Alte Flugschule
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Alte Flugschule
Therapeutische Einrichtung für Abhängigkeitskranke „Alte Flugschule“ „Alte Flugschule“ Behandlungsindikation und Behandlungsdauer Das Angebot der Klinik richtet sich an: - drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16. Lebensjahr (ICD10 F 11-19) - drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16. Lebensjahr mit einer zusätzlich nicht Abhängigkeitserkrankung (Glücksspielsucht, Mediensucht) stoffgebundenen - drogenabhängige und polytoxikomane Frauen und Männer ab dem 16. Lebensjahr mit zusätzlichen psychiatrischen Erkrankungen, die in der Regel keiner komplexen psychopharmakologischen Medikation bedürfen (Ausnahmen sind in Einzelfällen möglich) Darüber hinaus gehende Aufnahmeindikationen: - Es besteht die Möglichkeit einer Auffangbehandlung nach Rückfälligkeit bei vorangegangener Entwöhnungsbehandlung und längerer Abstinenzzeit. - Drogenabhängige Eltern oder Elternteile können gemeinsam mit ihren Kindern aufgenommen werden, wenn diese das Grundschulalter nicht überschreiten. Die Kinder können während der Behandlungszeit je nach Alter innerhalb der Einrichtung betreut werden, den örtlichen Kindergarten oder die Grundschule besuchen. Das Angebot der Einrichtung richtete sich ebenfalls an schwangere drogenabhängige Frauen. - Es werden Paare in der Klinik aufgenommen, bei denen beide Partner drogenabhängig sind. - Außerdem können Rehabilitanden nach § 35 - § 37 BtMG aufgenommen werden. Kontraindikationen: - akute Suizidalität - akute Psychosen - ausgeprägte hirnorganische Störungen - alle schweren somatischen Erkrankungen (z.B. akute Hepatitiden, Vollbild AIDS, kardiologische Erkrankungen, Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, neurologische Erkrankungen), die dauerhafter medizinischer Behandlung und pflegerischer Hilfeleistung bedürfen Unsere Fachklinik arbeitet in enger Kooperation mit dem nur 20 Minuten entfernten Erzgebirgsklinikum Haus Zschopau zusammen. In diese Kooperationsvereinbarung sind alle Fachabteilungen des Klinikums MEK Haus Zschopau eingeschlossen. 1 Für den größten Teil unserer potentiellen Rehabilitanden findet hier auch die Entgiftung vor Aufnahme in die Rehabilitationsklinik statt. So kann schon im Vorfeld sichergestellt werden, dass für eventuell schwer somatisch erkrankte Rehabilitanden oder solche mit einer akuten psychiatrischen Zusatzerkrankung keine Aufnahme in unsere Klinik, sondern in eine entsprechend ausgerichtete Akut- bzw. Rehabilitationsklinik erfolgt. Zeigt sich in einigen wenigen Ausnahmefällen erst während der Rehabilitation eine solche Erkrankung, wird eine Umverlegung in ein Akutkrankenhaus, i.d.R. Zschopau oder bei entsprechender Notwendigkeit in eine Akut- oder Rehabilitationsklinik mit jeweiliger Spezifikation eingeleitet Behandlungsdauer und Entlassung: Die konzeptionelle Behandlungsdauer beträgt sechs Monate. Bei entsprechender Indikation wird eine Verlängerung der Therapiemaßnahme mit ausführlicher medizinischer Begründung beim Kostenträger beantragt. Bei medizinischer Notwendigkeit schließt sich der Entwöhnungsbehandlung eine Adaptionsbehandlung von drei Monaten an. Diese kann, nach Beantragung beim Kostenträger, auf 6 Monate verlängert werden. Eine vorzeitige Entlassung seitens der Einrichtung kann erfolgen als disziplinarische Entlassung (unter Umständen bei Rückfall oder anderen schwerwiegenden Regelverstößen) oder Beendigung der Therapie auf ärztlichen und therapeutischen Rat. Die Therapie in unserer Einrichtung gilt als vorzeitig gegen ärztlich und therapeutischen Rat beendet, wenn der Klient die Therapie abbricht. Ausstattung und personelle Gegebenheiten Personal und Apparative Ausstattung Das multiprofessionelle Team der „Alten Flugschule“ arbeitet unter ärztlicher und psychotherapeutischer Leitung. Die Gesamtverantwortung für den therapeutischen Prozess tragen die leitenden Ärzte, FÄ für Psychiatrie und Psychotherapie, die je einem Klinikhaus zugeordnet sind. Darüber hinaus wird durch die Ärzte die Adaptionseinrichtung in Leipzig betreut. 