung zu nutzen; oder man muß sehr genau
überlegen: Was kann ein Kollegium besser, und was ein Einzelner?
1997
Eine Generalkirchenvisitation findet im Kirchenkreis Spandau statt. Im Fazit wird die Stellung der
nicht ordinierten Kollegialen in der Leitung des Kirchenkreises anerkannt und gestärkt. Verbessert
werden soll die Zusammenarbeit zwischen Kreiskirchenrat und Kollegium. Die Zahl der Kollegiumsmitglieder soll mit der nächsten Kollegiumswahl im Jahr 1999 auf sechs und 2002 auf fünf reduziert werden.
Oktober 1999
Die Kreissynode fasst nach gründlicher Diskussion den Beschluss, die kollegiale Leitung fortzusetzen.
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November 2000
Das neue Leitungsstrukturgesetz tritt in Kraft. Der Vorsitz des Kollegiums wird intern bestimmt,
dem Kreiskirchenrat zur Kenntnis gegeben und von der Kirchenleitung per Urkunde bestätigt. Mit
dem Vorsitz sind die Vertretung im Ephorenkonvent, die Leitung des Pfarrkonventes und die Vertretung gegenüber der Landeskirche verbunden. Die Amtszeit des Kollegiums ist an die Wahlperiode des Kreiskirchenrates gebunden. Aufgaben können delegiert werden.
März 2002
Die Satzung über die kollegiale Leitung im Kirchenkreis Spandau tritt in Kraft.
November 2011
Die Kreissynode erinnert sich an 40 Jahre Spandauer Leitungskollegium.
Christine Pohl
b) Die Anfänge des Spandauer Kollegiums im Kontext der Kirchenreform
Die Anfänge
Im Jahr 1971 stand der Kirchenkreis Spandau vor einer Neubesetzung des Superintendentenamtes. Die Besetzung war nach damaligem Recht allein Sache der Kirchenleitung; einem Kirchenkreis (KK) selbst waren Mitsprache und Mitgestaltung nicht möglich; von der Kreissynode (KS)
gewählt wird der Superintendent (Sup) erst seit der Grundordnungsänderung von 1994. Auf dieses
Problem war Spandau mit kirchenreformerischem Engagement vorbereitet und nahm den Kairos
gestaltend wahr.
Der damalige Spandauer Superintendent Brandt, der selbst die personelle Basis seiner Amtsführung erweitern wollte, musste krankheitsbedingt mehrmals längerfristig vertreten werden. In dieser
Aufgabe war eine Gruppe von Pfarrern des Kirchenkreises seit Ende der 60er Jahre bereits eingeübt, als 1970 die Nachfolgefrage anstand und ein kollegiales Leitungsmodell angestrebt wurde.
Eine aus Theologen und Laien bestehende Sprechergruppe vertrat in den konfliktreichen Auseinandersetzungen mit der Kirchenleitung die Spandauer Vorstellungen für die Regelung der Nachfolge. Die damalige West-Berliner Kirchenleitung (KL) wollte eine Neubesetzung des Superintendentenamtes auf dem damals üblichen Wege „von außen“ und bestand auf einem „herausgehobenen Superintendentenamt“. Der KK dagegen strebte eine kollegiale Leitung „von innen“ an. Die
Spandauer Repräsentanten verhandelten mit reformerischer Leidenschaft, theologischem Profil
und rechtlicher Verantwortung. Ein hierarchie-kritischerer Impetus wurde von einer breiten Mehrheit in Pfarrkonvent und Kreissynode getragen. Hilfreich waren die Kontakte zum Brandenburger
Kirchenkreis Rathenow, der unter DDR-spezifischen Bedingungen bereits eine Bruderschaftliche
Leitung praktizierte.
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Die Kreissynode Spandau beschloss am 16. Oktober 1971 den von der Sprechergruppe gemachten „Vorschlag für eine Regelung der Nachfolge im Superintendentenamt im Kirchenkreis Spandau“, d. h. die Wahrnehmung des Amtes in kollegialer Form und beauftragte die Gruppe zu entsprechenden Verhandlungen mit der KL. Zum Jahresende 1971 ging Superintendent Brandt in den
vorzeitigen Ruhestand; das vakante Amt des Superintendenten wurde mit Jahresbeginn 1972
durch ein sechsköpfig, bis zu einer angestrebten Neuregelung als vorläufig verstandenes Kollegium ausgeübt. Es arbeitete zunächst nur sechs Monate lang und trat dann zurück. Grund dieses
markanten Schrittes – gemeinsam mit dem Kreiskirchenrat! – waren erhebliche Konflikte mit der
wieder einen Superintendenten anstrebenden Kirchenleitung, die von starken Vorbehalten gegen
ein Kollegium bestimmt war und in der Auseinandersetzung mit dem KK in einer fragwürdigen
Weise kommunizierte.
Doch in den folgenden Monaten wurden in der Regionalsynode, durch Meinungsbildung der Mitglieder aus Spandau befördert, die Leitungsformen eines Kirchenkreises intensiv verhandelt. Allen
Synodalen wurde im November 1972 die ausführliche Argumentation „Kollegiale Leitung eines
Kirchenkreises?“ („Cauer-Papier“) zugestellt. Im Rahmen eines Gesetzes für kirchenreformerische
Projekte („Erprobungsgesetz“) erhielt Spandau für zwei Erprobungsphasen von 1974 bis 1977 und
1977 bis 1980 eine siebenköpfige kollegiale Leitung. In der ersten Phase hatte die Kirchenleitung
dem Kollegium noch als „Mann von außen“ einen Sup. i. R. zugeordnet. Eine kollegiale Arbeitsweise wurde entwickelt, deren Organisation sich bis heute bewährt hat. 1979 schließlich wurde auf
einen Spandauer Antrag hin der Art. 99 GO beschlossen, der andere Leitungsformen eines Kirchenkreises ermöglicht.
Kirchenreformerischer Kontext
Der größere theologische und kirchenreformerische Kontext, der damals auch im KK Spandau
prägend wirkte, kann mit dem ökumenischen Konzept der Missio Dei („Sendung Gottes“) beschrieben werden. Verstanden wurde darunter die Zuwendung Gottes zu seiner Welt und erst in
dieser größeren Bewegung auch die zu seiner Kirche – zuerst also zur gesamten Welt. Die konkreten Lebenswelten der Menschen werden hier neben der theologischen Lehre und nicht erst
zweitrangig nach ihr gesehen. Das Missio-Dei-Konzept erweiterte den theologischen Horizont über
die nur sich selbst genügenden innerkirchlichen, auf Bestandswahrung bzw. Restaurierung begrenzten Bestrebungen.
Entsprechend wurden überkommene Strukturen der Kirchen kritisch infrage gestellt und Konzepte
zur Kirchenreform entwickelt. Prägend wirkte hier die ökumenische Studie Mission als Strukturprinzip von 1961 und die Leitlinie von Sammlung und Sendung. Der Akzent von Missio Dei, verstanden als Zuwendung Gottes zu seiner gesamten Welt, kann deutlicher werden in einem Vergleich zu einer heute eher gesuchten inneren Spiritualität im Sinne eines individuellen Gewinns.
35
Großen Einfluss auf den KK Spandau hatte daneben die Person und das Werk Ernst Langes, von
1959 bis 1963 Pfarrer in der Ladenkirche, der in ganz besonderer Weise diese Neuorientierung
formulierte und ab 1960 zusammen mit Alfred Buthenuth realisierte. Vier wirkungsvolle Themen
der Theologie Ernst Langes sind benannt
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mit dem Alltag der Menschen als Ernstfall des Glaubens (d. h. nicht der liturgisch gefeierte
Sonntag als Ernstfall),
mit der in die Verkündigung einzubringenden Lebenskompetenz der Laien (als nötige Ergänzung zur erfahrungsärmeren beruflich-theologischen Kompetenz),
mit der Kommunikation des Evangeliums (statt Einbahn-Belehrungen) und
mit der jeweils neuen Einpassung der ermutigenden Botschaft in die Lebenswelten der
Menschen (statt eines trotz gesellschaftlichen Wandels stets gleichen theologischen Wortlauts).
Schließlich sind die im Kontext kirchenreformerischer Konzepte entworfenen konkreten Vorstellungen zu nennen. Die Stärkung der mittleren Ebene sollte die Kirchenkreise rechtlich und finanziell
unabhängiger von landeskirchlicher Bürokratie machen und die Kooperation der Gemeinden
verbessern. Auf diesem Wege sollte in den Kirchenkreisen mehr ein Synodalprinzip und weniger
ein Konsistorialprinzip wirken können. Diese Reformideen waren in Spandau sehr präsent. Mit
anderen Akzenten und weniger Reformgeist realisiert wurden diese Kirchenkreis-Konzepte erst
Jahrzehnte später unter finanziellem Druck.
Gestalt gewannen diese Vorstellungen
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im Reformkonzept Ladenkirche: Die Menschen in ihren Lebenswelten werden ernst genommen. Tradition und Situation haben gleiches Gewicht für die biblische Auslegung. Die Lebenskompetenz der Laien kann besonders im Predigtgespräch zum Tragen kommen. Ähnliches geschah auch in einigen anderen Gemeinden.
Im synodalen Arbeitskreis Missionarische Struktur der Gemeinden. Der Leitbegriff Sammlung und Sendung orientierte das Verständnis von Gemeinde und Gottesdienst neu.
Im Arbeitskreis Gemeinden in Neubaugebieten, der mit dem Memorandum von 1968 die
Planung der Gemeinde Heerstrasse-Nord begleitete.
36
In diesem Geist wurden damals als Vorzüge des kollegialen Modells genannt:
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Zuerst: Die Vielfalt geistlicher Gaben aus den 24 Gemeinden und ein kollegialer Leitungsstil
sind geeigneter für die komplexen Entscheidungen kreiskirchlicher Leitung (s. Bericht des
Kollegiums 1976 u. E. Cauer, WPThG 4/78).
Mehr Besuche, verstanden als gegenseitiger Dienst, nicht als Aufsicht; sich beratendes und
damit sorgfältigeres Verfahren bei Personalproblemen,
Übungsfeld für brüderliche Zusammenarbeit; der kollegiale Leitungsstil kann
sukzessive den KK und die Gemeinden prägen (s. Kollegiumsbericht 1983),
Ermutigung eines größeren Kreises zur Mitverantwortung im KK,
Verantwortung für den KK wächst durch die Zahl ehemaliger Kollegialer,
Kollegialität statt Hierarchien. Umgangsstil offener und weniger an Personen orientiert.
