Artikel Motive von Wellnessurlaubern als pdf
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Motive von Wellnessurlaubern Dr. H. Jürgen Kagelmann / Martina Guthmann / Stefanie Hanselmann 1 Vorbemerkungen Der Wellnesstourismus ist ohne Zweifel gegen- wärtig eines der meist diskutierten Segmente des Tourismus und es wird von vielen Praktikern wie Fachleuten als sehr bedeutend ein- ber), alle zwei Jahre, Studie Wellness-Hotellerie in Spanien (Angebotsstrukturen des Gesundheitstourismus tumsraten gezeigt und für die kommenden in Spanien) und Jahre wird ihm ein sehr großes Potenzial zugemessen. Wie bei anderen Erscheinungen Wellnessbilderanalyse (Kataloganalyse, qualitativ und quantitativ), geschätzt. In den zurückliegenden Jahren hat der Wellnesstourismus interessante Wachs- Thermen- und Spaßbadstudie (Badbetrei- Zusammenstellung von Daten und Fakten des modernen Tourismus auch, hat sich aber zum Wellnessurlaub (Herausgabe der Pub- gezeigt, dass jenseits aller Begeisterung über likation „Wellnessurlaub – Daten und Fak- eine, auch die unmittelbare Lebenseinstellung ten“, in Vorbereitung). vieler Menschen berührende, neue Freizeit- Ziele des Programms sind in sozialwissen- und Urlaubsgestaltung bei näherer Betrachtung schaftlicher Perspektive: eine enorme Leerstelle hinsichtlich dessen besteht, was die Realität des Wellnesstourismus nesstourismus, vor allem in der Wellness- der Wellness-Hotellerie in Deutschland (und angrenzenden Ländern) derzeit Hotellerie, ausmacht. Diese Leerstellen zu füllen und zuverlässige, Analyse von Bedarfsstrukturen der Wellnessnachfrager (Bedürfnisse, Wünsche, Er- praxisnahe Informationen bereitzustellen, ist wartungen und Motive der Gäste), die Absicht des seit 2004 laufenden Schwerpunktprogramms Wellnesstourismusforschung Analyse von Angebotsstrukturen im Well- Entwicklung von theoretischen Zugängen an der Universität München (Tourismuspsy- zum chologie: Dr. H. Jürgen Kagelmann) in Koopera- bzw. Gesundheitstourismus allgemein, so- tion mit dr AG. Erlebnis & Trend (München / wie zum „medical wellness“, Starnberg). Das Programm umfasst dabei die: Wellness-Eventstudie (Eventangebote des Wellnesstourismus theorie- und empirieorientierte praktische Empfehlungen für die Branche, Wellnesshotelstudie (Hoteliers), alle zwei Jahre, Phänomen Fachbuchpublikationen (vgl. www.tourismuswissenschaft.de). in Wellnessinstitutionen und Bädern), 2 „Wellnesshotelstudie 2005/06“ Im Rahmen des oben vorgestellten Programms lich gut begründete Erfahrungen über die Mo- wurde eine Online-Umfrage konzipiert, die tive von Wellnessurlaubern haben sollten. In zum einen den aktuellen Stand und die zu- Zusammenarbeit mit dem Relax-Guide (Wien) künftige Entwicklung der Wellness-Hotellerie wurde die Online-Umfrage im Frühsommer beleuchten und zum anderen auch einen Bei- 2005 an 1772 Wellnesshotels in Deutschland trag zur Klärung und Definition des Wellness- und 689 Wellnesshotels in Österreich versandt. begriffes leisten sollte. Die zugrunde liegende Der Fragebogen enthielt 16 Fragen, teils offen, Überlegung war u. a. die, dass Hoteliers sicher- teils mit vorgegebenen Alternativen sowie vier 109 Vom Hotel zum Erlebnisbad Statements. Die Hoteliers konnten den Frage- 14,9 %, was für Online-Befragungen – zumal bogen innerhalb von drei Wochen anonym aus- mit einem Umfang wie der vorliegenden – als füllen. Es ergab sich eine Rücklaufquote von hoch zu bewerten ist. 2.1 Bedeutung von Wellness Knapp drei Viertel der befragten Hotels den, die vom Relax-Guide als Wellnesshotel (73,5 %) räumen Wellness eine große Bedeu- ausgewiesen werden. Ungefähr weitere 20 % tung in ihrem Haus ein. Dieses Ergebnis scheint sehen Wellness als „eher wichtig“ für ihr Hotel auf unbedingt an, richten sich also noch auf andere Ziel- überraschend, da bereits bei der Versendung gruppen bzw. Urlaubsmotivationen aus (WHS der Befragung nur Hotels angeschrieben wur- 2006). den ersten Blick nicht 2.2 Wichtigste Wellnessurlaubsmotive Als Hauptmotivation ihrer Gäste für einen gesinnten", die Motivation, „Erlebnis/Aben- Wellnessurlaub sehen Hotelbetreiber in erster teuer" zu suchen, aber auch erstaunlicherweise Linie den Wunsch nach Erholung/Entspannung das Interesse an „Ernährungs-/Diätberatung" (86,0 %). Dieses Ergebnis wird auch durch die (das in der letzten Zeit immer häufiger in der hohe Zustimmung von 91,6 % auf die Aussage Fachdiskussion herausgestellt wird). „Das wichtigste am Wellnessurlaub ist Ent- Ein Fazit wäre: Ein Wellnessurlaub ist – jeden- spannung und Erholung!