2 Um eine umfassende ärztliche Betreuung sicherzustellen, die den Anforderungen unserer Rehabilitanden gerecht wird, ist die ärztliche Leitung durch zwei Ärzte mit fachspezifischer Qualifikation und sozialmedizinischer Weiterbildung besetzt. Diese stehen ganztägig bzw. zu den jeweiligen Ansprechzeiten zur Verfügung und führen eine wöchentliche Rehabilitandenvisite durch. Die Bezugstherapeuten verfügen über entsprechende suchtspezifische Zusatzqualifikationen oder sind in Zusatzausbildung. Das weitere fachtherapeutische Personal setzt sich aus Sozialpädagogen/ Sozialarbeitern, Arbeitstherapeuten, Pädagogen und Sporttherapeuten für die jeweiligen Funktionsbereiche zusammen. Physiotherapeutische Maßnahmen, dazu gehören Strombehandlungen, Ultraschall, Krankengymnastik, Massagen und Wärmebehandlungen, werden nach ärztlicher Anordnung durch die leitenden Ärzte (unterstützt durch den konsiliarischen Facharzt für Orthopädie/ Chirurgie) vom Physiotherapeuten der Einrichtung im physiotherapeutischen Behandlungsraum durchgeführt. In der Rehabilitationsklinik wird ein Ruhe- EKG vorgehalten, die Auswertung erfolgt durch die leitenden Ärzte. Bei Verdachtsdiagnosen wird ein Internist des Klinikums MEK Haus Olbernhau hinzugezogen. Es besteht ein Kooperationsvertrag mit dem Klinikum Mittleres Erzgebirge Haus Zschopau für notwendige zusatzdiagnostische Maßnahmen. Belastungs-EKG, Abdomen-Sonografie, kleine Lungenfunktion, EEG, EMG, ENG werden mit entsprechender fachärztlicher Auswertung durch das Klinikum Zschopau bereitgestellt, die notwendige Labordiagnostik wird durch erbracht. Kooperation Die Klinik kooperiert mit anderen Einrichtungen des Suchthilfesystems wie Drogenberatungsstellen, Entgiftungseinrichtungen bzw. psychiatrischen Kliniken, anderen Entwöhnungs- und Nachsorgeeinrichtungen. Eine enge Zusammenarbeit besteht mit dem Klinikum Mittleres Erzgebirge Haus Zschopau, insbesondere mit der Psychiatrischen Abteilung. Bedingt durch die räumliche Nähe, können hier Rehabilitanden bereits während ihrer Entgiftungsbehandlung von uns betreut und kann der nahtlose Übergang in die Entwöhnung unterstützt werden. 3 Die stationäre Nachsorgebehandlung unserer Rehabilitanden findet in der Regel im Adaptionshaus des Trägers in Leipzig statt. Die Mitarbeiter aus Entwöhnungs- und Adaptionseinrichtung arbeiten eng zusammen und stehen in regelmäßigem Austausch. Die Leitung der Einrichtung wirkt in verschiedenen Fachgremien und – verbänden der Suchthilfe, der psychiatrischen Versorgung und der Jugendhilfe mit. Es besteht Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsinstitut „Zentrum für Psychotherapie Chemnitz“. Im Zusammenhang mit der Schul- und Lehrausbildung der Rehabilitanden besteht Kooperation mit dem Berufsbildungsverein Annaberg, der Mittelschule Großrückerswalde und der Technischen Universität Chemnitz. Kontakt besteht außerdem zum örtlichen Sportballverein und zur Jungen Gemeinde der evangelischen Kirche Großrückerswalde. Behandlungsphasen Die konzeptionelle Behandlungsdauer in unserer Entwöhnungseinrichtung beträgt sechs Monate. Bei entsprechender Notwendigkeit kann eine Verlängerung der Therapiezeit beim Kostenträger beantragt werden. Der Entwöhnungsbehandlung schließt sich bei medizinischer Notwendigkeit eine