Auch mit der Beteiligung von Frauen in KK-Leitungen wirkte das Spandauer Kollegium reformerisch. Zum Interim-Kollegium von 1971 schon gehörte Frau Pfarrerin Christa Treichel, zum 2. Kollegium (1977-80) dann Frau Pfarrerin Lona Kutzer-Laurien. Seit 1983 steigt der weibliche Anteil,
jetzt auch durch Laien. Frau Pfarrerin Kutzer-Laurien war als Vertreterin Spandaus auch die erste
Frau in der damaligen Herrendomäne des Westberliner Ephorenkonvents.
Klaus Wiesinger
37
3. LAIEN IM KOLLEGIUM
a) Gemeinsame Leitung
In diesem ökumenisch-theologisch erweiterten Horizont von Kirchenreform war das Thema Laien
im KK zentral. Dem Kollegium gehörten von Anfang an Laien an, in der Interims-Phase 1972 einer,
in der ersten Erprobungsphase 1974 - 77 einer, in der zweiten 1977 - 80 zwei, im ersten Kollegium
1980 - 83 nach der Rechtsverordnung zwei usw. Die Rechtsverordnung von 1980 grenzte anders
herum ein: Dem Kollegium müssen mindestens zwei Pfarrerinnen oder Pfarrer angehören.
Erläuterung: Den Begriff Laien gibt es in der Grundordnung gar nicht. In älteren Spandauer Texten
wurde zutreffendes Synonym Älteste, dann auch Nichttheologen oder Ehrenamtliche gebraucht.
Darunter fielen auch kirchliche MitarbeiterInnen. Eine konsequentere, aber auch sprachlich komplizierte Unterscheidung von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und beruflichen MitarbeiterInnen ist
erst später bewusster und seit der Grundordnungsänderung von 1994 für die Zusammensetzung
von Leitungsgremien verbindlich geworden.
Von Anfang an wurden die im Geschäftsverteilungsplan aufgelisteten Zuständigkeiten unterschiedslos unter TheologInnen und Laien aufgeteilt. Es gab keine Sortierungen dienstrechtlicher
Art, und von Anfang an wurden bei entsprechender Zuständigkeit PfarrerInnen von Laien in ihr Amt
eingeführt. Es war erst diese öffnende und verpflichtende Geschäftsverteilung, die die außerordentlichen Erfahrungen für Laien und mit Laien ermöglichte. Das Kollegium wurde zu einem Lehrhaus für Laien. Damit wurde exemplarisch ein Weg aus der konsistorialen und pastoralen Amtskirche zur synodalen Gemeindekirche betreten.
20 Jahre später stärkte die neue Grundordnung (GO) von 1994 die Laien mit der Neuregelung der
Zusammensetzung und den Vorsitz der kirchlichen Gremien. Die in Spandau exemplarisch angestrebten Reformziele wurden landeskirchlich verbindlich. Das Spandauer Kollegialmodell ermöglichte außerordentliche Erfahrungen für Laien und mit Laien. Dies gilt bis heute, obwohl mit dem
Jahr 2000 die rechtliche Stellung der Laien in einem Kollegium bedauerlicherweise in Spannung zu
den Reformorientierungen der neuen GO wieder beschränkt wurde. Im Zuge der kirchengesetzlichen Vereinheitlichung der Berliner (West) und der Berlin-Brandenburgischen Regelungen über
die kollegiale Leitungsstruktur in Kirchenkreisen wurden mit dem Leitungsstrukturgesetz von 2000
aus pfarrdienstrechtlichen Erwägungen bestimmte Superintendenten-Aufgaben den Kollegiumsmitgliedern im Pfarrdienst vorbehalten. Laien können hier nur noch beratend mitwirken. In Spannung zum Geist des Vorspruchs der erneuerten GO mit proklamierter Leitung durch vielfältige Gaben und Dienste und der Verpflichtung und Berechtigung kraft Priestertums aller Gläubigen folgt
das neue Leitungsgesetz entgegen dem Geist der neuen GO der alten dienstrechtlichen Grenzziehung zwischen Ordinierten und Laien. Trotz dieser antireformerischen Schwächung der Laien gelingt im Vollzug seiner Aufgaben dem Kollegium weiterhin eine starke Beteiligung der Laien.
Klaus Wiesinger
38
b) Erfahrungen ehemaliger Laienmitglieder
Befragt wurden sechs ehemalige Laienmitglieder, die unterschiedlichen Kollegien angehörten.
Übereinstimmend betonten die Befragten, dass die Mitarbeit im Kollegium eine wichtige Phase
ihres Lebens war, die sie nicht missen wollen. Die Freude an den vielfältigen Aufgaben und die
Möglichkeit, den Kirchenkreis mitzugestalten, lassen im Rückblick die damit verbundenen zeitlichen Belastungen und aufgetretene Konflikte verblassen.
Die Zusammenarbeit von Pfarrerinnen, Pfarrern und Laienmitgliedern im Kollegium wurde als sehr
gut beschrieben. Erfahrungsaustausch, eine kollegiale Arbeitsatmosphäre und die Möglichkeit, die
jeweiligen persönlichen Gaben einzubringen, wurden als bereichernd empfunden. Eine Herabsetzung oder Geringschätzung der Laienmitglieder durch die ordinierten Kollegialen wurde in keinem
Falle beklagt.
Arbeitsschwerpunkte ergaben sich aus den jeweiligen Anforderungen der Zeitepoche. Genannt
wurden: Mitarbeit an Strukturfragen, wie Regionalisierung, Fusionen, Sollstellenplan, Modernisierung der Gemeindebüros, Förderung übergemeindlicher Zusammenarbeit, Neuordnung der Krankenhausseelsorge, Finanzplanung u. a.
Das kollegiale Modell der Leitung eines Kirchenkreises wird nach wie vor uneingeschränkt befürwortet, da eine intensivere Begleitung der Gemeinden und kreiskirchlichen Arbeitsbereiche möglich ist als durch eine Einzelperson. Entscheidungen werden besser beraten, Erfahrungen werden
ausgetauscht und die persönlichen Begabungen können besser nutzbar gemacht werden.
Wichtig erscheint jedoch, geeignete Mitglieder zu finden und eine gute Weitergabe der Erkenntnisse und Erfahrungen an die nächste Generation von Kollegialen zu gewährleisten. In diesem
Zusammenhang wird das neue Kirchengesetz aus dem Jahre 2000, das eine gleichzeitige Beendigung der Amtsperiode mit der Legislaturperiode der Kreissynode vorsieht, kritisch bewertet.
Auch die gewisse Zurücksetzung, die Laienmitglieder durch das neue Gesetz erfahren, widerspricht Spandauer Praxis und Erfahrungen, lässt sich jedoch durch eine pragmatische Handhabung abmildern. Als Schwäche des Modells wurde genannt, dass manche Gemeindepfarrer eine
Identifikationsfigur vermissen würden und sie Probleme damit hätten, eine Laiin/ einen Laien als
‚Vorgesetzten’ zu akzeptieren.
Insgesamt wird 40 Jahre kollegiale Leitung im Kirchenkreis Spandau sowohl im Kirchenkreis als
auch in den Gemeinden positiv bewertet. Sie hat mitgeholfen, Gemeinden und Mitarbeitende mündiger werden zu lassen.
Horst Skoppeck
39
4. DIE ZUKUNFT DER KOLLEGIALEN LEITUNG IN SPANDAU
a) Kriterien für die Suche nach neuen Kollegialen
Das Kirchengesetz über die Kollegiale Leitung sieht vor, dass der/die Generalsuperintendentin den
Prozess der Suche und die Wahl in der Kreissynode leitet. Die Frage nach der Eignung für eine
kollegiale Leitung muss jedoch im Vorfeld geklärt werden. Dafür hat das amtierende Kollegium
Kriterien gesammelt, welche Grundkompetenzen ein Kollegiumsmitglied mitbringen und welche
Kompetenzen im Kollegium insgesamt vertreten sein sollten.
Grundkompetenzen
-
Grundlegende Erfahrungen in der Gemeindearbeit als Haupt- oder Ehrenamtliche/r,
Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung,
Freude an neuen Herausforderungen,
Interesse und (Grund)kenntnisse in biblischer Theologie und Lust zum theologischen Denken,
Bereitschaft und Fähigkeit zur Leitung und Personalführung,
Bereitschaft und Fähigkeit im Erkennen, Fördern und Vernetzen von Kompetenzen, die bei
Mitarbeitenden im Kirchenkreis vorhanden sind,
Erfahrungen in der Förderung von Zusammenarbeit in der Gemeinde und/oder im Kirchenkreis,
Sensibilität und Grunderfahrungen in der Seelsorge,
Konfliktfähigkeit,
Teamfähigkeit,
Offenheit für Gespräche und Beratungen,
Bereitschaft zu Fortbildungen innerhalb/außerhalb des Teams,
Zuverlässigkeit in der Arbeitsweise und im persönlichen Umgang,
Strukturiertes Arbeiten, bezogen auf Arbeitszeit und Prioritätensetzung,
Fähigkeit und Freude an zukunftsorientiertem, visionärem Denken und Entwickeln von
neuen gemeindestärkenden und gemeindeübergreifenden Strukturen,
Bodenhaftung und Realitätssinn, bezogen auf den Gemeindealltag und landeskirchliche
Gegebenheiten,
Bereitschaft, gesellschaftliche Prozesse und soziale Herausforderungen in das Leitungshandeln einzubeziehen.
40
Kompetenzen im Kollegium
Da das Kollegium aus fünf Mitgliedern besteht, können sich Kompetenzen auf die einzelnen Kollegiumsmitglieder verteilen. Es ist hilfreich, wenn folgende Kompetenzen im Kollegium vorhanden
sind oder die Bereitschaft besteht, sie zu erwerben:
-
Kenntnisse in Organisationsentwicklung,
Kenntnisse in der kirchlichen Verwaltung,
Sicherer Umgang mit dem Kirchenrecht mit Hilfe zuständiger Stellen im Konsistorium,
Sicherer Umgang mit dem Finanzsystem, dem Stellenplan und dem Verwaltungsamt/Vorstand mit Hilfe zuständiger MitarbeiterInnen im Kirchenkreis und im Konsistorium,
Erfahrungen im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtungen,
Erfahrungen im Umgang mit ökumenischen Kontakten,
Erfahrungen im Religionsunterricht,
Erfahrungen im Umgang mit Presse, öffentlichen Institutionen und Personen des öffentlichen Lebens.
b) Einführung in die Tätigkeiten des Kollegiums
Die Übergabe von Unterlagen, Terminen und Hinweisen auf laufende Prozesse in der Arbeit des
Kollegiums erfolgte bisher am Anfang jeder Kollegiumstätigkeit. Dem Büro des Kirchenkreises
kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Neben der geordneten Übergabe von Unterlagen und Kenntnissen sollte im ersten Jahr der Tätigkeit eine kompakte Einführung in die Leitungstätigkeit stattfinden.