“ bestätigt. Als zweite falls nach Meinung der befragten Wellness- Hauptmotivation wurde das „Verwöhnt wer- hoteliers – in erster Linie ein Verwöhn-Ent- den"-wollen (45,2 %) genannt, gefolgt vom spannungs-Urlaub, Motiv „Schönheitspflege/Kosmetik" (24,4 %). Die immer wieder in den Medien in den Interessanterweise folgt erst auf dem vierten Vordergrund gestellte angebliche Motivation Platz der Wunsch nach „Gesundheitsvorsorge/ nach einer Gesundheitsprävention ist den Beo- Gesundheitsorientierung" (16,1 %) (WHS 2006). bachtungen der Hoteliers zufolge Mythos oder, Eindeutig „unbedeutende“ Motive sind aus wenn wir es nicht so hart ausdrücken wollen, Sicht der Hoteliers „zwischenmenschliche“ Be- ein schöner, aber nicht zentraler Nebeneffekt weggründe, wie „soziale Kontakte mit Gleich- für die Gäste! kein Gesundheitsurlaub. 2.3 Wellnessangebote der Hotels Bei der Frage, welche Wellnessangebote tat- chotherapeutische Fachberatung (15,4 %) und sächlich in den Wellnesshotels überhaupt vor- originär chinesische Medizin/ TCM (14,0 %) (es handen sind, zeigte sich: Die meisten, nämlich wurde allerdings nicht danach gefragt, ob ge- weit über 80 % der befragten Hotels, verfügen rade die fernöstlichen Behandlungen auch über Saunalandschaften/Sanarien/Dampfbäder, von „original“-Fachpersonal ausgeübt werden). Fußreflexzonenmassagen, Solarien und Phy- Auch die gerne von Medienberichten in den siotherapien/Massagen/Lymphdrainagen. Stark Vordergrund gestellten Unterhaltungsangebote vertreten Beauty-/Kosmetiksalon und besondere Events sind keineswegs zahl- (77,8 %), Bäderlandschaften (72,8 %) und Well- reich (Konzerte, Kunst, Lesungen 27 %) (WHS nessberatung (68,1 %). Immerhin noch die 2006). Hälfte der Hotels bieten Thalasso-Therapie, Das Angebot in den Wellnesshotels ist „boden- Ayurveda, ständiger“ und konventioneller als es viele sind auch Moor-/Schlamm-/Heubäder, Aku- punktur/Akupressur/Shiatsu an. Etwas seltener Medienberichte zu finden sind Diätberatung (31 %), Medi- Typische „klassische Hardware“ wie Saunen/ tation/Stressmanagement (29,3 %), Sauerstoff-/ Dampfbäder und Solarien sowie eingeführte Atemtherapien (20,4 %), psychologische/psy110 glauben machen wollen. Kagelmann / Guthmann– Motive von Wellnessurlaubern „konkrete“ Dienstleistungsangebote wie Massa- ein potenzieller Kunde vielleicht automatisch gen und Beauty gehören in drei Viertel der erwarten würde, längst nicht überall vertreten Hotels zum Standard und werden offensicht- sind (z. B. gibt es laut Angaben der Hoteliers(!) lich stark nachgefragt. Die exotischen, fernöst- in über einem Viertel der Hotels keine Bäder- lichen Angebote, weniger die „westlichen“ psy- landschaften). Das kann als Hinweis darauf chologisch-psychotherapeutischen Angebote gewertet werden, dass sich die Angebote ver- sind unterschiedlich stark vertreten, prägen schiedener Hotels in ihrer Akzentuierung doch aber durchaus nicht das Bild des Wellness in stark unterscheiden (ein auf diätische Ernäh- den Hotels. Explizit medizinische und the- rung spezialisiertes Hotel muss nicht unbedingt rapeutische Gesundheitsangebote sind offenbar eine ausgedehnte Wasserlandschaft haben), so derzeit einem kleinen Segment speziell orien- dass es für den interessierten Wellnessgast un- tierter Wellnesshotels vorbehalten. Anderer- umgänglich ist, sich vorher genau zu infor- seits ist auch festzuhalten, dass viele Dinge, die mieren. 2.4 Sport und Fitness-Angebot der Hotels Am häufigsten nannten die Hotels die Ange- gesundheitsbewussten, auf körperliche Betäti- bote Nordic Walking (71,0 %), Fitnesstraining/ gung und Fitness ausgerichteten Wellnessgas- Kraftraum (68,5 %) und geführte Wanderun- tes spielt das Fitness-Sport-Angebot der Hotels, gen/Naturerlebnis (65,6 %). Es folgen Aquaro- das wohl auf eine entsprechende Nachfrage bic und andere Wasserfitnessangebote (61,4 %) (oder Nicht-Nachfrage) reagiert, nur eine be- und Mountainbiking (45 %). Etwa zwei von scheidenere Rolle. Es hat den Anschein, als fünf Hotels laden zum Wintersport (44,2 %) stelle der „sportliche“ Wellnessgast, für den bzw. zum Golfen (41,8 %) ein. Jedes zehnte eine differenzierte Auswahl an Sportangeboten Hotel bietet auch Extremsportarten an. Unter vorhanden sein muss, nur eine relativ kleine „Sonstiges“ vermerkten einige Hoteliers gele- Zielgruppe dar, während die anderen Well- gentlich auch etwas außergewöhnlichere Akti- nessurlaubsbucher mit einem bescheidenen Ba- vitäten, wie z. B. ein Hochseilgarten zur Team- sisangebot zufrieden sind. Darunter ist aller- bildung, Bogenschießen und spezielle Atem- dings die hohe Repräsentanz des Nordic Wal- spaziergänge (WHS 2006). king bemerkenswert – selten hat eine Sportart Dieses Ergebnis ist doch etwas überraschend. einen vergleichbaren Erfolg verzeichnen kön- Noch konventioneller und eigentlich sehr nen. Dieses Angebot ist leicht und kosten- wenig experimentierfreudig/innovativ ist das günstig zu realisieren und mittlerweile hat es Angebot an aktiver Bewegung. Entgegen dem in ein hochpositives Image unter verschiedenen den Medien vielfach propagierten Bild des Zielgruppen. 