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Anwalt der Anwälte G 48742 04/14 FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein Thema: Marken Garant für Schöpfergeist Auch Uniformen sind geschützt Abmahnfalle Plagiat Tödliche Verhandlungsfehler Wie wollen wir sterben? FORUM Junge Anwaltschaft w w w . d a v f o r u m . d e ANNOTEXT GIBT IHRER GRÜNDUNG EINEN KRÄFTIGEN SCHUB Nutzen Sie AnNoText in der Vollversion zum Vorzugspreis für Gründer. Arbeiten Sie mit der besten vollintegrierten Software für Rechtsanwälte. Von der Mandatsbearbeitung bis zur Honorarabrechnung, von der ZV-Maßnahme bis zur Buchhaltung. AnNoText passt sich Ihren Bedürfnissen an. Und wenn Ihre Kanzlei wächst, sind Sie auch hier für Ihre Zukunft gerüstet. 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Der wirtschaftliche Erfolg eines Landes hängt maßgeblich davon ab, wie Handelsmarken gehegt und gepflegt werden. „Made in Germany“ ist zwar keine eingetragene Marke, es ist aber im übertragenden Sinne ein „Label“, das vielen inländischen Marken das Image der Wertigkeit und Zuverlässigkeit weltweit einbrachte. Zurück geht dieses Positivbild auf den Erfindungsgeist kluger Ingenieure und den Fleiß tausender Arbeiter. Mit der Industrialisierung ging es schwunghaft aufwärts, was Patente, Gebrauchsmuster und Marken betraf. Der Gewerbliche Rechtsschutz, unter den die vermarktbare Seite des Immaterialgüterrechts fällt, wurde zu einer tragenden Säule der modernen Konsumwelt. Schlaue Erfindungen rufen aber auch Konkurrenten auf den Plan, die nicht nur Inspirationen für eigene Schöpfungen suchen. Plagiatoren werkeln hüben wie drüben in Hinterhofgaragen, um ungefragt und unerlaubt die fremden Früchte zu ernten. Was das für eine Volkswirtschaft bedeutet, vermögen Wirtschaftswissenschaftler nur in groben Zahlen anzugeben. Von jährlichen Schäden in Milliardenhöhe ist die Rede. Das Spannungsfeld zwischen dem genialen Einfall, der zur nachweisbaren geistigen Schöpfungsleistung wird, und der Vermarktungsebene in ihren vielfältigen rechtlichen Facetten ist diesmal unser Schwerpunktthema. Dabei interessiert uns unter anderem, was es mit Patenten auf sich hat und warum Patentanwälte so knackige Vergütungen verlangen können. Weil die Mehrzahl der jungen Kolleginnen und Kollegen den Einstieg in die Berufswelt über die allgemeinrechtlichen Themen sucht, wollen wir mit einer überblicksartigen Darstellung Interesse für dieses „shopping-nahe“ Rechtsgebiet wecken. Mit Markenrecht lässt sich gutes Geld verdienen. AdVoice zeigt, wie das geht. AdVoice Redaktionsteam Selbstverständlich bleiben wir gewohnt lebensnah in der anwaltlichen Praxis und fragen uns, was mit „gefakten“ Handtaschen passiert, die Mandanten online zum Hammerpreis ergattern. Auch Rechtsanwälte setzen heutzutage auf den Schutz ihrer individuellen Kanzleimarke. Ein Blick in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt unterstreicht diese These eindrücklich. AdVoice berichtet über den kreativen Vorgang der Markensuche bis hin zur Markeneintragung. In der Rubrik JuraInfos setzen wir den Beitrag zum Schmerzensgeld fort, lenken den Fokus auf die immer wichtiger werdende Patientenverfügung, verraten, wie Erfolgsvergütungen richtig getroffen werden, und liefern Aktuelles rund um die Prozesskostenhilfe. Von den Regionalbeauftragten gibt es wie üblich neue Meldungen aus den Kammerbezirken. Die Jura News und die Buchbesprechungen runden das kompakte Service- und Informationsangebot ab. Einen besonderen Dank richten wir an dieser Stelle an Rechtsanwalt Jens Jenau, der seit vielen Jahren der AdVoice-Redaktion als gewiefter Buchrezensent treu zur Seite steht. Ohne seinen Einsatz wäre manch neues Rechtskompendium kommentarlos an uns vorübergezogen. Das Dankeschön richten wir hiermit aber auch an alle anderen Autoren, die Zeit und Mühe investiert haben. Zuletzt danken möchten wir Euch, den Leserinnen und Lesern, die Ihr AdVoice kritisch und konstruktiv begleitet habt. Wenn wir Euch das eine oder andere Aha-Erlebnis bei der Lektüre verschaffen konnten, dann hat sich unser Einsatz wahrlich gelohnt. Wir wünschen allen einen guten Ausklang des Jahres 2014 und einen erfolgreichen Start in das Jahr 2015. Bleibt uns auch im neuen Jahr treu und gewogen! Alles Gute wünscht Euch Euer Patrick Ruppert Tobias Sommer Berlin Rechtsanwalt Chefredakteur Patrick Ruppert Köln Rechtsanwalt Redakteur und Autor Stefanie Salzmann Eschwege Journalistin Zentralredaktion Lea Hogrefe-Weichhan Mönkeberg Rechtsanwältin Redakteurin und Autorin Jens Jenau Schloß Holte-Stukenbrock Rechtsanwalt Bücherforum Andrea Vollmer Berlin Fotografin und Bildredakteurin AdVoice 04 /14 1 Thema Thema: Marken Magazin 4 Garant für Schöpfergeist Gewerblicher Rechtsschutz ist eine komplexe Sache 19 Stolperfallen im Markenrecht Von Regelstreitwerten und Patentanwaltsgebühren 32 Drauflosrattern kann tödlich sein Anwaltstrainerin Busmann nennt typische Verhandlungsfehler 7 Auch Uniformen sind geschützt Über Unternehmenskennzeichen und Geschäftsbezeichnungen 20 Uns verbindet Persönlichkeit Immer mehr Kanzleien definieren ihren Markenkern als Wertschöpfer 35 Gedicht des Monats Als strenger Richter tilgst du aus – von Franz Grillparzer 8 Marken kommen nicht aus dem Nichts Orientierung auf einem immer komplexer werdenden Markt 23 Film: Der Krieg der Patente Hannah Prinzler fragt: Brauchen Innovationen Schutzrechte? 36 Streit um Einigungsgebühr Aus der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft 10 Geklaut und abgekupfert Produktpiraterie stark angestiegen – Deutschland auf Platz zwei 24 Lego, Tesa, Google & Co Das Problem des Erfolgs: Wenn die Marke zur Gattung wird 37 Achtung, Unternehmerfallen! Wenn die Mandantschaft Marketinggaunern auf den Leim geht 12 Täuschend echt Abmahnfalle Plagiat macht Kunden zu Opfern 26 Imagekiller für Kanzleimarken Schmaler Grat zwischen genialer Geschäftsidee und Verlust an Profil 38 Gericht des Monats Der Bundesgerichtshof Karlsruhe 40 14 Ein Leuchtturm lotst zum Recht Wie eine Anwältin zur Marke „Die Kü§tenkanzlei“ kam 27 Das ist ja 'ne Marke WikiLeaks lässt Spendenverkauf von T-Shirts unterbinden 380.000 Seiten im Ausdruck Gericht entschied: Die E-Akte reicht aus 41 Mann in Zelle verbrannt BGH bestätigt Urteil gegen Polizisten Gestatten, unser Name ist Marke! So innovativ kann Kanzleimarketing sein! 28 Der Kauf von Marken lohnt sich Markenwirtschaft in Zahlen und Fakten 30 Die Kanzlei als Marke Wie aus Mandanten „Brand Advocates“ werden 16 2 AdVoice 04 /14 Fotos v. l. n. r.: AARGON_pixelio.de / Bernd Kasper_pixelio.de / Andrea Vollmer / Rasmus Sievers / Thommy Weiss_pixelio.de Thema JuraInfos 42 Der Weg durch die Instanzen 45 Fehler, die Geld kosten Bücherforum ! 58 Info + Service Gesamtes Medizinrecht 62 Auflösung des AdVoice-Markenquiz Handbuch Vertragsverhandlung 63 Autorenverzeichnis 64 Das letzte Wort 64 Impressum 65 Aufruf zur Mitarbeit für JuraNews und Vertragsmanagement 46 Geduld und Verständnis gefragt 48 Wie wollen wir sterben? 49 Alles auf Anfang 50 JuraNews Europäisches Wettbewerbsrecht 59 Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge AGB-Recht Kommentar Beweisrecht der StPO Euer FORUM 60 Arbeitsrecht Kommentar Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht 54 Eine Nische optimal nutzen Sozialrecht hat auch Vorzüge 55 Stolpersteine im Mietrecht Nachtrag zur FORUM-Jahrestagung 56 ARGE IT-Recht im DAV 56 Termine 57 Regionalbeauftragte stellen sich vor _ Christina Reuther LG Arnsberg ! 61 ! Beck´sches Formularbuch Arbeitsrecht Münchner Anwaltshandbuch Familienrecht Verteidigung in Straßenverkehrssachen BGB Paket 2014 Kennzeichnungskraft, Zeichen- und Warenähnlichkeit, Verwechslungsgefahr – Das Markenrecht hat viele unbestimmte Rechtsbegriffe und lebt von Fällen. Im Schwerpunkt findet Ihr kurze Fälle oder Fachfragen aus dem Markenrecht, die Ihr lösen könnt. Die Lösungen stehen dann auf Seite 62. AdVoice 04 /14 3 Thema Garant für Schöpfergeist Gewerblicher Rechtsschutz ist eine komplexe Sache Gewerblicher Rechtsschutz klingt zunächst reichlich hölzern, für Laien und für Juristen anderer Fachrichtungen gar wie ein böhmisches Dorf. Dabei verdiente dieses sehr praxisrelevante Rechtsgebiet ein wenig mehr Politur für sein Image, vermeintlich Distanz wegen Unverständlichkeit zu erwecken. Stellen wir uns schlicht dumm oder besser: auch gut ausgebildete Juristen dürfen zu ihren Wissenslücken stehen, gehörte gerade der gewerbliche Rechtsschutz lange nicht zum klassischen Fächerkanon, der an den Unis gelehrt wird. Inzwischen aber haben die Hochschulen verstanden und bieten Studenten im Schwerpunktbereich eine frühzeitige Spezialisierung im gewerblichen Rechtsschutz an. Die Begriffsbedeutung für sich betrachtet mag zunächst irreführend sein, denn die Definition ist vom Wortlaut her lediglich auf den Schutz des Gewerbes beschränkt. Tatsächlich aber reicht der Zweck deutlich weiter. Ein kurzer Blick in die Geschichte dient der Aufklärung. Die Basis ist die geistige Tätigkeit, ein Denkprozess, der im Diskurs mit anderen oder allein zu einer Idee, zu einer geistigen Schöpfung, einer Erfindung wird. So waren es vornehmlich die universalgelehrten Philosophen der Antike, die sich erstmals in der Tiefe genau mit diesen geistigen Schöpfungsakten befassten. Wir denken an die vielen mathematischen Gesetze, die bis heute ihre Gültigkeit besitzen und die unzweifelhaft mit berühmten Namen in Verbindung gebracht werden, Archime- des, Pythagoras oder Euklid, um nur einige wenige zu nennen. Die Philosophen waren ihrer Zeit weit voraus und galten als Innovatoren, die wiederum andere zur Befassung mit deren Theoremen veranlassten, woraus wiederum neue, eigenständige, geistige Schöpfungen wurden. Ein notwendigerweise gewerblicher Zusammenhang war diesen frühen Schöpfungsakten nicht zwingend zu entnehmen. Klar war aber, dass sie einen Urheber im weiteren Sinne besaßen und dieser sich darauf verlassen sollte, dass ihm die Meriten seiner Schöpfung zustanden, wenn es auch zunächst nur der Ruhm der Forschung und Wissenschaft war. Jene Philosophen genossen in aller Regel besondere Ehre und Respekt, war doch der Großteil der Bevölkerung nicht nur arm, sondern ohne jedwede Bildung. Geistige Betätigung gehörte in der Antike in die Aristokratie. Für die „Plebs“, also die einfache Bevölkerung, gab es nur den Kampf ums Überleben. Es ist eine Errungenschaft der Neuzeit, dass Bildung breite Teile der Gesellschaft erreichen sollte. Bildung war und ist Macht. Bis heute fürchten Diktatoren und autokratisch regierende Machthaber, die ihren Untertanen lieber jeden Zugang zu Bildung und Wissen blockieren wollen, genau diesen Umstand. Mit der Entmachtung des Adels und der Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Deutschen Reich, spätestens mit Verabschiedung des Artikels 145ff. der Weimarer Verfassung 1919, war der Grundstein für breite geistige Betätigung gelegt – letztlich der Garant für mannigfaltigen Erfindungsreichtum und Schöpfergeist. Wo die Zahl der Schöpfer sprunghaft ansteigt, ist es naheliegend, dass Auseinandersetzungen um die Urheberschaft an jenen geistigen Schöpfungen zunehmen. Somit war die Notwendigkeit geboren, „große Ideen“ einerseits beweiskräftig kenntlich zumachen und zum anderen sie einer Person zuzuordnen. Und dieses Anliegen folgte wirtschaftlichen, eben gewerblichen Motiven, konnte nämlich bereits mit einer Erfindung im fortschreitend industrialisierten Deutschen Reich gutes Geld verdient werden. Nach der Reichsgründung wurde am 1. Juli 1877 das Kaiserliche Patentamt errichtet, in dem neben Erfindungen auch bereits Marken zum Schutz eingereicht werden konnten. Kurzum: Gewerblicher Rechtsschutz befasst sich mit dem Schutz geistiger Schöpfungen, die bestimmten Schöpfern zugeordnet werden. Obgleich Eigentum im rechtlichen Sinne etwas Dingliches meint, wurde hieraus das „immaterielle“ geistige Eigentum abgeleitet. Laut der Definition des Gabler Wirtschaftslexikon meint „gewerblicher Rechtsschutz“ im engeren Sinne den Schutz der gewerblich verwertbaren technischen und ästhetischen Leistung sowie den Schutz der geschäftlichen Kennzeichnungsrechte. Im weiteren Sinne gehören hierzu auch das Urheberrecht und das Recht zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Konzentrieren wir uns auf die enger gefasste Definition, konkret auf Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster und auf Marken. 0461-3 1081-9 4 AdVoice 04 /14 00721-0 Foto: Lutz Stallknecht_pixelio.de / Grafik: gudman.de Thema PATENTE Ein Patent ist ein verliehenes Schutzrecht, welches für eine neue Erfindung für eine Zeitdauer von maximal 20 Jahren erteilt wird. Gemeint sind allerdings Erfindungen auf dem Gebiet der Technik, die gewerblich anwendbar sind. Nachzulesen ist das in § 1 des Patentgesetzes (PatG). Das klingt irgendwie simpel, ist es aber nicht, weil bereits die Vokabel Technik darauf hindeutet, dass juristischer Sachverstand allein nicht ausreicht, um die Schutzfähigkeit von Erfindungen überhaupt erfassen zu können. Weil das Patentrecht eben überaus komplex ist, sollte die Prüfungsarbeit einer bestimmten Berufsgruppe vorbehalten bleiben. Patentanwälte sind studierte Ingenieure, Chemiker, Biologen oder Physiker mit einer qualifizierten juristischen Zusatzausbildung. Letztere ist ganz schön happig und dauert gemäß der Patentanwaltsausbildungsordnung (PAO) zwischen drei und zehn Jahren. Die immense Ausbildungsdauer erklärt auch, warum der Gang zum Patentanwalt nicht aus der Portokasse bezahlt werden kann. Es ist zwar nicht zwingend erforderlich, rechtlichen Beistand für die Anmeldung von Patenten hinzuziehen. Jeder Bürger mit Wohnsitz in Deutschland ist befugt, beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) eine Erfindung selbst anzumelden. Die Erfolgsaussichten für eine gelungene Patenteintragung wachsen erfahrungsgemäß allerdings mit der Beauftragung von Experten. Besonders die Klärung, inwieweit die Erfindung nach dem gegenwärtigen Stand der Technik neu ist, verlangt erhebliches Spezialwissen, denn die Prüfung umfasst im Patentrecht die Recherche in schriftlichen und mündlichen Beschreibungen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Anmeldung eines Patents ist nicht kostenfrei. Zu berücksichtigen sind neben den Honoraren des rechtlichen Vertreters eine amtliche Anmelde-, eine Recherche- und eine Prüfungsgebühr. Ist ein Patent erst einmal eingetragen, werden ab dem dritten Jahr Jahresgebühren fällig, die bis zur maximalen Schutzdauer jährlich von 70 Euro bis 1.940 Euro ansteigen. Für den Weg zur Patenteintragung sollten Mandanten genug Zeit einkalkulieren, nämlich zwischen ein und drei Jahren. War die Patentanmeldung vor dem DPMA erfolgreich, und wurde die Eintragung bekannt gemacht, müssen Erfinder weitere neun Monate ausharren, in denen jedermann mittels Einspruch den Widerruf des Patents anstreben kann, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Patente gelten jeweils in dem Land, in dem sie eingetragen wurden. Es ist je nach Wunsch der Mandanten aber auch möglich, den Patentschutz auf andere Länder auszudehnen. GEBRAUCHSMUSTER Das Gebrauchsmuster weist in weiten Teilen Ähnlichkeit zum Patent auf. Es geht auch hierbei um eine neue, technische Erfindung, die gewerblich anwendbar sein muss. Der Unterschied zum Patent liegt in der vereinfachten Prüfung der „Neuheit“, bei der nur das auf dem Stand der Technik als bekannt gewertet wird, was schriftlich vorbeschrieben oder im Inland vorbenutzt wurde, so § 3 des Gebrauchsmustergesetzes (GebrMG). Dies führt unter anderem dazu, dass die Anmelde- und Eintragungsprozedur des Gebrauchsmusters beim DPMA üblicherweise innerhalb eines guten Jahres abgeschlossen werden kann. Die Schutzdauer für ein Gebrauchsmuster liegt entgegen dem des Patents bei maximal 10 Jahren. Auch die Prüfung der Eintragungsfähigkeit eines Gebrauchsmusters gehört in versierte Hände, so dass interessierten, aber nicht speziell ausgebildeten Berufsträgern davon abzuraten ist, derartige Mandate hauptverantwortlich ohne Expertenunterstützung zu betreuen. MARKE Anders als die Betreuung von Patenten und Gebrauchsmustern ist die Beratung im Markenrecht ein ideales Betätigungsfeld für Rechtsanwälte. Eine fachanwaltliche Spezialisierung ist nicht nur wegen des Werbeeffekts, sondern auch wegen der historisch wenig stringenten Rechtsprechung gewiss nützlich. Heranwagen sollten sich aber auch die Kolleginnen und Kollegen, denen eine Weiterbildung fehlt, die aber einen ausgeprägten fotografischen Sinn für Marken – quasi mit der Muttermilch aufgesogen – besitzen. In der Kindheit erworbenes Katalogwissen, eine breite Kenntnis über Produkte aus allerlei Vermarktungssegmenten wie etwa 11938-4 31762-7 261-5 AdVoice 04 /14 5 Thema Lebensmittel, Bekleidung, Konsumartikel, Fahrzeuge und Industrieprodukte, kann wegen einer ersten, unverbindlichen Einschätzung äußerst hilfreich sein, wenn Mandanten ihre zu schützende Marke, sei es ein Wort oder ein Logo, präsentieren. helfen da nicht weiter. Wie in allen anderen Rechtsgebieten bringen nur handfeste Beweise ein verwertbares Ergebnis. Typischerweise wird der Beweis mittels demoskopischer Gutachten geführt. Das ist vergleichsweise zeitintensiv und teuer. Doch was genau sind Marken? Klar und präzise ist es im Großen Brockhaus formuliert: „Marken sind im Geschäftsverkehr benutzte Mittel zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens mit dem Ziel, diese Produkte von denen anderer zu unterscheiden.“ c) Notorische Bekanntheit 1. MARKENRECHTLICHER BEGRIFF Als Marke (früher Warenzeichen) kommen alle die Zeichen in Betracht, nämlich Wörter (auch Personennamen) Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das ergibt sich aus dem Markengesetz (§ 3 MarkenG). Es besteht also grundsätzlich eine sehr breite Auswahl dabei, was als Marke im rechtlichen Sinn gelten kann. Entscheidend ist hier die Frage der Unterscheidungskraft, was in der Praxis nicht immer leicht zu bewerten ist. 2. MARKENSCHUTZ Eine Marke kann rechtlich geschützt sein, muss es aber nicht. Damit Schutz entsteht, gibt es nach § 4 MarkenG drei Möglichkeiten. a) Eintragung in das Markenregister Ist eine Marke notorisch bekannt, kann ihr auch Markenschutz zukommen. Klassische Anwendungsfälle gibt es in der Regel bei Marken, die aus dem Ausland nach Deutschland gelangen und bereits über eine immense Bekanntheit verfügen. Damit eine Marke „notorisch“ bekannt wird, ist ein Bekanntheitsgrad von mindestens 70 Prozent erforderlich. Notorisch bekannt sind Marken wie Tempo, Coca Cola, OBI oder McDonald's, die auch ohne Eintragung in das Markenregister Schutz wegen ihrer überragenden Bekanntheit genießen. Wichtig hierbei ist, dass das Design zum Zeitpunkt der Anmeldung neu sein muss. Außerdem muss sich das Design von seinem Gesamteindruck von den bereits bestehenden Designs durch seine Eigenart erkennbar abheben. Diese Bewertung ist nicht mit Laienaugen oder denen eines Gestalters zu treffen. Der „informierte Benutzer“ steht bei der Beurteilung im Mittelpunkt. Da das DPMA die genannten Kriterien nicht vor der Eintragung prüft, gehört das Geschmacksmuster zu den „ungeprüften Schutzrechten“. Es ist aber in jedem Fall vor einer jeden Anmeldung eines Designs ratsam, im Datenbestand des DPMA eine Recherche vorzunehmen, um nach der Eintragung das Risiko eventueller Kollision mit anderen Geschmacksmustern zu minimieren. Ähnlich zum Patent und Gebrauchsmuster hält der Geschmacksmusterschutz nicht ewig. Mit jedoch max. 25 Jahren liegt dieser recht hoch, vorausgesetzt, die anfallenden Aufrechterhaltungsgebühren wurden entrichtet. 3. SCHUTZFRIST RECHERCHE UND ÜBERWACHUNG Mit der Eintragung in das Markenregister läuft die Schutzfrist von zehn Jahren, gerechnet ab dem Anmeldedatum der Marke. Der Markenschutz kann mit Zahlung entsprechender Verlängerungsgebühren beliebig oft um jeweils weitere zehn Jahre verlängert werden. Zum Handwerkszeug im gewerblichen Rechtsschutz gehört eine gründliche Recherche. Diese kann für alle Schutzrechte im online verfügbaren Datenbestand des DPMA vorgenommen werden. Damit die Suche nach ähnlichen oder gar identischen Marken und Designs erfolgreich ist, bedarf es aber notwendiger Fachkenntnisse, die man sich mit gängigen Lehrbüchern im Selbststudium aneignen kann. Sehr nützlich sind auch die Seminare, die der DAV oder Weiterbildungsinstitute anbieten. Wer nahezu ausschließlich markenrechtliche Mandate bearbeitet, wird nicht umhin kommen, Dienstleister mit ins Boot zu holen, die sich um die Recherche kümmern. Diese können auch sehr spezifisch mit allerhand Überwachungstätigkeiten beauftragt werden, die sich nicht nur auf die Daten des DPMA, sondern auch Firmennamen aus Handelsregistern beziehen. Kleiner Tipp: Das DPMA bietet über „DPMA kurier“ einen kostenfreien Überwachungsdienst an, der per E-Mail registrierte Nutzer informiert. Die obigen Ausführungen gelten für das Inland. Wenn Mandanten größere, internationale Ziele verfolgen, kann einerseits eine sogenannte EU-Marke („Gemeinschaftsmarke“) ein geeignetes Instrument für sie sein, um einen umfassenderen Schutz zu erlangen. Ein Anmeldeverfahren müsste dann über das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante (Spanien) beantragt werden. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, auf eine „IR-Marke“ (international registrierte Marke) zu setzen. Die für Rechtsanwälte besonders relevante Alternative ist die Eintragung der Marke in das Markenregister des DPMA. Wie das Anmeldeverfahren konkret funktioniert und was es kostet, erfährt man äußerst gut erklärt im Internetangebot des DPMA. Sogar juristische Laien haben so eine Chance, eine Anmeldung selbst vorzunehmen. Aber Obacht, denn mit dem Ausfüllen des vorgesehenen Formulars ist es in den aller meisten Fällen nicht getan. Und deswegen kommen wieder Experten ins Spiel. Sie müssen nämlich prüfen, ob ein Zeichen überhaupt eintragungsfähig ist, und ob es ähnliche oder gar identische älteren Zeitrangs im Markenregister gibt. Anders als bei der Gemeinschaftsmarke, die für den kompletten EU-Raum gilt, muss bei der IR-Marke das jeweilige Land ausgewählt werden, in dem das Zeichen Markenschutz erhalten soll. Grundvoraussetzung ist hierfür eine erfolgreiche nationale Markenanmeldung als „Basismarke“. Erst dann kann der Schutz auf eines der Länder erweitert werden, die dem Madrider Markenabkommen (MMA) beigetreten sind. Das sind aktuell 56 Staaten. Zuständig für die IR-Marke ist das WIPO (World Intellectual Property Organization, auch OMPI Organisation mondiale de la propriété intellectuelle) in Genf (Schweiz). b) Benutzung GESCHMACKSMUSTER Schutz erhält das Zeichen auch durch die Benutzung im geschäftlichen Verkehr, soweit es innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat. Gerade mit der Verkehrsgeltung ist das so eine Sache. Reine Behauptungen Bei Geschmacksmustern geht es um das ästhetische Erscheinungsbild, das ein Designer geschaffen hat. Dies kann sich auf eine zwei- oder dreidimensionale Sache beziehen. Um rechtlichen Schutz zu erlangen, kann es beim DPMA gleichsam registriert werden. 6 AdVoice 04 /14 RA Patrick Ruppert, Köln Kann der Slogan „Vorsprung durch Technik“ in das Markenregister eingetragen werden, auch wenn es ein Werbeslogan ist, ja oder nein? Auflösung auf Seite 62! 01 Thema Die Geheimnisse „geschäftlicher Bezeichnungen“ Über Unternehmenskennzeichen und besondere Geschäftsbezeichnungen Nach einem weitverbreiteten Irrglauben müssen Begriffe in ein Markenregister eingetragen werden, um geschützt zu sein. Ein wichtiger Bereich des Kennzeichenrechts wird dabei völlig ausgeblendet, denn auch „geschäftliche Bezeichnungen“ sind vom Markengesetz erfasst, vgl. §§ 5, 15 MarkenG. Per Definition sind das sowohl Unternehmenskennzeichen und besondere Geschäftsbezeichnungen als auch Geschäftsabzeichen und Werktitel. Die Fachbegriffe wie Verkehrsgeltung, Freihaltebedürfnis, Verwechslungsgefahr oder Unterscheidungskraft sind zwar die gleichen wie bei Marken. Doch inhaltlich gibt es einige Besonderheiten. Zwar gilt auch für „geschäftliche Bezeichnungen“ das Prioritätsprinzip, ebenso wie die Regelungen zur Verjährung, Verwirkung und Erschöpfung. Doch die Unterschiede treten bei Themen wie Benutzungsschonfrist, also der Zeitspanne für die ein Schutz auch ohne Benutzung eines Zeichens besteht, der räumlichen Geltung, bei Beweisfragen, der Priorität, der Nachwirkung eines Schutzes beispielhaft zu Tage. Generell gilt: Eingetragene Marken haben eine höhere Durchschlagskraft und können auch in Gebieten Schutz entfalten, in denen ein Unternehmen noch gar nicht aktiv ist. Jede Tätigkeit, die einer wirtschaftliche Betätigung gleichkommt, löst dann den Kennzeichenschutz aus. Zwar kann es sein, dass ein Eintrag in das Handelsregister zwingend vorgeschrieben ist, etwa weil die Gesellschaftsform es vorschreibt, für den Schutz einer „geschäftlichen Bezeichnung“ ist jedoch keine zusätzliche Anmeldung zu einem Register erforderlich. Solange der Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten wird, dauert der Schutz auch an. Verlängerungen samt Verlängerungsgebühr, wie es für eingetragene Marken üblich ist, fallen nicht an. Umstritten sind aber die Fälle von Geschäftsunterbrechungen. Ein Kriterium, mit dem der Schutz von Unternehmenskennzeichen steht und fällt, ist die Unterscheidungskraft. In Abgrenzung zur markenmäßigen Unterscheidungskraft liegt die Betonung hier auf „namensmäßig“. Es genügt, wenn ein Begriff wie ein Name wirken oder sich als schlagwortartiger Hinweis durchsetzen kann. Dabei sind nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG Unternehmenskennzeichen solche Zeichen, die im geschätlichen Verkehr als Name, Firma oder besondere Geschäftsbezeichnung eines Unternehmens benutzt werden. Das können auch Zahlen oder Buchstaben sein. KOSTENVORTEIL HÜRDE DER VERKEHRSGELTUNG FÜR LOGOS Der große Vorteil von „geschäftliche Bezeichnungen“ ist der Kostenfaktor. Der Schutz entsteht bereits mit der Inbenutzungsnahme des Begriffs im geschäftlichen Verkehr, z. B. für Unternehmenskennzeichen bei Aufnahme des Geschäftsbetriebs, für Titel mit Veröffentlichung eines Werks, wobei dieser Schutz mittels Titelschutzanzeige vorverlagert werden kann. Logos und Bildzeichen müssen Verkehrsgeltung besitzen, um den besonderen Schutz für „geschäftliche Bezeichnungen“ zu erlangen. Für solche Zeichen ist idR ein Markeneintrag unumgänglich. Slogans, Claims und Schlagworte orientieren sich an den genannten Kriterien, hier dürfte sich dann alles um die so genannte Namensfunktion drehen. Eine besondere Geschäftsbezeichnung ist jede Kennzeichnung, die einem Geschäft einen Namen gibt. Das können Domains sein, wenn sie als Geschäftsbezeichnung aufgefasst und nicht nur als Adresse gesehen werden. Typischerweise sind das abgegrenzte Bereiche eines Geschäfts, wie z. B. „Intercity“ oder die sogenannten Etablissementsbezeichnungen für Gaststätten oder Theater. AUCH UNIFORMEN GENIESEN SCHUTZ Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftbetriebs bestimmte Zeichen, so der Gesetzeswortlaut, wiederum weisen auf ein Geschäft hin, benennen es aber nicht. Sie können auch nicht wie ein Name ausgesprochen werden. Sie existieren in großer Vielfalt, von Signets über die Uniform eines Unternehmens bis hin zur Telefonnummer. Wesentliche Hürde für diese Zeichen ist die gesetzliche Forderung nach der Verkehrsgeltung. Werktitel, die letzte Kategorie „geschäftlicher Bezeich nungen“ bieten Schutz für geistige Werke jeglicher Art wie Filme, Bücher oder Zeitschriften. Der Schutz ist eher inhaltsbezogen, die Werke sollen voneinander unterscheidbar sein. Aber das ist ein anderes Thema. RA Tobias Sommer, Berlin Auch Uniformen eines Unternehmens können Geschäftszeichen sein. Wie viele Klassen (Schubladen) hat die Nizzaklassifikation, in der nationale und internationale Marken eingetragen werden können? Wie viele sind Dienstleistungsklassen? 02 Auflösung auf Seite 62! Foto: Paul-Georg Meister_pixelio.de AdVoice 04 /14 7 Thema Marken kommen nicht aus dem Nichts Orientierung für den Verbraucher in einem immer komplexer werdenden Markt Marken verschaffen dem Verbraucher eine Orientierung in einem immer komplexer werdenden Markt. Das zumindest meint RA Dr. Alexander Dröge, Leiter der Abteilung Recht/Verbraucherpolitik, Finanzen und Controlling beim Deutschen Markenverband im Interview mit der AdVoice. Der Verband vertritt 400 Markenunternehmen. wir uns von einem Produkt versprechen. Und das ist immer die Marke, die uns das ermöglicht. Kinder tun instinktiv das, was sie typischerweise, auch sinnvollerweise, ihr Leben lang tun. Sie orientieren sich an gewissen Parametern, wenn sie Produkte kaufen. Und die Parameter wie etwa Qualität und Design laufen häufig auf Markenprodukte hinaus. nichtsdestotrotz hat eine Vorauswahl stattgefunden. Man kann nur zwischen dem wählen, was da ist. Im Internet ist die Auswahl im Grunde unbegrenzt. Das heißt, wenn man dann Orientierungspunkte benötigt, hilft einem nur die Marke. Man würde gnadenlos untergehen, hielte man sich etwa beim TV-Kauf im Internet lediglich an den Suchbegriff „Fernseher“. AdVoice: Sind Sie verwundert, wenn heute Menschen noch sagen, die Ausrichtung nach Marken sei unsinnig? A: Marke bedeutet oftmals ein Qualitätsplus, andererseits aber auch einen höheren Preis. Und genau das kann doch rasch zu Problemen führen. Dr. Alexander Dröge: Ja, absolut, denn Marken kommen ja nicht aus dem Nichts, sondern bekommen ihre Wiedererkennung in den Köpfen der Verbraucher erst durch die Erfahrung, die Verbraucher mit der Marke machen. Das heißt, eine Marke ist zunächst nur ein Name. Wenn man den nicht kennt, hat der Name für einen keine Bedeutung. Er gewinnt an Bedeutung, wenn man das Produkt kennen- und schätzen lernt. Es funktioniert in der Regel nur, wenn das Produkt für einen mehrwertig ist. Ansonsten vergessen wir Produkte einfach. Marken, besonders bekannte, sind deshalb im Kopf des Verbrauchers, weil sie etwas für den ihn geleistet haben. Mir ist völlig unklar, wie man in der heutigen Zeit ohne Marken auskommen wollte. D: Kinder müssen, wenn es um den Kauf von Produkten geht, im Leben zwei Dinge lernen. Und davor kann man sie nicht bewahren. Ganz im Gegenteil, das kann man ihnen gar nicht früh genug beibringen. Zum einen müssen sie die Produkte, die sie kaufen, vernünftig kaufen. Und da gehört ganz oft einfach ein Qualitätsaspekt dazu, zum Wohlfühlen auch ein Design aspekt. Und sie müssen lernen, dass man Geld nur einmal ausgeben kann. Das müssen wir aber auch alle jeden Tag berücksichtigen. Wir können zumeist nicht immer das kaufen, was wir uns wünschen. Wir müssen immer überlegen: Wo setze ich meine Schwerpunkte? Und das müssen Kinder ebenso begreifen. Es ist absolut berechtigt, dass Kinder den Wunsch haben, ein gutes, qualitativ hochwertiges Produkt zu bekommen, was häufig Marken sind. Der Grundgedanke ist richtig. Als Eltern muss man den Kindern dann beibringen, was es bedeutet, mit seinem Geld zu haushalten. Das muss man lernen, so oder so. Es sind nicht die Marken daran schuld, dass Menschen nicht mit ihrem Geld umgehen können. Ohne Marken hätte man mit Kindern das gleiche Problem. Auch dann würden Kinder gern mehr kaufen, als sie sich leisten können. A: Kann das dazu führen, dass eine Marke so viel schneller an Bekanntheit gewinnt, aber auch im umgekehrten Weg zum Beispiel durch den einen oder anderen Skandal schneller beschädigt wird oder gar vom Markt verschwindet? A: Verbirgt sich hinter der Eingangsfrage nicht eine Menge, vielleicht berechtigte, Kritik etwa an der Konsumhaltung und einem durch Marken ausgelösten Konsumdruck. Denken wir an das Markenbewusstsein im frühen Schulalter, wenn Eltern sprichwörtlich die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen, für ihre Kinder Turnschuhe eines bestimmten Herstellers kaufen zu müssen. D: Das ist kurzsichtig gedacht. Es gibt einfach Produkte – und dazu gehören die meisten Waren, die wir kaufen – die wir so oder so brauchen. Niemand würde sein Kind ohne Hose herumlaufen lassen. Wenn man sich für ein Markenprodukt entscheidet, dann in aller Regel deshalb, weil man mit diesem Produkt schon gute Erfahrungen gemacht hat. Dann ist die Marke Garant dafür, dauerhaft die erwartete Qualität zu bekommen. Zum anderen weiß man bei mangelnder Produktkenntnis über andere, dass viele ein spezielles Produkt, eben diese Marke empfehlen. Das ist auch ein Weg, Fehlkäufe zu vermeiden. Wir haben ja alle kein Interesse daran, Dinge zu kaufen, die uns nicht gefallen, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen, die qualitativ nicht das halten, was 8 AdVoice 04 /14 „Die Chancen, aber auch die Risiken sind für eine Marke heutzutage durch das Internet größer geworden.