untersuchungbericht zur aktuellen situation der amphibienfauna auf

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untersuchungbericht zur aktuellen situation der amphibienfauna auf
UNTERSUCHUNGBERICHT ZUR AKTUELLEN
SITUATION DER AMPHIBIENFAUNA AUF DER
HALBINSEL IM GROSS-GLIENICKER SEE
IN BERLIN SPANDAU
(KLADOW UFERPROMENADE 51)
UNTERSUCHUNGBERICHT ZUR AKTUELLEN SITUATION DER
AMPHIBIENFAUNA AUF DER HALBINSEL
IM GROSS-GLIENICKER SEE
IN BERLIN SPANDAU
(KLADOW UFERPROMENADE 51)
bearbeitet von: Dipl. - Biologe Klaus-Detlef Kühnel
Axel Biehler
Auftraggeber:
Sport- und Gesundheitszentrum Kladow GbR
Helene Abtahi und Torsten Birlem
Rauchstr. 11
10787 Berlin
Auftragnehmer:
Klaus-Detlef Kühnel
Am Horst 4
15741 Bestensee
November 2006
Untersuchungsbericht zur aktuellen Situation der Amphibienfauna auf der Halbinsel im Groß-Glienicker See in Berlin Spandau
INHALTSVERZEICHNIS
INHALTSVERZEICHNIS
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1. AUFGABENSTELLUNG
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2. UNTERSUCHUNGSGEBIET
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3. ERFASSUNGSMETHODEN
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4. ERGEBNISSE
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4.1. ARTENLISTE
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4.2. BEWERTUNG
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5. LITERATUR
Dipl.-Biol. K.-D. KÜHNEL, A. BIEHLER
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Untersuchungsbericht zur aktuellen Situation der Amphibienfauna auf der Halbinsel im Groß-Glienicker See in Berlin Spandau
1. AUFGABENSTELLUNG
Im Zusammenhang mit der Planung, auf dem Gelände des ehemaligen Strandbades auf der Halbinsel
des Groß-Glienicker Sees (Grundstück Uferpromenade 51) ein Anwendungszentrum für Sport, Gesundheit und Kultur zu errichten, wurden im Frühjahr Daten zur aktuellen Situation der Amphibien auf
dem Gelände des ehemaligen Bades und in dem angrenzenden Landschaftsschutzgebietes gewonnen. Das Gebiet ist aus historischer Sicht ein traditioneller und etablierter Amphibienlebensraum am
Südwestrand Berlins. Dies gilt ebenso für andere Tier- und Pflanzengruppen der Gewässerufer und
Bruchwälder.
2. UNTERSUCHUNGSGEBIET
Das hier betrachtete Grundstück Uferpromenade 51 liegt am Groß-Glienicker See im Bezirk Spandau
von Berlin. Es ragt als Halbinsel in den See und umfasst das ehemalige Strandbad, und einen als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Wald- und Röhrichtbereich. In diesem tief liegenden Gelände befindet sich inmitten des Röhrichtbestandes ein temporäres Gewässer, dessen Ausdehnung seit
Jahren abnimmt und das in trockenen Jahren auch bereits in Frühjahr austrocknen kann.
Das Gelände des seit vielen Jahren nicht mehr genutzten Strandbades ist aufgeschüttet und wird zur
Zeit teilweise als Garten- bzw. Campingfläche genutzt. Erschlossen wird dieser bewohnte Teil durch
eine private Zufahrtsstraße von der Uferpromenade aus.
3. ERFASSUNGSMETHODEN
Die Erfassung der Amphibienbestände im Untersuchungsgebiet erfolgte mit Hilfe von teilquantitativen
Methoden. Dazu wurden zwischen Anfang April und Ende Mai 2006 mehrere Kontrollgänge, sowohl
am Tage, als auch nachts durchgeführt. Insgesamt fanden in diesem Zeitraum vier Begehungen, die
erste am 11. 4. 2006, statt. Bei den Begehungen wurden sowohl das eingezäunte Landschaftsschutzgebiet als auch die Ufer des Groß-Glienicker Sees aufgesucht und nach Amphibien abgesucht.
