Broschüre »Photokatalytische Oberflächen – Herstellung

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Broschüre »Photokatalytische Oberflächen – Herstellung
F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R G ren z fl ä c hen - un d B io v erfahrenste c hni k I G B
Photokatalytische Oberflächen
Herstellung, Charakterisierung und Bewertung
Reduktion
O2–
OH + OH–
H2O2
O2
Leitungsband
hν
Eg
OH–
Valenzband
H2
1
OH
Oxidation
OH + H+
Photokatalytische
Oberflächen
Was ist Photokatalyse?
Auch in Deutschland werden mittlerweile die ersten Produkte mit photokatalytischen Oberflächen aus TiO2 ange-
Photokatalyse ist die Umwandlung chemischer Substanzen
boten, beispielsweise Dachziegel mit einer selbstreinigenden,
unter dem Einfluss von Licht. Der Photokatalysator absorbiert
photokatalytischen Schicht. Daneben wird im Bereich der
die Energie des Lichts, überträgt sie auf eine reaktive Verbin-
Energietechnologien der Einsatz photokatalytischer TiO 2 -
dung und löst so – häufig über die Bildung von Radikalen –
Schichten in Solarzellen, beispielsweise in Grätzel-Zellen, er-
eine chemische Reaktion aus. Als Photokatalysatoren eignen
probt. Neuerdings werden Ansätze zur CO2 -Zersetzung zur
sich Metallkomplexe und Halbleiter. Ein gebräuchlicher Photo-
Minderung des Treibhauseffektes diskutiert. Ein wichtiger
katalysator ist Titandioxid (TiO2). TiO2 wird dabei vorwiegend
Aspekt ist auch die antimikrobielle Wirkung photokatalyti-
in der Anatas-Kristallkonfiguration, einer tetragonalen Modifi-
scher Schichten. In Medizin und Medizintechnik können sie
kation des Titandioxids, eingesetzt. Mit photokatalytischen
biozide Substanzen ersetzen und zur Desinfizierung einge-
Prozessen lassen sich organische Materialien abbauen. Sie
setzt werden oder als antibakterielle Beschichtung auf Implan-
leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung mikro-
taten unerwünschte Infektionen verhindern. Auch in der Le-
biellen Bewuchses an Oberflächen, unterstützen Reinigungs-
bensmitttelindustrie reduzieren photokatalytische Oberflächen
prozesse und werden auch zur Luftreinhaltung und Wasser-
die Keimbelastung an hygienisch kritischen Arbeitsplätzen.
aufbereitung verwendet.
Photokatalytische Oberflächen am Fraunhofer IGB
Anwendungsgebiete photokatalytischer Prozesse
Dank eines breiten Kompetenzspektrums von der GrenzfläPhotokatalytische Prozesse sind seit langem bekannt, haben
chentechnologie und Materialwissenschaft bis hin zur Grenz-
in den letzten Jahren aber einen rasanten Aufschwung in der
flächenmikrobiologie bietet das Fraunhofer IGB sowohl die
technischen Anwendung erfahren. So werden in Japan heute
Entwicklung, Charakterisierung und Herstellung photokatalyti-
schon Straßen, Tunnelwände und Lampengläser mit TiO2 be-
scher Oberflächen als auch die Bewertung der photokatalyti-
schichtet, um Luftverunreinigungen abzubauen. Der derzeiti-
schen Aktivität im Hinblick auf Beschichtungserfolg, Prozess-
ge Markt für photokatalytische Oberflächen in Japan wird auf
führung und antimikrobieller Wirksamkeit an. Für komplexere
400 Millionen US Dollar geschätzt [1].
Fragestellungen arbeiten wir mit anderen Instituten innerhalb
der Fraunhofer-Allianz Photokatalyse zusammen.
1 Wirkungsweise photokatalytischer Schichten bei Anwesenheit
von Wasser und Sauerstoff an einer TiO2 -Oberfläche: Das UV-Licht
erzeugt Hydroxyl-Radikale, die ihrerseits organische Verbindungen
abtragen [1].
UV-Licht an
Spin-Trap-Menge [w. E.]
Signalintensität [%]
100
Referenz
95
90
85
80
75
UV-Licht aus
70
65
2
0
10
20
30
40
50
3
TiO2
60
-100
0
100
200
300
UV-Intensität [mW/cm2]
entwicklung und charakterisierung
Photokatalytischer beschichtungen
DasFraunhoferIGBcharakterisiertundentwickeltmitseinen
Radikaldetektion mittels Elektronen-Spin-Resonanz
ProjektpartnernphotokatalytischeBeschichtungenimKundenauftrag. Zudem analysieren wir die chemische Zusammen-
Eine Methode zur Untersuchung der quantitativen Radikalakti-
setzungvonKontaminationenoderdieBenetzungseigen-
vitätsolcherOberflächenstelltdieElektronen-Spin-Resonanz
schaftenvonOberflächen.
