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Beteiligungsmodelle
TEILHABE
Ein Stück Firma für alle
Wie sich ihr Einsatz im Büro auszahlt, wissen manche Mitarbeiter ganz genau:
Beteiligungskonzepte belohnen Engagement und lassen das Team vom Erfolg profitieren.
Unterschiedliche Varianten passen sich jeder Unternehmensform an.
I
Top-Manager erhalten oft Boni in Millionenhöhe, und das
sogar, wenn sie für Fehlentscheidungen verantwortlich
sind. Seitdem die Allgemeinheit spürbar oft mit Milliardenhilfen
für strategische Patzer des Managements einsteht, hat dieses
Belohnungssystem in der öffentlichen Meinung nur noch wenige Freunde. Das befeuert ein Modell, das in vielen europäischen
Ländern als etabliert gilt, in Deutschland jedoch hinterherhinkt:
die Beteiligung der Mitarbeiter, auch am Erfolg. Mitarbeiterbeteiligung gilt als Oberbegriff für eine Unternehmenskultur, die
auch finanziell eine gern eingenommene Inhaberhaltung ausdrückt: Alle sitzen in einem Boot. Und warum soll ausschließlich
der Steuermann belohnt werden, wenn alle kräftig rudern?
Die Mitarbeiter motivieren
Einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und
Berufsforschung (IAB) zufolge beteiligt jeder zehnte Betrieb
seine Leute am Erfolg, etwa mittels Prämien. Allerdings ist die
Verteilung auf Beteiligungsmodelle, Branchen und Unternehmensgrößen sehr ungleich. Kleine und mittlere Betriebe etwa
„Man fühlt sich ernst
genommen“,
Renate Richter,
Assistentin der Geschäftsleitung bei Wilkhahn in
Bad Münder:
„Was das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation mit
dem Unternehmen betrifft, spielt das mit Sicherheit eine
Rolle. Wilkhahn wurde dadurch geprägt und ist noch immer ein besonderes Unternehmen, das anders tickt und in
dem die Belange der Belegschaft stärker wahrgenommen
werden. Schon allein deshalb, weil der Betriebsratsvorsitzende als Vertreter der Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft
im Beirat Einfluss nehmen kann. Man fühlt sich ernst genommen, kann mitgestalten oder sogar verändern. Das
schafft Befriedigung und Sinnstiftung; vielleicht sogar
noch mehr als ein paar zusätzliche Euros, die nach dem Bilanzabschluss irgendwann auf dem Konto landen können.“
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sind bei dem Thema deutlich unterrepräsentiert. Dabei können
die großen, börsennotierten Firmen mehrheitlich (87 Prozent)
bestätigen, dass sich Mitarbeiter mit Belegschaftsaktien stärker
mit ihren Arbeitgebern identifizieren, wie eine Studie der
Unternehmensberatung Hay Group aus diesem Jahr ergab.
„Mit der Beteiligung unserer Mitarbeiter im und am Unternehmen schaffen wir eine partnerschaftliche Unternehmenskultur, die es allen leicht macht, mitzumachen, ihre Ideen, ihre Kraft
und Initiative einzubringen und mit Freude dabei zu sein“, erklärt
Günther Cramer, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SMA Solar
Technology AG aus Niestetal. Eine partnerschaftliche Unternehmenskultur gilt als Voraussetzung dafür, dass sich die Leistungsfähigkeit sämtlicher Mitarbeiter überhaupt erst vollständig entfalten kann und sie ihr Wissen, Können und vor allem auch ihren
Willen für den Erfolg des Unternehmens einbringen.
Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der
Wirtschaft (AGP), dem Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung
aus Kassel, schafft Mitarbeiterbeteiligung eine positive
Leistungskultur, „denn durch materielle Anreize in Form von
erfolgsabhängigen Vergütungen und Gewinnbeteiligungen
wird das unternehmerische Denken und Handeln der Mitarbeiter gefördert.“ Bei der Brandt Kantentechnik GmbH in Lemgo erkenne man das zum Beispiel an einer „sehr hohen Innovationsquote, der schnellen und konsequenten Umsetzung von
Verbesserungsprozessen sowie einer geringen Krankheits- und
Fluktuationsquote“, wird Geschäftsführer Jürgen Köppel in
einer Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zitiert: „Bei Brandt denken und handeln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie Mitunternehmer.“
Beteiligungsmodelle erhöhen die Attraktivität der Arbeitgeber und demonstrieren gesellschaftliches Unternehmertum,
heißt es bei der AGP: „Durch die Beteiligung der Mitarbeiter
am Erfolg und am Kapital des Arbeit gebenden Unternehmens
wird Engagement fair belohnt und die Vermögensbildung der
Mitarbeiter gefördert.“ Unternehmen wie die Schreinerei
Werner AG aus Laufach, die Sparkassen Mittelholstein AG oder
die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) haben es beispielsweise schon eingeführt, um einige Beispiele aus unterschiedlichen Branchen zu nennen.
10.2013 | working@office
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circa 40 Prozent aller Lufthansa-Tarifbeschäftigten in Deutschland anstelle einer Barzahlung den Erwerb von traditionellen
Belegschaftsaktien oder die Teilnahme an LH-Chance“, sagt Peter
Gerber, Bereichsleiter Tarifpolitik bei der Airline. Bei LH-Chance
handelt es sich um die Möglichkeit, weitere Aktien bei zinsfreier
Darlehensgewährung hinzuzukaufen. Zwei Jahre nach Erwerb
können die Beschäftigten wieder frei über die Aktien verfügen.
Foto: © skynesher/istockphoto.com
Mit der Zeit gehen
Für jede Firma ein Modell
Dass sich das Thema Mitarbeiterbeteiligung trotzdem noch
nicht durchsetzen konnte, liegt Experten zufolge vor allem am
fehlenden Wissen. So gibt es beispielsweise Varianten, die sich
quasi maßgeschneidert auf fast jeden Firmentypus anwenden
lassen. Grob skizziert sind es zwei Grundmodelle: die Erfolgsbeteiligung und die Kapitalbeteiligung. Die Erfolgsbeteiligung
gilt als Vorstufe zur Kapitalbeteiligung, ist aber ein eigenständiges Konzept. Dabei wird die Leistung einer einzelnen Angestellten, eines Teams oder auch die der gesamten Belegschaft
mit einem Bonus honoriert, der sich am wirtschaftlichen Erfolg
orientiert. In guten Zeiten wird mehr ausgeschüttet, in schlechten weniger oder gar nicht. Bei den Manager-Boni knüpft sich
das oft an die Renditeziele. Manchmal winken Prämien für Verbesserungsvorschläge interner Prozesse, oder die Firma lässt
die Entwickler am Gewinn der Produkteinführung teilhaben.
Bei der Mitarbeiterbeteiligung handelt es sich um eine Beteiligung am Eigenkapital des Unternehmens, ähnlich wie die von
Inves­toren. Dem IAB zufolge haben nur rund zwei Prozent der
Betriebe in Deutschland dieses Modell bislang eingeführt. In
Europa halten insgesamt 9,9 Millionen Mitarbeiter Beteiligungen
im Wert von insgesamt 232 Milliarden Euro an ihrem Unternehmen, das ergab eine Studie der European Foundation for Employee Share Ownership, Brüssel, für 2011.
Belegschaftsaktien sind eine Variante für Aktiengesellschaften.