Dabei sollten folgende Nachweismethoden zur Anwendung kommen:
•
Erfassung der Individuen durch Sichtnachweis (z.B. auftauchende Molche)
•
Akustischer Nachweis rufender Tiere
•
Nachweis von Larven und Molchen durch Kescherblindfänge im Gewässer
•
Nachweis von Laich.
Die Erfassungen erwiesen sich allerdings als sehr schwierig. Dafür waren folgende Gründe verantwortlich:
-
Im April/Mai war der Wasserstand im Landschaftsschutzgebiet im Vergleich zu den Vorjahren
ungewöhnlich hoch, wodurch viele Bereiche wegen des sumpfigen Bodens nur schwer oder gar
nicht zu begehen waren,
-
Offenes Wasser war vor allem im Bereich der Röhrichtflächen im Norden des LSG und im Westen anschließend an den ehemaligen Parkplatz des früheren Strandbades vorhanden. Dort waren Kescherfänge fast unmöglich, da Äste oder Schilf Kescherzüge verhinderten,
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Sichtbeobachtungen wurden darüber hinaus durch teils Junge führende Wildschweine , die dar-
-
über hinaus Störungen durch den Menschen nicht gewohnt waren, erheblich erschwert und auch
gefährlich. Insbesondere nächtliche Begehungen waren dadurch kaum möglich. Wegen der Gefahr der Zerstörung durch Wildschweine konnten auch keine Fallen zum Nachweis von Molchen
eingesetzt werden. Weiterhin war die unter den herrschenden Verhältnissen einzig mögliche Methode zur Erfassung von Molchen, die Beobachtung im Wasser zum Luftholen auftauchender
Tiere nur selten durchführbar, da immer wieder Wildschweine durch das Wasser rannten und
damit einerseits die Molche verjagten, andererseits das Substrat im Wasser derart aufwirbelten,
dass kaum Sichtbeobachtungen möglich waren.
Die beschriebenen Einschränkungen führen dazu, dass die hier vorgestellten Ergebnisse nur einen
ersten Eindruck von der Verteilung und Habitatnutzung der Amphibienfauna im Gebiet geben können.
Keinesfalls kann von einer vollständigen Erfassung ausgegangen werden.
4. ERGEBNISSE
4.1. ARTENLISTE
Trotz der schlechten Untersuchungsbedingungen konnten fünf Amphibienarten im Untersuchungsgebiet festgestellt werden. Sie sind in der Tabelle 1 aufgelistet.
Art
Rote Liste
Berlin
Deutschland
FFHRichtlinie
Teichmolch (Triturus vulgaris)
Schutzstatus
+
Erdkröte (Bufo bufo)
gefährdet
Moorfrosch (Rana arvalis)
gefährdet
Grasfrosch (Rana temporaria)
+
stark gefährdet
IV
++
Vorwarnliste
V
+
V
+
Teichfrosch (Rana kl. esculenta)
Tabelle 1: Liste der im Frühjahr 2006 im Untersuchungsgebiet festgestellten Amphibienarten mit Angabe der Gefährdung nach den Roten Listen für Berlin (KÜHNEL et al. 2005) und für Deutschland (BEUTLER et al. 1998), der Einstufung in die der FFH-Richtlinie (RAT
DER
EUROPÄISCHEN
GEMEINSCHAFTEN 1992) sowie des Schutzstatus nach BNATSCHG (2002) bzw. BARTSCHV
(2005).
