Zu wessen Nutzen?
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Zu wessen Nutzen?
EU-Infrastruktur investitionen – Zu wessen Nutzen? Das Infrastrukturportfolio der Europäischen Investitions bank im Süden Die Mission von „Counter Balance: die Europäische Investitionsbank herausfordern“ ist es, die Europäische Investitionsbank zu einer offenen und fortschrittlichen Institution zu verändern, die zur Erreichung der europäischen Entwicklungsziele beiträgt und nachhaltige Entwicklung fördert. Zudem will die Kampagne die Menschen unterstützen, die von der Arbeit der EIB betroffen sind. Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Die Kampagne wird unterstützt von: 1. Zusammenfassung S.4 S.5 2. Die Europäische Investitionsbank – GroSSe Unbekannte mit groSSem Einfluss 2.1 Ziele S.6 2.2 Anteilseigner und Entscheidungen 2.3 Finanzinstrumente S.7 S.6 S.7 3. Die Europäische Investitionsbank in der Entwicklungszusammenarbeit S.8 3.1 Das externe Mandat der EIB S.8 3.2 Die EIB in AKP-Staaten S.8 3.3 Die EIB in anderen Ländern des Südens und Nachbarländern 3.4 Die EU-Strategie zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Krisenbewältigung S.11 Herausgeber: urgewald e.V. Marienstraße 19 – 20 | 10117 Berlin www.urgewald.de 4. Infrastrukturprojekte und die Umwelt Text: Regine Richter, urgewald, mit Texten von Counter Balance 6. Fallbeispiele Satz: werk21 – Berlin Image source – cover: flickr/mm-j Gedruckt auf Recycling-Papier. Dezember 2009 S.12 5. EU Aktivitäten für (Energie-) Infrastruktur 5.1 Afrika-EU Partnerschaft für Infrastruktur 5.2 Afrika-EU Energiepartnerschaft S.15 S.14 S.17 6.1 Die Tschad Kamerun Öl-Pipeline S.17 6.2 Die Westafrikanische Gas-Pipeline (WAGP) S.18 6.3 Das Gilgel Gibe Wasserkraftprojekt in Äthiopien 6.4 Der Bujagali Staudamm in Uganda S.21 6.5 Energie-Infrastruktur für Bergbau S.23 6.6 Das Tenke Fungurume Projekt S.23 6.7 Die Mopani Kupferhütte in Sambia S.24 7. Welche Entwicklung und für wen? 7.1 Grand Inga S.28 7.2 Trans-Sahara Pipeline 7.3 Energiesicherheit S.30 S.19 S.27 S.29 8. Neue Wege für die EIB? S.31 8.1 Die Entscheidung des EuGH S.31 8.2 Die Halbzeitprüfung des externen Mandates der EIB S.32 8.3 Zeit für einen Wandel S.32 8.4 Energiesicherheit: beim eigenen Verbrauch ansetzen S.33 8.5 Außerhalb der EU S.33 Gefördert von InWEnt gGmbH aus Mitteln des BMZ und mit Mitteln der Europäischen Union. Die Inhalte des Dokuments liegen in der alleinigen Verantwortung von Counter Balance und urgewald und stellen nicht die Meinung der Europäischen Union dar. S.9 S.14 5 4 Abkürzungsverzeichnis AKP Afrikanische, karibische und pazifische Länder ALA Asien und Lateinamerika (Asia and Latin America) AU Afrikanische Union CEE Zentral- und Osteuropa (Central and Eastern Europe) EC Europäische Kommission (European Commission) EEF Europäischer Entwicklungsfonds EuGH Europäischer Gerichtshof EIB Europäische Investitionsbank (European Investment Bank) ELM Mandat zur Kreditfinanzierung außerhalb der EU (External Lending Mandate) ENP Europäische Nachbarschaftspolitik EO Europäischer Ombudsmann EP Europäisches Parlament EU Europäische Union FI Ausländische Direktinvestitionen (Foreign Investments) IBA Important Bird Area IFC Internationale Finanzkorporation (International Finance Corporation, Weltbanktochter) IFIs Internationale Finanzinstitutionen KMU Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) MDG Milleniumentwicklungsziele (Millenium Development Goals) OGP Operativer Gesamtplan (Corporate Operational Plan) SFF Strukturierte Finanzierungsfazilität (Structured Finance Facility) TEN Transeuropäische Verkehrs- und Energienetze (Trans-European Networks of transport and energy) TINA Transport Infrastructure Needs Assessment WBG Weltbankgruppe (IBRD, IDA, IFC, MIGA und ICSID) WCD Weltstaudammkommission (World Commission on Dams) EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 1. Zusammenfassung Die Europäische Investitionsbank (EIB) gehört zu den gro ßen Unbekannten unter den öffentlichen Banken, obwohl sie inzwischen jährlich über 70 Milliarden Euro verleiht. Gerade im Rahmen der Finanzkrise ist ihre Bedeutung enorm gestiegen. Den größten Teil des Geldes vergibt die EIB innerhalb der EU, jedoch haben in den vergangenen Jahren auch ihre Aktivitäten außerhalb der EU zugenommen. Dort wird die Arbeit der EIB von verschiedenen Mandaten geleitet, in den AKP-Staaten agiert sie unter dem Cotonou-Abkommen, die Arbeit in anderen Länder wie Asien, Lateinamerika, aber auch in Nachbarländern wird vom Externen Mandat geleitet, das von 2007–2013 gilt. Laut Beschluss des Rats der Europäischen Union sichert dieses Mandat die Verleihaktivitäten der EIB mit Gemein schaftsgarantien ab. Da sie traditionell im Infrastrukturbereich aktiv ist, ist die EIB in verschiedenen Afrika-EU-Partnerschaften aktiv, sowohl in der Infrastruktur-, als auch in der Energiepartnerschaft, wo sie Fonds verwaltet und durch Finanzierung zur Realisierung von konkreten Projekten im Rahmen der Partnerschaften beitragen soll. Eine Reihe von Fallbeispielen beleuchtet die Realität von EIB-finanzierten Projekten im Energie- und Berg baubereich. Dabei tauchen immer wieder grundlegende Fragen danach auf, wer von den Projekten profitiert und wer nicht: wer bekommt in Sambia einen Job und für wie lange? Kann sich den Bujagali-Strom jemand leisten außer den wenigen ugandischen Besserverdienern? Soll das nigerianische Gas vorrangig helfen, die dortige Bevölkerung zu versorgen, oder haben die Menschen in Ghana das Recht auf dieses Gas, solange sie es zahlen können? Soll ein energiearmes Land wie Äthiopien einen riesigen Staudamm für den Stromexport nach Kenia bauen? Müssen Menschen im Tschad oder in Kamerun EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 mit gesteigerten Konflikten den Preis für Öl zahlen, das in Amerika oder Europa konsumiert wird? Rechtfertigt die Investition internationaler Bergbauunternehmen in der Demokratischen Republik Kongo oder in Sambia, dass sie Ländern die Vertragsbedingungen diktieren und damit enorme Profite abschöpfen? Die Beispiele sind typische, auf den Export ausgerichtete Projekte, die Entwicklungs länder (besser) in den Weltmarkt integrieren sollen und deren Entwicklungsverständnis vom Glauben an den Trickle-Down Effekt geprägt ist. Jedoch zeigen sie, dass auf Projektebene oft gerade die am stärksten negativ Betroffenen am wenigsten profitieren. Zumal in einer globalisierten Welt Gewinne aus Unternehmungen oft eben nicht im Land re-investiert werden, sondern in offshore Finanzzentren und Steueroasen landen sowie an die Aktionäre der Unternehmen ausgeschüttet werden, die oft im Norden sitzen. Zwei noch nicht realisierte Projekte aus dem Energie bereich, die vorgestellt werden, legen dar, dass es aller entwicklungspolitischen Rhetorik zum Trotz dabei vornehmlich um die Sicherung von Energiequellen für Europa geht. Änderungen bei der EIB wären jedoch gerade jetzt mög lich, da zurzeit das externe Mandat der EIB überarbeitet wird. Die Europäische Kommission soll Ende April 2010 einen neuen Entwurf vorlegen, der dann vom Europäi schen Parlament und den Mitgliedsstaaten diskutiert wird. Dies bietet die Gelegenheit, das Entwicklungs modell zu überdenken, die ökologische, soziale, ent wicklungspolitische und menschenrechtliche Expertise der Bank zu verbessern und ihre Aktivitäten auf weniger Bereiche zu konzentrieren, wo sie einen zusätzlichen Nutzen bringen kann. Im Bereich Energiesicherheit sollte die EIB vor allem auf der europäischen Verbrauchsseite ansetzen und ihre Finanzierung darauf konzentrieren, hier Reduktionen zu erzielen. 7 6 2. Die Europäische Investitionsbank – GroSSe Unbekannte mit groSSem Einfluss Die EIB wurde im Zuge der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der heutigen EU, 1958 in Rom ins Leben gerufen. Ursprünglich dazu gedacht, Infrastrukturprojekte der EU-Mitgliedsstaaten zu finan zieren und Investitionen in den weniger entwickelten Teilen der EU zu unterstützen, hat sich die Hausbank der EU heute zu einer der größten internationalen Finanz institutionen (IFI) entwickelt. Das Jahresbudget der EIB ist kontinuierlich gestiegen, es lag 2005/2006 bei knapp 50 Milliarden Euro, womit ihr Investitionsvolumen das der Weltbank fast um das Doppelte überstieg. Im Rahmen der Finanzkrise wurde ihr Jahresbudget enorm erweitert, im Jahr 2008 unter zeichnete die EIB Kreditverträge über etwa 58 Milliarden Euro und für 2009 sind etwa 75 Milliarden Euro vorge sehen. Als eine europäische Institution besteht die Aufgabe der EIB darin, die politischen Strategien der EU durch langfristige Finanzierungszusagen für nachhaltige Investitionsprojekte zu unterstützen. Die EIB hat Mandate zur Förderung der Energiesicherheit, der regionalen Integration sowie der Privatsektor-Förderung. 2.2 Anteilseigner und Entscheidungen Die EIB wird von ihren Anteilseignern – den 27 Mitglieds staaten der Europäischen Union – finanziert, die zusammen das Kapital der EIB aufbringen. Die jeweils eingezahlten Beträge entsprechen dem wirtschaftlichen Gewicht der Anteilseigner innerhalb der Union, die vier größten Anteilseigner sind Großbritannien, Italien, Frankreich und Deutschland, sie halten je 16 Prozent der Anteile. Die Entscheidungen der Bank werden in folgenden Strukturen getroffen: • Der Rat der Gouverneure besteht aus den Ministern der EU-Mitgliedsstaaten, in der Regel die Finanz- oder Wirtschaftsminister. • Der Verwaltungsrat besteht aus 28 Direktoren – jeweils einer aus jedem EU-Mitgliedsland sowie ein Vertreter der Europäischen Kommission – und 18 stellvertretenden Verwaltungsratsmitgliedern, die vom Rat der Gouverneure ernannt werden. • Das Direktorium mit Sitz in Luxemburg umfasst neun Mitglieder, unter Leitung des EIB-Präsidenten. Sie werden vom Rat der Gouverneure berufen. • Der Prüfungsausschuss setzt sich aus drei Mitgliedern sowie drei Beobachtern zusammen, die vom Rat der Gouverneure für drei Jahre ernannt werden. Proteste zum 50. Geburtstag der EIB 2.1 • Zusammenhalt und Konvergenz, • Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) • Ökologische Nachhaltigkeit • Umsetzung der Innovation-2010-Initiative (i2i) Finanzinstrumente 2.3 • Ausbau der Transeuropäischen Verkehrs- und Energienetze (TEN) Die EIB vergibt Kredite an die EU-Mitgliedsstaaten und an etwa 140 weitere Partnerländer, sowie an private Un ternehmen. Etwa 90 Prozent ihres Geldes verleiht die EIB innerhalb der EU, die Vergabe von Darlehen außerhalb der EU hingegen basiert auf verschiedenen Mandaten der Europäischen Gemeinschaft (s.u.). Traditionell ist die EIB besonders in der Finanzierung von Projekten zum Ausbau der Transport-, Energie- und Industrie-Infrastruktur innerhalb der EU engagiert. Globaldarlehen sind mittel- bis langfristige Kredite, die an zwischengeschaltete Finanzinstitutionen (Banken, Leasing-Unternehmen oder andere Finanzinstitutionen) vergeben werden. Diese gewähren Kredite bis zu einer Höhe von 25 Millionen Euro an lokale Banken sowie an kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) für neue In vestitionsprojekte. Die Beteiligung an Risikokapitalfonds und KMU-Garantieoptionen wird im Rahmen des Europäi schen Investitionsfonds (EIF) durchgeführt. Die EIB hat, abhängig von der Art der Projekte und der Region, verschiedene Finanzinstrumente zur Verfügung: Die Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis (RSFF) erleichtert der Bank durch Kredite und Garantien die Finanzierung von risikoreicheren Projekten, darunter insbesondere umfangreiche Infrastrukturprogramme, die von der EIB zunehmend unterstützt werden. • Nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energieversorgung Die EIB ist der europäischen Rechtssprechung unterwor fen. Damit ist sie sowohl an die rechtlichen Bestimmun gen des EU-Vertrags als auch an ihre eigenen Statuten, die ihre finanziellen, rechtlichen und administrativen Grundlagen festlegen, gebunden. Einzeldarlehen sind Kredite für öffentliche oder privat wirtschaftliche Projekte, einschließlich der Risikokapital finanzierung. 