Adaptionsphase, zwischen drei und vier Monaten an. Überblick über den Behandlungsablauf Aufnahme In der Regel nach vorangegangener Entgiftungsbehandlung Orientierungsphase Kernphase Ablösephase Adaption (bei Indikation) 4 Aufnahme Der Aufnahmezeitpunkt wird mit dem Rehabilitanden so vereinbart, dass nach der Entgiftung ein nahtloser Übergang in unsere Einrichtung erfolgen kann. Zur Aufnahme benötigen wir: - einen ausführlichen Lebensbericht mit Suchtgeschichte - die Kostenzusage des zuständigen Leistungsträgers - eine Bescheinigung über die abgeschlossene Entgiftung - einen gültigen Personalausweis oder Reisepass Bei Aufnahme erfolgen eine Atemluft- und eine Urinkontrolle. Der Rehabilitand wird von seinem zuständigen Bezugstherapeuten aufgenommen. In einem ersten Gespräch mit diesem werden organisatorische Inhalte besprochen und erste anamnestische Daten erfragt. Der Rehabilitand erhält einen „Wegweiser“ für die Klinik und es wird ihm ein Pate aus der Bezugsgruppe zur Seite gestellt, der den Neubeginn erleichtern soll. Die medizinische Aufnahme erfolgt durch die leitenden Ärzte. (→ siehe Behandlungselemente/ Medizinischer Bereich) Orientierungsphase Die Orientierungsphase umfasst ca. sechs Wochen. Relevante motivationale Zielsetzungen: - Erkennen der Notwendigkeit einer Änderung der gegenwärtigen Situation - Anerkennung des Abhängigenstatus - Akzeptieren der eigenen Hilfsbedürftigkeit - Annahme der angebotenen Hilfe - Bereitschaft zur Abstinenz - Einsicht in die Notwendigkeit eines allgemeinen Verhaltenswandels - Akzeptanz der Eigenverantwortlichkeit und aktiven Mitarbeit Kernphase Zusammenfassung wichtiger Ziele und Inhalte in dieser Phase: 5 - Aufdeckung und Aufarbeitung des Stellenwertes der Sucht im individuellen Lebenszusammenhang - Abschiednehmen von „süchtigen“ Lebensmustern - Überprüfung des Selbstbildes - Auflösung von Projektionen - Einüben von Grenzziehungen - Erhöhung von Frustrations- und Ambiguitätstoleranz - Erhöhung der Konfliktfähigkeit - Stärkung der Autonomiebestrebungen - Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen - Wahrnehmung eigener Bedürfnisse - Entwicklung von Lebendigkeit, Kreativität und Spontaneität - Kennenlernen von Möglichkeiten, sich zu entspannen und zu genießen - Entwicklung pragmatischer Problemlösungsstrategien - Realitätsüberprüfung und Zukunftsplanung Ablösephase In den letzten zwei Monaten stehen die Orientierung und Erprobung außerhalb der Einrichtung (z.B. Belastungserprobung in Heimfahrten, Ämterfahrten) und der Abschied von der stationären Therapie im Vordergrund. Erarbeitete Strategien der Rückfallprophylaxe werden erprobt, erweitert und gefestigt, Krisen- und Notfallpläne konkretisiert. Die Umsetzung der erarbeiteten Ziele hinsichtlich der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung wird weiter forciert. Es gilt, gemeinsam mit den Rehabilitanden ein tragfähiges Netz zu knüpfen, welches nach der Therapie Halt und Stütze geben kann. Dieses Netz ist individuell mit den Rehabilitanden zu erarbeiten. In der Regel besteht es aus einer Kombination der folgenden Elemente: - Signifikante Bezugspersonen (Eltern, Geschwister, andere Verwandte, Lebenspartner, Freunde etc.) - Stationäre Betreuung (Adaptionseinrichtungen, Einrichtungen des betreuten Wohnens, etc.) - Ambulante Betreuung (Drogenberatungsstellen, Selbsthilfegruppen, niedergelassene Psychotherapeuten, etc.) - Beruf und Bildung (Arbeitgeber, Schulen, Arbeitsämter, etc.) 6 - Freizeit (Sportvereine, Volkshochschulen, etc.) Behandlungselemente Medizinischer Bereich / Diagnostik Es finden ein medizinisches Aufnahmegespräch und eine Aufnahmeuntersuchung statt, die eine körperliche, allgemeinärztliche