Die Selbstverwaltung und das kleine Mädchen mit den

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Die Selbstverwaltung und das kleine Mädchen mit den
008
newsletter
Dezember 2007
Selbstverwaltung des Studentendorfes Schlachtensee e.V.
Frei nach Hans Christian Andersen
abgewandelt von Johannes Prüßner
Die Selbstverwaltung und
das kleine Mädchen mit den
Schwefelhölzern
Es war entsetzlich kalt; es schneite,
und der Abend dunkelte bereits; es
war der letzte Abend im Jahre, Silvesterabend. In dieser Kälte und in dieser
Finsternis ging auf dem Dorfplatz ein
kleines armes Mädchen mit bloßen
Kopfe und nackten Füßen. Es hatte
wohl freilich Pantoffeln angehabt, als
es von Hause fortging, aber was konnte das helfen! Es waren sehr große
Pantoffeln, sie waren früher von seiner Mutter gebraucht worden, so groß
waren sie, und diese hatte die Kleine
verloren, als sie durch einen der kleinen Trampelpfade des Dorfes eilte,
während zwei Studenten mit Rollkoffern in rasender Eile vorüberjagten.
Der eine Pantoffel war nicht wiederaufzufinden und mit dem anderen
machte sich ein RCDSler aus dem
Staube, welcher versprach, ihn als
Wiege zu benutzen, wenn er einmal
eine Frau und dann Kinder bekäme.
Da ging nun das kleine Mädchen auf
den nackten zierlichen Füßchen, die
vor Kälte ganz rot und blau waren. In
ihrer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer und ein Bund hielt
sie in der Hand. Während des ganzen
Tages hatte ihr niemand etwas abgekauft - niemand ein Almosen gereicht.
Hungrig und frostig schleppte sich die
arme Kleine weiter und sah schon
ganz verzagt und eingeschüchtert aus.
Die Schneeflocken fielen auf ihr langes blondes Haar, das schön gelockt
über ihren Nacken hinabfloss - aber
bei diesem Schmucke weilten ihre
Gedanken wahrlich nicht. Aus allen
Fenstern strahlte heller Lichterglanz
und über alle Wege verbreitete sich
der Geruch von köstlichen orientalisch- asiatischen Reisgerichten gepaart mit dem Duft der frisch aufgerissenen ALDI- Seelachsscheibchenpackungen. Es war ja Silvesterabend,
und dieser
Gedanke erfüllte alle Sinne des kleinen Mädchens. In einem Winkel zwischen zwei Häusern, von denen das
eine etwas weiter auf den Platz vorsprang als das andere, kauerte es sich
nieder. Seine kleinen Beinchen hatte
es unter sich gezogen, aber es fror nur
noch mehr und wagte es trotzdem
nicht, nach Hause zu gehen, da es
noch kein Schächtelchen mit Streichhölzern verkauft, noch keinen Heller
erhalten hatte. Es hätte gewiss vom
Vater Schläge bekommen, und kalt
war es zu Hause ja auch; sie hatten
das bloße Dach gerade über sich, und
der Wind pfiff schneidend hinein, obgleich Stroh und Lumpen in die größten Ritzen gestopft waren.
Ach, wie gut musste ein Schwefelhölzchen tun! Wenn es nur wagen
dürfte, eins aus dem Schächtelchen
herauszunehmen, es gegen die Wand
zu streichen und die Finger daran zu
wärmen! Endlich zog das Kind eins
heraus. Ritsch! Wie sprühte es, wie
brannte es. Das Schwefelholz strahlte
eine warme
Flamme. Der Dorfteich verschwand und
verwandelte sich in eine ca. 20cm tiefe
graue Pfütze, die statt eines grün bewachsenen Ufers nur von alten Waschbetonplatten gesäumt und mit allerlei
lieblos ans Ufer platzierten Kiessteinen
zu einer Art planiertem Elbe-Seitenkanal
mutiert war.
