Kolbenschmidt Pierburg Group

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Kolbenschmidt Pierburg Group
Kolbenschmidt Pierburg Group
KS Monoblock Stahlkolben
für Nutzfahrzeuganwendungen
Einleitung
Der Dieselmotor hat in den letzten 20 Jahren eine erstaunliche Aufwärtsentwicklung erfahren – gleichermaßen bei
Anwendungen im Nutzfahrzeug und im Personenkraftwagen. Dies war nur durch stetige Innovationen auf den Gebieten der Werkstofftechnik, des Bauteiledesigns und der
Herstellungsprozesse zu erreichen. Als einer der führenden
Entwicklungspartner der Fahrzeugindustrie für Kolben und
Kolbensysteme hat KS Kolbenschmidt die Grenzen der Leistungsfähigkeit auch für diese Komponenten immer wieder
neu gesetzt.
Anforderungen
Abb. 2: KS Monoblock Stahlkolben, reibgeschweißt
Nirgendwo sind die Laufzeiten höher als im Truck- und Transportbereich. Neben der für diese Anforderung nötigen Zuverlässigkeit werden geringe Emissionen, erhöhte Wirtschaftlichkeit und damit niedriger Kraftstoffverbrauch angestrebt.
Die Emissionsgesetzgebung wird mit einer Kombination
aus innermotorischen und außermotorischen Maßnahmen
erfüllt. Dazu gehören steigende Zylinderdrücke und Temperaturen, die höchste Ansprüche an das Herz des Verbrennungsmotors – den Kolben – stellen. Die geforderten Brennraumspitzendrücke sind heute auf deutlich über 200 bar
gestiegen (s. Abb. 1).
KS Monoblock Stahlkolben
Die zur Kolbenschmidt Pierburg Gruppe gehörende KS Kolbenschmidt GmbH in Neckarsulm entwickelte in den letzten
Jahren mit großem Erfolg, zusammen mit verschiedenen
amerikanischen und europäischen Fahrzeug- und Motorenherstellern, Stahlkolben für den Nutzfahrzeug-Markt. Das Design der heute in Serienmotoren befindlichen Stahlkolben lässt sich grundsätzlich in zwei Bauarten unterscheiden: den aus einem Stahlober- und einem Aluminiumunterteil bestehenden Pendelschaftkolben und den ganz aus
Stahl gefertigten Monoblock-Kolben. Im Nutzfahrzeugbereich hat sich nach den USA nun auch in Europa der Monoblock Stahlkolben durchgesetzt.
Bei der Definition der optimalen Kolbenbauart hat KS Kolbenschmidt von Beginn an auf eine gute Schaftführung gesetzt. Der von den KS-Kolbenspezialisten entwickelte Monoblock Stahlkolben (s. Abb. 2) besteht vereinfacht dargestellt
aus zwei Schmiedeteilen, dem Oberteil mit Mulde und Ringfeld, sowie dem Unterteil mit den Bolzennaben und dem
Schaft. Diese Teile werden als Schmiedeteile hergestellt und
anschließend vorbearbeitet.
Zylinderdruck [bar]
Die Verbindung der Einzelteile zu dem Monoblock Stahlkolben erfolgt durch Reibschweißen. Nach der Wärmebehandlung folgt letztlich die Fertigbearbeitung des einteiligen Kolbens. Der noch zum Außendurchmesser teilweise offene
Kühlkanal wird mittels zweier speziell geformter Bleche
oberhalb des Schafts geschlossen. Dies erfolgt mittels Laserschweißen im Linientakt der Produktion.
Produktionsstart [Jahr]
Abb. 1: Zylinderdrücke von Nutzfahrzeugmotoren
Die wesentlichen Ziele der Kolbenauslegung sind geringes Gewicht, gute Kühlung und Kolbenführung sowie hohe
Robustheit und Langlebigkeit bei gleichzeitig reduzierter
Reibung und Kraftstoffverbrauch. Im Vergleich zum Aluminiumkolben können sehr kompakte Abmessungen realisiert
3
Charakteristisches Konstruktionsmerkmal aller KS Monoblock Stahlkolben ist der lange, an Naben und Boden angebundene Schaft. Damit können hohe Seitenkräfte bei gleichzeitig guter Geradführung übertragen werden, ohne Kompromisse bei der Gestaltfestigkeit machen zu müssen. Zur
Minimierung der Reibung und des Gewichts wurde der Kolbenschaft auf Druck- und Gegendruckseite asymmetrisch,
auf die jeweilig anstehenden Belastungen abgestimmt, ausgeführt. Ein neuartiges asymmetrisches, balliges Schaftprofil, optimierte Schaftrauheit und die Schaftbeschichtung
LofriKS®-1.1 reduzieren die Reibungsverluste deutlich.