Untersuchung, ein EKG, eine Blut- und eine Urinuntersuchung beinhaltet. Diese Untersuchung wird zum Aufnahmezeitpunkt (bis spätestens am zweiten Tag nach Aufnahme) von den psychiatrischen Fachärzten der Einrichtung durchgeführt. Diese holen gegebenenfalls Befunde von vorbehandelnden Ärzten ein. Werden behandlungsbedürftige Begleiterkrankungen diagnostiziert, wird der Rehabilitand zum entsprechenden konsiliarischen Facharzt überwiesen und die Weiterbehandlung in den Therapieplan integriert. Bei Notwendigkeit werden weitere Laboruntersuchungen eingeleitet. Die neurologische und psychiatrische Eingangsdiagnostik und Indikationsstellung erfolgt ebenfalls durch die leitenden Ärzte der Einrichtung. Die weitere anamnestische und psychologische Befunderhebung wird durch die Psychologischen Psychotherapeuten/ Psychologen der Klinik durchgeführt. Neben der Überprüfung der Suchtdiagnose, einschließlich des Vorliegens einer nicht stoffgebundenen Abhängigkeit, wird das Vorliegen weiterer psychischer Störungen abgeklärt. Zudem wird die intellektuelle Leistungsfähigkeit testpsychologisch erfasst. Eingesetzte Verfahren sind hier beispielsweise das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV (SKID), das Freiburger Persönlichkeitsinventar (FPI-R), der Fragebogen zur Erfassung von Agressivitätsfaktoren (FAF), der Mehrfachwahl-Wortschatz- Intelligenztest (MWT-B), das Diagnosticum für Cerebralschädigung (DCS), das Depressionsinventar nach Beck. Bei weiterem Abklärungsbedarf wird eine vertiefende Diagnostik durchgeführt. Die in den Ergebnissen der Eingangsdiagnostik erfasste somatische, psychische und soziale Situation des Rehabilitanden stellt die Grundlage für die Planung der weiteren Behandlung dar. 7 Indikationsgruppen Spielsucht Spiel- und Internetsucht stehen zunehmend im Zentrum wissenschaftlicher Forschung und Handelns. Exzessive Nutzung von neuen Medien ist gerade unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht selten. Hierbei ähneln sowohl die Symptome sowie die nachweislichen corticalen Verarbeitungs- und Veränderungsprozesse denen einer klassischen stoffgebundenen Suchterkrankung, wie z.B. Kontrollverlust, Toleranzentwicklung, Auftreten konsumbedingter negativer Konsequenzen, Craving und Entzugserscheinungen. Eine Komorbidität zur Drogenbzw. Alkoholabhängigkeit ist häufig gegeben. Raucherentwöhnung Hierbei geht es um die Förderung der Tabak- bzw. Nikotinabstinenz. Gesunde Ernährung / Ernährungsberatung Im Vorfeld der Ernährungsberatung findet eine Diagnostik hinsichtlich einer potentiellen Essstörung statt. Entspannung Es werden sowohl die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen als auch Thai Chi als Methoden zur Entspannung, mit den Zielen der Steigerung der Selbstwahrnehmung und der eigenständigen Spannungs- und Affektregulation, vermittelt. Dieses Angebot findet mindestens 1x pro Woche a 30 Minuten in der Gruppe statt. Frauengruppe / Männergruppe Regelmäßig finden geschlechtsspezifische Angebote innerhalb des Therapieprogramms statt. Diese Gruppenangebote sollen Rahmen und Möglichkeit geben, frauen- bzw. männerspezifische Themen ungestört, in vertrauensvoller Atmosphäre ohne die Anwesenheit des anderen Geschlechts zu bearbeiten. Drogenabhängige Frauen machen auf der Szene, aber auch schon vor ihrer Drogenabhängigkeit Erfahrungen, die ihr Leben bis heute bestimmen. Es ist bekannt, dass ein großer Teil der drogenabhängigen Frauen Beschaffungsprostitution betreibt. 