«Ich, die Tantra

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«Ich, die Tantra
Thema der Woche
Wiler Nachrichten, 12. Dezember 2013
Seite 3
«Ich, die Tantra-Queen...!»
ESCHLIKON Erstaunliche Wandlungsfähigkeit einer ehemaligen Wiler Gastrofachfrau
Die Thurgauerin Anita Brauchli
aus Eschlikon ist 42 Jahre jung
und hat ebenso viel von einem
Chamäleon wie von einem
Phänomen an sich. Ihre Wandlungsfähigkeit ist schlicht beachtenswert und die Vielfalt
ihrer ausgeübten Jobs ist Legion. Interessant auch, was sie
heute tut.
ra ist keine reine Sexualpraktik,
sondern ein intensiver und ganzheitlicher Weg zu sich selbst.
Bleiben wir bei Praktik und Pragmatik: wie läuft das alles ab?
Da gibt es keine Obskurität, nur
Transparenz. Ich massiere Männer, Frauen und Paare nach Tantra-Methodik und vermittle so ein
neues, offenes und freies Erkennen eigener Befindlichkeit.
Ursprünglich stammt sie von einer
renommierten Gastrofamilie der
Region. Dann war sie Kauffrau,
agierte mit Elan im administrativen Management, leitete Kurse in
Lebenshilfe und war im Sinne eines «back to the roots» in den Fussstapfen ihrer gastronomischen
Vorbilder tätig. Als Jungwirtin im
ehemaligen Restaurant Langensteig zwischen Wil und Zuzwil wirtete das laszive Temperamentbündel einst derart erfolgreich,
dass am dortigen Strassenabschnitt ohne Verkehrskadetten
kein Durchkommen mehr war. So
was schaffen sonst nur Grossverteiler an samstäglichen Verkaufstagen. Wir sprachen mit dem beruflichen Talentwunder über seine
neuste Tätigkeit als Tantra-Lehrerin mit eigener Praxis in Eschlikon.
Frau Brauchli, Sie stehen im Ruf,
in vielen Sätteln gerecht zu sein,
auf welchem obskuren Pfad reiten Sie denn aktuell?
Also reiten tue ich schon mal gar
nicht, weder obskur noch in anderem Sinne. Ich erfreue die Menschen, führe sie an ihr Wohlbefinden, indem ich sie mit gepflegter
Tantra-Massage beglücke.
Prägnant artikuliert: Sie bieten
Sex an?
Borniertes Männerdenken! Sie hören Tantra und schon steigen Hormonspiegel und andere anatomische Teile steil nach oben. Tantra
steht für was anderes.
A propos frei – Ihre Glücksempfänger sind dabei textilfrei – Sie
auch?
Ja, natürlich berühre ich die Menschen doch nicht durch den winterlichen Anorak. Aus Freude an
der Berührung gebe ich Zeit und
Raum, um sinnliche Nähe zu spüren und Geborgenheit zu erfahren.
Eine lukrative Freudenvermittlung: die Tantra-Massage kostet
320 Franken...
Schauen Sie nicht nur auf den Betrag, sondern was ich in den immerhin zwei vollen Stunden dafür
biete.
Was denn genau?
Freude, Berührung, Nähe, Entspannung, Zurückfindung zu sich
selbst!
Bilder: Charly Pichler
Tantra-Expertin Anita Brauchli aus Eschlikon im Gespräch sehr dezidiert: «Tantra
und Männer – da steigt der Hormonspiegel…!»
Wir sind gespannt...
Die Medien projizieren jeweils viel
nackte Haut und noch mehr sexuelle Assoziation in den Begriff des
Tantra. Das erhöht wohl Auflage
und Quote. Oft wird der Terminus
fälschlicherweise auch mit dem
Kamasutra in einen Topf geworfen. Alles falsch! In Wahrheit ist der
Sanskrit-Begriff Tantra ein Hin-
führen zu innerlicher Nähe und
wird als Erweiterung und Trachten nach Einheit und Ausdehnung
definiert.
Ausdehnung wie Dehnung im rektalen Intimsegment gemäss Ihrer
Homepage...?
Schon wieder komprimieren Sie
den Vorgang auf das Sexuelle. Tant-
Bei den Preisen ist wenigstens Ihrerseits ein seelischer Orgasmus
garantiert, korrekt?
Hören Sie doch endlich auf, im
Kontext zu Tantra und Yoni einzig
die sexuelle Komponente zu erkennen.