Kavitation
Die Schädigung der Außenseite des Zylinderrohres durch
Auftreten von Kavitation im Kühlmittel ist als Folge der
Schwingungsanregung durch den Kolben bei entsprechender Gestaltung von Zylinderbuchse und Kühlraum möglich
und muss verhindert werden. Die kolbenseitige Anregung
ist durch die Führung des Kolbens, d. h. Laufspielgestaltung
und Schaftelastizität sowie die richtige Wahl der Kolbenbolzendesachsierung beeinflussbar. Mit den bei KS Kolbenschmidt eingesetzten Entwicklungstools wird das Risiko für
Kavitation minimiert. Die Bewegungssimulation berechnet
die Anregung der Zylinderlaufbuchse durch die Kolbensekundärdynamik für unterschiedliche Betriebspunkte des
Motors und erlaubt die Wahl der optimalen Desachsierung
und Laufspielprofilierung.
Bolzenauslegung
Der Kolbenbolzen wird beim Monoblock Stahlkolben in der
Länge deutlich reduziert. Ermöglicht wird dies durch ca. 80 %
höhere ertragbare Flächenpressung in der Bolzenbohrung.
Dies kompensiert einen erheblichen Teil des höheren Gewichts des Nacktkolbens. Eine doppelte Formbohrung in
Verbindung mit der Manganphosphatierung des gesamten Kolbens ermöglicht den Einsatz von unbeschichteten
Stahlbolzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: geringer Verschleiß, hohe Fresssicherheit, reduziertes Bolzengewicht
und hohe Wirtschaftlichkeit durch Wegfall der Buchsen in
der Bolzenbohrung.
Kolbenkühlung
Eine wesentliche Bedeutung für die Auslegung des Monoblock Stahlkolbens hat die Gestaltung der Kolbenkühlung.
Die schlechtere Wärmeleitung des Stahls und damit verbunden höheren Oberflächentemperaturen erfordern ein höheres Ölangebot der Kühlöldüse (s. Abb. 3). Eine bei hohem Öldruck gute Strahlqualität des Kühlöls sowie möglichst kleine
Wandstärken zwischen Kühlkanal und der heißesten Zone
des Kolbens, der Brennraummulde, sind die Basis für eine
hohe Funktionalität und Langlebigkeit.
Schlüsselgrößen bei der Gestaltung des Kühlhohlraums sind
seine geringe Distanz zum Muldenrand und die thermische
Abschirmung der ersten Ringnut. Eine große Höhe und Oberfläche des Hohlraums ermöglichen hohe Wärmeübergangsfaktoren (Shakereffekt) und Wärmeströme. Durch die Wahl
des KS Monoblock-Kolbenkonzeptes aus ursprünglich zwei
Teilen besteht keine Einschränkung der Hohlraumgestaltung
durch Bearbeitungszwänge, so dass die oben genannten Forderungen bei hoher Gestaltfestigkeit des Bauteils uneingeschränkt erfüllt werden können.
Der KS Monoblock Stahlkolben kann optional mit Verbindungsbohrungen zwischen Innenform und Kühlkanal dargestellt werden. Dies reduziert die Oberflächentemperatur unterhalb der Verbrennungsmulde um ca. 25 °C, was zu weniger
Ölkohleaufbau und geringerer Abdampfung von Öl und damit zu deutlich reduziertem Öl in Blowby sowie abgesenkten
Emmisionen führt.
Unterstützt wird die Auslegung durch neue Entwicklungstools wie beispielsweise CFD, Shakerversuche (Abb. 4 mit
Verbindungsbohrungen und Innenkühlraum) am Bauteil und
Optimierung der Kühlöldüsen auf KS-eigenen außermotorischen Prüfständen.