“ A: Welche Bedeutung haben Marken in der digitalisierten Unternehmenswelt? D: Marken besitzen eine noch größere Bedeutung als früher, und das aus einem ganz einfachen Grund. Wenn man in ein ganz normales Geschäft geht, dann bekommt man dort ein Sortiment vorgesetzt. Dieses Sortiment hat der Händler vorausgewählt. Das ist im Zweifel, wenn es ein großes Geschäft ist, immer noch ein großes Sortiment. Aber D: Das Internet spielt in der Kommunikation der Unternehmen eine wichtige Rolle. Eine Marke wird durch zwei Aspekte bekannt. Einmal durch die Unternehmenskommunikation, zum anderen durch einen Denkprozess beim Konsumenten. Wir alle sehen täglich so viele Marken, so viel Werbung, dass ein Werbespot allein gar nicht ausreicht, um eine Marke tatsächlich in unseren Gedanken zu verfestigen. In aller Regel kommen noch eigene positive Erlebnisse mit einer Marke dazu, um sie zu verstetigen. Insoweit ist das Internet ein zusätzlicher Kanal für Unternehmen, um den Verbraucher auf ein Produkt aufmerksam zu machen. Es ist ein sehr anspruchsvoller Kanal. Im TV kann man zwar über die Mediaplanung verhältnismäßig gut feststellen, wo für „mein“ Produkt welche Zielgruppe erreichbar ist. Im Internet ist das erheblich schwerer und diverser. Umgekehrt ist jeder echte oder vermeintliche Skandal für die Marke zu einer echten Herausforderung geworden. Früher lag die Herausforderung einzig in dem, was über die Presse berichtet oder über TV gesendet wurde. Das konnte für eine Marke auch sehr schädigend sein. Die schlechte Berichterstattung wurde allerdings auch schnell wieder vergessen. Heute kommt schlechte Berichterstattung nicht nur durch die Medien, sondern zusätzlich durch die Benutzer selbst. Eine Vielzahl von Nutzern kann somit zu einem erheblichen Imageverlust einer Marke beitragen. Gleichzeitig vergisst das Internet nichts. Die Chancen, aber auch die Risiken sind für eine Marke heutzutage durch das Internet größer geworden. A: Wie erklärt man Unternehmern den Schutz ihrer Marken vor Nachahmung und Fälschung? D: Sie können gegen einige Entwicklungen in der digitalen Welt nur sehr schwer vorgehen, gerade was Nachahmungen und Fälschungen anbelangt. Thema Wir haben mit Ernest und Young schon vor Jahren eine repräsentative Verbraucherbefragung durchgeführt und wissen hieraus, dass das Internet für Fälschungen inzwischen der Verkaufskanal Nummer eins ist. Das liegt daran, dass man als Krimineller problemlos unentdeckt bleiben kann. Als Verbraucher ist es zudem leicht, gefälschte Ware zu finden, wenn man aktiv danach sucht. Jedoch kaufen zwei Drittel der Verbraucher unbewusst Fälschungen. Sie werden also betrogen, was unsere Umfragen auch ergeben haben. Das Geschäft mit Fälschungen funktioniert wie eine Art Ameisenverkehr. Man hat es hierbei eher selten mit dem großen Container an Fälschungen zu tun. Es sind die Hunderttausend von Kleinstsendungen, die jeden Tag über die Post transportiert werden, die von Fälschungsverkäufern aus aller Welt nach Europa hineinfluten. Dem nachzugehen, ist wahnsinnig mühsam. Eine wichtige Empfehlung an Unternehmen ist in jedem Fall, bekannte Verkaufsplattformen zu überwachen. Ein besonderes Augenmerk sollten Unternehmen auch auf die leicht auffindbaren Fälschungsshops legen. Je bekannter die Unternehmen sind, desto häufiger kommen Fälschungsverkäufe vor. Dann gibt es da noch Marken, die besonderen Fälschungszyklen unterliegen. Sprechen sie mal mit Adidas oder Nike über das Thema Fußballweltmeisterschaft. A: Was halten Sie von der Bestrebung, den Markenbegriff noch weiter als bisher auszudehnen, denken wir etwa an die Fühl- oder Tastmarke? D: Die Erweiterung ist richtig und wichtig. Es ist nicht einfach, manche Entwicklung rechtlich vorab zu denken. Jede Marke muss von sich aus unterscheidungskräftig und fähig sein, die Herkunft eines Produktes oder einer Dienstleistung zu einem Unternehmen darzustellen. Das sind normale Farben, Gerüche oder viele Formen, Dinge, die wir ertasten können, per se häufig nicht. Aber in dem Moment, in dem die Menschen anhand beispielsweise einer ganz bestimmten Haptik eines Produktes denken, „jawohl“, es kommt von dem Unternehmen X, ist das wunderbar tauglich als Marke. Dies ist der Hauptzweck einer Marke: die Produkte von anderen im Hinblick auf ihre Herkunft zu unterscheiden. Da sollte man nicht von rechtlicher Seite Grenzen ziehen, wie wir das früher in Bezug auf die Darstellbarkeit im Register gemacht haben. Wir müssen das Markenrecht entsprechend anpassen, was mit der neuen Markenrechtsrichtlinie und der Gemeinschaftsmarkenverordnung gerade geschieht. Das Gespräch führte RA Patrick Ruppert, Köln ZUR PERSON Rechtsanwalt Dr. Alexander Dröge studierte an der Philipps-Universität in Bonn, Freiburg und Marburg Rechtswissenschaften. Der im Wettbewerbsrecht promovierte Jurist setzt sich besonders für den Schutz von Markenprodukten ein und begrüßt die Verschärfung des Strafrechts bei Produkt- und Markenpiraterie. Seit 2005 ist er Leiter Recht/Verbraucherpolitik, Finanzen und Controlling beim Markenverband. Er war auch Mitglied des FORUMs Junge Anwaltschaft. Foto: privat / Die Hoffotografen Berlin 03 DER MARKENVERBAND Der Markenverband ist ein branchenunabhängiger Wirtschaftsverband, der die gewerblichen und ideellen Interessen seiner rund 400 Mitgliedsunternehmen im Bereich des Absatzes von Markenprodukten fördert. Er verfügt über besondere Kompetenzen in der Bewertung von Marken auf die entsprechenden Zielmärkte, ist Ansprechpartner in Kernfragen rund um das gewerbliche Recht und fungiert als politisches Sprachrohr, was die Entwicklung von Marktchancen, aber auch Marktbeschränkungen anbetrifft. Zudem setzt er sich für die Belange des Umweltschutzes und Nachhaltigkeit ein, außerdem hilft er bei der Bekämpfung der Marken- und Produktpiraterie. Der Markenverband wurde 1903 gegründet und hat seinen Sitz in Berlin. Die Marke „Bull cap“ soll in die Klasse 28, u. a. Fruchtsäfte und Softdrinks, in das Markenregister eingetragen werden. Die Inhaberin der älteren Marke „Red Bull“ legt Widerspruch ein und beantragt die Löschung, sie ist für identische und ähnliche Waren geschützt. Wird die Marke wieder gelöscht, ja oder nein? Auflösung auf Seite 62! AdVoice 04 /14 9 Thema Geklaut, gefälscht und abgekupfert Produktpiraterie stark angestiegen – Deutschland auf Platz zwei Dass auf dem Warenmeer des Weltmarktes für erfolgreiche Marken eine Gefahr Namens Produktpiraterie lauert, ist allgemein bekannt. Für den Wert und die Integrität der Marke stellen Plagiate ein erhebliches Risiko dar, insbesondere, wenn die Kopien nicht Qualitätsmerkmale wie Zuverlässigkeit oder Sicherheitsfunktionen des Originals erfüllen. Wo 2014 der Fokus im Kampf um das geistige Eigentum lag und welches Land im Ranking der Plagiatshersteller gleich hinter China steht, erläutert der folgende Bericht. Streit um die Adlerschwinge FOKUS DEUTSCHLAND „Produktpiraterie made in Germany“ „Produktpiraterie made in Germany“ – ein Widerspruch in sich? Vollkommen absurd? Ganz im Gegenteil! Die Studie Produktpiraterie 2014 des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Erstmals führen Hightech-Plagiate ganzer Maschinen das Ranking der Plagiatsarten aus Deutschland an. In diesem Jahr habe man laut VDMA erstmals die Zahlen zu ausgewertet – mit einem alarmierenden Ergebnis. Denn ausweislich der Studie liegt Deutsch land trotz der erstmals rückläufigen Zahlen mit 23,4 Prozent als Herkunftsland von Plagiaten nach wie vor auf Platz zwei hinter der Volksrepublik China mit 71,7 Prozent. In den letzten Jahren sei man davon ausgegangen, dass es bei Plagiaten aus Deutschland grundsätzlich um „weiche Plagiate“ handeln muss. Darunter verstehen wir vor allem Plagiate um das Produkt herum, also Bedienungsanleitungen, Produktfotos, Kataloge etc., so der VDMA. Diese Aussage müsse man nach Auswertung der vorliegenden Daten komplett revidieren. Die Hightech-Plagiate zeigten, dass die Gefahr im eigenen Land sehr ernst zu nehmen sei. Branchenwechsel – auch der Jeans-Hersteller Levi´s sieht sich nach eigener Auffassung mit deutscher Produktpiraterie konfrontiert. Er warf der deutschen Modekette New Yorker vor, die berühmte „Adlerschwingen-Ziernaht“ auf den Gesäßtaschen abgekupfert und entsprechend gestaltete Jeans der Eigenmarke zu günstigen Preisen auf den Markt geworfen zu haben. 1943 hatte Levi´s die spezielle Naht erstmals markenrechtlich schützen lassen. Nachdem zunächst das LG Hamburg die Markenrechtsverletzung bestätigt hatte, kam auch das Hanseatische Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass das Braunschweiger Unternehmen bestimmte Jeansmodelle nicht weiter verkaufen dürfe und zum Schadensersatz verpflichtet sei (OLG Hamburg, Urteil vom 18.9.2014, Az. 3 U 96/12). Da das OLG eine Revision nicht zugelassen hat, bliebe New Yorker nun lediglich die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH. Zuletzt hatte sich die deutsche Modekette kämpferisch gezeigt und angekündigt, bis zur letzten Instanz gehen zu wollen. Das berühmte Nahtmuster, das die amerikanische Freiheit symbolisieren soll, steht nicht zum ersten Mal im Mittelpunkt eines Markenrechtsstreits. FOKUS EU EU-Produktpiraterie-Verordnung Nach Angaben der EU-Kommission hat sich die Zahl der neuen europäischen Patentanmeldungen, eingetragenen Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern zwischen 2003 und 2012 mehr als verdoppelt. Allerdings hätten die Grenzkontroll behörden in der EU allein im Jahre 2012 in 90.000 Fällen Waren registriert, bei denen der Verdacht auf Schutzrechtverletzung bestand – gegenüber weniger als 27.000 Fällen im Jahr 2005. 10 AdVoice 04 /14 Fotos: Lea Hogrefe-Weichhan Thema Eine alarmierende Entwicklung, die auch auf EUEbene zum Handeln zwingt. Seit dem 1.1.2014 ist die neue EU-Produktpiraterie-Verordnung (VO (EU) Nr. 608/2013) in Kraft. Folgende neue Regelungen sollen für einen noch umfassenderen Schutz sorgen und das Abwicklungsverfahren nach dem Auffinden von Fälschungen für Zoll und Antragsteller vereinfachen: Die neue Verordnung hat weitere Schutzrechte aufgenommen, beispielsweise für Gebrauchsmuster und die Halbleitertopografien. Auch im Bereich der geografischen Angaben wurden Abkommenswaren zwischen der EU und anderen Staaten aufgenommen. Das Einverständnis von Rechtsinhaber und Besitzer vorausgesetzt war es bisher mit dem „vereinfachte Vernichtungsverfahren“ möglich, rechtsverletzende Waren unter Aufsicht des Zolls zu vernichten. Dieses Verfahren wird künftig nicht mehr optional möglich, sondern die Regel sein. Normalerweise können die Zollbehörden bei gefälschten Waren nur tätig werden, wenn der betroffene Rechtsinhaber einen Antrag auf Tätigwerden bei der Zollverwaltung gestellt hat. Für diese Antragstellung hatte der Rechtsinhaber bisher nach Eingang der Mitteilung drei Tage Zeit – nach neuer Verordnung sind es nun vier Tage. Neu ist die Aufnahme eines sogenannten „Kleinsendungsverfahrens“ in die Verordnung. Ziel dieses Verfahrens ist es, den Abwicklungsaufwand auf Seiten des Antragsstellers wie auch des Zolls bei Aufgriffen im Postverkehr oder bei Kuriersendungen zu minimieren. (Quelle: www.zoll.de) Kommission und Beobachtungsstelle in Aktion Auch die Europäische Kommission und die Europäische Beobachtungsstelle für Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums blieben nicht untätig. Während die EU-Kommission im Juli dieses Jahres einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums in der EU und eine Strategie für den Schutz und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in Drittländern verabschiedete, begann die Beobachtungsstelle mit der Umsetzung eines mehrjährigen Arbeitsplans. Zu den Höhepunkten gehörten der weitere Ausbau der Durchsetzungsinstrumente, die Ausweitung der Studie zum wirtschaftlichen Beitrag auf den Aspekt, den Rechte des geistigen Eigentums auf Ebene des einzelnen Unternehmens leisten, sowie die anstehende Studie zur Quantifizierung der Kosten von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums. FOKUS ÜBERSEE Risikofaktor Teileplagiat Nach wie vor stammen die meisten Plagiate aus Übersee. Noch immer ist China mit großem Abstand das führende Herkunftsland für Billigkopien minderwertiger Qualität. Das Geschäft mit gefälschten Autoteilen boomt besonders. Hier sind die Margen verlockend groß. Das Risiko für den Verbraucher ist es auch. Sicherheits- und Produktionsstandards spielen bei der Herstellung keine Rolle. Da die Teile der Beanspruchung oft nicht Stand halten, sind Unfälle und Ausfälle programmiert. Der Hersteller des Originalteils sieht sich im schlimmsten Fall nicht nur mit der Markenrechtsverletzung, sondern auch mit Haftungsvorwürfen konfrontiert. Der Nachweis, dass ein Teil nicht von ihm stammt, kann bei guten Plagia ten schwierig werden. Der Zoll hat den Autoteilefälschern daher den Kampf angesagt und auch auf der diesjährigen „Automechanika“ in Frankfurt, der weltgrößten Messe für Automobilteile, eine umfangreiche Razzia durchgeführt. Im Rollcontainer der Beamten landeten neben Wischerblättern und Luftfiltern auch größere Teile wie Stoßdämpfer oder ganze Auspuffanlagen. Seit 2006 gibt es die Serviceinitiative „Messe Frankfurt against Copying“. Ziel der Initiative ist es, Aussteller und Besucher umfassend über die Eintragung und Durchsetzung von gewerblichen Schutzrechten zu informieren und zu beraten. Ein Informationsstand dient als Anlaufstelle für Betroffene und Interessierte. Bei akutem Bedarf vermittelt die Messe Frankfurt juristische Unterstützung. Ein rechtsanwaltlicher Notdienst bietet Ausstellern während der Messen eine kostenlose Erstberatung an. Markenzeichen Gummikappe Ebenfalls in Übersee holt der US-Konzern Converse derzeit zu einem markenrechtlichen Rundumschlag aus. Das Unternehmen, das zum Nike-Imperium gehört, verklagt derzeit 31 Firmen wegen Verletzung des Markenrechts an den weltberühmten „Chuck Taylor All Stars“ kurz „Chucks“. Nach Angaben der New York Times beanstandet Converse, dass die Firmen ihre nachgemachten Turnschuhe mit den typischen schwarzen Streifen am dicken weißen Sohlenrand und der Gummikappe an der Schuhspitze versehen würden. Der Vorwurf richtet sich unter anderem gegen die US-Unternehmen Walmart und Ralph Lauren. Auch der schwedische Moderiese H&M ist betroffen. Converse hat außerdem eine Untersuchung der US-Handelskommission wegen Verstößen gegen das Markenrecht beantragt. Hier bahnt sich ein Markenrechtsstreit der Mode-Giganten an. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Bei Graumarktware bzw. bei Parallelimporten steht oft der Vorwurf der Markenpiraterie im Raum, gestritten wird dann u. a. um die Erschöpfung nach § 24 MarkenG. Wer trägt bei einem Parallelimport die Beweislast dafür, dass es sich um Originalware handelt, Parallelimporteur oder Markeninhaber? 04 Auflösung auf Seite 62! AdVoice 04 /14 11 Thema Täuschend echt Abmahnfalle Plagiat macht Kunden zu Opfern Melanie S. aus Köln hat sich in einem Outlet-Internetshop eine Handtasche einer französischen Luxusmarke für Lederwaren bestellt. Doch anstelle des freudig erwarteten Pakets bekommt sie Post von einer überörtlichen Kanzlei. Überschrift: Abmahnung! In dem zweiseitigen Anschreiben wird ihr mitgeteilt, dass es sich bei der von ihr erworbenen Tasche um ein Plagiat handelt und sie mit der Einfuhr gegen Markenrechte des französischen Designerlabels verstoßen hätte. Das Hauptzollamt Frankfurt am Main habe ihr Paket daher einbehalten. Es folgen zwölf Seiten zur Markenanmeldung, Auszüge aus der Akte des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM, engl. OHIM), die EU-Behörde mit Sitz in Alicante, die für die Eintragung von Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern zuständig ist. Für Melanie S. sind das unverständliche Details zu Prioritäten, Zeitrang, Widersprüchen etc. Die darauf folgenden drei Seiten des Anwaltsschreibens versteht sie jedoch, diese sind sehr eingängig formuliert. Daraus geht hervor, dass sie eine Erklärung unterschreiben soll, mit der sie sich unter Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 Euro verpflichtet, es in Zukunft zu unterlassen, Waren aus Leder, die ohne Zustimmung des Markeninhabers mit dem Kennzeichen des französischen Luxuslabels versehen sind, in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen. Ebenfalls verpflichten soll sie sich, die Kosten des Grenzbeschlagnahmeverfahrens und der Rechtsanwaltsgebühren zu tragen, welche die Kanzlei mit einer Pauschale „zugunsten von Melanie S.“ in Höhe von 200 Euro ansetzt. FORDERUNG: DIE TASCHE VERNICHTEN Mit einer dritten Erklärung, die dem Zollamt Fracht weitergeleitet würde, müsse sie der Vernichtung der Tasche unter zollamtlicher Aufsicht zustimmen. Erschrocken und verängstigt ruft Melanie S. den Anwalt ihres Vertrauens an. Dieser kann sie schnell beruhigen. In ihrem konkreten Fall sind alle gegen sie erhobenen Ansprüche unbegründet. Der Handel mit Marken- und Produktfälschungen ist jedoch eine ernstzunehmende Bedrohung für die Volkswirtschaft und macht laut Schätzung der OECD mit 450 Milliarden Dollar einen Anteil von fünf bis neun Prozent am Welthandel aus. Nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handels- 12 AdVoice 04 /14 kammertags (DIHK) liegt der durch Markenpiraterie verursachte Schaden in Deutschland allein bei 30 Milliarden Euro pro Jahr. Mit der Überprüfung verdächtiger Sendungen und der Vernichtung gefälschter Waren kommt dem Zoll eine der Hauptaufgaben im Kampf gegen die Produktpiraterie zu. Allein das Hauptzollamt Frankfurt am Main führte im Jahr 2013 12.552 Grenzbeschlagnahmeverfahren (Vorjahr 9.488) durch. Hierbei wurden 333.138 einzelne Waren (Vorjahr 202.645) aus dem Verkehr gezogen und damit ein wirtschaftlicher Schaden von rund 26,2 Millionen Euro verhindert. Die Volksrepublik China bzw. Hongkong waren dabei mit über 80 Prozent der angehaltenen Waren erneut Hauptherkunftsland. Aber auch Rechtsanwälte übernehmen mit der Ahndung von Markenrechtsverletzungen wichtige Aufgaben zum Schutz von Urheberrechten, eingetragenen Designs und Gebrauchsmustern. Einige Kanzleien haben den Kampf gegen den Handel mit Plagiaten als lukratives Geschäft auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes für sich entdeckt. GUTGLÄUBIGE KÄUFER WERDEN OPFER Abmahnungen mit Unterlassungserklärungen unter Androhung hoher Vertragsstrafen sind im Fall von ge schäftlichem Handel mit Plagiaten das Mittel der Wahl. Nicht jedoch im Fall von Melanie S., die wie viele andere gutgläubige Käufer zu Opfern dieser Abmahnwelle werden. Eine Markenrechtsverletzung setzt laut § 14 MarkenG bzw. Art. 9 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (Nr.40/94 des Rates) das Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Der Europäische Gerichtshof hat diesen als eine „auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichtete kommerzielle Tätigkeit“ definiert. Dieses Kriterium muss auch auf Käuferseite gegeben sein. Melanie S. wollte sich mit dem Kauf der Designertasche etwas gönnen und dachte in dem vermeintlichen Outletshop ein Schnäppchen gemacht zu haben. Mit der Einfuhr der Produktfälschung hat sie jedoch nicht die Markenrechte des französischen Luxuslabels verletzt, da es an dem Tatbestandsmerkmal des Handelns im geschäftlichen Verkehr fehlt. Mangels Markenrechtsverletzung muss Melanie S. auch keine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Bleibt die von ihr eingeforderte Zustimmungserklärung hinsichtlich der Vernichtung unter zollamtlicher Aufsicht. Auch diese wurde im Fall von Melanie S. zu Unrecht verlangt. Nach § 150 Abs.4 MarkenG gilt die Zustimmung zur Vernichtung der von den Zollbeamten zurückbehaltenen Ware als erteilt, wenn der Anmelder, der Besitzer oder der Eigentümer der Ware der Vernichtung nicht innerhalb von 10 Tagen widerspricht (sog. Zustimmungsfiktion). Einer aktuellen Anfrage beim Hauptzollamt Frankfurt am Main zufolge liegt die Quote der Vernichtungen auf Grund der Zustimmungsfiktion bei 70 Prozent. Der Zoll kann die von Melanie S. eingeführte Tasche also 10 Tage nach ihrer Unterrichtung vernichten, auch wenn diese nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Die Kosten des Grenzbeschlagnahmeverfahrens trägt nach § 150 Abs.5 MarkenG der Rechtsinhaber, im Fall von Melanie S. das französische Luxuslabel. Fazit: Die Produktpiraterie bietet für Rechtsanwälte ein Betätigungsfeld auf zwei Seiten. Zum einen können Unternehmen im Kampf um den Schutz ihrer Marken und gegen den Handel mit Plagiaten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes beraten werden. Zum anderen führt eben dieses Tätigwerden einiger (Groß-)Kanzleien, die ihre Abmahnungen in einer Art Gießkannensystem versenden, ohne im Einzelfall die Begründetheit ihrer Ansprüche zu prüfen, zu unberechtigten Abmahnungen, die den gutgläubigen Erwerber mit einer Flut von Forderung überschwemmen, die ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für ihn nicht zu bewältigen sind. RAin Fee Rahel Schlaegel, Köln Wie lange dauert die Benutzungsschonfrist für eingetragene Marken und was passiert nach Ablauf dieser Zeit? Auflösung auf Seite 62! 05 ab ue ste kt ue Ia ne on G die ati zt m gi jet nfor .de/ Sie hi di n a c .h se F w Le der ww e sg Au ll! ILFT BEIM BEraTEn GuT BEraTEn zu sEIn. unsere Versicherungs- und Vorsorgeprodukte für rechtsanwälte. 7003031274 Rechtsanwälte benötigen zur Absicherung ihrer beruflichen und privaten Risiken leistungsstarken und umfassenden Vorsorge- und Versicherungsschutz. Als einer der erfahrensten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer setzt HDI Maßstäbe bei der Entwicklung passender Versicherungslösungen. www.hdi.de/freieberufe Thema Ein Leuchtturm lotst zum Recht Wie eine Anwältin zur Marke „Die Kü§tenkanzlei“ kam Am Anfang einer jeden Kanzleigründung steht die Frage nach dem Konzept. Kiel im Sommer 2013: Die typisch salzige Brise weht mir um die Nase, während ich die Seegelboote dahingleiten sehe, im Hintergrund der Leuchtturm. Diese Frage war jetzt meine Frage – keine leichte Frage, aber vielleicht einfacher zu beantworten, wenn ich sie Step-by-Step angehen würde. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an meinen Artikel aus der Advoice 01/14 „In zehn Steps zur eigenen Kanzlei“ – ich mag Steps. Eine klare Erkenntnis hatte ich bereits ganz zu Anfang: Die Basis meines Konzepts sollte die Kanzleimarke darstellen. 14 AdVoice 04 /14 VERTRAUENSVORSCHUSS LICHTSCHEIN AM HORIZONT Marken finde ich nahezu genauso faszinierend wie Steps. Laut den treffenden Worten Wikipedias verschafft die Marke dem Dienstleister einen allgemeinen Vertrauensvorschuss, der mehr oder weniger in jedem Einzelfall zum Tragen kommt. Das wäre ja großartig! Mandate mit Vertrauensvorschuss wollte ich auch. Ganz richtig, intuitiv googelte ich damals „Dienstleistungsmarken“. Rückblickend würde ich sagen, dass dies der erste Schritt zur Findung meiner Kanzleimarke war. Es sollte sich herausstellen, dass die Fragen nach dem Konzept und der Markenfindung immer wieder ineinandergreifen würden. Ich bin definitiv der „Mutti-Typ“, ein „Kümmerer“. Dienstleistung ist mein Ding, und bereits als angestellte Anwältin habe ich mich stets als Dienstleisterin gesehen. Auch der Begriff Problemlöserin gefällt mir. Recht ist kompliziert, gibt es mit dem Recht dann noch Probleme, ist der Mandant meist verloren. Er treibt mit ausgefallenem Motor auf dem Paragraphenmeer. Die Dunkelheit des Unverständnisses umgibt ihn. Kein Land in Sicht – dann plötzlich ein Lichtschein am Horizont, dass kann nur eine kompetente Rechtsberatung sein. Sie geleitet den Mandanten sicher in den nächsten Hafen. Perfekt, meine Kanzleimarke würde ein Bild enthalten, einen Leuchtturm! Fotos: Lea Hogrefe-Weichhan Thema BUCHSTABIERALPTRÄUME LIEBE ZUM ARTIKEL NEBENJOB MARKETING Auf zum nächsten Step! Bild schön und gut, aber ich würde dem Ganzen nun einen Namen geben müssen. Der Klassiker Nachname gleich Kanzleiname oder sogar Kanzleimarke kam für mich nicht in Frage. Mein Doppelname ist so furchterregend lang und kompliziert, dass so mancher Richter, vor dem ich kurzfristig in Untervollmacht aufgetreten bin, seither unter Buchstabieralpträumen leidet. Als Marke also definitiv ungeeignet. Zudem wollte ich es mir von Anfang an offen halten, ob die Kanzlei noch wachsen würde. Die Tätigkeit als Einzelanwältin war nur für den Einstieg geplant. Es würde also eine „Kanzlei“ werden. Nur kurz machten meine Gedanken einen Ausflug in die Welt der Anglizismen. Ein weiter Aspekt des Konzepts sprach dagegen, ich würde es weder im beschaulichen Mönkeberg noch in meinen Zweigstellen in Kiel und Kappeln mit Global Playern zu tun haben, vielmehr war es ja gerade beabsichtigt die Nische der „Kanzleienperipherie“ auszunutzen. Sparen ist als Gründer Trumpf, und so ersetzte ein einfacher Logobuilder aus dem Netz die Agentur. Ein klassischer Leuchtturm ist bei uns rot-weiß. Eine Signalfarbe dürfte ausreichen, also ein dunkleres Grau als Kontrast. Meinen zunächst gefeierten Slogan „Rechtsberatung zwischen den Meeren“ ersetzte ich in letzter Sekunde durch www.kuestenkanzlei.de. Auch zu dieser Idee brachte mich eine erneute Abstimmung mit dem Gesamtkonzept. Die Website sollte der wichtigste Marketingfaktor werden und da aus dem „Küsten-Ü“ ein „UE“ werden musste, erschien es sinnvoll, diesen kleinen Website-Wegweiser ins Logo zu integrieren. Zuletzt noch schnell den Segen der Kammer eingeholt und die Kü§tenkanzlei konnte Fahrt aufnehmen. „Mein Doppelname ist so furchterregend lang und kompliziert, dass so mancher Richter, vor dem ich kurzfristig in Untervollmacht aufgetreten bin, seither unter Buchstabieralpträumen leidet.“ Was Muttersprachliches musste also her. Die neuerfundene Liebe zum Artikel ist definitiv ein aktueller Trend, dem ich zugegebener Maßen verfallen bin. Die drei Buchstaben vorne weg – wie es der Norddeutsche sagt – wären also auch mit an Bord. Eine Radiosendung über unsere Küsten-Koalition ließ es mir dann ganz plötzlich und unerwartet wie Schuppen von den Augen fallen: Küste – regionalgenial und für alle drei Standorte passend, eine Alliteration – eingängig-raffiniert, ein s – der Ersatz durch ein Paragraphenzeichen würde der Kü§tenkanzlei jetzt noch den letzten anwaltlichen Schliff geben. Schnell noch die richtige Domain gesichert und schon konnte die eigentliche bildliche Gestaltung der Marke beginnen. Bisher ist das Feedback durchweg positiv, und ich muss gestehen, dass mir der Bereich Marketing von all den Nebenjobs, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt, mit Abstand am besten gefällt. Mittlerweile gibt es Flyer und schicke rote Logokulis. Meine neuste Errungenschaft ist ein schnittiger grauer Werbe-Pferdeanhänger, der – bedruckt mit dem Kanzleilogo – potenzielle Pferderechts- und Verkehrsrechtsmandanten zur Kü§tenkanzlei lotsen soll. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Kann der Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ für ein Buch verwendet werden, auch wenn es bereits mehrere Bestseller mit dem Titel bzw. Titelbestandteil „Die Wanderhure“ gibt, ja oder nein? 06 Auflösung auf Seite 62! AdVoice 04 /14 15 Thema Gestatten, unser Name ist Marke! So innovativ kann Kanzleimarketing sein Die Zeiten, in denen ein aktives Kanzleimarketing White & Case, Freshfields und Co. vorbehalten war, sind längst vorbei. In einem hart umkämpften Rechtsberatungsmarkt ist ein gut gewähltes Alleinstellungsmerkmal nahezu überlebenswichtig. Zeit, kreativ zu werden – ein vielversprechender Nachname ist längst nicht mehr alles, was Kanzleien jenseits der Marktführer zu bieten haben. Meist ist die Kanzleimarke in diesem Sektor sogar viel mehr als Name und Logo. Sie beinhaltet ein Gesamtkonzept, ein Statement, unendlich viel Gehirnschmalz und nicht zuletzt das Herzblut der Gründer. Ich durfte in den vergangenen Wochen drei innovative Kanzleimarken kennenlernen. DIE FEINE KLEINE KANZLEI – DER ERFOLG IST BESIEGELT Die feine kleine kanzlei von Rechtsanwalt Andreas Barth auf der Hamburger Fleetinsel bietet eine umfassende Beratung im Internetrecht, gewerblichen Rechtsschutz sowie im Urheber- und Medienrecht an. Etwas ganz Besonderes ist das „fkk-Siegel“ – ich kann versichern, der Kollege Barth freut sich über jeden Schmunzler. Die Mandanten erhalten dieses Siegel nach der rechtlichen Prüfung ihres Onlineauftritts. Bei einem Milchkaffee im Strandkorb durfte ich die Geschichte der feinen kleinen kanzlei erfahren. Ganz der Medienprofi, bietet mir der Kollege an, unser Gespräch aufzuzeichnen und mir eine Audiodatei zu übersenden. Ich bin begeistert. Die Idee Rechtsanwalt Barth war einige Zeit im Marketing zu Hause. In der Hamburger Agentur eines Frankfurter Online-Shopping-Anbieters betreute er nach dem zweiten Staatsexamen verschiedene Projekte, unter anderem Kooperationen mit Fernsehsendern und Onlineportalen. Die Idee, noch einmal zu einer Werbeagentur zu wechseln, wurde recht schnell von der Vorstellung abgelöst, eine eigene Kanzlei zu gründen. Die Frage nach der grundsätzlichen Ausrichtung der Kanzlei konnte der Kollege Barth schnell mit seiner Erfahrung aus der Marketing-Tätigkeit beantworten. Es stehe, so Rechtsanwalt Barth, die Frage der rechtlichen Zulässigkeit zu häufig erst am Ende einer Medien- oder sonstigen Produktion. Diese Frage wollte er für seine Mandanten daher frühzeitig beantworten und entsprechende Lösungen aufzeigen. So startete er in die Selbstständigkeit, zunächst allerdings unter einem anderen Kanzleinamen. Nach drei Jahren erfolgreicher Tätigkeit war ihm klar, dass seine Kanzleimarke eine Designänderung vertragen konnte. Den letzten Anstoß gab jedoch die Abmahnung einer Großkanzlei wegen vermeintlicher Titelschutzverletzung. Trotz der Überzeugung, ein entsprechender Prozess werde zu seinen Gunsten ausgehen, unterzeichnete Barth die Unterlassungserklärung. „Mir war ja ohnehin klar, dass ich etwas anderes machen wollte“, berichtet er. Die Klage der Großkanzlei auf Ersatz der Anwaltskosten aufgrund der Abmahnung wurde übrigens einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen … „In einem langen Gespräch mit einer guten Freundin nahm die neue Kanzleimarke langsam Form an“, schildert Barth den Gedankengang. Sofort überprüfte er die Verfügbarkeit der URLs – alle noch zu haben. Er war überrascht: „Grundsätzlich ist man niemals der Erste oder Einzige, der eine bestimmte Idee hat – es gibt regelmäßig immer jemanden, der bereits zuvor daran gedacht hat!“, so Barth. In diesem Fall jedoch scheint die berühmte Ausnahme von der Regel eingetreten zu sein. Die Umsetzung Rechtsanwalt Barth traute sich trotzdem: im ersten Schritt wurden die Wortbestandteile mehrmals umgestellt. „kleine feine kanzlei“ - abgekürzt „kfk“, das erinnerte doch sehr an die Künstlersozialkasse. Also „feine kleine kanzlei“ – „fkk“. Den Aufschrei der konservativen Kollegen konnte er bereits hören. „Mir war klar, dass die Abkürzung polarisieren würde, und dass man durch die grafische Darstellung der Marke eine klare Abgrenzung zu allem vermeintlich Unseriösen erreichen musste“, erläutert Barth. Mit der Unterstützung seines Grafikers ist dies erstaunlich gut gelungen. Elegante, vorab per Hand kaligraphierte Buchstaben zieren das unverkennbare runde Siegel. So stehen Seriosität und Wertigkeit im Vordergrund. „Meine Vorgabe war lediglich, dass die 16 AdVoice 04 /14 Foto: Andrea Vollmer Thema Buchstaben ineinander übergehen und nach unten abfallen sollten.“ erinnert sich Barth. Auch hier ein Bruch mit den klassischen Marketing- und Designregeln, nach denen eine derartige Anordnung der Buchstaben Abstieg symbolisiert. Zudem wunderten sich einige Kolleginnen und Kollegen: Wer nennt sich denn bitte freiwillig „klein“? Die Frage, ob ihn die gewisse Provokation reize, bejaht er umgehend – er ist Medienmensch durch und durch. Die Spezialität der Marke habe den angenehmen Nebeneffekt, dass der Mandantenkreis bereits im Vorfeld selektiert werde, berichtet Barth. Die klare Abgrenzung von Großkanzleien ist beabsichtigt. Dass Barth die Kanzlei alleine führt, gehört genauso zum Konzept wie das Gegen-den-Strom-Schwimmen. Eine professionelle und durchdesignte Website rundet das Konzept des medienaffinen Anwalts ab. Ein befreundeter Webdesigner entwickelte die Seite nach den neusten technischen Standards. Für die Mandanten dürfte bereits auf den ersten Blick sichtbar sein, dass Barth ein Branchen-Kenner ist. Das Kanzlei-Logo entwickelte im weiteren Verlauf noch eine ganz eigene, im Logo selbst bereits angelegte Funktion. Barth hat es zu einem Prüfsiegel für Onlineauftritte weiterentwickelt, dem „fkk-Siegel“. In den Paketen „Basis“, „Business“ und „Premium“ bietet die feine kleine kanzlei die rechtliche Prüfung und Betreuung des Onlineauftritts zu monatlichen Pauschalpreisen an. Bei der Entwicklung des Siegels und des Paketsystems gab es gestalterisch und rechtlich einiges zu beachten, gesteht Barth. Das Angebot wird von der Mandantschaft gut angenommen. Da die Kanzlei aber eben fein und klein ist, nimmt sich Barth sehr viel Zeit für die „Siegelkundinnen und Siegelkunden“. Ein Massengeschäft, wie es vergleichbare Anbieter dieser Rechtsdienstleistung betreiben, liegt ihm fern. Zu guter Letzt wird das Marketing der feinen kleinen kanzlei von hochwertigen Flyern zum „fkk-Siegel“ unterstützt, die Barth in ausgewählten Restaurants und Läden auslegt sowie von schlichten Visitenkarten mit Prägestempel. „Ich denke, die feine kleine kanzlei spiegelt auch meine eigene Einstellung zum Beruf wieder – wer oder was möchte ich als Anwalt sein?“, so Barth. Es sei an der Zeit, sich selbst mehr als Dienstleister denn als Anwalt zu verstehen. Dazu gehöre neben einer transparenten Beschreibung der eigenen Arbeit und deren Kosten auch das tiefgehende Verständnis für die Persönlichkeit und die Probleme der Mandantschaft, die regelmäßig nicht Jura studiert habe. Zurückkommend auf das Thema „Marke“ schließt Barth: „Eine Marke ist nicht nur das Aussehen des Logos oder der Webauftritt – das Ganze muss mit Leben erfüllt werden und authentisch sein – und es muss von Herzen kommen!“ Ich persönlich kann genau das erkennen … LEGITAS – GEMEINSAM SIND WIR STARK Wir bleiben in Hamburg, denn hier hat auch LEGITAS seinen Ursprung. Es handelt sich um einen überregionalen Verbund ausgewählter kleinerer Kanzleien. LEGITAS-Gründer Rechtsanwalt Dr. Fabian Heintze setzte seine Vision der Rechtsberatung mit einer starken Marke in die Tat um, zum Vorteil für Anwalt und Mandant. In einem sympathischen und entwaffnend ehrlichen Gespräch erfuhr ich alles über die LEGITAS-Philosophie und durfte mit Dr. Heintze einen wahren Experten zum Thema Kanzleimarke kennenlernen. Die Idee Dass auch Dr. Heintze bereits bei seinen ersten Berufserfahrungen direkte Einblicke in professionelles Marketing gewann, wundert mich in Anbetracht des Konzepts und der Aufmachung nicht. Im Referendariat absolvierte er eine Station bei Arthur Andersen, einer der damals weltweit führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Ähnlich wie heute E&Y und PWC unterhielt das Unternehmen eine große Marketingabteilung, in der hochprofessionell an dem umfassenden Marketingkonzept gearbeitet wurde. Auch wenn die Materie sehr interessant gewesen sei und ihn die durchstrukturierte Umsetzung des Unternehmensmarketings stark beeindruckt habe, sei für ihn schnell klar gewesen, dass diese Art zu arbeiten keine Option für in darstellte, so Heintze. Es folgte die Promotion im Bereich Franchiserecht an der Universität Hamburg. Die Idee, eine kanzleiübergreifende Marke für Einzelanwälte zu schaffen, nahm mehr und mehr Gestalt an. Vom Begriff Franchising distanziert sich LEGITAS heute jedoch deutlich. Vielmehr handelt es sich um eine überörtliche Kooperation von kleinen Kanzleien und Einzelanwälten mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Das Marketing ist zwar aufeinander abgestimmt und die teilnehmenden Kanzleien leisten einen finanziellen Beitrag, etwaige Vorgaben für die Bearbeitung der Mandate, die Preisgestaltung oder Ähnliches gibt es jedoch nicht. „Uns war wichtig, dass die Bindung zum Anwalt selbst nicht verloren geht.“ erläutert Dr. Heintze. Dementsprechend setzen sich die Namen der einzelnen Kanzleien aus LEGITAS und dem Nachnamen des Anwalts zusammen, so zum Beispiel LEGITAS Heintze. Die Umsetzung Im Focus der Idee stand vor allem auch die Qualitätssicherung. „Kennst du einen guten Anwalt?“ Eine Frage, die für den Normalbürger oftmals schwer zu beantworten ist, ist doch die wahre Kompetenz für jemanden, der nicht vom Fach ist, nur schwer zu beurteilen. Praktisch also, wenn jemand mit ebendieser Kompetenz die Vorauswahl trifft und durch eine Marke für den Mandanten kennzeichnet. „Die Kooperationskanzleien werden sehr sorgfältig ausgewählt“, erklärt Dr. Heintze. Allerdings arbeite man nun bereits seit fünf Jahren in mehr oder weniger gleicher Besetzung. Demnach eine Zusammensetzung, die sich bewährt hat. Die in Hamburg ansässigen LEGITAS-Anwälte treffen sich zwei- bis dreimal im Jahr. Ein überregio nales Treffen findet alle zwei Jahre statt. Selbstverständlich stünde man fachlich und die Organisation betreffend im ständigen Austausch. In die professionelle Gestaltung des Logos wurde viel Zeit und große Sorgfalt investiert. Man beauftragte zwei Agenturen, um einen Entwurf und einen Gegenentwurf zu erhalten. Klare Formen, angelehnt an den Bauhausstil, lautete die Vorgabe, die in den zwei dunkelblauen Quadraten mit der edlen gelben Schrift eine gelungene Umsetzung erfahren hat. Für die einzelnen Kanzleien wurde jeweils ein passendes eigenes Logo entwickelt. Hier steht der Name des Rechtsanwalts im zweiten Quadrat in blauer Schrift auf gelbem Hintergrund. Selbstverständlich findet sich das Logo auch im Internetauftritt, auf Briefbögen und bedruckten Briefumschlägen wieder. Das kleine i-Tüpfelchen des Corporate Designs bildet ein hochwertiges, eigens angefertigtes, Kaffeeservice, mit dem jede der Kooperationskanzleien ausgestattet ist. Die Marke LEGITAS und das Konzept dahinter überzeugen insbesondere durch die Funktionalität für beide Seiten. Für den Mandanten schafft die Marke hier die Sicherheit, einen gewissen Qualitätsstandard zu erhalten, der Anwalt wiederum profitiert von diesem Vertrauensvorschuss des Mandanten. Genau das ist es doch, was eine erfolgreiche Marke leisten soll. Ihren Namen erhielt die Marke LEGITAS in zahlreichen Abendsitzungen der Gründer. Zahlreiche Markennamen wurden auf der Homepage des Markenamtes durchgeprüft. „Wir wollten eine Assoziation mit den Begriffen ‚Lex‘ und ‚Legal‘ schaffen, durften aber gleichzeitig nicht zu sehr an bestehende Begriffe heranrücken“, so Dr. Heintze. AdVoice 04 /14 17 Thema WESAVEYOURCOPYRIGHTS – HIER IST DER NAME PROGRAMM Unsere kleine Kanzleimarkenexpeditionsreise endet in Frankfurt am Main, und wie ich bereits vermutet habe, haben wir es auch hier mit einem unglaublich kreativen Kollegen zu tun. Der Gründer und Geschäftsführer der WeSaveYourCopyrights Rechts anwaltsgesellschaft mbH, Rechtsanwalt Christian Weber, hat in der Vergangenheit selbst erfolgreich Musik gemacht und produziert. Voller Enthusiasmus nahm er mich in unserem Gespräch mit auf einen Ausflug ins Urheberrecht und schilderte, wie sich aus den Bedürfnissen seiner Mandanten seine Kanzleimarke entwickelte. mit der Kanzleimarke ein klares Ziel: Es müsse für Künstler und kreativ Schaffende wieder möglich werden, von ihrer Arbeit zu leben. Dies setze voraus, dass geistiges Eigentum geschützt wird, Rechte durchgesetzt werden und langfristig die Früchte des geistigen Schaffens von Seiten derjenigen, die die Inhalte konsumieren, wieder respektiert würden. Ein Recht, dass sich gegen Ausbeutung nicht zur Wehr setzt, würde ins Leere laufen. Auch dieser Leitgedanke war von Anfang an Teil der Idee. Dennoch betrachtete Weber seine Ausgangslage am Kanzleistandort Frankfurt realistisch: „Mir war klar, dass ein Alleinstellungsmerkmal zwingend notwendig ist, wenn ich mich auf dem Markt behaupten will.