Die Deutsche Lufthansa AG hat sie bereits Ende der sechziger
Jahre eingeführt. „In den vergangenen Jahren wählten jeweils
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Die Wilkhahn GmbH +Co. KG in Bad Münder, Premiumhersteller von Büromöbeln, hat seit über 40 Jahren Erfahrung mit der
Mitarbeiterbeteiligung. „Sie entstand aus dem schlechten Gewissen des Unternehmers in einer Zeit damals noch sehr niedriger
Löhne und eines gleichzeitig boomenden Geschäfts. Fritz Hahne
machte Halbe-halbe“, erzählt Renate Richter, Assis­tentin der
Geschäftsleitung. Das geschah durch Anteile an einer stillen
Beteiligungsgesellschaft. „Daraus entstand die zweite Form der
Beteiligung: Die Verzinsung der Gesellschafteranteile entsprechend dem Unternehmensgewinn.“ Die doppelte Beteiligung
führte im Verlauf der Jahrzehnte zu einem starken Anstieg der
Mitarbeiteranteile. „Und es führte dazu, dass immer mindestens
25 Prozent des Unternehmensgewinns als Zinsleistung abgeflossen“, erläutert Richter den historischen Hintergrund. „Deshalb
wurde die Beteiligung per Mitarbeit Ende der 1990er-Jahre
gekündigt. Diese Form der Beteiligung war ein Kind ihrer Zeit,
die sich deutlich gewandelt hat.“ Aufgegeben hat Wilkhahn das
Thema nicht, sondern es heutigen Anforderungen angepasst:
„Wir haben als neue Form der Beteiligung seit 2004 eine betriebliche Altersversorgung, deren Zuführung vom Gewinn abhängt
und variieren kann“, erklärt Geschäftsleitungsassistentin Richter.
Überall werden andere Akzente gesetzt. Bei der Lemken
GmbH & Co. KG, einem Hersteller für landwirtschaftliche
Geräte aus Alpen, können die Kollegen nicht nur Geld, sondern
auch ihre Überstunden einsetzen. Über eine Teilnahme und über
die Höhe des eingesetzten Betrags wird jedes Jahr neu entschieden. Vorher plant Lemken den voraussichtlichen Geschäftsver-
„Ich habe großes
Vertrauen in meinen
Arbeitgeber“,
Anke Hoffmann, Assistentin der Geschäftsführung
bei der Globus SB-Warenhaus Holding in St. Wendel:
„Ich kenne mein Unternehmen und vertraue meinem Arbeitgeber. Zudem sind die Zinsen attraktiv, der garantierte
Basiszins beträgt derzeit fünf Prozent. Dazu kommt ein erfolgsabhängiger variabler Zinssatz. Etwa die Hälfte aller
Mitarbeiter bei uns nutzt diese Möglichkeit.“
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lauf und ermittelt das Planergebnis als Messlatte für die Erfolgsbeteiligung. „Der gewählte Geldeinsatz wird im November vom
Gehalt einbehalten“, erklärt Kirsten Pientka. „Da die voraussichtliche Umsatzrendite aber schon Ende 2013 abschätzbar ist, wird
bereits mit der Gehaltsabrechnung im Dezember eine Abschlagszahlung in Höhe von 70 Prozent der voraussichtlichen Erfolgsbeteiligung wieder ausbezahlt. In der Vergangenheit lag der
Rückzahlungsfaktor bei über 1,8“, ergänzt die Assis­tentin des
Geschäftsführers und des Vertriebsleiters. Im Falle eines Verlustes hat jeder Teilnehmer das Recht, die Hälfte des verlorenen
Kapitals als Einsatz für das nächste Jahr stehen zu lassen.
Einfluss über Leistung
Welche Varianten möglich sind, hängt auch von der Rechtsform
ab. Es gibt zahlreiche Ausgestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel
für den Fall einer Kündigung, damit die Beteiligung nicht zum
Problemfall wird. So können Mitarbeiter stille Gesellschafter werden, was die Beziehung zum Unternehmen einmal mehr stärkt.