Volumenstrom pro Zylinder [l/min]
werden. Beispielsweise kann die Kompressionshöhe bei entsprechend flacher Verbrennungsmulde unter 55 Prozent des
Zylinderdurchmessers betragen.
l
Stah
tzung
anspri
Innen
lkanal
mit Küh
Nennleistung pro Zylindereinheit [kW]
Abb. 3: Kolbenkühlung – Ölbedarf pro Zylinder
4
Für die Erreichung niedriger Ölverbräuche und Gasdurchlasswerte, hat die Gestaltung der Kolbenringzone einschließlich
des Feuerstegs große Bedeutung. Als besonders günstig hat
sich der „cut-back“-Feuersteg in Kombination mit möglichst
engem, balligem ersten Ringsteg gegebenenfalls mit Öldrainagebohrungen in der Ölringnut dargestellt. Gegenüber einem heute in Serie befindlichen Pendelschaftkolben konnte
eine Reduzierung des Ölverbrauchs um bis zu 55 % nachgewiesen werden.
KS SpinteKS®
Mit der Entwicklung des SpinteKS®-Kolbens hat KS Kolbenschmidt eine völlig neuartige Herstellungsweise von Monoblock Stahlkolben verwirklicht und diese seit 2009 im Serieneinsatz. Die von KS Kolbenschmidt patentierte Lösung
besteht aus nur einem Schmiedeteil, dessen Ringfeldzone
nach der Vorbearbeitung unter Erwärmung durch Anwendung
des Wälzdrückverfahrens – Spin-Bending – so umgeformt
wird, dass ein geschlossener Kühlkanal entsteht. Das Ringfeld und der Schaft werden durch Schweißen miteinander
verbunden (s. Abb. 5). Dieses Herstellungskonzept ermöglicht die Realisierung von extrem niedrigen Kompressionshöhen – kleiner 50 % des Zylinderdurchmessers – und kommt
weltweit in Entwicklungen zum Einsatz. Durch die Außenabstützung wird ein vergrößerter Kühlraum möglich.
Abb. 4: Ansicht des Kolbenmodells im Shakerversuch
KS Monoblock Stahlkolben mit Innenkühlraum
Durch die Verwirklichung eines Zwischenbodens wird ein
zusätzlicher innerer Kühlhohlraum geschaffen. Dies ist eine
technische Lösung, die sich an die bewährten Konstruktionen gebauter Kolben für Großmotoren anlehnt. Der Ölzutritt
aus der Kühlöldüse erfolgt wie gewohnt über eine Bohrung
in den äußeren Kühlkanal. Über Verbindungsbohrungen ge-
Abb. 5: KS SpinteKS®-Kolben
Sicherheitsfaktor
100 %
206 °C
Kühlkanal-Breite
100 %
136 %
187 °C
Kühlkanal Höhe
120 %
483 °C
Kühlkanal-Höhe
100 %
Auslegungszünddrücke über 230 bar kombiniert mit Erfahrungen aus Vor- und Serienentwicklung haben zur Weiterentwicklung des Monoblock Stahlkolbens geführt. Erster Schritt
war die Anbindung des Ringfelds an den Schaft analog zur
SpinteKS®-Bauweise und damit verbunden mehr Freiheitsgrade bei der Positionierung und Gestaltung des äußeren
Kühlhohlraums. Es ergibt sich eine weiter verbesserte Struktursteifigkeit und eine geringere Verformung des Kolbens,
insbesondere im Ringfeldbereich. Die erhöhte Steifigkeit
wird zur optimierten Ausformung des äußeren Kühlraums
genutzt, so dass am Muldenrand die Temperatur um über
20 °C abgesenkt werden kann (Abb. 6) und dabei zusätzlich
eine Reduzierung der Spannungen am kritischen Kühlraumscheitel erreicht wird.
Kühlkanal-Breite
130 %
Abb. 6: Wirkung des abgestützten Ringfelds zur Temperaturund Spannungsabsenkung
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langt die zur Kühlung notwendige Ölmenge in den inneren
Kühlhohlraum und wird dann über Ablaufbohrungen oberhalb des Pleuels abgeführt. Eine gezielte Ölversorgung des
kleinen Pleuelauges und der Bolzenbohrungen ist damit
gewährleistet. Abb. 7 zeigt den Monoblock Stahlkolben mit
Innenkühlraum im Schnitt.