“ Die Idee Die Umsetzung Rechtsanwalt Weber hatte sich bereits während des Studiums und Referendariats auf den Bereich Urheber- und Medienrecht spezialisiert. Nach seiner Zulassung im Jahre 2007 berichteten ihm mehrere Mandanten, dass deren geistige Schaffensprodukte im Internet in großer Zahl und illegal verbreitet würden und massive Umsatzrückgänge die Folge seien. In einem Fall wurde beispielsweise ein Musiktitel, der in den aktuellen Charts war und sich in einer Woche 700 Mal verkauft hatte, über sog. Tauschbörsen innerhalb nur weniger Sekunden für über 900 Nutzer illegal zum Herunterladen verfügbar gemacht. Die Erkenntnis, dass im Netz ein Urheberrechtsmissbrauch in einer Größenordnung stattfindet, welche die Zahl der legal Verkäufe von Tonträgern etc. weit übersteigt, brachte Weber direkt auf die Idee für seine Spezialisierung und seine Kanzleimarke. „Wegen der Digitalisierung von Inhalten und der damit verbundenen verlustfreien Vervielfältigung und Verbreitung insbesondere über das Internet, bedarf das Urheberrecht eines besonderen Schutzes und einer engagierten Durchsetzung“, erklärt Rechtsanwalt Weber. Das war es, was er tun wollte. Von dem aussagekräftigen Logo, dass zwei Hände zeigt, die sich schützend um das bekannte Copyright-Zeichen legen, hatte der kreative Urheberrechtler selbst bereits eine klare Vorstellung als er es von einem Designer nach seiner Vorgabe gestalten ließ. „Ist man als Anwalt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes oder des Urheberrechts tätig und bearbeitet eine Vielzahl von Mandaten wegen der Verletzung geistiger Schutzrechte, wird dies auf Seiten der Inanspruchgenommenen bzw. Rechtsverletzer oft zu Unrecht als missbräuchlich empfunden, obwohl die zu Grunde liegenden Ansprüche berechtigt sind“, erklärt Weber. WeSaveYourCopyrights als Kanzlei, die sich dem Schutz und der Durchsetzung von Immaterialgüterrechten widmen wollte, war geboren. „Ich habe mich damals bewusst gegen den Begriff ‚protect‘ entschieden“, erinnert er sich. „Ich wollte, dass der Markenname nicht zu hart klingt und da erschien mir die Bedeutung von ‚to save‘ im Sinne von ‚bewahren‘ passender“, so Weber. Als er sich nach der Zulassung zunächst als Einzelanwalt selbstständig machte, war Weber sofort klar, dass er im Bereich Urheber- und Medienrecht tätig sein wollte. WeSaveYourCopyrights sollte eine klare Ausrichtung in Richtung Mandant haben, die Selektion des Mandantenkreises sei klar beabsichtigt gewesen, erläutert der Frankfurter Anwalt. Da er eine Zeit lang selbst im Musikbusiness tätig war, kannte er die Bedürfnisse und Belange der Branche. Der engagierte Kollege verfolgt 18 AdVoice 04 /14 „Es geht mir darum, im beruflichen Alltag meinen kreativen Hintergrund zu bewahren und dabei neben allen rechtlichen Aspekten nicht aus den Augen zu verlieren, dass es bei dem Schutz geis tigen Eigentums vor allem auch um den Erhalt kultureller Vielfalt und um die Sensibilisierung für den Wert geistigen Eigentums und kreativen Schaffens geht.“ Ich glaube ihm aufs Wort und mein Gründerherz macht einen Sprung. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Es sei ihm daher wichtig gewesen, dass das Logo eine gewisse Freundlichkeit, sogar Sanftheit ausstrahlt. Erstaunlich, wie gut das gelungen ist. Dem Betrachter ist sofort klar, dass der Schutzgedanke vorrangig ist. Seit 2011 ziert ein Farbakzent in Magenta die Grafik und das Schriftbild. „Mit der Farbe wollte ich jugendliche Dynamik und und etwas Positives einbringen“, berichtet Weber. Bewegung hat es auch in der Kanzleistruktur gegeben. Aus der Einzelkanzlei ist seit 2011 die WeSaveYourCopyrights Rechtsanwaltsgesellschaft mbH geworden. Derzeit sind dort neben dem Geschäftsführer vier weitere Rechtsanwälte tätig und betreuen neben Mandanten aus sämtlichen kreativen Berufen in allen berufsrelevanten Rechtsgebieten, auch zahlreiche Freiberufler, Selbstständige und mittelständische Unternehmen in den Bereichen IP (Intellectual Property), Urheberrecht, Verlagsrecht, Medienrecht, Presserecht, IT-Recht, Internetrecht, eCommerce, gewerblicher Rechtsschutz (Marken- und Wettbewerbsrecht) und Veranstaltungsrecht. Die Geschichte von WeSave YourCopyrights zeigt eindrucksvoll, wie sich eine Kanzleimarke entwickeln und wachsen kann, ohne ihre Kernaussage aus den Augen zu verlieren. Kann aus der Marke „Aida“ (eingetragen u. a. für Veranstaltungen von Reisen, Transportwesen, Beherbergung von Gästen sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten) erfolgreich gegen die Vermittlung von Reisen über das Internet unter dem Zeichen „Aidu“ vorgegangen werden, ja oder nein? Wie meine vorherigen Gesprächspartner lässt auch der Kollege Weber kurz durchblicken, wie viel ihm seine Kanzleimarke bedeutet und welchen tiefen Sinn er in der Berufung Anwalt sieht: Auflösung auf Seite 62! 07 Thema ANZEIGE Stolperfallen im Markenrecht Von Regelstreitwerten und Patentanwaltsgebühren Marken werden leicht verletzt. Oft auch aus Unwissenheit. Das Rechtsgebiet hat, bedingt durch das Internet, eine regelrechte Karriere hingelegt. Angebliche Regelstreitwerte und zusätzliche Patentanwaltsgebühren – das sind nur einige Themen und Stolperfallen, die das Markenrecht für Anwälte bereit hält, die in diesem Rechtsgebiet gar nicht oder nur gelegentlich tätig sind. Der BGH-Beschluss am 16.3.2006, Az.: I ZB 48/05, ist eines der größten Missverständnisse des Kennzeichenrechts. Das Bundespatentgericht hatte den Wert für ein Rechtsbeschwerdeverfahren auf 50.000 Euro festgesetzt. Vorausgegangen war ein Widerspruchsverfahren aus der Marke „Red Bull“ gegen die Eintragung der Marke gegen die Marke „Bull-cap“, das zur Löschung identischer und ähnlicher Waren in der Nizzaklasse 32 geführt hatte, vgl. BPatG, Beschluss vom 16.2.2005 · Az. 29 W (pat) 286/02. Nur gegen die Wertfestsetzung zog der Markeninhaber vor den BGH und wollte durchsetzen, dass der Wert „nur“ 10.000 Euro betrage. Der BGH hat für die Amtsverfahren in Markensachen klargestellt: Die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 50.000 Euro entspräche billigem Ermessen. Maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswerts sei das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke. Dieses Interesse läge „im Regelfall“ bei 50.000 Euro. Weiter heißt es in dem Beschluss: „Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall eine niedrigere oder höhere Wertfestsetzung rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Auf das Interesse des Inhabers der Widerspruchsmarke an der Löschung des prioritätsjüngeren Zeichens oder der gewerblichen Bedeutung der Widerspruchsmarke kommt es nicht an.“ Die gerichtliche Welt des Markenrechts ist aber in Amtsverfahren, bei denen es um die Eintragung von Marken in das Markenregister geht und in Verletzungsverfahren, bei denen Kennzeichen tatsächlich benutzt werden, getrennt. Das spielt auch für den Streitwert eine erhebliche Rolle. Immer wieder wird nun dieser „BGH-Regelstreitwert“ für Amtsverfahren auch auf Verletzungsfälle übertragen. Eine verbindliche Aussage der Gerichte, welcher Wert hier angemessen ist, gibt es jedoch nicht. 50.000 Euro sind lediglich ein Anhaltspunkt, der in der Praxis oft auch festgesetzt wird. Die Werte könnten jedoch leicht auch weit darüber liegen, z. B. bei bekannten Marken, gelegentlich aber auch darunter. Werte unter 20.000 Euro kommen in der Praxis kaum vor. Jedoch sieht das Markengesetz unter strengen Voraussetzungen eine sogenannte Streitwertherabsetzung vor, vgl. § 142 MarkenG. Ein ganz anderes Thema in Markensachen sind die Gebühren für mitwirkende Patentanwälte. In § 140 Abs. 3 MarkenG ist geregelt: „Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.“ Früher wurden für Markenverletzer daher oft doppelte Kosten in Markensachen bereits bei Abmahnungen fällig. Dem hat der BGH mit insgesamt drei Entscheidungen einen Riegel vorgeschoben, vgl. BGH, Urteil vom 3.4. 2003 - I ZB 37/02, Urteil vom 24.2.2011 - I ZR 181/09, Urteil vom 21.12. 2011 – I ZR 196/10. In Gerichtsverfahren oder wenn die Mitwirkung tatsächlich erforderlich ist und nachgewiesen werden kann – und das ist ein zusätzliches Kostenrisiko, über das markenverletzende Mandanten aufzuklären sind – bleibt es jedoch in der Regel dabei, dass ein mitwirkender Patentanwalt seine Kosten, z. B. für Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage ebenfalls erstattet bekommt. Die zu erstattenden Anwaltsgebühren der Gegenseite sind dann schlichtweg doppelt so hoch. RA Tobias Sommer, Berlin Dr. Vossius war aus seiner Kanzlei „Vossius & Partner“ ausgestiegen und in einer neuen namens „Dr. Volker Vossius ...“ tätig. Er widerrief gegenüber Vossius & Partner die Gestattung, den Namen Vossius zu führen. Sein Schwiegersohn registrierte für die neue Kanzlei die Domains „vossius.de und vossius.com“. Hat die alte Kanzlei einen Unterlassungsanspruch auf die Nutzung der Domains, ja oder nein? Durfte Dr. Vossius den Gebrauch des Namens widerrufen, ja oder nein? 08 Auflösung auf Seite 62! AdVoice 04 /14 19 Thema Uns verbindet Persönlichkeit Kanzleien gestalten ihren Markenkern – Spielarten aus der Praxis Immer mehr Kanzleien definieren ihren Markenkern als Wertschöpfer und vermitteln mit stetiger PR- und Öffentlichkeitsarbeit das, wofür sie stehen. Die Marke symbolisiert Einzigartigkeit, vorausgesetzt, Rechtsanwälte folgen einer einleuchtenden Strategie und bleiben ihrer Linie treu. Spielarten aus der Praxis. Marken gewinnen, wenn Kanzleien ihre Werte und Kompetenzen glaubwürdig vorleben und professionell kommunizieren. Markenbewusste Anwälte nehmen sich selbst und ihre Position am Markt genau unter die Lupe. Sie definieren ihre Stärken und bekennen sich dazu: in einer langfristig ausgerichteten Strategie, mit Maßnahmen, die zu ihnen und ihren Zielgruppen passen. Und sie realisieren Kommunikationsinstrumente, die ihr Profil gestalten und ihre (Kanzlei-)Persönlichkeit erlebbar machen. So entsteht Loyalität: Menschen, die sich verstanden und verbunden fühlen, empfinden Wohlwollen und entwickeln Vertrauen – auch dann, wenn die Geschäftsbeziehung einmal leidet. KLARHEIT LEBEN, UNTERNEHMERISCH ENTSCHEIDEN Für Rainer Metschke sind es Augenhöhe und Perspektivwechsel, die Türen öffnen: sowohl im Beratungsgeschäft, als auch in der Markenstrategie. Metschke ist Partner und Gründer der Kanzlei Röhrich Metschke Rechtsanwälte in Schwäbisch-Hall. Die Region Ho- 1 henlohe ist bekannt für einen einflussreichen, weltweit anerkannten Mittelstand: Eine Zielgruppe, die ganz klar unternehmerisches Denken voraussetzt. „Wir haben schnell verstanden, dass wir flexibel sein müssen und nur dann punkten, wenn wir die Sprache unserer Mandanten sprechen“, sagt Metschke, der seit 2010 am Standort aktiv ist. Und: „Es kommt darauf an, Klarheit zu vermitteln und Komplexität zu reduzieren.“ Sein Anspruch: Verträge so prägnant und so kurz wie möglich zu fassen, kurzum: zuerst das Problem und dann die Lösung auf den Punkt zu bringen. Die Kunden honorieren das. Schließlich motivierte der Startschuss für eine Zweigstelle in Crailsheim Rainer Metschke und Elko Röhrich dazu, diese Positionierung in einem Claim klarer zu fassen und stringent in der Kanzleikommunikation zu führen: Auf den Punkt. SINNE ANSPRECHEN UND QUERDENKEN Ulrike Berger, Rechtsanwältin und Partnerin bei der Kanzlei Arfmann & Berger in Karlsruhe, fokussierte bei ihrer Gründung 2012 ganz entschlossen ein hochwertiges Corporate Design und realisierte einen hohen Anspruch in ihrer Geschäftsausstattung. „Erstens sind wir Menschen mit Sinn für Ästhetik, zweitens Jungunternehmer, die anders sind und auch so wahrgenommen werden wollen“, berichtet Berger. Das heißt konkret: Arfmann und Berger verstehen sich als Rechtsberater, die auch die Geschäftsprozesse und wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten ihrer Mandanten verstehen. „Wir werden tatsächlich wahrgenommen und ernten Lob für unser Erscheinungsbild.“ Hinzu käme, so die Spezialistin für IT- und Markenrecht, dass ihre Mandanten selbst Experten in professioneller Markenführung sind. „Kompromisse konnten und wollten wir uns nicht leisten“, so Berger über die Wertigkeit ihres Looks inklusive der Haptik. Das Ergebnis: Logo, hochformatige Visitenkarten, Briefpapier und Blöcke in Pantone Sonderfarben: blau mit einem leicht glänzenden Kupferton. „Wir werden tatsächlich wahrgenommen und ernten Lob für unser Erscheinungsbild – immer noch“, freut sich die Karlsruher Anwältin. Der Auftritt der Kanzlei stößt auf Resonanz, nicht nur weil Nico Arfmann und Ulrike Berger erklärte Netzwerker sind. Die Experten für IT- und Markenrecht haben sich in der Medienregion ein bemerkenswertes „Standing“ erarbeitet. Ganz gleich, ob sie bei offenen Veranstaltungen, etwa „Netzstrategen machen Feierabend“, referieren, Inhouse-Seminare und Workshops durchführen, mit Medien- und Kunstschaffenden Ausstellungen veranstalten oder eine Kanzleiparty feiern: Sie verlassen ihren Kanzleikosmos und tauschen sich mit Querdenkern aus. Ihren Anspruch, jung, aktiv, digital und nahbar zu sein, führt Berger in einer konsequenten Medien- und Pressearbeit weiter. „Wir nutzen Reichweite und teilen praxisnahe Impulse“, vertieft die AUF DEN PUNKT. KLARHEIT IST UNSER BEKENNTNIS. UND IHR VORSPRUNG. 2 WIR NENNEN ES BERATUNG. SIE NENNEN ES PUNKTLANDUNG. Was auch immer Sie bewegen: Sprechen Sie mit uns. Rechtzeitig. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Klar. Kompakt. Unkompliziert. Mit Fingerspitzengefühl und Weitblick. 0791.970 55-0 RÖHRIC H Wettbach 1-2 I 74523 Schwäbisch Hall 07951.9730-55 METSCHKE Ludwigstraße 29 I 74564 Crailsheim www.rm-anwaelte.de 20 AdVoice 04 /14 Auf den Punkt Rechtsanwälte 1. Die Sprache der Mandanten sprechen und die Dinge auf den Punkt bringen hat Rainer Metschke von der Kanzlei Metschke-Röhrich zu seinem Markenzeichen gemacht. / 2. Ulrike Berger von Arfmann und Berger will als Mensch mit Sinn für Ästhetik und Jungunternehmerin wahrgenommen werden. Thema Fachautorin. Ulrike Berger hat Verlage recherchiert, viele Themenplanungen eingesehen und die Redaktionen mit Vorschlägen für Fachartikel oder Rechtskolumnen kontaktiert: „Ja, das ist eine Entscheidung, die Konsequenz einfordert und Zeit kostet“, so Berger überzeugt, „und es lohnt sich“. Die Bandbreite der Platzierungen reicht vom e-Commerce-Magazin über IT Mittelstand bis hin zu einem Personalmagazin. Die Artikel oder die Hinweise auf die Publikationen werden dann auch Teil der Kanzleiwebseite sein, die bis dato noch in Arbeit ist. AUTHENTISCH UND KONSEQUENT SEIN: ONLINE UND OFFLINE Als beispielhaft für eine Webseite, die als „Sprachrohr“ einer so klaren wie direkten Bildsprache und starken Schlüsselbotschaften Schule machen kann, ist der Internetauftritt der Düsseldorfer Kanzlei Austmann & Partner zu nennen. „Vor zwei Jahren sind wir als Spin-Off einer Großkanzlei gestartet, deren Düsseldorfer Büro wir zuvor aufgebaut hatten“, so Partnerin Dr. Nina Böttger und sagt: „Von Anfang an haben wir unsere Online-Präsenz in das Zentrum unseres Marktauftritts gestellt.“ Dabei hatte die Juristin auch die Zielgruppe der jungen Nachwuchstalente im Auge. Es folgten intensive Brainstormings im Team: Der Kern waren zentrale Bekenntnisse, die modern und klug eine Brücke zu Beweggründen schlagen, nicht irgendwelche Juristen, sondern genau Austmann & Partner zurate zu ziehen: „Wollten Sie nur wissen, wie es nicht geht, kämen Sie nicht zu uns“ oder „Wenn Sie hier sind, suchen Sie vermutlich keine Hundertschaft von Anwälten, sondern eine Lösung“ vermitteln den Kanzleispirit ebenso selbstbewusst wie: „Wer den Kopf in den Sand steckt, wird von anderen immer noch gesehen.“ Hinzu kommen großflächige Fotos, die Nähe und Authentizität vermitteln. Insgesamt besticht der Auftritt, weil er sehr clean, klar strukturiert und in der blauen Farbwelt der Kanzlei systematisch durchdekliniert ist. „Es macht immer wieder Spaß, die positiven Reaktionen und Stimmen zu unserer Kanzleimarke zu hören.“ Diese Struktur und individuelle Linie findet der Besucher vor Ort auch in der Kanzleiausstattung wieder: anspruchsvoll geplant und vom Schreiner nach Maß gefertigt. Das Blau „klingt“ in Transparenten aus modernen Filmplakaten in den Meeting-Räumen Casablanca, Fitzcarraldo, Metropolis und im Casino Royal, der Kanzleibar „nach“. Insgesamt resümiert Böttger: „Es macht immer wieder Spaß, die positiven Reaktionen und Stimmen zu unserer Kanzleimarke zu hören. Gefühlt ist Austmann & Partner nicht erst seit zwei Jahren am Markt.“ STRATEGIE MIT TIEFENWIRKUNG: VON MENSCH ZU MENSCH Ob Anwälte ihre Mandanten in geschäftlichen Besprechungen treffen oder informell Kontakte intensivieren: „Es sind die verlässlichen menschlichen Begegnungen, die langfristig Vertrauen aufbauen und eine Marke erlebbar machen“, sagt Christiane Legler, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Redeker Sellner Dahs in Bonn. Keine Frage: Ein Eins-a-Corporate Design, das sich durch alle Kommunikationsmaßnahmen zieht, ist für die international tätige Sozietät mit neunzig Rechtsanwälten Standard. Denn es geht immer darum, anwaltliche Qualität gepaart mit wissenschaftlicher Exzellenz, Seriosität, Fleiß, Engagement und Integri- tät als starke Werte zu kommunizieren. Der Fokus auf Event- und Life-Kommunikation, wie Legler das Kanzleiengagement bei eigenen Veranstaltungen oder Hochschulmessen bezeichnet, ist ein prägnanter Anker in der Markenstrategie. „Wir haben unsere eigenen Events sehr sorgfältig konzipiert und strategisch ausgerichtet“, erklärt die Politikwissenschaftlerin, die viele Jahre in Kommunikationsagenturen gearbeitet hat. „Markenpflege ist eine strategische Aufgabe. Ernst nehmen, strategisch angehen und durchdeklinieren, flankierende PR-Maßnahmen inklusive“, beschreibt sie, „dann muss man auch nicht jedes Mal das Rad neu erfinden.“ Laut Legler geht es immer darum, den einzelnen Mandanten zu sehen und zu schätzen, also: so kontinuierlich wie seriös ins Gespräch zu kommen. Dann kommen Emotionen ins Spiel, die fruchtende Geschäftsbeziehungen nähren. Das Eventkonzept: Redeker Sellner Dahs präsentiert sich exklusiv mit hochkarätigen Referenten, wie etwa Anfang 2013 mit Georg Mascolo, seinerzeit Chefredakteur des Spiegel. Die Mandanten goutieren das, auch weil sie in diesem Rahmen ungezwungen mit ihren Rechtsberatern ins Gespräch kommen. Und genau deshalb betont Legler eindringlich, könne dieses Prinzip auch für kleine und junge Kanzleien fruchten. „Veranstaltungen zu initiieren, die Stil und Klasse mit Wertschätzung verbinden, ist unabhängig von der Größe eines Büros machbar und bietet Potenzial, das häufig ungenutzt bleibt“, bemerkt sie. Und das funktioniere auch mit regionalen Größen als Magneten. SOCIAL WEB KONTAKTE UND DIE MARKE PFLEGEN Mit ihrem Bekenntnis „Was uns verbindet – ist Persönlichkeit“ überschreibt die Sozietät Redeker Sellner Dahs folgerichtig ihre Recruiting Aktivitäten. „Auch hier investieren wir in hochqualifizierte Kontakte und 3 3. Direkte Bildsprache, starke Botschaften: Die Online-Präsenz steht für Nina Böttger von Ausmann & Partner (li.) im Mittelpunkt des Markenauftritts. / 4. Christiane Legler von Redeker-Sellner-Dahs setzt auf ein Eins-a-Corporate Design auf allen Ebenen. 4 AdVoice 04 /14 21 Thema pflegen unser Erscheinungsbild online und offline“, erklärt Legler, die mit viel Herzblut in Hochschulen oder auf Hochschulmessen mit dem Berufsnachwuchs kommuniziert, und zwar persönlich sowie vor- und nachbereitend in den sozialen Netzwerken. „Wir sind ein modernes und zugleich traditionelles Haus und gehen ganz bewusst den Generationenwechsel auch kommunikativ mit. So führen wir den Dialog mit Studenten und Mandanten auch auf Facebook“, schildert sie. Junge Kanzleien warnt die Kanzleikommunikatorin jedoch eindringlich vor Schnellschüssen im Social Web. „Social Media und Markenpflege gehören zusammen und kommen ohne Strategie und absolut professionelle Umsetzung nicht aus“, unterstreicht sie. Transparenz und befähigt Menschen, bewusst und selbstbestimmt zu entscheiden.“ Im Mandantengespräch gewinnen Anwälte dann, so Allmann, wenn sie aktiv zuhören und die Betroffenen dort abholen, wo sie stehen. So entsteht Vertrauen. Sie erkennt deshalb in weichen Kompetenzen wie Gesprächsführung und Konfliktdeeskalation wichtige Treiber für Kanzleiwerte, die neben all dem „schönen Schein“ eine Marke mit Leben füllen – ganz unabhängig von Rechtsgebieten und Kanzleigrößen. „In der Realität treffen oft nüchterne, sachliche und kühle Anwälte auf hoch emotionale Themen“, vertieft sie, „hier gibt es in der Branche Handlungsbedarf, damit Rechtsberater nicht nur mit einem treffenden Logo und wirkungsvoller PR-Arbeit punkten, sondern in persönliche Beziehungen investieren.“ MIT WORTEN BARRIEREN ÜBERWINDEN VORAUSSCHAUEN UND UNTERSTÜTZEN Den richtigen Ton zu treffen und eine emotionale Ebene zu „bedienen“ versteht auch Liane Allmann als absolut erfolgsentscheidend für Rechtsanwälte. Und das vor allem im Bank- und Kapitalmarktrecht, dem hart umkämpften Markt, in dem sich die Betriebswirtin als Business-Developerin und strategische Kommunikationsexpertin bei Rössner Rechtsanwälte in München bewegt. „Geschädigte Verbraucher und Entscheidungsträger bei Institutionen oder Kommunen sind emotional extrem beansprucht. Viele empfinden eine Mitschuld, wenn sich Kapitalanlageprodukte als Flop erweisen“, führt Allmann aus. Und sie schlussfolgert: „Wer emotionale Peaks erzeugt, kann Akzente setzen.“ Dabei misst die Business-Developerin der schriftlichen und gesprochenen Sprache eine große Bedeutung bei: „Ich sehe mittlerweile besonders in einer leicht verständlichen und Bilder erzeugenden Wortwahl einen wertvollen Mehrwert, den der Mandant direkt spürt. Einfache Sprache schafft Und: Eine Markenführung setzt auch immer unternehmerisches Denken voraus. Der Start einer Medienstrategie bei Rössner Rechtsanwälte war beispielsweise ein Jahr im Vorfeld vorbereitet. Eine vorausschauende Entscheidung, die einem erwarteten BGH-Urteil geschuldet war und eine allgemeingültige Erkenntnis offenbart: Medien- und Pressearbeit bedarf einer klaren Themenstrategie, einer langfristigen Planung und stringenten Umsetzung. Das BGH Urteil 2011: Die Deutsche Bank muss Schadensersatz an Rössners Mandanten Ille zahlen, weil sie die Aufklärungspflichten beim Verkauf von Zinswetten verletzt hat. Rössner Rechtsanwälte im Scheinwerferlicht. Eine Vorlage, die Allmann bis heute nutzt, um den Mehrwert und den Nachdruck herauszuarbeiten, die „ihre“ Kollegen stark machen. Die Kanzlei gibt regelmäßig Leitfäden, Kompendien oder Breviers heraus, die anlegerorientiert Sicherheit bei Kapitalanlagen Ist der Widerspruch der Marke „BLUMARIN“ gegen die Marke Wortmarke „MARINE BLEU“ für ähnliche und identische Waren der Klasse 18, 24 und 25, die als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden soll, erfolgreich, ja oder nein? 09 5 vermittelt. Dazu Allmann überzeugt: „Die Kunst besteht darin, nicht zu verkaufen, sondern Mandanten beim Einkaufen zu helfen.“ TEILEN UND SICH ENGAGIEREN Sympathiepunkte sammelt auch die Stuttgarter Kanzlei BRP Renaud & Partner: und zwar nicht nur dank der Mitarbeiter, die als Markenbotschafter zu unterschiedlichen Rechtsthemen sprechen und sich einem breiten Publikum präsentieren. Genauso wenig ist das Bekenntnis zum Standort Stuttgart das einzige Plus für die Kanzlei mit Sitz im Königsbau; das Logo greift die Fassade dieses markanten Gebäudes im spätklassizistischen Stil auf. Es ist das soziale Engagement, das BRP Renaud & Partner in der baden-württembergischen Landeshauptstadt vorlebt. Die Kanzlei unterstützt zwei Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten. Das Ziel ist es, den Kindern jeden Tag ein gesundes Frühstück zu ermöglichen. Mit den Spendengeldern wird direkt auf dem Großmarkt oder auf Biobauernhöfen eingekauft. „Wir wollen etwas von dem zurückgeben, was wir haben“, begründet der Partner Dr. Thomas Weimann, der das Kanzleimarketing mitsteuert. Wichtig sei es dabei, nicht nur die Geldspenden bedürftigen Kindern vor Ort in Stuttgart zukommen zu lassen. „Für uns ist es sehr bereichernd, die persönlichen Kontakte zu den Kindern und Erzieherinnen zu pflegen wie jedes Jahr zum Sommerfest.“ Ein Mandant hat die Initiative ins Leben gerufen und konnte BRP direkt dafür begeistern. Susanne Kleiner, München 6 Auflösung auf Seite 62! 22 AdVoice 04 /14 5. Liane Allmann von Rössner Rechtsanwälte München setzt auf die emotionale Schiene. / 6. Thomas Weinmann von BRP bevorzugt Klassizismus und soziales Engagement. Thema Film: Der Krieg der Patente Hannah Prinzler fragt: Brauchen Innovationen Schutzrechte? Filme über das Patentrecht werden nicht für Anwälte gemacht. Leider. Fachkundiges Publikum ist daher kritisch. Wir haben den Münchner Patentanwalt Ludwig Lindermayer gebeten, sich den Film anzusehen. Seine Anmerkungen veröffentlichen wir in der kommenden Ausgabe. Regisseurin Hannah Prinzler (l.), hier mit Darstellerin Suman Sahi bei Dreharbeiten in Indien. Marken und Patente gehören eng zusammen. Das hat historische Gründe und kommt schon im Namen der deutschen Behörde Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) zum Ausdruck. In Deutschland sind daher Patentanwälte auch für Marken zuständig und können Anmeldungen vornehmen und Amtsverfahren führen. Sie müssen sogar in den Markenabteilungen beim DPMA eine Ausbildung absolvieren. Doch die Schutzrechte werfen zahlreiche Fragen auf. Mit einem Fokus auf Patente hat die Regisseurin Hannah Leonie Prinzler einen Film vorgelegt, der im Juli 2014 auf Arte lief und einige der zentralen Fragen der internationalen Patentgemeinde aufgreift und sich auch mit Kritik am bestehenden System nicht zurückhält. In der Programmankündigung bei Arte heißt es u. a.: „Microsoft gegen Google, Apple gegen Nokia, Samsung und HTC, Motorola gegen Apple, Oracle gegen Google: Patentklagen sind in der IT-Industrie in den vergangenen Jahren in Mode gekommen. Wir befinden uns mitten in einem globalen Krieg, in dem Patente als strategische Waffen eingesetzt werden. Technologiekonzerne wie Apple und Google geben jedes Jahr mehr Geld für Patente aus als sie in die Entwicklung neuer Produkte investieren. Sie wollen sich damit die Marktherrschaft sichern.“ Als die Filmemacherin Hannah Prinzler erfährt, dass in Amerika mittlerweile auch Patente auf menschliche Gene erteilt werden, fragt sie sich, ob da nicht etwas schiefläuft mit dem Patentsystem, und begibt sich auf eine Suche nach Antworten. Auf ihrer Recherchereise besucht sie den englischen Erfinder James Dyson, Patentanwälte und Business-Gurus im Silicon Valley und trifft Lisbeth Ceriani, um von ihr die unglaubliche Geschichte von dem Gen ihres Körpers zu erfahren, das ihr nicht gehört. Prinzler reist nach Genf zur „Weltorganisation für geistiges Eigentum“ (WIPO) und nach Indien, um die globalen Konflikte um den Zugang zu patentierten Medikamenten zu verstehen. In Indien erfährt sie, wie sich die Inder gegen eine Patentierung von Reis oder Yogahaltungen zu schützen versuchen, und trifft Anil Gupta, den „Gandhi der Innovation“. Braucht die Welt wirklich Patente, damit Dinge erfunden werden? Eine Antwort hofft sie am Ende ihrer Reise in der Wüste von Arizona zu finden, wo ein Team begeisterter Autobauer die weltweit ersten „OpenSource-Autos“ entwickelt. Ein User postete bei Heise seine Lieblingsaussage aus dem Film, die eine Grundaussage für Erfinder auf den Punkt bringt: „Was ist, wenn jemand die Maschine kopiert?“ Gelächter. „Er wäre traurig, wenn man sie kopiert.“ Schweigen, Erklärungen und dann Freude, weil er ergänzt: „Aber wenn man sie beim Kopieren verbessert, wäre er glücklich.“ Der Film setzt bewusst auf die Absurditäten des Patentrechts und prangert Missbrauch an. Leider Foto: Rasmus Sievers schafft er es aber nicht, das gesamte System in den Blick zu nehmen. Die Vorteile, die Patente bieten, der Mehrwert oder auch der für die Industrie und Forschung wichtige Schutz des Innovationsvorsprungs und die damit zusammenhängende Sicherung des Lebensstandards bleiben damit auf der Strecke. Natürlich kann man das kritisch sehen und muss es auch. Denn nur so kann es gelingen, das System zu verbessern. Dient das System von Schutzrechten auch der Allgemeinheit? Soll es das überhaupt? Die Kritik liegt sicherlich in der völlig berechtigten Fragestellung, mit der sich die Regisseurin dem Thema nähert. Sehenswert ist der Film aber dennoch, denn er legt den Finger in Wunden und wirft damit aktuelle, auch ethische Fragen auf. Fragen, die in der Rechtsphilosophie schon seit Jahren diskutiert werden, werden damit für ein breites Publikum verständlich. Genau darin liegt der Verdienst dieses Films. Der Film erläutert auch Gegenmodelle zum bestehenden Patentsystem, wie die immer beliebteren „CC“-Modelle (Creative Commons) und blickt hinter die Türen von wichtigen Institutionen. An manch einer Stelle hätte man gerne auch die Argumente eines Apple- oder Rice-Tech-Managers zu dem Thema gehört. Doch leider ist die Sendezeit begrenzt. Wir sind gespannt, ob es eine Fortsetzung gibt. Fazit: Ein fundierter und breit recherchierter Aufriss aktueller Fragen des Patentsystems. Sehenswert. RA Tobias Sommer, Berlin AdVoice 04 /14 23 Thema Lego, Tesa, Google & Co Das Problem des Erfolgs: Wenn die Marke zur Gattung wird „Tempo“ hat es. „Lego“ hat es. „Aspirin“ hat es. Und ebay hat es vielleicht auch. Das Problem der Erfolgreichen. Die Marken haben einen guten Namen. Zu gut vielleicht, denn die Kunden unterscheiden nicht mehr. Es wird kalt, die Nase läuft und das Volk greift zu „Tempos“. Kopfschmerzen bekämpft man nur noch mit „Aspirin“ . Und das kleine Geschwisterkind verschluckt „Legos“ und nicht kleine bunte Plastik bausteine mit Zusammensteckfunktion. Juristisch ist die Sache klar: Ein Gattungsbegriff kann keine Marke sein. Bier und Wein werden niemals zu Marken, genau wie Zahnarzt, Steuerberater oder Winzer. Schwieriger ist die Sache, wenn der Markenname neu ist und später eine Gattung prägt. Dann droht eine Schwächung der Kennzeichnungskraft durch beschreibende Verwendung sowie Verfall, aus der Marke kann ein Freizeichen werden. Vielleicht wären Billig-Tempo, Zick-Zack-Lego oder Mini-Aspirin die Folge. Der Konkurrenz stünden die Markennamen zur Verwendung frei und der Werbeaufwand würde verpuffen. Eine Gratwanderung für die Unternehmen. In Österreich urteilte der oberste Gerichtshof in Wien im Jahr 2002 beispielsweise, dass sich der Begriff „Walkman“ als gängige Bezeichnung für tragbare Kassettenabspielgeräte durchgesetzt habe und somit nicht mehr als Marke geschützt werden könne. Ravensburger versucht die Marke „Memory“ derzeit mit Abmahnungen zu schützen. Auch die Pressesprecherin Nina Knecht von Procter & Gamble versichert, dass das Unternehmen für seine Marken „Pampers“ und „Tempo“ alles tun werde, um der „Entwicklung zum Gattungsbegriff konsequent entgegenzuwirken“. Detaillierte Gebrauchsanweisungen für seine Marke hat beispielsweise Lego in sein Company-Profil gedruckt: „Stets in Großbuchstaben“ heißt es da und Mehrzahl ist verboten. Auch eine Alleinstellung des Begriffs soll vermieden werden; also bittet das Unternehmen um den Gebrauch zusammen mit einem weiteren Substantiv wie „LEGO Steine“ oder „LEGO Universum“. Aspirin Schmerztabletten Ata Scheuerpulver Autan Insektenspray Duden Nachschlagewerk Edding Marker Filofax Organizer Hansaplast Wundpflaster Jeep Geländewagen Kaba Kakaopulver Kärcher Hochdruckreiniger Kleenex Hygienetücher Knirps Taschenregenschirm Labello Lippenpflegestift Maggi Speisewürze Nivea Hautcreme Nutella Nougatcreme o.b. Tampons Ohropax Geräuschschützer Pampers Babywindeln Plexiglas Plexiglas Polaroid Sofortbildkamera Post-it Haftnotizzettel Pril Geschirrspülmittel Sagrotan Desinfektionsmittel Selters Mineralwasser Styropor Polystyrol Tempo Papiertaschentücher Tesa Klebestreifen Tesafilm Klebestreifen Tipp-Ex Korrekturstift UHU Klebstoff Velotaxi Fahrradtaxi Vespa Motorroller Weck Einweckgläser 24 AdVoice 04 /14 Fotos v. o. l. n. u. r.: Andreas Carjell_pixelio.de / Andrea Vollmer / Lupo_pixelio.de / Andrea Vollmer / designritter_pixelio.de Thema Die Geschichte wollte es, dass Bayer die Markenrechte für Aspirin nach dem Ersten Weltkrieg verloren hatte, mit der Folge, dass das Wort heute vor allem im angelsächsichen Raum als Synonym für den Wirkstoff gebraucht wird. Da die Berichterstattung zumeist positiv ist und die Bekanntheit besonders groß, schätzt Bayer-Sprecher Hartmut Alsfasser die Gefahr einer Markenverwässerung aber als „nicht übermäßig“ ein. Die Vorteile einer Gattungsmarke liegen auf der Hand: Hohe Bekanntheit und ein positives Image. Die Psyche des Konsumenten wird direkt angesprochen. Der Werbeeffekt der Quasigattung ist enorm und eigentlich unbezahlbar. Dagegen steht die ständige Konkurrenz zum eigenen Produkt, dass als Messlatte empfunden wird. Doch wie kommt es, dass eine Marke eine Gattung stiftet? Priorität, „First Mover Advantage“ oder Innovationsvorsprung heißt die Antwort. Ein neues Produkt kann sich – gut beworben, versteht sich – in den Köpfen der Verbraucher fest setzen. Der Marketingexperte Professor Manfred Bruhn von der Universität Basel verrät in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ eine ungeschriebene Regel des Marketing: Als Erster auf dem Markt zu sein, sei häufig besser, als später der Bessere zu sein. „Mit der Nr. 1 verbindet sich immer etwas Einmaliges, eine besondere Innovation, die man schätzt – und diese Einmaligkeit ist bei der Nr. 2 nicht mehr gegeben. Für eine bisher nicht benannte Gattung von Leistungen tritt dann der Markenname des Innovators.