1 Kroatien, Türkei und Mazedonien EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Foto: Liza Gabry (Amis de la Terre) Foto: Liza Gabry (Amis de la Terre) Ziele Die EIB verfolgt in der EU und den Beitrittskandidaten1 sechs vorrangige Ziele, die auch in ihrem Geschäftsplan, dem Operativen Gesamtplan (OPG), festgehalten sind: Proteste zum 50. Geburtstag der EIB EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 9 8 3. Die Europäische Investitionsbank in der Entwicklungszusammenarbeit Finanzierung in AKP-Staaten nach Sektoren andere 3.1 Die Finanzierungen der EIB in Entwicklungsländern werden über verschiedene Mandate geregelt, je nach der Region, in der die Bank tätig ist. Der Europäische Rat erteilt der Bank die Mandate in doppelter Hinsicht: einerseits, indem er die Prioritäten für die Kreditvergabe der EIB setzt und andererseits, indem er der Bank eine Garantie für die Kreditvergabe 3.2 Dienstleistungen Das externe Mandat der EIB 2008 hat die EIB Kredite über rund 6,1 Mrd. Euro außerhalb der Europäischen Union (EU) vergeben, dies macht sie zu einer einflussreichen Finanzinstitution, die im Auftrag ihrer Anteilseigner – EU und ihre Mitglieds staaten – rund um die Welt operiert. Energie außerhalb der EU Region gibt – als Schutz vor möglichen Verlusten in risikoreicheren Märkten. Unter dem Cotonou-Abkommen verwaltet die EIB zusätz lich die Cotonou-Investitionsfazilität (IF), ein Instrument mit Risikoteilung, das im Juni 2003 eingerichtet wurde. Für den Zeitraum von 2003 bis 2007 wurden über die Cotonou-IF 3,9 Mrd. Euro vergeben. Weitere 3,5 Mrd. Euro werden von 2008 bis 2013 bereitgestellt, die die EIB um weitere 2 Milliarden Euro aus eigenen Mitteln aufstocken kann. Zudem vergibt die Bank Mittel für technische Assistenz. Im Zeitraum 2000–2009 hat die EIB vor allem in den Finanzsektor (40 Prozent, dies umfasst Kreditlinien, Investmentfonds und Mikrofinanzierung), den Energie(21 Prozent), den Industrie- (19 Prozent), den Transport(9 Prozent) und den Wassersektor (7 Prozent) investiert. Telekommunikation Für die Kredite in Afrika, der Karibik- und Pazifikregion (AKP) fällt das EIB-Mandat unter das CotonouAbkommen, während für Asien, Lateinamerika, die EU-Beitrittskandidaten und Nachbarländer (Mittelmeer region, Osteuropa, Südkaukasus und Russland) ein externes Mandat besteht, das vom Rat im Dezember 2006 für die Jahre 2007–2013 vergeben wurde. Es umfasst eine Garantie der Europäischen Gemeinschaft von bis zu 27,8 Mrd. Euro im Vergleich zu 20,7 Mrd. Euro, die in der vorherigen Periode von 2000–2006 bewilligt wurden. Wasser / Abwasser Transport Finanzsektor 3.3 Die EIB in AKP-Staaten Das Cotonou-Abkommen wurde im Jahr 2000 abge schlossen, es regelt Kredite an die 79 AKP-Länder. Schwerpunkt sind Privatsektorinvestitionen für Trans port-, Wasser-, Energie- und Telekommunikations infrastruktur. Die EIB verleiht dabei eigene Mittel und managt zusätzlich zunehmend Mittel des Europäischen Entwicklungsfonds, der sich aus Fonds der EU-Mitgliedsstaaten zusammensetzt und von der Kom mission verwaltet wird. Dies entspricht den hauptsächlichen strategischen Prioritäten in der Region: Finanzsektor und Infrastruktur, wozu die Bank Energieeffizienz und Klimawandelmindernde und anpassende Maßnahmen zählt2. Das Cotonou-Abkommen legt fest, dass die EIB darauf hinarbeiten soll, die Armut zu vermindern und abzu schaffen, unter Berücksichtigung der nachhaltigen Entwicklung und der Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft. Unter anderem wird die Einhaltung der Menschenrechte, die Beachtung von demokratischen Prinzipien und der Rechtsstaatlichkeit gefordert, außer dem soll ein stabiles politisches Umfeld und nachhaltige sowie gleichberechtigte Entwicklung der produktiven Ressourcen gefördert werden. Südafrika zählt als einziges subsaharisches afrikanisches Land nicht zu den AKP-Staaten, die EIB vergibt dort seit 1994 Kredite. Zwischen 2007 und 2013 kann die Bank 900 Millionen Euro vergeben. Die Aktivitäten der EIB fokussie ren auf öffentliche und private Infrastrukturprojekte mit dem Ziel der Bekämpfung von Armut und Ungleichheit. Die finanzierten Aktivitäten umfassen Globaldarlehn für Energieeffizienz sowie Wasserinfrastruktur, Energie-, Industrie- und Hausbauprojekte. Die EIB in anderen Ländern des Südens und Nachbarländern Während das Cotonou-Abkommen die Aktivitäten der EIB klar in den entwicklungspolitischen Rahmen der EU einordnet, ist dies bei den anderen Regionen nicht so deutlich. Das derzeitige externe Mandat (von 2006) legt unterschiedliche Prioritäten für verschiedene Regionen fest und hat mehrere Ziele, einschließlich der Förderung ausländischer Direktinvestitionen aus der EU. Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) bevoll mächtigt die EIB, ihre Kreditaktivitäten in den EUNachbarländern von 2007–2013 auf insgesamt 12,4 Mrd. Euro auszudehnen. Das schließt die Länder des südlichen Kaukasus ein, die nicht unter das vorherige Mandat fielen sowie Russland, wo das Mandat zuvor auf ein Umwelt schutzprojekt in Sankt Petersburg begrenzt war. Finanzierung in Lateinamerika nach Sektoren Agrarsektor Wasser / Abwasser Telekommunikation Kreditlinien Transport Industrie Energie 2 www.eib.org/projects/regions/acp/index.htm EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Industrie EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 11 10 Die EU-Strategie zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Krisenbewältigung 3.4 Im Rahmen der Finanzkrise und einer neuen oder erneuerten EU-Strategie zur Unterstützung von Entwicklungsländern wird die EIB in den nächsten Jahren voraussichtlich eine noch größere Rolle spielen. 2009 erwähnt die Europäische Kommission die EIB in ihrem jährlich im April erscheinenden Kommunikationspaket zur Entwicklungsfinanzierung. Sie sagt darin, dass die EIB ein zentrales Instrument sein kann, um auf die neuen Herausforderungen zu reagieren, die aus der Finanzund Wirtschaftskrise resultieren. Etwa hier in Sambia. Foto: Petr Hlobil (CEE Bankwatch Network) In AKP Staaten fördert die EIB viele Bergbauprojekte. Foto: Petr Hlobil (CEE Bankwatch Network) In Asien und Lateinamerika (ALA) kann die EIB für die Jahre 2007–2013 insgesamt 3,8 Mrd. Euro verleihen, in beiden Regionen deutlich mehr als im vorherigen Mandat mit 2,48 Mrd. Euro für den Zeitraum 2000–2006. Die Ziele der EU für die ALA-Länder umfassen ökonomische Zusammenarbeit und EU Präsenz durch ausländische Direktinvestitionen aus der EU, ökologische Nachhaltig keit – inklusive Klimawandel-Schadensminderung – und Projekte, die zur Energiesicherheit der EU beitragen. In Lateinamerika hat die EIB zwischen 1993 und 2009 vor allem im Telekommunikationssektor (30,6 Prozent) investiert, gefolgt vom Industrie- (23,9 Prozent), Energie(18,7 Prozent), Transport- (13,6 Prozent), Finanz- (8 Pro zent) und Wassersektor (4,3 Prozent). Der Agrarbereich umfasst nur 1 Prozent der EIB Finanzierung. In Asien vergibt die EIB das meiste Geld an China: so un terzeichnete sie im November 2007 einen China Climate Change Framework Loan (CCCFL) über 500 Millionen, der für Investitionen im Bereich Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, und Aufforstung verwandt werden soll.3 Im November 2008 dehnte der Rat das Mandat der EIB auf fünf Zentralasiatische Länder (Kasachstan, Kirgisien, 3 www.eib.org/projects/regions/ala/index.htm Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan) aus, obwohl das Europäische Parlament vor Problemen bezüglich Entwicklung, Demokratie und Rechtsstaatlich keit in diesen Ländern warnte. Bei ihren Finanzierungen in Zentralasien soll die EIB die EU Ziele Diversifikation von Energiequellen fördern, indem sie für Energie versorgung und Energietransport finanziert sowie für Umweltschutz. Zu möglichen Projekten gehört Auswei tung, Modernisierung und Erweiterung von Infrastruktur und Ausrüstung für Öl- und Gaspipelines, Öl- und Gasförderanlagen, mit Schwerpunkt auf Umweltschutz ausrüstung dieser Anlagen sowie Stromerzeugungs- und Übertragungsanlagen.4 Zehn von 28 politischen Aktionspunkten des Papiers der Kommission mit dem Titel „Supporting developing countries in coping with the crisis” betreffen die EIB. Unter anderem wird die EIB aufgefordert, ihre Hilfs zahlungen an Entwicklungsländer zu beschleunigen und ihre Kreditinstrumente zu nutzen, um Privatinvestitionen und Außenhandel zu fördern. Dies ist insofern bemer kenswert, als die Kommission nur einen begrenzten Einfluss auf die EIB hat, da die Mitgliedsstaaten sich in den Aufsichtsgremien der EIB selbst vertreten. Offensichtlich fehlen der Kommission bessere Alterna tiven für antizyklische Finanzierungen. Es gibt sowohl Mit 8,7 Mrd. Euro, die sie zwischen 2007 und 2013 in der Mittelmeerregion vergeben kann, hat sich die EIB unter der ENP zum größten Kreditgeber der Region entwickelt.5 Im Rahmen der Fazilität für Europa-Mittelmeer Investitionen und Partnerschaft (FEMIP, 2002) und der erweiterten FEMIP (2003) gingen 44 Prozent der Kreditsumme von insgesamt 1,354 Mrd. Euro in den Energiesektor. Privatsektorunterstützung und Infrastruk turinvestitionen bleiben eine finanzielle Priorität in den Mittelmeerländern. 4 www.eib.org/projects/regions/russia/index.htm 5 www.eib.org/projects/regions/med/index.htm EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 augenfällige Spannungen zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten als auch unter schiedliche Sichtweisen der Mitgliedsstaaten untereinan der über die Frage, wie die EIB genutzt werden soll. Die ambitionierten Pläne der Kommission, die Rolle der EIB auszubauen, wurden von den Mitgliedsstaaten beim Treffen des Rates für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen im Mai 2009 größtenteils zurück gewiesen. Der Europäische Rat formulierte sehr vage und „lud“ die EIB „ein“, schneller und flexibler an den Finanz- und Infrastruktursektor zu verleihen sowie kleine und mittlere Unternehmen zu fördern – allerdings nur auf der Basis ihrer eigenen Kapitalressourcen. Der Rat machte außerdem deutlich, dass flexiblere Verfahren, wozu auch Budgethilfen gehören, nicht dazu führen dürften, dass es zu Folgefinanzierungsansprüchen käme, oder die Nachhaltigkeit der EIB-Kreditvergabe gefährdet würde. Darüber hinaus „begrüßte“ der Rat das Vorhaben der Kommission, den EU-Afrika Infrastruktur-Trustfonds (der von der EIB verwaltet wird) zu stärken und umzuge stalten sowie ihm 200 Mio. Euro für die Jahre 2009–2010 zuzuteilen. Er lud außerdem die Mitgliedstaaten ein, über einen eigenen Beitrag zum Trustfonds nachzudenken. 