Mit dieser Maßnahme wird der Ölgehalt im Blowby um circa
40 % reduziert. Die Oberflächentemperatur der Verbrennungsmulde ist ebenfalls deutlich niedriger, was bei entsprechender Anpassung der Verbrennung günstigere Emissionen und Kraftstoffverbräuche ergibt. Das hohe Interesse unserer Kunden an dieser Innovation bestätigt dieses
Kolbenkonzept.
Abb. 7: KS Monoblock Stahlkolben mit Innenkühlraum
Werkstoffe
Als Stahlwerkstoff für die Herstellung des Monoblock Stahlkolbens kommen heute zwei Alternativen zum Einsatz. Der
Vergütungsstahl 42CrMo4V gilt für Anwendungen höherer
spezifischer Leistungen als ein sehr guter Kompromiss in
Bezug auf seine Umformbarkeit, seine Festigkeitseigenschaften, Zunderbeständigkeit, Bearbeitbarkeit und Kosten.
Für Anwendungen mittlerer Belastung bieten aus wirtschaftlichen Gründen mikrolegierte beziehungsweise AFP-Stähle
Vorteile.
HV = 700
HV = 300
0,60 mm
Lasergehärtete Nut
1 mm
5,00 mm
Abbildung 9 stellt die Verschleißraten gehärteter bzw. nicht
gehärteter Nuten für die Phasen Motoreinlauf und Stabilisierung nach Einlauf dar. Gemessen wurde mit der RNT
Messtechnik. In der Einlaufphase des Motors – in ihr tritt der
größte Verschleiß auf – wird der Wert auf ein Fünftel und danach auf ein Vierzigstel reduziert.
Abb. 8: Lasergehärtete Unterflanke der ersten Kolbenringnut
Verschleißrate 1. Kolbenringnut [%]
Bei besonders schweren Einsatzbedingungen des Motors
im Feld werden hohe Anforderungen an die Verschleißbeständigkeit, insbesondere der Nutunterflanke der ersten
Kolbenringnut, gestellt. Als wirksame Maßnahme zur Reduzierung des Nutverschleißes wird die Flanke durch kurzes
Erhitzen mittels eines Laserstrahls gehärtet. Abb. 8 zeigt
die in einem Querschliff durch die Nut gut erkennbare
Härtezone.
Motorbe
dingung
Abb. 9: Verringerung des Nutverschleißes durch Laserhärten
6
Gasdruck
180
360
540
720
0
180
360
540
720
0
180
360
540
720
Blow-by
Axialbewegung
0
Kurbelwinkel in Grad
Abb. 10: Simulation von Zwischenringdruck, Ringbewegung und Blow-by über ein Arbeitsspiel
Zusammenfassung
Ausblick
Mit den vorgestellten Konzepten und Merkmalen für Monoblock Stahlkolben bietet KS Kolbenschmidt immer die
passende Lösung über das gesamte Leistungspektrum von
Nutzfahrzeugmotoren am Markt an. Diverse Motoren laufen
heute bereits in großer Stückzahl mit Monoblock Stahlkolben in Serie und nutzen deren Vorteile aus. Weitere Projekte
befinden sich weltweit in der Entwicklungsphase und werden in den nächsten Jahren in Produktion gehen
Belastungssteigerungen und Kostendruck sind die wesentlichen Treiber zu weiteren Innovationen auf den Gebieten
Werkstoff und Herstellprozess. Darüber hinaus wurden weitere Vorentwicklungsprojekte initiiert, die sich schwerpunktmäßig mit den Themen Reduzierung von Gewicht, Reibung
und Emissionen bei weiter steigenden Leistungsdichten sowie Verbesserung der thermischen Belastbarkeit beschäftigen. Parallel dazu unterliegen Entwicklungsmethodik und
Simulationstools einer ständigen Weiterentwicklung und
eröffnen neue, verfeinerte Optimierungsmöglichkeiten für
weiter verkürzte Entwicklungszeiten und günstigere Verbrauchswerte.
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KS Kolbenschmidt GmbH · Karl-Schmidt-Straße · 74172 Neckarsulm
Tel. +49 7132 33-0 · Fax +49 7132 33-2796 · www.kspg.com
Änderungen vorbehalten. Gedruckt in Deutschland. A|IX|j

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