“ Seit Aspirin als eine der ältesten deutschen Marken noch im 19. Jahrhundert den Markt eroberte, haben ganze Generationen von Branding-Managern gute Arbeit geleistet: Tesa, Kleenex, Zewa, Tipp-Ex und Isostar reihen sich in die Erfolgskette arrivierter Marken ein. Und natürlich gibt es sie auch in Amerika, die ganz erfolgreichen Produktmanager. „Xerox it“ versteht jeder als Synonym fürs Kopieren. Als neuere Innovation wurde „to google“ wurde von der Amercian Dialect Society 2002 zu einem der Worte des Jahres gewählt. Da blinken die Gattungswarnleuchten ebenfalls ganz gewaltig. Deutsche Juristen sprechen mittlerweile vom sogenannten ebay-Recht. Vielleicht werden wir zukünftig etwas weniger bei online-Auktionen einkaufen: „Ebay it“. Kann Verwechslungsgefahr zwischen den beiden folgenden Zeichen bestehen oder scheitert der Markeninhaber des Zeichens Davidoff (für Tabakwaren & Raucherbedarfsartikel eine bekannte Marke) mit Unterlassungsund Löschungsansprüchen gegen die Wort-Bild-Marke Durffee (z. B. für Edelmetalle) an der fehlenden Zeichen ähnlichkeit, ja oder nein? 10 Auflösung auf Seite 62! RA Tobias Sommer, Berlin Fotos v. o. l. n. u. r.: N. Schmitz_pixelio.de / Maclatz_pixelio.de / Wikipedia / Helene Souza_pixelio.de / Sandor Somkuti_pixelio.de / Wikipedia AdVoice 04 /14 25 Thema Imagekiller für Kanzleimarken Schmaler Grat zwischen genialer Geschäftsidee und Verlust an Profil Foto: Tony Hegewald_pixelio.de Warum nicht auch mal die Filesharing-Abmahnung als neuen lukrativen Geschäftszweig in Erwägung ziehen? Warum die Mandanten nicht auch mal mit aggressiven Preisbrecher-Angeboten in die Kanzlei locken? Warum nicht auch mal einen theatralischen Imagefilm bei YouTube einstellen? Das sind Überlegungen, mit denen sich der Anwalt auf einem gefährlich schmalen Grat bewegt. Auch eine Kanzleimarke lebt von ihrem Image, einem zarten Pflänzchen, das durch einen Fehltritt ganz schnell Schaden nehmen kann. ABMAHNUNG Fleißig von der Presse unterstützt, assoziiert der potenzielle Mandant mit dem Begriff Abmahnung in der Regel Abzocke, Wahn und Massengeschäft. Die Begriffe Schutz des geistigen Eigentums, Urheberrechtsverletzung und Medienkompetenz kommen vermutlich nur den wenigsten ist den Sinn. Hier haben wir es mit einem Imageschaden zu tun, der, unabhängig von einer bestimmten Kanzleimarke, bereits für einen ganzen Geschäftszweig eingetreten ist. Einige Kollegen haben hier mit Dollarzeichen in den Augen ganze Arbeit geleistet. Erstaunlich, wie schnell das Interesse an einem positiven Image der eigenen Kanzleimarke oder sogar des gesamten Geschäftszweiges ins Hintertreffen geraten kann. Auf der anderen Seite gilt es, den Kollegen, die im Abmahnwesen tätig sind und es geschafft haben, das positive Image ihrer Kanzleimarke zu wahren, beson- 26 AdVoice 04 /14 deren Respekt zu zollen. Durch eine faire und kooperative Abwicklung der Mandate kann man auch das erreichen. Mit einem positiven Nebeneffekt: Hat der Abgemahnte wirklich verstanden, warum illegale Downloads im schlimmsten Fall Existenzen vernichten, wird er in Zukunft den kostenpflichtigen Download vorziehen. DISCOUNTKANZLEI Spätestens seit der Werbekampagne des bekannten Elektronikriesen ist Geiz ja bekanntlich eine positive Eigenschaft. Auch an der potenziellen Mandantschaft ist diese neue Erkenntnis sicher nicht vorübergegangen. Aber lohnt es sich, mit laut kommunizierten Discountangeboten in den Preiskampf zu ziehen? Gilt auch auf dem Rechtsberatungsmarkt, der beste Preis macht das Rennen? Zur Beantwortung dieser Frage sollte sich die Anwältin ins Gedächtnis rufen, dass der Preis nicht nur über den Wert, sondern auch die Wertigkeit der anwaltlichen Leistung eine Aussage trifft. Die Kanzleimarke steht ebenfalls unter dem Einfluss der Preisgestaltung. Ein „Billig“-Image schadet dieser in der Regel mehr als das es ihr nützt. Der Preis als Marketinginstrument ist daher aus markenpsychologischer Sicht stets behutsam und wohlüberlegt einzusetzen. Preisaktionen, die etwas Besonderes bleiben, z. B. für besonders treue Mandanten, können dann sogar imagefördernd sein. Generell ist es jedoch viel sinnvoller zu kommunizieren, warum gerade die Arbeit der eigenen Kanzlei ihren Preis unbedingt wert ist. IMAGEFILM Die neuen Medien haben endlich auch die manchmal etwas verstaubte Anwaltschaft erreicht und wir sind stolz darauf. Doch der Umgang mit den neuen Medien will gelernt sein. Ein ganz heikles, aber gleichzeitig unglaublich amüsantes Thema ist das Onlinemarketing mit Videos. Da ein Imagefilm eben das Image einer Kanzleimarke darstellen soll, ist es höchst problematisch, wenn dies nicht richtig gelingt. Bereits kleine Einzelheiten, wie eine schlechte Beleuchtung, ungünstige Hintergrundmusik oder ein unprofessionelles „Schauspiel“ der Protagonisten können dafür sorgen, dass der teure Imagefilm mehr Likes und Kommentare für die unfreiwillige Komik als für die gelungene Darstellung der eigentlichen Kanzleimarke erhält. Leider ist auch professionelle Unterstützung nicht immer ein Garant dafür, dass ein Video den gewünschten Marketingerfolg erzielt. Der Anwalt sollte sich eingestehen, dass er in einer eher kreativitätsfernen Branche tätig ist und ein potenzieller Mandant mit mehr Kompetenz das Video eventuell ganz anders beurteilt. Dass sich über Geschmack nicht streiten lässt, gilt auch hier ganz besonders. Unproblematischer als ein Imagefilm sind Videos zu konkreten Themen oder ein Videoblog. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Thema Das ist ja 'ne Marke Markenrecht vs. Moral – WikiLeaks lässt Spendenverkauf von T-Shirts unterbinden Foto: getdigital Mit der Whistleblower-Plattform WikiLeaks assoziieren wir in der Regel Informationsfreiheit, Enthüllungen und Netzaktivismus. An Markenrechte, Lizensierung und Kommerz denkt in der Regel niemand. Doch offensichtlich weiß auch Julian Assange seine Marke in Bares zu verwandelt. So erhielt der selbsternannte „Geek Stuff Supplier“ getDigital am 13.10.14 eine überraschende E-Mail. Die Bavaria-Film GmbH forderte getDigital auf, die im Onlineshop angebotenen T-Shirts „WikiLeaks Revolucion“ mit Julian-Assange-Konterfei und „WikiLeaks Support“ mit WikiLeaks Logo aus dem Verkauf zu nehmen. Besonders prägnant: getDigital hatte die Shirts zum Support von WikiLeaks verkauft und nahezu den kompletten Gewinn gespendet. Fünf Euro pro T-Shirt gingen an die Wau-Holland-Stiftung, die das Geld wiederum an WikiLeaks weiterleitete. Über die Spendenaktion war bereits ein Betrag in Höhe von 7.500 Euro erzielt worden. Hierauf nahm die Bavaria-Film GmbH jedoch zunächst keinerlei Bezug, zu den Marken- und Lizenzrechten jedoch umso ausführlicher. Das WikiLeaks- Logo sei als europäische Wort- und Bildmarke beim europäischen Patentamt angemeldet worden und somit vor unbefugter Nutzung durch Dritte in der Europäischen Union rechtlich geschützt. Außerdem sei bei einer Verwendung des Bildes bzw. Konterfeis von Herrn Assange aufgrund seiner Persönlichkeitsrechte die Zustimmung von Herrn Assange zwingend erforderlich. Diese Rechte an der Marke und seinem Bild lasse Assange durch die Agentur Just Licensing (Rejkjavik, Island) vertreten. Just Licensing habe wiederum die Bavaria-Film mit der Wahrnehmung der Rechte in den Lizenzgebieten Deutschland, Österreich und der Schweiz beauftragt, insbesondere mit der Vermarktung/Lizensierung und rechtlichen Verfolgung unbefugter Nutzungen. GetDigital reagierte mit einem höflichen Hinweis auf die Spendenaktion und bat um einen Vorschlag für einen Lizenzvertrag. Mit dem Hinweis, dass Julian Assange Wert darauf lege, gefragt zu werden, ob und wie man sein Konterfei auf T-Shirts druckt, bestand die Bavaria-Film GmbH weiterhin auf die Löschung. Ziemlich starker Tobak für die Netzgemeinde, die über den getDigital-Blog auf dem Laufenden gehalten wurde. Die Enttäuschung darüber, dass nun auch die Marke WikiLeaks einem exklusiven Lizenzdeal zugeführt werden soll und dagegen das Engagement der Unterstützer offensichtlich wertlos ist, war groß. Auch wenn die rechtliche Situation klar sei, müsse die moralische Bewertung dem nicht folgen, so Philipp Stern, einer der beiden Geschäftsführer der Stern & Schatz GmbH, die getDigital betreibt. Wahre Worte, denn wie in allen anderen Rechtsgebieten stehen auch im Markenrecht Recht und Moral mitunter im Konflikt und bei der Durchsetzung seines Rechts weicht so mancher von gewohnten Pfaden ab. Umso besser, wenn man in solchen Situationen trotzdem in der Lage ist, einen Konsens zu finden Die Bavaria Film GmbH hat sich recht schnell für das Vorgehen entschuldigt. Man wolle nun schauen, wie ein Lizenzerwerb oder eine Zusammenarbeit ausgestaltet werden könne. Vorab müsse jedoch mit größeren Unternehmen verhandelt werden, die eine größere Vertriebsmacht haben als getDigital. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Besteht zwischen den Zeichen „MIDAS“ und „medAS“ für identische und ähnliche Waren Verwechslungsgefahr, können also Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Schadenersatz durchgesetzt werden, ja oder nein? 11 Auflösung auf Seite 62! AdVoice 04 /14 27 Thema Markenmarkt – Zahlen & Fakten Auflösung auf Seite 62! zusammengestellt von RA Tobias Sommer, Berlin Umsatz der deutschen Markenwirtschaft jährlich in Milliarden Euro: knapp 900 l Anteil der Markenwirtschaft an der Bruttowertschöpfung Deutschlands 2010: 14 Prozent l Erwerbstätige in Markenunternehmen 2010: 2,1 Millionen l Anteil, den die Markenwirtschaft zu öffentlichen Einnahmen beiträgt: 13 Prozent l Umfrageergebnis bei deutschen Verbrauchern 2012: Kauf von Marken lohnt sich (meistens): ja 38 Prozent, nein 28 Prozent l Marken sagen oft etwas über die Qualität der Produkte aus: ja 57 Prozent, nein 17 Prozent l Es gibt Produkte, da bin ich auf eine Marke festgelegt: ja 55 Prozent, nein 27 Prozent l Es gibt unverwechselbare, starke Marken, die mich beeindrucken: ja 41 Prozent, nein 16 Prozent l Einnahmen des Deutschen-Patent- und Markenamts (DPMA) 2013 in Millionen Euro: 340,7 l Ausgaben: 268,2 l Zahl der Beschäftigten: 2.518 l Markenbestand im deutschen Markenregister Ende 2013: 789.589 l Deutsche Designs: 297.132 l Gebrauchsmuster: 90.450 l Patente: 124.432 l Anträge auf Eintragung einer Marke im Jahr 2013 beim DPMA einschließlich Schutzrechtserstreckungen: 64.966 l Markeneintragungen beim DPMA im Jahr 2013: 43.507 l Marken, die direkt beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet wurden 2013: 60.161 l davon aus Deutschland 2013: 94,8 Prozent l 2007: 76.302, Schutzrechtserstreckungen: 7.508 l Zahl der Widerspruchsverfahren: 2013: 3200 l 2007: 5377 l Durchschnittliche Verfahrensdauer bis zur Markeneintragung beim DPMA: 2,8 Monate l Bei Zurückweisung: 6,9 Monate l Bei Antrag auf beschleunigte Anmeldung: 2,1 Monate l Zusätzliche Kosten für beschleunigte Anmeldung: 200 € (Beschleunigungsgebühr!) l Bei elektronischer Anmeldung 2,6 Monate l Zahl der Farbmarken im deutschen Markenregister: 1310 l Einnahmen des HABM (EU-Markenamts) 2013 in Millionen Euro: 189 l Ausgaben: 209 l Zahl der registrierten Marken beim EU-Markenamt Ende 2013: 986,563 l Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken 2013: 114.468 l 2009: 88.289 l davon aus Deutschland 2013: 20.059, davon registriert: 17.613 l davon aus Deutschland 2009: 16.247, davon registriert: 15.825 l davon elektronisch: 95,5 Prozent l davon Internationale Anmeldungen, nicht aus der EU: 18.200 l Zahl der registrierten EU-Marken für 2013: 98,074 l Zahl der EU-Markenanmeldungen insgesamt: 1,352,078 l davon aus Deutschland: 17,31 Prozent l davon aus USA: 16,79 Prozent l davon aus GB: 10,35 Prozent l Italien: 7,88 Prozent l Spanien: 7,66 Prozent l Frankreich: 6,77 Prozent l davon in englisch: 41,67 Prozent l davon in deutsch: 18,82 l davon in französisch: 9,62 Prozent l davon in ungarisch und maltesisch: je 0,01 Prozent l Zahl der Widerspruchsverfahren 2013: 17.006 l Zahl der Löschungsanträge 2013: 1.398 l Zahl der Beschwerden für das amtsinterne Beschwerdeverfahren 2013: 2.602 l Zahl der Verfahren beim EuG 2013 aus der Zuständigkeit des HABM: 291 l Zahl der Verfahren beim EuGH 2013 aus der Zuständigkeit des HABM: 38 l Bestätigungsquote des Gerichts (ganz oder teilweise): 86,5 Prozent. l Zahl der EU-Geschmacksmuster: 96.588 l Beliebteste Warenklassen (der insgesamt 45 sogenannten Nizzaklassen) der Deutschen Anmelder beim EU-Markenamt: Klasse 9 – 2013: 5.869 mal benannt, insgesamt: 69.220: enthält u. a. die Waren: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer; Computersoftware; Feuerlöschgeräte l Klasse 35 – 2013: 5.949 Mal benannt, insgesamt: 56.939: enthält die Dienstleistungen: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten l Klasse 42 – 2013: 4.979 Mal benannt, insgesamt: 59.715: enthält die Dienstleistungen: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhard- und -software l Unbliebteste Warenklassen (der insgesamt 45 sogenannten Nizzaklassen) der Deutschen Anmelder beim EU-Markenamt: Klasse 13 – 2013: 71 Mal benannt, insgesamt: 884, enthält die Waren: Schusswaffen; Munition und Geschosse; Sprengstoffe; Feuerwerkskörper l Klasse 15 – 2013: 92 Mal benannt, insgesamt: 1.324, enthält die Ware: Musikinstrumente l Klasse 23 – 2013: 81 Mal benannt, insgesamt: 907, enthält die Waren: Garne und Fäden für textile Zwecke l Juristische Dienstleistungen: Klasse 45: 2013: 884 Mal benannt, insgesamt: 6.733 l Markenbestand im internationalen Markenregister Ende 2013: 508.412 l Das entspricht Marken in Zielländern: 5,6 Millionen l Zahl der Rechteinhaber an IR-Marken: 191.759 l Zahl der Staaten, wo IR-Marken (internationale Marken) benannt werden können: 92 l Markenanträge für Eintragung von Marke im Jahr 2013 bei der WIPO (World Intellectual Property Organisation) für IR-Marken: 46.829 l Eingetragungen 2013: 44.414 l davon auch für Deutschland: 4.638 l davon auch für China: 20.275 l davon auch für Russland: 18.239 l davon auch für EU (einschließlich Deutschland): 17.598 l davon auch für USA: 17.322 l davon Neuseeland als neues Mitglied 2012: 4.484 l davon aus Deutschland: 6,446 l 28 AdVoice 04 /14 Quellen: statista, interbrand, statistisches bundesamt, DPMA, GDV, HABM, WIPO, Zoll, Markenverband, ifd-allensbach Thema In welcher Datenbank können Marken schnell und kostenlos recherchiert werden? 12 aus den USA: 5,856 l aus Frankreich: 3,973 l Zahl der pro Anmeldung im Durschnitte bannnten Zielländer: 6,9 l Insgesamt benannte Zielländer, das entspricht am ehesten der Zahl der Markenanmeldungen: 306,046 l Größte Anmelder von IR-Marken 2013: Novartis aus der Schweiz mit 228 Anmeldungen; Zentiva, Tschechien, 118; Egis Gyógyszergyár, Ungarn 111; Lóreal, Frankreich 109; Boehringer Ingelheim, Deutschland 107; Boquoi Handels OHG, Deutschland 98; Nestlé , Schweiz 91; Actavis Group, Island 90; Koninklijke Philips Electronics N.V., Niederlande 86; Henkel AG & Co. KGaA 79 l Beliebteste Nizza-Klassen für IR-Marken: 9, 35, 42, 28 l Zahl der Begriffe in der einheitlichen Klassifikationsdatenbank, die auf 27 Sprachen vorliegt: ca. 60.000 l Zahl der Marken, die über das kostenlose Rechercheportal TMview recherchierbar sind: 24.511.036 l Die 10 größten Markenanmelder zum DPMA: Boehringer Ingelheim International GmbH: 138; Deutsche Telekom AG: 84; Vodafone GmbH: 67; VOLKSWAGEN AG: 60; Daimler AG: 59; Fraunhofer-Gesellschaft e. V.: 58; Henkel AG & Co. KgaA: 58; Merck KgaA: 55; Bayer Intellectual Property GmbH: 44; MIP METRO Group Intellectual Property GmbH & Co. KG: 44 l Zahl der Aufgriffe von Pirateriewaren durch den Zoll 2013: 26.127 l davon Sportschuhe: 9844 l Zahl der Artikel: 3.926.888 l davon Spielzeug und Spiele: 720.000 l Gesamtwert, geschätzt in Millionen Euro: 134 l Anteil der Waren, die der Zoll kontroliert, vermutet vom Markenverband zur Bestimmung der Dunkelziffer: ca. 2-3 l Zahl der Anträge auf Tätigwerden der deutschen Zollbehörden 2013: 1116 l Zahl der Anträge auf Tätigwerden der EU-Zollbehörden 2013: 3.731 l Diese Automarken wurden im Jahr 2013 in Deutschland am häufigsten gestohlen: VW 5.949 Stück; Audi 2.841 Stück; BMW 2.748 Stück; Mercedes 1.065 Stück; Skoda und Toyota je 758 Stück MARKEN-GRAFIKEN schleswig holstein 1.783 mercedes benz 25.546 bmw 25.494 13.352 sap mecklenburg vorpommern 516 12.335 deutsche telekom 8.904 volkswagen 6.808 siemens 6.474 basf hamburg 3.172 6.219 audi 6.033 adidas bremen 458 5.615 bayer 5.373 allianz 5.182 porsche niedersachsen 3.885 berlin 4.260 3.213 hugo boss 3.036 bosch 3.032 deutsche bank 2.465 continental sachsen anhalt 809 2.189 aldi brandenburg 1.009 1.725 linde 1.719 man nordrhein westfalen 12.726 0 hessen 4.718 sachsen 1.940 thüringen 837 DEUTSCHLAND 2.513 nivea 2.500 5.000 7.500 10.000 12.500 15.000 158,84 107,54 90,19 85,71 coca - cola 80,68 79,20 visa at & t 77,88 amazon 64,26 verizon 63,46 56,69 general electric 54,26 wells fargo 53,62 tencent 49,90 china mobile baden württemberg 7.436 WELTWEIT 47,74 ups 42,10 icbc 39,50 master card 36,39 sap 35,28 vodafone 0 Markenanmeldungen 2013 nach Bundesländern v 67,34 marlboro * 25.000 MIO. EUR 147,88 mc donalds bayern 10.215 22.500 apple ibm rheinland pfalz 2.811 20.000 google microsoft saarland 456 17.500 20 40 60 80 100 120 140 160 MRD. $ Ranking der jeweils zwanzig wertvollsten Marken nach Markenwert 2014* * * DPMA Jahresbericht 2013, S. 32 (www.dpma.de) / ** Statista 2014 (www.statista.com) / Grafiken: gudman.de AdVoice 04 /14 29 Thema Die Kanzlei als Marke Auflösung auf Seite 62! Wie aus Mandanten „Brand Advocates“ werden Zum Thema „Marke“ fallen einem Juristen wohl zunächst Stichworte wie Markenschutz, Markenanmeldung, Geschmacksmuster oder Warenzeichen ein. Wir denken an Markenrecht und wie wir die Marke eines Mandanten bestmöglich gegenüber Nachahmern schützen können. Dabei sind Kanzleien selbst auch Träger einer Marke. Marken kennzeichnen nicht nur uns bekannte Produkte wie den Marsriegel im Supermarktregal sondern auch Dienstleistungen wie die Rechtsberatung in der Anwaltskanzlei. Eine Marke ist zudem viel mehr als nur ein formales Zeichen, das durch Wörter, Zahlen, Bilder oder Buchstaben markiert wird. Sie besteht aus diversen Bausteinen wie Namen, Farben, Schriften und Design sowie aus versteckten kognitiven und emotionalen Assoziationen. Insgesamt dient sie dazu, dem Bezugsobjekt eine einzigartige Identität zu verleihen. WAS RECHTSBERATUNG VOM SCHOKORIEGEL UNTERSCHEIDET Die Besonderheit einer Marke im Bereich der Anwaltschaft besteht in der Intangibilität der verkauften Leistungen. Der Mandant erhält also wenig Greifbares, anhand dessen er die Qualität der Kanzlei und der Rechtberatung im Vorwege beurteilen könnte. Selbst, wenn der Mandant bereits Erfahrungen mit den Leistungen der Kanzlei sammeln konnte, wird er diese als Laie anhand behelfsmäßig gewählter Maßstäbe beurteilen, die nicht unbedingt der tatsächlichen Qualität gerecht werden. Beispielsweise bezieht er sich auf die Höhe der gezahlten Entschädigung oder darauf, ob der Prozess gewonnen wurde oder nicht. Nach einer informationsökonomischen Einordnung von Rechtsberatung wird deshalb auch von einem hohen Anteil an Vertrauenseigenschaften gespro- BU BE TE en s ICH? m od ali erk n R ET WI H ET MA E IL AU zi IC pe D F? eM si g De t ss t ät mal e n tio C ra NB A HA ehm b o te o orp ch de e rn nge fis n n SC nt rA Ko m e f te fte EN EN N mu ni ha ha EIG RK RI TE OMP DIE SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG Ein bekannter Erklärungsansatz zur Entstehung von Mundpropaganda stellt das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma dar. Es geht davon aus, dass der Grad der Zufriedenheit aus einem Abgleichsprozess mit den an die Leistung gestellten Erwartungen hervorgeht. Insbesondere Begeisterung als extreme Form der Zufriedenheit, bei der die Erwartungen sogar übertroffen werden, wird als Auslöser positiver Mundpropaganda betrachtet. Dennoch stellt das Hervorrufen von Begeisterung keinesfalls einen Erfolgsgaranten dar, sondern erhöht lediglich die Wahrscheinlichkeit, weiterempfohlen zu werden. Es sind mehrere Schlüssel, die zum Erfolg führen. Hierbei rücken die Stärke der Bindung zwischen Kanzlei und Mandanten sowie die Identifikation des Mandanten mit der Anwaltskanzlei in den Mittelpunkt. Um dies zu erreichen, ist eine überzeugende Markenidentität erforderlich, die vom persönlichen Umgang mit den Mandanten über das Design des Briefpapiers bis hin zu den Räumlichkeiten der Kanzlei ein stimmiges Gesamtbild bietet. Aber wie lässt sich eine solche Markenidentität kreieren? VON BELIEBIGER RECHTSBERATUNG ZUR MARKE ka n sc n sc CHE AdVoice 04 /14 AF ENZ RKE Ei g e E ig e WEL MA H TT 30 sU T MA R BIN ICH? WE NK T se nis fun kti on psyo a chs oz i n tze Nu r tzen le Nu r ale de EN E Per BI sön lic h Bez ke ieh un g Erl eb ET T IE WA WI I TÄ SB RK H ? AL MA E IC AN RK ON N UT MA N ZE H? IC ale km N r me le its ma erk sm EN M A R K E N S T E U E R R AD chen. Diese Eigenschaften sind von Nachfragern, potenziellen Mandanten, nicht direkt bewertbar. Mandanten müssen sich daher auf die Empfehlungen vertrauenswürdiger Personen verlassen. Doch wie können Rechtsanwälte und Kanzleien dafür sorgen, dass Empfehlungen ausgesprochen werden? Wie können wir erreichen, dass Mandanten zu sogenannten Brand Advocates (auf Deutsch: Fürsprecher für die Marke der Kanzlei) werden? R KE Ein hilfreiches Modell zur Bildung der Markenidentität liefert das Markensteuerrad von Esch. Es erläutert die fünf wesentlichen Elemente einer Markenidentität anhand prägnanter Fragen, die über die Komponenten der Marke beantwortet werden sollten. 1. Im Zentrum steht die Markenkompetenz. Die Kanzlei sollte sich hierzu die zentrale Frage stellen: „Wer bin ich?“ Ganz grob könnte eine Antwort hierauf z. B. „eine Münchner Kanzlei für Familienrecht“ lauten. Die gewählte Kompetenz stellt den dauerhaften Kern der Marke dar, an der sich die weiteren Elemente orientieren. Grafik: gudman.de Thema Wie viele Markenregister gelten in Deutschland? Welche sind das? 13 2. Darüber hinaus ist der Markennutzen anhand der Frage „Was biete ich an?“ zu klären. Hierbei ist neben dem rein funktionalen Nutzen, der beispielsweise mit Rechtsberatung mit dem Schwerpunkt Familienrecht definiert werden könnte, auch ein psychosozialer Nutzen zu erörtern. Bietet eine Kanzlei für Familienrecht nicht auch Hilfe, Unterstützung und ein offenes Ohr bei Schicksalsschlägen und Ehekrisen? „Wie will ich sein?“ Insbesondere diese Komponente bietet die Möglichkeit, sich von Wettbewerbern abzugrenzen. Ist die etablierte Kanzlei um die Ecke steif und verstaubt? Bin ich im Vergleich dann nicht besser jung, dynamisch und innovativ? Sowohl Persönlichkeitsmerkmale als auch Merkmale der Beziehung zu den Mandanten und prägende Erlebnisse dürfen in die Markentonalität einfließen. 3. Gestützt wird der Markennutzen durch die Markenattribute. Sie werden durch die Frage „Über welche Eigenschaften verfüge ich?“ erfasst. Gemeint sind Eigenschaften der angebotenen Leistungen und der Kanzlei selbst, über die der Kundennutzen erzeugt wird. Beispiele wären Erfahrung im Bereich der Rechtswissenschaften, Schnelligkeit bei der Bearbeitung der Akten, eine gute Erreichbarkeit usw. 5. Erlebbar wird die Tonalität durch das Markenbild. Dazu passend lautet die Frage: „Wie trete ich auf?“ Im Wesentlichen fallen unter diesen Begriff Corporate Design, Communication, Behavior und Culture. Welcher öffentliche Auftritt, Umgang untereinander und mit den Mandanten passt zu der festgelegten Markentonalität? Will ich als Kanzlei für Medienrecht jung und dynamisch sein, sollte ich beispielsweise auch in sozialen Netzwerken präsent sein und einen eher lockeren Umgang mit meinen Mandanten pflegen. Bin ich als Anwaltskanzlei für Familien- 4. Des Weiteren ist eine Markentonalität festzulegen. Dazu stellt sich die Frage: „Wie bin ich?“ bzw. recht auch Tröster in der Not, sollte ein einfühlsamer Umgang mit den Mandanten geübt sein und die Räumlichkeiten Wärme und Zuneigung ausstrahlen. Die definierte Markenidentität bietet Mandanten zusätzlich zu Empfehlungen von Freunden und Bekannten eine Orientierungshilfe bei der Wahl einer passenden Kanzlei. Sie ist ein Substitut für fehlende Informationen und Erfahrungswerte. Durch eine eindeutige, erlebbare Markenidentität werden das subjektive Risiko und die Hemmschwelle, eine falsche Entscheidung zu treffen, aus Sicht der Mandanten deutlich reduziert. Eine Markenidentität, in der sich der Mandant selbst wiederfindet, stärkt die Beziehung zur Kanzlei und die Bereitschaft, sich für sie einzusetzen. Im Idealfall wird so der Grundstein für eine langlebige Mandantenbeziehung geschaffen, in der Mandanten zu Brand Advocates werden. Merle Hogrefe, Mönkeberg ANZEIGE PROFESSIONELLES AKTENMANAGEMENT • Aktenvernichtung • Akteneinlagerung • Aktendigitalisierung WIR BERATEN SIE GERNE 0201 8612-123 soldan.de/aktenmanagement 2015 steht vor der Tür – organisieren Sie Ihr Archiv Daten und Akten über ihren kompletten Lebenszyklus effizient zu verwalten und nach Ablauf zu vernichten, sind große Herausforderungen, bei denen wirtschaftliche, aber auch Sicherheitsgedanken an erster Stelle stehen. Die Aktenmanagement-Services von Soldan unterstützen Sie bei der Organisation Ihrer print- und digitalen Daten unter Berücksichtigung hoher Sicherheitsstandards – für datenschutzkonforme und performante Kanzleiabläufe. soldan.de/aktenmanagement AdVoice 04 /14 31 Magazin Typisch Anwalt: Drauflosrattern kann tödlich sein Johanna Busmann gibt Tipps gegen Verhandlungsfehler Weiß, wie ein Anwalt auftreten und was er besser vermeiden sollte: Anwaltstrainerin Johanna Busmann. Die Anwaltstrainern Johanna Busmann hat bei der FORUM-Jahrestagung nicht nur einen Vortrag gehalten, sondern stand uns zu ihrem Thema „14 typisch anwaltliche Verhandlungsfehler – und wie man sie behebt“ auch für ein Interview zur Verfügung. Besonders gefällt uns, dass Frau Busmann nicht nur die Fehler aufzählt, sondern zahlreiche leicht lernbare Tipps geben kann, wie die Fehler abgestellt werden können. Wem das nicht genügt, dem empfehlen wir wärmstens einen der zahlreichen Kurse, die die Anwaltstrainerin für Anwälte anbietet. AdVoice: Frau Busmann, Sie sind ausgebildeter Coach für Führungskräfte und seit 24 Jahren Kommunikationstrainerin für Anwälte. Können Sie sagen, wieso Anwälte überhaupt beim Verhandeln Fehler machen? Johanna Busmann: Es scheint mir wohl drei Erklärungen zu geben. Der erste ist zutiefst menschlich: Jeder macht Fehler, könnte daraus lernen und tut 32 AdVoice 04 /14 gut daran, keinen einzigen zu wiederholen. Der zweite ist struktureller Natur: Anwälte haben Kommunikation in ihrer Ausbildung nicht gelernt. Dabei ist gerade sie nachweislich für Erfolge und Misserfolge verantwortlich und durchzieht den Anwalts alltag in jeder Minute. Und der dritte Grund ist ein taktischer: Ein Fehler liegt nur vor, wenn ein Ziel nicht erreicht wird. Diese Sicht nimmt die „moralische Last“ von bestimmten Verhandlungstricks. Foto: Michael Kuchinke-Hofer bedingt einer sein muss. Was ein Fehler ist, ist also stets subjektiv gefärbt und unterliegt keinen höchstrichterlichen Kriterien. Deshalb irren Verhandlungsbücher, die generell behaupten, rauszurennen, wütend zu werden oder zu schweigen seien keine tauglichen Methoden. Auch diese Verhaltensweisen führen zu Ergebnissen. A: Was ist bei der Vorbereitung einer Verhandlung wichtig? A: Sie haben 14 Fehler ausgemacht, wie kommen Sie gerade auf diese Zahl, warum nicht mehr, warum nicht weniger? B: Diese 14 Fehler sind eher Fehlerkategorien. Sie sind ganz grob unterteilt – etwa wie Verhandlungsphasen. Jede Kategorie hat Unterpunkte. Kein Anwalt macht alle Fehler auf einmal, nicht jeder macht dieselben Fehler täglich, und das Wort „Fehler“ unterliegt allein subjektiven Bewertungskriterien: Für keinen Anwalt ist in der Verhandlung etwas ein Fehler, das für seinen Kollegen auch un- B: An der Basis jeder Verhandlung prallen zwei oder mehr Welten mehr oder weniger wuchtig aufeinander. Der Mandant verlässt sich vollkommen auf den Profi; er hat keine Wahl. Je mehr der Anwalt den Mandanten einbindet, desto eher vertraut dieser ihm die Lösung zu – und sein ganzes Problem an. Der Anwalt muss das Ziel des Mandanten genau kennen, um es sicher zu erreichen. Vorchecking und Vorbereitung sind entscheidend; drauflos zu rattern kann tödlich enden. Magazin Der Mandant muss im Vorfeld erfahren, was Plan B ist. Plan A muss bereits realistisch sein; er geht dennoch oft nicht auf: Zu viele Unwägbarkeiten stehen dagegen. Was ist (alternativ) erreichbar, unter welchen Bedingungen ist es das – und was geht sicher nicht? Der Mandant muss auch wissen, dass ein außergerichtliches Gespräch – verglichen mit der Gerichtsverhandlung – einen legeren Rahmen, eigene Regeln und weniger Unwägbarkeiten haben kann. Der Anwalt muss neben Aussagen, Argumenten und Zielen des Gegners auch dessen Einwände genau kennen. Diese soll ein Referendar, der Aktenkenntnis hat, mit dem Mandanten schriftlich erarbeiten. Die Antworten darauf dürfen nur offene Fragen sein. Wenn der Mandant aus „prinzipiellen Gründen“ vor Gericht will und die Rechtslage nach seriöser Prognose unterhalb von 60 zu 40 dahindümpelt, könnte der Anwalt ihn z. B. fragen: „Und was wäre, wenn wir am gemeinsamen Tisch viel mehr rausschlagen können für Sie? „Und was passiert, wenn der Richter unserer Auffassung eben nicht folgt?“ „Was ist Ihrer Ansicht nach davon unser Vorteil?“ „Wie möchten Sie X schaffen, wenn die Verhandlung erst in acht Monaten beginnt?“ „Was genau hindert Sie?“ Durch die offene Frage werden also Konflikte minimiert; Nachdenken und Lösungsbereitschaft werden gefördert, besonders, wenn die Frage schon eine Antwort für beide Seiten einfordert wie etwa: „Wodurch könnten aus Ihrer Sicht beide Seiten profitieren?“ A: A propos offene Fragen: Was ist bei Einwänden wichtig? B: Wichtiger als die Rhetorik ist mal wieder die Philosophie: Wer einen Einwand hat, ist mit der Sache bereits befasst. Wer ihn auch noch laut äußert, ist sogar relativ leicht führbar. Leichter jedenfalls als der Mandant, der seine Einwände verschweigt und unerklärt zum Mitbewerber geht. Wer durch eine offene Frage auf eine Attacke oder einen Einwand antwortet („Was sehen Sie als Alternative?“), zwingt den Gegner zum Denken und deaktiviert dadurch sein animalisches Stammhirn mit den Impulsen „Flucht“ und „Kampf“. Der „Gegner“ kann also weder abhauen noch draufhauen. Er kann gar nicht mehr hauen. Offene Fragen neutralisieren Einwände und machen auch unsachlichste Attacken zu gemütlichen Spaziergängen. Zudem behalten Sie die Oberhand, denn: „Wer fragt, führt“. A: Das würden wir ganz gern an einem Beispiel lernen ... B: Drei Minibeispiele: In einer der Verhandlung hören Sie vom Gegner etwa: „Das ist total unrealistisch“. Sie antworten: „Welche realistische Lösung sehen Sie für beide Seiten?“ „Das können wir beim Personalvorstand nicht durchsetzen“, führt zu Ihrer Frage: „Was würde Ihre Argumentation dem Vorstand gegenüber stützen?“ und „Sie kennen sich in der Chemiebranche doch überhaupt nicht aus“, wird entmachtet durch: „Welche Kenntnisse genau fehlen mir aus Ihrer Sicht?“ Sobald also der Gegner gezwungen ist zu denken, hindern Sie ihn an Streitlust und dominieren ihn. Das klappt übrigens auch bei sachlich gefärbten Bedenken – und ist ein cooles Mittel zur Durchsetzung gegenüber Prinzipienreitern: A: Wie wichtig ist es, Gastgeber zu sein und nicht Gast? B: Die eigene Rolle kann entscheidend sein für den Verhandlungserfolg. Wer einlädt, hat die Macht über Räume, Zeiten, Gepflogenheiten. Die Sitzordnung ist immer über Eck, also 90 Grad zum Gast. Kampfeslust wird nämlich erhöht, wenn Sie den „Gegner“ auf der Gegenseite sehen, statt Seite an Seite mit ihm aus demselben Winkel auf „das Problem, den gemeinsamen Feind“ zu sehen. Die Begrüßungszeremonie vergrößert den Gast! Der Gastgeber sollte dazu den sogenannten Business Knigge beachten. Dessen Regeln sind dem privaten Knigge häufig entgegen gesetzt: Frauen und ältere Herrschaften werden nie automatisch zuerst begrüßt, außer wenn sie selbst bei der Begrüßung vorpreschen. Als erster wird – sogar unabhängig von seiner Hierarchie (!) – derjenige begrüßt, der die Vorkontakte zum Anwalt hatte. Wer Verhandlungsgegner in seiner Kanzlei begrüßt, geht also auf den Kollegen der Gegenseite zu und begrüßt zunächst ihn herzlich, bis er seinen Mandanten vorstellt. Ganz am Schluss kommt der Mandant der Gastgeberseite dran. A: Frau Busmann, wir haben während Ihres Vortrags das Wort „Moderatorenstatus“ gehört. Was ist das? B: Der Moderatorenstatus des Gastgebers sichert diesem rhetorisch so eine Art „Head of Ceremony“Status. Statt parteiisch die Positionen des Mandanten zu verteidigen und zu postulieren, wird der geübte Verhandler, wenn er Gastgeber ist, den „Moderatorenstatus“ einnehmen. Der Gastgeber fragt, fasst zusammen, wertet nicht, verlangt vom Mandanten dasselbe wie vom Gegner und stellt sich wie ein Schlichter dar. Das Gast- geberteam sichert dadurch ab, dass es die Fäden in der Hand behält. Dieser Moderatorenstatus wird in Verhandlungstrainings am meisten bestaunt und vor allem beargwöhnt. Ein geübter Verhandler hält diesen scheinbar neutralen Status, bis der gegnerische Anwalt beginnt, rechtlich zu argumentieren. Ein geübter Anwalt vermeidet solche Rechtsdebatten so lange wie möglich. Er kann sogar nach einer Rechtsdebatte wieder zurückkehren in den Moderatorenstatus. A: Haben Sie auch Tipps für den richtigen Einstieg in eine Verhandlung? B: Ungeübte Anwälte steigen bei außergerichtlichen Verhandlungen positionell in die Sache ein. Das heißt, sie ersparen sich das Warm-up, den Small Talk, das Erkunden von Interessen und das Ausloten von Stimmungen. Sie halten gleich drauf und sagen, was sie schon im Schriftsatz schrieben. („Sie wissen ja, weshalb wir hier sind: Wir wollen 10.000 Euro, und sonst gehen wir gleich wieder nach Hause.“) Eine solche Ansage ist bei einem außergerichtlichen Treffen immer gelogen und nicht mehr Wert als jedes andere taktische Geplänkel. Die Gegner kämen niemals an den außergerichtlichen Tisch, wenn nicht ein höheres Interesse („Geschäftsbeziehung“, „Kindeswohl“) sie dazu bewegen würde, bzw. wenn sie sich vor Gericht mit ihrer Forderung locker durchsetzen könnten. A: Vorhin erwähnten Sie Interessen und Positionen. Was ist darunter genau zu verstehen und worin liegt der Unterschied? B: Positionen werden in Verhandlungen schnell wörtlich oder schriftlich offenbart; nach Interessen dagegen, lohnt es sich zu fahnden. Der Kläger einer Summe von 10.000 Euro hat die Position: „Ich möchte 10.000 Euro.“ Wenn die Verhandler auf der Ebene dieser Position bleiben, können sie nur feilschen, und die Kontrahenten gehen beide unzufrieden vom Platz. Der Kläger hat auch ein bestimmtes Interesse, das er durch (genau) diese Summe verfolgt. Dieses Interesse gilt es zu erfragen, denn Interessen können auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden, da ihr „Dach größer“ ist. Ein Beispiel: „Wenn ich die 10.000 Euro bekäme, könnte ich endlich X tun.“ Sobald also der „Sinn“ der positionellen Forderung ausgesprochen ist, können Sie auf unterschiedlichen Wegen zu diesem ursprünglichen „Sinn X“ gelangen. Der Gegner will ja gerade NICHT 10.000 Euro geben und wird sich also an der Fahndung, wie X auf anderen Wegen zu AdVoice 04 /14 33 Magazin erreichen ist, beteiligen. Vielleicht zahlt er 7.000 Euro und kümmert sich um eine bislang versteckte EUNorm, durch die Zuschüsse für X möglich werden. Anders gesagt: Im Nachbarschaftsstreit will der Kläger eben nie wirklich die zu hohen Bäume „umhauen“, sondern einfach nur in seiner Küche Licht haben. Eine dort installierte Lichtanlage mit Bewegungsmelder wird sein Interesse befriedigen – und die Bäume bleiben stehen. Alle gehen in einer interessengeleiteten Verhandlung als Gewinner vom Platz; keiner wird „Sieger“, keiner wird „Verlierer“. A: Anwälte müssen ja nicht nur in Kanzleiräumen verhandeln, sondern auch vor Gericht. Was ist der anwaltliche Hauptfehler vor Gericht? B: Anwälte brüskieren versehentlich oder absichtlich den Richter. Das tun sie mangels differenzierter Methoden, also aus Not. Diese Art von „Poltern“ kommt so gut wie immer wie eine sachlich nicht gestützte Kampfeslust oder wie das Verdecken einer rechtlichen Schwäche an. Von wenigen bewussten Marketingentscheidungen einiger rituell aufmüpfigen Einzelkämpfer abgesehen, wirkt gewohnheitsmäßige Konfliktförderung vor Gericht desaströs auf das eigene Ergebnis. Wer hat schon Lust, einem Derwisch zuzuhören? Bereits 1969 weist das Harvard-Vehandlungskonzept darauf hin, dass sich nur durchsetzt, wer zu den Menschen weich und in der Sache hart ist – und nicht etwa umgekehrt! A: ... und was ist der Hauptfehler in Verhandlungen mit dem eigenen Mandanten? B: Anwälte betrachten das, was sie tun und vor allem das, was sie unterlassen, nicht aus Mandantensicht. Sie klingen daher versehentlich häufig selbstverliebt, sind oft vollkommen unverständlich für Laien und bemerken beides nicht. Sie tun sozusagen so, als seien sie – zusammen mit der Akte – in einem Vakuum. Mandantenerstgespräche eines untrainierten Anwalts sind bisweilen ergebnisferne Zeitfresser, haben selten Struktur, dauern viel zu lange und klären den Mandanten nicht schlüssig über die „fünf W“ auf: „Wer? Macht was? Bis wann? In welcher Art und Weise? Und: Wie wird bezahlt?“ Wenn der Mandant die Antworten auf diese fünf Fragen locker und fehlerfrei einem anderen Laien weitergeben kann, wird der Mandant die übliche hektische Telefonitis unterlassen. Der Satz „Ist in meiner Sache schon was geschehen?“ wird Geschichte sein. Besonders bei der Honorarinformation vergeben Anwälte Chancen durch Schachtelsätze, unklare Ansagen ohne Zahlen oder Margen, durch das Wort „müssen“, durch eine desaströse Einwandbehandlung, durch Einknicken, fehlende, zu späte, unwirsche Informationen und – erneut – durch unerklärte Wörter. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen. Das Gespräch führte RA Tobias Sommer, Berlin A: Was folgt daraus konkret vor Gericht? B: Vor Gericht bedeutet das: Die Chefrolle im Gericht bleibt beim Richter – und: Je schwächer der Richter dabei ist, desto wichtiger ist sie ihm. Schwache Richter poltern genauso ungeschickt wie schwache Anwälte. Schwache Richter rächen sich für Nichtbeachtung!. Schwache Richter sind eher unberechenbar! Durchbrechen Sie das! Leiten Sie in Ihren Teil der Zeugenvernehmung ein durch: „Herr Bergmann (Zeugen mit Nachnamen anreden), die Frau Vorsitzende (Richter bitte mit Position anreden) hat ja soeben schon einige Fragen zum Vertragsschluss vom 23.10. gestellt. Ich habe Ihre Antworten alle verstanden. Ich habe mir noch einige zusätzliche Fragen notiert, die ich Ihnen nun gern stellen würde.“ TIPP Kommunikation statt Konfrontation® Techniken und Strategien außergerichtlicher Verhandlung 27. und 28.11.2015 in Köln. 710 / 610 Euro + 2 x 22 Euro Lunch maximal 14 Anwählte Hinweise: http://busmann-training.de/ verhandlung-anwaltstraining/ JOHANNA BUSMANN Die Vorteile einer solchen Einleitung liegen auf der Hand. Der Richter wird bestärkt in seiner Fragestellung, Zeugen wiederum werden bestärkt in ihrer Verständlichkeit und Wichtigkeit, der Richter wird durch das Wort „zusätzliche“ gehindert, ständig zu unterbrechen. Ein solcher Einstieg dient auch der Imagepflege, den es transportiert die Aussage: „Ich bin super vorbereitet“. 34 AdVoice 04 /14 Johanna Bussmann ist etablierte Anwalts trainerin. Seit mehr als 24 Jahren gibt sie an waltsbezogene Seminare zu Akquise, Mitar beiterführung, Verhandlungen usw. Zudem bietet sie individuelles Anwaltscoaching an. 14 TYPISCHE VERHANDLUNGSFEHLER Vorbereitung: Anwälte bereiten ihren Mandanten nicht konkret genug vor. Sie beziehen ihn nicht ein in ihre Taktik. Begrüßung: Anwälte preschen vor, begrüßen in falscher Reihenfolge und stellen sich selbst nicht vor. Einstieg: Anwälte steigen ohne Small Talk und Warm-up in die Sache ein. Sie klingen dann bedrohlich und sorgen dadurch für Streit. Sprache: Anwälte reden zu viel und fragen zu wenig. Sie haben (bzw. beweisen) kein Gespür für den Gegner. Non-Sprachen: Anwälte nutzen die Körpersprachen ihrer Gegner nicht; sie müssten Teil davon ins eigene Repertoire übernehmen. Position vs. Interesse: Anwälte verhandeln positionell. Sie fragen: WAS? und: WIEVIEL? und eben nicht: WOZU? Einwände: Anwälte fürchten Einwände und reagieren aggressiv, unterwürfig, sarkastisch oder gar nicht, statt Einwände zu nutzen. Vor Gericht: Anwälte verärgern den Richter und ernten dadurch Schwierigkeiten. Honorar-Information: Anwälte sind unwirsch, unklar und unsicher bei dem Thema. Sie scheuen glasklare Zahlen, Fakten und Regeln. Meist aus unbegründeter Furcht, Man danten zu verlieren. Mandantengespräch: Anwälte haben im Erstgespräch keine Struktur, brauchen viel zu lange und reden unverständlich. Mitarbeiterführung: Anwälte fürchten Hierarchien, gründen daher „Ausschüsse“, entscheiden nichts und nennen das „flache Hierarchien“. Auch die Assistentin erhält keine klaren Anweisungen. Assistentin: Die Assistentin ist nicht in das Akquiseteam integriert, dabei ist sie deren Zentrum. Assistentinnen werden nicht geführt. Vortrag: Anwälte sprechen nur VOR, nicht FÜR Publikum. Keine Bilder, Beispiele, zu lange Sätze, nix Konkretes. Zu wenig Dialog im Monolog. Grauenhafte Visualisierungen. Akquise-Gespräche: Leistungspräsentation zu ruppig, zu schüchtern, zu ungenau. Small Talk: Zu wenig, zu ungeschickt. Tödlich: Anwaltsgruppen ohne einen Gast oder Gästegruppen ohne einen Anwalt bei Inhouse-Events. Magazin Epigramme – Franz Grillparzer, 15. Januar 1791 in Wien *† 21. Januar 1872 ebenda Als strenger Richter tilgst du aus, Was schlecht und hinderlich, So wiederhole denn den Streich Und tilg das Schlechtste – dich. Epigramme (erweiterte Ausgabe) von Franz Grillparzer GEDICHT DES MONATS Als strenger Richter tilgst du aus AdVoice 04 /14 35 Magazin Streit um Einigungsgebühr Aus der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft Hunderte Verfahren landen jährlich auf dem Tisch der Schlichter bei der von der BRAK eingerichteten Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Nicht nur Mandanten können hier bei Unstimmigkeiten aus dem Mandatsverhältnis einen Schlichtungsantrag stellen, auch Anwälte können sich an die Institution wenden. Manche Fälle sind lehrreich und zeigen typische Probleme und Fallen bei der Mandatsbearbeitung und der Abrechnung. In Ausgabe 2/2014 haben wir die Schlichtungsstelle ausführlich vorgestellt. Seitdem berichten wir regelmäßig aus der Arbeit der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Der nachfolgend abgedruckte anonymisierte Schlichtungsvorschlag wurde zur Beilegung eines Streites über die Abrechnung der Einigungsgebühr in einer familienrechtlichen Angelegenheit unterbreitet. Der Schlichtungsvorschlag konnte aufgrund der Aktenlage ohne Anhörung des Rechtsanwalts erstellt werden, da die Schlichtungsstelle die Richtigkeit der Abrechnung durch den Antragsgegner bestätigen konnte und der Schlichtungsvorschlag somit vollumfänglich zugunsten des Rechtsanwalts ausfiel. Beide haben den Schlichtungsvorschlag angenommen. Das Verfahren ist beendet, der Mandant hat hoffentlich gezahlt. SCHLICHTUNGSVORSCHLAG 1. Der Antragsteller zahlt auf die Rechnung des Antragsgegners vom 20.1.2014 einen Betrag in Höhe von 669,38 Euro an den Antragsgegner. 2. Damit sind alle Ansprüche abgegolten und die Angelegenheit „Mustermann ./. Mustermann, nachehelicher Unterhalt“ erledigt. GRÜNDE Der Antragsteller beauftragte den Antragsgegner mit der Vertretung in seiner Familiensache betreffend nacheheliche Unterhaltsansprüche. Der Antragsgegner hat den Antragsteller beraten, unter anderem auch durch Besprechung der Entwürfe der notariellen Urkunde sowie über inhaltliche Besonderheiten des schließlich am 9.5.2014 zu Urkundenrolle Nr. …/2014 des Notars geschlossenen notariellen Unterhaltsverzichts. 36 AdVoice 04 /14 Für seine Tätigkeit verlangte der Antragsgegner mit Kostenrechnung vom 20.1.2014 auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes eine Einigungsgebühr. Diese erklärte er für den Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses des notariellen Vertrages für fällig, welcher zum Datum der Rechnungsstellung noch nicht bekannt war. Die bereits vorher in Rechnung gestellte Geschäftsgebühr wurde vom Antragsteller beglichen. Die vom Antragsgegner in Rechnung gestellte Einigungsgebühr steht diesem zu. Nach Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr durch die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, wenn der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Vorliegend bestand zwischen dem Antragsteller und seiner geschiedenen Ehefrau Streit bezüglich der Scheidungsfolge nachehelicher Unterhalt. In der notariellen Unterhaltsvereinbarung wurden ein wechselseitiger Unterhaltsverzicht sowie eine Abfindungszahlung vereinbart. Dadurch wurde der Streit zwischen dem Antragsteller und seiner geschiedenen Ehefrau abschließend geregelt und damit beseitigt. Als Besonderheit im Familienrecht entsteht nach Nr. 1000 Abs. 5 VV RVG in Ehesachen und in Lebens partnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG) keine Einigungsgebühr. Diese Regelung gilt allerdings nicht für Folgesachen. Vielmehr entsteht nach dem Verfahrenswert der Folgesachen eine Einigungsgebühr. Die vorliegende notarielle Vereinbarung betrifft die Scheidungsfolgensache nachehelicher Unterhalt, sodass hierfür eine Einigungsgebühr anfällt. GUT ZU WISSEN 1. In Ehesachen und Lebenspartnerschaftssachen, also bei Scheidung der Ehe und bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft, kann eine Einigungsgebühr nicht abgerechnet werden (Nr. 1000 Abs. 5 VV RVG). 2. In den familienrechtlichen Folgesachen (z. B. Unterhalt, Kindschafts-, Wohnungs-, Haushalts- und Güterrechtssachen) kann hingegen eine Einigungsgebühr anfallen, wenn der Rechtsanwalt beim Abschluss eines Vertrages mitgewirkt hat, der den Streit oder die Ungewissheit beseitigt. 3. Eine Einigungsgebühr für die Folgesachen kann auch entstehen, wenn die Scheidung und die Folgesachen im Verbund anhängig sind. Der Gegenstandswert für die Einigungsgebühr bemisst sich auch dann nur nach dem Wert der Folgesachen; der Wert der Ehesache bleibt bei der Berechnung der Einigungsgebühr hingegen außer Betracht. 4. In Ehesachen kann eine Aussöhnungsgebühr nach Nr. 1001 VV RVG entstehen, wenn die Ehepartner von der Scheidungsabsicht Abstand nehmen, also die Ehe fortsetzen, und der Rechtsanwalt an der Aussöhnung mitgewirkt hat. Die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 20.1.2014 nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist daher nicht zu beanstanden. Mein Schlichtungsvorschlag dient der endgültigen Erledigung aller möglichen Streitpunkte. Dr. h.c. Renate Jaeger, Schlichterin, RAin Dr. Sylvia Ruge, Geschäftsführerin, Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, Berlin Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist eine unabhängige & neutrale Einrichtung zur Schlichtung vermögensrechtlicher Streitigkeiten zwischen Mandant und Rechtsanwalt. > www.schlichtungsstelleder-rechtsanwaltschaft.de Magazin Achtung, Unternehmerfallen! Wenn die Mandantschaft Marketinggaunern auf den Leim geht Wer auch kleinere Unternehmen zur Mandantschaft zählen kann, hat sicher zumindest eine von ihnen schon kennengelernt. Mit geschickten Strategien entlocken die auf Firmenwerbung spezialisierten Unternehmen dem vielbeschäftigten Kunden die entscheidende Unterschrift. Meist mit fatalen Folgen, denn ehe er sich versieht, hat der Mandant in seiner Eigenschaft als Unternehmer einen teuren Knebelvertrag geschlossen. Sogar für die anschließende anwaltliche Vertretung sind die findigen Anbieter bestens gewappnet. Die Vertretung gestaltet sich um einiges einfacher, wenn man sich einen kurzen Überblick über Strategie und Rechtsprechung verschafft hat. In einer dreiteiligen Reihe stellen wir klassische „Unternehmerfallen“ vor. TEIL 1 EUROWEB Die Düsseldorfer Euroweb Internet GmbH konzipiert und gestaltet Webauftritte im Rahmen sogenannter Internet-System-Verträge. Nach eigenen Angaben richtet sich das Angebot an mittelständische Unternehmen. Doch sind oft auch Klein- und Kleinstunternehmen betroffen. 2001 gegründet, hat der Internet-Dienstleister mittlerweile mehrere hundert Mitarbeiter und erstaunlicherweise schon einige Auszeichnungen erhalten. Strategie Euroweb beschäftigt speziell geschulte Vertriebsmitarbeiter, die auf Provisionsbasis tätig sind. Diese kontaktieren den ausgewählten Unternehmer zunächst vorab telefonisch und versuchen, ihn zu einem Gesprächstermin im Geschäft zu überreden. Häufig wird bereits im Telefonat die „Referenzkundenmasche“ eingefädelt. Dem Unternehmer wird vorgespiegelt, er sei als Einziger in der Branche ausgewählt worden. Dann im persönlichen Gespräch wertet der Vertriebsmitarbeiter die bisherigen Mar- ketingaktionen deutlich ab und erklärt die Vorzüge einer Euroweb-Homepage. Zunächst wird suggeriert, das Angebot sei für sogenannte „Partner“ komplett kostenlos. Es sei lediglich erforderlich, den Kontakt zu zehn weiteren Neukunden zu vermitteln. Am Ende des Gesprächs zückt der Vertriebsmitarbeiter meist das Vertragsformular und füllt es nach den Angaben des Unternehmers aus. Zu diesem Zeitpunkt kommt dann eine einmalige Anschlussgebühr zur Sprache. Das Formular ist unübersichtlich ausgestaltet. Die entscheidenden Passagen sind klein gedruckt. Mit der Unterschrift stimmt der neue „Partner“ sodann gleich dem Lastschriftverfahren zu. Tatsächlich hat er zudem einer vierjährigen Laufzeit zu einer monatlichen Gebühr von knapp 200 Euro zuzüglich der einmaligen Anschlussgebühr zugestimmt. Das mündlich zunächst zugesicherte Rücktrittsrecht ist in den AGB nicht verankert. Die Strategie ist klar darauf aufgebaut, dass es für das Anbahnungsgespräch keine Zeugen gibt. Meist wird sich die Mandantschaft nach dem Verkaufsgespräch im Internet informieren und feststellen, dass sie einen nachteiligen Knebelvertrag unterzeichnet hat. Möchte sie sodann von ihrem vermeintlichen Rücktrittsrecht Gebrauch machen, wird von Euroweb ein solches entschieden zurückgewiesen. Auch gegen den Vorwurf einer arglistigen Täuschung wird man sich wehren. Auf die hilfsweise Kündigung des als Werkvertrages zu klassifizierenden Vertrages reagiert Euroweb regelmäßig mit einer horrenden Rechnung, in der die Gebühren für die gesamte Vertragslaufzeit in Rechnung gestellt werden. Im beigefügten Anschreiben wird damit argumentiert, dass es durch die Kündigung des Werkvertrages keine Einsparungen gegeben hätte, die anzurechnen seien. Rechtsprechung Der BGH klassifiziert den Internet-Systemvertrag als Werkvertrag BGH II ZR 79/09. Der BGH stellt klar, dass auch ein Internet-Systemvertrag als Werkvertrag uneingeschränkt der Regelung des § 649 BGB unterfällt (BGH, Urteil vom 24.3.2011, Az.: VII ZR 111/10, vgl. auch BGH VII ZR 133/10; BGH VII ZR 134/10; BGH VII ZR 135/10; BGH VII ZR 146/10; BGH VII ZR 164/10). Zahlreiche Revisionen wurden von der Euroweb-Internet GmbH zurückgenommen. Zur arglistigen Täuschung gibt daher bisher keine höchstrichterliche Stellungnahme. Das Landgericht Düsseldorf versagt Euroweb mit einer einstweiligen Verfügung die Referenzkundenmasche (LG Düsseldorf, Beschluss vom, Az. 34 O 67/14). Dem Landgericht Kiel reichte zum Nachweis der arglistigen Täuschung die glaubhafte Darstellung eines betroffenen Imbissbetreibers. Die Klage der Euroweb-Internet GmbH wurde vollumfänglich abgewiesen (LG Kiel, Urteil vom 13.12.2011, Az: 2 O 135/11). Zahlreiche Klagen (auch der Euroweb-Tochter Webstyle GmbH) wurden zu 95 Prozent abgewiesen, da die umfangreichen Schlussrechnungen als unschlüssig angesehen wurden (z.B. LG Berlin, Urteil vom 22.4.2014, Az.: 27 O 843/12; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 16.4.2013, Az.: I-5 U 164/12). RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg Dem anwaltlich vertretenen Mandanten wird dann im weiteren Verlauf regelmäßig angeboten, sich außergerichtlich vergleichsweise zu einigen. Weitere Berichte über Unternehmerfallen findet Ihr in den kommenden Ausgaben: Teil 2 B2B; Teil 3 GWE – Gewerbeauskunftzentrale. AdVoice 04 /14 37 Magazin 38 AdVoice 04 /14 Magazin Unser Gericht des Monats Bundesgerichtshof, Karlsruhe Der Weg zum BGH ist in der Regel ein weiter. Die allermeisten, besonders im Zivilrecht tätigen Rechtsanwälte werden diesen nie gehen, weil die Rechtsstreitigkeiten vorher ihr Ende gefunden haben. Wer dennoch einmal mit einem übertragenen Mandant dort war, darf auch ein bisschen stolz sein, an der Fortbildung des Rechts mitgewirkt zu haben. Stolz kann vor allen Dingen die aus Wuppertal stammende Juristin Bettina Limberg sein. Sie ist seit dem 1. Juli dieses Jahres Präsi- Foto: Joe Miletzki dentin des Bundesgerichtshofs. Sie ist damit die erste Frau an der Spitze des obersten Gerichtshofs in Zivil- und Strafsachen – Grund genug, den BGH zum Gericht des Monats zu küren. AdVoice 04 /14 39 Magazin 380.000 Seiten im Ausdruck Gericht entschied: Die E-Akte reicht aus E-Medien halten unaufhaltsam ihren Einzug vor Gericht. Kein Wunder also, das sich die Instanzen damit beschäftigen, was eine E-Akte leisten muss. Zwei aktuelle Fälle. E-AKTE, DIE ERSTE In einer Angelegenheit wegen Widereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis hat der BGH mit Urteil vom 9.7.2014 zu Az. XII ZB 709/13 entschieden, dass, wenn die Handakte eines Rechtsanwalts allein elektronisch geführt, sie ihrem Inhalt nach der herkömmlich geführten Papierakte entsprechen muss. Sie muss insbesondere zu Rechtsmittelfristen und deren Notierung ebenso wie die Papierakte Auskunft geben können und darf keine geringere Überprüfungssicherheit bieten als ihr analoges Pendant. In dem Urteil führt der BGH weiter aus, dass die Sorgfaltspflicht in Fristsachen von einem Rechtsanwalt verlangt, alles ihm Zumutbare zu tun, um die Wahrung von Rechtsmittelfristen zu gewährleisten. Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind. Im Ergebnis hat sich der Anwalt zur Fristenkontrolle die Akte entweder in Papierform vorzulegen oder die digitale Akte am Bildschirm einzusehen. Der Anwalt hatte gefordert, 380.000 Seiten ausdrucken zu lassen, was Kosten in Höhe von bis zu 67.000 Euro pro Pflichtverteidiger verursacht hätte. Das Gericht sah es als zumutbar, sich zunächst mit der E-Akte in den Sachverhalt einzuarbeiten. Auf dieser Grundlage könne dann entschieden werden, welche Aktenbestandteile für die weitere Verteidigung in Papierform benötigt werden. RAin Nadine Passenheim, Hannover E-AKTE, DIE ZWEITE. GUT ZU WISSEN Kein Anspruch auf Ausdruck einer E-Akte Werbung einer Kanzlei mit Ortsnamen ist wettbewerbswidrig, wenn diese dort nicht ortsansässig sind. Mit Beschluss vom 22.9.2014 (III-WS 236/14) hat das OLG Düsseldorf entschieden, dass ein Verteidiger in einem Strafverfahren keinen grundsätzlichen Anspruch auf Ausdruck der E-Akte hat, wenn ihm die Akte in digitalisierter Form zur Verfügung steht. Dem Fall, den das LG Hamburg zu entscheiden hatte, lag diese Werbung auf der Homepage der betreffenden Anwaltskanzlei zu Grunde: „HAMBURG, BERLIN, MÜNCHEN, KARLSRUHE, LEIPZIG … RECHTSANWÄLTE VERTRETEN IHREN FALL … Rechtsanwälte vertreten Mandanten, egal mit welchem Wohn sitz bundesweit. Wir setzen uns für Ihre Rechte ein und klagen an jedem Land- oder Oberlandesgericht, ganz egal, ob Sie in Köln, München, Hamburg, Berlin, Chemnitz, Flens burg oder im Ausland wohnen.“ Das Problem war, dass die Rechtsanwälte in den genannten Städten keine Niederlassung unterhielten und auch sonst nicht physisch vertreten waren. Das LG Hamburg stellte fest, dass die Werbung in Verbindung mit den Ortsnamen irreführend sei. Der angesprochene Verkehrskreis, hier der rechtsuchende Verbraucher, habe ein Interesse an einer persönlichen Betreuung und leichten Erreichbarkeit ihres Rechtsanwalts. Diesem Interesse ist nicht allein dadurch Genüge getan, dass die betroffenen Rechtsanwälte vor den entsprechenden Landgerichten auftreten können. LG Hamburg, Urt. v. 07.8.2014 – 327 O 118/14 40 AdVoice 04 /14 Foto: Andrea Vollmer Magazin Mann in Zelle verbrannt BGH bestätigt Urteil gegen verantwortlichen Polizei-Dienstgruppenleiter Der Fall war spektakulär und erregte bundesweit Aufsehen. Oury Jalloh, ein damals 36 Jahre alter abgelehnter Asylbewerber aus Sierra Leone, war am 7. Januar 2005 in einer Zelle des Polizeireviers Dessau verbrannt. Obwohl er nach Polizeiangaben an Händen und Füßen gefesselt war, war es ihm gelungen, ein Loch in die Matratze zu bohren und den Füllstoff in Brand zu setzten. Im Zuge der Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Dienstgruppenleiter des Polizeireviers und einen weiteren Beamten. Ein anfänglicher Freispruch des Landgerichts Dessau-Roßlau für die beiden Angeklagten wurde vom BGH im Falle des Dienstgruppenleiters des Polizeireviers vom BGH aufgehoben. Der Freispruch für den zweiten Beamten hatte inzwischen Rechtskraft erlangt. Das Landgericht Magdeburg verurteilte 2012 den Leiter wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen in Höhe von 90 Euro. Der BGH bestätigte jetzt die Verurteilung, des als Dienstgruppenleiter tätigen Polizeihauptkommissars wegen fahrlässiger Tötung, nicht aber wegen der ebenfalls angeklagten Freiheitsberaubung mit Todesfolge, nachdem im Gewahrsam des Polizeireviers ein Inhaftierter verbrannt war. Der Inhaftierte war nicht unerheblich alkoholisiert und stand unter Drogeneinfluss. Er war im Polizeigewahrsam zuvor auf Empfehlung des zuständigen Arztes fixiert worden und hatte im weiteren Verlauf die Matratze, auf der er fixiert worden war, in Brand gesetzt. Laut Obduktionsergebnis erlitt er alsdann einen inhalativen Hitzeschock, der sofort zum Tod führte. Der Angeklagte, der die Inhaftierung nicht selbst vorgenommen hatte, dem allerdings das sowohl aggressive als auch erheblich selbstschädigende Verhalten des Inhaftierten bekannt war, hätte eine durchgehende optische Überwachung der Zelle veranlassen müssen. Eine lediglich im 30-minütigen Abstand durchgeführte Kontrolle genügt bei einer derartigen Sachlage nicht, um den Gewahrsamsvollzug pflichtgemäß und damit so auszugestalten, dass die Gefahr gesundheitlicher Schäden für den Inhaftierten vermieden wird. Aufgrund dieser Pflichtverletzung bestätigt der BGH den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung. Den Vorwurf der Freiheitsberaubung mit Todesfolge verneint der BGH. Zwar trug der Angeklagte in seiner Funktion als Dienstgruppenleiter die Verantwortung dafür, dass die Freiheitsentziehung des Inhaftierten unrechtmäßig fortdauerte, indem er es unterließ, unverzüglich eine Entscheidung des zu- Foto: Initiative in Gedenken an Oury Jalloh FALL ERREGTE AUFSEHEN Im Januar 2005 verbrannte im Polizeigewahrsam Dessau der aus Sierra-Leone stammende 36-jährige Asylbewerber Oury Jalloh. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen und (rechts-) politische Diskussionen. Jalloh war festgenommen worden, nachdem er u. a. mehrere weibliche Personen massiv belästigt haben soll. Bei seiner Festnahme verhielt er sich den damaligen Angaben der Polizei zufolge äußerst renitent und musste von mehreren Polizeibeamten davon abgehalten werden, sich erhebliche Selbstverletzungen zuzufügen. Eine spätere Untersuchung ergab eine Alkoholkonzentration von 2,98 Promille sowie Kokain-Metaboliten in seinem Blut. Auf Anraten des zuständigen Arztes wurde er – zwecks Eigensicherung – auf dem Rücken liegend mit vier Hand- bzw. Fußfesseln, in der Wand eingelassenen Metallbügeln fixiert. Dennoch gelang es ihm mit einem Feuerzeug, die Matratze der Pritsche in Brand zu setzen. Jalloh starb in den Flammen. Der 44-jährige angeklagte Polizeibeamte war zu diesem Zeitpunkt als Dienstgruppenleiter tätig. Er räumte ein, die einschlägigen Regelungen der Polizeigewahrsamsordnung gekannt zu haben, jedoch sei wegen Personalmangels eine Überwachung im Zellentrakt nicht möglich gewesen. Zugleich gab er an, irrtümlich davon ausgegangen zu sein, dass die Ingewahrsamnahme ohne richterliche Anordnung bis zu zwölf Stunden andauern dürfe. Bezüglich dieses Irrtums habe er auch keine Aufklärung in einem früheren gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren erfahren, als im Oktober 2002 während seiner Dienstschicht eine in die Ausnüchterungszelle verbrachte Person 16 Stunden später an den Folgen eines Schädelbruchs verstorben war. Oury Jalloh verbrannte in einer Polizeizelle in Dessau. ständigen Richters über die Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen, jedoch verneint der BGH letztlich unter äußerst präziser Differenzierung die Kausalität des Unterlassens des Angeklagten für eine rechtswidrige Freiheitsberaubung. Bei erfolgsqualifizierten Delikten, wie der Freiheitsberaubung mit Todesfolge durch ein Unterlassen der rechtmäßigen Handlung ist im Rahmen der hypothetischen Kausalitätsprüfung nur auf den Erfolg des Grunddelikts und, damit vorliegend, die Freiheitsentziehung und nicht die Todesfolge abzustellen. Der BGH geht dabei davon aus, dass der zuständige Richter den (Schutz-)Gewahrsam des Inhaftierten angeordnet hätte und dadurch die Kausalität des Angeklagten bereits bezüglich des Grunddelikts, der rechtswidrigen Freiheitsentziehung, entfällt. (Urteil vom 4.9.2014, BGH StR 473/13) RAin Dr. Britta Hansen, Kiel AdVoice 04 /14 41 JuraInfos Nach dem Amtsgericht ist noch lange nicht Schluss Rechtsmittel als taktisches Instrumentarium der Verteidigung Auf die richtige Taktik kommt es an: Ein guter Anwalt denkt wie beim Schachspiel immer mehrere Züge voraus. Am Anfang der Überlegung, ob ein Rechtsmittel eingelegt werden soll, steht immer das erstin stanzliche Urteil. Anders als im Zivilrecht, hat man im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht nur eine Woche nach Verkündung des Urteils, um ein Rechtsmittel einzulegen. Diese einwöchige Frist besteht selbstverständlich auch dann, wenn eine Entscheidung im sogenannten Abwesenheitsverfahren ergeht. Lediglich der Beginn der Wochenfrist verschiebt sich auf den Zeitpunkt der Zustellung des Urteils. Unbedingt zu beachten ist bei der Einlegung des Rechtsmittels das Gericht, an das der Schriftsatz zu richten ist. Im Gegensatz zum Zivilprozess ist im Strafprozess immer das Ausgangsgericht maßgeblich. Hat man also ein Urteil des Amtsgerichts erwirkt, muss das Rechtsmittel auch gegenüber diesem Amtsgericht eingelegt werden. Um sicherzugehen, dass der Schriftsatz bei Gericht eingegangen ist, sollte dieser unbedingt vorab per Fax gesendet werden. 42 AdVoice 04 /14 RECHTSMITTEL GEGEN AG-URTEIL Foto: Sparkie_pixelio.de Neben der Einlegungsfrist, die zwingend zu beachten ist, gilt es weiterhin zu klären, welches Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt werden soll. Gegen ein Urteil des Amtsgerichts besteht die Möglichkeit, Berufung oder aber Sprungrevision einzulegen. Im OWi-Verfahren gibt es nur die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde am Oberlandesgericht. Bei den sogenannten Bagatell ordnungswidrigkeiten muss sogar zunächst ein Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt werden. koll hält er noch nicht in Händen. Das Dilemma der Wahl des richtigen Rechtsmittels kann er dadurch umgehen, dass es ihm die Strafprozessordnung erlaubt, zunächst ein sogenanntes unbestimmtes Rechtsmittel einzulegen. Er muss das Rechtsmittel also noch nicht als Berufung oder Revision bezeichnen. Vielmehr reicht es aus, wenn er schreibt, dass gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt wird. Ist dann das Urteil zugestellt worden und liegt zudem das Sitzungsprotokoll vor, kann nunmehr nach entsprechender Prüfung entschieden werden, ob das Rechtsmittel als Berufung oder aber als Revision bezeichnet werden soll. Widmen wir uns aber hier den Angriffsmöglichkeiten gegen ein amtsgerichtliches Urteil im Strafprozess. Kein Verteidiger kann mit abschließender Sicherheit zu diesem frühen Zeitpunkt vorhersagen, welches der beiden oben genannten Rechtsmittel das Richtige ist. Immerhin liegt ihm aktuell noch kein Urteil vor und auch das Sitzungsproto- Das Rechtsmittel muss allerdings zwingend innerhalb der einmonatigen Revisionsbegründungsfrist als Berufung oder Revision bezeichnet werden. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine konkrete Bezeichnung, wird das Rechtsmittel immer als Berufung behandelt. Sollte sich nach entsprechender Prüfung des Urteils und des Sitzungsprotokolls JuraInfos c eine Revision möglicherweise als erfolgversprechend herausstellen, muss das zunächst unbestimmte Rechtsmittel unbedingt als Revision bezeichnet werden. Keinesfalls darf darüber hinaus vergessen werden, einen entsprechenden Antrag zu stellen, der für das Rechtsmittel der Revision unumgänglich ist. Dieser Antrag kann jedoch recht schlicht und einfach gehalten werden. Es reicht völlig aus zu beantragen, das Urteil des Amtsgerichts … vom … aufzuheben. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens bedarf es wiederum keines konkreten Antrages. visionsgrund zu profitieren, weil ihre Revision aus den genannten Gründen als Berufung behandelt wird. Die Berufung der Staatsanwaltschaft sperrt also die Revision der Verteidigung. mal einen Fehler übersehen, den der Senat jedoch erkennt. Dann muss das Urteil auch aufgehoben werden, obwohl die Verteidigung diesen Fehler nicht explizit gerügt hat. TAKTIK BEI SPERRBERUFUNG DIE REVISION: SACH- UND VERFAHRENSRÜGEN Da aber nicht nur der Beschuldigte/Betroffene Rechtsmittel gegen das ihn beschwerende Urteil einlegen kann, sondern insbesondere auch die Staatsanwaltschaft, die bei jeder Gerichtsentscheidung beschwert ist, muss der Verteidiger innerhalb der Rechtsmitteleinlegungsfrist dahingehend Überlegungen anstellen, zu welchem Zeitpunkt er innerhalb der Wochenfrist das Rechtsmittel einlegt und vor allem, welches Rechtsmittel es sein soll. Um dieser Problematik entgehen zu können, sollte der Verteidiger in diesen Fällen, wenn er davon ausgeht, dass auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen wird, sein eigenes Rechtsmittel nicht unbestimmt einlegen, sondern vielmehr „tarnen“. Er hat nämlich das Recht, sein Rechtsmittel zunächst als Berufung zu bezeichnen und innerhalb der Revisionsbegründungsfrist von der Berufung einmal zur Revision zu wechseln. Dies geht selbstverständlich auch in die andere Richtung. Bezeichnet der Verteidiger also sein Rechtsmittel zunächst als Berufung, könnte es durchaus sein, dass die Staatsanwaltschaft kein Rechtsmittel einlegt. Immerhin hat der Verteidiger bereits Berufung eingelegt. Im Übrigen sollte aus taktischen Erwägungen heraus mit der Einlegung des Rechtsmittels bis zum letzten Tag der Wochenfrist gewartet werden. Legt der Verteidiger das Rechtsmittel zu früh ein, kann die Staatsanwaltschaft in aller Ruhe darauf reagieren. Das soll sie aus Verteidigersicht aber gerade nicht können. Deshalb empfiehlt es sich, am letzten Tag der Einlegungsfrist am späten Nachmittag oder aber am frühen Abend das Rechtsmittel zu faxen. Um diese Zeit darf zu Recht davon ausgegangen werden, dass es bei Gericht und bei der Staatsanwaltschaft keiner mehr mitbekommt. Unter Berücksichtigung der oben bereits beschriebenen Problematik taucht hier also ein nächstes, nicht zu unterschätzendes Problem bei der Wahl des richtigen Rechtsmittels auf. Dieses Problem wird vor allem dann deutlich, wenn die Staatsanwaltschaft mit der sogenannten „Sperrberufung“ operiert. Diese generiert ihre Existenz aus der Vorschrift des § 335 III StPO. Danach wird die von einem Rechtsmittelführer eingelegte Revision als Berufung behandelt, solange ein anderer Rechtsmittelführer – regelmäßig die Staatsanwaltschaft – Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Hat also der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung einen aus seiner Sicht gegebenen Revisionsgrund ausgemacht, wird er gegen das Urteil Berufung einlegen, wenn er die Entscheidung des Amtsgerichts für richtig hält. Die Verteidigung ist dann daran gehindert, von dem gegebenen Re- Hat man sich für die Revision entschieden, muss immer im Hinterkopf behalten werden, dass diese auch begründet werden sollte. Natürlich reicht für die Sachrüge, mit der materiellrechtliche Fehler gerügt werden, der Satz aus, dass die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Besser dürfte es hingegen sein, die Sachrüge damit einzuleiten, dass mit der allgemein erhobenen Sachrüge das Urteil insgesamt zur Nachprüfung gestellt wird. Insbesondere wird Folgendes gerügt – ohne die Revision hierauf zu beschränken. Sodann erfolgen konkrete einzelne Ausführungen, die das Urteil aus Verteidigersicht rechtsfehlerhaft machen. Mit dem Insbesondere-Zusatz gibt man zu verstehen, dass nicht nur die konkreten Rügen berücksichtigt werden sollen, sondern das ganze Urteil angegriffen wird. Der Senat muss also das gesamte Urteil überprüfen. Immerhin kann die Verteidigung auch Soll die Beweisaufnahme wiederholt werden, weil man beispielsweise die Zeugen erneut hören möchte, legt man selbstverständlich Berufung ein. Dann wird die Berufungshauptverhandlung vor der kleinen Strafkammer des zuständigen Landgerichts durchgeführt. Über die Revision entscheidet hingegen der Senat des zuständigen Oberlandesgerichts. ANDERE RECHTSMITTELFÜHRER – EIGENE ÜBERLEGUNGEN Bei der Begründung der Verfahrensrüge muss der Verteidiger stets die sehr hohen Anforderungen des § 344 II 2 StPO im Hinterkopf behalten. Da die Ausführungen der Verteidigung diesen Anforderungen oftmals leider nicht gerecht werden, muss der Verteidiger neben der erhobenen Verfahrensrüge ausnahmslos auch immer zumindest die allgemeine Sachrüge erheben. Ansonsten kann es passieren, dass die Revision als unzulässig verworfen wird, wenn die Anforderungen des § 344 II 2 StPO nicht beachtet worden sind, weil das Urteil dem Senat ohne die allgemein erhobene Sachrüge verschlossen geblieben ist. RA Stefan Busch, Lübeck und RA Filip Siegert, Aschaffenburg INSTANZEN Die Instanz (gleichbedeutend mit Rechtszug) ist ein Verfahrensabschnitt vor einem bestimmten Gericht aus dem hierarchischen Aufbau der Gerichtsbarkeit eines bestimmten Gerichtszweigs. Der Begriff stammt vom lateinischen „instantia“, was übersetzt „abgeschlossene Einheit“ bedeutet. Einen durch die Verfassung garantierten Anspruch auf mehrere Instanzen gibt es jedoch nicht. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG, der den effektiven Rechtsschutz garantiert. Nach Ansicht der Verfassungsgerichtsbarkeit setzt dies nämlich nicht mehrere Instanzen voraus. AdVoice 04 /14 43 Exklusiv für FORUMs-Mitglieder Neue Mängelexemplare jetzt günstiger! Sattler Schneider 1. Auflage 2014, 320 Seiten, gebunden, mit CD-ROM, ISBN 978-3-8240-9271-0 Anwaltverlag-Titelnr.: 8057232/QZ9 Normalpreis 49,00 €, jetzt nur 39,90 € Praktische Anwendung und Abrechnungsbeispiele 4. Auflage 2015, 1.552 Seiten, broschiert, ISBN 978-3-8240-9252-9 Anwaltverlag-Titelnr.: 80572-24/QZ9 Normalpreis 99,00 €, jetzt nur 69,90 € AnwaltFormulare Mandanteninformationen Jetzt 1p0are€n! s Fälle und Lösungen zum RVG Mandantenaufklärung ist zeitaufwendig. 