hotel-test im tschuggen grand hotel arosa

Transcription

hotel-test im tschuggen grand hotel arosa
HOTEL-TEST IM TSCHUGGEN
GRAND HOTEL AROSA
LUXUS-OASE
AM BERG?
Ende des 19. Jahrhunderts als Sanatorium für Lungenkranke erbaut, steht das Tschuggen Grand Hotel in Arosa heute für alpinen Luxus auf höchstem Niveau. Die von Mario Botta erbaute Bergoase gehört zu den besten Wellness-Refugien weltweit – und mit dem Tessiner Interior-Designer Mario Rampazzi ist garantiert, dass in den 98 Zimmer und 32 Suiten und Junior-Suiten, den fünf Restaurants und dem soeben neu gestalteten Bar- und Lobby-Bereich keine 08/15-Gemütlichkeit vorherrscht. Keine Frage, die Infrastruktur ist top. Doch wie steht es mit den Soft-Faktoren?
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11I2011
Hotel-test tscHuggen ArosA
Reservation (Homepage)
Dass in der Zwischensaison im Tschuggen
Grand Hotel umgebaut worden ist – der Link
auf der Homepage ist prominent und gipfelt in
einem Arrangement mit dem treffenden Namen
«Umbau abgeschlossen». 500 Franken für zwei
Nächte im DZ inklusive Dine around. Klingt verlockend, doch wir surfen noch etwas weiter und
stossen auf nicht weniger als acht weitere Spezials, von denen uns das «Tschuggen Escape»
mit zusätzlicher Massage, einer Spa-Pediküre
sowie der Benutzung des Solariums am meisten
anspricht. Kostenpunkt: 720 Franken im Deluxe
EZ Nordlage. Die Anfrage ist schnell gestartet,
das Angebot liegt am nächsten Morgen vor. Ja, das
buchen wir – und kriegen auch umgehend eine
Bestätigung zugemailt, mit der Bitte, die Reservation unterschrieben zurückzusenden. Da wir keinen Fax mehr besitzen und auch keinen Scanner
zur Verfügung haben, müssen wir – wie eigentlich immer – schliesslich doch noch zum Telefon greifen. Das hat den Vorteil, dass man uns
gleich nach den Wunschterminen für die inkludierten Spa-Behandlungen fragen kann – und
nach weiteren Wünschen. Tiptop das Telefonat,
die Homepage im Übrigen auch. Schön fänden
wir einen Hinweis auf das aktuelle Wetter. Und
dann noch etwas zum Buchungsvorgang: Wer
sich für kein Spezial interessiert und stattdessen
in der Buchungsmaske ein DZ für zwei Personen anfragt, kriegt unter den verfügbaren Zimmern auch diverse EZ angeboten. Das ist so wohl
nicht gewollt.
Check-in
Nach gefühlten tausend Kurven endlich Arosa
erreicht, glücklich, vor dem Tschuggen den Wagen
hinstellen zu können. Der Concierge lässt keine
dreissig Sekunden auf sich warten, übernimmt
den Autoschlüssel beim Empfang und begleitet
uns zur Rezeption. Ja, die Anfahrt war okay, wir
sind etwas gar früh, es ist 11.30 Uhr. Kein Problem, unser Zimmer – wir kriegen ein Upgrade
in ein Deluxe DZ Südlage – ist bezugsbereit. Nur
kurz den Meldeschein ergänzen und übrigens, der
Direktor möchte noch begrüssen, ehe Frau Cordes
uns auf einen Rundgang durchs Haus mitnimmt,
der nach einer Viertelstunde auf unserem Zimmer im sechsten Stock endet. Hier wird alles en
detail erklärt und auch darauf hingewiesen, dass
der Haartrockner nicht versehentlich im Kleiderschrank liegt, sondern mit Absicht – beim abendlichen Turn-around-Service werde er dann automatisch ins Bad gelegt. Den Schlüssel (kein Kärtchen!) kriegen wir mit den Bestätigungsterminen für die Spa-Behandlungen überreicht. Ganz
zum Schluss werden wir noch gefragt, ob man
uns ein Willkommensgetränk aufs Zimmer bringen dürfe. Darf man! Klar doch! Das Softgetränk
erreicht uns fünf Minuten später wie gewünscht
mit Eis und ohne Zitrone.