Bewährt haben sich
-
eine Einführung in die Arbeit des Konsistoriums („Konsistoriale Woche“),
eine Einführung in Personalgespräche mit einer Personalentwicklerin,
eine Einführung in Orientierungsgespräche mit PfarrerInnen,
eine Einführung in „Führen und Leiten“, angeboten von verschiedenen Akademien,
Grundkenntnisse in Mediation, Konfliktmanagement, gewaltfreier Kommunikation.
Weitere Aus- oder Fortbildungen sollten hinzukommen.
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c) Begleitende Beratung und Unterstützung im Laufe der Kollegiumstätigkeit
Das Kollegium, so zeigt es die Erfahrung, braucht eine begleitende Beratung
-
in Konfliktsituationen inner-/außerhalb des Kollegiums,
in komplizierten Entwicklungsprozessen im Kirchenkreis und seinen Arbeitsfeldern,
an der Schwelle zu Neuaufbrüchen,
für die regelmäßige Reflexion seiner Arbeit.
Darüber hinaus sollten alle Kollegiumsmitglieder in kritischen Situationen eine Supervision oder
kollegiale Beratung in Anspruch nehmen können.
Das derzeitige Kollegium nahm in den aufgeführten Situationen Beratung und Begleitung nach
längerem Zögern in Anspruch. Aus dieser Erfahrung heraus empfiehlt es, Fortbildung und Beratung als Teil der Kollegiumsarbeit anzusehen.
5. PLÄDOYER FÜR EINE ZUKUNFT DES KOLLEGIUMS
Skeptische Blicke richten sich nach Spandau.
Hat sich das Kollegium überlebt? So fragen Superintendentinnen und Superintendenten. Stammt
es nicht aus einer Zeit turbulenter Umbrüche? Gesellschafts- und Kirchenreformen der siebziger
Jahre haben es hervorgebracht. Teams sind heute eine feste Arbeitsform. Wozu noch ein Kollegium?
Wer ist verantwortlich für die Leitung des Kirchenkreises? So fragt das Konsistorium. Wer steht
Rede und Antwort? Kommunikation braucht ein klares Gegenüber. Tonangebend ist für die Landeskirche die Vorsitzende/der Vorsitzende. Wozu die übrigen Kollegialen?
Arbeitet ein Kollegium effektiv und zeitökonomisch? So fragen Pfarrer und Pfarrerinnen, die aus
der Ausbildung kommen, mit Begriffen aus der Organisationsentwicklung. Ist diese Leitungsform
(noch) adäquat? Fehlt nicht die klare Bezugsperson, die kompetent das Personal führt? Harte
Maßnahmen müssen mit dem Blick von außen durchgesetzt werden. Ist ein Kollegium dazu in der
Lage, das stets aus dem Kirchenkreis heraus gewählt wird?
Diesen Anfragen stellte sich das Kollegium. In zwei Sitzungen mit dem Theologen, Supervisor und
Unternehmensberater Dr. Friedrich-Wilhelm Lindemann fragte es nach Schwächen und Chancen
dieser Leitungsform.
42
Drei Erkenntnisse sind aus den Gesprächen mit Lindemann hervorgegangen:
1. Mit der kollegialen Leitungsform nimmt Spandau am Reformprozess beispielhaft teil
Zwei wichtige Ziele des Reformprozesses verknüpft das Spandauer Leitungskollegium. Es
nimmt durch Visitationen der Gemeinden und Begleitung der Pfarrerinnen und Pfarrer seine
Leitungsaufgaben personell verstärkt wahr und qualifiziert zugleich Menschen aus anderen Berufen zu einem leitenden Amt in der Kirche. Diese bringen nicht nur ihre Gaben, sondern auch
ihre geistliche Haltung, ihren Glauben in die Leitung ein. Damit wird der Binnenorientierung,
auch auf der Leitungsebene, die Außenorientierung an die Seite gestellt (Salz der Erde, S.
104). Als beauftragte Gesprächspartner für Gemeindeglieder, Gemeindekirchenräte und Mitarbeitende begegnen sie anderen Ehrenamtlichen auf vergleichbarer Erfahrungsebene. Sie hinterfragen innerkirchliche Gewohnheiten, die Verteilung von Zuständigkeiten und Abhängigkeiten und ermutigen zu einem Umdenken, das Pfarrer und Pfarrerinnen nicht für alles in die
Pflicht nimmt, ihnen aber auch nicht unbesehen jede Qualifizierung zuspricht. Ehrenamtliche in
den Gemeinden spüren die Wertschätzung ihrer Kirche besonders, wenn sie wahrnehmen,
dass sie nicht von Berufs wegen von der Leitung des Kirchenkreises ausgeschlossen sind,
sondern angefragt werden, ob sie die Qualitäten, die Zeit und das Engagement für dieses Leitungsamt mitbringen. Es ist ein Unterschied, ob sich ein Superintendent, eine Superintendentin
für verschiedene Aufgaben mit einem Team zusammenfindet oder ob ein gewähltes Kollegium
gleichberechtigt zusammenarbeitet. Ehrenamtliche bringen hier ein hohes Maß an Verantwortung ein, und sie bekommen ein hohes Maß an Respekt und Wertschätzung, wie jedes ordinierte Kollegiumsmitglied auch.
2. Die Effektivität des Kollegiums zeigt sich in der Qualität der Arbeit
In der Geschichte des Kollegiums wurde die Leitungsform selten reflektiert, dafür mehr die Leitungspraxis ausgewertet. Leitung wurde kollegial erprobt und am Ergebnis gemessen. So hält
es das derzeitige Kollegium auch.
Entscheidend ist nicht der gute Ansatz, sondern die gute Durchführung eines guten Ansatzes.
Was nach Selbstzufriedenheit klingt, ist das Ergebnis der Nachfrage bei Gemeinden. Sie fühlen
sich bei Bauvorhaben unterstützt, in Vakanzzeiten begleitet, in Konflikten gestärkt, in Kita-Angelegenheiten und in Finanzfragen beraten. Selbstverständlich gibt es Defizite und Kritik. Das
Kollegium erlebt, dass die Klagen direkt und zeitnah ausgesprochen werden, z. B. wenn Kollegiumsmitgliedern die richtigen Worte fehlen; sie in Widersprüchen denken und reden, die Auseinandersetzung scheuen; sie unabgestimmt handeln, unschlüssig sind; sie sich zu viel vornehmen und unzuverlässig werden. Doch das sind keine typischen Kritikpunkte gegenüber einem Kollegium, sondern richten sich gegen das Leitungshandeln Einzelner.
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Vier Kritikpunkte sind typisch, sie sollen genannt werden:
Die mangelnde Durchsetzungskraft wird beklagt. Gemeindekirchenräte, Pfarrer und Pfarrerinnen halten an ihren Entscheidungen fest. Sie pochen auf Selbstständigkeit, begründen Abweichungen von Beschlüssen und Pflichten. Es gibt kaum Durchsetzungsinstrumente, so klagen
auch Superintendentinnen und Superintendenten sowie das Konsistorium. In der Kirche verlassen wir uns auf das gewinnende Gespräch, Motivation und Geschwisterlichkeit. Selten geht
das Kollegium, mit Unterstützung des Konsistoriums, den Weg dienstrechtlicher Konsequenzen. Oft bleibt nur der Weg zeitintensiver Anhörung, Vermittlung, Ermahnung, Zuversicht.
Von manchen Pfarrern wurde die Zuständigkeit von theologischen Laien für ihre pfarramtlichen
Belange nicht akzeptiert. Sie fühlten sich in ihrem Berufsalltag nicht genau verstanden, nicht
genug gefördert. In ihrem verständlichen Schutzbedürfnis möchten sie sich der Kritik von Laien
nicht öffnen. Diese Kritik hat das Kollegium aufgenommen und jeweils eine Theologin, einen
Theologen als zuständig benannt. Diese Veränderung ist nicht als Signal der Wertigkeit zwischen Pfarrerschaft und ehrenamtlichen Kollegialen zu verstehen. Wenn berufsspezifische
Themen und Fachlichkeit im Vordergrund stehen, bringen die Pfarrer/Pfarrerinnen im Kollegium ihre Gaben und Fähigkeiten ein.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verlangsamung von Entscheidungen. Das Kollegium trifft sich
wöchentlich, daher muss auf eine Antwort gewartet werden. Diskussionen am runden Tisch
brauchen Zeit. Daher ist diese Kritik berechtigt. Und trotz allen Aufwandes ist die Qualität einer
Entscheidung nicht immer gut. Das zeigt sich an Konflikten, Enttäuschungen, Fehlinvestitionen,
Stillstand, Fehlentwicklungen… Das Typische des Kollegiums ist eben nicht die geringe Fehlerquote, sondern die Bereitschaft, Kritik zu hören und darauf einzugehen. Es verliert keiner/keine von uns sein/ihr Gesicht, wenn eine Entscheidung überdacht wird. Es stärkt aber ungemein, wenn fünf Menschen sich gegenseitig Mut machen, eine konfliktreiche Entscheidung
durchzuhalten.
Gegenseitige Beratung und Unterstützung macht die Qualität der Arbeit aus. Das Kollegium ist
ein Mittel partnerschaftlicher Leitung.
Wird das eine wieder erkennbare Gesicht in der Spandauer Öffentlichkeit vermisst, weil ein
Team den Kirchenkreis leitet? Die verschiedenen Ämter und Institutionen sind erfreut, rasch
einen kollegialen Ansprechpartner zu finden. Fünf Menschen können in diesem Fall effektiver
arbeiten als eine Einzelperson. Durch die Teilung in Zuständigkeiten wird wahrgenommen, wer
das konkrete Gegenüber ist. Auch die Presse sucht sich das entsprechende Gesicht. Die Öffentlichkeit geht damit gut um und die Kollegialen wechseln ihre Rollen. Sie schätzen hierbei
die Entlastung, Themen gründlich behandeln zu können, Grenzen abzustecken und immer
wieder die Ergänzungsbedürftigkeit und Geschwisterlichkeit der Kirche lebendig zu vermitteln.
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3. Regelmäßige Supervisionen sorgen für den Blick von außen
Eine Schwäche des Kollegiums ist der fehlende Blick von außen. Woher kommen neue Impulse? Wer stellt alles auf den Prüfstand? Wie bekommt der Kirchenkreis ein neues Konzept
und ein neues Gesicht? Mit diesen Fragen muss jedes Kollegium umgehen. Wir haben uns für
Fortbildungen, Supervision und Beratung entschieden. Im Alltagsgeschäft kann sich schnell
Ermüdung und Überforderung einstellen. Daher droht die Gefahr, auf diese Impulse von außen
zu verzichten und sich selbst zu genügen. Wir sind froh, dass auch durch den Ephorenkonvent
Anregungen und neue Themen an uns herangetragen werden. Diese nehmen wir sehr ernst.