Schutzstatus: ++ streng geschützte Art,
+ besonders geschützte Art
Die größten Bestände wurden vom Grasfrosch nachgewiesen. In den überschwemmten Schilfbereichen im Inneren der Halbinsel wurde an zwei Stellen Laich dieser Art festgestellt. Insgesamt handelte
es sich um mindestens 25 Laichballen. Daneben wurden auch einzelne adulte Tiere gefunden. Von
der zweiten Braunfroschart, dem Moorfrosch wurden im gleichen Bereich einige rufende Tiere angetroffen. Laich konnte nicht gefunden werden. Es ist jedoch ziemlich sicher, dass wenn die Tiere rufen,
sie auch laichen. Vermutlich lagen die Laichplätze in den unzugänglichen überschwemmten Schilfbereichen. Als dritte Art konnte im Inneren der Halbinsel der Teichmolch festgestellt werden, und zwar
im überschwemmten Bruchwald an der Grenze zum ehemaligen Strandbad. Dort konnten neben eiDipl.-Biol. K.-D. KÜHNEL, A. BIEHLER
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nem Totfund auch auftauchende Tiere beobachtet werden. Wegen der im Kapitel 3. beschriebenen
Schwierigkeiten bei der Erfassung lassen sich über Bestände jedoch keine Aussagen machen.
Am Ufer des Groß-Glienicker Sees wurde zwei weitere Arten festgestellt. Im Röhrichtsaum südlich
des ehemaligen Strandbades konnten rufende Erdkröten gehört werden. Daneben waren im gesamten röhrichtbestandenen Uferbereich Teichfrösche zu finden. Neben diesen Arten kam im Uferbereich
noch der Grasfrosch vor. Einige Individuen waren in einer vorgelagerten, vegetationsarmen Flachwasserzone nachweisbar, jedoch konnte kein Laich gefunden werden.
4.2. BEWERTUNG
Bei den aktuellen Untersuchungen konnten lediglich zwei Arten, die in den letzten Jahren im Gebiet
festgestellt wurden, nicht nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um den Kammmolch (Triturus
cristatus) und den Seefrosch (Rana ridibunda). Der Kammmolch gehört zu den sehr schwer nachweisbaren Arten. Gerade bei den eingeschränkten Möglichkeiten im Frühjahr 2006 ist ein Nachweis
kaum möglich, deswegen kann über das Vorkommen dieser Art hier nichts ausgesagt werden. Eine
sichere Erfassung des Kammmolches ist nur mit Fallen möglich. Der Seefrosch kommt im gesamten
Groß-Glienicker See in Röhrichtflächen am Ufer vor. Der fehlende Nachweis im Untersuchungsgebiet
ist auf die frühen Untersuchungstermine zurückzuführen, denn Seefrösche sind meist nur durch ihre
Rufe nachzuweisen und die Rufperiode liegt später im Jahr.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass von den Amphibien sowohl das Feuchtgebiet im Inneren
der Halbinsel, als auch die Uferbereiche des Sees als Lebensraum genutzt werden. Wobei abgesehen von Teich- und Seefrosch das Seeufer nur zur Fortpflanzungszeit, das Innere der Halbinsel ganzjährig besiedelt ist. Im letztgenannten Bereich befinden sich auch die für die meisten Arten geeigneten
Laichgewässer, vorausgesetzt sie führen ausreichend Wasser. Diese Wasserstellen werden auch
von Individuen aus der Umgebung aufgesucht, wie die Fänge im jährlich an der Uferpromenade unterhaltenen Schutzzaun zeigen. Bis auf den Seefrosch wurden alle Arten auch in diesem Schutzzaun
festgestellt. Allerdings ist in diesem Bereich in den letzten Jahren durch großflächige Bebauung und
Umnutzung eines gegenüber der Halbinsel liegenden über Jahrzehnte ungenutzten, brachliegenden
5500m² großen Hanggrundstückes, das einerseits für Amphibien als Sommer- und Winterlebensraum
diente, andererseits die Möglichkeit bot, aus dem Bereich östlich der Tennisplätze auf die Halbinsel
zu wandern, eine starke Beeinträchtigung des Habitatverbundes eingetreten.
Die Nutzung der Wasserstellen im Inneren der Halbinsel wir seit Jahren durch die oft frühzeitige Austrocknung beeinträchtigt. In manchen Jahren ist gar kein offenes Wasser zu beobachten. Man kann
vermuten, dass in diesen Jahren ein Großteil der Amphibien das Seeufer als Laichplatz nutzt., in Jahren mit ausreichende Wasserführung der Kleingewässer jedoch diese bevorzugt werden. Deswegen
ist die Erhaltung einer Grünverbindung zwischen den beiden Teilbereichen sehr wichtig.