13 12 4. Infrastrukturprojekte und die Umwelt Traditionell ist die EIB sehr aktiv in dem Bereich der Infrastrukturfinanzierung, da sie gegründet wurde, um Investitionen für die Angleichung der Bedingungen in der Europäischen Union zu tätigen. Zu den bekannteren Projekten innerhalb der EU, die die EIB mitfinanziert hat, gehört die Öresund Brücke zwischen Kopenhagen und Malmö, die Koaicka Brücke über die Donau in Bratislava, Autobahnen wie die D8 Autobahn in der Tschechischen Republik, die M0 Auto bahn in Ungarn, die D4 Autobahn, die Umgehung von Posen und die Via Baltica6 in Polen. Ebenso der Aus- und Umbau von Flughäfen etwa in Sofia, Schipol oder London Heathrow7. Auch der Ausbau von Energieförder- bzw. Stromerzeugungsanlagen gehört zu den EIB-finanzierten Aktivitäten wie die Ölförderung im italienischen Agri-Tal, oder Kohle- und Atomkraftwerke in Deutschland, Belgien, Italien und Großbritannien8. Die Spannbreite von Umweltauswirkungen solcher Projekte geht von Zerschneidung und Zerstörung von Naturschutzgebieten, Verlust von Biodiversität, über Klimawandel durch Auto- und Flugverkehr und die Verbrennung fossiler Energieträger bis zur ungeklärten Frage der Lagerung radioaktiver Abfälle. Diese Probleme brachten neben dem Netzwerk osteuropäischer Umweltorganisationen CEE (Central and Eastern Europe) Bankwatch Network Umweltorganisationen wie den WWF9 und BirdLife auf den Plan: Birdlife untersuchte in einer 2001 veröffentlichten Studie die Auswirkungen des geplanten TINA (Transport Infrastructure Needs Assessment für die Trans-Europäischen Netzwerke) Netzwerks auf Vogelschutzgebiete (IBA, International Bird Areas) in den damaligen Beitrittsländern und fand, dass sie über 20 Prozent der wichtigsten Vogelschutz gebiete potenziell bedrohten10. Da die EIB ein bedeuten der Finanzierer dieser Verkehrspläne ist, richtete sich die Studie auch an die EIB, bzw. an Entscheidungsträger mit Einfluss auf die EIB. Neben der EU, wo sie im Prinzip der EU-Umweltgesetz gebung folgen muss, ist die EIB auch außerhalb der EU in Infrastrukturprojekten aktiv, die zum Teil unter noch schwierigeren Bedingungen realisiert werden, als innerhalb der EU. Viele der Projekte werden wegen ihrer schwerwiegenden ökologischen und sozialen Auswirkungen sehr kontrovers diskutiert. So war, bezie hungsweise ist, die EIB beteiligt am Lesotho Highlands Water Project, an der Tschad Kamerun Ölpipeline, an der Lihir Goldmine in Papua Neu Guinea, am Bujagali Staudamm in Uganda, am Gilgel Gibe Wasserkraftprojekt in Äthiopien, an der Tenke Fungurume Kupfer- und Kobaltmine in der Demokratischen Republik Kongo, in sambischen Bergbauprojekten sowie dem Nam Theun 2 Staudamm in Laos, siehe dazu auch Kapitel 6. Dies wirft die generelle Frage nach Infrastruktur und Umwelt auf, gerade im Kontext von Entwicklungsländern. Infrastruktur spielt eine wichtige Rolle für Entwicklung, indem sie Energie, Transportmöglichkeiten und Wasser verfügbar macht. Aus diesem Grund geht etwa die Hälfte der Projektfinanzierung von internationalen Finanzinsti tutionen in Entwicklungsländern in den Infrastrukturbe reich. Die OECD geht davon aus, dass Entwicklungsländer in der kommenden Dekade 700 Milliarden US$ jährlich in Infrastruktur investieren müssen. Neben den positiven Effekten, die Infrastrukturprojekte haben können, ist bekannt, dass sie große Umweltschäden mit sich bringen können: Abbau und Nutzung fossiler Energiequellen rufen Emissionen hervor, die lokal sauren Regen und global Klimaerwärmung hervorrufen. Wasserkraftwerke und künstliche Bewässerung können zu Überflutungen, Wasserverschmutzung, Vertreibung und Zerstörung von sozialen Gemeinschaften führen. Straßenbau kann Ero sion, Waldzerstörung und Biodiversitätsverlust verursa chen. Die multilateralen Entwicklungsbanken schätzen, dass diese Umweltkosten in einigen Entwicklungsländern zwischen vier und acht Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachen, wobei die negativen Effekte vor allem die armen Bevölkerungsgruppen treffen. Die Evaluation Cooperation Group (ECG) der Internatio nalen Finanzinstitutionen weist auf die Bedeutung dieses Dilemmas zwischen Umwelt und Infrastruktur hin. Sie stellt heraus, dass zur Erreichung der MilleniumsEntwicklungsziele adäquate Infrastruktur für den Zugang zu sauberem Wasser und Abwasserentsorgung ebenso sichergestellt werden muss, wie die Verringerung von Umweltschäden, um die negativen Auswirkungen von z.B. Luftverschmutzung auf Gesundheit und landwirtschaft liche Produktion zu minimieren. Die ECG hat untersucht, dass auf der Projektebene Auswahl, Design, Umsetzung und Monitoring Ansatzpunkte sind, um dem Dilemma zu begegnen. Gerade die dauerhafte Überwachung, auch wenn Projekte fertig gestellt sind, ist notwendig, um sauberen Betrieb und Instandhaltung der Infrastruktur 6 Campagna per la Riforma della Banca Mondiale, CEE Bankwatch Network, Friends of the Earth Europe „Public Funds for Public Benefit – making the European Investment Bank support people and environment”, Mai 2003 8 urgewald „Wer kann neue Milliarden für die Atomkraft verhindern?” April 2008 7 CEE Bankwatch Network „Lost in transportation – the European Investment Bank’s bias towards road and air transport”, März 2007 10 BirdLife International „An assessment of the potential impact of the TINA network on Important Bird Areas (IBAs) in the accession countries”, 2001 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Infrastrukturprojekte haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt. Foto: Jan Capelle sicherzustellen und dabei Umweltschutzmaßnahmen einzuhalten. Evaluierungen der Internationalen Finanz korporation (IFC) und der Osteuropabank (EBRD) zeigen dabei, dass die Projekte, die Umweltfragen gut berück sichtigen, auch finanziell und wirtschaftlich gut dastehen. Darüber hinaus mahnt ECG, dass auf sektoraler, bzw. nationaler Ebene Policies, Regulierungen und Umwelt kapazität entwickelt werden müssen und dies ein Bereich ist, der größere Aufmerksamkeit verdient: Etwa indem umweltfreundlichere Alternativen zur Bedarfs befriedigung gesucht werden, wie etwa Energieeinspa rungsprogramme. Oder indem alternative Standorte für Kraftwerke oder den Verlauf von Straßen gesucht werden, oder Programme zur Verringerung des Wasser verbrauchs gestartet werden. Dabei wird herausgestellt, dass die Verbindung von Projektebene und nationaler Strategie eine Heraus forderung ist. Sie erfordert nationale Umweltstrategien und strategische Umweltprüfungen, die dann umgesetzt und nachgehalten werden. Die Stärkung nationaler Um weltmanagement-Kapazitäten kann helfen, Schaden zu verringern und den Umweltschutz zu verbessern. Zu den weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen gehören Anreize, die Infrastruktur effizient zu nutzen sowie die Nutznießer von Infrastrukturprojekten vernünftig einzubeziehen, indem etwa Kosten und Nutzen und nötige Preisstruktur deutlich gemacht werden. Governance und Korruption sind zudem zwei Bereiche, deren Bedeutung vor allem für Infrastrukturprojekte herausgestellt wird, da verbesserte Regierungsführung und verringerte Korruption die gesellschaftlichen Kosten von Infrastrukturprojekten deutlich senken, ihre Effizienz steigern und zu besserer Planung, Design, Umsetzung und Ergebnissen führen können. Damit dies alles passieren kann, ist jedoch ein Wechsel in den Prioritäten und Schwerpunkten nötig11. 11 African Development Bank, Asian Development Bank, European Bank for Reconstruction and Development, European Investment Bank, International Monetary Fund, and the World Bank Group „The Nexus Between Infrastructure and Environment – From the Evaluation Cooperation Group of the International Financial Institutions”, Juni 2007 9 www.fossilfreeeib.org/fp_detail.php?fpID=17 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 15 14 5. EU Aktivitäten für (Energie-) Infrastruktur Die Europäische Investitionsbank vergibt unter dem Cotonou-Abkommen nicht nur eigene und Mittel des Europäischen Entwicklungsfonds, sie spielt auch eine 5.1 Rolle bei verschiedenen Afrika-EU-Partnerschaften, etwa bei der Afrika-EU Partnerschaft für Infrastruktur, oder bei der Afrika-EU-Energiepartnerschaft. Afrika-EU Partnerschaft für Infrastruktur Die Partnerschaft wurde im Oktober 2007 ins Leben gerufen als gemeinsame Initiative der Kommissionen der Europäischen und Afrikanischen Union. Ihr Ziel ist es, regionale Integration durch große kontinentale Infrastrukturnetzwerke zu fördern, analog zu Initiativen wie etwa den Transeuropäischen Netzwerken, in denen durchgehende Autobahnen z.B. von Helsinki bis Istanbul geplant sind. Die Europäische Kommission erklärt, dass sie davon ausgeht, dass regionale Kooperation und Integration das beste Werkzeug für verbesserte Sicherheit, gesteigerten Handel und Wohlstand sind und dies die Voraussetzung für nachhaltige menschliche Ent wicklung ist. Die Partnerschaft arbeitet auf drei Ebenen: kontinental, regional und national und soll Infrastruktur im Bereich Transport, Energie, Kommunikations technologie und Wasser finanzieren sowie Gesetze und Regelungen unterstützen, die Handel und Dienst leistungen fördern. Die EU will die Anstrengung Afrikas unterstützen, Lücken in existierenden Netzwerken zu identifizieren und zu schließen, Transportpolitiken zu harmonisieren, integrierte Wassermanagementsysteme zu entwickeln, regionale Energieinfrastruktur zu schaffen und die digitale Kluft zu überbrücken. EU Investitionen in afrikanischer Infrastruktur sollen durch die Partner schaft erhöht werden.12 Für die Umsetzung der Partnerschaft ist die Kommission der Afrikanischen Union der Hauptgesprächspartner der Kommission der Europäischen Union, sie arbeitet mit regionalen Behörden, Agenturen und afrikanischen Finanzpartnern zusammen. Die Partnerschaft koordiniert sich mit anderen internationalen Initiativen wie dem Infrastruktur-Konsortium für Afrika und dem Weltbank Afrika Aktionsplan. Finanziell speist sich die Partnerschaft aus Mitteln des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) mit 5,6 Milliarden Euro von 2008–2013 und aus dem EU-Afrika Infrastruktur Trust Fonds, der 2007 mit Mitteln der Europäischen Kommission und EU Mitgliedsstaaten gegründet wurde und von der Europäischen Investitionsbank verwaltet wird. Im Rahmen der Reaktion auf die Finanzkrise stellte die EU Kommission dem Fonds 200 Millionen Euro extra zur Verfügung, womit sich zum Ende 2009 die gesamten vergebbaren Resourcen des Fonds auf 372 Millionen Euro belaufen. Der Fonds vergibt Beihilfen, die mit langfristigen Krediten der EIB oder des EEF kombiniert werden können, ebenso kann technische Assistenz für Projekte aus Mitteln des Fonds bezahlt werden. Zu den bisher finanzierten Projekten aus dem Fonds zählen unter anderem: • der Caprivi Interconnector, der die Stromübertragung zwischen Sambia, Namibia und Südafrika verbessern soll, • der Ausbau des Wasserkraftwerkes Ruzizi, das Strom für Burundi, Ruanda und die Demokratische Republik Kongo liefern soll, • der Beira Korridor, ein Kanal zwischen dem mosambikanischen Hafen Beira und südafrikanischen Regionen, 5.2 Afrika-EU Energiepartnerschaft Neben der Partnerschaft für Infrastruktur wurde 2007 im Rahmen der Gemeinsamen Afrika-EU-Strategie auch eine Energiepartnerschaft verabschiedet. Die Bedeutung des Themas Energie für Afrika ist klar: ohne Zugang zu moderner Energieversorgung sind die Milleniums entwicklungsziele nicht erreichbar. Aktuell ist Biomasse mit 70 bis 90 Prozent die wichtigste Energiequelle für die Menschen in Subsahara Afrika, die Tendenz steigt sogar. Weniger als 20 Prozent der Menschen haben Zugang zu Elektrizität, wobei die Situation von Menschen in länd lichen Gebieten besonders prekär ist. An dieser Problemstellung will die Energiepartnerschaft ansetzen. Sie stellt in ihrer Begründung heraus, dass die globale Sorge über Energiesicherheit, Zugang zu Energie und Klimawandel die Verbindung zwischen der Energiezukunft Afrikas und Europas stärkt. Die Partnerschaft will einen langfristigen Rahmen geben für strukturierten politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen Europa und Afrika zu Energiethemen von strategischer Bedeutung, wobei sie die afrikanischen und europäischen Bedürfnisse reflektieren will. Neben gemeinsamen Visionen und Politiken für die Antwort auf die energiepolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts will die Partnerschaft finanzielle, technische und menschliche Ressourcen für Afrikas Energieentwicklung mobilisieren. Dazu will die Energie partnerschaft den existierenden Afrika-EU Dialog über Zugang zu Energie und Energiesicherheit stärken, sie strebt mehr europäische und afrikanische Investitionen in Energieinfrastruktur an, erklärtermaßen mit dem Ziel, Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und verbesserten Umgang mit Energieressourcen zu fördern. Zudem soll die Berücksichtigung des Klimawandels Eingang in alle Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit finden. Alle Ebenen: die nationale, die regionale, die kontinentale und die globale sollen berücksichtigt werden.14 Eine elementare Frage bei Energieprojekten ist: Energie für wen? Fragen sich z.B. die vom Bujagalistaudamm Betroffenen. Foto: Caterina Amicucci (CRBM) Eine gemeinsame Erklärung von AU und EU im September 2008 legte folgende Prioritäten für die Umsetzung fest: • Förderung der regionalen Integration der Strommärkte Afrikas • Förderung und Befähigung eines Klimas, das private Investitionen fördert • Entwicklung von Energieverbindungen zwischen Afrika und Europa • Start eines Erneuerbare Energien Konsortium Programms • Unterstützung der Reduktion von Gasabfackelung • das ostafrikanische Unterwasserkabelsystem, das südliche und östliche afrikanische Länder mit dem internationalen Kommunikations-Netzwerk verbinden soll, • Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen für Investitionen in den Energiesektor sowohl auf der Erzeuger- wie auch der Verbraucherseite, besonders, um den Zugang zu Energie zu verbessern • der Ausbau des Jomo Kenyata International Airports in Nairobi, • Fortschritte bei der Nutzung existierender Unterstützung durch die europäische Kommission, um die institutionelle und technische Kapazität der afrikanischen Kommission zu erhöhen • technische Studien für das Gibe III Wasserkraftprojekt in Äthiopien.13 • Stärkere Zusammenarbeit, um die Energieeffizienz in allen Energiesektoren zu verbessern • Kontakte und verstärkten Austausch von Fachwissen zwischen europäischen und afrikanischen Partnern fördern.15 12 www.eu-africa-infrastructure-tf.net/about/index.htm EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 13 www.eu-africa-infrastructure-tf.net/activities/index.htm 14 „Africa-EU Partnership on Energy” in „First Action Plan (2008–2010) for the implementation of the Africa-EU Strategic Partnership” ec.europa.eu/development/.../EAS2007_action_plan_2008_2010_en.pdf EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 15 „The Africa-EU Energy Partnership – The Role of Civil Society and the Private Sector”, Präsentation, www.africa-eu-partnership. org/.../090212_aeep_status_cso_pso_involvement.pdf 17 16 6. Fallbeispiele Im April 2009 diskutierten deutsche und afrikanische Nichtregierungsorganisationen in Nairobi über die Energiepartnerschaft. Sie stellten die Bedeutung des Energiethemas heraus, da Zugang zu modernen Energie dienstleistungen, die erschwinglich, klimafreundlich und nachhaltig sind, für große Bevölkerungsgruppen in Afrika nicht existieren, vor allem in ländlichen Gebieten. Dies betrifft vor allem Frauen, was jedoch in den Energie politiken selten reflektiert wird. Gerade im ländlichen Raum spielt dezentralisierte Erneuerbare Energie, die Strom- und Nicht-Strom-Optionen ermöglicht, eine wichtige Rolle. Zum Thema Energiesicherheit, das große Bedeutung in der Partnerschaft hat, erklären die Organisationen, dass Energiesicherheit auch den bisher nicht realisierbaren afrikanischen Energiebedarf berück sichtigen muss. Die Organisationen warnen vor geplanter Energieinfrastruktur zwischen Afrika und der EU wie der Trans-Sahara Gaspipeline von Nigeria nach Europa oder Stromkabeln von der Demokratischen Republik Kongo nach Europa, die teuer und ineffizient seien und weder der afrikanischen noch der europäischen Energie sicherheit helfen würden. Stattdessen solle Europa bes ser seinen Energieverbrauch reduzieren und Afrika seine Energieressourcen für die eigene Entwicklung nutzen. Die Organisationen forderten die Schaffung eines inno vativen und zugänglichen Finanzinstruments für die Ent wicklung (Produktion, Verteilung und Nutzung) von Er neuerbaren Energien in Afrika. Dieser solle transparent, partizipativ und öffentlich rechenschaftspflichtig sowie in der Lage sein, kleine Lösungen für den Energiebedarf zu liefern.16 Auf offizieller Ebene werden die Schritte für eine Um setzung der oben genannten Prioritäten in einer „Road Map“ dargelegt, die im Juni 2009 verabschiedet wurde.17 Während die geplanten Aktivitäten wie Ausbau von Agenturen, die sich mit der Förderung von Erneuerbaren Energien beschäftigen und verstärkte internationale Zusammenarbeit dazu, den Forderungen afrikanischer Zivilgesellschaft entsprechen, sind viele der konkret ge planten Aktivitäten „alter Wein in neuen Schläuchen“. Von zahlreichen Großstaudämmen über Ölpipelines zwischen Mosambik und Südafrika bis zur Westafrikanischen Gaspipeline. Projekte wie die geplante Trans-Sahara Gas pipeline18 werden weiter hochgehalten, in entscheidenden Bereichen steht klar weiter die europäische Energie sicherheit weit über der afrikanischen. Für zahlreiche dieser Projekte ist die Europäische Investitionsbank als Finanzierungsquelle vorgesehen. Eine Konferenz im November 2009 „Partnership for the Poor? The Joint Africa-EU Strategy – Risk and Opportunities“ setzte sich weiter mit der Energie partnerschaft auseinander. Afrikanische Teilnehmer kritisierten den mangelnden politischen Willen der afrikanischen Regierungen, aber auch der Geber, die Situation des schlechten Energiezugangs zu ändern. Die Konferenzteilnehmer forderten, dass die Afrika-EUEnergiepartnerschaft viel mehr auf dezentrale Lösungen setzen müsse, um die Armen zu erreichen, allerdings solle auch die Zivilgesellschaft Energieversorgung mehr thematisieren.19 Hinter den Namen von Projekten, die sich in „Road Maps“, „Aktionsplänen“ und „Projektpipelines“ finden, verbergen sich konkrete Auswirkungen und mögliche 6.1 Die Tschad Kamerun Öl-Pipeline „Das Projekt wird positive ökonomische Auswirkungen für Kamerun haben und einen wirklichen Durchbruch für den Tschad darstellen, einem der am wenigsten entwickelten Länder der Welt.” (EIB Pressemitteilung, 22.6.2001) Der Tschad ist nach dem Bau der Tschad-Kamerun Ölpipeline ein genauso armer, undemokratischer und konfliktgeplagter Staat wie vorher. Das Versprechen, dass Ölförderung im Doba-Becken eine glänzende Zukunft bringen würde und die ganze Nation aus der Armut heben könnte, hat sich nicht erfüllt. Die 1070 Kilometer lange Pipeline verläuft vom DobaBecken quer durch Kamerun zum Atlantik. Die Kosten des Projektes werden auf 4.2 Milliarden US-Dollar ge schätzt und umfassen die Erschließung von 300 Ölquellen in den Doba-Feldern und den Bau eines Ölterminals im Meer, eine Verladestation bei Kribi in Kamerun und eine off-shore Ladestation zum Befüllen von Öltankern. Das Projekt wurde damit gerechtfertigt, dass es zur Armutsreduktion beitragen und dem Tschad aus dem Ölexport mehrere Millionen Dollar Einnahmen bescheren würde. Die Weltbankgruppe (WBG) bewilligte im Jahr 2000 das Projekt als erste, gefolgt von der EIB, um das finanzielle Engagement des Ölkonsortiums aus Exxon Mobile (40 Prozent), Malaysias staatlicher Ölfirma Petro nas (35 Prozent) und Chevron USA (25 Prozent) zu ermög lichen. Die EIB vergab insgesamt Darlehen in Höhe von 144 Millionen Euro, sowohl an den Tschad und Kamerun als auch an das Ölkonsortium.20 16 Venro “The Joint Africa-EU-Strategy and Poverty Eradication”, 2009 http://www.venro.org/positionspapiere.html 18 „EU to help Africa to expand energy sector” 9.9.2008 http://euobserver.com/9/26709 17 http://europafrica.net/2005/01/07/roadmap-for-the-africa-euenergy-partnership-aeep/ 19 Anke Kurat „Nachbesserungen bei der Afrika-EU-Strategie notwendig” Forum Umwelt und Entwicklung – Rundbrief 4/2009 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Probleme. Dieser Abschnitt stellt deshalb einige konkrete Projekte vor, an denen die EIB beteiligt ist. Der größte Teil des Geldes (88 Millionen Euro) ging direkt an das Ölkonsortium. Die Unterstützung der weltgrößten Ölkonzerne, ob europäisch oder (wie in diesem Fall) nicht, gehört kaum zum Mandat der EIB. Sollte die Bank gehofft haben, dass Ölkonzerne als Entwicklungsträger fungie ren würden, hatte sie keine Beispiele dafür: nie haben Öl- oder andere Rohstoffprojekte diese Rolle in Ländern mit schlechter Regierungsführung gespielt. Im Gegenteil, das Ergebnis waren meist vergiftete Landschaften, zer störte Existenzgrundlagen, Menschenrechtsverletzungen, Korruption, bis hin zu bewaffneten Konflikten. 20 EIB, „Update: Chad-Cameroon Oil Pipeline” www.eib.org/projects/news/chad-cameroon-oil-pipeline.htm?lang=-en EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 „Uns wurde Entwicklung versprochen und was wir bekommen haben, ist Elend“ (Dorfbewohner aus der Projektgegend) Um ihr eigenes Risiko bei einer Investition in einer so instabilen Region abzusichern, entwickelten die WBG und die EIB ein möglichst sicheres System, um die Rückzah lung ihrer Kredite zu gewährleisten: Das Ölkonsortium deponiert den tschadischen Anteil der Öleinkünfte auf einem Konto in London. Die EIB und die WBG holen sich die Kreditrückzahlung von diesem Konto, bevor der Rest der Regierung des Tschads zugänglich gemacht wird. Trotz aller Versprechen hat das Projekt die bestehenden Probleme des Tschads erheblich verschärft. Es hat die Gewalt verstärkt, zur Verarmung der Menschen in den Ölfeldern beigetragen, entlang der Pipeline-Route den Druck auf die indigene Bevölkerung erhöht und zusätz liche Umweltprobleme geschaffen. Gleichzeitig scheffelte ExxonMobil, der Konsortialführer, Rekordgewinne. Der Bau der Pipeline brachte nicht den erhofften Reichtum, zumindest nicht den Betroffenen. Foto: Martin Zint 19 18 Die EIB genehmigte ihre Finanzierung mit sozialen und ökologischen Auflagen für das Projekt. Das Problem ist, dass Regierungen - insbesondere diktatorische Regime – das Blaue vom Himmel versprechen und die Versprechen vergessen, sobald das Geld fließt. Und die Versprechen wurden in der Tat weitgehend nicht eingehalten. Export von Gas diene. Darüber hinaus wurde das Projekt dafür gepriesen, dass es die Kosten der Stromversorgung in Ghana, Togo und Benin senken würde, indem Öl durch Gas als Energiequelle ersetzt würde. Lokale und internationale Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisierten das letztere Argument mit dem Hinweis, dass die Bedingungen der Verträge zwischen Ghana und dem WAGP-Konsortium völlig im Dunkeln blieben. Abgesehen von der Tatsache, dass der Vertrag Ghana verpflichtet, das Gas für 20 Jahre zu einem Festpreis zu erwerben, wurden keine Details des Vertrags bekannt. Es wurde keine Abschätzung gemacht, wie erschwinglich das Gas für normale Konsumenten in Ghana, Benin oder Togo sein würde.23 Im südlichen Tschad nimmt das von Exxon-Mobile geführte Konsortium viel mehr Land von den Subsis tenzbauern als ursprünglich angenommen. Den ver sprochenen regionalen Entwicklungsplan gibt es Jahre nach Projektbeginn immer noch nicht. Verzweiflung ist verbreitet und die Menschen sind noch mehr verarmt – insbesondere in der Ölförderregion. Die Konflikte verschärfen sich: Im Bericht der IAG (Inter national Advisory Group) vom 18. Juli 2007 erwähnen der IWF und die Weltbank, dass große, außergewöhnliche Ausgaben für die nationale Verteidigung eingestellt wurden. Am 25. September 2007 genehmigte der UNO Sicherheitsrat die Entsendung einer Friedensmission in den Tschad und die Zentralafrikanische Republik: 3.000 EU-Soldaten (hauptsächlich aus Frankreich) und 300 UN-Polizisten. In Kamerun finden sich bis kurz vor der Hauptstadt Dorfgemeinschaften, die massiv unter den ökologischen Problemen durch das Projekt zu leiden haben. Statt verarmten Regionen mit schlechter Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung und verbesserte Lebens bedingungen zu bringen, hat die Finanzierung dieses Ölprojektes nur einen bewaffneten Konflikt und mehr Elende für die Menschen gebracht. Im September 2008 zog sich die Weltbank aus dem Pro jekt zurück, nachdem der Tschad seinen Kredit vorzeitig 6.2 Der Bau der Pipeline brachte nicht den erhofften Reichtum, zumindest nicht den Betroffenen. Foto: Martin Zint zurückgezahlt hatte. Die Weltbank