Zimmer
Es gibt wohl kaum einen Hoteldesigner, der
mehr polarisiert als der Tessiner Paradiesvogel
Carlo Rampazzi. Wir kennen seinen extravaganten, höchst farbenfrohen Stil vom Eden Roc
in Ascona, das notabene ebenfalls zur Tschuggen Hotel Group des deutschen Milliardärs Karl11I2011
Heinz Kipp gehört. Bereits beim Hotelrundgang
hat man uns auf das Farbkonzept aufmerksam
gemacht, wonach in jedem Stock ein anderer
Ton dominiert. Im sechsten Geschoss ist es die
Farbe Grün. Kein dunkles, warmes Grün, sondern eines, das Chirurgen und Anästhesisten
aus ihrem Berufsalltag kennen. Nun ist es aber
nicht so, dass nur die Türe und die Decke bunt
grün wären. Rampazzi kokettiert mit weiteren
Farben wie Hellblau, Whiskey und Gold, schafft
Harmonie, wo scheinbare Gegensätze herrschen.
Das Deluxe DZ, wie bereits erwähnt, ein Upgrade,
inklusive der Südlage. Ein wirklicher Room with a
view, der Balkon mit zwei Liegestühlen ausgestattet, ein Aschenbecher auf dem Beistelltischchen
fehlt. Leselampen beim Bett und bei den Ledersesseln, der Schreibtisch schön flächig. Steckdosen sind ebenso vorhanden wie ein schurloses
Telefon, mit dem man sich frei im ganzen Haus
bewegen kann – und allzeit erreichbar bleibt.
Die Minibar für einmal nicht «for free», kann auch
gar nicht sein, wo neben Rot- und Weisswein von
Wegelin aus Malans auch eine Flasche RuinartChampagner auf ihre Entkorkung wartet. Für den
Cognac gibt ’s einen speziellen Schwenker. Bravo!
Keinen Applaus erteilen wir für das Fledschlösschen-Bier, da hätte die Region doch wirklich
Alternativen zu bieten! Und eine abschliessende
Frage: Wo gibt es Eis zu beziehen?
Bad
Wir verstehen das Bedürfnis gewisser Herrschaften, sich jeden Morgen auf die Waage zu stellen,
doch muss das elektronische Teil denn wirklich
vorwurfsvoll vor der Kloschüssel stehen? Das
WC im Weiteren mit einer Glastüre vom Badezimmer mit der Wanne, den beiden Lavabos und
der geräumigen Regendusche abgetrennt. Pflegemittel von Molton Brown, Tücher in angemessener Materialität und Anzahl sind vorhanden. Dem
Beautyspiegel fehlt es an einem separaten Licht,
nicht aber an Vergrösserungsqualität. Steckdosen sind ebenso reichlich verfügbar, so wie auch
Ablageflächen. Den Bademantel und die mit einer
richtig guten Gummisohle versehenen Badelatschen fi nden wir im geräumigen Schrank beim
Eingang, wo auch eine plastifi zierte Tüte liegt,
die dazu gedacht ist, das nasse Badekleid von der
Bergoase ins Zimmer zurück zu transportieren.
Roomservice Kaum angekommen, verspüren wir einen leichten
Appetit, wohl wissend, dass wir in einer Stunde
den ersten Behandlungstermin in der Bergoase
haben. Den Bademantel haben wir bereits angezogen – und so möchten wir gerne etwas Kleines auf dem Zimmer essen. Die in hochwertigem
Leder gebundene Gästeinformation gibt sauber
und informativ über sämtliche Details des Hauses Auskunft. Unter «Room Service» interessiert
uns für einmal nicht das Club Sandwich (obwohl
es in drei Varianten angeboten wird – Provencal,
Schweiz oder Klassisch), sondern der Salatteller. Wir möchten ihn aber nicht mit Tofu, worauf
uns zu etwas Poulet geraten wird. Bei den Dressings mögen wir uns nicht zwischen French und
Balsamico entscheiden, sodass man uns beides
bringen wird. Nach einem allfälligen Getränk
wird nicht gefragt. Es dauert – nach der telefoni-
schen Bestellung – genau dreizehn Minuten, bis der Trolley
ins Zimmer geschoben wird.
