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NEUE DISPERGIERMITTEL
Wer hat nicht schon einmal selbst zu Tapete, Farbe und
Pinsel gegriffen, um das Kinderzimmer auf Vordermann zu
bringen? Wer hat nicht schon einmal im Baumarkt nach der
richtigen Abtönfarbe gesucht oder sogar einen ganz bestimmten Ton anmischen lassen, weil die fertigen Produkte
immer haarscharf neben der eigenen Vorstellung lagen?
Meist ohne es zu wissen sind Do-it-yourself-Spezialisten so
mit Pigmentkonzentraten in Berührung gekommen, die eine
große Bedeutung für die Industrie der Farben und Lacke
haben. Bei ihrer Herstellung und Verarbeitung ist eine Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen, damit am Ende das
Resultat auf Decken und Wänden, auf Holz, Metall und Beton
auch stimmt.
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universelle Pigmentkonzentrate
Universell: Die neuen Dispergiermittel können sowohl für wasserals auch für lösemittelbasierte
Systeme und für alle heute genutzten
Pigmente eingesetzt werden
Um derartige Pigmentkonzentrate herzustellen, sind Netz- und Dispergieradditive
für die Einarbeitung von Pigmenten und
Füllstoffen zwingend erforderlich. Neben
den Pigmenten bestimmen gerade sie als
wichtige Formulierungsbestandteile ganz
wesentlich das optische Erscheinungsbild
und die physikalisch-chemischen Eigenschaften von Beschichtungen. Pigmente
sind in einem Lack oder in einer Anstrichfarbe grundsätzlich die teuerste Komponente, die durch Dispergiermittel einer
wirtschaftlichen Nutzung zugeführt wird.
Die trockenen Pigmentpulver neigen wegen ihrer reaktiven Oberfläche dazu, Aggregate und Agglomerate zu bilden, die zu
einer negativen Beeinflussung von Farbstärke, Reinheit, Glanz oder Deckvermögen führen können. Dispergiermittel garantieren eine möglichst gleichmäßige
Verteilung der Pigmente ohne Sedimentation, eine hohe und lange Stabilität der
Dispersionen sowie eine gute Verarbeitbarkeit, wenn sie bei entsprechender Einbringung von Scherenergie gleichmäßig
und dauerhaft auf die Pigmentoberflächen
aufgezogen sind.
Bisher wurden diese Aufgaben in universellen Pigmentkonzentraten unter anderem von Alkylphenolethoxylaten (APE) erfüllt, deren
Einsatz aus ökotoxikologischen Gründen jedoch zunehmend als bedenklich angesehen wird. Ein gemischtes
Team aus Mitarbeitern des ehemaligen Geschäftsbereichs
Oligomers & Silicones – seine Aktivitäten wurden im
Rahmen der Degussa Neuorganisation zum 1. Januar
2006 den beiden Geschäftsbereichen Care & Surface Specialties sowie Coatings & Colorants zugeordnet – hat mit
der Additivfamilie TEGO Dispers 65X eine wegweisende,
umweltverträgliche Alternative entwickelt und dafür den
Degussa Innovationspreis 2005 in der Kategorie „Neue
Produkte“ gewonnen.
Die Marktrelevanz der neuartigen Additive ist ausgesprochen hoch, da diese Technologie nicht nur für Do-ityourself-Produkte im Baumarktbereich geeignet ist, sondern auch den höheren Ansprüchen von Handwerk und
Industrie gerecht wird. Die Leistungsfähigkeit wird jedoch vor allem durch die Universalität im Einsatzspektrum deutlich: Die neuen Dispergiermittel lassen keine
Schwächen erkennen – weder in Bezug auf irgendein
heute genutztes Pigment noch hinsichtlich des Lösemittels, das für die Herstellung des Lacks verwendet wird.
Das Konzept ist daher gleichermaßen für die Einfärbung
von wässrigen und lösemittelhaltigen Lacken und Farben
geeignet. Wässrige Lacke und Farben dominieren zwar
bereits heute in Nord- und Westeuropa, aber lösemittelbasierte Systeme spielen hier und in Amerika oder Asien
immer noch eine wichtige Rolle. Universalität bezüglich
Pigmenten und Lösemitteln war deshalb ein besonderer
Anspruch der Entwicklung.
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Organische Pigmente lassen sich mit TEGO Dispers 65X (links) deutlich besser dispergieren als mit herkömmlichen Fettalkoholethoxylaten (rechts).
Grund sind die aromatischen Ringstrukturen, die gegenüber hydrophoben Pigmentoberflächen eine hohe Pigmentaffinität aufweisen
Styroloxid – Schlüssel zum Erfolg
Für die neue Produktidee wurde die vorhandene Erfahrung bei der Herstellung von Polyethern mit der Verwendung ungewöhnlicher aromatischer Epoxide kombiniert.
