Der erste Einsatz von Giftgas (Chlorgas) De
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Der erste Einsatz von Giftgas (Chlorgas) De
Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 THEMEN / KULTUR G ESCH ICH TE Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe 1914: DER ERSTE WELTKRIEG. UNSER DOSSIER ZUM NACHLESEN Der Einsatz von Giftgas ist ein Kriegsverbrechen - heute wie vor knapp 100 Jahren. Im April 1915 setzten die Deutschen als erste Nation Giftgas als moderne Massenvernichtungswaffe ein. Am Abend des 22. April 1915 stehen sich Deutsche und Franzosen bei Ypern im belgischen Nordwesten als Gegner im Ersten Weltkrieg gegenüber. Die Stadt ist seit Langem umkämpft, ein deutscher Durchbruch nicht in Sicht. Doch an diesem Abend wollen die Deutschen eine neue Waffe zum Einsatz bringen: Giftgas. Tausende von Stahlflaschen haben sie neben sich eingegraben. Als der Wind in Richtung Feind weht, öffnen sie die Hähne und blasen 180 Tonnen flüssiges Chlor in die Luft. Eine gelbliche Wolke schwebt aus den deutschen Schützengräben auf die gegnerische Linie zu. Dort beginnt das Grauen. Rot angelaufen, blind und hustend taumeln die vom Gas eingehüllten Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 Soldaten umher. 3000 von ihnen ersticken, weitere 7000 überleben schwer verätzt. "In dem Moment hat die Wissenschaft ihre Unschuld verloren", sagt der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer. Bis dahin habe das Ziel der Wissenschaft darin bestanden, die Lebensbedingungen der Menschen zu erleichtern, "und nun lieferte die Wissenschaft Auch deutsche Soldaten werden mit Giftgas attackiert. Im Bedingungen, um menschliches Leben zu nachkolorierten Bild: Gasangriff 1917 in Flandern. töten". "Im Frieden für die Menschheit, im Krieg für das Vaterland" Es ist ein deutscher Chemiker, der Chlorgas als strategische Waffe im Kriegseinsatz entdeckt hat: Fritz Haber. Er gilt als der erste Wissenschaftler überhaupt, der sein Wissen voll und ganz in den Dienst der Armee stellt. Nach dem "Erfolg" von Ypern wird er gar zum Hauptmann ernannt. Haber identifizierte die Substanz Chlor als hochtoxisches Gift, das sich aufgrund seiner hohen Dichte in Bodennähe konzentriert. Er wusste: es reizt die Schleimhäute, führt zu Atemnot, Husten, starker Schleim- und Wasserabsonderung und schließlich zum Tod. Noch dazu war das Gift billig - Chlor ist ein Abfallprodukt der chemischen Industrie. "Habers Motto war: 'Im Frieden für die Menschheit, im Krieg für das Vaterland'", zitiert Ernst Peter Fischer den damaligen Leiter der Chemischen Abteilung im Preußischen Kriegsministerium. "Es war eine andere Zeit damals", meint Fischer. "Alle versuchten ein Giftgas zu finden, das sie im Krieg einsetzen konnten. Nur den Deutschen ist es gelungen. Sie waren schlicht besser, nur dass in diesem Fall das Bilder des Schreckens. Amerikanische Soldaten werden an Bessere natürlich das Schlechteste ist, was man der Westfront mit Gas angegriffen sich denken kann." Der Angriff bei Ypern war ein Kriegsverbrechen - schon 1915. Denn die Haager Konvention von 1907 verbot, den Einsatz von "Gift oder vergifteten Waffen". Auch wenn sich dies damals auf das Vergiften von Wasser, Boden oder Verschießen giftiger Pfeile bezog, weil Giftgas noch nie zum Einsatz gekommen war. Wettrüsten der chemischen Waffen Fritz Haber wird zum Vorbild, und das nicht nur für die Deutschen. Unter allen kriegsbeteiligten Staaten beginnt ein zweiter Krieg, ein Kampf