Zwei verschiedene Brote, Butter
und Becel, Salz und Pfeffer, alles
da. Nur das Getränk fehlt. Aber
das fällt nur uns auf, sodass wir
beim Valser Wasser bleiben, das
kostenlos auf den Nachttischchen steht. Neben dem Blümchen ein diskretes Schildchen,
wonach man die 2450 anrufen soll, sobald das Mahl beendet ist. Reibungsloser Ablauf,
schöne Präsentation, die Dressings in reichlicher Menge dargeboten, die gebratenen Pouletstreifen schön saftig – wir
sind zufrieden.
Wellness
Der Spa im Tschuggen Grand
Hotel ist eine Welt für sich. Hier
Carlo Rampazzis farbenfrohe
Szenerien, dort Purismus alla
Mario Botta, verbunden über
eine verglaste Brücke, der entlang diverse Boutiquen mit Kleidern und hochwertigen Accesoires locken. Ein anonymes
«Sich-mal-eben-in-die-Saunaschleichen» gibt es nicht. Jeder
Gast wird an der Spa-Rezeption begrüsst und nach seinen
Bedürfnissen gefragt, beziehungsweise
herumgeführt,
denn die Bergoase erstreckt
sich über nicht weniger als 5000
Quadratmeter, verteilt auf vier
Stockwerken. Es beeindruckt
das Mass an Raum, die weiten
Gänge, die hohen Räume, das
Zusammentreffen von Granit,
Fels und Ahornholz. Das Auge
sucht vergebens nach aufgemalten japanischen Schriftzeichen
an den Wänden, die implizieren sollen, dass Buddha über
das Wohlergehen wacht. Dafür
ist jeder Gast selber zuständig, kann sich nach eigenem
Gusto das zugedeihen lassen,
was ihm in diesem Moment
am besten tut. Der Möglichkeiten gibt es nun wirklich genug:
eine Saunawelt mit Privatsauna
für Damen, Chill-out-Lounge
mit Feuerstelle, Bergsauna
mit regelmässigen Aufgüssen – allein in diesem Bereich
könnte man locker einen halben Tag zubringen. Früchte stehen ebenso zur Verfügung wie
Tees zum selber angiessen. Wo
man die gebrauchten Tassen
hinstellt? Wir tun sie einfach
neben den Wasserkocher. Ein
Tableau wäre hier nicht falsch.
In sämtlichen Bereichen lie- ›
121
Neue Lobby mit Bar.
Doppelzimmer im Rampazzi-Stil.
Pool in Bottas Bergoase.
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Bar.
Wohnbereich eines Doppelzimmers.
Sauna in der Bergoase.
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Hotel-Test Tschuggen Arosa
gen aktuelle Zeitschriften auf, von «Bunte» über
«Gala» bis hin zum «Stern». Doch mögen wir
nicht lesen, sondern uns auf die imposante Wasserwelt einlassen. Gefallen finden wir an den
gewärmten Frotteetüchern und der Aroser Felsgrotte, die nun wirklich den Namen «Erlebnisdusche» verdient. Wir gehen alle Jahreszeiten durch,
vom Sommer-Blitzgewitter über den winterlichen
Eisregen und bringen den Kreislauf anschliessend in der Kneippzone so richtig in Schwung.
Mängel sind wirklich nur sehr schwer auszumachen. Das Einzige, was man sich überlegen
könnte ist, in den Duschen im Umkleideraum zu
den Spendern mit Dusch- und Haarwaschmittel
auch noch einen solchen mit Bodylotion anzubringen. Das wäre dann Privacy total.
Behandlungen
Im Rahmen unseres Packages wird uns eine
«Comfort Zone Mediterranean Ritual Massage»
angeboten, für die wir uns vertrauensvoll unter
die Hände der medizinischen Masseurin Tanja
Bergs legen. Der Duft von Bergamotte und Zitrone entspannt aufs Vorzüglichste, die wellenartigen Bewegungen lassen uns leicht wie ein Fisch
im Wasser werden. Auch die Spa-Pediküre ist ein
einziges Verwöhnprogramm, professionell ausgeführt und mit lang anhaltendem Nachklang.