Bei der Globus SB-Warenhaus Holding ist das so; rund 160 Märk­
te, SB-Warenhäuser, Elektrofachmärkte und Baumärk­te gehören
zu dem Unternehmen in Sankt Wendel. „Es gibt zwei Beteiligungsmodelle bei Globus, die ich beide nutze“, erzählt Anke Hoffmann,
Assis­tentin der Geschäftsführung. „Zum einen das Programm
Plus 1000, über das sich jeder Mitarbeiter als stiller Gesellschafter
an ‚seinem‘ Markt beteiligen kann. Zum anderen das erweiterte
Modell plus 2000, bei dem die Mitarbeiter am Erfolg des gesamten Unternehmens partizipieren.“ Hoffmann schätzt diese Instrumente. „Ich habe als Mitarbeiterin durch die Beteiligung noch
mehr das Gefühl, dass meine eigene Leistung Einfluss auf den
Erfolg des Unternehmens und damit auf die Verzinsung hat.“
Auch die Geschäftsführung bei der Claas KGaA mbH in Harsewinkel hat die Mitarbeiterbeteiligung als festen Bestandteil der
„Wir haben langjährige
Beschäftigungsverhältnisse“, Dorothea
Scheidl-Nennemann,
Public Relations Manager
bei der Sedus Stoll AG in
Waldshut:
„Eine Gewinnbeteiligung fördert die Zugehörigkeit, die
Identifikation und auch das unternehmerische Denken und
damit Kostenbewusstsein. Durch die auf diese Weise entstandenen Kapitaleinlagen der Mitarbeiter muss das Unternehmen Kapital nicht anderweitig beschaffen, etwa bei
Banken. Zusätzlich bietet diese Einrichtung Vorteile im Personalmarketing. Durch das Beteiligungsmodell entsteht eine intensivere Bindung ans Unternehmen, das hat eine geringere Fluktuation zur Folge. Und das wiederum bedeutet
nachhaltige Personalwirtschaft mit niedrigeren Kosten in
der Personalbeschaffung.“
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Engagement in einem
moralisierenden Markt
„Mitarbeitern eine wirkliche Teilhabe zu bieten, das ist ein
Beleg für gute Unternehmensführung“, sagt Dr. Heinrich
Beyer. Der Geschäftsführer der AGP erklärt, worauf es dabei ankommt.
w@o: Das Gefühl, dass vom Unternehmensgewinn immer nur andere profitieren, erregt die Gemüter ...
Heinrich Beyer: Stimmt, das zeigt die aktuelle Diskussion
um Managergehälter, gefühlte Ungerechtigkeit und Vermögensungleichverteilung. Dass ein Unternehmen Profite erzielen muss, steht außer Frage. Nur soll es dabei bitte auch
an die Gemeinschaft denken. Es geht um Corporate Social
Responsibility, danach verlangt mittlerweile der Markt. Man
spricht bereits von einem moralisierenden Markt.
w@o: Was hält das Thema so frisch?
Beyer: In den letzten Jahren hat das Thema Mitarbeiter- und
Kapitalbeteiligung durch den Fachkräftemangel an Fahrt gewonnen. Vor allem mittlere und kleinere Unternehmen haben erkannt, dass dieses Instrument eine wichtige Rolle im
Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter spielen kann.
w@o: Wie profitiert die Firma?
Beyer: Der Betrieb verfügt über mehr Kapital und ist deshalb
flexibler im finanziellen Bereich. Zum anderen profitiert eine
Firma personalwirtschaftlich und in puncto Unternehmenskultur. In der Praxis hat sich oft gezeigt, dass eine Beteiligung der Mitarbeiter zu einem hohen Maß an Verbindlichkeit
gegenüber dem Arbeitgeber führt, zu mehr Motivation und
unternehmerischer Denke in der Belegschaft.
w@o: Was haben die Mitarbeiter davon?
Beyer: Mitarbeiterprogramme stehen für eine bestimmte Art
von Leistungskultur: Wir wollen gemeinsam etwas leisten,
auch Geld verdienen, und dass alle daran beteiligt sind. Und
dann gibt es noch klare finanzielle Vorteile. Unternehmen
und Mitarbeiter können unbeschränkt in das Modell investieren – bis zu insgesamt 360 Euro pro Jahr, sogar ohne dass
Steuern anfallen. Auf das Kapital erhalten die Mitarbeiter eine Basisverzinsung, obendrauf kommt der erfolgsabhängige
Zinszuschlag. Geht es dem Unternehmen gut, können das
gut acht bis zehn Prozent Rendite sein und mehr. Damit rentiert sich der Einsatz des Mitarbeiters auch für ihn selbst.
w@o: Und was, wenn die Firma pleite geht?
Beyer: Auch das muss man klar sagen: Geht die Firma insolvent, ist auch das Kapital weg. Allerdings ist empirisch
belegt, dass Firmen mit solchen Beteiligungsmodellen stabiler und erfolgreicher sind als andere.
w@o: Ist die praktische Umsetzung knifflig?