erklärte ihren Rückzug damit, dass die tschadische Regierung schwerwiegende Änderungen an dem System gemacht hatte, das eine faire Verteilung der Öleinkünfte sicherstellen sollte. Die Weltbank beklagte, dass Kapazitätsmangel und das Feh len des politischen Willens von Seiten der tschadischen Regierung das Ziel untergrüben, die Öleinkünfte zur Armutsbekämpfung zu nutzen. Eine Schwierigkeit, vor der die Zivilgesellschaft schon seit 12 Jahren warnte. Die Europäische Investitionsbank hat im Dezember 2008 auf ihrer Webseite mitgeteilt, dass auch sie überlegt, ob sie sich vom Kredit an die tschadische Regierung zurückziehen soll.21 Im Dezember 2009 gab es dazu nach Auskunft der Bank noch keinerlei neue Entwicklung. Zum „Ende des Gasabfackelns“ äußerte sich die Be schwerdestelle (Inspection Panel) der Weltbank. Sie war im April 2006 von 12 in Südwest-Nigeria betroffenen Dorfgemeinschaften angerufen worden, die eine Beschwerde einreichten. Das Inspection Panel stellte in seinem Bericht im April 2008 fest, dass die WeltbankDokumentation „falsche Erwartungen“ bezüglich des Ein flusses der WAGP auf die Reduktion des Gasabfackelns im Nigerdelta wecke. Da die Kosten, das assoziierte Gas aus der Ölförderung zur Nutzung umzuwandeln statt es abzufackeln, hoch sind, trägt die WAGP nur bescheiden zur Reduktion bei. Das Panel vermutete, dass die überaus positive Darstellung der Reduktion des Gasabfackelns das Projekt politisch populärer machen sollte. Darü ber hinaus stellte das Inspection Panel fest, dass die Beschwerden der Betroffenen bezüglich mangelhafter Entschädigung und der fehlenden Berücksichtigung von Auswirkungen der Gasförderung im Nigerdelta gerecht fertigt waren. Zudem bemängelte das Inspection Panel, dass die Projektprüfung nur die direkte WAGP-Gaspipe line betrachtet hatte, nicht die existierende Pipeline, mit der das Gas aus dem Nigerdelta zur WAGP transportiert wird. In einer Reaktion des Weltbankmanagements im Juni 2008 weigerte sich die Weltbank diesem letzten Problem Rechnung zu tragen. Andere Fragen wie die nicht ausreichende Entschädigung für die Betroffenen, Umsiedlungsprobleme und die fehlende Veröffentlichung der Umweltverträglichkeitsstudie in lokal verständlicher Form versprach das Weltbank-Management anzugehen.24 Die Europäische Investitionsbank hat die Finanzierungs entscheidung für die WAGP getroffen, während die Be schwerde beim Inspection Panel lief. Deshalb machte sie zur Bedingung, dass die Beschwerde zufrieden stellend gelöst sein müsse, bevor der Kredit ausgezahlt werden könne. Im September 2008 sah sie dies als erfüllt an. Im Dezember 2008 lieferte die Pipeline ihr erstes Gas. Die Fertigstellung hatte sich seit Baubeginn 2005 immer wieder verzögert, was an der politischen Instabilität im Nigerdelta lag, wie auch an Schäden an der Pipeline und technischen Problemen durch den hohen Wassergehalt im Gas. Zusätzlich gab es politischen Streit grundsätz licher Art um das Projekt, da viele Nigerianer in Frage stellten, warum Gas exportiert werden soll, wenn nur we niger als 40 Prozent der Nigerianer Zugang zur sowieso schon unzuverlässigen Stromversorgung haben. An dieser Frage setzten auch aktuelle Meldungen aus Nigeria an: im Dezember 2009 beschwichtigte die Regierung Investoren, dass der „Domestic Masterplan“ keine negativen Auswirkungen auf die Versorgung der WAGP haben werde.25 Dieser setzt den Schwerpunkt auf die Nutzung von Gas vorrangig in Nigeria, statt auf den Export. Investoren sorgen sich nun, ob genügend Gas für den Export zur Verfügung gestellt werden kann, damit sich die teure Investition rechnet. Denn steigender Bedarf von Gas für den nigerianischen Markt führte dazu, dass weniger Gas für die regionale Pipeline zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Frage der „Energiesicherheit für wen?“ stellt sich also auch im regionalen Kontext. Die Westafrikanische Gas-Pipeline (WAGP) 6.3 Bei der Westafrikanischen Gaspipeline handelt es sich um eine 678 km lange Pipeline, die Gas von den Gas feldern im westlichen Nigerdelta über Benin und Togo nach Ghana transportiert. Im wesentlichen verläuft die Pipeline im Golf von Guinea, nur etwa zehn Prozent der Pipelineroute sind überland in Nigeria, Benin, Togo und Ghana gebaut. die Kosten des Projekts werden auf 590 Millionen US$ geschätzt. Die Weltbank und ihr Versicherungsarm MIGA gaben im November 2004 Garantien über 125 Millionen US$ für Ghana. Die Europäische Investitionsbank schloss sich im Dezember 2006 mit 75 Millionen Euro für die ghanaische Regierung an.22 Realisiert wird das Projekt von WAPCo, die Projekt gesellschaft gehört zu 50 Prozent Shell und Chevron sowie der staatlichen nigerianischen Ölgesellschaft, Das Projekt wurde mit zwei Argumenten massiv be worben: einerseits würde es dem Gas-Abfackeln im Nigerdelta ein Ende bereiten und außerdem sei es das erste westafrikanische Projekt, das dem regionalen 21 www.eib.org/projects/news/chad-cameroon-oil-pipeline.htm? lang=-en 22 www.eib.org/projects/news/west-african-gas-pipeline.htm? lang=-en EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Das Gilgel Gibe Wasserkraftprojekt in Äthiopien Äthiopien gehört zu den Ländern, in denen weltweit die wenigsten Menschen Zugang zu modernen Energiedienst leistungen haben. Für Energie hängt das Land hauptsäch lich von traditioneller Biomasse ab. Laut Weltbank haben nur 16 Prozent der Äthiopier Zugang zu Strom26 und der Unterschied zwischen städtischer und ländlicher Bevöl kerung ist enorm: in der Stadt haben über 80 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom, auf dem Land jedoch nur 2 Prozent, wobei 17 von 20 Äthiopiern auf dem Land leben. Äthiopien verfügt über Stromerzeugungskapazitäten von 783 MW, wovon die acht Staudämme zur Stromerzeugung über 85 Prozent ausmachen. 23 Friends of the Earth International „The myths of the west african gas pipeline” Januar 2006, www.foei.org/en/resources/publications/oil-mining-and-gas/2000-2007/ wagp-inet.pdf/view?searchterm=10%20myths 25 allAfrica.com, „West Africa: ‚West African Gas Pipeline not threatened by Domestic Masterplan’”, 8.12.2009, http://allafrica.com/stories/printable/200912090677.html 24 Bank Information Center „West Africa Gas Pipeline comes online at last”, Dezember 2008, www.bicusa.org/en/Project.39.aspx EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 26 „World Bank’s little Data Book on Africa”, 2007 21 20 Die äthiopische Regierung hat jedoch ehrgeizige Pläne zum Ausbau des Stromnetzes: 2005 veröffentlichte sie einen nationalen 25-Jahre-Energie-Masterplan. Der Plan identifiziert 3,4 Milliarden US$ Investitionsbedarf zwischen 2005 und 2015, wovon 2,4 Milliarden US$ in neue Energieerzeugungsanlagen fließen sollen. Die geplante Steigerung von Energieerzeugungskapazitäten geht dabei sogar über den nationalen Bedarf hinaus und setzt auf Energieexport. Dementsprechend sieht der Plan Stromverbindungen zwischen Äthiopien und Sudan sowie Äthiopien und Kenia vor. Dabei konzentrieren sich die Stromausbaupläne fast aus schließlich auf den Ausbau von Wasserkraft und setzen in keiner Weise auf die Diversifizierung der Stromquellen, trotz eines geschätzten Potenzials von 1000 MW für Geothermie. Auch der Ausbau von Solar- und Windkraft ist im Plan nicht vorgesehen, allerdings wurde Mitarbei terinnen der Organisationen International Rivers Network und Campagna per la Riforma della Banca Mondiale im November 2007 von Regierungsmitarbeitern wiederholt mitgeteilt, dass es inzwischen Pläne für Windkraftanla gen im Umfang von 80-120 MW gebe. Würden die Was serkraft-Ausbaupläne wie geplant umgesetzt, beliefe sich der Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung Äthio piens auf 96 Prozent. Dies würde das Land enorm anfällig machen für die Gefahren, die der Klimawandel mit sich bringt, vor allem durch Dürren. Bereits im Jahr 2003 litt Äthiopien unter der schwersten Dürre seit 20 Jahren, die den Wasserstand in den Staudämmen sinken ließ und für sechs Monate schwerwiegende Stromrationierung nötig machte. Neben der Gefahr von Dürren besteht das Problem, dass die Kapazitäten der existierenden Dämme durch starke Versandung zurückgehen, da die Flüsse viel Sand und Schlamm führen, wegen der losen Böden, ver stärkt durch die vorherrschende Entwaldung und Erosion. Zu den geplanten bzw. zum Teil bereits realisierten Projekten gehört das Gilgel Gibe (GG) Projekt am Gibeund Omofluss im südwestlichen Äthiopien. Der Omo entsteht aus dem Zusammenfluss des Gibe- und des Gojebflusses und fließt über knapp 600 km nach Süden in den Turkanasee an der kenianischen Grenze. Der Gilgel Gibe Damm und das Gilgel Gibe II Projekt befinden sich am Gilgel Gibe Fluss. Während Gilgel Gibe ein klas sischer Staudamm zur Erzeugung von 184 MW ist, stellt GG II einen 26 km langen Tunnel dar, der Wasser aus dem Staudammreservoir auf Turbinen leitet und 428 MW erzeugen soll. GG III soll 150 km weiter stromabwärts am Omofluss gebaut werden und eine Leistung von 1870 MW erzeugen. Alle drei Projekte befinden sich im gleichen Flussbecken und wurden bzw. werden von der italieni schen Baufirma Salini Construttori realisiert. GG und GG II sind fertig gestellt, obwohl der Tunnelbau für GG II immer wieder mit schwerwiegenden Bauprob 27 www.eib.org/projects/pipeline/2004/20040290.htm?lang=-de EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Stellen, wo Probleme oder Beschwerden vorgetragen werden können. Versprochene Schulen und Gesund heitszentren, die neu gebaut werden sollten, wurden nicht realisiert, sondern nur existierende renoviert. Zu dem haben die Umsiedlungsdörfer keinen Stromzugang, dabei führen die Hochspannungsleitungen direkt über sie hinweg. Turkanasee, dessen Wasserstand sinken wird, wenn Gilgel Gibe III gebaut wird. Foto: Caterina Amicucci (CRBM) lemen zu kämpfen hatte, eine Maschine, die den Tunnel bohren sollte, blieb monatelang stecken und war nicht mehr zu bewegen, weshalb die Arbeiten ruhen mussten. GG III befindet sich in der Prüfphase. Die Europäische Investitionsbank hat den Bau von GG mit 41 Millionen Euro gefördert, den Bau von GG II mit 50 Millionen Euro27, zudem hat sich der Projektbetreiber Ethiopian Electric Power Corporation bereits mit der Bitte um einen Kredit für GG III an die EIB gewandt, über diesen Antrag ist jedoch noch nicht entschieden. Zu den Problemen mit GG und GG II gehören schwer wiegende Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe an die italienische Baufirma Salini Construttori. Die italienische Entwicklungszusammenarbeit vergab einen Entwicklungskredit über 220 Millionen Euro an Äthiopien für den Bau von GG II, nachdem Salini bereits ohne Ausschreibung den Zuschlag für das Projekt erhalten hatte. Dies brachte im Januar 2007 die römische Staatsanwaltschaft auf den Plan, die sich nun mit der Angelegenheit befasst. Auch für den Bau von GG III hat Salini bereits einen Vertrag erhalten, ohne dass es eine öffentliche Ausschreibung gegeben hätte. Die EIB beschied den Kredit für GG II positiv, ebenfalls, nach dem Salini die Verträge bereits erhalten hatte. Die EIB erklärte ihr Engagement damit, dass sie für den von ihr finanzierten Teil (elektromechanische Ausrüstung) eine internationale Ausschreibung verlangt habe. Hinzu gesellen sich „klassische“ Probleme von Dämmen: die Umsiedlung Betroffener auf schlechtere Flächen als die, die sie verlassen mussten (sumpfige Gebiete von schlechter landwirtschaftlicher Qualität), fehlende Über wachung der negativen Umsiedlungseffekte und fehlende Bei GG III stellen sich zudem weitere Fragen: der dort produzierte Strom soll im Wesentlichen nach Kenia exportiert werden, also nicht für die Verbesserung der Lebensbedingungen von äthiopischen Armen sorgen. In der Projektgegend werden bestenfalls vorübergehende Jobs im Bau für die Bevölkerung herausspringen. Kenia ner bekommen jedoch nicht nur den Strom von GG III: die Turkana Region in Kenia ist eine Halbwüstengegend, wo der Turkanasee die einzige Quelle für frisches Wasser sowohl für die Menschen wie auch das Vieh ist. Zahlrei che Menschen am See leben vom Fischen. Um GG III auf zustauen, wird viel Wasser zurückgehalten. Dies führt zu einem erwarteten Sinken des Wasserspiegels um 7 bis 10 Meter im Turkanasee mit schwerwiegenden Auswirkun gen auf Wasserqualität und Fischbestand, was Konflikte zwischen den Anrainern des Sees schüren kann. Umgesiedelte Dorfbewohner Foto: Caterina Amicucci (CRBM) Quelle: Counter Balance „The Gilgel Gibe Affair – an analysis of the Gilgel Gibe hydroelectric projects in ethopia“, Juni 2008 6.4 Der Bujagali Staudamm in Uganda Bujagali ist der Name der Wasserfälle bei Jinja in Ugan da, nahe der Stelle, wo der Nil den Viktoriasee verlässt. Diese Bujagali-Wasserfälle sind eine sich über mehrere Kilometer erstreckende Folge von Stromschnellen, die eine nationale Sehenswürdigkeit darstellen und in den letzten Jahren touristisch erschlossen wurden. Sie werden jedoch im Bujagali Staudamm versinken. Das geplante Staudammprojekt soll 250 MW Leistung erbringen und voraussichtlich knapp 800 Millionen US-Dollar kosten. Wegen schwerwiegender Korruptions probleme lag das Projekt eine Reihe von Jahren brach. Zwischen April und Mai 2007 bewilligten jedoch die EIB (92 Millionen Euro)28, die Weltbank Gruppe (360 Millionen US-Dollar) und die Afrikanische Entwicklungsbank (110 Millionen US-Dollar) Kredite und Bürgschaften für das Projekt. Das Projekt wird von Bujagali Energy ent wickelt, einem Joint Venture zwischen den kenianischen Industrial Promotion Services und der amerikanischen Firma Sithe Global Power. Bauarbeiten werden vom italienischen Konzern Salini durchgeführt. 