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Nach einer Einführung, in der die Referenten – RAin Dr. Claudia R. Cymutta und RA/FA InsR Thomas Henz – den Ablauf der einzelnen Verfahrensabschnitte und die unterschiedlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten erläuterten, lag der Schwerpunkt des Vortrags auf der Forderungsanmeldung. RA Henz berichtete aus seiner Praxis als Insolvenzverwalter, dass gerade bei Forderungsanmeldungen von Rechtsanwälten häufig Fehler gemacht würden, die die Mandanten Geld kosten. Um diese zu vermeiden, gehört zur Vorbereitung der Forderungsanmeldung, das Eröffnungsdatum und die Anmeldefrist unter www.insolvenzbekanntmachungen.de zu prüfen, ein Forderungskonto zu fertigen (Zinsberechnung nur bis zum Tag vor Insolvenzeröffnung), eine Vollmacht einzuholen, Kostennachweise zusammenzustellen und Sicherungsrechte zu prüfen. Bei den Kosten ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsanwaltsgebühr für die Forderungsanmeldung (Nr. 3320 VV RVG: 0,5 Gebühr) nachrangig ist und daher nicht mit angemeldet werden darf. 0,5-GEBÜHR FÜR FORDERUNGSANMELDUNG Es bietet sich an, für die Forderungsanmeldung das Formular zu nutzen, das der Insolvenzverwalter an die Gläubiger verschickt, da so die Gefahr geringer ist, etwas zu vergessen. Jede Hauptforderung ist gesondert mit Zinsen und Kosten zu erfassen. Falls das Formular nicht ausreicht, kann es kopiert oder durch ein Extrablatt ergänzt werden. Der Anmeldung sind Unterlagen zur Glaubhaftmachung beizufügen, also insbesondere Verträge, Kündigungen, Mahnungen, die Zinsberechnung und die Kostennachweise. Etwaige Titel müssen nur in Kopie eingereicht werden (BGH, Urt. v. 1.12.2005, IX ZR 95/04). Ist alles fertig, muss die Forderungsanmeldung unterschrieben und an den Insolvenzverwalter übersandt werden. Da der Insolvenzverwalter ein Exemplar der Forderungsanmeldung an das Insolvenzgericht übersenden muss, wies RA Henz eindringlich darauf hin, dass Formular und Anlagen in doppelter Ausfertigung einzureichen Foto: Dieter Schütz_pixelio.de.tif sind. Eine nachträgliche Anmeldung ist noch bis zum Schlusstermin möglich; es können jedoch Gerichtskosten in Höhe von 20 Euro anfallen. NUR „FESTGESTELLT FÜR DEN AUSFALL“ Sodann erläuterte RA Henz die möglichen Prüfungsergebnisse. Während für den Gläubiger bei dem Ergebnis „Festgestellt“ nichts mehr zu tun ist, muss der Gläubiger bei dem Ergebnis „Festgestellt für den Ausfall“ unbedingt tätig werden, da eine Ausschüttung nur erfolgt, wenn der Gläubiger nachweist, in welcher Höhe er mit seiner Sicherheit ausgefallen ist. Hatte z. B. eine Bank eine Forderung in Höhe von 100.000 Euro angemeldet, aber auf ihre Forderung bei einem Verkauf des mit ihrer Grundschuld besicherten Grundstücks 60.000 Euro erhalten, ist sie in Höhe von 40.000 Euro ausgefallen. Obwohl die Forderung bereits festgestellt war, erhält die Bank bei der Schlussverteilung am Ende des Insolvenzverfahrens nur eine Quote (auf 40.000 Euro), wenn sie dem Insolvenzverwalter ihren Ausfall mitgeteilt hat. Bleibt in der Insolvenztabelle das Ergebnis „Festgestellt für den Fall des Ausfalls“, hat der Gläubiger zwar nach Abschluss des Insolvenzverfahrens einen Vollstreckungstitel, erhält aber keine Quote. Und wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, die das Restschuldbefreiungsverfahren durchläuft, nützt der Vollstreckungstitel letztlich nichts. STOLPERSTEIN BEI UNERLAUBTER HANDLUNG Beruht die Forderung des Gläubigers auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, kann der Gläubiger diesen Deliktsgrund gesondert anmelden. Ideal ist es, wenn der Deliktscharakter bereits in einem Zivil urteil gesondert tenoriert wurde, was der Anwalt bereits im Ursprungsprozess im Blick behalten sollte. Der Insolvenzverwalter darf den Deliktscharakter nicht prüfen, aber der Schuldner kann isoliert gegen die Deliktseigenschaft Widerspruch einlegen. War der Deliktsgrund zuvor nicht tituliert, muss der Gläubiger gegen den Schuldner Feststellungsklage erheben, um den Widerspruch zu beseitigen. Ist die Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung (ohne Schuldnerwiderspruch) festgestellt worden, ist sie von der Restschuldbefreiung ausgenommen (§ 302 Abs. 1 InsO), so dass der Gläubiger auch nach der Restschuldbefreiung noch vollstrecken kann. Dr. Claudia R. Cymutta, Mannheim Punkten mit der Insolvenz. Ein weiterer Sonderfall ist das Prüfungsergebnis „Vorläufig bestritten“, das von vielen Insolvenzverwaltern benutzt wird, obwohl es im Gesetz nicht vorgesehen ist. Auch eine vorläufig bestrittene Forderung ist bestritten, d. h. eine Quote wird nicht gezahlt. Die Ergänzung „vorläufig“ soll dem Gläubiger signalisieren, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist und die Forderung bei Vorlage weiterer Unterlagen grundsätzlich feststellungsfähig ist. Der Gläubiger hat aber keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass tatsächlich noch eine weitere Prüfung erfolgt und muss notfalls Feststellungsklage erheben. Zu beachten ist aber, dass der Insolvenzverwalter in dem Fall, dass die Glaubhaftmachung der Forderung durch weitere Unterlagen erstmals in der Feststellungsklage erfolgt, sofort anerkennen kann, um der Kostenlast zu entgehen. Anwälte sollte bei Erhebung einer Feststellungsklage beachten, dass der Streitwert nicht der Nennwert der angemeldeten Forderung ist, sondern lediglich das Quoteninteresse (§ 182 InsO). Wenn also keine Quote zu erwarten ist, weil etwa bereits Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde, liegt der Streitwert der Feststellungsklage im schlimmsten Fall bei Null Euro. AdVoice 04 /14 45 JuraInfos Geduld und Verständnis gefragt Schmerzensgeld / Teil IV: – Abfindungserklärung & gerichtliche Geltendmachung Ein Unfall ist schon schlimm genug. Ein zügiger Abschluss der Regulierung sollte daher im Fokus der Verhandlungen stehen. Im Idealfall ist die Heilbehandlung des Opfers eines Standardverkehrsunfalls nach etwa drei bis vier Monaten vollständig abgeschlossen. Hier sollte ein zügiger Abschluss der Regulierung im Fokus stehen. Doch nicht selten geraten die außergerichtlichen Regulierungsverhandlungen ins Stocken oder können nicht zufriedenstellend abgeschlossen werden. Für den Mandanten besonders verunsichernd ist es zudem, wenn eine Haftung und somit die Eintrittspflicht der gegnerischen Haftpflichtversicherung von vorneherein abgelehnt wird. Hier gilt es die jeweiligen Interessen des Mandanten auszuloten und mit den entsprechenden Instrumentarien außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten. 46 AdVoice 04 /14 DIE ABFINDUNGSERKLÄRUNG Grundsätzlich birgt sie viel mehr Möglichkeiten als der Ruf, der ihr vorauseilt, vermuten lässt. Viele Mandanten sind sehr skeptisch, wenn die gegnerische Versicherung im Laufe der außergerichtlichen Korrespondenz ein Abfindungsangebot übersendet. Durchaus eine berechtigte Einstellung, denn Chancen und Risiken müssen zwingend sorgfältig abgewogen werden. Schließlich ist mit der Unterzeichnung die Geltendmachung jeglicher weiterer Ansprüche aus dem Unfallereignis ausgeschlossen. Dennoch bietet ein Abfindungsangebot auch immer die Möglichkeit, den Abfindungsbetrag individuell auszuhandeln, und so insbesondere ins Foto: Kickaha_Pfalz_pixelio.de Stocken geratene Regulierungsverhandlungen doch noch zugunsten des Mandanten zu entscheiden. Nahezu alle Versicherungen reagieren auf ein persönliches Verhandlungsgespräch sehr positiv. Geht es um größere Beträge, entsenden die meisten Versicherungen einen sogenannten Regulierungsbeauftragten. Die Gespräche mit dem extra geschulten Personal verlaufen meist sehr konstruktiv. Des Weiteren ist der Faktor Kausalität nicht zu verachten. Je weiter das Unfallereignis zurück liegt, desto schwieriger ist es, die Unfallbedingtheit auftretender Folgeschäden nachzuweisen. Gerade aus Haftungsgesichtspunkten sollten die Konsequenzen einer Abfindungserklärung der Mandantschaft schriftlich aufgezeigt werden. Es JuraInfos c bietet sich an, das Angebot der Versicherung mit einem entsprechenden Anschreiben weiterzuleiten. Erscheint ein Abschluss mittels Abfindungserklärung sinnvoll und ist die Mandantschaft mit einem solchen einverstanden, sollte der Wortlaut des meist vorgefertigten Formulars genau unter die Lupe genommen werden. Obacht ist insbesondere im Hinblick auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geboten. Nach § 7 Abs. 1 Ziff. 2 EfzG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, wenn der Arbeitnehmer den Übergang eines Schadenersatzanspruches gegen einen Dritten auf den Arbeitgeber verhindert. Dies kann durch Unterzeichnung einer ungünstig formulierten Abfindungserklärung geschehen. Vgl. hierzu LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.7.2006, Az.: U 2 Sa 155. Um derartige Nachteile für den Mandanten zu vermeiden, sollte die Formulierung unter diesen Gesichtspunkten genau geprüft werden und gegebenenfalls durch einen auf die Problematik abgestimmten Passus ergänzt werden. Dieser könnte zum Beispiel wie folgt lauten: „Es wird vereinbart, dass mit dem Vergleich alle bestehenden und zukünftigen Ansprüche der Geschädigten, die auf ihren Arbeitgeber, auf Sozialversicherungs- und Sozialhilfeträger einschließlich der Bundesagentur für Arbeit und auf private Versicherer kraft Gesetzes schon übergegangen sind oder künftig übergehen werden, von der geschlossenen Vereinbarung unberührt bleiben und mit dem Abfindungsbetrag nicht abgegolten werden.“ DIE GERICHTLICHE GELTENDMACHUNG Sicher einer der häufigsten Fälle, in denen eine umgehende gerichtliche Geltendmachung des Schmerzensgeldes notwendig wird, ist der, in dem bei Auffahrunfällen der Kausalitätszusammenhang zwischen Unfallereignis und Verletzung (meist der Halswirbelsäule) bestritten wird. Daher soll die gerichtliche Geltendmachung eines Schmerzensgeldanspruchs kurz an diesem Beispiel erläutert werden. Neben der sorgfältigen Aufbereitung des Sachverhalts verhilft eine klar strukturierte Auseinandersetzung mit den Argumenten aus der umfangreichen Rechtsprechung zum Thema zu einer erfolgreichen Klageschrift. Bei der Beweisführung ist ein besonderes Augenmerk auf die gerichtlichen Sachverständigengutachten zu legen. Um die Kausalität eines Unfallereignisses für eine bestimmte Verletzung des Geschädigten nachweisen zu können, ist neben dem medizinischen Sachverständigengutachten stets zusätzlich eine unfalltechnische Begutachtung notwendig. Die Erkenntnisse aus beiden Gutachten müssen dann anschließend in Abstimmung aufeinander ausgewertet werden. Bedingt durch die Gutachterkosten kann das Kostenrisiko einer solchen Klage deutlich erhöht ausfallen. Dieser Umstand ist insbesondere mit der nicht rechtsschutzversicherten Mandantschaft zwingend vorab zu besprechen und abzuwägen. „Nicht selten wird die Durchsetzung seiner Ansprüche für den Geschädigten zum Lebensinhalt.“ In den meisten Fällen wird es vorteilhaft sein, die Klage gegen alle infrage kommenden Beteiligten zu richten. In Standardfällen ist hier an den Unfallfahrer, den Halter des Unfallfahrzeugs und die gegnerische Haftpflichtversicherung zu denken. Diese treten als Gesamtschuldner auf. Dass es zudem spezieller Anträge bedarf, dürfte den meisten noch aus der Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen bekannt sein. Bezüglich des Schmerzensgeldanspruchs ist kein bezifferter Klageantrag erforderlich. § 253 Abs. 2 BGB iVm § 287 ZPO überlassen dem Gericht die Bemessung der „billigen“ Entschädigung. Es ist daher ausreichend, wenn die tatsächlichen Grundlagen für die Bemessung des Schmerzensgeldes genannt werden und im Antrag ein Mindestbetrag angegeben wird. Ein entsprechender Antrag könnte beispielsweise lauten: „... festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren materielle nund immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom ... , der sich gegen ... Uhr in der ....-straße ereignete, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen werden oder übergegangen sind.“ Selbstverständlich muss auch der Feststellungsantrag eigens begründet werden. Hier gilt es insbesondere das Feststellungsinteresse des Klägers herauszuarbeiten, schließlich gilt der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage. Der Streitwert einer Feststellungsklage beträgt 80 Prozent einer gedachten Leistungsklage (vgl. BGH, NJW 1997,1241; BGH, NJW 2001,316). Zu guter Letzt sei daran erinnert, dass ein Unfall mit Personenschaden für den Geschädigten häufig ein sehr einschneidendes Ereignis darstellt. Gerade bei schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ändert sich sein Leben komplett – wohlmöglich für immer. Oftmals ist die Existenz bedroht. Nicht selten wird die Durchsetzung seiner Ansprüche für den Geschädigten zum Lebensinhalt. Wir als Anwälte sind dann automatisch ein Teil davon. Diese Rolle erfordert viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Verständnis für die schwierige Situation. Der Mandant wird es letztendlich mit besten Empfehlungen danken. Interessierte Leser finden Teil I, II und III der Serie in den vorangegangenen Ausgaben. RAin Lea Hogrefe-Weichhan, Mönkeberg „... die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von ... Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über dem Basiszinssatz seit dem zu zahlen,“ Ist die Heilbehandlung des Geschädigten noch nicht abgeschlossen oder ist ein Dauerschaden verblieben, ist es im Hinblick auf die Zukunft von wesentlicher Bedeutung, eine Ersatzpflicht des Schädigers für alle zukünftigen Schäden materieller oder immaterieller Art aus dem Unfallereignis gerichtlich festgestellt zu bekommen. Ein entsprechender Feststellungsantrag könnte beispielsweise lauten: AdVoice 04 /14 47 JuraInfos Wie wollen wir sterben? Patientenautonomie und Selbstbestimmung am Lebensende Niemand spricht gerne über das eigene Ableben, doch wie steht es wirklich um unser Selbstbestimmungsrecht bei eigener Einwilligungsunfähigkeit? Dem Wunsch nach individueller Selbstbestimmung im Hinblick auf Zulässigkeit und Grenzen ärztlicher Behandlungsmaßnahmen soll das Instrumentarium der Patientenverfügung eine verbindliche Geltung – vor allem in der Praxis – verschaffen. Die Patientenverfügung, welche in § 1901a Abs. 1 BGB legal definiert ist, ist zusammenfassend eine schriftliche Antizipation des eigenen Willens für oder gegen ärztliche Behandlungsmaßnahmen für Fälle der zukünftigen fehlenden Einwilligungsfähigkeit. Verbindlichkeit erlangt die Patientenverfügung, wenn sie hinreichend konkret und inhaltlich bestimmt ist. Die Festlegungen in einer Patientenverfügung müssen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und dürfen nicht widerrufen worden sein. Dies verlangt vom Ersteller möglichst konkrete Entscheidungen im Voraus über Einwilligung bzw. Nichteinwilligung in zukünftige ärztliche Behandlungsmaßnahmen. Liegen diese vor, ist der bestellte Betreuer verpflichtet, dem Willen des Betreuten Geltung zu verschaffen. Die Umsetzung bereitet in der Praxis nicht selten größere Schwierigkeiten. So eint die Materie Patientenverfügung Medizin und Recht, die Vielschichtigkeit der Fallkonstellationen in der Praxis vernebelt den Durchblick. Wie steht es um die Patientenautonomie und die Rechte eines Betreuers, wenn eine solche Patientenverfügung fehlt? Mit diesem Fragenkreis hatte sich der BGH in seinem aktuellen Beschluss vom 17.9.2014 – (Az.: XII ZB 202 /13) – zu befassen. Dem Beschluss des BGH lag folgender, vereinfachter Sachverhalt zugrunde: Die 1963 geborene Betroffene erlitt im September 2009 unvorhersehbar eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Jegliche Kontaktaufnahme mit ihr ist unmöglich, die Ernährung der Betroffenen erfolgt über eine so genannte PEG-Magensonde. Die Tochter sowie der Ehemann der Betroffenen wurden durch ein Amtsgericht zu ihren Betreuern bestellt. Die Patientin hatte zu Zeiten ihrer vorhandenen Einwilligungsfähigkeit vorhandene Patientenverfügungsformulare nicht mehr ausgefüllt. Die beiden bestellten Betreuer der Betroffenen beantragten beim Amtsgericht im Juli 2010, ihre Einwilligung in die künstliche Ernährung widerrufen zu dürfen bzw. die Genehmigung zur Einstellung der künstlichen Ernährung zu erteilen. Hilfsweise sollte festgestellt werden, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung gem. § 1904 Abs. 4 BGB nicht genehmigungsbedürftig sei. Nachdem die beiden Vorinstanzen für die Betreuer erfolglos blieben, gab der BGH ihnen Recht und verwies die Rechtsbeschwerde zurück an das Landgericht. Der BGH führt in seinem Beschluss de lege lata aus, dass bei Vorliegen einer formell wirksamen Patientenverfügung eine betreuungsgerichtliche Genehmigung gem. § 1904 Abs. 2 BGB für den Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen nicht notwendig sei. Vorliegend habe die Betreute jedoch gerade keine Patientenverfügung, sodass eine Genehmigungspflicht be- Die Patientenverfügung soll dem Wunsch nach individueller Selbstbestimmung Geltung verschaffen – vor allem in der Praxis. 48 AdVoice 04 /14 stünde, da durch den Abbruch der Maßnahme die Gefahr des Todes drohe. Eine solche Genehmigung ist jedoch nach § 1904 Abs. 3 BGB zu erteilen, wenn dies dem Willen des Betreuten entspricht. Der BGH kam vorliegend zu dem Ergebnis, dass das Beschwerdegericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt habe, das der Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem mutmaßlichen Willen der Betreuten entspreche. Das Beschwerdegericht hätte zunächst prüfen müssen, ob die Betreute einen entsprechenden Behandlungswunsch gegenüber einer Zeugin geäußert habe, denn § 1901a Abs. 2 S. 1 differenziere zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen andererseits. Hätte ein solcher vorgelegen, wäre der Rückgriff auf den mutmaßlichen Willen ausgeschlossen. Des Weiteren stellt der BGH fest, dass für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens bei fehlender Todesnähe keine höheren Anforderungen zu stellen sind als bei unmittelbarer Todesnähe. Denn auf das Stadium der Erkrankung käme es dabei nicht an, wie § 1901a Abs. 3 BGB eindeutig belege, es bestünden auf Grund der immensen Bedeutung der Rechtsgüter immer gleich strenge Beweismaßstäbe. In conclusio lässt sich festhalten, dass eine formell wirksame Patientenverfügung zwar zur Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts nicht zwingend notwendig ist, wer sich und seinem betreuungsrechtlich Auserwählten ein Prozessieren ersparen möchte, sollte sich vorher durch eine schriftliche Abfassung der eigenen Wünsche absichern. RAin Sabrina Steller, Laboe Foto: Maren Beßler–pixelio.de JuraInfos Alles auf Anfang Bei Fristenversäumnis Einsetzung in den vorigen Stand möglich Die Wahrung von Fristen nimmt in der anwaltlichen Tätigkeit eine besondere Stellung ein. Hierfür hat der Anwalt eine gut organisierte und sorgfältig durchgeführte Fristenkontrolle vorzuhalten, um Schaden von dem Mandanten und damit letztendlich auch sich selbst abzuhalten. Aber auch die beste Organisation kann nicht verhindern, dass Fehler geschehen und Fristen versäumt werden. In diesem Fall ermöglichen viele Verfahrensordnungen unter bestimmten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. In der Literatur finden sich viele Fachaufsätze und Veröffentlichungen höchstrichterlicher Entscheidungen, die sich mit der Wiedereinsetzung beschäftigen. Nur beispielhaft seien erwähnt: Born, Manfred, Die Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 2005, 2042; NJW 2007, 2088; Bräuer, Jacqueline, Wiedereinsetzung: Der Wegfall des Hindernisses, AnwBl. 2007, 621; Goebel, Frank-Michael in: AnwF, Zivilprozessrecht, § 19, 3. Auflage 2010; 1. FRISTVERSÄUMNIS Für den erfahrenen Anwalt mag die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags kein großes Problem darstellen. Anwälte, die noch nie eine Frist versäumt haben, sollten beim ersten Mal zunächst grundsätzliche Überlegungen anstellen und sich mit dem Thema vertieft auseinandersetzen. a) Grundsätzliche Überlegungen aa) Die Versäumung einer Frist stellt zunächst eine Pflichtverletzung aus dem Mandatsvertrag dar und löst damit gemäß § 5 AVB die Anzeigepflicht binnen Wochenfrist bei dem eigenen Berufshaftpflichtversicherer aus. Es empfiehlt sich, den Versicherer so früh und so umfassend wie möglich zu informieren. Nur dann kann er seinen Versicherungsnehmer optimal unterstützen. bb) Oft lassen Zeit und andere Umstände es nicht zu, sich mit dem eigenen Haftpflichtversicherer umfassend abzustimmen. In diesem Fall muss der Rechtsanwalt mit seinem Mandanten entscheiden, ob und wie die Wiedereinsetzung beantragt wird. Dabei sollte zunächst beachtet werden, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in den Verfahrensordnungen nicht inhaltsgleich geregelt ist. Es sind daher die einschlägigen Rechtsnormen zu prüfen, um die Unterschiede zu den vielleicht schon bekannten Vorschriften, wie z. B. §§ 233 ff. ZPO, zu erfassen. cc) Für die weitere Vorgehensweise ist es ratsam, sich mit der Materie vertiefend auseinanderzusetzen. Nur dadurch kann der Anwalt vor der Antragstellung feststellen, worauf der Fokus bei der Bearbeitung des Wiedereinsetzungsantrags zu legen ist. Dr. Müller, Gerda, Typische Fehler bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 1993, 681. a) Im Antrag muss der tatsächliche Fehler dargestellt und zusätzlich begründet werden, was die Ursache hierfür ist. Kann er dies nicht oder geht gar der Fehler auf sein oder das schuldhafte Verhalten der Partei zurück, geht der Fehler zulasten des Anwalts. Ein einzelfallbezogenes Verschulden von Kanzleimitarbeitern wird der Partei nicht zugerechnet. Das Gericht prüft, wann das Hindernis weggefallen ist und inwieweit die Organisation der Fristenkontrolle im Büro, deren Überwachung sowie die Anweisung des Anwalts im Einzelfall als Ursache für das Fristversäumnis außer Frage stehen. Entsprechend ist alle Sorgfalt bei der Begründung des Antrags angezeigt. Ein Nachtrag außerhalb der Wiedereinsetzungsfrist ist nicht möglich. Empfehlenswert ist bei Abfassung der Begründung, auch die aktuelle Rechtsprechung zu überprüfen. 2. ANTRAG Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt einen Antrag der Partei voraus. Der Antrag erfordert eine vollständige, substanziierte und in sich schlüssige Darstellung der für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen. Zusätzlich wird empfohlen, den Wiedereinsetzungsantrag im Tatbestand mit dem Sachantrag optisch hervorzuheben (Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 9. Aufl., F-59, S. 187). b) Unter Umständen kann ein zurechenbarer Fehler, der normalerweise die Wiedereinsetzung ausschließt, gleichwohl die Gewähr rechtfertigen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt auch in Betracht, wenn es ohne das schuldhafte Verhalten durch einen nicht zu verantwortenden Umstand ohnehin zur Fristversäumung gekommen wäre. In diesem Fall ist zur Ursächlichkeit der Säumnis erweitert auszuführen. 3. FRIST 5. GLAUBHAFTMACHUNG Die Stellung des Antrags ist an eine bestimmte Frist gebunden, die ab Wegfall des Hindernisses, das der Fristwahrung entgegenstand, zu laufen beginnt. Zu beachten ist, dass die Laufzeiten der jeweiligen Wiedereinsetzungsfrist unterschiedlich lang sind. Ferner muss innerhalb dieser Frist die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden. Die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen, müssen bis zur Entscheidung über den Antrag glaubhaft gemacht werden. Mitarbeiter des Anwalts versichern den in eigenen Worten wiedergegebenen Sachverhalt an Eides statt. Der Sachvortrag, den der Anwalt aus eigener Wahrnehmung hält, muss nicht gesondert glaubhaft gemacht werden. Hierfür reicht die anwaltliche Versicherung. 4. WIEDEREINSETZUNGSANTRAG Steffen Eube, HDI Versicherung AG Es müssen alle die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen, mithin also alle tatsächlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags, schlüssig dargelegt werden. Die weiteren Einzelheiten des Inhalts hängen vom Einzelfall ab. Allgemein aber gilt, dass die Wiedereinsetzung nur gewährt wird, wenn die Partei die Frist unverschuldet versäumt, diese also trotz Beachtung der erforderlichen Sorgfalt nicht eingehalten werden konnte. > www.hdi.de AdVoice 04 /14 49 JuraNews JuraNews zusammengestellt von RA Andreas Hansmeier, Karlsruhe Das Verschulden eines Anwalts entfällt nicht durch ein darauf folgendes Verschulden eines Gerichts Es gehört zu den Aufgaben des Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein Antrag auf Verlängerung der Frist zur Beschwerdebegründung innerhalb der laufenden Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht; so der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 20.8.2014 – XII ZB 155/13. An sich ist dieser Leitsatz wenig überraschend und liegt auch auf der Linie der gefestigten Rechtsprechung. Dem Beschluss lag jedoch eine etwas eigentümliche Konstellation zugrunde. Gegenstand der Entscheidung war ein zurückgewiesener Wiedereinsetzungsantrag. Der betroffene Anwalt hatte für seinen Mandanten zunächst rechtzeitig beim Familiengericht gegen einen Beschluss zur Zahlung von Kindesunterhalt Beschwerde eingelegt. Im Anschluss daran hat er aber den Fehler gemacht, ebenfalls bei dem Familiengericht einen Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist zu stellen. Über einen solchen Fristverlängerungsantrag entscheidet gemäß § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V.m. § 520 Abs. 2 S. 2,3 ZPO der Vorsitzende des Beschwerdegerichts. Haftungsfalle bei PKH-Verfahren Der Anwalt hatte den Fristverlängerungsantrag also bei einem unzuständigen Gericht gestellt. Da der Antrag auch nicht mehr innerhalb der Begründungsfrist an das Beschwerdegericht weitergeleitet wurde, hat dieses die Beschwerde verworfen; einen Antrag auf Wiedereinsetzung hat es abgelehnt. Die Besonderheit des Falls lag nun darin, dass das – unzuständige – Familiengericht den Verlängerungsantrag nicht einfach stillschweigend an das Beschwerdegericht weitergeleitet oder den Rechtsanwalt auf seine Unzuständigkeit hingewiesen hat. Die Abteilungsrichterin des Familiengerichts hat stattdessen die Fristverlängerung bewilligt und dies auch einer Kanzleiangestellten auf deren telefonische Nachfrage hin mitgeteilt. Die Kanzleiangestellte hat darauf die Beschwerdebegründungsfrist im Fristenkalender gestrichen. Es lagen also zum einen ein fehlerhafter Fristverlängerungsantrag und zum anderen eine fehlerhafte – und somit unwirksame – Fristverlängerung durch das unzuständige Familiengericht vor. Der BGH hat eine Wiedereinsetzung dennoch mit der Argumentation abgelehnt, dass das Verschulden des Anwalts nicht durch die fehlerhafte Fristverlängerung durch das Familiengericht entfällt. Der daraus bei der Kanzleiangestellten entstandene Irrtum, welcher sie letztlich zur Streichung der Frist im Fristenkalender veranlasst hat, lässt nach Ansicht des BGH die Fristversäumung nicht als unverschuldet erscheinen, weil es sich dabei um eine schlichte Folgewirkung der von dem Verfahrensbevollmächtigten persönlich zu vertretenden Fehladressierung gehandelt hat. Jeder Anwalt kennt die Konstellation: Man erleidet in erster Instanz eine Niederlage. Da der Mandant aber die Kosten für ein Berufungsverfahren nicht aufbringen kann, wird zunächst Prozesskostenhilfe beantragt. Die dafür notwendige Darlegung der Erfolgsaussichten erfolgt häufig dadurch, dass ein Entwurf der Berufungsbegründung dem PKH-Antrag beigefügt wird. Die Berufung soll unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe eingelegt werden, insoweit wird zugleich für den Fall der Gewährung von PKH auch Wiedersetzung in die Berufungsund die Berufungsbegründungsfrist beantragt. Diese Vorgehensweise ist zwar grundsätzlich möglich. Dass man dabei aber die Augen offen halten muss, zeigt ein Beschluss des II. Zivilsenats des BGH vom 23.9.2014 - II ZB 14/13. Mit dem ersten Leitsatz der Entscheidung bestätigt der BGH seine bisherige gefestigte Rechtsprechung: „Besteht das zur Fristversäumung führende Hindernis in der Mittellosigkeit der Partei, so fällt dieses dann weg, wenn sich die Vermögensverhältnisse der Partei in einer Weise ändern, dass sie objektiv in die Lage versetzt wird, die Prozesskosten aus eigenen Mitteln aufzubringen, und sie dies auch erkennt oder jedenfalls bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen könnte.“ Man darf also nicht den Fehler machen, sich darauf zu verlassen, dass die zweiwöchige Frist für einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 234 Abs. 1 S. 1 ZPO erst mit Zustellung des PKH-Beschlusses beginnt; kommt der Mandant im Laufe des PKH-Verfahrens zu Geld, so kann – sofern er dadurch die Prozesskosten aufbringen kann – bereits dadurch diese Frist ausgelöst werden. Der BGH führt in der Entscheidung weiter aus, dass dann, wenn der Lauf einer Frist nicht durch Zustellung, sondern durch den Eintritt eines sonstigen Ereignisses in Gang gesetzt wird, der Anwalt die zumutbaren Vorkehrungen zu treffen hat, um von diesem Ereignis anderweitig zu erfahren. 50 AdVoice 04 /14 JuraNews Zur rechtlichen Beurteilung eines „Mischmietverhältnisses“ – Rechtsprechungsänderung Mit dem zweiten Leitsatz der Entscheidung konkretisiert der BGH diese Pflichten des Anwalts noch weiter für den Fall, dass dieses Ereignis in einem Zahlungseingang auf dem Kanzleikonto liegt: „Der Prozessbevollmächtigte, der eine Partei in zwei Prozessen gegen denselben Prozessgegner vertritt und aufgrund eines in einem der beiden Prozesse erwirkten rechtskräftigen Titels mit einem Zahlungseingang und einer dadurch bewirkten Beseitigung der Mittellosigkeit seiner Partei rechnen kann, ist gehalten, sein Büropersonal anzuweisen, ihm einen entsprechenden, den Zahlungseingang im Parallelverfahren ausweisenden Kontoauszug unverzüglich vorzulegen.“ Mit anderen Worten: Zahlungseingänge können wegen des Wegfallens der Mittellosigkeit einer Partei dazu führen, dass – auch in einer anderen Sache – unverzüglich eine Wiedereinsetzungsfrist zu notieren ist! Das hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersehen und daher die Wiedereinsetzungsfrist verstreichen lassen. Der Fall wies jedoch die Besonderheit auf, dass die Auswirkungen einer Zahlung der Beklagten auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin bereits in den Schriftsätzen der Parteien angesprochen worden sind. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatten dabei auch selbst die Auffassung geäußert, dass bei Überweisung des in dem anderen Verfahren ausgeurteilten Betrags die Bedürftigkeit wegfallen würde und die Klägerin die Kosten für das Berufungsverfahren aufbringen könne. Eine generelle Pflicht zur Überwachung der Vermögenssituation des Mandanten wird man daher aus der Entscheidung nicht ableiten können. Die Entscheidung des VIII. Zivilsenats vom 9.7.2014 – VIII ZR 376/13 dürfte für alle Anwälte interessant sein, bei denen Kanzlei- und Wohnsitz in einem Mietobjekt zusammenfallen. Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, welchen Vorschriften ein sogenanntes „Mischmietverhältnis“ unterliegt, das sowohl eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche Nutzung umfasst. Gegenstand der Entscheidung war ein Mietverhältnis bezüglich eines mehrstöckigen Gebäudes; in dem Mietvertrag wurde den Mietern gestattet, die Räume im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Der BGH hält in der Entscheidung zunächst an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und führt aus, dass ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere Räume zu bewerten ist. Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Räumen findet also nicht statt – jedenfalls sofern nicht mehrere separate Mietverträge geschlossen wurden. Für die rechtliche Einordnung ist maßgeblich entscheidend, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt. Dabei ist maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann. Berufstätigkeit nicht ausüben und die Geldmittel erwerben könne, die er benötige, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zu denen auch die Miete für die Wohnung gehöre. Dieses Abgrenzungskriterium – das Bestreiten des Lebensunterhaltes in dem Mietobjekt – hat der BGH nunmehr ausdrücklich aufgegeben und betont, alleine der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu. Zudem stellt der Senat noch klar, dass im Zweifel, wenn sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen lässt, im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen ist. Damit dürften viele Mietverhältnisse von Rechtsanwälten, die der alten Rechtsprechung nach als Mietverträge über Gewerberäume einzustufen gewesen wären, nunmehr als Wohnraummietverträge einzustufen sein. Besonders spannend an der Entscheidung ist, dass der VIII. Zivilsenat sich hinsichtlich der maßgebenden Umstände ausdrücklich von einer Entscheidung vom 16.4.1986 – VIII ZR 60/85 – abgrenzt. Der Senat hatte in dieser Entscheidung noch entschieden, dass, wenn ein Einfamilienhaus einem Rechtsanwalt zur Nutzung als Kanzlei und zugleich als Wohnung überlassen wird, im Allgemeinen anzunehmen sei, dass die Vermietung in erster Linie gewerblichen Zwecken dient. Das habe selbst für den Fall gegolten, dass die für den Betrieb der Kanzlei zur Verfügung stehende Fläche des Hauses geringer ist als die für Wohnzwecke gedachte. Denn die Kanzlei sei für den Rechtsanwalt die Stätte, ohne die er im Allgemeinen seine f AdVoice 04 /14 51 JuraNews JuraNews zusammengestellt von RA Andreas Hansmeier, Karlsruhe Verschulden bei Fristversäumnis – Fristenkontrolle bei jeder Prozesshandlung erforderlich Gehaltsnachzahlung für Rechtsreferendare Die „gut ausgebildete, als zuverlässig erprobte und sorgfältig überwachte Bürokraft“ gilt zwar als Wundermittel und letzter Rettungsanker, wenn es um Wiedereinsetzungsanträge geht. Dass dieses kleine Kanzleiwunder aber auch nicht immer hilft, zeigt eine Entscheidung des III. Zivilsenats vom 25.9.2014 – III ZR 47/14. Nach einem Urteil des OVG NRW in Münster vom 27.10.2014 (Aktenzeichen: 3 A 1217/14), mit dem es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden vom 8.5.2014 (Aktenzeichen: 4 K 96/14) bestätigt hat, haben Rechtsreferendare in NRW einen Anspruch auf Gehaltsnachzahlungen. In der entschiedenen Konstellation berechnete die Prozessbevollmächtigte selbst – und zutreffend – direkt nach Zustellung eines erstinstanzlichen Urteils die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist und gab ihrer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten (usw.) Bürokraft auf, die Fristen zu notieren. Aufgrund einer sofortigen Wiedervorlage stellte die Rechtsanwältin fest, dass die Berufungsbegründungsfrist fehlerhaft notiert war – statt dem 11.12.2012 war der 12.12.2012 notiert. Sie erteilte ihrer Bürokraft darauf mündlich und schriftlich auf einem DIN A4-Blatt mit den Hinweisen „Eilt“ und „Sofort“ die Anweisung, die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist sofort überall auf den 11. Dezember 2012 abzuändern. Die Korrektur der fehlerhaft eingetragenen Frist unterblieb jedoch, die schriftliche Anweisungwurde lediglich in der Akte abgeheftet. Einige Tage später fertigte die Anwältin dann fristgerecht die Berufungsschrift, ohne sich dabei aber die Handakte erneut vorlegen zu lassen. Die Berufungsbegründungsfrist wurde später überschritten. Der BGH hat die Ablehnung der beantragten Wiedereinsetzung durch das Berufungsgericht bestätigt und damit begründet, dass die sorgfältige Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung stets auch die selbstständige Prüfung aller gesetzlichen Anforderungen an ihre Zulässigkeit mit einschließe; daher habe der Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung mit einer Sache befasst ist, dies zum Anlass zu nehmen, die Fristvermerke in der Handakte zu überprüfen. Nach Ansicht des BGH hätte die Anwältin also die richtige Notierung der Berufungsbegründungsfrist nochmals überprüfen müssen, als sie die Berufungsschrift verfasst hat. Auch die gut ausgebildete (usw.) Bürokraft konnte die Anwältin diesmal nicht retten. Der BGH stellt in der Entscheidung zwar zunächst unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung klar, ein Rechtsanwalt könne grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine ausgebildete und bisher zuverlässig tätige Bürokraft eine konkrete Einzelanweisung befolgt und ordnungsgemäß ausführt; der Anwalt muss sich auch von der Ausführung seiner Weisungen nicht vergewissern. Diese Rechtsprechung ist aber – so der BGH – in der vorliegenden Konstellation nicht einschlägig. Denn für die Fristversäumung sei nicht nur das Verhalten der Bürokraft ursächlich gewesen, sondern auch die Pflichtverletzung der Anwältin, im Rahmen der Vorbereitung der Einlegung der Berufung die richtige Notierung der Berufungsbegründungsfrist nicht nochmals zu überprüfen. Für die Praxis gilt daher, dass in jedem Fall mit der Einlegung eines Rechtsmittels sicherheitshalber auch die richtige Notierung der Begründungsfrist nochmals kontrolliert werden sollte. Rechtsreferendare erhalten von dem Land, zu dem sie in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis stehen, eine Unterhaltsbeihilfe. Nach dem Wortlaut der bis zum 16.10.2014 in NRW geltenden Verordnung (RRefBeihV NRW) betrug der Grundbetrag dieser Unterhaltsbeihilfe 85 Prozent des höchsten nach dem Bundesbesoldungsgesetz gewährten Anwärtergrundbetrages. Das Land zahlte den Rechtsreferendaren jedoch nur 85 Prozent des niedrigeren nordrhein-westfälischen Anwärtergrundbetrages. Es hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, dass seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 nicht mehr der Bund, sondern das Land für die gesetzliche Regelung der Besoldung der Beamten und damit auch der beamteten Referendare zuständig sei, sodass die Verweisung in der Verordnung auf das Bundesbesoldungsgesetz im Licht dieser Änderung zu interpretieren sei. Das OVG hat sich dieser Ansicht jedoch nicht angeschlossen und entschieden, dass Rechtsreferendare in NRW dem klaren Wortlaut der Verordnung nach einen Anspruch auf den höheren Betrag haben und das Land dementsprechend die Differenzbeträge plus Zinsen nachzahlen muss. Es hat zudem auch betont, dass der Zahlungsanspruch den allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsregeln, mithin der Regelverjährung von drei Jahren ab Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis unterliegt. Die Entscheidungen des OVG NRW und des VG Minden sind abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de/ Bibliothek/nrwe2 Das Urteil des OVG war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht rechtskräftig. Das OVG hat zwar die Revision nicht zugelassen; dagegen ist jedoch grundsätzlich die Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. 