Berichte aus den Konventen und von Rüstzeiten werden eingehend diskutiert. Es wird entschieden, was davon in Spandau umgesetzt werden kann. Langfristige Prozesse wurden dadurch angestoßen, z. B. in der Personalentwicklung oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Auch in
dieser Hinsicht arbeitet das Kollegium langsamer, aber gründlich und auf breiter Basis in der
Umsetzung.
4. Fazit: Das Kollegium ist zukunftsfähig
Das Kollegium braucht Klärung, Kritik und Unterstützung. Es erfordert ehrenamtliches Engagement, theologische Reflektion, landeskirchliche Auseinandersetzung. Es ermöglicht eine
breite Teilhabe, Qualifizierung theologischer Laien, eine ständige Kommunikation mit Gemeinden und kreiskirchlichen Arbeitsbereichen. Der Aufwand dieser ständigen Bewegung ist groß,
aber auch ein Gewinn an Verständigung und Motivation der von Leitung Betroffenen.
Das Spandauer Kollegium bleibt nach unserer Erfahrung auch zukünftig ein wichtiges Reformprojekt, um in unserer Landeskirche zu lernen, wie Menschen aus unterschiedlichen Berufen
gemeinsam mit Pfarrerinnen und Pfarrern die verschiedenen Leitungsämter in der Kirche
wahrnehmen können, welche Qualifizierung sie brauchen, wie sie begleitet werden müssen
und wie sich Anerkennung ihnen gegenüber ausdrückt. Das Kollegium sollte sich dieser besonderen Herausforderung bewusst sein und hellhörig bleiben für Lob, Kritik, Anregung und
seine Aufgabe innerhalb der Landeskirche. Auf seine aus der 40-jährigen Geschichte gewachsenen Art und Weise setzt es damit um, wozu es durch die Grundordnung beauftragt ist:
Alle Leitung in der Kirche ist demütiger, geschwisterlicher Dienst im Gehorsam gegenüber dem guten Hirten. Sie wird von Ältesten und anderen dazu Berufenen gemeinsam
mit den Pfarrerinnen und Pfarrern ausgeübt. In gewählten Leitungsgremien sollen ehrenamtlich Tätige die Mehrheit haben. Die Ausstattung von Leitungsämtern mit Herrschaftsbefugnissen verstößt gegen die Heilige Schrift. (Vorspruch der Grundordnung
Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz)
Für das Kollegium
Christine Pohl
45
ANHANG
Aus der Dokumentation über die "Richtlinien für das Superintendentenamt" der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Ost) auf Grund eines Beschlusses
der Regionalen Synode Ost vom 9. März 1970, konkretisiert am sog. "Rathenower Modell"
…Im Kirchenkreis Rathenow wurde bereits Anfang 1967 ein Konzept der bruderschaftlichen Leitung entwickelt, dem die Kirchenleitung Ost ausdrücklich zustimmte, indem sie die Besetzung der
Superintendentur Rathenow bis zum 1.11.1971 aussetzte. Die Grundlinien dieses Konzepts sind in
folgenden zwölf Punkten zusammengefasst:
1. Bruderschaftliche Leitung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Kirche eine Gemeinschaft von
Brüdern und Schwestern in Christus ist. Daraus ergibt sich, dass bruderschaftliche Leitung niemals
Leitungslosigkeit bedeuten kann.
2. Bruderschaftliche Leitung trägt auch der soziologischen Erkenntnis Rechnung, nach der zur Leitung einer komplizierten Gesellschaft ein Team notwendig ist. Will die Kirche den Menschen helfen,
Christus in die Strukturen dieser Welt hineinzutragen, muss sie in ihrem eigenen Aufbau auf die
Strukturen der Welt eingehen. Die bruderschaftliche Leitung ist dazu besser geeignet als eine mehr
patriarchalische Führung.
3. In der Verfassung unserer Kirche sind Ansätze zur bruderschaftlichen Leitung im synodalen Element vorhanden. In der Praxis aber bestimmt in der Gemeinde der Pfarrer, im Kirchenkreis der Superintendent und im Sprengel der Generalsuperintendent. Die Erkenntnis der Notwendigkeit, das
Einmannsystem auf allen Ebenen zu überwinden, ist allgemein, die praktischen Ansätze sind spärlich.
4. Jede Leitung braucht Autorität. In der Kirche kann echte Autorität nicht vom Amt als solchem
kommen, sondern nur von den geistlichen Gaben des Amtsträgers. Denn der eigentliche Herr der
Gemeinde ist Christus, der sie durch seinen Geist regiert.
5. Die eigentliche Autorität des Kirchenkreises ist herkömmlicherweise der Superintendent. Er ist
von der Kirchenleitung bzw. vom Generalsuperintendenten eingesetzt. In seiner Person sind alle
Leitungsfunktionen im Kirchenkreis vereinigt. Da mit jeder dieser Funktionen Arbeit verbunden ist,
sind die Pfarrer eines Kirchenkreises zufrieden, wenn ein Mann da ist, der alle Funktionen wahrzunehmen hat. Sie sparen zwar nicht mit Kritik, wenn er nicht alle Funktionen gut ausführen kann;
denn auch der fähigste Superintendent kann unmöglich alle Gaben besitzen. Allerdings sind die
46
Brüder auch kaum zur Mitarbeit in der Leitung bereit; denn dazu ist ja der Superintendent da. Dieser wiederum ist kaum bereit, eine seiner Funktionen abzutreten, denn er würde damit ja zugeben,
dass ihm eine Gabe fehlt, die als wesentlich für die Leitung im Kirchenkreis angesehen wird. So
hindert dies so geprägte Amt die bruderschaftliche Leitung im Kirchenkreis.
6. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, ist es besser, von den nötigen Leitungsfunktionen
als von dem einen Amtsträger Superintendent auszugehen. Dabei ist zu bedenken, dass es keinen
Menschen gibt, der so viele Gaben hat, dass er all diesen Funktionen in einer Person gerecht werden kann.
7. Wichtige Aufgaben für die Leitung des Kirchenkreises sind:
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Koordinierung und rechter Einsatz der vorhandenen Kräfte
geistlich-seelsorgerliche Beratung der Brüder
Besuchsdienst in den Gemeinden (Visitation)
Leitung des Konvents
Leitung der theologischen Arbeit im Konvent
Vorsitz im Kreiskirchenrat und Leitung der Synode
Verbindung zum Staat und zu den anderen Konfessionen
Verbindung zur Gesamtkirche
organisatorische und finanzielle Verwaltung des Kirchenkreises.
Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass er gleichzeitig Pfarrer einer Gemeinde ist.
8. Vom Superintendenten sollte auf jeden Fall die Aufgabe der Koordinierung wahrgenommen werden.
9. Von den anderen Aufgaben sollte er solche übernehmen, zu denen er die Gaben hat, aber nur
so viele, wie er gut bewältigen kann. Alle anderen Aufgaben sollten von den Brüdern wahrgenommen werden, die dazu besondere Fähigkeiten haben. Der Superintendent hat dann die Aufgabe,
die Arbeit dieser Brüder zu koordinieren.
10. Der Superintendent sollte zu Beginn seiner Amtszeit erklären, welche Aufgaben er übernehmen
kann und will. Für die anderen Aufgaben sollten nach brüderlicher Aussprache im Konvent Brüder
gefunden werden. Von Zeit zu Zeit sollten im Konvent darüber Aussprachen stattfinden, so dass
der Superintendent die Möglichkeit hat, Aufgaben, die er nicht bewältigen kann, abzugeben oder
andere zu übernehmen. Entsprechende Möglichkeiten müssen auch den anderen mit Leitungsfunktionen bedachten Brüdern gegeben werden. Dabei werden aus praktischen Gründen von einer
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Person mehrere Funktionen wahrgenommen werden müssen. Wenn man neben der Aufgabe der
Koordinierung den Gemeindebesuch (Visitation) als das Proprium des Superintendenten ansieht,
wäre es gut, wenn davon die seelsorgerliche Betreuung der Brüder im Pfarramt getrennt würde.
Auch die theologische Leitung des Konvents könnten ohne Schwierigkeit dazu besonders befähigte
Brüder übernehmen.
11. Alle Übertragungen von Leitungsfunktionen sollten auf Zeit vorgenommen werden. Es wäre gut,
wenn auch der Superintendent auf Zeit eingesetzt oder gewählt würde, wie es zum Teil in Deutschland und in der Ökumene der Fall ist. Vorläufig sollte, der GO entsprechend (Art. 77,1), der Vorsitzende der bruderschaftlichen Leitung von der Kirchenleitung auf Vorschlag des Verwalters im Bischofsamt berufen werden. Die folgenden Sätze des Art. 77,1 gelten entsprechend. (evtl.: Der Superintendent sollte sich verpflichten, in bestimmten Zeitabständen seine Leitungstätigkeit im Brüderkreis zur Diskussion zu stellen.)
12. Die Teilnahme der Laien an der Leitung auch im Kirchenkreis ist zu aktivieren und zu intensivieren. Im Kreiskirchenrat und in der Synode sollten die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten der
Laien für die Leitung des Kirchenkreises besser ausgenutzt werden als bisher.
Anmerkung:
Diese Dokumentation wurde nach authentischen Unterlagen von dem Unterzeichneten zusammengestellt. Sie wird der Spandauer Kreissynode auf ihrer Tagung am 16. Oktober 1971 vorgelegt und
soll dazu dienen, den von der "Sprechergruppe" gemachten "Vorschlag für eine Regelung der
Nachfolge im Superintendentenamt des Kirchenkreises Spandau" besser bewerten und eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können.
14. Oktober 1971
Günther Brandt
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Rechtsverordnung
über die kollegiale Leitung des Kirchenkreises Spandau
vom 12. Februar 1980
Die Kirchenleitung hat auf Grund von Artikel 99 der Grundordnung nach Anhörung des ständigen
Ordnungsausschusses der Regionalen Synode mit der vorgeschriebenen Mehrheit beschlossen:
§1
Kollegium
Im Kirchenkreis Spandau werden die Aufgeben des Superintendenten einem Kollegium übertragen.
§2
Zusammensetzung
(1) Dem Kollegium gehören an
1. der Vorsitzende des Kreiskirchenrats,
2. ein bis zwei weitere Mitglieder des Kreiskirchenrats,
3. ein bis vier Mitglieder der Kreissynode, die nicht Mitglieder des Kreiskirchenrats sind.
Dem Kollegium müssen mindestens zwei Pfarrer angehören.
(2) Die in Absatz 1 Nr. 2 genannten Mitglieder wählt der Kreiskirchenrat. Die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Mitglieder wählt die Kreissynode. Den Wahlvorschlag für die Kreissynode stellt der Kreiskirchenrat unter dem Vorsitz des Bischofs auf. Der Wahlvorschlag bedarf der Bestätigung der Kirchenleitung.