2.5 Gastronomisches Angebot Anhand einer offenen Frage konnten die Hote- (15,3 %) den Gästen serviert. Vereinzelt ge- liers ihr Ernährungsangebot beschreiben. Dem- nannt wurden spezielle regionale Ausrich- nach stellen knapp 40 % der Hotels kalorien- tungen (wie z. B. südafrikanisches Restaurant), arme Kost (jegliche Formen von Diäten, Re- spezielle Ernährungstipps für Schwangere und duktionskost und Schonkost) zur Verfügung. In Mütter, allergen- und glutenarme Kost, F.X. über einem Drittel der Hotels findet man Mayr-Kuren, ayurvedische Gerichte oder auch Feinschmecker-Restaurants und eine gehobene Thalasso-Diäten. Bei 23,7 % der befragten Küche, oder Hoteliers fiel in diesem Zusammenhang auch Hauben-Auszeichnungen. Relativ häufig wer- einige davon mit Michelin- der Begriff Wellness, meist im Zusammenhang den Vollwertkost (33,3 %), regionale Speisen mit Wellnessmenüs, Vitalküche oder Ernäh- (24,1 %), vegetarische Küche (22,9 %) und rung nach Montignac (Glyx-Diät). In etwa etwas seltener Natur- bzw. biologische Küche genauso viel Fällen gaben Hoteliers (20,9 %) 111 Vom Hotel zum Erlebnisbad Ernährungsberatung durch spezielles Fachper- fach „nur“ gut essen und trinken wollen. Das sonal/Ärzte an. Da die Umfrage auf Wellness- Außergewöhnliche und die überdurchschnitt- hotels beschränkt war, sind die beiden letzt- liche Qualität des Angebotenen sind immer genannten Ergebnisse doch sehr niedrig (WHS noch wichtiger als die korrekte Wellness- 2006). ernährung. Anders formuliert: Von einem Gesundheitsorientierte Angebote sog. bewuss- hochwertigen Wellnesshotel erwartet man sich ter Ernährung sind zwar vielfach zu finden, vor allem eine überdurchschnittliche Küche aber es wäre ein Fehler, Wellnesshotels einfach und ein exquisites gastronomisches Angebot mit gesundheitsbewusster Ernährung gleichzu- mit regionalen, evtl. hotelspezifischen Beson- setzen. Es entspricht dem beschriebenen Ver- derheiten. wöhncharakter, dass viele Gäste offenbar ein- 2.6 Wellnesshotelgäste Auch ein überraschendes Ergebnis zeigt sich zielende Hotel ist eine Rarität. Es gibt nur sehr bei der Frage nach dem Anteil der Gäste, die wenige Hotels, die ganz auf Wellnessbesucher ausschließlich aufgrund des Wellnessangebots setzen. Alle anderen wollen und können auch die Hotels besuchen würden. Gerade 5,6 % der in unterschiedlicher Prozentuierung andere Ur- Hotels wollen sich als ausschließlich von Well- lauber-/Hotelgäste-Typen anziehen, für die die nessgästen besuchtes Unternehmen bezeich- jeweiligen Wellnessangebote sicherlich wich- nen. 47 % der befragten Betriebe gaben an, dass tige Entscheidungshilfen sind. Vielleicht ist in das Merkmal „Wellness“ für etwa die Hälfte diesem Ergebnis auch eine Spur von Miss- ihrer Gäste ausschlaggebend für die Wahl des trauen hinsichtlich der Kult-Zeiterscheinung Hotels sei. Über 40 % der Hotels wollten nur „Wellness“ zu sehen, der man vielleicht nicht rund ein Viertel ihrer Gäste als reine Well- so ganz traut, das zentrale Ereignis der kom- nessgäste bezeichnen (WHS 2006). menden Jahre zu sein. Daraus kann man doch einige Schlüsse ableiten. Das ausschließlich auf Wellnessgäste ab- 2.7 Aktuelle und künftige Zielgruppen 112 Die Antworten auf die Frage nach der Zusam- auf der Wunschliste der Hoteliers für die mensetzung der Wellnessgäste zeigen, dass Zukunft ganz weit oben. Erstaunlicherweise Paare (bei 83,2 % der Hotels vertreten) und sind die befragten Hoteliers relativ wenig (nur weibliche Alleinreisende (73,1 %) nach wie zu 37,3 %) an einem verstärkten Auftreten der vor! den Großteil der Wellnessgäste ausma- weiblichen Singles als zukünftiger Zielgruppe chen. Mit großem Abstand folgen die sozio- interessiert (WHS 2006). Männliche Allein- demographischen Gruppen Senioren (54,3 %) reisende werden von den Hoteliers in Zukunft und Familien (33,8 %) (WHS 2006). Fast jedes nicht unbedingt stärker als bisher umworben, dritte Wellnesshotel gab an, dass männliche spielen also keine große Rolle. Das gleiche gilt Alleinreisende nur selten oder nie als Well- auch für Kinder und Jugendliche, die als nessgäste anzutreffen seien. Das steht etwas in mögliche zukünftige Zielgruppe in der Well- Widerspruch zu der in der Presse in der letzten ness-Hotellerie so gut wie gar nicht berück- Zeit häufig zu findenden Fokussierung auf sichtigt werden. besonders die männlichen Wellnessgäste. Entgegen einem häufig in den Massenmedien Und was wünschen sich die Hoteliers in Zu- zu findenden Bild, wonach überwiegend gut- kunft für Gästetypen? Obwohl die derzeitige betuchte alleinstehende/-reisende Frauen Well- Zusammensetzung der Wellnessgäste von weib- nessurlaube buchen, ist die primäre Zielgruppe lichen Singles und von Paaren etwa gleich stark derzeit das Paar (und