Solar alles klar?

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Solar alles klar?
Solar
Flachkollektoren sind ein häufig gewordener Anblick
– aber so mancher Kunde fragt: „Soll ich nicht besser
Röhrenkollektoren montieren lassen“?
Solar alles klar?
Fragen und Antworten zu (fast)
­Alltäglichem und zu Besonderheiten
bei ­thermischen ­Solaranlagen
Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty*
Solaranlagen für Ein- und Zweifamilienhäuser sind heute Stand der Technik. Sie
sind ausgereift, arbeiten über viele Jahre zuverlässig und mit hoher Effizienz.
Ihre Planung und Ausführung ist in vielen Heizungsfachbetrieben eine Selbstverständlichkeit. Bei aller Routine tauchen jedoch immer mal wieder Fragen
auf. Wolfgang Rogatty hat die häufigsten Fragen zusammengestellt, die an die
zentrale Kundenberatung des Allendorfer Heiz- und Solarspezialisten gestellt
wurden (so genannte FAQ), und beantwortet sie im folgenden Beitrag.
Welche Unterschiede bestehen zwischen Flach- und Röhrenkollektor?
Das wichtigste Bauteil jeder thermischen Solaranlage ist der Sonnen­
kollektor. Er fängt die von der Sonne
kommende Strahlung auf und wandelt sie in nutzbare Wärme um.
Flachkollektoren sind wegen ihres
attraktiven Preis-Leistungsverhältnisses am weitesten verbreitet. In
einem wärmegedämmten, recht­
eckigen Gehäuse befindet sich unter
einer Solarglasscheibe das beschichtete Absorberblech. Darauf befestigt ist das mäanderförmig verlegte
Kupferrohr, durch das die Wärmeträgerflüssigkeit (ein Wasser-Glykol-
*) Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty,
Viessmann Werke GmbH, Allendorf
Gemisch) fließt und dabei die solare
Wärme aufnimmt.
Vakuum-Röhrenkollektoren fol­
gen dem gleichen Wirkprinzip wie
Flachkollektoren. Die Absorber sind
allerdings in einzelnen, parallelen
Glasröhren untergebracht, in denen
Vakuum herrscht, wodurch die
Wärmeverluste sehr gering sind. In
der Mitte jeder Glasröhre fließt das
Wasser-Glykol-Gemisch durch ein
Rohr und transportiert die Wärme
weiter zu einer Sammelleitung.
Wann empfiehlt sich der Einsatz von
Röhrenkollektoren?
Grundsätzlich sind sowohl Flachals auch Vakuum-Röhrenkollektoren
für Anlagen zur solaren Trinkwassererwärmung bzw. Heizungsunterstützung weitgehend gleich gut ge-
eignet. Vakuum-Röhrenkollektoren
haben jedoch einen etwas besseren
Wirkungsgrad als Flachkollektoren.
Um den gleichen solaren Ertrag zu
erzielen, benötigen Vakuum-Röhrenkollektoren deshalb eine etwas
kleinere Fläche bei ansonsten gleichen Randbedingungen (Standort,
Ausrichtung usw.). Darüber hinaus
liefern sie bei diffuser Strahlung, wie
sie in der Übergangszeit häufig vorkommt, einen etwas höheren Ertrag.
Der Einsatz von Vakuum-Röhrenkollektoren ist besonders dann zu
empfehlen, wenn
– der zur Verfügung stehende Platz
zu gering ist, um den gewünschten solaren Wärmeertrag mit
Flachkollektoren zu erreichen,
– höhere solare Erträge auch in der
Übergangszeit gewünscht sind
(z. B. zur Heizungsunterstützung),
– Kollektoren an senkrechten Fassaden oder ohne Aufständerung auf
Flachdächern montiert werden
sollen. Denn direkt durchströmte Vakuum-Röhrenkollektoren
erlauben eine lageunabhängige
Installation,
– für bestimmte Anwendungen
(z. B. solare Klimatisierung) hö­
here Temperaturen gefordert
sind,
– mit längeren Phasen hoher Sonneneinstrahlung ohne Wärmeabnahme zu rechnen ist (z. B. bei
Turnhallen während der Sommerferien).
Wie hoch können die Stillstandstemperaturen von Kollektoren sein?
Sonnenkollektoren können bei
Pumpenstillstand (beispielsweise
während eines Sommerurlaubs)
und gleichzeitig hoher Sonneneinstrahlung Stillstandstemperaturen
von über 200 °C, bei Vakuumröhren
sogar bis zu 280 °C erreichen. Die
Werkstoffe der Kollektoren sind auf
diese Betriebsbedingungen ausgelegt.
Da Anlagenstillstände – so genannte Stagnationsphasen – immer
auftreten können, müssen Solaranlagen stillstandssicher ausgeführt
werden. Das heißt, sie dürfen in
diesem Betriebsfall keinen Schaden
nehmen und keine Gefährdung für
den Menschen oder das Gebäude
darstellen.
ikz-praxis · Heft 8/2006
Solar
Der Kollektorkreis ist so abzusichern, dass bei der höchstmöglichen
Kollektortemperatur (das sind die
genannten Stillstandstemperaturen)
kein Wärmeträgermedium aus dem
Sicherheitsventil austreten kann.