(3) Hat die Kreissynode bis zu zwei Mitglieder gewählt, kann der Kreiskirchenrat nur ein Mitglied
wählen.
(4) Der Kreiskirchenrat soll sich besonders um die Mitarbeit von Ältesten im Kollegium bemühen.
§3
Amtszeit
Die Amtszeit der gewählten Mitglieder des Kollegiums dauert sechs Jahre. Von drei zu drei Jahren
scheidet die Hälfte aus. Ist die Zahl ungerade, gilt als Hälfte abwechselnd die nächst niedrigere
und die nächst höhere Zahl.
49
§4
Geschäftsordnung
(1) Das Kollegium wählt für ein Jahr seinen Sprecher und dessen Stellvertreter.
(2) Angelegenheiten, die einem Mitglied des Kollegiums in Ausübung der Seelsorge bekannt werden, dürfen nur unter ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen im Kollegium verhandelt werden.
(3) An Verhandlungen außerhalb des Kollegiums können mehrere Mitglieder des Kollegiums teilnehmen, sofern dies nicht im Widerspruch zu Absatz 2 steht.
(4) Das Kollegium tritt in der Regel wöchentlich zusammen. Seine Sitzungen sind nicht öffentlich.
Im Übrigen ist Artikel 57 Nr. 1 bis 6 der Grundordnung als Geschäftsordnung des Kollegiums sinngemäß anwendbar.
§5
Verteilung der Aufgaben
(1) Die Verteilung der Aufgaben des Kollegiums auf dessen Mitglieder regelt ein Geschäftsverteilungsplan. Er wird vom Kreiskirchenrat aufgestellt.
(2) Gemäß dem Geschäftsverteilungsplan ist jedes Mitglied des Kollegiums im Rahmen seines
Aufgabenbereichs beauftragt, die Geschäfte des Kollegiums zu führen. Ist ein Beschluss des Kollegiums erforderlich, hat in eiligen Fallen jedes Mitglied bis Zum Zusammentritt des Kollegiums
einstweilen das Erforderliche zu veranlassen.
§6
Vertretung
Die Vertretung des Kollegiums steht dem Sprecher zu, außerdem jedem Mitglied im Rahmen seines Aufgabenbereichs. Die Vertretung des Kollegiums in anderen Gremien richtet sich nach dem
Geschäftsverteilungsplan.
§7
Kreiskirchenrat
(1) Der Kreiskirchenrat besteht aus dem Vorsitzenden der Kreissynode sowie höchstens sechs
Pfarrern und höchstens sechs Kreisältesten. Mindestens ein Pfarrer muss im Gemeindepfarramt
fest angestellt sein. Die Zahl der bei kirchlichen Körperschaften oder Werken beruflich tätigen Mitarbeiter einschließlich der Pfarrer darf die Hälfte aller Mitglieder des Kreiskirchenrats nicht erreichen (Grundordnung Artikel 88 Abs. 3 Satz 2).
50
(2) Der Kreiskirchenrat wählt aus seinen Mitgliedern den Vorsitzenden und zwei Stellvertreter.
(3) Die Mitglieder des Kollegiums, die dem Kreiskirchenrat nicht angehören, können an seinen
Sitzungen beratend teilnehmen.
(4) Für die Bildung und die Geschäftsordnung des Kreiskirchenrats gilt im übrigen Artikel 90 der
Grundordnung. Die aus den Mitgliedern der Kreissynode aufgestellten Kandidaten für den Kreiskirchenrat müssen der Kreissynode vor der Wahl mitteilen, ob sie bereit sind, im Kollegium mitzuwirken.
§8
Ausscheiden von Mitgliedern des Kollegiums
(1) Die Amtszeit der Mitglieder des Kollegiums endet mit Zeitablauf (§ 3). Wiederwahl ist zulässig.
Die Mitglieder des Kollegiums führen nach dem Ablauf der Amtszeit ihre Tätigkeit fort, bis das
neue Kollegium gebildet ist.
(2) Scheidet ein gewähltes Mitglied vor dem Ende seiner Amtszeit aus dam Kollegium aus, wählt
gemäß § 2 Absatz 2 das zuständige Organ für den Rest der Amtszeit einen Nachfolger.
§9
Übergangsbestimmungen
(1) Das erste Mal wird der Kreiskirchenrat vom Vorsitzenden der Kreissynode, das Kollegium vom
Vorsitzenden des Kreiskirchenrats einberufen.
(2) Drei Jahre, nachdem das Kollegium erstmals auf Grund dieser Rechtsverordnung gebildet worden ist, scheidet die Hälfte seiner gewählten Mitglieder aus. Wer ausscheidet, kann durch Einigung
der Mitglieder bestimmt werden. Wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht oder kommt
keine Einigung zustande, entscheidet das Los.
§ 10
Inkrafttreten
Diese Rechtsverordnung tritt am 25. Februar 1980 in Kraft.
51
Kirchengesetz über die kollegiale Leitungsstruktur in Kirchenkreisen
(Leitungsstrukturgesetz)
Vom 18. November 2000
(KABl.-EKiBB S. 146)
Die Landessynode hat zur Ausführung von Artikel 61 der Grundordnung das folgende Kirchengesetz beschlossen:
§1
(1) Im Kirchenkreis kann eine kollegiale Leitungsstruktur eingeführt werden, bei der ein Leitungskollegium abweichend von den Bestimmungen der Grundordnung über Superintendentin oder Superintendent und Kreiskirchenrat Leitungsaufgaben im Kirchenkreis wahrnimmt.
(2) 1 Ein Wechsel der Leitungsstruktur soll in der Regel erst nach Ablauf der Amtszeit der Betroffenen vorgenommen werden. 2 Ein Wechsel der Leitungsstruktur innerhalb der laufenden Amtszeit
ist nur mit Zustimmung der Betroffenen zulässig. 3 Betroffene sind die Superintendentin, der Superintendent oder die Mitglieder des Leitungskollegiums.
§2
(1) 1 Die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben im Kirchenkreis durch ein Leitungskollegium regelt
die Kreissynode durch kreiskirchliche Satzung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.
2 Vor der Beschlussfassung über die kreiskirchliche Satzung ist dem Konsistorium Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben.
(2) 1 Die kreiskirchliche Satzung muss die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Leitungsaufgaben
im Kirchenkreis gewährleisten. 2 Sie muss insbesondere Bestimmungen enthalten über
1. die Bildung und Zusammensetzung des Leitungskollegiums,
2. die Aufteilung der Leitungsaufgaben zwischen dem Leitungskollegium und dem Kreiskirchenrat,
3. die Zusammenfassung der Aufgaben des Leitungskollegiums zu Zuständigkeitsbereichen,
4. Voraussetzungen für die Abberufung von Mitgliedern des Leitungskollegiums.
(3) Die kreiskirchliche Satzung bedarf der Zustimmung der Kirchenleitung und ist im Kirchlichen
Amtsblatt zu veröffentlichen.
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(4) 1 Die Kirchenleitung muss die Zustimmung zu der kreiskirchlichen Satzung nach Absatz 1 versagen, wenn die Satzung nicht die Gewähr für die sachgemäße Wahrnehmung der Leitungsaufgaben im Kirchenkreis bietet oder gegen die kirchliche Ordnung verstößt. 2 Sie kann die Zustimmung
versagen, wenn wegen der Situation im Kirchenkreis erhebliche Bedenken gegen die Bildung eines Leitungskollegiums bestehen. 3 Vor einer Versagung der Zustimmung erhält der Kirchenkreis
Gelegenheit zur Stellungnahme. 4 Eine ablehnende Entscheidung teilt die Kirchenleitung dem Kirchenkreis unter Angabe der Gründe mit, die für die Ablehnung ausschlaggebend waren. 5 Eine
gerichtliche Überprüfung der Entscheidung findet nicht statt.
§3
(1) 1 Das Leitungskollegium hat mindestens drei und höchstens fünf Mitglieder. 2 Ihm gehören an:
1. die oder der Vorsitzende des Kreiskirchenrats,
2. mindestens ein weiteres ordentliches Mitglied des Kreiskirchenrats und
3. mindestens ein ordentliches Mitglied der Kreissynode, das nicht Mitglied des Kreiskirchenrats sein soll. 2 Mindestens eines der Mitglieder des Leitungskollegiums nach Nummer 1
und 2 muss Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Pfarrdienst sein.
(2) 1 Die Mitglieder des Leitungskollegiums werden von der Kreissynode gewählt. 2 Den Wahlvorschlag stellt der Kreiskirchenrat unter Vorsitz der Generalsuperintendentin oder des Generalsuperintendenten auf. 3 Der Wahlvorschlag bedarf ihrer oder seiner Zustimmung.
(3) 1 Die kreiskirchliche Satzung nach § 2 Abs. 1 kann vorsehen, dass die Kreissynode die Wahl
der Mitglieder des Leitungskollegiums, die zugleich Mitglieder des Kreiskirchenrats sind, dem
Kreiskirchenrat übertragen kann. 2 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
§4
(1) 1 Die kreiskirchliche Satzung trifft Regelungen über den Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz im Leitungskollegium. 2 Sie kann zulassen, dass Vorsitz und stellvertretender Vorsitz nach der
Hälfte der Amtszeit wechseln können.
(2) 1 Vorsitz und stellvertretender Vorsitz werden in der Regel von Mitgliedern des Leitungskollegiums wahrgenommen, die zugleich Mitglieder im Kreiskirchenrat sind. 2 Ist die oder der Vorsitzende
des Leitungskollegiums nicht Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Pfarrdienst, muss die oder der stellvertretende Vorsitzende Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Pfarrdienst sein. 3 Die Bestellung der
oder des Vorsitzenden und der oder des stellvertretenden Vorsitzenden bedarf der Bestätigung der
Kirchenleitung.
(3) Bei einer länger dauernden Verhinderung der oder des Vorsitzenden oder im Falle der Vakanz
kann der Kreiskirchenrat im Einvernehmen mit dem Konsistorium die Vertretung anders regeln.
53
§5
(1) Das Leitungskollegium nimmt die ihm in der kreiskirchlichen Satzung nach § 2 Abs. 1 übertragenen Aufgaben wahr.
(2) 1 Die Aufgaben des Leitungskollegiums werden zu Zuständigkeitsbereichen zusammengefasst
und einzelnen Mitgliedern des Leitungskollegiums zugewiesen. 2 Die Aufgabenverteilung sowie
etwaige Änderungen werden dem Konsistorium unverzüglich angezeigt.