soll es auch in Zukunft geprägt ist, stehen insbesondere Paare (79,1 %) den Wünschen der Hoteliers entsprechend blei- Kagelmann / Guthmann– Motive von Wellnessurlaubern ben). Und: Was immer von sonstigen neuen Kerngeschäft werden sie sicher nicht werden. Zielgruppen (männliche Alleinreisenden, Seni- Darauf zu setzen, ist den Hoteliers zu unsicher: oren, Familien) phantasievoll erwartet wird – Sie planen weiter mit den Paaren. man wird sie im Blickfeld haben, aber das 2.8 Wellnessbuchungsarten Wellness = Wochenendentspannung? Die all- Hoteliers als relevante Variante genannt (WHS gemein gängige Vorstellung eines typischen 2006). Wellnessaufenthaltes als „Wellness-Wochen- Wie werden die Urlaube zukünftig aussehen? – ende“ wird durch die Ergebnisse der Befragung Bei der Betrachtung der Trendentwicklung im widerlegt. Nur knapp ein Viertel der Gäste Wellnessurlaub speziell wird deutlich, dass (23,7 %) bucht das „klassische (kleine) Well- individuelle Wellnesskombinationen (58,2 %) ness-Wochenende“ mit 1–2 Übernachtungen. und Wochenendpakete (59,4 %) wohl auch in Ein weiteres Viertel (22,9 %) bleibt 3–4 Tage. Zukunft die am häufigsten gebuchten Varian- Knapp die Hälfte der Wellnessgäste (45,9 %) ten bleiben werden (WHS 2006). Weiterhin dagegen verbringt laut Angaben der Hoteliers vermutet die Wellnesshotelbranche eine aller- nämlich durchschnittlich 5–7 Nächte im Hotel. dings leichte Zunahme an ganzwöchigen Well- Das von der Hotelbranche recht häufig ange- nessurlauben. botene „verlängerte Wochenende“ wird von den „Erholungs- und Entspannungs-Suchenden“ anscheinend dankbar angenommen. Es zeigte sich aber auch, dass ein Wellnessurlaub die traditionelle längere Urlaubsreise bisher nicht ablösen konnte, da nur eine verschwindend geringe Anzahl von Gästen (3,6 %) länger als eine Woche im Wellnesshotel verweilt (WHS 2006). Die Ergebnisse stellen eine Bestätigung des allgemeinen Trends zum Zweifach- bzw. Mehrfachurlaub dar: Zu einer „normalen“ Urlaubsreise – die über die letzten Jahre durchschnittlich immer kürzer geworden ist – kommt für diejenigen, die sich das leisten können(!), ein „kleiner“ (Städteausflugs- oder eben) Wellnessurlaub von 3–7 Tagen dazu! Weder die „lange“ Wellnesswoche noch der Tagesbesuch bzw. der Bei der Frage nach den häufigsten Buchungs- „kleine“ DaySpa-Aufenthalt sind allerdings – varianten ergab sich, dass rund zwei Drittel der auch dies steht im Widerspruch zu gängigen Gäste die Nutzung der Wellnessangebote in- Berichten – derzeit relevante Größen. Der dividuell organisieren. All-inclusive-Arrange- Wellnessaufenthalt ist selten länger als eine ments werden meist als Wochenendpaket Woche, ist also zurzeit keine Konkurrenz oder (59,0 %) gebucht, gefolgt von ganzwöchigen Ersatz, sondern Ergänzung zum traditionellen Angeboten (42,6 %). Relativ selten finden sich Jahresurlaub. Man tut gut daran, Wellness- Tagesgäste (13,7 %) in den Hotels ein, auch urlaub als neue Form des Zweit-/Dritturlaubs während der Woche genießen nur relativ anzusehen für Leute, die das Geld für einen wenige den Luxus von Wellness (17,7 %). Day zusätzlichen Urlaub haben. Spa wird nur von bescheidenen 0,4 % der 2.9 Trendentwicklungen der Wellnessbranche Was wird die Zukunft bringen? Wellness war in hoch waren und zahlreiche Hoteliers auf diesen den letzten Jahren ein starkes Medienthema Trend setzten, war die Frage außerordentlich und auch tourismusferne Branchen, wie z. B. wichtig, ob dieser Trend anhalten werde. Um große Nahrungsmittelketten, haben das Label dies eingehender zu untersuchen, wurden die Wellness aufgegriffen und damit zu seiner Hoteliers u. a. nach der Höhe der geplanten inflationären Verwendung beigetragen. Investitionen in den Jahren 2005 und 2006 Da auch die diesbezüglichen Investitionen in gefragt. Es zeigte sich, dass über ein Drittel der der Hotelbranche in der Vergangenheit sehr Hoteliers Investitionen in gleicher Höhe wie im 113 Vom Hotel zum Erlebnisbad vergangenen Jahr plant. Ebenso viele möchten Anzahl an einschlägigen Aufenthalten. Nur ein für den Wellnessbereich sogar ein höheres sehr geringer Teil (4,0 %) befürchtet einen Budget bereitstellen. Nur rund ein Viertel wird leichten Rückgang; fast niemand (0,4 %) sieht sich in den Ausgaben auf ein geringeres Maß einen starken Rückgang (WHS 2006). beschränken. Die Branche ist also durchaus Dies wird auch dadurch untermauert, dass fast zuversichtlich eingestellt. drei Viertel der Umfrageteilnehmer der Aussage Ein ähnlich optimistisches Bild ergab sich bei „Der Wellnessboom ist vorbei!