28 www.eib.org/projects/news/eib-board-of-directors-approvesfinancing-of-bujagali-hydroelectric-project.htm?lang=-de und www.eib.org/projects/press/2008/2008-002-eib-lends-usd-136-millionfor-bujagali.htm?lang=-de EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Durch die Überschwemmung der Bujagali Wasserfälle – die von den Menschen Ugandas als nationaler Schatz angesehen werden – wird der Staudamm einen kulturell und spirituell besonders bedeutenden Ort für das Volk der Basoga versenken. Das Projekt wird zudem den Lebensraum von etwa 6.800 Menschen gefährden, die Fischbestände negativ beeinflussen und fruchtbares Agrarland sowie Inseln von hoher biologischer Vielfalt überschwemmen. Das Bujagali Projekt wird auch aus ökonomischen Gründen kritisiert, lokale und internationale Aktivisten engagieren sich seit Jahren gegen den Damm: Einerseits wegen der erwarteten negativen Auswirkungen auf die bedrohten Fischbestände sowie den lokalen Tourismus in dem betroffenen Gebiet. Darüber hinaus wegen des Potentials von Bujagali, den Viktoria-See zu schädigen und wegen des absehbaren Problems, dass das Projekt keinen für die Mehrheit der ugandischen Bevölkerung bezahlbaren Strom liefern wird. Denn die Kosten des Bujagali Projekts haben sich zwischen dem ersten 23 22 6.5 Betroffene haben noch viele kritische Punkte. Foto: Caterina Amicucci (CRBM) Die Bujagali-Stromschnellen werden im Staudamm verschwinden. Foto: Caterina Amicucci (CRBM) Finanzantrag und seiner Genehmigung verdoppelt. Frank Muramuzi von der National Association of Professional Environmentalists in Uganda, erläutert: „Die hohen Projektkosten werden die vorhandenen Finanzen zur ländlichen Elektrifizierung weiter verringern. Uganda hat bereits den teuersten Strom der Region, und die letzten Gebührenerhöhungen haben den Strom für viele Leute unerschwinglich gemacht.” Die National Association of Professional Environmenta lists hat deshalb gemeinsam mit weiteren ugandischen Organisationen eine Beschwerde sowohl beim Inspection Panel der Weltbank als auch bei der Europäischen Investitionsbank eingereicht. Die EIB etwa vertritt in ihren Auswahl-Richtlinien, dass eines der Ziele ihrer Förderung im Energiesektor sei, den Zugang der Bevölkerung von Entwicklungsländern zu modernen Energiequellen zu stärken, besonders bei den Ärmsten. In der Beschwerde legen die Organisationen dar, dass das Risiko sehr groß ist, dass das Projekt weniger Strom als vorhergesagt zu einem höheren Preis produzieren wird. Eine Überschät zung der Kapazität des Staudamms in Kombination mit schlechten Bedingungen des Power Purchase Agree ments bedeutet, dass sich nur wohlhabende Ugander den Strom werden leisten können. Das Inspection Panel der Weltbank, bei dem die Beschwerde bereits 2007 29 „Over-priced Bujagali Dam ro raise power costs” www.bicusa.org/en/Article.11594.aspx 30 www.kfw-entwicklungsbank.de/DE_Home/Laender_Programme_ und_Projekte/Subsahara-Afrika/Uganda/Leuchtturmprojekt_1.jsp EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 eingereicht wurde, bestätigt Probleme mit dem Power Purchase Agreement und stellte fest, dass die in der Wirtschaftlichkeitsstudie angesetzten Tarife auf voraus sichtlich zu niedrig angesetzten Projektkosten beruhen.29 Zudem wurden beim Design des Dammes mögliche Aus wirkungen des Klimawandels durch geänderte Nieder schläge oder Wasserstände nicht berücksichtigt. Die Tücken dieses Herangehens zeigen zwei andere ugandi sche Staudämme (Nalubaale und Kiira): sie produzieren weniger als die Hälfte des veranschlagten Stroms30, da die angenommenen Niederschläge viel zu hoch angesetzt waren. Klimaaufzeichnungen seit 1950 zeigen, dass die Niederschläge in der Region um 6,6 Prozent zurück gegangen sind.31 Hinzu kommen Probleme der Betroffenen, die teilweise dem Projekt zugestimmt hatten in der Annahme, dass sich damit ihr Lebensstandard verbessern würde. Sie stellen nun fest, dass sie nicht fair und adäquat entschädigt wurden, viele Versprechungen der Projekt betreiber nicht eingelöst werden (aus den lokalen Dorf gemeinschaften etwa wurde niemand auf der Baustelle eingestellt) und sie negative soziale und wirtschaftliche Auswirkungen erleben, die nicht oder nicht hinreichend gelöst wurden. 31 Süddeutsche Zeitung „Darwins Badewanne läuft aus” 7.3.2007, www.sueddeutsche.de/wissen/552/324418/text/ Energie-Infrastruktur für Bergbau Neben der Frage, wer innerhalb der Bevölkerung letztendlich von Energieinfrastruktur profitiert, stellt sich zudem immer wieder die Frage, für wen überhaupt Energie bereitgestellt wird. Motraco II ist ein Beispiel für dieses Phänomen. Die EIB hat dieses Projekt finanziert (13,5 Millionen Euro 2002 und 2003), das dem Ausbau und der Verbesserung von Stromübertragungsanlagen für den Stromverbund zwischen der Republik Südafrika, Swasiland und Mosambik dienen soll.32 Nach Recherchen von Amis de la Terre geht es dabei jedoch nicht um den Energiezugang der regionalen Bevölkerung, sondern um das große Aluminiumbergwerk Mozal in Mosambik, dem die EIB ebenfalls einen Kredit über 22 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Motraco II dient dem Zweck, dass Mosambik südafrikanischen Strom für Mozal importieren kann. Mozal produziert jährlich eine Million Tonnen Aluminium, die nach Europa exportiert werden 6.6 und verbraucht dafür mindestens doppelt soviel Energie wie der ganze Rest von Mosambik.33 Zusammengefasst vergibt die EIB in diesem Fall Millionenkredite, damit ein Bergwerk Zugang zu Strom hat in einer Gegend, wo der lokalen Bevölkerung genau dieser Zugang fehlt. In Mauretanien gibt es einen ähnlichen Fall, dort vergab die EIB 2004 einen Kredit über 22,5 Millionen Euro für das neue Dieselkraftwerk Guelbs34, dessen ausschließliches Ziel es jedoch ist, Bergbauprojekte mit Strom zu versor gen, nicht die lokale Bevölkerung. Da die EIB insgesamt im Bereich Bergbau sehr aktiv ist (zwischen 2000 und 2009 gingen über 40 Prozent der Kredite für Industrieprojekte in AKP Staaten an Bergbau projekte), werden im Folgenden noch zwei Beispiele für Bergbauprojekte vorgestellt. Das Tenke Fungurume Projekt Das Tenke-Fungurume Bergbauprojekt in der Demo kratischen Republik Kongo (DR Kongo) nutzt eines der größten Kupfer-Kobalt- Vorkommen weltweit. Der US-amerikanische Konzern Freeport McMoRan (ehemals Phelps Dodge) und Tenke Mining aus Kanada halten gemeinsam Mehrheitsanteile an dem Projekt. Im Juli 2007 genehmigte die EIB hierfür ein Darlehn von bis zu 100 Millionen Euro.35 Sie hat die Auszahlung des Darlehns an die Bedingung geknüpft, dass die gesamte Finanzie rung des Projektes steht, sowie daran, dass die kongo lesischen Behörden eine schriftliche Erklärung abgeben, dass nach Abschluß der Überprüfung der Verträge (s.u.) keine Einwände gegen das Projekt vorliegen.36 Rechtliche Grundlage des Tenke- Projekts ist ein Vertrag zwischen der Regierung und dem Bergbaukonsortium. Der Vertrag ist einer von 60 Verträgen, die während des Krieges im Kongo von der damaligen Übergangsre gierung unterzeichnet wurden. Eine interministerielle Kommission untersuchte diese Verträge, denn sie stehen im Verdacht, folgende Probleme zu enthalten: Unre gelmäßigkeiten, einschließlich fehlender Transparenz, versteckte Interessenskonflikte, fragliche Zahlungen sowie Vertragsbestimmungen, die für die Regierung der DR Kongo höchst unvorteilhaft sind. Die Kommission be stätigte Ende 2007 neun schwerwiegende Probleme mit dem Tenke-Vertrag und verfügte, dass der Vertrag neu verhandelt werden müsse. Dieser Prozess ist bis Ende 2009 noch nicht abgeschlossen, die Bedingungen für die Auszahlung des EIB Kredits sind also nicht gegeben. Die kongolesische Zivilgesellschaft kritisiert, dass der Verhandlungsprozess intransparent und unklar ist. Die EIB erklärt ihr Engagement bei Tenke folgender maßen: „Die DR Kongo braucht dieses Projekt und die Steuereinnahmen, die es schaffen wird, dringend. Des Weiteren wird das Tenke-Projekt dazu beitragen, die wirtschaftliche Erholung zu stärken und das Vertrauen der internatio nalen Investoren wiederherzustellen. Das Projekt fördert das Wirtschaftswachstum, ohne das es keine nachhaltige Verringerung der Armut geben kann, durch die Entwicklung der Privatwirtschaft.“37 Die aktuellen Vertragsbedingungen erlauben jedoch den internationalen Investoren Steuer befreiung für 16 Jahre und großzügige Beraterverträge. Es ist fraglich wie das Projekt zur Erfüllung der Ziele des Cotonou-Abkommens beitragen soll (Armuts bekämpfung und Förderung nachhaltiger Entwicklung), da der Abbau von Mineralstoffen regelmäßig mit enor men Problemen einhergeht. Er kann nur unter guter Regierungsführung, strikten Umweltauflagen und klarem Schutz der Menschenrechte zur Linderung von Armut beitragen. Diese Bedingungen sind allesamt in der DR Kongo noch nicht gegeben. 32 www.eib.org/projects/loans/2001/20010443.htm?lang=-de 35 www.eib.org/projects/pipeline/2007/20070004.htm?lang=-de 33 Programm auf RFI (Radio France International) 28. Juni 2006, von Dalila Berritane. http://rfi.fr/actufr/articles/078/article_44700.asp 36 www.eib.org/projects/news/tenke-fungurume-mining-projectdemocratic-republic-of-congo-drc.htm?lang=-de 34 www.eib.org/projects/pipeline/2003/20030052.htm?lang=-de 37 ebd. EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 25 24 Neben dem industriellen ist der artisanale Bergbau in der Deomkratischen Republik Kongo verbreitet. Bergbauverträge aus den Bürgerkriegszeiten mussten auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden. Die Mufulira Hütte. Foto: Anne Sophie Simpere Die Mufulira Hütte. Foto: Jan Capelle Foto: Anne Sophie Simpere Foto: Jan Capelle Ein groß angelegtes Tagebauprojekt wie Tenke bringt be trächtliche ökologische und soziale Auswirkungen. Umso wichtiger wären umfassende Information und Konsulta tion mit der betroffenen Bevölkerung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es hierbei schwere Defizite gab: Dokumente über das Projekt und seine Auswirkungen wurden nur auf Französisch zur Verfügung gestellt gegenüber Menschen, von denen ein großer Teil leseunkundig ist und die nur Suaheli sprechen. Zudem hatten die betroffenen Dorf gemeinschaften zu wenig Zeit, das Projekt hinreichend zu studieren und diskutieren. Darüber hinaus mussten Menschen ihre Dörfer verlassen, ohne umgesiedelt zu werden und monatelang in Zelten leben, bis sie die 6.7 Gegend verließen. Und selbst die, die Arbeit in der Mine fanden, gehören nicht zu den Gewinnern, da die Löhne sehr niedrig sind, Überstunden nicht bezahlt werden und die meisten Arbeiter nicht angemeldet werden. Es wur den einige Schulen und Brunnen renoviert, was jedoch eher symbolische Projekte sind.38 Was die Umweltauswirkungen angeht, stimmt es nicht optimistisch, dass Freeport McMoRan, Mehrheitsanteil nehmer am Tenke Konsortium ist. Denn der weltweit größte Kupferhändler wurde 2006 vom norwegischen Pensionsfonds aus Umweltgründen als Firma, in die investiert werden darf, ausgeschlossen.39 Die Mopani Kupferhütte in Sambia Sambia ist ein rohstoffreiches Land im südlichen Afrika. Die tragenden Wirtschaftssektoren sind die Landwirtschaft sowie Kupfer- und Kobaltbergbau und –verhüttung. Die Bergbauaktivitäten finden vor allem im Copperbelt, einem Bergwerksdistrikt im Norden, statt. 