Im Rahmen der geplanten Nutzung der Flächen des ehemaligen Strandbades wurde schon in einer
Stellungnahme im Januar 2006 auf die Bedeutung hingewiesen (KÜHNEL 2006) und Konflikte aufgezeigt.
Eine abschließende Beurteilung kann nur durch eine Untersuchung der Amphibienfauna im gesamten
Einzugsgebiet erfolgen. Dabei muss mit Hilfe von Fangzäunen auch die Wanderung zum Seeufer
untersucht werden. Durch den ephemere Charakter der Gewässer im Inneren der Halbinsel ist jedoch
mit von Jahr zu Jahr wechselnden Verhältnissen zu rechnen, so dass auch eine Fangzaununtersuchung von den dann herrschenden Verhältnissen her zu interpretieren ist.
Dipl.-Biol. K.-D. KÜHNEL, A. BIEHLER
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Unter den derzeitigen Gegebenheiten ist eine Untersuchung mit Molchfallen und Fangzäunen auf der
Halbinsel nicht möglich, da diese Anlagen von den Wildschweinen zerstört werden. Nicht nur aus
diesem Grund sondern vorrangig wegen der erheblichen Zerstörungen der Vegetationsdecke, die die
Wildschweine durch ständigen Um- und Durchwühlen des Bodens anrichten sollte eine dauerhafte
Beseitigung der Schweine und eine geeignete Einzäunung, um sie in Zukunft fernzuhalten, angestrebt
werden. Bei der hohen Wildschweindichte im Gebiet ist auch zu vermuten, dass Amphibien und besonders ihr laich von den Schweine gefressen werden. Adulte Amphibien sind besonders während
der Winterruhe von Prädation durch Wildschweine betroffen.
5. LITERATUR
BEUTLER, A., A. GEIGER, P.M. KORNACKER, K.-D. KÜHNEL, H. LAUFER, R. PODLOUCKY, P. BOYE, & E.
DIETRICH (1998): Rote Liste der Kriechtiere (Reptilia) und Rote Liste der Lurche (Amphibia)
[Bearbeitungsstand 1997]. - In: BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Hrsg.): Rote Listen gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Naturschutz 55: 48-52
KÜHNEL, K.-D. (2006): Stellungnahme zur Amphibienfauna auf der Halbinsel Im Groß-Glienicker See
(Berlin Spandau) unter besonderer Berücksichtigung des ehemaligen Strandbades. – Natur
& Text, im Auftrag von Sport- und Gesundheitszentrum Kladow GbR, Helene Abtahi und
Torsten Birlem: 8 S.
KÜHNEL, K.-D., A. KRONE & A. BIEHLER (2005): Rote Liste und Gesamtartenliste der gefährdeten Amphibien und Reptilien von Berlin (Bearbeitungsstand 2003). – In: DER LANDESBEAUFTRAGTE
FÜR
NATURSCHUTZ
UND
LANDSCHAFTSPFLEGE / SENATSVERWALTUNG FÜR STADTENTWICKLUNG
(Hrsg.): Rote Listen der gefährdeten Pflanzen und Tiere von Berlin. CD-ROM.
Gesetze, Verordnungen, Richtlinien:
BArtSchV (Bundesartenschutzverordnung): Verordnung zur Neufassung der Bundesartenschutzverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften vom 16. Februar 2005. – Bundesgesetzbl. 2005 Teil I Nr. 11, Bonn 24. Februar.2005: 258-317
BNatschG (Bundesnaturschutzgesetz): Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege vom 25.
März 2002. - Bundesgesetzbl. Jg. 2002, Teil I Nr. 22
FFH-Richtline (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie): Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur
Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. -Abl.
EG Nr. L 206, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/49/EG vom 27. 10. 1997 – Abl. EG Nr. L
305: 42.
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