“ nicht zu- den Beurteilungen zur Trendentwicklung der stimmten. Es gibt allerdings auch eine Gruppe Wellness-Hotellerie. Der Großteil der Hoteliers von „verhaltenen Pessimisten“, denn immerhin (63,1 %) ist von einem weiteren Wachstum der stimmte fast jeder Fünfte der pointierten Aus- Branche überzeugt. Gut ein Viertel rechnet mit sage doch zu. einer Stagnation, also einer gleich bleibenden 2.10 Neue Trends Weiter sollte festgestellt werden, welche Trends anderen Befragten stark favorisiert wurden. So im Bereich der Wellnessangebote erwartet gesehen findet wohl eine zunehmende Diversi- werden können. Im Besonderen scheinen sich fizierung der Angebote statt. die befragten Wellnesshotels zunehmend an Hoteliers meinen, dass in Zukunft wohl auch explizit gesundheitlichen und medizinischen verstärkt spezielle Partneranwendungen, wie Aspekten in jeglicher Hinsicht orientieren zu spezielle Kinder- und Familienanwendungen, wollen, sei es als Anti-Aging-Maßnahmen, gefragt sein können. Auch eine Zunahme an gesunde Ernährung, entsprechende (ärztliche) sportlichen und aktiven Elementen könne er- Fachberatungen, gesundheitsfördernde wartet werden. Dennoch bleibt der bisher Behandlungen und Gesundheitsvorsorge, seien dominierende Charakter von Erholung und Ent- es schulmedizinische oder naturheilkundliche spannung bei Wellness generell auch in Zu- Anwendungen kunft sicherlich erhalten. bis hin zu Schön- heitsoperationen. Häufig fielen die Begriffe „Medical Wellness“ oder „Medical Spa“, die man besonders gut beachten wolle. Ob die Aufmerksamkeit für diesen neuen Akzent mehr als eine Markt- und Trendbeobachtung ist, und dieser sich tatsächlich in die entsprechenden hohen Investitionen umsetzt, bleibt abzuwarten. Die Hoteliers vermuten weiter einen Anstieg der Bedeutung der individuellen und persönlichen Betreuung der Gäste. Dabei fiel häufig der Begriff „ganzheitlicher“ Angebote, worunter allerdings Verschiedenartiges verstanden werden kann. Zum einen sind damit Wellnessangebote für Körper und Geist und zum anderen Konzepte gemeint, die das komplette Umfeld des Gastes (z. B. Hotelzimmereinrichtung, Duft- und Farbgestaltung des Hauses) an Wellness ausrichten. Einige Hoteliers sehen den Trend hin zu einem „back to the nature“ und legen Wert auf regionale und naturbezogene Aspekte. Möglicherweise bildet sich hier ein Gegentrend zu den immer exotischer werdenden Wellnessangeboten aus, die von 114 In den Antworten auf die Frage nach der Zukunft des Wellnesstrends wird besonders die Qualität der Wellnessangebote betont. Zahlreiche Hoteliers sehen die Chance, sich zukünftig vor allem über qualitativ hochwertige Leistungen von anderen abzuheben. Dies belegt u. a. die überaus hohe Zustimmung von 90,4 % zu der Aussage „Der Anspruch an Wellness steigt immer mehr“ (WHS 2006). Bei der Frage nach den derzeit interessantesten Wellnessideen gab es nur wenig konkrete Nennungen. Auch hier wurden besonders häufig alle Themen rund um die Gesundheit genannt. Naturbezogenheit und individuelle Gastbetreuung standen ebenfalls an der Spitze der Nennungen, gefolgt von ganzheitlichen Angeboten, Partneranwendungen und sportiven Elementen. Offensichtlich sind keine absoluten Novitäten in Sicht, und wenn, dann behalten es die Hoteliers wohl auch für sich. Hoteliers hoffen also auf den neuen Trend „Gesundheit“, der ja bisher nicht besonders relevant ist. Das „Medical Spa“, das sicherlich Kagelmann / Guthmann– Motive von Wellnessurlaubern nur für wenige Prozente der Wellnesshotels dass die Veränderungen im Gesundheitssektor konsequent einsetzbar und durchführbar ist, sich auswirken werden in einer stärkeren ist ein Hoffnungsträger für die Zukunft. Oder Nachfrage nach gesundheitspräventiven, „sach- noch allgemeiner formuliert: Man hofft darauf, lichen“ Wellnessangeboten. 2.11 Brancheninternes Ranking Wo sind die Besten? Zum Abschluss unserer bestes Wellnesshotel bezeichnet wurde. Das Online-Befragung wurden die Wellnesshote- Hotel Hochschober in der Turracher Höhe liers gebeten, das ihrer Meinung nach derzeit wurde von den Wellnesshotelkollegen am beste Wellnesshotel zu nennen (der jeweils zweithäufigsten eigene Betrieb durfte dabei aber nicht genannt gefolgt vom Hotel Alpenrose in Maurach am werden). Der Korrektheit halber muss an dieser Achensee (17 Nennungen) und dem Steirerhof Stelle deutlich darauf hingewiesen werden, in Bad Waltersdorf (16). Ebenfalls häufiger dass es sich beim Folgenden um keine zer- genannt wurden: das Romantik Hotel Zur Blei- tifizierte Rangliste handelt, sondern dass hier che im Spreewald (13), das Wellness Resort nur die Häufigkeit der Nennungen durch die Hotel Schwarz in Mieming (10), der Salz- Hoteliers allein ausschlaggebender Faktor für burgerhof in Zell am See (9), das Sport- und die Rangreihe ist. Wellnesshotel Angerhof in St. Englmar (8) und Die meisten Nennungen erhielt das Posthotel das Traumhotel …liebes Rot-Flüh in Haldensee Achenkirch, das von insgesamt 22 Hoteliers als (7) (WHS 2006). genannt (18 Nennungen), 3 Wellnessgästestudie 2006 