Korridor / Aufzug
Die pro Stockwerk dominierende Farbe – sie findet sich nicht nur in den einzelnen Zimmern und
Suiten wieder, sondern prägt auch den Korridor,
beziehungsweise wird im Treppenhaus bereits
auf dem Mittelboden zur nächsthöheren Etage
an der Wand angedeutet. Die Lichtverhältnisse
sind angenehm, die Teppiche dämpfen Geräusche
gut ab, sodass man im Innern der Zimmer wirklich Ruhe hat. Die Aufzüge sind nicht mit Informationen zugekleistert, doch wäre – anstelle des
Speisekartenauszugs aus dem Tagesrestaurant La
Collina – die eine oder andere Information zum
Tagesgeschehen auch ganz nett.
Lobby / Empfangsbereich
Seit dem Umbau des vorderen Teils des Erdgeschosses präsentiert sich der Eingangs- und Lobby-Bereich höchst stimmungsvoll und einladend.
Man steigt vor dem Haus auf rotem Teppich einige
Stufen hoch – die Schiebetüre öffnet sich – und es
ist, als würde der Designer Carlo Rampazzi einem
höchst persönlich in Richtung Bar begleiten. Die
Rezeption zur Rechten und den ebenso grossen
Concierge-Bereich zur Linken nimmt man im
ersten Moment gar nicht wahr. Da ist nur dieser
weite Raum mit seinen Sofas, Polstersesseln und
Tischchen, wo man sich unverzüglich niederlassen und in guter Gesellschaft ein noch besseres
Glas Wein trinken möchte.
Aussenbereich
Die wahren Werte des Tschuggen Grand Hotels
– mal abgesehen von der Botta-Bergoase – sind
klar im Inneren des Hauses zu finden. Der Bau
an und für sich erinnert eher an ein Regionalspital, als an ein Fünfstern-Superior-Hotel. Doch
das hängt mit der Historie zusammen, und vor
allem mit der Tatsache, dass das alte Grand Hotel
1966 total abgebrannt ist und folglich neu aufge11I2011
baut werden musste. So herrscht äusserlich der
schwer zugängliche «Charme» der Siebzigerjahre
vor, was aber nicht heissen muss, dass man dem
Showkasten bei der Zufahrt nicht etwas mehr
liebevolle Beachtung schenken dürfte. Für die
jüngsten Gäste gibt es einen Spielplatz, ansonsten ist der Aussenbereich eher knapp gehalten,
das Haus verfügt auch nur über eine Terrasse
(Restaurant La Collina), wo sich sonnenhungrige
Gäste Speis und Trank servieren lassen können.
Restaurant La Vetta
Im Rahmen des gebuchten Dine around besteht
auch die Möglichkeit, im 15-Punkte-Restaurant
La Vetta zu dinieren. Zwei Gänge aus der Karte
sind inklusive, jeder weitere Gang wird mit verträglichen 15 Franken berechnet. Carlo Rampazzi
speist mit, kokettiert mit orientalischen, rustikalen wie auch modernen Elementen. Wir dinieren
allein, sind um 19.30 Uhr der erste Gast – und
werden entsprechend umsorgt. Nein, eine Zeitung zur Unterhaltung brauchen wir nicht, lieber lauschen wir den Pianoklängen, die uns von
der benachbarten Bar erreichen. Aus dem reich
bestückten Brotkorb lassen wir uns gerne reichen, umso mehr, als neben Olivenöl und gesalzener Butter auch eine Trüffelcreme als Aufstrich
parat steht. Aus der klein gehaltenen Speisekarte
wählen wir Grosses: Kalb/Blumenkohl/Brunnenkresse zur Vorspeise, Rinderfilet/MalanserRotwein/Karotten/Kräutermark/Eierschwämme
zum Hauptgang. Während des Studiums der
schwergewichtigen Weinkarte erreicht uns schon