(ESR) dar, mit der Radikale detektiert werden können. Im Fall
UV-bestrahlterphotokatalytischerOberflächenkönnendieer-
Analytik des photokatalytischen Effekts
zeugten Radikale (beispielsweise Hydroxid-Radikale) durch sogenannte »Spin-Trap«-Substanzen eingefangen und stabilisiert
PhotokatalytischeSchichtensollen,verstärktdurcheinenin
werden. Die Spin-Trap-Addukte werden dann sowohl qualita-
dieSchichtintegriertenKatalysator(häufigTiO2), mit Hilfe
tiv als auch quantitativ mittels ESR nachgewiesen. Dadurch
von Strahlung organisches Material abbauen. Im Idealfall wer-
könnenwirdieBeschichtunghinsichtlichdergeneriertenRadi-
den in Anwesenheit des Photokatalysators und von UV-Strah-
kalmengebeieinerbestimmtenBestrahlungsdosisoptimieren.
lung infolge der Radikalbildung organische Substanzen von
derOberflächeabgelöstundzersetzt.Sokönnensiedie
Beispiel: untersuchung von Zahnimplantaten
SelbstreinigungunterstützenoderdieBildungvonBiofilmen–
IneinemvonderLandesstiftungBaden-Württembergfinan-
denBewuchsmitMikroorganismen,AlgenoderFlechten–
zierten Forschungsprojekt haben wir in Kooperation mit Part-
verhindern.
nernderUniversitätTübingenphotokatalytischeBeschichtungen auf Implantaten für die Zahnmedizin entwickelt und
Die Herausforderung bei der Entwicklung photokatalytischer
derenEigenschaftenuntersucht.InBild2(aus[2])istdiemit-
Schichten ist der quantitative Nachweis der Wirksamkeit
telsESRgemesseneHydroxyl-RadikalmengeinAbhängigkeit
photokatalytischerOberflächen.DieserNachweisistessenzi-
vonderUV-A-Bestrahlungsdosisdargestellt.IndiesemFallist
ell,umdenBeschichtungserfolgbzw.diephotokatalytische
eine mit steigender UV-A-Dosis lineare Akkumulation der Hy-
WirkungderBeschichtungzumessenundimWeiterendie
droxyl-Radikale zu beobachten. Ausgehend von diesen Experi-
Oberflächenbeschichtungzuoptimieren.
menten bestimmen wir die Mengen auch weiterer unterschiedlicherRadikalspeziesUV-dosisabhängigundvergleichen
sie mit unterschiedlichen photokatalytischen Proben.
2 Mittels ESR gemessene lineare Abhängigkeit der HydroxylRadikalmenge von der UV-A-Bestrahlungsdosis [2].
3 Zeitabhängige Signalintensität des Abbaus einer Markierungssubstanz (3-Carboxy-Proxyl) während der UV-Bestrahlung einer
TiO2 -beschichteten Probe [3].
Zeit [s]
Fraunhofer-Institut
Telefon +49 711 970-4401
Institutsleiter
für Grenzflächen- und
Fax +49 711 970-4200
Prof. Dr. Thomas Hirth
Bioverfahrenstechnik IGB
[email protected]
Telefon +49 711 970-4400
Nobelstraße 12
www.igb.fraunhofer.de
[email protected]
70569 Stuttgart
Leistungsangebot
Förderung und Partner
Schicht- und Prozessentwicklung
Das Projekt »Schaltbare Biomaterial-Oberfläche – Nanostrukturiertes Implantat mit photoaktivierbaren Eigenschaften«
Analytik und Charakterisierung
Abbau organischer Substanzen auf photokatalytischen Oberflächen z. B. durch
wurde von der Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert.
Projektpartner waren das Zentrum für Zahn-, Mund- und
Kieferheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen sowie die
IR-Absorption
Universitätsklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der
Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS)
Universität Tübingen.
pH-Wertänderung
Ellipsometrie
Literatur
Quarz-Mikrowaage (QCM)
[1] www.inm-gmbh.de
Messung der Oberflächenenergien und Benetzung
(Hydrophilie) über Wasser-Kontaktwinkelmessungen unter [2] Haupt M., Peetsch A., Oehr C. (2009): Elektronen-Spin-
UV-Bestrahlung
Resonanz – Eine Methode zur Bewertung der Radikalaktivität
Schichtcharakterisierung (Topographie, Morphologie)
Raster-Kraft-Mikroskopie (AFM)
auf photokatalytischen Implantatoberflächen, Vakuum in
Forschung und Praxis 21: 22-29
Raster-Elektronenmikroskopie (REM)
Untersuchung der quantitativen Radikalaktivität mittels Elektronen-Spin-Resonanz (ESR)
[3] Rupp F., Haupt M. et al. (2010): Multifunctional nature
of UV-irradiated nanocrystalline anatase thin films for biomedical applications, Acta Biomaterialia 6: 4566–4577
Überprüfung der antimikrobiellen Wirksamkeit photokatalytischer Oberflächen (siehe separate Broschüre).