Dieses ist durch die korrekte Auslegung des Ausdehnungsgefäßes und
die Anpassung des Anlagendruckes
zu erreichen. Das Ausdehnungsgefäß ist so groß auszulegen, dass es
bei Dampfbildung den Kollektorinhalt aufnehmen kann.
In das Dach integrierte Kollektoren in
farblicher Abstimmung.
Nach dem Heatpipe-Prinzip
funktionierende Vakuum-Röhrenkollektoren bieten eine besonders
hohe Betriebssicherheit, denn die
Röhren werden nicht direkt vom Solarmedium durchströmt. Stattdessen
zirkuliert ein Wärmeträgermedium
in einem speziellen Absorber, verdampft bei Sonneneinstrahlung und
gibt die Wärme am Kopfende der
Röhre über einen Wärmetauscher an
das Solarmedium ab. Diese trockene
Anbindung im Sammler und eine
mechanische Temperaturbegrenzung
in jeder Röhre sorgen für einen zuverlässigen Schutz vor Überhitzung.
Welche Deckungsrate sollte man
anstreben?
Die solare Deckungsrate gibt an,
wie viel Prozent der jährlich benötig­
ten Energie für die Trinkwassererwärmung bzw. Heizungsunterstützung durch die Solaranlage gedeckt
werden kann. Je größer die solare
Deckungsrate, desto mehr konventionelle Energie wird eingespart.
Eine Solaranlage mit übertrieben
hoher Deckungsrate – und damit
in der Regel überdimensioniertem
Kollektorfeld – würde im Sommer zu
viel Wärme liefern, die nicht genutzt
Heft 8/2006 · ikz-praxis
werden kann. Deshalb steigen die
Kollektorstillstandszeiten und der
spezifische Ertrag (pro Quadratmeter Kollektorfläche) sinkt. Einrichtungen, die den Wärmeüberschuss
aufnehmen und in die Übergangszeit bzw. in den Winter „hinüberretten“, z. B. besonders große
Speicherbehälter oder alternative
Speichertechnologien, erfordern
bisher sehr hohe Investitionskosten
oder befinden sich erst im frühen
Entwicklungsstadium.
Bei kleineren Solaranlagen zur
Trinkwassererwärmung (Ein- und
Zweifamilienhäuser) wird üblicherweise eine Deckungsrate von 50
bis 60 % erreicht. Solaranlagen zur
Trinkwassererwärmung in Mehrfa­
milienhäusern, Wohnheimen, Hotels
usw., die häufig Kollektorflächen
von über 30 m2 benötigen, ­werden
für eine Deckung zwischen 30 und
40 % ausgelegt, da hier das Er­
tragsoptimum liegt (bezogen auf
kWh /m2).
Grundlage für die Beurteilung
einer Solaranlage, die neben der
Trinkwassererwärmung auch die
Heizung unterstützt, ist der ­gesamte
Wärmebedarf des Gebäudes. Bei
modernen ­Niedrigenergiehäusern
mit einem Energiebedarf von weniger als 50 kWh/(m2 · a) können
Trockene Anbindung der Heatpipe-Röhren.
Deckungsraten von 25 bis 35 % erreicht werden. Bei älteren Gebäuden
bzw. Gebäuden mit einem höheren
Wärmebedarf fällt diese Deckungsrate niedriger aus. Allerdings sind in
solchen Gebäuden die spezifischen
Erträge (in kWh/m2) höher, da aufgrund der weniger effizienten Wärmedämmung die Heizperiode früher
beginnt als beim Niedrigenergiehaus. Das heißt, es kann auch schon
entsprechend früher Solarenergie an
den Heizkreis abgegeben werden.
Wie groß wird die Kollektorfläche bei
einer Anlage zur Heizungsunterstützung?
Um eine Unterstützung der Raumbeheizung zu realisieren, muss die
Kollektorfläche größer als bei einer
alleinigen Trinkwassererwärmung
bemessen sein. Da im Sommer in
Um eine Unterstützung der Raumbeheizung zu realisieren, muss die Kollektor­
fläche relativ groß bemessen werden.
der Regel keine Heizungsunterstützung benötigt wird, ist die Anlage
in dieser Zeit nur für die Trinkwassererwärmung „zuständig“ und
damit für diesen Zweck erheblich
überdimensioniert. Die Absicherung
der gesamten Solaranlage und insbesondere die Dimensionierung des
Ausdehnungsgefäßes sind deshalb,
wie bereits weiter oben erwähnt,
besonders sorgfältig vorzunehmen.
Gegebenenfalls sind Vakuum-Röhrenkollektoren mit Heatpipe-Röhren
zu bevorzugen.
Die Kollektorfläche sollte etwa
zwei- bis höchstens zweieinhalbmal so groß sein wie für die Trinkwassererwärmung. Die Praxis hat
gezeigt, dass diese Anlagengröße
in der Regel sowohl einen technisch
unproblematischen als auch wirtschaftlichen Betrieb erlaubt. Diese
Faustregel ersetzt allerdings keine
genaue Simulationsberechnung, die
von vielen Herstellern von Solaranlagen kostenlos durchgeführt wird.
Das Ergebnis liefert üblicherweise
für frei wählbare Standorte und
Zeiträume neben der erforderlichen
Kollektorfläche auch das Speichervolumen und die zu erwartenden
M
Deckungsraten.
Bilder: Viessmann Werke, Allendorf
www.viessmann.com

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