Für die Kunden wird es immer schwieriger, im acht Statements. Als Motivation mitzumachen Dschungel der vielen Angebote das für sie und die etwa zehn Minuten Zeit für das ideale Wellnesshotel zu finden. Um auch dieser Ausfüllen des Fragebogens aufzuwenden, wur- Tatsache Rechnung zu tragen, wurde im den unter den Teilnehmern attraktive Preise, Spätsommer 2005 eine Befragung von Well- z. B. fünf Wellnessurlaube für jeweils zwei nesskunden durchgeführt, die dazu dienen Personen sowie Buchpreise (Reiseführer), ver- sollte, die Bedürfnisse der Wellnesskunden lost. Der Fragebogen wurde insgesamt 600-mal besser kennen zu lernen. Die Untersuchung ausgefüllt. Da 133 Fragebögen nicht komplett wurde in freundlicher Zusammenarbeit mit ausgefüllt wurden, konnte bei der Analyse nur dem Relax Guide Wien organisiert. Untersu- auf 467 Fragebögen zurückgegriffen werden. chungsteilnehmer waren die Abonnenten des Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser (Email) (ca. Pilotstudie (weitere Untersuchungen sind ge- 6.800 Haushalte). Die Umfrage war als Online plant) ist zu bedenken, dass die Gruppe der Umfrage konzipiert und die Abonnenten hatten Interessierten zwischen 40–49 Jahren etwas, die fast drei Wochen Zeit, den Fragebogen aus- Frauen stark überrepräsentiert waren. Die zufüllen. Der Fragebogen enthielt 14 Fragen, wichtigsten Ergebnisse sind die folgenden: RELAX-GUIDE-NEWSLETTERS teils offen, teils mit vorgegeben Antworten und 115 Vom Hotel zum Erlebnisbad 3.1 Fakten und Meinungen zum Wellnessurlaub Es waren 86,1 % der befragten Personen ben. Auf Platz 2 stehen mit 33,6 % Nen- schon mindestens einmal in einem Well- nungen die Events und Platz 3 mit 31,0 % nesshotel gewesen, 37,3 % Personen sogar Nennungen nehmen die avisierten Erleb- schon mehr als viermal in einem Well- nisse aller Art ein. Am wenigsten wurden nesshotel (WHS 2006). bei dieser Frage das Angebot Entspannungs- Bei den meisten dauerte der letzte Aufent- methoden (4,3 %), danach mit 5,0 % das Angebot der Umgebung und mit 6,0 % halt 2–4 Tage – meist um ein Wochenende. das Angebot an Fitness/Sport genannt ge- Ein Wellnessaufenthalt in der Wochenmitte folgt von den Spa-Angeboten. Im Umkehr- ist weniger beliebt. 24,4 % der befragten schluss wären diese letztgenannten vier Personen waren das letzte Mal 2–4 Tage in Dinge also die Wellness-wichtigen/entschei- der Wochenmitte in einem Wellnesshotel denden Dinge für potenzielle Kunden (WHS (WHS 2006). 2006). Nur 15,7 % der 402 befragten Personen gaben an, dass sie ein Wellnesshotel weiter ren Wellnessurlaub mit „Partner/Partnerin“ empfehlen würden. die Wellnesskunden (51,8 %), an zweiter Stelle liegt mit 12,0 % haben zum größten Teil also noch keine der Wellnessurlaub mit Freund oder Freun- eindeutigen Präferenzen zu bestimmten din (WHS 2006). Hotels entwickelt. Anders formuliert, es ist also noch kein Trend zu „Stammwellness- große Mehrheit unserer Befragten (57,6 % Was ist das Wichtigste an einem Wellness- der Nennungen) bevorzugt ihren Aussagen nach Österreich bei der Wahl des Wellnessurlaubslandes, mit Abstand folgt ein Well- von zwölf vorgegebenen Angeboten aus- nessurlaub in Deutschland (9,0 %) und Ita- wählen. Die größte Resonanz fand das An- lien (6,0 % der Nennungen). Wenn Well- gebot an SPA, also allem, was mit Wasser nessurlaub, dann Österreich(!) scheint die und Gesundheit zu tun hat: Für 69,0 % der Devise derzeit zu sein. Viele der Befragten Befragten ist das Angebot an SPA das ent- gaben aber an, nicht zu wissen, wo sie gerne scheidende Angebot an einem Wellness- ihren nächsten Wellnessurlaub verbringen hotelaufenthalt. „Abgeschlagen“, mit 27,8 % wollen, sind also durchaus offen für neue der Nennungen liegen die Gastronomiean- und andere Angebote (WHS 2006). gebote auf Platz 2. Am wenigsten tragen zu einer Entscheidung für einen Wellnessho- Wo bekommt man die Informationen über telaufenthalt das Angebot an Kreativem und Wellnessurlaub? Die wichtigste Quelle, sich Gestalterischem, an Events und an Lebens- über ein geeignetes Hotel zu informieren, ist und Ernährungsberatung bei (WHS 2006). für die meisten der Befragten das Internet Was ist für Wellnessinteressierte am we- (68,1 %). Mit großem Abstand folgen Spe- nigsten wichtig an einem Aufenthalt in einem Wellnesshotel? Hier wurde am häufigsten – mit 39,0 % Nennungen – das Angebot an Kreativem/Gestalterischem angege- 116 Wohin fährt man zum Wellnessurlaub? Die hotels“ zu entdecken (WHS 2006)! hotelaufenthalt? Die Befragten sollten zwei Am liebsten verbringen die Befragten ih- zialreiseführer-Bücher (9,4 %) und Empfehlungen von Freunden/Bekannten/ Verwandten (9,0 %) (WHS 2006). Kagelmann / Guthmann– Motive von Wellnessurlaubern 3.2 Einstellungen von Wellnessinteressierten In unserem Fragebogen wurden auch Aussagen Für mehr als die Hälfte der Befragten ist ein aufgestellt, zu denen die Befragten angeben persönlicher Trainer anscheinend nicht beson- mussten, wie zutreffend sie die jeweiligen ders wichtig (WHS 2006). Aussagen finden. Aussage 5: „Asiatische Behandlungsformen inte- Aussage 1: „Man sollte auch bei Wellnessur- ressieren mich besonders.