8 Viele dieser Frauen sind vor ihrer Drogenkarriere sexuell missbraucht worden. Erfahrungen von sexueller Gewalt, Prostitution, Körper- und Essprobleme in einer Gruppe mit Männern zu besprechen, ist für viele Frauen unmöglich. Einzeltherapie Die lösungsorientierten Einzelgespräche sind ein fester Therapiebaustein und werden bei allen Patienten wöchentlich durchgeführt. Die Schwerpunktbehandlung zusätzlicher psychischer Störungen (z.B. affektive Störungen, Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen, Belastungs- psychotische und Störungen) Anpassungsstörungen, findet im regelmäßigen einzeltherapeutischen Setting mit den Bezugstherapeuten der Einrichtung unter Fallsupervision des psychotherapeutischen und ärztlichen Leitungsteams statt. In gesonderten Fällen kann eine Einzelbetreuung auch durch die Psychologischen Psychotherapeuten oder die Ärzte erfolgen. Arbeits- und Beschäftigungstherapie Innerhalb der verschiedenen Arbeitsbereiche besteht zudem die Möglichkeit der beruflichen Qualifikation für Rehabilitanden. Innerhalb der verschiedenen Arbeitsbereiche besteht zudem die Möglichkeit der beruflichen Qualifikation für Rehabilitanden. Küche und Hauswirtschaft Die in der Küche tätigen Rehabilitanden sind unter Anleitung des Arbeitstherapeuten für Nahrungsmittelbestellungen, Planung, Vor-, Zu- und Nachbereitung der Mahlzeiten zuständig. Die Versorgung der Mitbewohner stellt keine einfache Aufgabe dar. Die Rehabilitanden/Rehabilitanden müssen sich täglich wiederkehrenden Aufgaben stellen, ohne mit sich einstellender Routine Sorgfalt vermissen zu lassen. Fehlendes Bewusstsein von gesunder Ernährung kann aufgearbeitet werden. Die Rehabilitanden können Erfahrungen machen, dass Essen mehr ist als der Konsum von 9 Nahrungsmitteln zum Zwecke der Sättigung, sondern dass Essen eine Möglichkeit ist zu genießen. Das Tätigkeitsfeld der Hauswirtschaft setzt sich zusammen aus der Betreuung von Rehabilitanden/Rehabilitanden, Mitarbeitern und Gästen (z.B. bei Angehörigenseminaren), der Reinigung und Pflege von Gemeinschaftsräumen und dem Betrieb der Wäscherei. Kreativ- und Holzwerkstatt Dieser Arbeitsbereich widmet sich v.a. der Herstellung von Holz- (z.B. erzgebirgische Holzkunst, Holzspielzeug) und Töpferwaren. Die Rehabilitanden lernen verschiedene Bearbeitungstechniken kennen und erlangen dabei entsprechende instrumentelle Fertigkeiten. Landwirtschaft und Tierhaltung Auf dem „Arche Hof“ der „Alten Flugschule“ werden bedrohte Haustierrassen gezüchtet und verarbeitet. Die Rehabilitanden sind für Haltung und Pflege verschiedener Nutztiere wie z.B. Schweine, Schafe, Rinder, Ziegen, Pferde, Geflügel, Kaninchen und Hunde zuständig. Dieser Arbeitsbereich fördert und fordert in besonderem Maße Verantwortungs- und Pflichtgefühl. Tiere sind abhängig von regelmäßiger und zuverlässiger Versorgung und bieten so ein ideales Lern- und Betätigungsfeld. Zudem bietet dieser Bereich den oftmals beziehungs- und kontaktgestörten Rehabilitanden die Möglichkeit angstfreier Begegnung. Schreinerei und Bau Stallungen, Weidezäune, Unterstände etc. werden vom diesem Arbeitsbereich gefertigt, gepflegt und repariert. Weitere Aufgabengebiete sind die Unterhaltung der Außenanlagen und Reparaturarbeiten in der Einrichtung. Es werden, neben den Voraussetzungen für eine spätere Berufstätigkeit, die in allen Arbeitsbereichen vermittelt werden (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit), auch Kenntnisse der Werkstoffbearbeitung erlangt. Die Herstellung oder Reparatur von Gegenständen, die im eigenen Umfeld benötigt werden, bieten Motivation und Bestätigung. Die aufgeführten Arbeitsbereiche werden von Arbeitstherapeuten bzw. von Berufspraktikern mit pädagogischen Zusatzqualifikationen aus den jeweiligen Arbeitsfeldern geleitet. Um den realen Arbeitsbedingungen, auf die die Rehabilitanden vorbereitet werden sollen, möglichst nahe zu