52 AdVoice 04 /14 JuraNews JuraNews zusammengestellt von RA Patrick Ruppert, Köln Bisse und Beleidigungen Strafrisiko bei Erfolgsvergütung Der Schäferhund eines 66-jährigen Rechtsanwalts soll in der Fußgängerzone von Gelsenkirchen zugebissen haben. Den Hundehalter schien das aber kaum zu kümmern und verabschiedete sich vom Opfer mit den Worten: „Ich bin in der Kanzlei S.“. Die zur Hilfe gerufene Polizei erschien daraufhin in seiner Kanzlei, um die Anzeige aufzunehmen. Doch anstatt Auskunft über den Vorfall zu erteilen, soll der Rechtsanwalt die Beamten beleidigt haben. Laut dem Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen, das eine Geldstrafe von 9.000 Euro vorsah, hatte der Anwalt unter Applaus die Polizisten verhöhnt: „Da habt ihr auf der Polizeischule aber gut aufgepasst, ihr Fuzzis.“ Nun wird der Fall in zweiter Instanz vor dem Landgericht Essen neu aufgerollt. Laut Prozessbeobachtern soll sich der Anwalt aber hierbei bislang auch nicht gentlemenlike aufgeführt haben. In der Hauptverhandlung soll er dem vorsitzenden Richter mehrfach lautstark ins Wort gefallen und trotz mehrfacher Ermahnung von seinem Sitzplatz aufgestanden sein. (Quelle: WAZ) Rechtsanwälte sind bei Erteilung eines Mandats verpflichtet, Mandanten umfassend über die anwaltliche Vergütung aufzuklären. Unterlassen sie dies, laufen sie Gefahr, sich strafbar zu machen. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 25.9.2014 (Az. 4 StR 586/13) deutlich gemacht, dass § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG eine Garantenstellung des Rechtsanwalts begründet, der vor Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung seinen Mandanten über die voraussichtlichen gesetzlichen Gebühren aufklären muss. In dem zu entscheidenden Fall hatte ein in Vermögensschwierigkeiten geratener Rechtsanwalt einen nachweislich geistig minderbegabten Mandanten in einer Erbschaftssache vertreten. Ohne darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Vergütung streitwertabhängig niedriger liegen könnte, schloss er mit dem Mandanten eine erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarung ab, die bei Scheitern des Vorgehens einen Vergütungsverzicht des Rechtsanwalts vorsah. In einem Vergleich erreichte der Rechtsanwalt, der allerdings wegen Vermögensverfalls seine Zulassung verloren hatte, eine Bezahlung von 493.000 Euro aus dem Nachlass. Der nun nicht mehr zur Anwaltschaft Zugelassene zog von dem vereinnahmten Betrag gemäß der prozentualen Erfolgsvergütungsvereinbarung 82.223,97 Euro ab und kehrte den Rest an den Mandanten aus. In dem Verhalten des ehemaligen Rechtsanwalts sah der vierte Strafsenat des BGH einen strafrechtlichen Betrug. Der einstige Anwalt hatte durch Unterlassen der Aufklärung seinen Mandanten getäuscht, dass die Alternativberechnung des Honorars abhängig vom Streitwert vorgenommen wird. Bewährungsstrafe für Abmahnanwalt Rechtsanwalt Thomas Urmann aus Regensburg war wegen zweifelhafter Massenabmahntätigkeit (Redtube) ins Kreuzfeuer der Justiz geraten. Etliche Betroffene sahen in seinem Vorgehen strafrechtlich relevantes Verhalten, woraufhin es Strafanzeigen gegen ihn als Inhaber der Kanzlei U + C hagelte. Jetzt ist der umstrittene Jurist vom Amtsgericht Augsburg zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren, 80.000 Euro Geldstrafe und 80 Sozialstunden verurteilt worden. Der Grund ist allerdings nicht sein Auftritt als Abmahner. Urmann wurde der Insolvenzverschleppung und des Sozialbetrugs schuldig gesprochen. Er hatte sich nebenberuflich als Wurstfabrikant betätigt. Hierbei hatte er es jedoch versäumt, rechtzeitig einen Insolvenzantrag für das marode Unternehmen zu stellen und für die Beschäftigten Sozialabgaben abzuführen. Wegen der Verurteilung muss Urmann auch um den Erhalt seiner Anwaltszulassung bangen. Syndikusanwälte rentenversicherungspflichtig Die bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber beschäftigten Syndikusanwälte können in ihrer abhängigen Anstellung nicht anwaltlich tätig sein und daher nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit werden. Das entspricht dem Tenor dreier Urteile, die das Bundessozialgericht im April dieses Jahres gefällt hatte (s. BSG Urteil vom 3.4.2014, Az. B 5 RE 9/14). Nun hat einer der betroffenen Rechtsanwälte, der zunächst als Vorstandsassistent und später als Compliance-Verantwortlicher in einem Versicherungsunternehmen arbeitete, Verfassungsbeschwerde eingelegt. Nach seiner Auffassung verstoße die Bundessozialgerichtsrechtsprechung gegen die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Es komme entgegen der Auffassung der Sozialrichter nicht auf die Frage der Weisungsabhängigkeit an, sondern auf die Frage, inwieweit der Syndikus anwaltlich fungiere. Zur Untermauerung seiner Argumentation verweist der Betroffene auf § 46 BRAO, wonach ausdrücklich Unternehmen- und Verbandsjuristen als Anwälte erwähnt sind. Hausverbot gegen Rechtsanwalt rechtswidrig In einer Entscheidung vom 4.9.2014 hat das Verwaltungsgericht Leipzig (Az. 5 K 15/13) ein Hausverbot gegen einen Rechtsanwalt, verhängt vom dortigen Jobcenter, für unrechtmäßig erklärt. Die Auseinandersetzung geht auf den Umzug des Jobcenters in andere Räumlichkeiten zurück. Die Jobcentermitarbeiter hatten in Kartons gepackte Akten von Bürgern mit Sozialdaten unbewacht in den Fluren gestapelt. Diese Zustände bewertete der vor Ort befindliche, klagende Rechtsanwalt als unhaltbar und trug diese durch die Stockwerke des Gebäudes, um sie am Eingang abzugeben. Dabei ließ er sich mit einer Handykamera filmen. Auf dem Video war auch Publikum zu sehen. Aufgrund dieses Vorfalls verhängte das Jobcenter eine Zutrittssperre von einem Jahr. Das Verwaltungsgericht betonte in seiner Entscheidung, dass es kein Recht zur eigenmächtigen Entfernung behördlicher Unterlagen gab. Ebenso als illegal werteten die Verwaltungsrichter die Filmaufnahmen, die der Anwalt zu Dokumentationszwecken angefertigt hatte und die ungefragt Personen abbildeten. Allerdings hatte das Jobcenter in der Begründung des Hausverbots fälschlich unterstellt, der Rechtsanwalt wollte die Akten stehlen. Auch gab es entgegen den Angaben im Hausverbot zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung der Mitarbeiter des Jobcenters. Von daher war das Hausverbot ermessensfehlerhaft ausgesprochen worden und als rechtswidrig aufzuheben. f AdVoice 04 /14 53 Euer FORUM Eine Nische optimal nutzen Sozialrecht hat auch Vorzüge / Vortrag auf der FORUM-Jahrestagung Zum Sozialrecht gehört eine Vielzahl von Leistungen – unter anderem Zuschüsse für die Wohnungsmiete. Das Sozialrecht stand auf der FORUM-Jahrestagung im Mittelpunkt eines Vortrages der Göttinger Rechtanwältin Jessica Kuhn-Aldea. Hier die Kernpunkte ihrer Ausführungen. Der Begriff des Sozialrechts ist in der Gesellschaft vor allem negativ geprägt durch Hartz IV und das Armenrecht. Der Titel des Fachanwalts für Sozialrecht ist im bundesweiten Vergleich der Bundesrechtsanwaltskammer vom 1.1. 2012 unterbesetzt, vergleicht man ihn einmal mit den führenden Fachanwaltstiteln etwa für Familienrecht oder Arbeitsrecht. Fragt man sich nach den Gründen, könnte man meinen, das Sozialrecht werde von der Anwaltschaft stiefkindlich behandelt. Oft wird die anwaltliche Tätigkeit im Bereich des Sozialrechts mit politischem und sozialem Engagement gleichgesetzt, wobei der Anwalt dann entsprechend wenig für sein Engagement an Gebühren bekommen soll. Freilich gibt es – wie in allen anderen Tätigkeitsgebieten – auch Mandanten mit einer derartigen Ansichtshaltung. Nichtsdestotrotz bietet das Sozialrecht einige Vorzüge, die im Einzelnen kurz dargestellt werden sollen. Zum Sozialrecht gehört eine Vielzahl von Sozialleistungen, die in zwölf Gesetzbüchern umfassend ausgebaut und in verschiedene Teilbereiche untergliedert sind. Die zentralen Bereiche des materiellen Sozialrechts, wie die wohl bekanntesten Bücher der Grundsicherung, Arbeitsförderung und Sozialhilfe, sind derart kompliziert, dass sich der Mandant ohne Hilfe eines Experten nicht zurechtfinden kann. Daher bietet das Sozialrecht – im Vergleich mit anderen Rechtsgebieten – für den Anwalt sehr gute Möglichkeiten, sich auf Nischen der einzelnen Bücher des Sozialgesetzbuchs zu spezialisieren und den Mandanten somit im Dschungel der Geld-, Sach- 54 AdVoice 04 /14 und Dienstleistungen in den unterschiedlichen zentralen Bereichen des Sozialrechts fachspezifisch zu beraten und die Interessen gegenüber den (Sozial-) Leistungsträgern der öffentlichen Verwaltung entsprechend durchzusetzen. Sogar bestandskräftige Entscheidungen können überprüft werden Zu beachten sind jedoch bei der Wahl einer der Nischen die stets geltenden Besonderheiten des Sozialrechts. Verfahrenstechnisch erwähnenswert ist etwa § 44 SGB X, der es dem Mandanten erlaubt, auch eine bereits bestandskräftige und damit unanfechtbare Entscheidung überprüfen zu lassen, wenn er der Meinung ist, der Bescheid sei nicht rechtskonform. Liegen die Voraussetzungen des § 44 SGB X vor, so ist der entsprechende Verwaltungsakt vom Leistungsträger zurückzunehmen. Dies kommt in der Praxis sehr häufig vor und bietet eine gute Überleitung in das dem Anwalt zustehende Gebührenrecht im Sozialrecht. Wie anfangs dargetan, scheint sich für den Anwalt kein großer gebührenrechtlicher Spielraum zu bieten. Das RVG sieht für die sozialrechtliche anwaltliche Tätigkeit Rahmengebühren vor, die sich eben nicht nach dem Gegenstandswert steigern. Da jedoch ein massiver Beratungsbedarf in sozialrechtlichen Angelegenheiten besteht, wird diese Nische zum einen durch die Masse, zum anderen aber auch durch die Sicherheit der Gebühren durch die Landeskassen kompensiert, in der Beratung und dem Widerspruchsverfahren über die (nachträgliche) Beratungshilfe und im Prozess über Prozesskostenhilfe. In der Abrechnungspraxis sollte man sich allerdings folgender Fallstricke bewusst sein: Foto: Rosi v. Dannen_pixelio.de Massenhaft sichere Gebühren Liegen die Voraussetzungen für Beratungshilfe vor und wendet sich der Mandant sogleich unmittelbar an den Anwalt, so ist auf die Vierwochenfrist des § 6 II 2 BerHG zu achten. Das RVG stellt den beratenden Kollegen zudem vor die Frage, ob einem Mandanten die Gebühr des 2500 VV-RVG in Rechnung gestellt wird. Bei der Wahl sollte beachtet werden, dass diese Gebühr bereits die Bruttogebühr darstellt. Oft kommt es auch vor, dass dem Mandanten bei Beantragung von Beratungshilfe beim zuständigen Amtsgericht der „nette“ Hinweis auf den oben erörterten § 44 SGB X gegeben wird und, da die Leistungsträger hierauf im Rahmen der §§ 13 bis 15 SGB I hinweisen müssen, ein anwaltliches Tätigwerden dann nicht notwendig erscheint. Hier hilft oftmals das Argument der Waffengleichheit. Liegen die Voraussetzungen für Beratungshilfe oder Prozesskostenhilfe nicht vor, so steht der Selbstzahler bei Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung vor der nächsten Hürde. Die Rechtschutzversicherer schließen des Öfteren das Sozialrecht komplett in den Versicherungsbedingungen aus oder aber beschränken die Einstandspflicht auf das prozessuale Tätigwerden. Letzteres stellt aus anwaltlicher Sicht dann kein Problem dar, wenn es nach Widerspruch einen Abhilfebescheid gibt und die Kosten der Rechtsvertretung für notwendig erklärt worden sind. Problematischer wird es, wenn bereits im Antragsverfahren eine Interessenvertretung erfolgt. Für den Ersatz der Kosten im Antragsverfahren gibt es auch bei Obsiegen leider keine Anspruchsgrundlage. RAin Jessica Kuhn-Aldea, Göttingen Euer FORUM Stolpersteine im Gewerberaummietrecht Nachtrag zur FORUM-Jahrestagung: Besonderheiten und Haftungsfallen Das Mietrecht bietet besondere Haftungsfallen. Dabei sind Wohnraummietrecht und Gewerbemietrecht streng zu trennen. Einige der wichtigsten Stolpersteine aus seinen Vortrag zum Gewerbemietrecht bei der FORUM-Jahrestagung 2014 hat unser Referent RA Nils-Jasper Schuler für die AdVoice zusammengefasst. Nicht nur für die Beratung im Mietrecht sind diese Grundkenntnisse wichtig und lesenswert, sondern auch für alle Anwälte, die selbst einmal einen Gewerbemietvertrag abschließen. Der Bundesgerichtshof und das BGB haben allerdings hohe formelle Anforderungen an die Ausgestaltung eines gewerblichen Mietvertrages mit langen Laufzeiten gestellt. Der entscheidende Punkt dabei ist die Vorschrift des § 550 S.1 BGB. Diese sagt sinngemäß aus, dass ein gewerblicher Mietvertrag, der über einen langen Zeitraum abgeschlossen wurde, auch vorher gekündigt werden kann, wenn die Schriftform nicht eingehalten wurde. Was ist nun die Schriftform? Haftungsfalle Schriftform, §§ 578, 550, 126 BGB Nach § 550 Satz 1 BGB sind auch mündlich geschlossene Mietverträge wirksam. Soll ein Mietverhältnis allerdings mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr begründet werden, so muss der Mietvertrag der gesetzlichen Schriftform entsprechen (§ 550 BGB). Hinsichtlich der Schriftform gilt der allgemeine Teil des BGB. Die Schriftform ist in § 126 BGB geregelt. Ein Verstoß gegen die Schriftform hat ausschließlich Auswirkungen auf die Laufzeit des Mietvertrages. Im Gewerberaummietrecht können die Verträge grundsätzlich eine Laufzeit bis zu 30 Jahren haben (§ 544 BGB). Ein Verstoß gegen die Schriftform führt wiederum dazu, dass der Mietvertrag gemäß § 550 Satz 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Ist er auf unbestimmte Zeit geschlossen, geltend die Kündigungsfristen des § 580a BGB, bei der Geschäftsraummiete § 580a Abs. 2 BGB (ordentliche Kündigung am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres bis zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres). Kürzere Kündigungsfristen können im Gewerberaum auch immer vereinbart werden. § 580a BGB ist komplett abdingbar. Vor diesem Hintergrund kann ein Verstoß gegen die Schriftform dazu führen, dass ein auf 30 Jahre abgeschlossener Mietvertrag zum übernächsten Quartal gekündigt werden kann. Es besteht also eine Laufzeitverkürzung von 29,5 Jahren. Dies hat erhebliche haftungsrechtliche Bedeutung. Es ist üblich und zulässig, bei Gewerberaummietverhältnisse lange Laufzeiten bis zu 30 Jahren zu vereinbaren. Dies ist einer der entscheidenden Unterschiede zum Wohnraummietrecht, in dem der Mieter stärker vor langen Laufzeiten geschützt ist. Schriftform ist ein komplexes Thema und füllt ganze Bücherregale. Grundsätzlich kann man sagen, dass sich die Unterschriften aller Vertragspartner auf ein und derselben Urkunde befinden, sowie der Mietzins und das Mietobjekt präzise schriftlich erfasst sein müssen. Bei mehreren Personen auf Vermieterseite oder Mieterseite müssen grundsätzlich alle Vertragsbeteiligten unterschreiben oder sich vertreten lassen. Die Unterschrift als Vertreter muss deutlich aus der Urkunde durch den Zusatz „i. V.“ hervorgehen. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass bei Firmen alle gesetzlichen Vertreter mitunterschreiben oder eine Vertretung durch Vertretungszusatz deutlich wird. An fehlenden erforderlichen Unterschriften oder der Kenntlichmachung von Vertretungszusätzen scheitert die Schriftform vieler Verträge. Beispielsweise müssen bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sämtliche Gesellschafter den Mietvertrag unterschreiben oder sich vertreten lassen. Über die Schriftform können viele Mietverträge „geknackt werden“. Beispielsfall: Sie entwerfen einen gewerblichen Mietvertrag für ein Hotel mit einer Laufzeit von 30 Jahren unter Verstoß gegen die Schriftform. Der monatliche Mietzins beträgt 30.000 Euro. Dies ist eine Jahresmiete in Höhe von 360.000 Euro. Bei einer 30-jährigen Laufzeit sind dies Mieterträge in Höhe von 10,8 Millionen Euro. Wenn Sie den Mietvertrag mit Schriftformverstoß für den Vermieter entwerfen, haften Sie auf den Mietausfallschaden. Entwerfen Sie den Mietvertrag für den Mieter, haften Sie unter Umständen auf den zu erzielenden Gewinn des Hotels in 29,5 Jahren. Haftungsfalle verschuldensunabhängige Garantiehaftung des § 536a Abs. 1, 1. Alt. BGB Im Zusammenhang mit gewerblichen Mietverträgen ist die sogenannte verschuldensunabhängige Garantiehaftung des § 536a I , 1. Alt. BGB von besonderer Bedeutung bei der Haftung. Es handelt sich um einen Ausnahmefall im Haftungssystem des BGB. Diese Haftungsnorm ist daher besonders einschneidend, da es regelmäßig Vermietern nicht gelingt, entsprechende Risiken zu versichern. In den gängigen Vermieterhaftpflichtversicherungen findet sich ein diesbezüglicher Ausschluss. Umgekehrt decken Gebäudeinhaltsversicherungen, Betriebsunterbrechungsversicherungen etc. des Mieters entsprechende Risiken ab. Nach BGH ist es aber im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich, die verschuldensunabhängige Garantiehaftung für Sachmängel abzubedingen (Dr. Ulrich Leo, aktuelle Rechtsprechung zur Gewerberaummiete, Skript Stand September 2012, S. 83.). Dies sollte bei der Gestaltung von gewerblichen Mietverträgen berücksichtigt werden. Haftung nach § 566 Abs. 2 BGB Der bisherige Vermieter scheidet mit Eigentumsumschreibung aus dem Mietverhältnis aus nach § 566 I BGB. Seine Haftung dauert jedoch nach § 566 Abs. 2 BGB fort. Der Mieter soll davor geschützt werden, dass ihm ein zahlungsunfähiger Vertragspartner aufgrund § 566 Abs. 1 BGB aufgedrängt wird. Grund für die strenge Regelung: Wird eine Immobilie zwangsversteigert, tritt der sonst übliche Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ nicht ein – der Ersteigerer kann also Mieter kündigen. Der soll sich deshalb am Verkäufer schadlos halten können (Dr. Ulrich Leo und. Marcus Creutz, Handelsblatt, Art. vom 14.2.2006). Dies ist ebenfalls bei der anwaltlichen Beratung zu berücksichtigen, und es sollte eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer Enthaftung erfolgen, die auch in § 566 II BGB geregelt sind. RA Nils-Jasper Schuler, Hannover Fazit: Es kommt nicht nur auf die vereinbarte Laufzeit, sondern auch auf Einhaltung der Schriftform an. AdVoice 04 /14 55 Euer FORUM ARGE IT-Recht im DAV AG bietet für FORUM-Mitglieder viele Vorteile Die Mitgliedschaft im FORUM junge Anwaltschaft im DAV bringt viele Vorteile. Günstige Haftpflichtversicherung oder ein bundesweites und internationales Netzwerk einschließlich des fachlichen Austauschs mit Kolleginnen und Kollegen sind nur zwei Beispiele. Wer sich spezialisieren will, kann die Chance nutzen und über das FORUM in die meisten Arbeitsgemeinschaften des DAV hineinschnuppern. Viele ARGEn bieten günstige Juniormitgliedschaften an. Veranstaltungen und Sonderkonditionen der Arbeitsgemeinschaften können besucht und genutzt werden. Mit einer Serie wollen wir die Arbeitsgemeinschaften im DAV nach und nach vorstellen. Übersicht aller Arbeitsgemeinschaften unter: http://anwaltverein.de/ ueber-uns/arbeitsgemeinschaften ARBEITSGEMEINSCHAFT IT-RECHT (DAVIT) Gegründet: 1999 Mitglieder: ca. 730 2015 Zielgruppe: Anwältinnen & Anwälte mit Schwerpunkt IT-Recht und angrenzende Rechtsgebiete. Was bietet die ARGE? Die DAVIT fördert die Ausund Fortbildung sowie die Vernetzung der Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Fragen des ITKRechts, des Multimediarechtes und mit Rechtsfragen im Bereich der digitalen Güter, Services und Medien befassen. Mit der DAVIT-Reihe der IT-Rechtstage trifft man sich im gesamten Bundesgebiet. Die ARGE vermittelt durch Fachtagungen, Seminare, Publikationen und intensiven Austausch unter den Mitgliedern Basis- und Spezialwissen. Vielfältige Kooperationen mit Verlagen und Lösungsanbietern sowie der monatliche Newsletter und Pressedienst runden das DAVIT-Mitgliederangebot ab. In der Anwaltschaft unterstützt DAVIT bei der Bewältigung der Herausforderungen der elektronischen Kommunikation und IT-Sicherheit in der Anwaltskanzlei durch Workshops, Informationen und die davit-ITK Grundregeln. > Website: www.davit.de/ Hier findet sich auch das Beitrittsformular. Ausgewählte Vorteile: Fortbildungsveranstaltungen im ganzen Bundesgebiet in Kooperation mit Örtlichen Anwaltsvereinen, DGRI, OSE etc.; Fachanwaltskurse im IT-Recht in Kooperation mit der DeutschenAnwaltAkademie mit reduzierter Teilnehmergebühr; Sechs Gebietsleiter als Ansprechpartner und mit Angeboten vor Ort; Messebeteiligungen an CeBIT, IT-SA, DeGUT u. a.; Reduzierte Teilnehmergebühren für das IT-Seminarprogramm des Verlags Dr. Otto Schmidt; Preisreduzierung für Abonnements Der IT Rechts-Berater (itrb) und juris Online-Modul, MultiMedia und Recht (MMR), Zeitschrift für Datenschutz (ZD) und Beck Online-Module; 10 Prozent Preisvorteil bei Nutzung der Dokumentenmanagement-Lösung doculife sowie attraktive Bundle- und Einzelpreise Elektronische Signaturkarte T-Systems, etc. Anwaltssuche: www.davit.de/nc/it-anwaltsuche Preis für FORUMsmitglieder: 40 Euro statt 80 Euro bis fünf Jahre nach Zulassung. Termine 21. Januar / Köln 13./14. März / Timmendorfer Strand 11.-13. Juni / Hamburg Seminar Social Media und Arbeitsrecht Forum Start in den Anwaltsberuf Deutscher Anwaltstag (DAT) Die wichtigste Veranstaltung des DAV – jährlich in einem anderen Bundesland Infos unter: www.anwaltverein.de Infos unter: www.davforum.de Infos unter: www.davforum.de 23. Januar / Frankfurt am Main 10. Juni / Hamburg Seminar Neues Mindestlohngesetz – Auswirkungen in der Praxis DAT für Einsteiger Informationsveranstaltung für Berufseinsteiger, Referendare und Studenten Infos unter: www.anwaltverein.de Infos unter: www.davforum.de Änderungen vorbehalten! 56 AdVoice 04 /14 Euer FORUM NEU Regionalbeauftragte stellen sich vor Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Arnsberg ist Christina Reuther Mein Name ist Christina Reuther. Ich bin die Regionalbeauftragte für den LG Bezirk Arnsberg. Seit September 2012 bin ich in unserer Kanzlei in Hüsten und Sundern tätig und beschäftige mich schwerpunktmäßig mit Straf-, Vertrags- und ITRecht. Konkurrenzdruck. So hoffe ich, auf den Aufbau eines guten Netzwerkes, das auch in unserem Beruf große Vorteile bringt. Für Fragen, Vorschläge, Anregungen und Kritik wendet Euch direkt per E-Mail an mich. [email protected] Mit frischem Engagement und Freude auf die Arbeit als Regionalbeauftragte werde ich mich auch um die Neu-Einführung des Stammtisches kümmern und hoffe auf eine rege Teilnahme. Foto: fly-picture.de_pixelio.de Als junge Rechtsanwältin / junger Rechtsanwalt steht man manchmal vor einem Problem, das im Gespräch mit Kollegen schnell gelöst werden kann. Bei dem Stammtisch steht das Kollegiale und Freundschaftliche im Vordergrund und nicht der Regionalbeauftragte gesucht! Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMs-Kolleginnen und -Kollegen in den LG-Bezirken Aachen, Amberg, Baden-Baden, Bückeburg, Coburg, Kempten, Rottweil, Schweinfurt, Schwerin, Stendal, Waldshut-Tiengen, Weiden, Zwickau. In diesen Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten nicht oder nur kommissarisch besetzt. Als engagierte FORUMs-Mitglieder könnt Ihr diese Lücken schließen. Der Regionalbeauftragte ist der Ansprechpartner des FORUMs Junge Anwaltschaft vor Ort und organisiert in erster Linie den monat lichen Stammtisch zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen Landgerichtsbezirk. Als RB bist Du auch die Schnittstelle zwischen dem Geschäftsführenden Ausschuss und den Mitgliedern vor Ort und stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich. Eine Übersicht aller Regionalbeauftragten findet Ihr im Internet unter: > www.davforum.de/469/ AdVoice 04 /14 57 Bücher-FORUM Gesamtes Medizinrecht Bergmann/Pauge/Steinmeyer (Hrsg.), 2. Aufl. 2014, 1.877 S., 198,00 EUR, Nomos Verlag Die dynamische Querschnittsmaterie Medizinrecht beinhaltet Gesetze verschiedenster Rechtsgebiete. Geprägt von zwei Hauptzielen, soll es neben der möglichst optimalen medizinischen Versorgung das in seiner Gesamtheit finanzierbare Gesundheitssystem in unserer Gesellschaft regeln. Dieses schnelllebige Gebiet, das sehr von den im Sozialrecht häufigen – mehr oder weniger sinnvollen – Gesetzgebungsaktivitäten beeinflusst ist, verzeichnet stetig steigende Fall- und Beratungszahlen. Es handelt sich nicht nur um mehr Streitigkeiten im Verhältnis Patient/ Arzt sondern auch um Verfahren gegen Gesundheits- und Krankenhausverwaltungen. Die 28 Autoren aus Anwalt-, Richter- und Wissenschaft sowie Verbands- und Versicherungswesen bieten dem Praktiker ein Nachschlagewerk, das neben wichtigen Gesetzen aktuelle Rechtsfragen aufbereitet und Problemlagen herausarbeitet, um Entscheidungs- und Argumentationshilfen für die Beratung und Prozessführung zu offerieren. In dem Werk befinden sich Erläuterungen z. B. des ApoG, Arzneimittelgesetzes, des BGB, des KrankenhausentgeltG, des SGB V, des StGB bis zur ZPO. Bei einem Rechts- und Literaturstand vom 1.1.2014 sind die gesetzlichen Neuerungen eingearbeitet. Das am 26.2.2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz mit der Neufassung der §§ 630a – 630h BGB, das jetzt den explizit im BGB fixierten Behandlungsvertrag, die erhöhten Anforderungen an die Aufklärungs- und Dokumentationspflichten für eine wirksame Einwilligung oder das Recht auf Einsichtnahme des Patienten in die Patientenakte (§630g BGB) regelt, erforderte eine vollständige Neukommentierung des Arzthaftpflichtrechts. Glanzmann passte verständlich die beweisrechtlichen Vorschriften der ZPO entsprechend des neuen § 630h BGB an. Ferner sind die Konsequenzen des Beschneidungsgesetzes, die neue Kommentierung des Embryonenschutzgesetzes, die Mediation oder die Musterberufsordnung für Ärzte integriert. Weiterer Beleg für die aktuelle und vorausschauende Kommentierung ist die Bearbeitung der geplanten Neuerungen zur Bestechlichkeit von Ärztinnen und Ärzten. Lehrreich sind die Ausführungen zur Pflegebedürftigkeit und -stufen (§§ 14,15 SGB XI), zum Personenschaden und sonstigen Schäden, § 249 BGB und von Wever zu den Pflichten der §§ 630c-e BGB. Fazit: Der Kommentar Gesamtes Medizinrecht ist ein top aktuelles Nachschlagewerk, das Verständnis für das Rechtsgebiet schafft. Den juristischen Berufsgruppen des Medizin- und Gesundheitsbereichs ist dieser ernorm starke Kommentar zu empfehlen! RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock 58 AdVoice 04 /14 Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement Heussen/Pischel (Hrsg.), 4. Aufl. 2014, 1.499 S., 149,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt Die Verhandlung von Verträgen gehört zur täglichen Arbeit eines Rechtsanwalts – dennoch beschränken sich Anwälte dabei meist auf Formularbücher, ohne nähere Überlegungen zu Taktik und Psychologie. Abhilfe möchte das nunmehr in 4. Auflage erschienene Handbuch schaffen und durch stärkere Konzeptualisierung der Verhandlung zu besseren Ergebnissen beitragen. Dies erfolgt durch einen großen „allgemeinen Teil“, der ergänzt wird durch Ausführungen zu gesellschaftsrechtlichen Verträgen, Vertragsenglisch, außergerichtlicher Konfliktbeilegung und einer umfassenden Darstellung der länderspezifischen Besonderheiten. Das Ziel des Werkes gelingt meist, erscheint jedoch stellenweise als zu ausführlich. So erscheinen die Ausführungen auf den ersten knapp 200 Seiten zu Bedeutung von Verträgen sowie deren Planung und Design als Erläuterung von Selbstverständlichkeiten, deren konkrete Umsetzung in der Praxis offen bleibt. Interessant ist zum Beispiel die Beschreibung des „mexikanischen Modells“ als mögliches formales Vorgehensmodell, dessen Umsetzung jedoch zu knapp beschrieben wird. Statt theoretischer Ausführungen wären Tabellen und Musterschaubilder/-formulare zu begrüßen gewesen. Praxisbezogen sind demgegenüber die Kapitel zu Austauschverträgen und gesellschaftsrechtlichen Verträgen, die dem Leser praktische Umsetzungsmöglichkeiten und Musterformulierungen an die Hand geben. Eine überzeugende Zusammenfassung bietet auch das Kapitel zum Rechtsenglisch, das auf nationale Unterschiede in Verträgen ebenso eingeht wie auf unterschiedliche Bedeutungen von Wörtern wie may, shall oder is obliged to. Dies wird ergänzt um ein interessantes Kapitel zur EU und Verhandlungen in Brüssel, das neben einer knappen Skizze des Rechtssystems viele praktische Tipps gibt. Seine besondere Stärke zeigt das Handbuch in den Kapiteln zum Verhandeln in verschiedenen Ländern. Die Beschreibungen der kulturellen Unterschiede in Ländern wie USA, China und (neu) Japan, Indien und Türkei umfassen kompakte Darstellungen der Historie der Rechtssysteme, über das Design und Verhandlung von Verträgen wie deren Durchführung. Diese werden nachvollziehbar ergänzt um die Beschreibung gesellschaftlicher und politischer Komponenten. Fazit: Auch wenn das Handbuch teilweise zu ausschweifend ist, bietet es insgesamt ein hilfreiches Nachschlagewerk zur Verhandlung von Verträgen. Insbesondere überzeugt die Erläuterung der internationalen Gepflogenheiten. RA Matthias Lachenmann, Paderborn Europäisches Wettbewerbsrecht Schröter/Jakob/Klotz/Mederer (Hrsg.), 2. Aufl. 2014, 2.657 S., 248,00 EUR, Nomos Verlag Das insgesamt siebenteilige Werk behandelt sämtliche nur denkbaren Fragen zum europäischen Wettbewerbsrecht und verschafft dem Leser durch seine Gliederung und verständliche Darstellung einen sehr guten Überblick. Dabei werden zunächst die Grundlagen übersichtlich vermittelt. Danach befasst sich das Werk mit den Wettbewerbsregeln für Unternehmen, worauf anschließend in mehreren Kapiteln eine ausführliche Kommentierung der Verordnungen zur Durchführung der Artikel 101 und 102 AEUV folgt. In den nachfolgenden Teilen werden die Fusionskontrolle, die Pflichten der Mitgliedstaaten zur Wahrung der EU-Wettbewerbsregeln und die Vorschriften über staatliche Beihilfen sowie die Wettbewerbsregeln in internationalen Abkommen in ebenso übersichtlicher wie auch ausführlicher Art und Weise behandelt. Der Kommentar berücksichtigt in seiner Neuauflage unter anderem die Änderungen des Vertrags von Lissabon sowie die grundlegenden Reformen des sekundären Gemeinschaftsrechts im Kartellverfahrensrecht. Die Unternehmen müssen seit der Verordnung 1/2003 selbst beurteilen, ob ihre Vereinbarungen und Verhaltensweisen rechtmäßig sind (Selbstveranlagungsprinzip). Zudem wurden die Neuerungen im Fusionskontrollrecht, bei der Kontrolle staatlicher Beihilfen und bei der GruppenfreistellungsVO für Technologietransfervereinbarungen eingearbeitet. Somit ist das Werk auf dem neuesten Stand. Die Anwendung und Handhabung des Europäischen Wettbewerbsrechts ist maßgeblich geprägt durch die Fallpraxis von EuGH, EuG und EU-Kommission, sodass deren Kenntnis für die rechtliche Bearbeitung wettbewerbsrechtlicher Fälle unerlässlich ist. Daher ist hervorzuheben, dass der Schröter/Jakob/Klotz/Mederer alle bedeutsamen und relevanten Einzelfallentscheidungen der letzten Jahre praxisnah veranschaulicht. Bei den Herausgebern und Autoren handelt es sich ganz überwiegend um aktuelle sowie ehemalige Beamte der Europäischen Kommission im Bereich Wettbewerb. Dies führt zu einer anschaulichen Darstellung der Entscheidungspraxis der Kommission und der europäischen Gerichte. Der Kommentar richtet sich insbesondere an all diejenigen, die im Bereich des Wettbewerbsrechts tätig sind. Darüber hinaus eignet sich das Werk gleichermaßen aber auch für die wissenschaftliche Arbeit. Fazit: Der Kommentar von Schröter/Jakob/Klotz/Mederer ist aktuell sowie detailreich und damit für jeden mit dem Europäischen Wettbewerbsrecht befassten Praktiker aufgrund seiner übersichtlichen Aufarbeitung ein hervorragendes Nachschlagewerk. RA Tilman Grieger, Stuttgart Bücher-FORUM Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge AGB-Recht Kommentar Beweisrecht der StPO Bauer/Krieger/Arnold (Hrsg.), 9. Aufl. 2014, 747 S., 69,00 EUR, Verlag C.H. Beck Wolf/Lindacher/Pfeiffer (Hrsg.), 6. Aufl. 2013, 2.560 S., 199,00 EUR, Verlag C.H. Beck Ulrich Eisenberg, 9. Aufl. 2015, 1.136 S., 189,00 EUR, Verlag C. H. Beck Das vorliegende Handbuch vermittelt auf rund 750 Seiten alles Wichtige rund um die einvernehmliche Beendigung von Arbeitsund Dienstverträgen unter Berücksichtigung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Aspekte. Dabei wird auch auf weniger gängige Themen wie das der weiteren Handhabung einer D&O-Versicherung oder der Ad-hoc-Publizitätspflicht nach dem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds eingegangen. Der Kommentar von Wolf, Lindacher, Pfeiffer behandelt alle AGB-relevanten Vorschriften des BGB, UKlaG und der Richtlinie 93/13/EWG. Dabei werden auch das internationale Privat- und Prozessrecht sowie das Arbeitsrecht, Versicherungsrecht und der Bankenbereich einbezogen. Die von Eisenberg verfassten Bücher, insbesondere seine Kommentierung des Jugendgerichtsgesetzes und das Beweisrecht der StPO, sind aus Strafverfahren nicht wegzudenken, es handelt sich schlicht um Standardliteratur. Letzteres Buch liegt nunmehr in der mittlerweile 9. Auflage vor und ist auf dem Stand September 2014. Von Kapitel A mit allgemeinen Bemerkungen (Voraussetzungen, Prozessvergleich, Hinweispflichten Arbeitgeber, Anfechtung, Beweislast) werden bis Kapitel K Grundzüge des Kündigungsschutzrechts und der mögliche Inhalt von Aufhebungsverträgen ausführlich besprochen, Besonderheiten beim Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern sowie Sonderkonstellationen wie Insolvenz, Umstrukturierung, Altersteilzeit und (Schein-)Selbstständige erörtert, die steuerliche Optimierung sowie sozialversicherungsrechtliche Folgen (ALG und Rente) behandelt und auf Arbeitspapiere, Vertretung vor Gericht, Gebührenfragen und Rechtsschutz eingegangen. Das letzte Kapitel L enthält eine Vielzahl von Checklisten und Mustern, der folgende Anhang die Durchführungsanweisungen der Bundesagentur zur Sperrzeit. Bei der Darstellung werden auch mögliche Folgen für andere Bereiche einbezogen wie etwa unterhaltsrechtliche Auswirkungen (Stichwort fiktives Einkommen). Neben den rechtlichen Ausführungen finden sich auch praktische und taktische Ratschläge, viele Beispielsfälle und Formulierungsvorschläge für einzelne Klauseln oder Erklärungen. So gibt es Empfehlungen zum Vorgehen bei Massenentlassungen und einen Kriterienkatalog für die Klärung der Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt. Bei besonders kritischen Punkten wird mit der Überschrift „Achtung“ und einem grauen Balken am Rand auf die besondere Gefahr aufmerksam gemacht, etwa in Bezug auf die Frage der Auswirkung einer Freistellung auf das Wettbewerbsverbot oder einer widerruflichen Freistellung auf Urlaubsansprüche und Ansprüche auf Freizeitausgleich. Das Werk befindet sich auf dem Rechtsstand August 2013. In Bezug auf das Ausscheiden von Organmitgliedern ist bereits das Gesetz zur Angemessenheit von Vorstandsbezügen berücksichtigt. Das Autorenteam besteht aus drei Rechtsanwälten, allesamt Partner bei der Kanzlei Gleiss Lutz, darunter der bekannte Arbeitsrechtler Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer. Fazit: Das Handbuch von Bauer/Krieger/Arnold ist eine hervorragende Arbeitshilfe beim Abschluss bzw. der Prüfung von Aufhebungsverträgen. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart Nach einer Einleitung und Ausführungen zum internationalen Geschäftsverkehr folgt auf rund 850 Seiten im 3. Teil des Buches die Kommentierung der §§ 305-310 BGB. Im Anschluss wird auf die AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht eingegangen und dort zum Schluss ausgewählte Vertragsklauseln in alphabetischer Reihenfolge besprochen. Im 5. Teil werden in der Praxis häufig verwendete Klauseln und Vertragstypen von A wie Abonnementvertrag bis Z wie Zwangsvollstreckung in alphabetischer Reihenfolge behandelt. Daran schließen sich Kommentierungen zum Unterlassungsklagengesetz und zur EU-Richtlinie zu missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen an. Bereits berücksichtigt sind die neuen Banken-AGBs, das neue Recht des Zahlungsverkehrs, die Änderungen beim VVG und die Neuentwicklungen im Bereich Transparenzgebot und Ausschlussfristen im Arbeitsrecht. Im Regelfall wird zunächst der Zweck der Norm bzw. der Grundgedanke der Vorschrift erläutert. Danach folgen der Anwendungsbereich und die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung mit der Norm. Anschließend wird auf Besonderheiten bei AGBs zwischen Unternehmern, auf das Verhältnis zu anderen Vorschriften und auf Beweislastfragen eingegangen. Sofern von Bedeutung, wird auch auf die Entstehungsgeschichte der Norm eingegangen. Zwar liegt bei der Erläuterung der Schwerpunkt auf der Darstellung höchtsrichterlicher Rechtsprechung. Abweichende Meinungen oder Aufsätze zum Meinungsstand werden aber in der gebotenen Kürze genannt. Dabei wird nicht nur die aktuelle Rechtsprechung dargestellt, sondern auch mögliche Entwicklungen aufgezeigt, etwa in Bezug auf die Übertragung von Entscheidungen zum Wohnraummietvertrag auf die Gewerberaummiete. Eine alphabetische Schnellübersicht im Einband vorne und hinten erleichtert das schnelle Auffinden der richtigen Stelle. Die unterhalb der eigentlichen Kommentierung zusammengefassten Fundstellen werden von einer Literaturübersicht zum jeweiligen Thema zu Beginn einer jeden Kommentierung ergänzt. Kleine Beispiele, etwa zur Ausschlussfrist, veranschaulichen die theoretischen Ausführungen. Der Eisenberg ist ein Spezialkommentar, der sich allein auf das Beweisrecht im Strafverfahren konzentriert. Er richtet sich daher vorrangig an den erfahrenen Praktiker, Antragsmuster enthält er nicht. Obwohl das Thema des Buches auf den ersten Blick nur einen kleinen eingegrenzten Teil des Strafverfahrensrechts umschreibt, so handelt es sich bei der Fülle an Detailproblemen und hierzu ergangener Rechtsprechung um ein schlicht unmögliches Unterfangen, diesen Bereich erschöpfend in nur einem Band darstellen zu wollen. Der Eisenberg nimmt dies auch nicht für sich in Anspruch. Vielmehr handelt es sich bei diesem Werk um eine Gesamtschau des Beweisrechts, die Zusammenhänge darstellt und dem Leser einen Überblick über seine Möglichkeiten an die Hand gibt. Einen Kommentar ersetzt der Eisenberg nicht. Gegliedert ist der Eisenberg in 5 Teile vergleichbaren Umfangs: Teil 1 trägt den Titel Beweisgrundsätze, Beweisantrag, Beweisverbote, Beweis im Wiederaufnahmeverfahren und Beweistransfer zwischen EU-Staaten. Teil 2 befasst sich mit dem Beschuldigten, der Zeuge findet sich in Teil 3. Es schliessen sich der Teil 4 zum Sachverständigen und abschließend der 5. Teil mit den sachlichen Beweismitteln an. Anhand des übersichtlichen Inhaltsverzeichnisses kommt man schnell zum relevanten Kapitel, wo einen jeweils noch eine kleine Übersicht punktgenau zu der gesuchten Stelle führt. Der Text ist für einen Juristen gut lesbar, wichtige Stichworte sind fett gedruckt und erleichtern dem Leser das schnelle Überfliegen der Seite. Als sehr praxisgerecht stellt sich der am Ende eines jeden Abschnitts zu findende Blick auf die Revision dar. Fazit: Der Eisenberg ist ein Werkzeug, mit dem der Praktiker in die Lage versetzt wird, beweisrechtliche Probleme herauszuarbeiten, um sie dann mit in die Tiefe gehenden Kommentaren zu meistern. Dabei setzt er ein gewisses Maß an Erfahrung voraus, der reine Anfänger wird mit diesem Werk sicherlich noch nicht warm werden. RA Carsten Jaeger, Dortmund Fazit: Der Kommentar von Wolf/Lindacher/Pfeiffer ist eine wertvolle Hilfe bei der Ausgestaltung bzw. Überprüfung von AGBs. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart AdVoice 04 /14 59 Bücher-FORUM Beck´sches Formularbuch Arbeitsrecht Arbeitsrecht Kommentar Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht Klemm/Kornbichler/Neighbour/Ohmann-Sauer/Schröder/ Schwarz (Hrsg.), 3. Aufl. 2014, 1.826 S., mit CD-ROM, 159,00 EUR, Verlag C.H. Beck Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg.), 6. Aufl. 2014, 3.385 S., 159,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt Volker Römermann (Hrsg.), 3. Aufl. 2014, 1.418 S., 169,00 EUR, Verlag C.H. Beck Die Herausgeber und Autoren des Beck´schen Formularbuch Arbeitsrecht entstammen einer auf dem Gebiet des Arbeitsrechts sehr geschätzten Wirtschaftskanzlei. Somit wundert es nicht, dass sie ihr Werk an den Herausforderungen moderner Personalarbeit – wirtschaftsnah – ausrichten. Sie offerieren praxistaugliche und -erprobte Gestaltungsvorschläge für verschiedenste Situationen. Dabei zielen sie primär darauf ab, einvernehmliche Vereinbarungen mit Arbeitnehmern, Betriebs- oder Tarifparteien zu erreichen, beleuchten aber auch einseitige Gestaltungsoptionen des Arbeitgebers. Seit dem Frühjahr ist der HWK mit Rechtsstand 1.1.2014 erhältlich. Die fehlende Kodifikation des Arbeitsrechts und häufige Gesetzesänderungen in der zersplitterten Arbeitsrechtsordnung erschweren es, auf dem Laufenden zu bleiben. Genau hier greift das Konzept des Werks mit kurzen Auflagenintervallen, um den Informationsbedarf mit vernetzten Erläuterungen der diversen Gesetze zu decken. Die 40 Autoren (Anwälte, Richter und Hochschullehrer) streben die problemorientierte Erläuterung unter besonderer Beachtung der rechtssicheren Gestaltung an. Die im Handbuch behandelten Bereiche reichen von der Gründung über Finanzierung, Geschäftsführer, Gesellschafter, Rechnungslegung, Steuern, Aufsichtsrat und Beirat, GmbH & Co. KG, Konzernrecht, Unternehmenskauf, Umwandlung und Auflösung bis zu Krise und Insolvenz. Neu aufgenommen wurde das Kapitel „Besondere Beratungsfelder“, das die Darstellung um die Themen Corporate Compliance und Prozessführung ergänzt. Inhaltlich geht es dabei um die Anforderungen an Compliance-Systeme und wichtige prozessuale Fragen wie Einstweiliger Rechtsschutz und Beschlussanfechtung. Dabei wird auch auf angrenzende Rechtsgebiete, etwa die Fusionskontrolle beim Unternehmenskauf, eingegangen. In dem achtteiligen Werk mit Rechtsstand Februar 2014 ist Teil A. zum Individualarbeitsrecht dem Ablauf eines Arbeitsverhältnisses angelehnt. Es folgen Dienstverträge und andere Anstellungsverhältnisse, Betriebsverfassungs-, Personalvertretungs- und Tarifvertragsrecht, das an Bedeutung gewinnende Thema Compliance im Arbeitsrecht, die Betriebliche Altersversorgung, Mitbestimmung auf Unternehmensebene und zweisprachige Muster (Deutsch-Englisch). Sämtliche Formulare sind Gestaltungsvorschläge mit konkreten Sachverhalten. In den Anmerkungen sind neben Erläuterungen, Varianten und Tipps zu rechtlichen Risiken auch neue Rechtsprechungs- und Literaturhinweise verortet. Inhaltlicher Kern ist das Individualarbeitsrecht. Die Begründung und der Inhalt des Arbeitsverhältnisses sind mit Arbeitsverträgen mit oder ohne Tarifbindung, für Führungskräfte und ausländische Mitarbeiter erörtert. Das Thema Arbeitsvertrag ohne Tarifbindung ist komplett neu überarbeitet. Intensiv widmet sich Mohnke Vergütungsmöglichkeiten. Die Befristungen nach TzBfG, BEEG oder PflegeZG bereitet Schröder auf. Ferner sind z. B. Teilzeit, Auslandseinsatz oder der Übergang des Arbeitsverhältnisses beleuchtet. Schwerpunkt in Teil A. ist die einseitige und einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dessen Abwicklung. Der Nutzer stößt auf Ausführungen zur Anfechtung des Anstellungsvertrags, ordentliche und außerordentliche Kündigungsvarianten, Kündigungsfragen mit Schwerbehinderten oder Mitarbeitern in der Elternzeit etc. bis zur Kündigung von BR-Mitgliedern. Bevor im Rahmen der Abwicklung Zeugnisfragen bearbeitet sind, rückt Kornbichler die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels Aufhebungs-, Abwicklungs- und Altersteilzeitverträgen in das Blickfeld. Fazit: Das gut strukturierte Werk mit ausgereiften Mustern und fundierten Anmerkungen überzeugt den Arbeitsrechtler mit Klarheit und Verständlichkeit. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Sie erläutern relevante Vorschriften aus 45 für das Arbeitsrecht wichtigen Gesetzen. In alphabetischer Ordnung – beginnend mit dem AAG – folgen z. B. das BetrVG, das GG in Auszügen, das KSchG, MuSchG, die relevanten Normen der Sozialgesetzbücher, das TVG bis zum WpÜG. Neben der wachsenden Bedeutung des europäischen Arbeitsrechts und der neuen Erläuterung des Art. 6 EUV rücken die Schnittstellen zum Gesellschafts-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht in den Fokus. Der HWK integriert die neuesten Gesetzesänderungen, z. B. das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, das Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung oder das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts. Aus der integrierten neuesten Rechtsprechung sind die Entscheidungen zur Leiharbeit, z. B. zur Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei arbeitsrechtlichen Schwellenwerten, zur Durchsetzung von „equal-pay“-Ansprüchen oder den Rechtsfolgen nicht mehr nur „vorübergehender“ Arbeitnehmerüberlassung sowie, im Befristungsrecht, zum missbräuchlichen Einsatz von Kettenbefristungen hervorzuheben. Ferner sind wichtige Entscheidungen im Diskriminierungsrecht zur Zulässigkeit der Frage nach der Schwerbehinderung, im Arbeitskampfrecht zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen oder zur dynamischen Bezugnahme auf Tarifverträge im Fall des Betriebsübergangs gewürdigt. Optische Hervorhebungen, der Fußnotenapparat mit aktueller Rechtsprechung, Hinweise und Formulierungsvorschläge dienen der Übersichtlichkeit. Bei Themen mit großer Kasuistik (z. B. AGBRecht, Kündigungsrecht) sind die Stichwort-ABCs hilfreich. Fazit: Der HWK ist eine hochwertige arbeitsrechtliche Gesamtkommentierung, um die Fragen der täglichen Mandatsarbeit zu klären. Die Autoren konzentrieren sich auf das Wesentliche, ohne die wissenschaftliche Fundierung zu vernachlässigen. Ein zuverlässiges Hilfsmittel! RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Das Werk ist konsequent praxisorientiert. So werden z. B. bei der Besprechung des unternehmerischen Entscheidungsspielraums von Geschäftsführen bzw. Vorständen in der Praxis entschiedene Fälle kurz dargestellt, um die „business judgement rule“ handhabbarer zu machen, auf Gefahren hingewiesen, etwa bei der Beurkundung im Ausland und bei der GmbH-Gründung entstehende Notarkosten aufgelistet. Beim Thema Nachfolgeklauseln für den Fall des Todes eines Gesellschafters werden die verschiedenen Varianten dargestellt, deren Vor- und Nachteile erläutert und Handlungsempfehlungen gegeben. Sehr hilfreich sind die zahlreichen Checklisten, etwa zum Inhalt einer Satzung oder zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung, sowie Formulierungsvorschläge, beispielsweise für die Geschäftsführerbestellung, einen Zustimmungskatalog für die Geschäftsführung und bestimmte Satzungsklauseln. Gleiches gilt für die Beispielsfälle und die Muster-Bilanz und -GuV. Zahlreiche ausführliche Muster, etwa für eine Satzung, eine Handelsregisteranmeldung und ein Gründungsprotokoll liefern für die Beratungspraxis wichtige Bausteine. Tabellarische Übersichten, z. B. zu den Unterschieden von „klassischer“ GmbH und UG, in der die jeweiligen Regelungen gegenübergestellt werden, fassen die theoretischen Ausführungen übersichtlich und anschaulich zusammen. Das Buch ist auf dem Rechtsstand Oktober 2013. Es enthält einige neuere Entscheidungen zum vor fünf Jahren in Kraft getretenen MoMiG, was eine deutlich rechtssicherere Beratung ermöglicht. Unter den zahlreichen Bearbeitern befinden sich neben Rechtsanwälten und Fachanwälten auch Professoren, Notare, Steuerberater und Betriebswirte. Fazit: Das Werk aus der Reihe der Münchener Anwaltshandbücher ist eine wichtige Unterstützung für den Praktiker bei der Beratung von Mandanten rund um die GmbH. RAin Tanja Fuß, MPA, Stuttgart 60 AdVoice 04 /14 Bücher-FORUM Münchner Anwaltshandbuch Familienrecht Verteidigung in Straßenverkehrssachen BGB Paket 2014 Klaus Schnitzler (Hrsg.), 4. Aufl. 2014, 1.833 S., 159,00 EUR, Verlag C.H. Beck Freyschmidt/Krumm, 10. Aufl. 2013, 2.805 S., 49,99 EUR, C. F. Müller Verlag Handkommentar + Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch 2014, 5.587 S., 158,00 EUR, Nomos Verlag Im Jahr 2014 ist nunmehr die aktuelle 4. Auflage des Münchener Anwaltshandbuchs Familienrecht veröffentlicht worden. Dieses bekannte Werk widmet sich dem gesamten Familienrecht. Der bewährte Ratgeber wartet neben Rechtsanwalt Uwe Freyschmidt mit dem anerkannten Verkehrsstrafrechtskenner, Richter am AG Lüdinghausen, Carsten Krumm, als neuem Co-Autor auf. Während Freyschmidt sich fortan den prozessualen Ausführungen zuwenden wird, widmet sich Krumm künftig der Erläuterung des materiellen Verkehrsstrafrechts. Mit ihrem Buch möchten die Autoren dem Verteidiger einen aktuellen, praxisbezogenen Ratgeber mit nützlichen und verlässlichen Hinweisen geben. Da Straßenverkehrssachen in der Praxis des Strafrechts einen erheblichen Anteil ausmachen, sind spezielle Fachkenntnisse für den Verteidiger unabdingbar. Das Buchpaket besteht aus der 8. Auflage des von Schulze, Dörner, Ebert u. a. bearbeiteten Handkommentars BGB und der 2. Auflage des von Schulze, Grziwotz und Lauda herausgegebenen kommentierten Vertrags- und Prozessformularbuchs BGB. Gegenüber dem Einzelkauf spart man beim Kauf des Paketes 40 Euro. Zunächst erfolgt in dem Werk eine grundlegende Darstellung der Mandatsannahme und Mandatsabwicklung sowie der einschlägigen Verfahrensgrundsätze. Es werden ferner sämtliche materiellen und formellen Besonderheiten des Familienrechts aus anwaltlicher Sicht erläutert. Das Werk beantwortet dabei alle klassischen familienrechtlichen Fragen wie z. B. Fragen zum Unterhaltsrecht, zur elterlichen Sorge, zum Eherecht bis hin zu Mitverpflichtung und Ausgleichsansprüchen. Allerdings behandelt die Neuauflage auch familienrechtliche Themen in Verbindung mit angrenzenden Rechtsgebieten. So werden etwa Verknüpfungspunkte zum Versicherungs- und zum Steuerrecht ausführlich dargestellt. In die aktuelle Auflage wurden mehrere Reformen und Rechts änderungen eingearbeitet. Dazu zählen selbstverständlich die Entscheidungen zu familienrechtlichen Themen. Insbesondere betrifft dieses aber auch die Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern. Ferner wurde das Mediationsgesetz und das neue Kosten- und Gebührenrecht (2. KostRMoG) sowie die Düsseldorfer Tabelle 2014 entsprechend berücksichtigt. Positiv stechen bei dem Leser ferner die zahlreichen Berechnungsbeispiele heraus, die anhand dieser konkreten Beispiele die Arbeit wesentlich erleichtern. Sehr gut sind ferner die Grauhinterlegungen von Praxistipps, die der anwaltliche Praktiker benötigt, und die diesem die Arbeit erheblich erleichtern. Ergänzt wird die gute Lesbarkeit des Werkes durch jeweilige Checklisten zu den Themen. Diese Checklisten helfen sowohl für die Erstellung von Schriftsätzen als auch für die stringente Durchführung der anwaltlichen Beratung. Fazit: Der Schnitzler ist ein unverzichtbares Werk im Bereich des Familienrechts. Durch die hohe Praxisrelevanz der Darstellung kann es sowohl dem familienrechtlich spezialisierten Anwalt als auch dem Allgemeinanwalt die Arbeit im Familienrecht deutlich erleichtern und auf eine fundierte Grundlage stellen. RA Martin Bretzler, Hann. Münden Trotz des Rechts- und Literaturstands von Juli 2013 gelang es, vereinzelte, spätere Beiträge einzuarbeiten. Neben dem Themenbereich zum sogenannten EU-Führerschein bearbeitete Krumm das Fahrverbot und den Verstoß gegen das PflVG neu. Das Buch ist gut aufgemacht. Die Fließtexte sind mit teils fett gedruckten Schlagworten durchzogen, um die gezielte Suche konkreter Stellen zu erleichtern. Gespickt sind die Texte mit deutlichen Praxishinweisen, tabellarischen Rechtsprechungsübersichten oder verschiedensten Beispielsaufzählungen. Der Fußnotenapparat zitiert neueste Rechtsprechung und weiterführende Literatur. In dem dreizehnteiligen Werk befinden sich Abschnitte zum Mandat in Verkehrsstrafsachen, zu den wichtigsten Straftatbeständen, zur Entziehung der Fahrerlaubnis, Sperre und Fahrverbot, Einstellung des Ermittlungsverfahrens, Strafbefehlsverfahren und beschleunigtes Verfahren, zur Verteidigertätigkeit nach Anklageerhebung, Hauptverhandlung, Kosten- und Auslagenerstattung, Berufung, Revision bis zu Nebenklage; Verletztenund Nebenklagebeistand und Adhäsionsverfahren, bevor Teil 13 zu Mustern und Verteidigerschreiben das Buch beendet. Nützlich für den Neuling ist Teil 1 mit Ausführungen zu Überlegungen vor der Mandatsannahme, zur Vollmacht, zu Maßnahmen vor und nach der Akteneinsicht bis zu Honorarfragen. Krumms Ausführungen zum Nachweis der Blutalkohol-/Atemalkoholkonzentration bei § 316 StGB sind lehrreich, ebenso wie die Erläuterungen bei § 142 StGB zu frühzeitigen Maßnahmen oder Gutachten von Verkehrssachverständigen und deren strategische Verwertbarkeit. Fazit: Das Handbuch offeriert das für die Verteidigungspraxis in Straßenverkehrssachen unverzichtbare aktuelle Knowhow. Es schärft den Blick auf das im Prozess Machbare, bietet taktische Erwägungen und vermittelt Spezialkenntnisse für die qualifizierte Beratung und Prozessvertretung. Der kompakte Kommentar im „Aktentaschenformat“ behandelt neben dem BGB im Anhang noch das EGBGB, die Rom I- und II-VO, das AGG sowie in integrierter Form einige weitere Gesetze, so etwa im Familienrecht das VersAusglG und das GewSchG. Bei einer so hohen Zahl an Vorschriften muss der Inhalt notwendigerweise knapp, die Schrift klein und das Layout gedrungen sein. Auf ungewöhnliche Abkürzungen à la Palandt wird jedoch zum Glück verzichtet. Die Kommentierung ist durchgehend so aufgebaut, dass zunächst der systematische Standort und der Anwendungsbereich (I.) und sodann die einzelnen Tatbestandsmerkmale (II.) erläutert werden. Die Ausführungen sind prägnant und leicht verständlich. Die Nachweise, aber (leider) auch die Aufzählung von Einzelfällen und Beispielen sind dabei auf ein Minimum reduziert. Der Kommentar dient damit in erster Linie zur ersten Orientierung oder zum raschen Nachschlagen von einzelnen Tatbestandsmerkmalen und Definitionen. Das Konzept des Formularbuchs ist innovativ: Anders als üblich werden die Beispielformulierungen hier nicht chronologisch oder nach Sachzusammenhängen geordnet, sondern entlang der einzelnen Vorschriften des BGB entfaltet. Hierdurch erfährt das Genre Formularbuch einen ganz neuen „Dreh“. Man kann nun bei der Fallbearbeitung – wie bei einem Kommentar – direkt unter den einschlägigen Normen nachschlagen und findet dort die passenden Formulierungen. Durch diese neuartige Verknüpfung ist das Buch über seine eigentliche Funktion als Nachschlagewerk hinaus auch sehr lehrreich. Zudem werden aufgrund des kommentarartigen Aufbaus Musterformulierungen auch zu „kleineren“ Vorschriften geboten, die man in klassischen Formularbüchern eher nicht findet. Gleichzeitig brauchen die Formulare zu den „großen“ Bereichen (Mietrecht, Kaufrecht, u. a.) den Vergleich zu spezialisierten Formularbüchern nicht zu scheuen. Fazit: In der Regel benötigt man zur praktischen Mandatsbearbeitung das Gesetz, einen Kommentar und ein Formularbuch. All dies wird hier in einem sehr gelungenen Gesamtpaket geboten – zugreifen! RA Henry Naeve, Hamburg RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock AdVoice 04 /14 61 QUIZ-Auflösung ! Frage 1, Seite 6 Frage 6, Seite 15 Frage 10, Seite 25 Richtige Antwort: ja Richtige Antwort: ja (vorerst) Richtige Antwort: ja – Zeichenähnlichkeit besteht EuGH, Urteil vom 21.1.2010 – C-398/08 P – „Vorsprung durch Technik” OLG Düsseldorf, Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 5.8.2014, Az.: I 20 U 63/14 EuGH, Urteil vom 9.1.2003 - Rs. C-292/00 und nachgehend BGH Urteil vom 30.10.2003 - I ZR 236/97 (OLG Bremen) Davidoff II mit weiterer Zurückverweisung an OLG Bremen. Rn. 45: „Insoweit ist insbesondere hervorzuheben, dass der anpreisende Sinn einer Wortmarke es nicht ausschließt, dass sie geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, dass, sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird.“ Die Romantitel „Wanderhure“ seien zwar wegen Unterscheidungskraft grundsätzlich titelrechtlich geschützt. Es liege aber kein Verwechslungstatbestand nach § 15 MarkenG vor. Die Antragsgegnerin und Verwenderin des Titels „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ könne sich auf die Kunstfreiheit aus Art.5 Abs. 3 GG berufen. Zwar sei eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft hier gegeben, da die Antragsgegnerin sich den Aufmerksamkeitswert der Reihe zu Eigen mache, die Kunstfreiheit stelle aber einen rechtfertigenden Grund dar. Die feine Ironie und der Wortwitz des Titels machten diesen zur Kunst. Da auch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung vorliege und auch nicht ausschließlich kommerzielle Zwecke verfolgt würden, sei der Kunstfreiheit hier der Vorrang einzuräumen. Auch die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Frage 2, Seite 7 Richtig ist: 45 Klassen, davon elf für Dienstleistungen. Wenn Du den Begriff Nizzaklassifikation noch nie gehört hast, zieh bitte einen Punkt ab. Frage 3, Seite 9 Richtige Antwort: ja BPatG, Beschluss vom 16.2.2005 · Az. 29 W (pat) 286/02 Der Widerspruch von Red Bull hatte Erfolg. Das Zeichen musste für die betreffenden Waren gelöscht werden. Die Gefahr von Verwechslungen bestehe infolge von gedanklichem Inverbindungbringen als Fall einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, d. h. der Verkehr erkennt, dass es sich um unterschiedliche Zeichen handelt, bringt die jüngere aber mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung. Zudem läge ein Serienzeichen „Bull“ vor. Unter Berücksichtigung der Warenähnlichkeit und der Erwägungen zur Verwendung des Bestandteils „Bull“ als Serienzeichenbestandteil sowie als Firmenschlagwort hält die jüngere Marke den erforderlichen sehr weiten Abstand nicht mehr ein. Die Gefahr von Verwechslungen in Klasse 32 ist gegeben. Frage 4, Seite 11 Richtige Antwort: Der Parallelimporteur BGH Urteil des I. Zivilsenats vom 15.3.2012 - I ZR 52/10, Urteil des I. Zivilsenats vom 15.3.2012 - I ZR 137/10 Für die Frage, ob es sich um Originalmarkenware handelt, ist grundsätzlich die Beklagte beweispflichtig. Allerdings muss der Markeninhaber, der eine Produktfälschung behauptet, zunächst Anhaltspunkte oder Umstände vortragen, die für eine Fälschung sprechen. Frage 5, Seite 12 Richtige Antwort: 5 Jahre vgl. § 49 MarkenG. Wurde die Marke nicht benutzt, kann sie wieder aus dem Register gelöscht werden. 62 AdVoice 04 /14 Frage 7, Seite 18 Richtige Antwort: ja BGH, Urteil vom 29.7.2009 - I ZR 102/07 – Zurückvereisung an das OLG Köln, dort Urteil vom 21.1.2011 - 6 U 35/07 OLG Köln entscheidet unter Beachtung der BGH-Entscheidung: Es bestehe Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angesichts der durchschnittlichen Zeichen-Ähnlichkeit, der hohen Ähnlichkeiten der Dienstleistungen und der jedenfalls in den oberen Bereich des Durchschnittlichen gesteigerten Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke. Die Kennzeichnungskraft sei nachträglich gesteigert. Achtung: In dem Fall bestand jedoch kein Anspruch auf Domainverzicht für „aidu.de“. Frage 8, Seite 19 Die Zeichen haben wegen der identischen Schreibschrift und den auffällig in übereinstimmender Weise gestalteten Buchstaben „D“ sowie „ff“ einen ähnlichen bildlichen Gesamteindruck, obwohl die zugrunde liegenden Wörter unterschiedlich sind. Frage 11, Seite 27 Richtige Antwort: ja BGH, Urteil vom 13.11.2003 - I ZR 184/01, Teilweise Zurückverweisung an OLG Koblenz. Es besteht Verwechslungsgefahr zwischen MIDAS und medAS für identische und ähnliche Waren und Dienstleistungen. Wenn, wie im Streitfall, Waren- und Dienstleistungsidentität bzw. hochgradige Ähnlichkeit und darüber hinaus ein hoher Grad an Markenähnlichkeit gegeben ist, reicht eine auch nur durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die der Klagemarke als einer Fantasiebezeichnung jedenfalls zugesprochen werden muss, zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr aus. LS des BGH: Der Verkehr hat keinen Anlass, die u. a. für Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung eingetragene Marke „medAS” zergliedert wie „med” „AS” auszusprechen und in einem sich hieraus ergebenden Sinn zu verstehen. Frage 12, Seite 29 In der Datenbank TMview. Wer hier eine andere Antwort gegeben hat, ist leider nicht up to date. Richtige Antwort: zweimal nein Frage 13, Seite 31 BGH, Urteil vom 11.4.2002, I ZR 317/99 Richtige Antwort: 3 1. Für die Domains gilt das Prioritätsprinzip. BGH Leitsatz: Ist ein Namensträger nach dem Recht der Gleichnamigen verpflichtet, seinen Namen im geschäftlichen Verkehr nur mit einem unterscheidenden Zusatz zu verwenden, folgt daraus nicht zwingend das Verbot, den Namen als Internet-Adresse zu verwenden. Vielmehr kann eine mögliche Verwechslungsgefahr auch auf andere Weise ausgeräumt werden. So kann der Internetnutzer auf der ersten sich öffnenden Seite darüber aufgeklärt werden, daß es sich nicht um die Homepage des anderen Namensträgers handelt, zweckmäßigerweise verbunden mit einem Querverweis auf diese Homepage. / 2. Der Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, der Rechtsträger missbraucht den Namen zu unlauteren Geschäften und fügt damit dem Namensgeber erheblichen Schaden zu. Sowohl im Register des deutschen Patent- und Markenamts als auch bei der WIPO (World Intellectual Property Organisation in Genf) und beim EU-Markenamt HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante) werden Register geführt mit Marken, die in Deutschland ihre Wirkung entfalten können. (tos) Frage 9, Seite 22 Richtige Antwort: ja EuG, Urteil vom 14.5.2014 – T-160/12 Zwischen den Zeichen bestehe aufgrund klanglicher, visueller und begrifflicher Ähnlichkeit sowie entsprechender Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr, auch bei einer nur schwachen Kennzeichnungskraft. Der Widerspruch hat damit Erfolg, die Marke muss vom HABM wieder gelöscht werden. Wie viele Fälle hast Du richtig gelöst? 13 Wir verleihen den Titel Markenrechtsexperte! 10-12 Schau lieber noch mal in einen Kommentar, bevor Du Schriftsätze verfasst! 7-9 Du könntest einen Fachanwaltslehrgang belegen. 4-6 Frag lieber einen Kollegen. 0-3 Lass die Finger vom Markenrecht! Autorenverzeichnis Nadine Passenheim ist Rechtsanwältin in Hannover und berät im allgemeinen Zivilrecht, Arbeitsrecht und Familienrecht, dort insbesondere nichteheliche Lebensgemeinschaften. Sie ist auch als Juristische Referentin bei der Rechtsanwaltskammer Celle angestellt. www.ra-passenheim.de Dr. Britta Hansen Rechtsanwältin Dr. Britta Hansen ist als Strafverteidigerin in Kiel tätig. Sie promovierte im Wirtschaftsstrafrecht. Die im Jahr 2010 veröffentlichte Doktorarbeit trägt den Titel „Legitimation und Reichweite der §§ 284 ff. StGB und § 16 II UWG – Glücksspiel und progressive Kundenwerbung“. [email protected] Sabrina Steller ist seit 2014 selbstständige Anwältin. Ihre Interessengebiete liegen im Familien-, Erb- und Medizinrecht. [email protected] Dr. Claudia R. Cymutta hat sich auf die insolvenzrechtliche Beratung spezialisiert, insbesondere auf die Abwehr von Insolvenzanfechtungsansprüchen und auf Fragen zu Mietverhältnissen in der Insolvenz. Regelmäßig veröffentlicht sie Fachbeiträge und hält Vorträge. [email protected] Werdet AdVoice-Autoren! Wir suchen Autoren, die Lust haben, mit uns zusammen juristische Welten auszuleuchten. Wir sind auf Eure Ideen und Anregungen gespannt und freuen uns auf Eure Beiträge. Meldet Euch per Mail bei der Redaktion. Schickt Eure Vorschläge und Texte an: [email protected] Nils-Jasper Schuler ist als Fachanwalt für Miet-und Wohnungseigentumsrecht in der BSH Schuler und Partner Partnerschaftsgesellschaft tätig. Er ist seit Januar 2013 Regionalbeauftragter des FORUMs Junge Anwaltschaft für den Landgerichtsbezirk Hannover. [email protected] Merle Hogrefe absolvierte ihr Masterstudium im Fach Marketing und Management mit Schwerpunkt Marken- und Vertriebsmanagement. Während des Studiums hat sie bereits einen Fachartikel zum Themenbereich Social Media Marketing im Springer Gabler Verlag publiziert. Derzeit ist sie für die Entwicklung von Vermarktungskonzepten eines Mobilfunkanbieters verantwortlich. Stefan Busch ist seit Januar 2014 Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er hat sich mit zwei weiteren Kollegen zur ADVOCAT – Ihns, Busch, Hamann Rechtsanwälte PartmbB zusammengeschlossen. Bis August 2014 betreute er als Regionalbeauftragter den LG-Bezirk Lübeck. [email protected] Andreas Hansmeier war nach dem Jura-Studium zunächst als freier Mitarbeiter in einem mittelständischen Anwaltsnotariat tätig. Seit 2012 ist er angestellter Rechtsanwalt in der Kanzlei Scheuch & Lindner, Karlsruhe. Jessica Kuhn-Aldea ist selbständige Rechtsanwältin in Göttingen mit den Schwerpunkt Sozialrecht, Patientenrecht und Arbeitsrecht. In diesen Bereichen, insbesondere im Schwerbehindertenrecht und Arbeitsrecht ist sie auch als Dozentin tätig. Sie ist die Regionalbeauftragte für den LG-Bezirk Göttingen. [email protected] Dr. h.c. Renate Jaeger ist Schlichterin an der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Sie war Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und Richterin am Bundesverfassungsgericht. Weitere Stationen ihrer Laufbahn waren alle Instanzen der deutschen Sozialgerichtsbarkeit. [email protected] Fee Rahel Schlaegel ist Rechtsanwältin bei Lawyal Rechtsanwälte in Köln. Seit 2002 arbeitet sie neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als Autorin, u. a. für den Otto Schmitt Verlag und die Lexis Nexis GmbH. www.lawyal.de Dr. Sylvia Ruge ist Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft. Sie ist seit 2003 als Rechtsanwältin tätig. Seit August 2011 arbeitet sie zusätzlich für die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft und ist seit Januar 2014 deren Geschäftsführerin. [email protected] Filip Siegert ist seit 2011 Rechtsanwalt in der Kanzlei Dr. Häcker & Kollegen in Aschaffenburg. Er ist zudem Regionalbeauftragter des FORUMs Junge Anwaltschaft für den dortigen LG-Bezirk. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind das Verkehrsrecht und das Strafrecht. [email protected] Steffen Eube ist angestellter Jurist bei der HDI Firmen und Privat Versicherung AG und dort im Zentralen Underwriting Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung tätig. [email protected] Susanne Kleiner ist freie PR-Beraterin, Texterin, Journalistin sowie Mediatorin in München und kooperiert mit Rechtsanwälten als Expertin für Litigation-PR. Sie berät zu Kanzlei-PR und Markenstrategie. Als Dozentin und zertifizierte Trainerin vermittelt sie persönliche und mediale Kommunikationskompetenz. www.susanne-kleiner.de Tobias Sommer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in der Kanzlei 24 IP Law Group. Er war als freier Journalist tätig und ist seit 2006 Chefredakteur der AdVoice. [email protected] AdVoice 04 /14 63 Das letzte Wort 25 Jahre danach Fotos Titelseite: 1 RainerSturm_pixelio.de 2 Andrea Vollmer Der Mauerfall und das Recht Okay, okay, eigentlich gehört sich das nicht, auf der letzten Seite ein Thema durchzunudeln, das eigentlich mehr Aufmerksamkeit und einen Platz weiter vorn im Heft verdient. Zur Ehrenrettung der letzten Seite sei aber gesagt, dass diese ähnlich wie die Titelseite gern zuerst gelesen wird. Beachtung ist im Pressegeschäft eben alles, sodass wir auch auf dieses Kalkül setzen und auf der letzten Seite Eyecatcher platzieren. Und beinah wäre uns ein wichtiges Thema vollständig durch die Lappen gegangen. Stell Dir vor, es ist Wiedervereinigung und keiner macht mit. Das könnten (Fantasie-)Worte der Ewiggestrigen sein, die in Gedanken immer noch an der deutsch-deutschen Trennung festhalten und sich für Ost und West starre Machtblöcke vorstellen. Wie weit ist es eigentlich mit der innerdeutschen Einigung zum Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall gediehen? Wie ist es insbesondere um die juristische Aufarbeitung des DDR-Unrechts bestellt? Wenn man Rechtsanwalt und Galionsfigur der Linken, Gregor Gysi, in seinen öffentlich wirksamen Statements vernimmt, scheint alles in Butter zu sein. Doch ist dem so? Die wieder entbrannte Diskussion, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, spaltet diejenigen, die große Teile ihres Lebens in der DDR verbringen mussten. Die junge Generation in den alten und neuen Bundesländern hingegen, also die 3 www.lernspiele.org_pixelio.de zur bzw. nach der Wende geboren wurden – das belegen Umfragen – haben zunehmend den Kontakt zur jüngsten Geschichte verloren. Sie kann mit den alten Überlieferungen ihrer Eltern und Großeltern nur noch wenig anfangen. Die Teilung Deutsch lands verkommt anscheinend immer mehr zu einem staubigen Relikt der Lehrbücher. Noch heute verdienen die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Ländern nicht auf Westniveau. Andererseits fließt weiterhin der Solidaritätszuschlag in die Ostländer. Die strukturschwachen Regionen im alten Westen bräuchten dringend finanzielle Unterstützung, sehen sie beinah so aus wie viele Städte des Ostens kurz vor dem Mauerfall. Fragen nach dem Recht berühren unweigerlich moralische. „Ist das alles gerecht?“, wollen immer mehr Menschen wissen. Wir Rechtsanwälte müssen uns dem Thema stellen, weil wir das rechtliche Erbe der Einheit mit all ihren Facetten verstehen sollten. Daher können, nein, müssen wir es den Menschen erklären. Wenn aber wir's nicht tun, wer macht's dann? RA Patrick Ruppert, Köln Impressum: Redaktion: Stefanie Salzmann, RA Patrick Ruppert / Bildredaktion: Andrea Vollmer / Bücherforum: RA Jens Jenau / V.i.S.d.P.: RA Tobias Sommer (Chefredakteur) Anschrift wie Herausgeber Fotos S. 2: Stephan Eichler, Stefan Höderath Herausgeber: Geschäftsführender Ausschuss des FORUMs Junge Anwaltschaft im DAV, Berlin Littenstraße 11, 10179 Berlin Tel. 030/7261520 Erscheinungsweise: vierteljährlich (1./2./3./4. Quartal) Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2015 Anzeigen: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228/97898-10, Fax: 0228/97898-20 E-Mail: [email protected] Bezugspreis: 48,00 Euro (inkl. MwSt.) zzgl. Versandkosten für 4 Ausgaben / Einzelheft: 14,50 Euro / Für Mitglieder des FORUMs Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. ISSN 1437-3084 Layout / Satz: gudman design weimar, www.gudman.de Lektorat: Nora Döring, BILDART In unserem Archiv findet Ihr die Ausgabe 3/2009 zum Thema 20 Jahre Mauerfall. www.davforum.de/blog/category/advoice-titelthemen/advoice-archiv/ Druck: Buch- & Kunstdruckerei Keßler GmbH, Weimar Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wider. Redaktionsschluss Heft 1/2015: 17. Dezember 2014 Der ewige Kuss: Seit 25 Jahren tauschen Breschnew und Honecker sozialistische Zärtlichkeiten aus. Foto: PixelWookie_pixelio.de AdVoice 01/15 Geheimnisse Geheimnisse gibt’s zuhauf: Amtsgeheimnis, Arzt- und Anwaltsgeheimnis, Beichtgeheimnis und Geschäftsgeheimnis. Vieles spielt sich im Verborgenen ab, geheime Dienste operieren verdeckt, selten lüftet sich der Mantel des Schweigens, und wer Geheimnisse offenbart – wie US-Agent Snowden – wird als Verräter gebrandmarkt. Das führt uns zu den großen Geheimnissen der Weltgeschichte. Wer hat Kennedy erschossen? Nicht zuletzt hat jeder sein persönliches, oft tief vergrabenes eigenes Geheimnis. All dem geht die AdVoice in ihrer ersten Ausgabe im neuen Jahr nach. Schreibt an [email protected] 64 AdVoice 04 /14 f AUTORENAUFRUF JuraNews JuraNews BRAUCHT EUCH ALS AUTOREN! Alle Neuigkeiten, die die Berufsausübung unmittelbar betreffen, nämlich aktuelle Entscheidungen aus dem Standes- und Gebührenrecht sowie wichtige und nütz liche Meldungen, die es lohnt, an Kollegen weiterzugeben, sind herzlich willkommen. Wir veröffentlichen sie unter der Rubrik JuraNews. Dazu braucht die AdVoice Eure Mitarbeit. Meldet Euch als Autoren, nehmt Kon takt mit der Redaktion auf und teilt Euer Wissen. Auch Informationen von und für Referendare sind willkommen. Eure AdVoice-Redaktion > [email protected] ! Alle FORUM-Autoren nehmen am Jahresende automatisch an einer Verlosung teil. Zu ge winnen gibt es Tablet/Smartphone/E-Reader sowie Fachliteratur und Software. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. AdVoice 04 /14 65 Der neue RA-MICRO Mobil-Arbeitsplatz Mit dem neuen Surface Pro 3 die ideale 2-in-1-Lösung für Kanzleischreibtisch und Mobilität. INFOLINE 0800 726 42 76 www.ra-micro.de