“ lauben ein Preisfuchs sein.“ Nur wenige (12,6 %) interessieren sich für asia- Für 28,5 % der Befragten trifft diese Aussage tische Behandlungsformen gar nicht. 32,8 % voll und ganz zu, nur 6,9 % lehnten diese bezeichneten sich als interessiert an asiatischen Aussage komplett ab. Die meisten der Befragten Behandlungsformen (WHS 2006). (41,1 %) meinten, dass diese Aussage zutreffen Aussage 6: „Die Angebote in einem Wellness- würde, für über zwei Drittel der Befragten hotel sind mir wichtiger als Umgebung und spielt – ungeachtet des Angebotes – der Preis Lage.“ eine sehr wichtige Rolle (WHS 2006). Aussage 2: „Im Wellnessurlaub probiere ich gerne neue Wellnessangebote aus.“ Dieser Aussage stimmten die meisten (50,5 %) voll und ganz zu. Insgesamt standen fast 86 % dieser Aussage positiv gegenüber (WHS 2006). Hier waren die Meinungen etwa hälftig geteilt (WHS 2006). Aussage 7: „Familien und Kinder sind in Wellnesshotels fehl am Platz.“ Auch hier gehen die Meinungen bei dieser Aussage auseinander. Etwas über 50 % der Befrag- Aussage 3: „Ayurveda und Österreich passen ten bejahen diese Antwort mehr oder weniger. nicht zusammen.“ Etwas unter 50 % verneinen diese Antwort. „Authentizität“ spielt offenbar doch keine so Alles in allem sind also keine eindeutigen Ten- große Rolle: Fast die Hälfte der Befragten denzen zu erkennen (WHS 2006). (49,3 %) meinte, dass diese Aussage gar nicht zutreffe. Nur 6,6 % der Befragten gaben an, dass diese Aussage voll und ganz zu treffe. Die Mehrheit kann sich also mit der Vorstellung eines Ayurveda- oder ähnlich „fernöstlichen“ Angebots irgendwo in Österreich sehr gut anfreunden (WHS 2006). Aussage 4: „Ein persönlicher Trainer im Wellnesshotel ist mir sehr wichtig.“ Aussage 8: „Kleine Hotels mit einer Wellnessspezialisierung sagen mir mehr zu als große Hotels mit einem umfassenden Wellnessangebot.“ Auch hierzu waren keine eindeutigen Tendenzen zu erkennen. Die Befürworter dieser Aussage halten sich fast die Waage mit den Verneinern (WHS 2006). 3.3 Fazit Wellnessinteressierte und -erfahrene Kunden Wellnesskunde ist auch, das scheint uns wich- sind nicht einfach zu kategorisieren. Es gibt tig, nicht sehr festgelegt auf ein einmal besuch- offenbar verschiedene Typen, denen unter- tes Hotel. Der Stammgasttreuefaktor ist also schiedlich viel an Lage des Hotels, Breite vs. noch gering – eine echte Herausforderung für Spezialisierung des Angebots, Familienfreund- die Wellnessanbieter. Der Wellnessurlauber in- lichkeit, Authentizität, Neuartigkeiten, exo- formiert sich gern im Internet und legt viel tisch-fernöstlichen Angeboten usf. liegt. Der Wert auf ein gutes Basisangebot im Spa- Wellnessgast ist nicht eindimensional. Der Bereich. 117 Vom Hotel zum Erlebnisbad 4 Wellnessbilderanalyse Ein zentrales Ergebnis der gerade vorgestellten Studien ist, dass das zentrale Wellnessmotiv die Entspannung darstellt. Dieses Ergebnis sollte auch bei der nun vorzustellenden Wellnessbilderanalyse verifiziert werden. Dabei ging es um die Frage, wie Wellness in aktuel- Abb. 1 Moderne, Interieur und Landschaft. Die Grundgesamtheit bildete der TUI-Winterkatalog 2005/2006, TUI-Sommerkatalog 2006 und der DerTour-Katalog 2005/2006. len deutschsprachigen (deutschen/ österreichi- Entspannung schen) Reisekatalogen visualisiert wird. Bei der In den verwendeten Reisekatalogen ist das Wellnesbilderanalyse handelt es sich um eine Hauptthema die Entspannung. Dieses Motiv, Pilotstudie, bei der mittels einer neuartigen bzw. diese Haltung kann vor allem über Mimik Inhalts-Bilderanalyse versucht wurde, die o. g. und Gestik der abgebildeten Menschen dar- Frage zu klären. Dafür wurden insgesamt 1.283 gestellt werden. Das Auffälligste an diesen Bildern deutscher Wellnesskataloge nach vor- Bildern sind die fast immer geschlossenen gegeben Kriterien analysiert. Zusätzlich wurde Augen der Personen, z. B. wenn diese Men- noch bei insgesamt 76 Bildern aus der Grund- schen auf Liegen oder auf Saunabänken ruhen. gesamtheit eine qualitative Bildanalyse durch- Geschlossene Augen können (und sollen typi- geführt. Die Bildanalysekriterien waren dabei scherweise in den Katalogen) das Zeichen für die Entspannung sein. Es ist immer das solitäre Entspannung, Verwöhnung und Zuwendung, Aktivität, und 40 Jahren mit geschlossenen Augen dar- Spiritualität, gestellt (vgl. Abb. 1). Individuum, das dabei im Mittelpunkt steht. Es werden dabei vor allem Frauen zwischen 35 Typische Bilder des Hauptthemas