(3) 1 Die Rechte nach Artikel 56 Abs. 3 der Grundordnung und die Aufgaben nach Artikel 57
Abs. 1 Nr. 3, 5 und 10 der Grundordnung, die Dienstaufsicht über die Pfarrerinnen und Pfarrer im
Kirchenkreis sowie die Teilnahme am Konvent der Superintendentinnen und Superintendenten
nach Artikel 91 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung sind dem im Pfarrdienst tätigen Mitglied des Leitungskollegiums vorbehalten, das den Vorsitz oder, wenn die oder der Vorsitzende nicht Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Pfarrdienst ist, den stellvertretenden Vorsitz im Leitungskollegium führt. 2
Dieses Mitglied hat das aktive und passive Wahlrecht nach Artikel 73 Abs. 3 der Grundordnung.
(4) Jedes Mitglied des Leitungskollegiums ist sowohl dem Gesamtgremium als auch dem Kreiskirchenrat gegenüber für die Erfüllung seiner Aufgaben verantwortlich.
(5) Das Mitglied, das die Aufgaben nach Absatz 3 wahrnimmt, ist hinsichtlich der Erfüllung dieser
Aufgaben auch der Kirchenleitung verantwortlich.
§6
(1) 1 Für die Geschäftsführung des Leitungskollegiums gilt Artikel 55 Abs. 4 der Grundordnung
entsprechend, soweit sich nicht aus diesem Kirchengesetz oder der kreiskirchlichen Satzung nach
§ 2 Abs. 1 etwas anderes ergibt. 2 Näheres kann in einer Geschäftsordnung geregelt werden, die
das Leitungskollegium im Einvernehmen mit dem Kreiskirchenrat beschließt.
(2) Für die Verschwiegenheitspflichten gelten Artikel 6 der Grundordnung sowie die Bestimmungen
des Pfarrdienstrechts.
§7
(1) 1 Die Amtszeit des Leitungskollegiums ist an die Amtszeit des Kreiskirchenrats gebunden.
2 Die Mitglieder bleiben bis zur Wahl ihrer Nachfolgerinnen oder Nachfolger oder bis zur Wahl einer Superintendentin oder eines Superintendenten im Amt. 3 Wiederwahl ist zulässig.
(2) Scheidet ein Mitglied des Leitungskollegiums vor Ablauf der Amtszeit aus, wird für den Rest der
Amtszeit eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger bestellt.
(3) 1 Ein Mitglied des Leitungskollegiums scheidet vor Ablauf der Amtszeit aus dem Leitungskollegium aus, wenn es die Mitgliedschaft in der Kreissynode verliert. 2 Mitglieder des Leitungskollegiums, die zugleich Mitglieder des Kreiskirchenrats sind, scheiden auch aus, wenn sie die Mitgliedschaft im Kreiskirchenrat verlieren.
(4) Für das Ruhen der Mitgliedschaft gilt Artikel 21 Abs. 7 der Grundordnung entsprechend.
54
§8
(1) 1 Die Mitglieder des Leitungskollegiums können durch Erklärung gegenüber dem Kreiskirchenrat und der Generalsuperintendentin oder dem Generalsuperintendenten ihre Mitgliedschaft im
Leitungskollegium niederlegen. 2 Die oder der Vorsitzende sowie die oder der stellvertretende
Vorsitzende können durch Erklärung gegenüber dem Kreiskirchenrat von ihren Ämtern zurücktreten, ohne die Mitgliedschaft im Leitungskollegium niederzulegen.
(2) 1 Die oder der Vorsitzende und die oder der stellvertretende Vorsitzende des Leitungskollegiums kann auf Antrag der Kreissynode, der Bischöfin oder des Bischofs oder der Generalsuperintendentin oder des Generalsuperintendenten nach Anhörung der oder des Betroffenen, des Leitungskollegiums und des Kreiskirchenrats von der Kirchenleitung abberufen werden. 2 Ist die oder
der Betroffene Vorsitzende oder Vorsitzender des Kreiskirchenrats, endet mit der Abberufung
zugleich der Vorsitz im Kreiskirchenrat. 3 Der Antrag der Kreissynode nach Satz 1 bedarf einer
Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder. 4 In dringenden Fällen kann die Kreissynode, wenn sie
bei der Kirchenleitung die Abberufung beantragt, das den Vorsitz oder das den stellvertretenden
Vorsitz im Leitungskollegium führende Mitglied bis zur Entscheidung der Kirchenleitung vorläufig,
längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, von seinen Aufgaben entbinden und sie einem
anderen Mitglied des Leitungskollegiums übertragen. 5 Satz 4 gilt entsprechend für die Kirchenleitung, wenn ein Antrag auf Abberufung nach Satz 1 gestellt wird.
(3) 1 Andere Mitglieder des Leitungskollegiums können von der Kreissynode aus dem Leitungskollegium abberufen werden; die Entscheidung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Kreissynode. 2 Die oder der Betroffene, das Leitungskollegium und der
Kreiskirchenrat sowie die Generalsuperintendentin oder der Generalsuperintendent sind vorher zu
hören. 3 In dringenden Fällen kann das Leitungskollegium im Einvernehmen mit dem Kreiskirchenrat ein Mitglied des Leitungskollegiums vorläufig für die Dauer von sechs Monaten, längstens jedoch bis zur nächsten Tagung der Kreissynode, von seinen Aufgaben entbinden und sie einem
anderen seiner Mitglieder übertragen.
(4) 1 Gegen Entscheidungen nach Absatz 3 kann innerhalb eines Monats Beschwerde bei der Kirchenleitung eingelegt werden, die abschließend entscheidet. 2 Eine gerichtliche Überprüfung der
Entscheidungen nach Absatz 2 und 3 findet nicht statt.
§9
(1) 1 Dem Kreiskirchenrat gehören die Mitglieder nach Artikel 55 Abs. 1 Nr. 1 und 4 bis 6 der
Grundordnung an. 2 Es müssen mindestens drei im Pfarrdienst tätige Mitglieder dem Kreiskirchenrat angehören. 3 Im Übrigen bleiben die Bestimmungen über die Bildung und die Zusammensetzung des Kreiskirchenrats unberührt.
(2) 1 Den Vorsitz im Kreiskirchenrat führt in der Regel ein im Pfarrdienst tätiges Mitglied, das von
der Kreissynode aus dem Kreis der im Pfarrdienst tätigen ordentlichen Mitglieder des Kreiskirchen55
rats gewählt wird. 2 In diesem Fall liegt der stellvertretende Vorsitz bei der oder dem Vorsitzenden
der Kreissynode. 3 Die Kreissynode kann abweichend von Satz 1 eines der ordentlichen Mitglieder
des Kreiskirchenrats nach Artikel 55 Abs. 1 Nr. 6 der Grundordnung für den Vorsitz wählen. 4 In
diesem Fall muss für den stellvertretenden Vorsitz ein im Pfarrdienst tätiges ordentliches Mitglied
des Kreiskirchenrats von der Kreissynode gewählt werden.
(3) Dem Kreiskirchenrat können in der kreiskirchlichen Satzung nach § 2 Abs. 1 auch Aufgaben
der Superintendentin oder des Superintendenten übertragen werden, soweit die Aufgaben nicht
nach § 5 Abs. 3 der oder dem Vorsitzenden oder der oder dem stellvertretenden Vorsitzenden des
Leitungskollegiums vorbehalten sind.
§ 10
1 Wenn die Amtszeit des Leitungskollegiums endet, kann die Kirchenleitung ihre Zustimmung zur
kreiskirchlichen Satzung nach § 2 Abs. 3 aus den in § 2 Abs. 4 genannten Gründen zurückziehen.
2 Vor der Entscheidung erhält der Kirchenkreis Gelegenheit zur Stellungnahme. 3 Die Entscheidung ist zu begründen. 4 In diesem Fall muss das Verfahren zur Bestellung einer Superintendentin
oder eines Superintendenten eingeleitet werden. 5 Die Kirchenleitung entscheidet abschließend. 6
Eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung findet nicht statt.
§ 11
(1) 1 Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Dezember 2000 in Kraft. 2 Zugleich tritt das Kirchengesetz
zur Regelung kreiskirchlicher Leitungsformen nach Artikel 55 Absatz 3 der Grundordnung vom 28.
April 1981 (MBB 1982 S. 2) außer Kraft.
(2) 1 Bei Inkrafttreten dieses Kirchengesetzes bestehende kollegiale Leitungsstrukturen in den
Kirchenkreisen können bis zur Neubildung der Kreissynoden im ersten Halbjahr 2002 unverändert
beibehalten werden. 2 Die für sie maßgeblichen Strukturvorgaben gelten bis zur Bildung neuer
kollegialer Leitungsstrukturen nach diesem Kirchengesetz oder bis zur Wahl einer Superintendentin oder eines Superintendenten fort. 3 Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Kirchengesetzes gewählten Mitglieder kollegialer Leitungen, die nicht Mitglieder des Kreiskirchenrats sind, bleiben bis zum Ablauf der Amtszeit, für die sie gewählt sind, im Amt.
(3) 1 Spätestens nach der Neubildung der Kreissynoden im ersten Halbjahr 2002 ist in Kirchenkreisen mit kollegialen Leitungsstrukturen unverzüglich die Bildung neuer kollegialer Leitungsstrukturen nach diesem Kirchengesetz oder die Wahl einer Superintendentin oder eines Superintendenten einzuleiten. 2 Mit der Bildung kollegialer Leitungsstrukturen nach diesem Kirchengesetz,
spätestens mit Ablauf des Jahres 2002, treten die bis dahin fortgeltenden Strukturvorgaben, insbesondere die Rechtsverordnung über die kollegiale Leitung des Kirchenkreises Spandau vom 12.
Februar 1980 (KABl.-EKiBB S. 51), außer Kraft.
56
Satzung des Kirchenkreises Spandau
über die Kollegiale Leitung
Vom 16. März 2002
Die Kreissynode beschließt bezugnehmend auf Artikel 61 der Grundordnung vom 19. November
1994 (KABl. S. 182) und aufgrund von § 2 des Kirchengesetzes über die kollegiale Leitungsstruktur in Kirchenkreisen (Leitungsstrukturgesetz) vom 18. November 2000 (KABl. S. 146) sowie nach
Zustimmung der Kirchenleitung folgende Satzung:
§1
Im Kirchenkreis Spandau werden die Aufgaben der Superintendentin oder des Superintendenten
einem Kollegium übertragen.
§2
(1) Das Kollegium hat fünf Mitglieder. Ihm gehören an
1. die oder der Vorsitzende des Kreiskirchenrates,
2. zwei weitere ordentliche Mitglieder des Kreiskirchenrates und
3. zwei ordentliche Mitglieder der Kreissynode, die nicht Mitglied des Kreiskirchenrates sind.
(2) Dem Kollegium müssen mindestens zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter im Pfarrdienst angehören, davon mindestens eines der Mitglieder nach Absatz 1 Nr. 1 und 2.