Der einzige grüne Farbtupfer in dem
Teich wurde von einer wohl von einem
Studenten an der Tanke besorgten
pfandfreien Becks-Flasche erzeugt, die
der- die der Student aus Ermangelung
von ehemals am Dorfplatz aufgestellten
Müllcontainern einfach in die graubraune Pfütze hineingeworfenen hatte.
Das Mädchen saß mit einem Stümpchen des ausgebrannten Schwefelholzes in der Hand traurig da. Ein
neues wurde angestrichen, es brannte,
es leuchtete, und an der Stelle des
nackten Rasenhügels, der von einem
großen fast wie ein wie ein Grabstein
dort thronenden elektrischen Schaltkasten für eine Abwasser-hebeanlage gipfelkreuzartig dominiert
TERMINE
IM GEMEINSCHAFTSHAUS 14/CLUB A18
•
Mo, 24.12. Regulär geöffnet
•
Fr, 28.12. Benefiz-Rock-Konzert; vergünstigter Eintritt für Dorfbewohner: €2,-
•
Mo, 31.12. bleibt der Club A18 geschlossen
•
Nächste Sprechstunde des SV-Ratsvorstandes am Do., den 03.01.2008, wie
immer 20.00 bis 20.30 und bei Bedarf auch viel länger.
helle Flamme aus, wie ein kleines
Licht, als es das Händchen um dasselbe hielt. Es war ein merkwürdiges
Licht; es kam dem kleinen Mädchen
vor, als säße es an einem wunderschönen Sommertag mitten auf dem
von Studenten aus vielerlei Ländern
belebten Dorfplatz.
wurde, erschien ein großes grünes Gebüsch, in dem die Vögel sich allerlei Süßes zuzwitscherten. Wieder erschienen
ihr fröhliche Studenten aber auch ältere
Personen, die in trauter Runde zwar mit
ernsten Mienen jedoch mit erkennbar
gutem Willen wichtige Dinge zu besprechen hatten.
Die Vögel zwitscherten und die Sonne
spendete eine so wohltuende Wärme,
dass es dem Mädchen geradezu heiß
wurde. Die Kleine streckte schon die
Füße aus, um sich diese in dem
prachtvoll mit grünen Pflanzen bewachsenen und von vielen Fischen,
aber auch von Fröschen und Enten
bevölkerten Biotop- dem Dorfteich ein wenig abzukühlen. Da erlosch die
Sie konnte sogar einzelne Wortfetzen
verstehen. Dem Vernehmen nach ging
es bei den Gesprächen darum, dass andere - offenkundig nicht so liebe Menschen - aus Geldgier planten, der gesamten Idylle ein Ende zu bereiten und
die Nester der Vögel - aber vor allem
auch die der hier wohnenden Studenten
dem Erdboden gleich- zumachen. Ihr
wurde gewahr, dass viele der Erwachsenen den
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Selbstverwaltung des Studentendorfes Schlachtensee e.V.
sie betonten, wie wichtig der Erhalt
der studentischen Einrichtungen für
das Dorf und natürlich auch das
studentische Aufbegehren sei. Und
so waren die Studenten froh, Menschen gefunden zu haben, die ihnen
Gewissheit gaben, dass sie für das
Dorf gebraucht würden. Da erlosch
das Schwefelholz, und nur der kahle
Hügel vor dem ehemaligen Fitnessraum war zu sehen.
Studenten Mut zusprachen und sie ermunterten, in ihrem Kampf um den Erhalt dieser Idylle unnachgiebig fortzufahren. Die Studenten erzählten, wie
schwierig es inzwischen geworden sei,
weiter zu protestieren, da durch die Bemühungen der bösen Politiker und raffgierigen Investoren von den ehemals
mehr als 1000 Studenten nur noch ganze 23 übrig geblieben waren.
Und auch diese hatten mit üblen Bedrohungen, dass sie in Bälde aus ihren
Wohnungen geräumt würden, zu leben.
Man beschloss (natürlich nur von Studenten selbst durchgeführte) Wachgänge zu organisieren, damit sich die übrigen Studenten, die teilweise inzwischen
in einem ganz leeren Haus alleine lebten, nicht mehr so fürchten mussten.