Beyer: Nein. Es gibt ein hohes Maß an Rechtssicherheit,
Musterverträge, Info-Stellen, und die Regeln sind klar und
nachvollziehbar.
w@o: Gibt es auch einen Haken?
Beyer: Theoretisch zumindest nicht. In der Praxis kann so
ein Beteiligungsprogramm dennoch scheitern, zum Beispiel,
wenn die Firma sich mit dem Geld der Mitarbeiter nur sanieren will. Oder wenn der Unternehmer nicht selbst dahinter
steht. Er ist die zentrale Figur, er muss das selbst gut finden.
Denn er muss das Instrument seinen Mitarbeitern ja verkaufen, nach dem Motto, wir sitzen alle in einem Boot. Kann ein
Unternehmen ein funktionierendes Beteiligungsmodell vorweisen, gilt das Experten als Garant für die gute Führung
des Unternehmens. Es ist ein deutliches Zeichen für Mitarbeiter-Orientierung.
10.2013 | working@office
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Unternehmenskultur etabliert. Die Mitarbeiter können in Form
einer stillen Beteiligung an der CMG Claas Mitarbeiterbeteiligungs-Gesellschaft mbH teilhaben. Diese wiederum stellt das
Kapital der Claas-Gruppe zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit zur Verfügung. Es gibt ein jährliches Zeichnungsangebot für
die Mitarbeiter, aktuell können maximal zwölf Anteile mit einem
Nennwert von insgesamt 1.200 Euro erworben werden, wobei
Claas einen Zuschuss von maximal 135 Euro zahlt. Die Laufzeit
der Anteilsscheine beträgt neun Jahre. Die Rendite ist abhängig
vom Geschäftsergebnis. Die Beteiligungsquote der Belegschaft
liegt bei 75 Prozent, das Gesellschaftskapital ist auf 30 Millionen
Euro angewachsen, was beides für die Attraktivität des Modells
spricht und Claas als „Ausdruck des Vertrauens der Mitarbeiter
in die Wettbewerbsfähigkeit von Claas“ interpretiert. Aber das ist
nur eine Facette. „Die Mitarbeiterbeteiligung erzielt einen nennenswerten Effekt für die Vermögensbildung und damit für die
Altersvorsorge der Mitarbeiter“, erklärt Dr. Peter Göth, Geschäftsführer der CMG Claas. „Zudem stärkt­es die Finanzkraft.“ Und
auch hinsichtlich der Motivation und der Zufriedenheit lasse sich
feststellen, so Göth: „Die Mitarbeiterbeteiligung wirkt.“
Die Sedus Stoll AG, Spezialist für Büroeinrichtungen aus
Waldshut, bietet ein kombiniertes Modell: „Erfolgsbeteiligung
mit einer langfristigen Kapitalanlage im Unternehmen. Die
Hälfte der Unternehmensgewinne geht an die Mitarbeiter. Bei
einem entsprechenden Jahresergebnis kann das unter Umständen drei zusätzliche Monatsgehälter ausmachen“, erklärt Dorothea Scheidl-Nennemann, PR-Managerin bei Sedus Stoll. „Ein
Teil davon bleibt im Unternehmen – als langfristiges verzinstes
Guthaben. Ausbezahlt wird dieses Geld erst im Rentenalter
oder auf Antrag zur privaten Vermögensbildung.“
Steuervorteile mitnehmen
Es lassen sich aber auch Teile des Gehalts, vielleicht das Weihnachtsgeld oder die Erfolgsbeteiligung, gleich wieder im Betrieb
des Arbeitgebers anlegen und dann als Gegenleistung eine Rendite kassieren. Die Höhe der Rendite richtet sich in der Regel
nach den klassischen betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. So
erhält die Mitarbeiterin in einem anderen Betrieb vielleicht
zwei Prozent Zins auf ihren Anteilsschein und bei Erreichen
bestimmter Umsatzziele des Unternehmens ein paar Prozentpunkte obendrauf. Hat das Unternehmen großen Erfolg, kann
das auch zweistellig sein; in boomenden Zeiten keine Seltenheit.