Mit Yoni-Massagen sorgen Sie bei
Frauen für seelische und andere
Befriedigung?
Ja, bei der Yoni-Technik kommt es
zu körperlicher Berührung und
Stimulation des Intimbereichs. Sie
erlebt im Idealfall ein tiefes Abgleiten in ihre innerste Gefühls-
welt, Besinnung auf brachliegende
Kräfte.
Gelangen wir zu infrastruktureller Betrachtung, nämlich zu dieser matterhornsteilen Treppenleiter in den logistischen TantraBereich. Wie kraxelt z.B. ein 80Jähriger da rauf und schlimmer
noch, wie kommt er in seinem entspannt-befriedigten Zustand wieder runter?
Dumme Frage, Sie haben es ja auch
geschafft! Ich habe viele ältere Damen und Herren als willkommene
Besucher. Die Stiege war da noch
nie ein Hindernis zur Erfüllung.
Ihre Anschrift dürfen wir aus
Wettbewerbsgründen nicht nennen, wohl aber Ihre Homepage
‚www.anista.ch'. Darin bieten Sie
auch Sexual- und Paarberatungen
an, stets mit Körperkontakt im
Eva-Kostüm. Inwiefern nimmt Ihr
Kunde das Tantra-System porentiefer auf, wenn alle nackig sind?
Sensitive Berührungen, wie meine
Methodik sie vermittelt, bedingen,
dass keine störende Kleidung den
direkten Kontakt zwischen Tantra-Lehrerin und Lernendem verhindert.
Und wenn ein Kunde Sie von vornherein bittet, ihm eine Behandlung mit «glücklichem Abschluss»
angedeihen zu lassen?
Dann tue ich das, was dieser
Mensch, der sich mir anvertraut,
sich wünscht. Wir, die wir Tantra
praktizieren, haben nirgendwo Berührungsängste.
Letzte Frage: werden nun in Eschlikon wiederum Kadetten benötigt, um den Verkehrsansturm zu
meistern?
Ich lehre und praktiziere Tantra.
In anderen Formen des Verkehrs
bin ich gänzlich ohne Detailwissen.
Interview: Charly Pichler
[email protected]
Was wollten Sie schon immer einmal werden?
Rahel Osterwalder, Wil
Karen Pavia-Gardoni mit Gina, Wil
Isad und Enisa Palamar, Bronschhofen
Rosi Häne mit Samuel, Bronschhofen
Elvis Hosaj, Bronschhofen
«Ich wollte schon immer gerne im
Spital arbeiten. Der Bereich Gesundheit interessiert mich sehr. Ich
könnte mir gut vorstellen, eine
Ausbildung zur Pflegefachfrau zu
machen. Auch Physiotherapie interessiert mich. Schon als Kind
wollte ich Krankenschwester werden. Der Kontakt zu Menschen reizt
mich dabei am meisten.»
«Mein grosser Traum war es, Innenarchitektin zu werden. Heute
kann ich mir das aber nicht mehr
vorstellen. Man muss dafür studieren, eine entsprechende Ausbildung haben. Meine Zimmergenossin hat den Traum damals verwirklicht, für mich ist er Vergangenheit. Ich bin heute Primarschullehrerin und zufrieden.»
«Ich wollte immer Lehrer werden.
Kindern etwas beizubringen, aus
ihnen Menschen mit gesundem
Verstand machen, das finde ich toll.
Nun bin ich aber seit 15 Jahren ein
eingefleischter Plattenleger. Ich
habe mich selbstständig gemacht
und es geht mir gut damit. Es würde wenig Sinn machen, sich nochmals umzuschulen.»
«Meine Vorstellung vom idealen «Derzeit mache ich eine Lehre im
Beruf war eher bescheiden. Ich Detailhandel. Ich könnte mir aber
wollte immer ein eigenes «Lädeli», gut vorstellen, danach eine Ausso wie man es aus früheren Zeiten bildung zum Polizisten zu absolkennt: Als man noch das Salz, das vieren. Viele Konflikte werden zwiMehl und den Zucker selbst abge- schen Schweizern und Auslänfüllt hat. Ich machte die Lehre einst dern ausgetragen. Da ich ein Koin einem solchen Laden – es war sovo-Albaner mit Schweizer Pass
einfach toll. Leider verdient man bin, wäre ich wahrscheinlich ein
guter Verhandlungspartner.»
in dieser Branche sehr wenig.»
Für Sie war unterwegs: Katja Fässler/Priska Scherrer