mal ein gut gesalzener Gruss aus der Küche, den
wir mit einem Glas Pinot Noir Brut von Christian Obrecht aus Jenins edeln. Der Service ist
stets bemüht um unser Wohlergehen, was uns
zuweilen fast etwas zu viel wird. Zwar lässt sich
im Verlauf der Vorspeise noch ein britisches Ehepaar am Nebentisch nieder, doch bleibt die Aufmerksamkeit auf einem Niveau, die in gewissen Momenten fast etwas bedrückend wirkt. Mit
einem Glas Schiller – ebenfalls von Obrecht –
nehmen wir uns der Variation vom Kalb mit Blumenkohl und Brunnenkresse an. Gelungene Aufmachung, schönes Spiel der Texturen, nur leider
etwas zu salzig. Wir neutralisieren mit Brot und
lassen in zeitlich gutem Abstand die Hauptspeise
folgen. Das beste Stück vom Rind, perfekt gebraten, auf einem sündigen Rotwein-Jus, begleitet
von frischen Eierschwämmen, Karotten und einer
Kräutermark-Kugel. Ein wirklich schönes Gericht
– wenn da nicht diese profane Deko in Form von
grossblättriger Petersilie wäre. Bei der Präsentation des Desserts – Melone/Buttermilch/Verveine-Eis – haben wir nichts zu bemängeln, finden aber, dass der Biskuitboden der Buttermilchschnitte ruhig etwas krosser ausfallen dürfte. Die
zum Schluss gereichte Etagere mit selbst gemachten Friandises überzeugt mit vier verschiedenen
Schokoladen-Kreationen und rundet das kulinarische Alpenmärchen aufs Vorzüglichste ab.
Concierge
24 Stunden Concierge-Dienst. Wir haben die
Ortskundigkeit der Herren Concierge bereits am
Vorabend getestet und nach diversen Laufrouten
gefragt. Die Auskunft wurde mit einem Plänchen
untermauert, das hat gut geklappt. Nun gehen wir
einen Schritt weiter, wollen für
den Abreisetag eine Restaurantbuchung in Chur vornehmen
lassen. Wie das Lokal heisst,
wissen wir nicht, nur, dass es
in der Altstadt sein muss und
man Fleischspezialitäten vom
Grill kriegt. Es dauert keine
drei Minuten und der Name ist
gefunden, die Buchung für zwei
Personen erledigt. Chapeau!
Dass man – wie im ganzen Haus
– von sämtlichen Mitarbeitern
(auch solchen, die man noch nie
gesehen hat) mit Namen angesprochen wird, sei hier nur am
Rande erwähnt.
Restaurant La Collina
In einem Stadthotel würde
man das soeben erst vergrösserte Restaurant La Collina
einen Coffeeshop nennen. Ein
helles, geräumiges Lokal mit
Antipasto-Buffet, kleiner Salatauswahl und einem Potpourri
an Speisen, die dazu gedacht
sind, jedermann zu jeder Tageszeit glücklich zu machen. Es
ist Mittag, der Wetterumsturz
macht Lust auf Käse. Fondue?
Wir werfen den Wunsch einfach
mal so in die Runde – und kriegen nicht einfach ein «Haben
wir zurzeit nicht» vorgesetzt,
sondern werden mit Geschick
auf die Älplermakkaronen mit
Apfelmus umgelenkt. Mit 27
Franken finden wir das Gericht
etwas überteuert und wenig
fantasievoll serviert. Hier wäre
ein Pfännchen angebracht, die
Präsentation im Suppenteller
überzeugt nicht. Desserts gibt ’s
vom Wagen, viele Süssigkeiten
werden in Gläschen serviert, so
wie die bayerische Creme oder
das Tiramisu. Wir jedoch entscheiden uns für ein handfestes Stück gebackenen Quarkkuchen, den man bei schönem
Wetter auch auf der Terrasse zu
sich nehmen könnte.