kommen, beginnt jeder Wochentag mit Arbeit. Rehabilitanden, die in den Bereichen Landwirtschaft, Küche und Hauswirtschaft tätig sind, haben zum Teil Wochenenddienst, zum Ausgleich allerdings Freizeit während der Wochenarbeitszeit. Um Verhaltensänderungen im 10 Bereich Arbeit zu unterstützen, wird ein Tokenprogramm eingesetzt und so der Mechanismus positiver und negativer Verstärkung genutzt. Die Rehabilitanden erhalten so genannte „Batzen“, die als Stempel in einem Heft gesammelt werden können. Es gibt eine Maximalgrenze von 6 „Batzen“ für einen Wochenverdienst. Durch den individuell erreichten Wochenverdienst, der nach konkreten Kriterien vergeben wird, bekommt der Rehabilitand eine direkte Rückmeldung über seine Arbeitsleistung. Das Erreichen einer bestimmten Anzahl von „Batzen“ ist Voraussetzung für bestimmte Vergünstigungen (z.B. Radioausleihe, Ausgänge) im Therapieprozess. Regelverstößen wird wiederum mit der Abgabe von „Batzen“ begegnet. Die Anzahl der erreichten oder nicht erreichten „Batzen“ zu bestimmten Zeitpunkten der Therapie dient so auch als diagnostisches Hilfsmittel, für z.B. motivationale Probleme, Schwierigkeiten im Umgang mit Regeln oder „Verdienstprobleme“ im Arbeitsbereich. Die schulische Qualifizierung Eine Folge des immer weiter sinkenden Einstiegsalters in den Drogenkonsum ist das Fehlen eines Schulabschlusses bei vielen drogenabhängigen Jugendlichen. Ein großer Teil unserer aktuellen Rehabilitanden hat die Schule ohne Abschluss verlassen. Im Klinikhaus „Altes Rittergut“ in Großrückerswalde, das in unmittelbarer räumlicher Nähe zur „Alten Flugschule“ liegt, erhalten drogenabhängige Jugendliche die Möglichkeit, während ihrer Langzeittherapie ihren Schulabschluss nachzuholen bzw. sich auf einen weiterführenden Abschluss vorzubereiten. Diese Erweiterung des Behandlungsangebotes entspricht dem hier vorliegenden konzeptionellen Rahmen. An die Stelle des Behandlungselementes Arbeitstherapie tritt hier das Lernen bzw. der Unterricht in Vorbereitung auf die Schulfremdenprüfung. Eingebettet in den regulären Ablauf des bestehenden Therapiekontextes, wird in einem Gesamtumfang von ca. 30 Wochenstunden (einschließlich samstags) in den Fächern Mathematik, Physik, Geographie, Deutsch, Gemeinschaftskunde, Fächerspektrum Englisch, angeboten, Chemie das die und Biologie Vorbereitung unterrichtet. auf So den wird ein qualifizierten Hauptschulabschluss und den Realschulabschluss ermöglicht. Die Rehabilitanden werden von 5 Lehrern (davon 3 Honorarkräfte) betreut. Die Rehabilitanden sind, zum einen bezogen auf schulische Vorkenntnisse, zum anderen bezogen auf Merkmale wie Motivationslagen, Strategien der Stressbewältigung und Ausdauer, sehr unterschiedlich ausgerüstet. So gilt es, sowohl verschüttete Fähigkeiten und Lerninhalte zu reaktivieren, Lern- und Arbeitstechniken zu vermitteln als auch Frustrationstoleranz, Durchhaltevermögen und Disziplin zu üben. Begleitet wird das Projekt derzeit von der Universität Leipzig. Hier stehen vor allem Fragen der Lehrerfortbildung in den Bereichen Diagnostik und Didaktik im Vordergrund. 11 Physiotherapie/ Sporttherapie Bevor die Rehabilitanden an den physio- und sporttherapeutischen Angeboten teilnehmen, werden die Leistungsfähigkeit und eventuelle Einschränkungen von den Ärzten eingeschätzt. Auf dieser Grundlage werden die individuellen Zielsetzungen innerhalb des physio- bzw. sporttherapeutischen Programms von den Ärzten, dem Physiotherapeut, dem Sporttherapeut, dem Bezugstherapeut und dem Rehabilitand gemeinsam festgelegt. Inhalte der physiotherapeutischen Behandlung sind bei entsprechender Indikation beispielsweise manuelle Therapien, Rückenschule, Massagen, Strom- und