Hinzu kommt, dass bis zu 360 Euro pro Beteiligung steuerund sozialabgabefrei sind, was für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten kann. Diesen Förderspielraum hat der Gesetzgeber
mit dem neuen Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz (MKBG)
geschaffen. Das läppert sich, rechnet der Verband AGP an dem
Beispiel eines Einzahlungsplans vor: „Bei einem Unternehmen
mit 100 Mitarbeitern, von denen sich 60 Prozent beteiligen,
wird bei einer Monatsleistung pro Mitarbeiter von nur 50 Euro
und einem ,Zuschuss‘ des Unternehmens von 240 Euro pro
Angestelltem in fünf Jahren ein Kapital von 4.200 Euro pro Mitb
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„Durch gute Ideen
mehr verdienen“,
Kirsten Pientka, Assistentin des Geschäftsführers
und des Vertriebsleiters
bei der Lemken GmbH &
Co. KG in Alpen:
„Unser Erfolgsbeteiligungsmodell hat viele Vorteile. Zum
einen können alle Mitarbeiter durch ihr Verhalten in ihrem
Arbeitsumfeld und durch gute Ideen mehr verdienen und
damit von einer guten Entwicklung profitieren. So überlegt
man zum Beispiel, wie man noch sparsamer mit Büromaterialien oder anderen Einsatzstoffen umgehen kann. Außerdem wird jeder angeregt, die Abläufe im Unternehmen
mehr als üblich zu hinterfragen und Verbesserungen vorzuschlagen. Und letztlich wird das Unternehmen in schwierigen Zeiten besser gepolstert.
Spätestens zum Jahresende fiebert man gemeinsam mit den
Kollegen der endgültigen Höhe des Erfolgsbeteiligungsfaktors entgegen, der regelmäßig wie eine Art Fieberkurve veröffentlicht wird. Man kommt stärker ins Gespräch miteinander und diskutiert Ausgaben; fast, als wäre es das eigene
Geld. Von daher finde ich es sehr positiv, dass es bei Lemken dieses Modell gibt, und das schon seit 16 Jahren.“
arbeiter aufgebaut.“ Für das Unternehmen ergebe sich daraus
ein Kapitalstock von 252.000 Euro.
Eigenkapitaldecke gestärkt
Für das Unternehmen kann das Mitarbeiterbeteiligungsmodell
auch eine Stärkung der Eigenkapitalbasis bedeuten. Das wiederum macht es finanziell flexibler und stabiler. Und die Mitarbeiter spüren, wie sich ihr Engagement im wahrsten Sinne des
Wortes auszahlt – und haben die reale Chance auf Vermögensbildung. „Eine prima Geldanlage, und man sieht jeden Tag, wo
man sein Geld investiert“, freut sich Fiona Strauß von Claas.
Für das Unternehmen ist das Beteiligungsmodell außerdem
ein Plus, das es beim Wettbewerb um die immer knapper werdenden Fachkräfte in die Waagschale werfen kann. „Unser wichtigstes Kapital sind unsere Mitarbeiter. Um ihre Potenziale zu
heben, schaffen wir Arbeitsbedingungen, die außergewöhnliche
Leistungen, Zufriedenheit und den konstruktiven und kreativen
Austausch fördern“, betont Siekermann, Geschäftsführer der Ferdinand Bilstein GmbH + Co. (febi) in Ennepetal. Für den Automobilzulieferer ist die Mitarbeiterbeteiligung ein modernes
Instrument der Unternehmensführung, „mit der ein Innovationsklima geschaffen, das Wachstum gefördert und erheblich
zum wirtschaftlichen Erfolg beigetragen wird.“ Claas-Assistentin
Fiona Strauß ist dafür ein gutes Beispiel: „Seit ich Anteile kaufe,
interessiere ich mich mehr für die Zahlen. Und ich sehe zu,
soweit ich das kann, dass Claas erfolgreich bleibt.“
n
Karin Pfeiffer, Journalistin
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