Auch sollten so dumme Jugendliche
vertrieben werden, die sich unbewusst
in den Dienst der großen Herren aus der
Politik stellten und aus dem schönen
Dorf mit ihren Attacken eine abrissreife
Ruine machen wollten.
Niemand sonst kümmerte sich mehr um
die Häuser, und die Studenten mussten
manchmal bei stürmischen Regenfällen
auf die Dächer ihrer Häuser klettern und
verhindern, dass das Wasser, welches
sich teilweise einem Swimming-Pool
gleich auf den terrassierten Vordächern
des denkmalgeschützten Dorfes angesammelt hatte, in die Häuser drang.
Die Studenten schilderten ihre Schwierigkeiten mit dem Erhalt des Dorfes. Sie
erzählten wie das Geld für den AntiAbrisskampf weniger wurde. Sie klagten, dass die Fixkosten für den Club und
auch den Waschbetrieb von den immer
stärker fallenden Umsätzen nicht mehr
gedeckt werden konnten. Gleichwohl
bestärkten die Erwachsenen die Studenten immer aufs Neue, indem
Das Mädchen zündete ein neues an.
Da saß die Kleine plötzlich unter vielen neuen Studenten, die wieder in
das Dorf gezogen waren. Sie fragte
sich, wieso plötzlich wieder soviel
Leben auf dem Dorfplatz herrschte
und sah, wie die Erwachsenenrunde und die Studenten erneut zusammensaßen und beratschlagten. Ein Student berichtete
gerade, wie ein paar Menschen vom
Studentenwerk in einem bösen
Brief damit gedroht hatten, die Studenten wegen Betruges anzuzei-gen
und von ihnen viel Geld (notfalls
persönlich) verlangten, weil sie ohne
Erlaubnis einfach anderen Studenten angeboten hatten, in die leerstehenden Zimmer im Dorf zu ziehen.
Die Zimmer wurden jedoch nicht
umsonst vergeben, sondern man
nahm von den neuen Studenten eine Miete, damit hiervon weitere
Zimmer wieder bewohnbar hergerichtet werden und noch mehr Studenten einziehen konnten. Dies taten die tapferen Kämpfer von der
Selbstverwaltung einfach so, und
sie waren bei ihrem Tun ohne
Furcht. Lohn für ihre Mühe und Arbeit. Da sie jedoch sehr Cerfolg-lub
A18)
reich waren, wurde das Studentenwerk
ihrer ungehörigen Taten gewahr und
wollte dem Treiben Einhalt gebieten und ganz nebenbei auch noch das eingenommene Geld abkassieren. Darüber
berichtete der Student den Erwachsenen, die teils erschreckt waren und die
Studenten belehrten, dass sie es nicht
übertreiben mögen. Andererseits aber
waren die Erwachsenen froh, dass nicht
der von ihnen neu gegründete Verein eine Genossenschaft - mit einer so hohen Geldforderung belastet war. Man
beschloss, gemeinsam weiter zu kämpfen, und schlussendlich wurde alles gut.
Das Studentendorf mit all seinen Vögeln
und Studenten wurde gerettet.
Wer denkt die Geschichte hat
einen schönen Schluss und
ist zu ende, der irrt leider.
Fortsetzung folgt….
te Türe am Dorfplatz. Geöffnet immer
Di + Do 20:00 bis 20:30
FROHE
WEIHNACHTEN
UND EINEN
GUTEN START INS
NEUE JAHR 2008
KONTAKT ZUR SV:
www.studentendorf.de
www.club-a18.de
[email protected]
(Ratsvorstand)
[email protected]
(Kulturinitiative)
Rote Türe am Dorfplatz. Geöffnet immer
Di + Do 20.00
V.I.S.D.P.: Selbstverwaltung des Studentendorfes Schlachtensee e.V. - Wasgenstraße 75 14129 Berlin - www.studentendorf.de Redaktion: Tobias Brustgi für den Ratsvorstand (RaVo) - erscheint innerhalb des Studentendorfes. Beiträge erbeten bis Redaktionsschluss
14.01.08 Redaktionelle Mitarbeit ist willkommen.

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