Bar
Pianomusik von Frauenhand
erzeugt. Wir sitzen in der Bar
und werden mit zwei Getränkekarten beglückt. Die eine so
schwer, dass wir sie gleich öffnen müssen – und von einem
blauen LED-Effekt überrascht
werden. Willkommen im Reich
der Whisk(e)ys! Ob es nun ein
Gläschen Ruinart sein soll oder
eben doch ein «Whisky that
cannot be named» aus dem
Jahre 1953 – die obligaten Chips
und gerösteten Kürbiskerne ›
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dürfen nicht fehlen. Für die Kerne empfehlen
wir statt der Schälchen mit den Kaffeelöffeln (die
eh niemand benutzt) kleine Karaffen, aus denen
der Gast die Kerne direkt in die Hand schütten kann. Zu den Chips schweigen wir uns aus,
da wäre selbst eine Karaffe zu viel. Wer Appetit
auf ein Club Sandwich verspürt, wird weiss eingedeckt, das Sandwich mit Grillgemüse, Eiern
und Basilikum-Pesto ist gut gelungen – und es
ist so gross, dass sich locker zwei Personen daran
laben könnten. Mayonnaise und Ketchup zu den
in einer Serviette gereichten Pommes gibt ’s im
Glas mit Drehverschluss. Die Empfehlung des
Barmans, einen Chardonnay McManis aus Kalifornien gefällt, es muss ja wirklich nicht immer
Bündner Herrschaft sein.
Turn around
Nein, den Haartrockner hat die Dame vom Turnaround-Service nicht wie von der Rezeptionistin
angekündigt ins Badezimmer gelegt. Ansonsten finden wir alles comme il faut vor, als wir
nach dem Abendessen das Zimmer betreten: auf
dem TV-Bildschirm die neusten Nachrichten aus
Arosa, Frühstückskarte und Bettvorleger liegen
bereit, ebenso ein Stück Toblerone. Die Morgenpost lesen wir vor dem Einschlafen noch kurz
durch, erfahren, dass das Wetter so la la sein
wird und richten demzufolge den Wecker eine
Stunde später. Gut, die Idee, auf der Morgenpost
noch freie Spa-Termine anzubringen. So wäre am
nächsten Morgen zwischen 9.30 und 11 Uhr noch
ein Termin für eine Lomi Lomi Nui Massage frei
oder von 13.30 bis 15 Uhr eine Sensai-Gesichtsbehandlung.
Nachrichten
Wir sind ausser Haus, mit dem Auto unterwegs.
Der Anruf, dass unsere Telefonkonferenz von 19
auf 18 vorverschoben worden ist, wird vom Concierge entgegengenommen. Kaum mit dem Auto
wieder vorgefahren, liegt auch schon der Zimmerschlüssel auf dem Concierge-Desk bereit –
und wir werden über die Terminverschiebung
informiert. Das ist insofern dumm, als wir um 17
Uhr einen Spa-Termin haben, der bis 18.30 Uhr
geht. Ein Problem? Der Concierge greift sofort
zum Hörer, verbindet mit dem Spa, wo uns selbstverständlich ein früherer Termin gegeben wird.
Frühstück
Wir haben nichts anderes erwartet: Alles da,
nichts fehlt! Die Früchte-Ecke mit Frischobst,
diversen aufgeschnittenen, zum Teil sogar filetierten Früchten, eingelegten Bananen, zig Kompott-Arten. Bei den Joghurts gleich vier Aromen
zur Auswahl, das frische Birchermüesli einmal
mit und einmal ohne Beeren. Cerealien, so weit
das Auge reicht, dazu Mager- oder Vollmilch.
Brot zum selber schneiden, Croissants in Hülle
und Fülle, Süsses im Kleinformat, frisch gepresste
Säfte in Grossform. Fisch, Fleisch und Käse für
jeden Geschmack. Alles ist angeschrieben, wenn
auch ohne Hinweis auf eine allfällige regionale
Provenienz. Die einladende Karte bietet darüber
hinaus Energy-Saft-Shots an wie einen Banana
Coffee Smoothie oder einen Ginger Energy Power
Shot. Wir wählen nicht das Breakfast Club Sandwich mit Spiegelei, gebratenem Schinken, Toma-
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ten und Käse, sondern ein gewöhnliches Omelett mit Spinat und
etwas Ratatouille a part. Die Eierspeise ist sehr schmackhaft, auch
wenn nicht Spinat, sondern Rüebli darin enthalten sind. Wären wir
Teetrinker, würde uns die Teestation mit den diversen getrockneten Aromen erfreuen. Stattdessen ordern wir einen Cappuccino,
dessen Anblick uns um ein Haar die gute Laune vermiesen würde.