um die besten Wissenschaftler. Sie sollen neue Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 chemische Waffen entwerfen, die so bald wie möglich zum Einsatz kommen können. "Im Ausland blickte man mit Neid auf Haber", sagt Ernst Peter Fischer. "Man hätte gerne einen so mutigen, klugen und zielstrebigen Chemiker gehabt." Kaum ist das Giftgas von den Schlachtfeldern verweht, erhält 1918 Fritz Haber den Nobelpreis für Chemie. Allerdings nicht für die Entdeckung des Giftgases, sondern für die Ammoniaksynthese. Auch die Franzosen und Briten experimentieren mit Gas. Es kommt auf allen Seiten zum Einsatz von verschiedenen Lungenkampfstoffen wie Phosgen und Senfgas, die häufig in Kombination eingesetzt werden. "Buntschießen" nennen die Militärs damals die Technik, mit verschiedenen Giftgasen die Opfer in den Tod durch Ersticken zu treiben. Der Ernst Peter Fischer ist Professor für Schreckensruf "Gas! Gas!" wird zum Wissenschaftsgeschichte an der Universität Heidelberg gefürchteten Alarm an der Westfront des Ersten Weltkriegs. Kriegsentscheidend wird das Gas dennoch nicht. Es kann nur bei günstiger Witterung verwendet werden. Der Profit der Industrie Und doch wird im Ersten Weltkrieg eine furchtbare Entwicklung in Gang gesetzt - und Deutschland ist ihr Motor. Denn Fritz Haber, der Chemiker, schafft nicht nur die molekularen Voraussetzungen für den Einsatz von Chlorgas, sondern nutzt auch seine guten Verbindungen zur Industrie. Der deutsche Chemiekonzern BASF produziert das Giftgas während des Ersten Weltkriegs in großen Mengen. Noch nach dem Krieg als 1925 die Konzerngemeinschaft IG-Farben entsteht, sitzt Haber im Aufsichtsrat. Es wird eine Tochtergesellschaft dieses Unternehmens sein, das während des Nationalsozialismus Zyklon B herstellt. Es ist das Gift, das in die Gaskammern von Auschwitz und anderer Vernichtungslager strömen und mit Hilfe dessen die Nazis Millionen Menschen töten werden. Dies konnte selbst Fritz Haber nicht vorhersehen. "Er ist eine tragische Figur", sagt Fischer. 1933 flieht Haber nach England. Fortgejagt aus seinem Vaterland, in dessen Dienst er sein Wissen gestellt hat. Er ist Jude. Eine rote Linie Mehr als 90.000 Soldaten werden an allen Fronten des Ersten Weltkriegs durch Giftgas getötet, rund eine Million vergiftet. Viele Männer sterben noch an den Folgen der chemischen Waffe, als der Krieg längst vorbei ist. Nach dem Ersten Weltkrieg einigt sich der Völkerbund - dem auch Deutschland angehört - im so genannten Genfer Protokoll von 1925 auf den Verzicht von Giftgas im Krieg. Und Fritz Haber muss 1933 aus Deutschland fliehen Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 doch wird weitergeforscht. Zumeist getarnt als Weiterentwicklung von Insektenbekämpfungsmitteln. Zyklon B ist ein Schädlingsbekämpfungsmittel mit dem Wirkstoff Blausäure. Agent Orange, das die USA im Vietnamkrieg einsetzten, ist ein chemisches Entlaubungsmittel. Eingesetzt mit dem Ziel, die dichte Vegetation Vietnams zum gezielten Angriff zu lichten, vergiftete es die Erde und sorgt bis heute für Erkrankungen und Fehlbildungen der Bewohner in den betroffenen Gebieten. In Syrien starben im August 2013 Hunderte Menschen nach dem Einsatz chemischer Waffen. Derzeit beschuldigen sich Rebellen und die Regierung in Damaskus erneut gegenseitig, Giftgas in Zentralsyrien eingesetzt zu haben. "Mit Giftgas können Sie alles Mögliche machen", weiß der Wissenschaftshistoriker Fischer, "nur nicht zielen. Sie treffen jeden, der