Entspannung Quelle: AMEROPA 2006, S. 14 (linkes Bild); SLOWENISCHE FREMDENVERKEHRSZENTRALE 2006, S. 16 (rechtes Bild). Verwöhnung und Zuwendung Aktivität Dieses Thema wird auf den Bildern durch die Fitness- und Sport spielt in Wellnesskatalogen explizite Zuwendung seitens des Personals, vor eine sehr untergeordnete Rolle. Nur 4,5 % der allem durch (klassische/kosmetische) Massagen Personenabbildungen sind Abbildungen mit (vgl. Abb. 1) oder mit typischen Hilfsmitteln körperlich aktiven Menschen (WBS 2006). Die arbeitenden Therapien (vor allem La-Stone- Personen befinden sich dabei meist zu zweit Therapie u. Ä.) dargestellt. In den Abbildungen oder in Gruppen außerhalb des Hotels bei einer sind die Berührungen auf relativ unerotische mäßig anstrengenden Bewegungstätigkeit (vgl. Körperbereiche wie den oberen Rücken oder Abb. 2). das Gesicht beschränkt. 118 Kagelmann / Guthmann– Motive von Wellnessurlaubern Spiritualität Das Bildthema Spiritualität ist eine Visuali- „Entspannung“. sierung von „Geistiger Aktivität“ als auch von Sportlich aktive Menschen Abb. 2 Quelle: AMEROPA 2006, S. 11 (linkes Bild); DERTOUR 2006, S. 151 (rechtes Bild). 5 Fazit Häufig findet sich in der Literatur für Wellness schichtigkeit vom Wellness(-Urlaub) nicht zum eine – letztlich theorielose, oberflächliche – Ausdruck (z. B. werden praktisch nie Lehr- und Metapher: die „Ganzheitlichkeit“. Gerne wird Lernsituationen oder Diätessen bildlich thema- z. B. ein sog. „ganzheitliches“ Wellnesskonzept tisiert). Es herrscht quasi ein „geheimes Ein- als ein auf vier (oder mehr) „Säulen“ stehendes verständnis“ von Anbietern und Nachfragern – Gebilde aufgefasst. Wichtigste Teile (Säulen) jenseits aller pädagogischen Wellnessfachlite- sind dann (vgl. z. B. LANZ-KAUFMANN 1999) (1) ratur –, dass Wellness de facto nichts anderes Körperliche Fitness, (2) Entspannung, (3) ge- ist als die möglichst gut organisierte, geglückte, sunde und bewusste Ernährung, (4) geistige luxuriöse Entspannung. Die Anbieter gehen Aktivität. Impliziert wird dabei eine Gleichbe- davon aus, dass der Kunde weiß, was Wellness deutung dieser Elemente, aber auch eine Art „wirklich“ bedeutet und kommunizieren nur umfassendes diese eine Form von Wellness. Gesundheits-Verwöhn-Verständ- nis. Dieses „Säulen-Modell“ wird ausdrücklich Sämtliche Untersuchungsergebnisse münden nicht über die (Bilder der) Kataloge trans- also in ein Fazit ein, dass Wellness nicht eine portiert. Denn: in den Katalogen ist der Well- vielschichtige, gesundheitsorientierte, ideolo- nessaspekt „Entspannung“ visuell klar über- gisch befrachtete, alternative Urlaubsart ist, wie repräsentiert und dabei sehr eindimensional dies häufig in den Medien dargestellt wird. Sie dargestellt, nämlich als die Idee, allein durch ist schon gar nicht eine Form des Ge- passive Entspannung (also auch weitgehend sundheitsurlaubs im klassischen Sinne, son- ohne körperliche und geistige Aktivität und dern eine zusätzliche Kurzurlaubsform für sogar mit ggf. ungesunden Essgewohnheiten) Menschen, die die entsprechende Zeit und das etwas für sein Wohlbefinden tun zu können. nötige Geld dafür übrig haben, sich auf Ent- Assoziationen sind hierbei: Ausruhen, Ab- spannung, Wohlfühlen und Verwöhnt werden schalten, Abschlaffen, Schlafen, Dösen, ggf. in luxuriöser Hotelumgebung zu zentrieren. auch Meditieren, Sinnieren. Über die Bilder Somit ist Wellness eigentlich eine neue Vari- kommt die – theoretisch vorhandene – Viel- ante des Luxushotelaufenthaltes. 119 Vom Hotel zum Erlebnisbad Quellenverzeichnis AMEROPA (2006): Wellness in Deutschland & mehr. Ausgabe 01.11.2005–31.10.2006. DERTOUR (2006): Wellnesswelten, Ausgabe 01.11.2005–31.10.2006. KAGELMANN, H. J. / HANSELMANN, S. / BAUER, J. / HORCH, B. / GUTHMANN, M. (2007): Wellnesshotelstudie und Wellnessgästestudie. München, Wien (in Druck). (im Text WHS 2006). KAGELMANN, H. J. / HANSELMANN, S. / KOCH, S. / TRIPOLT, C. / GUTHMANN, M. (2007): Wellnessbilderstudie. München, Wien (in Vorbereitung). (im Text WBS 2006). LANZ-KAUFMANN, E. (1999): Wellness-Tourismus: Marktanalyse, Qualitätsanforderungen für die Hotellerie – Schnittstellen zur Gesundheitsförderung (= Berner Studien zu Freizeit und Tourismus, H. 38). Bern. SLOWENISCHE FREMDENVERKEHRSZENTRALE (Hrsg.) (2006): Heilbäder und Thermen in Slowenien. o. O. Weiterführender Link ERLEBNIS UND TREND GUK MÜNCHEN/STARNBERG: http://www.tourismuswissenschaft.de/ Anm. d. Red.: Da sich die Literaturangaben im laufenden Text nahezu ausschließlich auf zwei noch unveröffentlichte Publikationen von Herrn Kagelmann et al. beziehen, zu denen keine Seitenangaben gemacht werden konnten, wurde auf korrekte Zitatbelege zu diesen Werken verzichtet und stattdessen nur ein Hinweis auf die entsprechende Studie (WHS 2006 bzw. WBS 2006) gegeben. 120