Wo eine stolze, weisse Milchcreme thronen müsste, dümpelt auf der
Oberfläche eines profanen Milchkaffees ein sich auflösender Hauch
von Schokoladenpulver. Das hätte dem Kellner auffallen müssen!
Zumal dem Service sonst kein Detail entgeht. Der Latte macchiato,
der wenig später am Nebentisch serviert wird, sieht schon sehr viel
erfreulicher aus, doch mögen wir nicht noch ein zweites Abenteuer
eingehen und ordern zum Schluss einen doppelten Espresso.
Check-out
Die Bar- und Restaurant-Rechnungen liegen zur Einsicht bereit.
Ja, wir haben uns sehr wohlgefühlt und schauen uns den provisorischen Ausdruck gerne an. Es stimmt alles, die Belege stecken
in einem speziellen A5-Umschlag, das Gepäck ist bereits im Auto
verstaut, der Auto-Schlüssel wird uns vom Concierge überreicht.
Eine Tüte mit Wasser und Äpfeln steht auf dem Beifahrersitz bereit.
Auch ein Säckchen mit Tee ist darin enthalten, daran angeheftet
ein Zettel, wonach das Rezept
für die Zubereitung des Tees in
der Rechnungsmappe zu finden sei. Ein geschickter Zug!
So fällt zu Hause das Ablegen
der Rechnung gleich weniger
schwer, wenn einem zwischen
den Belegen plötzlich die Anleitung für den Tschuggen Wellness-Tee in die Hände fällt …
Wie bereits bei der Ankunft, ist
auch jetzt der Gastgeber wieder
persönlich präsent, diesmal, um
persönlich Abschied zu nehmen
nd
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und eine sichere Fahrt über die
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kurvenreiche Strasse zu wün✓
schen.
Reservierung:
bewertung
Fazit «Hotelier»
Check-in:
Zimmer:
Bad:
Mitteilungen:
Sicherheit:
Wellness:
Aussenbereich:
Lobby & Bar:
Restaurant:
Frühstück:
Mitarbeiter/Freundlichkeit:
Check-out:
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Was im Tschuggen Grand Hotel
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erstaunt, ist nicht nur die ein✓
zigartige Infrastruktur. Die ist
✓
in einem Fünfstern-Superior✓
Haus Voraussetzung. Wirk✓
lich frappierend ist die Zusam✓
mensetzung des Teams. Alles
✓
junge, hoch motivierte Leute
✓
(der Direktor ist gerade mal 31
✓
Jahre alt). Leo Meissen beweist,
dass es keine grauen Schläfen
✓
braucht, um ein wirklich guter, Gesamteindruck:
ja gar überragender Gastgeber zu sein. Der an der Hotelfachschule Luzern ausgebildete
Bündner mit Stationen in Paris
und London überzeugt mit frischer Präsenz – und legt dadurch auch
die Messlatte für sein Team sehr hoch. Dienst nach Vorschrift gibt
es in diesem Hause nicht. Herzblut fliesst, wo andernorts professionelle, einstudierte und wenig authentische Routine vorherrscht.
Das spürt der Gast im Tschuggen – und das macht dieses Haus zu
einer echten Oase der Gastfreundschaft mitten in der prächtigen
Bergwelt von Arosa. Dafür nimmt man die gefühlten tausend Kurven von Chur herkommend gerne in Kauf und stört sich auch nicht
daran, wenn das Wetter halt mal nicht so ist, wie man sich das für
einen Tag im Freien wünschen würde. Fazit: Höchstnoten in fast
allen Bereichen. Nicht nur wegen der aussergewöhnlichen HardH
ware, sondern vor allem wegen des Super-Teams. Chapeau!
11I2011
Hotel-Test Tschuggen Arosa
Was sagt DER HotelIER ?
Auf die Wünsche der Gäste eingehen und ihre
Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern ganz
individuell auch übertreffen – das ist unser tägliches Ziel. Der kritische Blick von aussen ist dabei
eine wertvolle Unterstützung in unserer Arbeit.