(3) Die Mitglieder des Kollegiums nach § 2 Abs. 1 werden von der Kreissynode gewählt.
(4) Den Wahlvorschlag stellt der Kreiskirchenrat unter Vorsitz der Generalsuperintendentin oder
des Generalsuperintendenten auf. Er bedarf ihrer oder seiner Zustimmung.
§3
(1) Vorsitz und /oder stellvertretender Vorsitz werden in der Regel von Mitgliedern des Kollegiums
wahrgenommen, die zugleich Mitglieder im Kreiskirchenrat sind. Sie werden vom Kollegium aus
seiner Mitte gewählt. Eine der beiden Funktionen muss mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter im Pfarrdienst besetzt sein. Die Bestellung der oder des Vorsitzenden und der oder des stellvertretenden Vorsitzenden bedarf der Bestätigung durch die Kirchenleitung.
(2) Die Zusammenfassung der Aufgaben des Kollegiums zu Zuständigkeitsbereichen wird im Einvernehmen mit dem Kreiskirchenrat in einer Geschäftsordnung geregelt. Die Aufgabenverteilung
sowie etwaige Änderungen sind dem Konsistorium anzuzeigen.
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(3) Die Rechte nach Artikel 56 Abs. 3 und die Aufgaben nach Artikel 57 Abs. 1 Nr. 3, 5 und 10 der
Grundordnung, die Dienstaufsicht über die Pfarrerinnen und Pfarrer im Kirchenkreis sowie die
Teilnahme am Konvent der Superintendentinnen und Superintendenten nach Artikel 91 Abs. 1
Satz 1 der Grundordnung sind dem im Pfarrdienst tätigen Mitglied des Kollegiums vorbehalten, das
den Vorsitz oder, wenn die oder der Vorsitzende nicht Mitarbeiterin oder Mitarbeiter im Pfarrdienst
ist, den stellvertretenden Vorsitz im Kollegium führt. Dieses Mitglied hat das aktive und passive
Wahlrecht nach Artikel 73 Abs. 3 der Grundordnung.
(4) Vorsitz und stellvertretender Vorsitz können nach der Hälfte der Amtszeit wechseln, wenn dies
das Kollegium im Einvernehmen mit der oder dem Vorsitzenden und der oder dem stellvertretenden Vorsitzenden beschließt. Der Wechsel ist dem Kreiskirchenrat spätestens einen Monat vor
Ablauf der Hälfte der Amtszeit anzuzeigen.
§4
(1) Der Kreiskirchenrat hat elf Mitglieder. Ihm gehören an
1. der oder die Vorsitzende der Kreissynode,
2. mindestens drei im Pfarrdienst tätige Mitglieder,
3. mindestens ein hauptberuflich bei kirchlichen Körperschaften, Einrichtungen oder Werken,
jedoch nicht im Pfarrdienst oder in der kreiskirchlichen Verwaltung tätiges Mitglied,
4. weitere Mitglieder, die nicht bei kirchlichen Körperschaften, Einrichtungen oder Werken beruflich tätig sind.
Die Zahl der bei kirchlichen Körperschaften, Einrichtungen oder Werken beruflich Tätigen unter
den Mitgliedern des Kreiskirchenrates muss kleiner sein als die Hälfte der Mitgliederzahl.
(2) Die Mitglieder des Kreiskirchenrates werden von der Kreissynode nach ihrer Neubildung aus
ihren ordentlichen Mitgliedern gewählt, sie bleiben bis zur Wahl ihrer Nachfolgerinnen und Nachfolger im Amt. Für die Mitglieder nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 werden getrennt nach den Nummern 2
bis 4 personengebunden Stellvertreterinnen und Stellvertreter gewählt. Scheidet ein Mitglied aus,
wählt die Kreissynode auf ihrer nächsten Tagung ein neues Mitglied.
(3) Den Vorsitz im Kreiskirchenrat führt in der Regel ein im Pfarrdienst tätiges Mitglied, das von der
Kreissynode aus dem Kreis der im Pfarrdienst tätigen ordentlichen Mitglieder des Kreiskirchenrates gewählt wird. In diesem Fall liegt der stellvertretende Vorsitz bei der oder dem Vorsitzenden
der Kreissynode. Die Kreissynode kann abweichend von Satz 1 eines der ordentlichen Mitglieder
des Kreiskirchenrates nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 für den Vorsitz wählen. In diesem Fall muss für
den stellvertretenden Vorsitz ein im Pfarrdienst tätiges ordentliches Mitglied des Kreiskirchenrates
gewählt werden.
(4) Die Aufgaben nach Artikel 57 der Grundordnung werden vom Kollegium, die Aufgaben nach
Artikel 53 und 54 der Grundordnung vom Kreiskirchenrat wahrgenommen.
58
§5
(1) Die Amtszeit des Kollegiums ist an die Amtszeit des Kreiskirchenrates gebunden. Die Mitglieder bleiben bis zur Wahl ihrer Nachfolgerinnen oder Nachfolger oder bis zur Wahl einer Superintendentin oder eines Superintendenten im Amt. Wiederwahl ist zulässig.
(2) Scheidet ein Mitglied des Kollegiums vor Ablauf der Amtszeit aus, wird für den Rest der Amtszeit eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger bestellt.
(3) Ein Mitglied des Kollegiums scheidet vor Ablauf der Amtszeit aus, wenn es die Mitgliedschaft in
der Kreissynode verliert. Ist es zugleich Mitglied des Kreiskirchenrates scheidet es ebenfalls aus,
wenn es die Mitgliedschaft im Kreiskirchenrat verliert.
§6
(1) Die Mitglieder des Kollegiums können durch Erklärung gegenüber dem Kreiskirchenrat und der
Generalsuperintendentin oder dem Generalsuperintendenten ihre Mitgliedschaft im Kollegium niederlegen.
(2) Die oder der Vorsitzende sowie die oder der stellvertretende Vorsitzende können durch Erklärung gegenüber dem Kreiskirchenrat von ihren Ämtern zurücktreten, ohne die Mitgliedschaft im
Kollegium niederzulegen.
§7
Auf die Abberufung von Mitgliedern des Kollegiums findet § 8 Abs. 2 bis 4 des Leitungsstrukturgesetzes Anwendung.
§8
(1) Diese Satzung tritt vorbehaltlich der Zustimmung der Kirchenleitung mit der Beschlussfassung
in Kraft.
(2) Für die Mitglieder des zur Zeit amtierenden Kollegiums, die zugleich Mitglieder des Kreiskirchenrates sind, endet die Amtszeit mit der Neuwahl des Kreiskirchenrates. Die übrigen gewählten
Mitglieder des Kollegiums bleiben bis zum Ablauf der Amtszeit, für die sie gewählt sind, im Amt.
(3) Die Bestimmungen des § 8 Abs. 2 der Satzung treten mit dem Ende der Wahlperiode 2002 bis
2008 außer Kraft.
59
Theologische Leitsätze zum Planungsprozess im Kirchenkreis Spandau
- vorgelegt 1985 vom Arbeitskreis Kirche Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
(Matth. 6,33)
Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. (Rö 14,17)
Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr
prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
(Rö 12,2)
Unser Arbeitskreis1 hat in einigen Leitsätzen einen theologisch begründeten Umgang mit dem
Thema Bauten und Finanzen versucht. Dahinter steht die Notwendigkeit, dass auf dieser Kreissynode über Bauten und Finanzen nicht nur technokratisch verhandelt wird, sondern sich unser Reden während der ganzen Beratung theologisch ausweist. Jeder, der sich zur Frage der Bauten
äußert, muss kenntlich machen, wie er seine Vorschläge zurückbindet an den Auftrag der Kirche.
Auf diese Weise wird eine Trennung von theologischen und sachlichen Themen (z. B. erst Andacht
für sich und dann Sachthemen für sich) vermieden, und die Sachthemen können keine Eigengesetzlichkeit entwickeln.
I. Zur Situation
Der Kirchenkreis Spandau hat nach dem 2. Weltkrieg am wachsenden Reichtum der Kirchen in der
Bundesrepublik teilgehabt. Wir haben gebaut, weil die Stadtplanung es vorsah, weil Geld da war
und weil das Geld angelegt werden musste. Zwei Drittel der Kirchen und Gemeindezentren in
Spandau sind nach 1945 entstanden, der größte Teil davon zwischen 1964 und 1973. Dabei haben wir zu wenig nach dem Auftrag der Kirche gefragt.
In der Regel war es das Ziel, mit Gebäuden, Pfarrämtern und Mitarbeitern die Volkskirche flächendeckend auszubauen. Heute stehen wir als eine, im ökumenischen Kontext betrachtet, immer noch
sehr reiche Kirche vor dem Problem, daß die bewilligten Mittel für Bauunterhaltung bei weitem
nicht ausreichen. Baufragen belasten viele Gemeinden und nehmen Zeit und Kraft in Anspruch.
Sie verhindern die theologische Reflexion und machen es unmöglich, auf Situationen einzugehen,
die der Kirche einen neuen und anderen Dienst abfordern. Wie kommen wir zu einer Entlastung?
Wie werden wir wieder frei dafür, uns um den Auftrag der Kirche heute und morgen zu kümmern?
60
Die Regionalsynode hat sich im Mai 1985 mit Bauten und Geld beschäftigt und eine gesamtkirchliche Planung angeordnet. Das Kollegium des Kirchenkreises Spandau hat daraufhin im Februar
1986 den Gemeinden einen Vorschlag zur Gesamtplanung im Kirchenkreis gemacht. Diese Kreissynode setzt den Planungsprozess fort. Es geht um Einsparungen, um Verteilung der vorhandenen Gelder, um Abgeben und Aufgeben von Gebäuden und Grundstücken (und in Konsequenz
davon von Arbeitsplätzen).
Unsere Gefahr ist,
1. daß unsere Entscheidungen bestimmt werden vom Wunsch nach Bestandswahrung und von
der Angst vor Verkleinerung und Bedeutungsverlust,
2. daß die Konkurrenz um die zu verteilenden Gelder uns trennt und daß die nächsten Jahre stark
von Verteilungskämpfen geprägt sind,
3. daß wir die Frage nach dem Auftrag der Kirche wieder einmal aufschieben, weil wir doch wieder
nur auf eine rein finanzielle Lösung hoffen (damit wird nicht bestritten, daß die Gesamtkirche zu
einer Offenlegung der Finanzen verpflichtet ist),
4. daß wir mit Veränderungen so lange warten, bis sie uns durch die Verhältnisse aufgezwungen
werden.