Degussa verfügt hier über eine ausgewiesene Expertise,
wobei als Monomerbausteine bisher Ethylen-, Propylenund Butylenoxid, nicht aber Styroloxid kommerziell verwendet wurden. Für die neuen Additive stellte sich dagegen der Einsatz von Styroloxid als essenziell heraus. Die
aromatischen Ringstrukturen in diesen Dispergiermitteln
zeigen gegenüber gewöhnlichen Fettalkoholethoxylaten
eine deutliche Verbesserung gerade in Bezug auf organische Pigmente und übertreffen die etablierten APEProdukte deutlich. Grund ist die variablere Einführung
von ausgeprägten Donorzentren durch die Verwendung
von Styroloxid in der Strukturfolge. Degussa hat frühzeitig die Bedeutung des industriell bisher anderweitig
genutzten Styroloxids für Polyetherstrukturen erkannt.
Ausgehend von einer gesicherten IP-Position kann
Styroloxid hier zukünftig in einer Vielzahl von Anwendungen kommerziell erfolgreich genutzt werden.
Nachdem der grundsätzliche Syntheseweg gefunden
war, erfolgte die weitere Entwicklung im direkten Austausch mit einem der weltweit größten Hersteller von
Farben und Lacken. Gemeinsam wurden Prozessmeilensteine definiert, die Ergebnisse regelmäßig vorgestellt und
diskutiert und das weitere Vorgehen gegebenenfalls angepasst. Ein Schwerpunkt des Projekts waren die Synthesearbeiten: Um den immer anspruchsvolleren Fragen des
Kunden zum Beispiel zu Pigmenten oder Trocknungsverhalten gerecht zu werden, mussten fortwährend modifizierte Strukturen bereitgestellt werden.
Darüber hinaus unterstützten die Anwendungstechniker und Entwickler von Degussa den Kunden auch mit
ihrem Formulierungs-Know-how. Sie erarbeiteten dazu
eigene Pigmentpastenrezepturen und testeten sie in zahlreichen kommerziellen und selbst formulierten Farben
und Lacken. Für einzelne Systeme positionierten sie
sogar zusätzliche Coadditive in einem Modulsystem und
entwickelten so ein umfangreiches Wissen über die Wechselwirkung der Bestandteile der Endformulierung. Nur
mit diesem kooperativen Ansatz war es möglich, ein völlig neues Additivkonzept in einer Branche durchzusetzen, die bereits seit den 1960er Jahren an den Einsatz
und den günstigen Preis von APE gewohnt war. Begünstigt wurde die Akzeptanz der Degussa Polyether nicht zuletzt auch durch die anhaltende Debatte um APE, die
sogar ein Verbot der Substanzen zumindest in Europa
und Nordamerika nicht ausgeschlossen erscheinen lässt.
Eine Additivfamilie für alle Zwecke
Als Resultat dieser im Jahr 2000 gestarteten Entwicklungsarbeiten vermarktet Degussa derzeit bereits drei
Produkte der TEGO-Dispers-Familie: TEGO Dispers 650
ist ein bei Raumtemperatur flüssiges, 100 %iges Produkt
für organische Pigmente. Alternativ steht Tego Dispers
651 für anorganische und organische Pigmente zur Verfügung (30 %iges Polyetherphosphat in wässriger Lösung, neutralisiert). Tego Dispers 655 (100 Prozent Aktivität) ist aufgrund seiner endständigen Säuregruppe insbesondere für anorganische Pigmente geeignet. Hinzu
kommen weitere Typen, die speziell für einzelne Kunden
entwickelt wurden. Degussa ist damit das erste Unternehmen weltweit, dem es gelungen ist, Produkte auf der
Grundlage von Styroloxid großtechnisch anzubieten.
Ein entscheidender Vorteil der neuen Technologie ist
ihre große Variabilität und die damit zugängliche Strukturvielfalt, die die Polyether breit einsetzbar macht. So
lassen sich die Polyethermoleküle über verschiedene Stellschrauben beeinflussen und maßschneidern. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Polyethern können sie nicht nur
durch die Wahl des Startalkohols und damit die Länge
des Alkylsegments variiert werden, sondern auch durch
die Nutzung des Styroloxids. Damit sind vielfältige aro-
Bautenfarben sind nur ein Beispiel dafür, wo die neuen Dispergiermittel zum Einsatz kommen: Wegen der großen Strukturvariabilität
lassen sich die Polyether für jeden Verwendungszweck maßschneidern
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wird wohl zu Recht erwartet, dass die neue Technologie überdurchschnittlich
+ n O
CxHy OH + m
an der Substitution von
APE partizipieren wird.
Degussa hat sich damit in
eine Topposition im Markt
der DispergiermittelanbieOptional:
Linearer oder
Phosphoryverzweigter
ter gebracht, dessen VoluCxHy O CH 2 CH O CH 2 CH2 O H
lierung
Alkylrest
men Experten für 2008
n
auf mehrere tausend Tonnen Additive schätzen.