Herzlichen Dank deshalb für den Hotel-Test mit
den Anmerkungen und Anregungen zu den einzelnen Punkten, die Ihnen in unserem Hause
aufgefallen sind. Gerne nehmen wir Ihre Verbesserungsvorschläge auf und geben Ihnen hier
noch gerne unsere Stellungnahme dazu: Wir hatten bereits eine neue Homepage in Planung, die
mittlerweile online geschalten ist. Dort haben wir
viele neue Elemente integriert, die heute von den
Gästen erwartet werden. Die aktuelle Wettervorschau ist nur eines davon. Auch die Vereinfachung
Klassifizierung: 5 Sterne Superior
Eröffnung: 1929 (Komplettrenovierung 2006 und
Umbau des Erdgeschossbereichs im Jahr 2011)
Inhaber: Tschuggen Hotel Group AG
Direktion: Leo Maissen
Leo Maissen, Direktion
Zimmer: 98 und 32 Suiten
Grösse Zimmer: 46 m2
Grösse Suiten: 148 m2
Anzahl Betten: 216
Anzahl Mitarbeitende total: 125 bis 210
Davon Lernende: 6
Restaurants, Sitzplätze: La Vetta 40 Plätze;
La Collina 50 Plätze; Grand Restaurant 200 Plätze;
Bündnerstube 60 Plätze; Spa Lounge 26 Plätze
Sitzplätze Bar: 80 Plätze
Sitzplätze Terrasse/Gartenrestaurant: 30 Plätze
Durchschnittlicher, regulärer Zimmerpreis
(DZ): CHF 405.– bis 880.–
Mindest-Zimmerpreis: CHF 405.–
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der Buchung ist in Planung. Da wir einen «24h
Room Service» anbieten, haben wir uns für nur
eine Biersorte in der Minibar entschieden. Wie Sie
jedoch zu Recht anmerken, sollten die Getränke
deshalb aber trotzdem bei jeder Room-ServiceBestellung aktiv abgefragt werden. Wir danken
auch für die Ideen für den Spa. Die TschuggenBergoase ist ein essenzieller Teil unseres Hauses. Wir freuen uns sehr, dass Ihnen die professionelle Ausführung unserer Behandlungen
so positiv aufgefallen ist. Ihre Anmerkungen zu
unserem Show-Kasten bei der Zufahrt haben wir
gerne aufgenommen und werden ihn für die Wintersaison neu gestalten. Und am Frühstücksbuffet werden wir die Herkunft der Speisen ebenfalls künftig anschreiben. Ausserdem schulen wir
unsere Mitarbeitenden umgehend nochmals auf
die korrekte Zubereitung eines richtigen italienischen Cappuccinos.
Darüber hinaus gibt es, wie Sie richtig angemerkt
haben, noch das eine oder andere Detail, an dem
wir arbeiten müssen. Aber vor allem erwarten wir
von unseren Mitarbeitenden Begeisterung sowie
Freude an ihrem Tun und ehrliche Herzlichkeit.
Wir freuen uns deshalb sehr über das hervorragende Testergebnis, in dem sich das Engagement
unseres Teams widerspiegelt. Denn dieses Engagement und eine ehrliche Gastfreundschaft sind
es, die wir unseren Gästen auch in Zukunft jeden
H
Tag aufs Neue bieten wollen.
Leo Maissen
Direktor Tschuggen Grand Hotel Arosa
Max. Zimmerpreis: CHF 3410.–
Preis pro Frühstück: CHF 40.–
Herkunft der Gäste: 43 % Schweiz
Anteil Feriengäste: 95 %
Anteil SeminarGäste: 5 %
Anteil ausländische Gäste: 57 %
Bankett- und Seminarräume:
3 Räume, 25 bis 60 Quadratmeter für bis zu 40 Personen
Wellness/Spa: 5000 Quadratmeter Wellnessoase von
Stararchitekt Mario Botta mit Innen- und Aussen-Relaxpool,
Sportpool, Kleinkinderpool, Kneippzone und Aroser
Felsgrotte, Saunawelt mit Privatsauna für Damen, Chillout-Lounge mit Feuerstelle, Relaxbereich, Bergsauna mit
Schneeterrasse, Biosauna, Dampfbad, Eis und Duschzone,
zwölf individuell gestaltete Behandlungsräume für
Massagen, Bäder und Beauty, Fitness Center mit KinesisTraining-System und Technogym-Geräten sowie MedicalWellness-Angebot.
www.tschuggen.ch
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