Unsere Chance ist,
1. jetzt zu planen, wo wir noch Spielräume haben, um zukünftige Lebensmöglichkeiten der Kirche
zu erproben,
2. jetzt zu planen, wo wir vielleicht noch eine gezielte biblisch begründete und von allen mitbestimmte Veränderung erreichen können,
3. von den bisherigen Erfahrungen mit neuen Formen des Gemeindelebens bei uns und von den
Modellen aus der Ökumene zu lernen,
4. den Gewinn zu erkennen, den eine Veränderung bedeuten kann, selbst wenn sie mit Verzicht
verbunden ist. Nur so werden wir "den Herausforderungen gerecht werden, denen die Kirchen
wahrend der nächsten Jahrzehnte um ihrer Botschaft willen zu antworten haben" (W. Huber)
61
II. Leitsätze
1. Kirche ist nicht Kirche dadurch, daß sie betreut und gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigt,
sondern Kirche ist Kirche Jesu Christ in der im Gottesdienst um das biblische Wort versammelten
und zum Zeugnis und Dienst ausgesendeten Gemeinde. Kirche geschieht da, wo Befreiung durch
Jesus Christus erfahren und der Ruf in die Nachfolge wahrgenommen wird.
2. Dienst und Nachfolge finden im Alltag statt. Es geht nicht um Pflege des kirchlichen Binnenlebens, sondern um die "Weitergabe der in Jesus Christus offenbar gewordenen Liebe Gottes an die
Menschen in den Sachbereichen der Welt" (aus: Missionarische Struktur der Gemeinde in der
DDR).
3. Im Blick auf diesen Dienst im Alltag wäre Zentralisierung der falsche Weg. Die Gemeinde
braucht als Sammlungsformen, die ihrer Sendung gemäß sind, "Zellen …, in denen Gemeinschaft,
Liebe, mündiger Glaube und echte Dienstfähigkeit der Gemeinde wachsen können" (Gestrich).
Gegenüber den hauptberuflichen Mitarbeitern sind dann die Laien keine Betreuungsobjekte, sondern notwendige Fachleute des Lebens (z. B. ihrer Berufsbereiche) im gemeinsamen Gespräch
über die biblische Tradition.
4. Unter dem ökumenischen Stichwort "Mission als Strukturprinzip“ haben diese Themen (Leitsätze 1 - 3) die Kreissynode Spandau in den 60er Jahren stark beschäftigt.
5. Der Dienst der Gemeinde in der Welt muss auch Kriterium für die Kooperation zwischen den
Ortsgemeinden sein. Kooperation darf nicht vorrangig von dem Ziel bestimmt sein, Gebäude und
Arbeitsplätze einzusparen, sondern sie muss sich von der Frage leiten lassen, wie der Dienst der
Christen in der Welt wirksamer gestaltet werden kann. Kooperieren können Gemeinden nicht nur
im Hinblick auf Räume, sondern auch auf Fachkenntnisse, auf besondere persönliche Gaben und
auf am Ort gewachsene Arbeitsformen.
6. Die Kirche Jesu Christi umspannt die ganze Welt. Wir, Christen in Berlin (West) als ein Teil dieser Kirche, müssen auf die Stimmen aus der Ökumene hören. Wir müssen die Erfahrungen und
Anfragen aus der Ökumene als Herausforderung und Aufruf zur Buße ernst nehmen, z. B. die Anfragen zu unserem Umgang mit Macht und Reichtum und zu der Beziehung unserer Kirche zum
Staat (5. Bericht über das ökumenische Besuchsprogramm).
7. Unser Umgang mit Geld und Bauten muss sich vom Auftrag der Kirche in der gegenwärtigen
Weltsituation her bestimmen. Den Auftrag hat die ökumenische Weltversammlung in Vancouver
1983 klar bezeichnet: Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
8. Die Gestalt der Kirche darf ihrem Auftrag nicht im Wege stehen (Barmen III). Die gegenwärtige
62
Gestalt der Kirche als einer gesellschaftlichen Großorganisation behindert den ihr gegebenen spirituellen und prophetischen Auftrag.
9. Die anstehende Veränderung der Kirche ist auf jeden Fall mit Kosten verbunden. Die Kosten
müssen gleich verteilt werden. Kein Bereich und kein Stand, auch der Pfarrerstand nicht, darf ausgespart werden.
10. "Alles ist verloren, wenn wir entschlossen sind, auf nichts zu verzichten." (C. F. von Weizsäcker)
Wir wollen bei der Kreissynode folgenden Antrag einbringen:
Antrag an die Kreissynode
Die Kreissynode beschließt, ab 1987 jährlich 1 % der Ergänzungszuweisung für Bauunterhaltung
(ca. 6.500.- DM) abzugeben an unseren Partner-Kirchenkreis Kapstadt (Südafrika).
Begründung:
Die Sorge um unsere Bauten ist eine vergleichsweise geringe Sorge. Wir wollen als reiche Kirche
zeichenhaft einen Schritt in Richtung eines ökumenischen Lastenausgleichs gehen, damit unser
theologisches Denken und Reden nicht unverbindlich bleibt.
Literatur
1. Bensberger Kreis, Geld darf nicht das Leben der Kirche bestimmen, Frankfurter
Rundschau 24. 5. 1985
2. Bericht über das ökumenische Besuchsprogramm in den Kirchen der Bundesrepublik
und Berlin, 14.9. - 6.10.1982
3. Gestrich, Christof: Gemeindeaufbau in Geschichte und Gegenwart, in: Pastoraltheologie 1986,1
4. Huber, Wolfgang: Welche Volkskirche meinen wir? Ein Schlüsselbegriff gegenwärtigen Kirchenverständnisses im Licht der Barmer Theologischen Erklärung, in: Folgen
christlicher Freiheit. Ethik und Theorie der Kirche im Horizont der Barmer Theologischen Erklärung, Neukirchen-Vluyn 1983. Zeugnisauftrag und materielle Struktur.
Gibt es theologische Kriterien kirchlicher Ökonomie? in: Folgen christlicher Freiheit
5. Missionarische Struktur der Gemeinde in der DDR. Untersuchungen einer ökumenischen Arbeitsgemeinschaft (ök AG)
---------1) Arbeitskreis (siehe Seite 48) Karsten Böhm, Alfred Butenuth, Klaus Feierabend, Klaus Dieter
Gens, Arnd von der Hude, Mone Kraft, Willi Magg, Gerlinde Schnell, Karin Steinberg
63
Liste der Kollegialen
Kollegien im Kirchenkreis Spandau
1972 – 1974
Herr Dr. Martin Augustat, Amtsrichter i. R.
Herr Pfr. Emil Cauer
Herr Pfr. Alfred Buthenuth
Herr Pfr. Arnd v. der Hude
Herr Pfr. Hartwig Schurig
Frau Pfn. Christa Treichel
Herr OKR Rudolf Kehr
1974 – 1977
Herr Pfr. Alfred Buthenuth
Herr Pfr. Emil Cauer
Herr Pfr. Arnd von der Hude
Frau Pfn. Lona Kutzer-Laurien
Herr Reinhard Lehmann, Amtmann
Herr Pfr. Herrmann Roder
Herr Dr. E. Tiemann
Herr Sup. i. R. Wilhelm Hahn
1977 – 1980
Herr Pfr. Emil Cauer
Herr Pfr. Klaus Feierabend
Herr Pfr. Joachim Heinze
Herr Pfr. Arnulf Kraft
Frau Pfn. Lona Kutzer Laurien
Herr Reinhard Lehmann, Amtmann
Herr Herbert Zander, Lehrer
1980 – 1983
Herr Pfr. Klaus Feierabend
Herr Pfr. Joachim Heinze
Herr Pfr. Arnulf Kraft
Herr Pfr. Jochen Muhs
Herr Berndt Rocca, Richter
Frau Pfn. Christa Treichel
Herr Herbert Zander, Lehrer
64
1983 – 1987
Herr Pfr. Thomas Hartmann
Herr Pfr. Henning Heyde
Frau Pfn. Susanne Jäger-Gerlach
Herr Pfr. Jochen Muhs
Herr Fritz Neidiger, Lehrer
Herr Bernd Rocca, Richter
Frau Pfn. Christa Treichel
1987 – 1989
Herr Pfr. Thomas Hartmann
Herr Pfr. Henning Heyde
Frau Pfn. Mone Kraft
Frau Pfn. Susanne Jäger-Gerlach
Herr Pf. Reiner Kreft
Frau Pfn. Lona Kutzer-Laurien
Herr Fritz Neidiger, Lehrer
Herr Jörg Siebke, Ingenieur
1989 – 1992
Frau Pfn. Mone Kraft
Herr Pfr. Reiner Kreft
Frau Pfn. Lona Kutzer-Laurien
Herr Pfr. Christian Maechler
Frau Renate Obst, Konsistorialangestellte
Herr Pfr. Jürgen Peukert
Herr Jörg Siebke, Ingenieur
1992 - 1996
Frau Rosemarie Druba
Frau Pfn. Mone Kraft
Herr Pfr. Christian Maechler
Frau Renate Obst, Konsistorialangestellte
Herr Pfr. Jürgen Peukert
Frau Karin Rockicki, Hausfrau
Herr Pfr. Klaus Wiesinger
65
1996 - 1999
Frau Rosemarie Druba, Hausfrau
Herr Pfr. Gottfried Hoffmann
Herr Pfr. Volker Lübke
Herr Pfr. Christian Maechler
Herr Horst Skoppeck, Rentner, ehem. Projektplaner
Herr Hans Tegel, Pensionär, ehem. Oberrechnungsrat
Herr Pfr. Klaus Wiesinger
1999 - 2002
Frau Christiane Ehrhardt, Beauftrage für RU
Herr Pfr. Gottfried Hoffmann
Herr Pfr. Volker Lübke
Frau Pfn. Gerlinde Schnell-Fechner
Herr Horst Skoppeck, Rentner, ehem. Projektmanager
Herr Hans Tegel, Pensionär, ehem. Oberrechnungsrat
2002 - 2004
Herr Dietrich Berndt, Rentner, ehem. Bauingenieur
Herr Pfr. Volker Lübke
Frau Pfn. Christine Pohl
Frau Brigitte Schirrmacher, Rentnerin, ehem. Gemeindehelferin u. a.
Frau Pfn. Gerlinde Schnell-Fechner
2004 – 2008
Herr Dietrich Berndt, Rentner, ehem. Bauingenieur
Herr Pfr. Claas Ehrhardt
Frau Pfn. Christine Pohl
Frau Brigitte Schirrmacher Rentnerin, ehem. Gemeindehelferin u. a.
Frau Pfn. Gerlinde Schnell-Fechner
ab April 2008
Herr Dietrich Berndt, Rentner, ehem. Bauingenieur
Herr Pfr. Karsten Dierks
Frau Marion Götz, Bankangestellte
Frau Pfn. Christine Pohl
Frau Brigitte Schirrmacher Rentnerin, ehem. Gemeindehelferin u. a.
66
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