Hier wird Degussa einen
m
Breites
signifikanten Marktanteil
Spektrum
möglich
erreichen, da die Wettbewerbs- und Patentsituation
Strukturvielfalt: Da die Polyether sowohl im aliphatischen als auch im aromatischen Teil variiert
sehr günstig ist.
werden können, lässt sich ihre Hydrophobie in einem breiten Bereich gezielt einstellen. Zusätzlich kann
Darüber hinaus ergedie endständige OH-Gruppe z. B. durch Phosphorylierung anionisch modifiziert werden
ben sich beachtliche Synergien innerhalb des Konzerns. So ist die Schweizer
matische Strukturen zugänglich, die selbst das Eigen- Bauchemie-Tochter Conica der weltweit führende Herschaftsprofil der APE übertreffen. So kann das Molge- steller von Sport- und Industrieböden, die aus maßgewicht im Rahmen eines breiten HLB-Spektrums (Hydro- schneiderten Polyurethan- und Epoxidharzsystemen
philic Lipophilic Balance) deutlich stärker variiert und vor bestehen. Üblicherweise haben Laufbahnen die typische
allem auch zu deutlich hydrophoberen Molekülen hin rote Farbe, die an die gute, alte Asche erinnert. Es gibt
gestaltet werden, wie sie auf Basis existenter Polyether aber auch Ausnahmen wie das Olympiastadion in Berlin,
bisher nicht realisierbar waren.
in dem die gesamte Fläche um den Rasen herum im traÜber die Verwendung weiterer Monomere kann dann ditionsreichen „Hertha-Blau“ gestaltet wurde. Für die
die Performance zusätzlich angepasst werden. Gerade die Einfärbung solcher Fußbodensysteme finden die neuen
Ausprägung der Hydrophobie im entscheidenden Struk- Dispergiermittel Verwendung. Auch das Colortrend-Team,
tursegment des Dispergiermittels ließ es zu, den univer- das komplette Pigmentpasten für seine Kunden anbietet,
sellen Charakter der Dispergiermittel im Bereich der löse- und das Colorants-Support-Labor in Marl profitieren von
mittelhaltigen Lacke zu gestalten, denn neben den eher der Entwicklung der neuartigen Dispergiermittel.
unkritischen wässrigen Farben und lösemittelhaltigen AlMit den innovativen Produkten ist Degussa weltweit
kydlacken auf Basis von Testbenzin mussten auch Isopa- das erste Unternehmen, das Polyether auf Basis von
raffinsysteme einfärbbar sein. Eine weitere Möglichkeit Styroloxid kommerzialisiert hat. Damit besitzt es eine
zur Gestaltung der Struktur bietet die endständige OH- klare Nummer-eins-Position bei Dispergieradditiven für
Gruppe, die etwa durch Phosphorylierung anionisch mo- universell anwendbare Farbkonzentrate. Sie reduzieren
difiziert werden kann.
signifikant die Komplexität bei Herstellung und Lagerhaltung von Farben und Lacken, weil sie gleichermaßen
Erfolgreich auf großtechnischen Prozess umgestellt
wasserlösliche und lösemittelhaltige Anwendungen
abdecken. Entsprechend groß ist das Interesse der FarEine derart weit reichende Umstellung auf ein neues ben- und Lackhersteller.
Produkt erfordert gegenüber dem Kunden ein HöchstTEGO Dispers 65X ist deutlich als Alternative zu den
maß an Versorgungssicherheit. Die Produktion der Poly- APE in sämtlichen Einsatzgebieten positioniert. Derzeit
ether wurde zunächst in einem geschlossenen Reaktor werden weltweit immer noch 450.000 Tonnen APE ermit einem Fassungsvermögen von 1,4 Kubikmetern be- zeugt und für vielfältige Anwendungen genutzt – nicht
trieben. 2005 gelang dann ein Upscaling auf einen Loop- nur in Farben und Lacken, sondern auch z.B. in WaschReaktor mit dem 20fachen Volumen. Da Styroloxid eine mitteln und Kunststoffen, in der Papier- und der Agrobesonders sichere Handhabung erfordert, wurden am chemie. Das Potenzial der neuen Verbindungen ist desStandort Essen nicht nur Produktionsanlagen errichtet, halb in einem Konzern wie Degussa auch für andere Ansondern auch Lagerkapazitäten und Transporteinheiten wendungsgebiete zukunftsträchtig. Das Umdenken in den
für eine sichere Versorgungskette mit dem Rohmaterial beteiligten Branchen hat aufgrund der großen Vorteile
etabliert. Allein in die Lagerlogistik hat Degussa etwa des neuen Ansatzes längst begonnen. ■
eine Million Euro investiert.
Diesem Aufwand stehen berechtigte kommerzielle Erwartungen gegenüber. Der Markt für Dispergieradditive
ANSPRECHPARTNER
entwickelt sich weltweit weiter positiv und Degussa war
Frank Kleinsteinberg
eines der ersten Unternehmen, das eine Alternative zu
Technical Service Manager
den APE anbieten konnte. Weil die gefundene Lösung uniGeschäftsbereich Specialty Materials
versell sowohl für wasser- als auch für lösemittelbasierte
+49 201 173-2274
[email protected]
Systeme und alle heute genutzten Pigmente einsetzbar ist,
O
Wärme
Katalysator
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