sich in dem Einsatzgebiet aufhält". Dass der Einsatz von Giftgas bis heute eine rote Linie ist, hält er daher für berechtigt. Denn: "An dieser Stelle wird der Krieg noch unmenschlicher als er ohnehin schon ist." Aktuell: Auch in Syrien wurde Giftgas eingesetzt, das hat die Untersuchung der UN-Inspekteure bewiesen DI E RE DAKTI ON EMP FIEH LT Neue Giftgas-Vorwürfe in Syrien Syriens Präsident Baschar Al-Assad gibt sich selbstbewusst: Ein Sieg der Regierungskräfte sei nah. Gleichzeitig gibt es neue Berichte über Giftgasangriffe. Und beide Seiten hätten für solche Attacken ein Motiv. (14.04.2014) Stichwort: Chemiewaffen Das tödliche Nervengift Sarin könnte nach Einschätzung von Experten in Syrien eingesetzt worden sein. Welche Chemiewaffen gibt es noch, woraus bestehen sie und wie werden sie hergestellt? Ein Überblick. (26.04.2013) Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 Stichwort: Syriens Kampfstoffe Gasförmig oder flüssig und vielseitig einsetzbar. Chemische Kampfstoffe werden gezielt hergestellt, um Schaden anzurichten - um Menschen zu verletzen oder zu töten. Syrien soll über die folgenden C-Waffen verfügen. (26.08.2013) Nachweis von Chemiewaffen möglich Dass in Syrien Chemiewaffen eingesetzt wurden, scheint sicher zu sein. Experten verdächtigen - vorsichtig - ein Nervengas. Doch nur die Untersuchung von Blut-, Urin- und Bodenproben könnte den Beweis liefern. (26.08.2013) Ekéus: "Bindende Resolution für Syrien" Die UN stellt an diesem Montag ihren Bericht zu einem möglichen Giftgasangriff in Syrien vor. Der frühere UN-Waffeninspekteur Rolf Ekéus hält es für unwahrscheinlich, dass der Bericht eindeutige Beweise enthält. (16.09.2013) Wie können Syriens C-Waffen vernichtet werden? Außenminister Westerwelle hält es für möglich, dass Deutschland sich an einer Vernichtung syrischer Chemiewaffen "technisch und in anderer Hinsicht beteiligt". Das Know-How ist jedenfalls da. (16.09.2013) Die Chemiewaffenexperten der OPCW Russland will, dass Syrien der "Organisation für das Verbot chemischer Waffen" beitritt. Diese Organisation stand bei Berichten über die Giftgas-Untersuchungen bisher im Schatten der Vereinten Nationen. Bisher. (10.09.2013) WWW- LINKS Dossier: Der Konflikt in Syrien Deutsch lernen mit der DW Hier finden Sie zu diesem Artikel eine vereinfachte Version für Deutschlerner – mit Vokabelglossar und Audio. Datum 15.04.2014 Autorin/Autor Sarah Judith Hofmann Themenseiten Erster Weltkrieg Schlagwörter Geschichte, Kriegsverbrechen, Giftgas, Erster Weltkrieg Teilen Facebook Twitter Feedback: Schreiben Sie uns! Drucken Seite drucken Permalink http://dw.de/p/19YSl M EHR ZUM THE MA google+ mehr ... Der erste Einsatz von Giftgas als Kriegswaffe | Geschichte | DW.DE | 15.04.2014 Der Kulturkrieg um die Lusitania 10.03.2015 Kurden: IS-Terrormiliz setzt Giftgas ein 14.03.2015 Um die Titanic trauerten die Deutschen noch. 1915 bejubelten sie die Versenkung der Lusitania. An der Katastrophe entzündete sich ein kultureller Krieg, sagt Kulturwissenschaftler Willi Jasper im DW-Interview. Die Kurden im Nordirak werfen der Terrororganisation "Islamischer Staat" den Einsatz von Chemiewaffen vor. Die Offensive gegen den "IS" in der Stadt Tikrit ist derweil ins Stocken geraten. Deutsche Behörden ermitteln gegen AssadRegierung 17.03.2015 Wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen Mitglieder der syrischen Regierung. Die UN fördern solche Ermittlungen, indem sie Namen von Verdächtigen weitergeben.