Ultraschalltherapie. Inhalte der Sporttherapie sind sowohl körperliches Aufbautraining für Kraft, Ausdauer, Koordination und Flexibilität als auch Schulung der Selbstwahrnehmung, des Körpergefühls, der Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie Förderung gesunder Freizeitbeschäftigungen. Weiterhin bietet der Sport eine gute Möglichkeit des sozialen Lernens. Insbesondere innerhalb der spielorientierten Sport- und Bewegungstherapie, v.a. in der Gruppe, ergeben sich eine Vielzahl von Situationen, in denen die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten gefördert werden können. Zielsetzungen sind hier neben den oben aufgeführten, die: - Steigerung der Entscheidungsfähigkeit, - Steigerung der Flexibilität, - Erweiterung des Verhaltensrepertoires, - Übernahme von (gemeinsamer) Verantwortung, - Umgang mit Gefühlen des Gewinnens und Verlierens, - Bewusstmachung behindernder Strukturen. Außerdem dient die Sporttherapie zu Anregung, Sport als geeignetes Mittel zur Freizeitgestaltung zu entdecken bzw. wieder zu entdecken. Sozialarbeit 12 Von Montag bis Freitags finden Sozialsprechstunden für die Rehabilitanden statt. Nach einer ausführlich erstellten Sozialanamnese werden die Rehabilitanden von Sozialpädagogen hinsichtlich der Klärung bzw. Beantragung finanzieller Angelegenheiten (z.B. Übergangsgeld, ALG II, Sozialhilfe, Kindergeld, Waisenrente), der Klärung der Kranken- und Pflegeversicherung, der Schuldenregulierung, bei Sorgerechtsproblematiken oder bei Schwierigkeiten mit der Justiz etc. unterstützt. Unterstützung meint hier vordergründig „Anleitung zum Selbsttun“, um das Selbstvertrauen, die Eigeninitiative und die Selbstständigkeit der Rehabilitanden zu fördern. Angehörigenarbeit Drogenabhängige als Symptomträger oder „Indexrehabilitanden“ haben in ihrer Familie häufig eine stabilisierende und die übrigen Familienmitglieder entlastende Funktion. Bricht der Rehabilitand durch das Anstreben von Drogenfreiheit aus dieser Rolle aus, kommt es in der Familie häufig zu Gegenregulationsversuchen. So wird enormer Druck auf die Rehabilitanden ausgeübt und es kommt im Kontext der Familie häufig erneut zu Rückfällen. Diese Mechanismen aufzudecken und mit der Familie alternative Bewältigungsstrategien für innerfamiliäre Konflikte zu erarbeiten, ist wesentliches Ziel der Angehörigenarbeit. Freizeit Die freien Abende und die Wochenenden werden von den Einzelnen oder von der Gruppe gewöhnlich selbstverantwortlich gestaltet. An den Wochenenden und Feiertagen bestehen neben den selbstverantwortlich gestalteten Freizeitaktivitäten strukturierende Behandlungsangebote, dazu zählen sporttherapeutische Angebote, Entspannungsgruppen und arbeitstherapeutische Angebote. Zudem runden Neigungsgruppen, geleitet von Mitarbeitern, externen Kräften und Rehabilitanden, das Angebot ab. Diese Aktivitäten sollen den Rehabilitanden die Möglichkeit geben, neue Erfahrungen zu machen, Gemeinschaftsgefühle intensiver zu erleben und so ein Gegengewicht gegen die Konsumorientierung aufzubauen. 13 Rückfall Ein Rückfall wird von uns als Bestandteil der Abhängigkeitserkrankung gesehen und nicht als Versagen oder moralisches Scheitern betrachtet. Häufig werden von Rehabilitanden Rückfälle als persönliche Niederlage wahrgenommen und jegliche Bemühungen und Veränderungsvorhaben aufgegeben („Abstinenzverletzungseffekt“). Deswegen bedürfen rückfällig gewordene Süchtige gezielter Hilfe. Dabei soll der Rehabilitand auf bisher Gelerntem aufbauen. Betrachtet man den Rückfall als kurzfristige Überforderung in konkreten Risikosituationen, wird deutlich, dass rückfällig zu werden nicht bedeutet, wieder bei Null anfangen zu müssen. 14