1969 war Sambia ein Land mittleren Einkommens mit einem der höchsten Bruttosozialprodukte Afrikas, höher als das von Brasilien oder Südkorea zu der Zeit. Mit dem Fall des Kupferpreises ab Mitte der 70er Jahre geriet das Land jedoch in eine wirtschaftliche Krise. In den 90er Jahren verbanden Weltbank und IWF Kredite an Sambia mit der Auflage, die Privatisierung der staatlichen Kupfergesellschaft zu prüfen und umzusetzen. Auch die Entschuldung wurde an diese Privatisierung gebunden. Deshalb wurde die staatliche Kupfergesellschaft (ZCCM Zambian Consolidated Copper Mines) Ende der 90er Jah 38 Counter Balance „Soul mining: the EIB’s role in the TenkeFungurume mine, DRC”, September 2008 39 „Freeport investor quits” November 2006, http://dte.gn.apc.org/71fre.htm re in sieben Einheiten (sechs Minen und eine Schmelze) zerschlagen und verkauft. Die größte Mine wurde als Mopani Copper Mines (MCM) an zwei kanadische Berg bauunternehmen verkauft.40 2005 gewährte die EIB Mopani Copper Mines Plc ein Darlehn über höchstens 50 Millionen Euro für den Neubau und die Modernisierung der Kupferhütte in Mufulira.41 Die EIB argumentierte, dass das Projekt das Wirtschaftswachstum stimulieren und die Armut redu zieren sowie Arbeitsplätze in Mufulira sichern würde. Der Beitrag des Bergbausektors zum Wirtschaftswachs tum und zur Armutsreduktion in Sambia ist nach der Pri vatisierung jedoch höchst zweifelhaft. Die von Christian Aid 2007 veröffentlichte Studie „A rich seam: who benefits from rising commodity prices?“ legt dar, dass die Berg baugesetzgebung Sambias, die zwischen 1997 und 2000 im Vorfeld der Privatisierung zwischen Regierung und Bergbauunternehmen ausgehandelt wurde, sehr niedrige Förderabgaben und Steuern für die Firmen vorsieht. Die Weltbank untersuchte 2004 die Steuerbedingungen in verschiedenen Sektoren Sambias und fand, dass Bergbauunternehmen praktisch keine Steuern zahlten. Dies lag an marginalen Förderabgaben von 0,3 Prozent, Eingangsunternehmenssteuersätzen von 25 Prozent und zahlreichen Abschreibungsmöglichkeiten, um diesen Satz weiter zu senken. Die geringen Steuereinnahmen und die der Privatisierung folgenden massenhaften Entlassungen machten jedoch auch die Regierung nachdenklich. In „A rich seam“ äußert sich ein Vertreter des sambischen Bergbaumi nisteriums skeptisch: „We would do it differently. There were a large number of people who were being laid off in the process of privatisation to the extent that the general public 40 Christian Aid, “A rich seam: who benefits from rising commodity prices?” Januar 2007 42 Christian Aid, “A rich seam: who benefits from rising commodity prices?” Januar 2007, Seite 24 41 www.eib.org/projects/pipeline/2004/20040101.htm?lang=-de EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Und auch die Zulieferer zu den Bergbauunternehmen konnten nicht wie früher zum Wirtschaftswachstum beitragen. Sie verloren im Rahmen des Privatisierungs prozesses Kunden, da die ausländischen Investoren eher bei heimatlichen Firmen kauften wie der Vorsitzende der Handelskammer von Kitwe in „A rich seam“ darlegt: „All the people who were supplying, lost. [The new mine owners] started afresh and it was with a view to create deliberate confusion so that they could benefit at the end of the day, not just by lowering costs but by the managers themselves getting the contracts. So the manufacturing sector was destroyed. People who used to manufacture for the mines could no longer manufacture because these guys were now buying from South Africa and from all over the place and disregarding the people who were already there … Though the new mine owners are from different countries, there is one approach in common – that they would prefer to buy goods from firms based in their home countries. So when you hear that they have invested US$ 500 million, the net effect on the local economy is virtually zero.“42 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 27 26 7. Welche Entwicklung und für wen? Die geschilderten Projekte zeigen exemplarisch auf, welche grundlegende Frage bei Entwicklungsprojekten immer wieder auftaucht. Wer profitiert? Diese Frage ist gerade bei Energie- und Bergbauprojekten relevant, die mit schwerwiegenden negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen einhergehen. felt like, what was in it for them in the privatisation? It was like foreigners were just coming over to take over and run and get fat cheques while the local people were thrown into unemployment and they were not seeing anything coming on.“43 Dementsprechend erließ die sambische Regierung 2008 eine neue Steuergesetzgebung, um unerwartete Gewinne (windfalls) zu besteuern und weniger Abschrei bungsmöglichkeiten zuzulassen, was die Unternehmen jedoch nicht ohne weiteres akzeptieren. Die Mopani Kupferhütte macht keine Ausnahme beim fraglichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum. Auch dort wurden zahlreiche Arbeiter entlassen, von denen, die ihre Arbeit behielten, sind viele bei Subunternehmen angestellt. Das bedeutet, dass sie zwar die gleiche Arbeit wie Festangestellte machen, aber deutlich weniger verdienen. Außerdem haben sie keinen Zugang zu den gleichen Leistungen wie Festangestellte, etwa freie medi zinische Versorgung. Die EIB führte als weiteren Grund für ihr Engagement in der Mopani Kupferhütte an, dass die Modernisierung eine massive Reduktion von Schwefeldioxid bedeuten würde. Mitglieder der Counter Balance Koalition besuchten jedoch im März 2009 die Projektregion und erfuhren von Menschen aus der Nachbarschaft der Anlage, dass nach wie vor große Mengen Schwefeldioxid in die Atmosphäre entlassen werden. Diese verursachen Atemwegs reizungen und -entzündungen sowie Asthmaanfälle. Auch den von Mopani Copper Mine versprochenen Beitrag zu Wohnungen, Schulen und Gesundheitsservice konnten die Counter Balance Vertreter nicht ausmachen. Neue Mine, neues Glück? Positiveres konnten sie von der Lumwanamine berichten. Diese Mine liegt außerhalb des Copperbelt im Nord westen Sambias und soll ganz neu erschlossen werden. Die EIB vergab 2006 einen Kredit von etwa 80 Millionen Euro an das Projekt.44 Der Betreiber ist die Lumwana 43 ebd., Seite 23 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Mangelhafte Arbeitsbedingungen in der Mine. Foto: Petr Hlobil (CEE Bankwatch Network) Mining Company (LMC). LMC bezog die drei traditionellen Oberhäupter der Region in Fragen der Umsiedlung und Kompensation sowie in die Vergabe von Arbeiten rund um den Bau der Mine ein. Das Unternehmen veranstaltete Trainings über die sinnvolle Verwendung von Kompen sationsgeldern und versprach Reparaturen an den Straßen der Region. Jedoch zeigt auch dieses Projekt, dass die Erwartungen an Entwicklungsprojekte oft nur schwer mit der Realität einhergehen. So ist die Mehrheit der Arbeitsplätze nur vorübergehend, für die Phase des Aufbaus der Mine, bedeutende negative Auswirkungen zeichnen sich jedoch jetzt schon ab: so beginnen wegen des Bergbaus Brunnen auszutrocknen und die Lebenshaltungskosten deutlich zu steigen. Die Beispiele zeigen, dass sich die Frage danach, wer profitiert auf wessen Kosten, innerhalb von Gemein schaften, Ländern, Regionen wie auch Kontinenten stellt: wer bekommt in Sambia einen Job und für wie lange? Kann sich den Bujagali-Strom jemand leisten außer den wenigen ugandischen Besserverdienern? Soll das nigerianische Gas vorrangig helfen, die dortige Bevölkerung zu versorgen, oder haben die Menschen in Ghana das Recht auf dieses Gas, solange sie es zahlen können? Soll ein energiearmes Land wie Äthiopien einen riesigen Staudamm für den Stromexport nach Kenia bauen? Müssen Menschen im Tschad oder in Kamerun mit gesteigerten Konflikten den Preis für Öl zahlen, das in Amerika oder Europa konsumiert wird? Rechtfertigt die Investition internationaler Bergbauunternehmen in der Demokratischen Republik Kongo oder in Sambia, dass sie Ländern die Vertragsbedingungen diktieren und damit enorme Profite abschöpfen? Die geschilderten Beispiele sind, wie so viele Entwick lungsprojekte, auf den Export ausgerichtet, die Entwick lungsländer sollen (besser) in den Weltmarkt integriert werden und selbst, wenn nur wenige profitieren, werden die das Geld schon im Land ausgeben, so dass es auch andere Bevölkerungsschichten erreicht – der klassische Trickle-Down Effekt, an den auch die Europäische Investitionsbank glaubt. Im Prinzip ist damit jedes Wirt schaftswachstum gut, die Umverteilung läuft von ganz alleine. Und in einem entscheidenden Punkt, der für die sambi sche Wirtschaft vorteilhaft sein könnte, verhält sich LMC unnachgiebig. Unternehmensvertreter erklärten Counter Balance bei einem Treffen, dass sie davon ausgehen, dass die nachgebesserte Steuergesetzgebung Sambias für sie nicht gelte. Wie oben geschildert, ver sucht die Regierung mit dieser geänderten Gesetzgebung dafür zu sorgen, dass mehr von den Gewinnen der Bergbauunternehmen für den sambischen Staatshaus halt zur Verfügung stehen. LMC argumentiert jedoch, dass sie eine komplett neue Mine erschließen und diese neue Gesetzgebung deshalb für sie nicht zutreffe. Gerade das Beispiel der schwergewichtigen Schwellen länder wie China, Indien oder Brasilien zeigt jedoch, dass große Wachstumsraten mit fataler Armut einher gehen können und meist gerade die Ärmsten am schwersten unter Umweltproblemen zu leiden haben. Auf Projektebene profitieren oft gerade die am stärksten negativ Betroffenen am wenigsten. 44 www.eib.org/projects/pipeline/2004/20040146.htm?lang=-de 45 Les Amis de la Terre „European Investment Bank: six years of financing the plundering of Africa” November 2007 Und in einer globalisierten Welt, werden Gewinne aus Unternehmungen oft eben nicht im Land re-investiert, EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 sondern landen in off-shore Finanzzentren, Steueroasen und werden an die Aktionäre der Unternehmen ausge schüttet, die oft im Norden sitzen. Dies zeigt besonders der Bergbausektor: viele Unter nehmen, die Kreditnehmer der EIB sind, sind Tochter unternehmen, oder Joint Ventures mit bedeutendem An teil großer internationaler Bergbaukonzerne. Freunde der Erde Frankreich (Les Amis de la Terre) hat Unternehmen, die in den letzten Jahren Kredite von der EIB erhalten haben, untersucht und eine Liste des Who-is-who inter nationaler Bergbaukonzerne und -händler gefunden: Glencore International (Schweiz), First Quantum Minerals (Kanada), Equinox Minerals (Australien und Kanada), Freeport McMoRan (USA), Kenmare Ressources (Irland), BHP Biliton (Australien), Brunner Mond Group (Groß britannien).45 Dies sind nicht gerade die notleidenden Unternehmen, die dringend Gelder einer öffentlichen Bank brauchen, weil sie anderweitig keine Finanzierung zusammen bekommen. Und gleichzeitig sind dies Unter nehmen, die so machtvoll verhandeln können, dass viel mehr Profite an ihre Anteilseigner gehen, als an die Men schen, die mit den konkreten negativen Auswirkungen ihrer Arbeit leben müssen. Gerade in der Entwicklungszusammenarbeit muss bei ungleicher Stärke der Partner darauf geachtet werden, dass die Interessen der Schwächeren gewahrt bleiben. Da die EIB bei ihrer Arbeit außerhalb der EU ein klares entwicklungspolitisches Mandat hat, gilt dies auch für sie. Im Bereich der Energiefinanzierung, zu der sie etwa im Rahmen der Afrika-EU-Energiepartnerschaft beitragen soll, muss dies ebenfalls gelten. Da die EIB im Rahmen dieser Partnerschaft zur Energiesicherheit beitragen soll, muss die Frage lauten: zu wessen Energiesicherheit? Wie in Kapitel 5.2 geschildert, vermissen Vertreter der deutschen und afrikanischen Zivilgesellschaft bei der Partnerschaft einen klaren Fokus auf die Armen und wie sie mit Energie versorgt werden sollen. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, einen Blick in die Zukunft zu werfen, auf zwei Projekte, die für die Energiesicherheit herangezogen werden sollen: den Grand Inga Damm in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) und die Trans-Sahara Pipeline. 29 28 7.1 Grand Inga Wie bei so vielen Entwicklungsprojekten klingt die Idee zuerst einmal nicht schlecht: das enorme Potenzial des Kongoflusses nutzen, um der kongolesischen Bevöl kerung Zugang zur Stromversorgung zu ermöglichen. Aktuell haben nur 5 – 7 Prozent der Kongolesen direkten Zugang zu Strom. Wer wollte das Recht der Afrikaner in Frage stellen, ihre eigene Entwicklung vorwärts zu bringen? Die Weltbank geht davon aus, dass Grand Inga 500 der 900 Millionen Afrikaner mit Strom versorgen könnte und dazu noch die Industrie verschiedener Länder auf dem Kontinent. Denn der Inga Komplex ist der Knotenpunkt der kongolesischen Energieerzeugungsmöglichkeiten. Der Ingastandort liegt im Westen des Landes, etwa 300 km flussabwärts von Kinshasa mit einem vermuteten Strompotenzial von 40.000 – 45.000 MW. Bei einer Konfe renz in London im April 2008, die sich mit den Realisie rungsmöglichkeiten von Grand Inga auseinandersetzte46, wurde präsentiert, dass Grand Inga eine Kapazität von 39.000 MW haben solle, indem dort 52 Stromgeneratoren von je 750 MW installiert werden. Im Vergleich: der Drei-Schluchten-Staudamm in China verfügt über eine Gesamtkapazität von 18.200 MW. Dabei geht es nicht nur darum, einen enormen Stau damm zu bauen, sondern auch Exportrouten für den dort erzeugten Strom. Diese sollen von Inga nach Süden verlaufen, über Angola und Namibia nach Südafrika, eine weitere Route ebenfalls nach Südafrika verliefe über Sambia und Simbabwe, eine dritte nach Nigeria. Damit jedoch nicht genug: eine vierte Exportroute soll eine Hochspannungsleitung nach Norden sein: durch Kongo Brazzaville und Zentralafrika durch den Sudan und die Sahara nach Ägypten und von dort durchs Mittelmeer nach Europa. Über insgesamt 5800 km. Stromleitungen dieser Dimension würden große ökologische und soziale Auswirkungen nach sich ziehen, da die Schneise, die sie durch den enorm artenreichen kongolesischen Regenwald schlagen, illegale Abholzun gen und Jagd sowie weitere Zerstörung des Waldes nach sich ziehen. Ebenso hätten sie großen Einfluss auf das Leben der Bantu und Pygmäen, die vom Wald für ihre Subsistenz abhängen. So enorm wie die Dimension des Projektes sind auch seine anvisierten Kosten, sie kletterten von 50 Milliarden US$ vor ein paar Jahren bis auf 100 Milliarden US$ im Jahr 2009. Wie diese Summe zusammenkommen soll, ist nicht klar. Eine der in London präsentierten Möglichkei ten ist eine Public-Private-Partnership, oder die Reali sierung Grand Ingas als unabhängiger Energieproduzent (Independent Power Producer IPP), wobei das Projekt von 46 www.worldenergy.org/work_programme/regional_programme/ africa/grand_inga/1339.asp EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 einem komplett privaten Konsortium realisiert werden würde. Dies würde zwar der kongolesischen Regierung ersparen, enorme Schulden auf sich zu laden, sie würde jedoch auch die Kontrolle über die Nutzung des erzeug ten Stroms aus der Hand geben. Da Anschluss ans Stromnetz und Zahlungsfähigkeit in Europa höher sind, liefe das Projekt statt 500 Millionen Afrikaner zu versorgen, eher darauf hinaus, Strom durch Länder zu transportieren, in denen bis zu 500 Millionen Afrikaner leben. Vom Strom werden diese wohl nur die Hochspannungsleitung zu sehen bekommen. Technisch wäre der Transport über eine so lange Strecke kom plettes Neuland. Wechselstrom, der in der elektrischen Energieversorgung gewöhnlich genutzt wird, kann nur über Leitungen bis maximal 2000 km transportiert werden, danach wird der Verlust zu groß. Deshalb müsste der Strom für den Transport in Gleichstrom verwandelt werden, jede Nutzung setzt dann ein Umspannwerk vor aus. Jedes Dorf, das an der Leitung liegt und vom Strom profitieren wollte, bräuchte ein eigenes Umspannwerk. Relativ viel Aufwand für relativ wenig Gewinn, was die Realisierung unwahrscheinlich macht. Eine Realität, die Dorfbewohner an den existierenden Staudämmen Inga I und II heute schon erfahren. Während sie um ungeklärte Entschädigungen kämpfen, verläuft über ihren Köpfen die Stromleitung und bringt die Ener gie von Inga zu den Minen von Katanga im Südosten des Landes. Überhaupt lohnt ein Blick auf die bereits realisierten Teile des Inga-Komplexes. Die Staudämme Inga I und II wurden 1972 bzw. 1982 fertig gestellt, sie haben eine theoretische Kapazität von zusammen 1775 MW (351 MW Inga I und 1424 MW Inga II). Mitglieder der Counter Balance Koalition besuchten die Dämme im Juli 200947 und erfuhren, dass sie gemeinsam tatsächlich nur 710 MW produzieren (weniger als eine der 52 geplanten Turbinen von Grand Inga), wovon 420 MW nach Kinshasa gehen, 210 MW zu den Katanga-Minen und teilweise wei ter Richtung Südafrika, während den Rest lokale Städte erhalten. Die Staudämme produzieren nur mit etwa 40 Prozent ihrer Kapazität, weshalb internationale Geber wie Weltbank und Europäische Investitionsbank Kredite für die Rehabilitation gegeben haben. Bisher mit magerem Erfolg. Zudem wurden die neuen Kredite leider nicht ge nutzt, um den Menschen, die in den umliegenden Dörfern seit 1958 um ausstehende Entschädigungen kämpfen, zu ihrem Recht zu verhelfen. Ein großer Teil des Stroms von Inga 1 und 2 geht an die Minen in Katanga. Foto: Jan Capelle Exportrouten für den Ingastrom. Foto: Jan Capelle Konstellation von Grand Inga das gleiche erwarten. Sollte das Projekt realisiert werden, wird es am wenigs ten der Energieversorgung der Kongolesen dienen. 7.2 Es wird hoch gehalten als Projekt für die Energiesicher heit – ein genauerer Blick zeigt jedoch, dass es dabei vor allem um die europäische Energiesicherheit geht. Trans-Sahara Pipeline Die Trans-Sahara Pipeline kann es in der Länge nicht mit dem von Grand Inga geplanten Kabel aufnehmen, kommt aber auch auf eine Strecke von über 4000 Kilometern. Sie soll Gas aus dem Nigerdelta durch Nigeria und Niger nach Algerien bringen, von wo es durchs Mittelmeer nach Europa (Spanien und Italien) transportiert werden soll. Die Idee stammt bereits aus den 70er Jahren, gewann jedoch in den letzten Jahren an Schwung. Die Euro päische Union ist an dem Projekt sehr interessiert, in der Hoffnung, ihre Abhängigkeit von russischem Gas (das über 40 Prozent der EU Gasimporte liefert) zu redu zieren. Die bisherigen Erfahrungen mit Inga entsprechen also dem Muster anderer Projekte, wo die lokal Betroffenen am wenigsten profitieren. Und für die Zukunft lässt die So unterzeichneten die Europäische Kommission und die Afrikanische Union im September 2008 eine gemeinsame Erklärung, dass die EU eine Milliarde Euro für zwei Jahre zur Verfügung stellt, damit afrikanische Länder ihre Energienetze ausbauen können und Energieverbindungen zwischen Afrika und Europa fördern wie die Trans-Sahara Pipeline. Diese Erklärung stellt bezeichnenderweise den ersten konkreten Schritt zur Umsetzung der Afrika-EUPartnerschaft dar.48 47 Counter Balance „Conrad’s Nightmare – The World’s Biggest Dam and Development’s Heart of Darkness” November 2009 48 „EU to help Africa expand energy sector” 9.9.2008, http://euobserver.com/9/26709 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Die Trans-Sahara Pipeline soll bisher neun Milliarden Euro kosten und im Prinzip ab 2015 jährlich bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa liefern. Ob der Termin 2015 gehalten werden kann, ist sehr fraglich. So unterzeichneten Nigeria, Niger und Algerien erst im Juli 2009 ein Abkommen, um die Arbeit an dem Projekt beginnen zu können. Und ob das Kalkül der EU aufgeht, von russischem Gas unabhängig zu werden, ist ebenfalls fraglich, denn der russische Energiekonzern Gazprom vereinbarte im Juli 2009 mit Nigeria, 2,5 Milliarden US$ in dessen Gas- und Ölsektor zu investieren. Darüber hinaus hat Gazprom, genau wie die Ölkonzerne Total, ENI und Royal Dutch Shell Interesse daran geäußert, gemeinsam mit der Nigerian National Petroleum Corp. und der algerischen Sonatrach die Trans-Sahara Pipeline zu bauen.49 Neben der Auseinandersetzung darum, wer sich an dem Pipeline-Konsortium beteiligt, muss sich diese jedoch noch mit ganz anderen Schwierigkeiten auseinander setzen, denn alle drei Länder, durch die die Pipeline führt, 49 „Trans-Sahara pipeline fuels ‘gas war’” 29.7.2009, www.upi.com/Science_News/Resource-Wars/2009/07/29/Trans-Saharapipeline-fuels-gas-war/UPI-95761248882668/ 31 30 8. Neue Wege für die EIB? haben interne bewaffnete Konflikte: Nigeria im Nigerdel ta, Niger mit Tuareg-Rebellen und in Algerien wie auch der südlichen Sahara sollen Al-Kaida-Gruppen operieren. Die nigerianische Regierung erklärt, dass sie die Gas felder und die Pipeline militärisch sichern will, was ihr jedoch im Nigerdelta bereits nicht gelingt und wo sich die Frage stellt, wie dies in drei Ländern und über mehrere tausend Kilometer gelingen soll. 7.3 Die Frage danach, wie viel nigerianisches Gas der Ent wicklung des Landes dienen und wie viel in den Export gehen soll, wurde in Nigeria schon im Zusammenhang mit der Westafrikanischen Gas Pipeline kontrovers diskutiert. Wenn große Mengen zusätzlich in den Export nach Europa fließen, wird die Diskussion umso hitziger werden. Energiesicherheit Beide Beispiele für zukünftige Energieprojekte drehen sich damit, entgegen aller entwicklungspolitischen Rhetorik, um europäische Energiesicherheit. Denn die Europäische Union hat große Angst davor, dass ihr die Energie ausgeht. Die Förderung von Öl und Gas in Europa geht zurück, während der Energieverbrauch steigt. Die Europäische Kommission schätzt, dass die Importabhän gigkeit bei Energie von 50 Prozent 2007 auf 65 Prozent 2030 steigen wird.50 Die EU könnte massiv darauf setzen, den Energieverbrauch in Europa zu senken, indem öffent licher vor dem Individualverkehr, sparsamere Geräte und Gebäudesanierung enorm gefördert werden. EU bedeutet: „identifying infrastructure of major importance to [EU] energy security and then ensuring its construction“.51 Dies soll politisch gefördert werden, indem „Energie“ ein zentrales Element aller EU Außenbeziehun gen wird und ist wichtig für die geopolitische Sicherheit, wirtschaftliche Stabilität und soziale Entwicklung, so die Kommission52. Bei der finanziellen Realisierung soll die europäische Hausbank EIB helfen, wie sie das bereits in der Vergangenheit getan hat. Dies würde jedoch regulatorische Eingriffe, Industrie-, Verkehrs- und letztendlich Wirtschaftsumbau bedeuten. Und da ein solcher Umbau mächtige Gegner (von der Auto- und Flugindustrie bis zu sämtlichen energieintensi ven Unternehmen) auf den Plan brächte, setzt die EU lieber darauf, neue Energiequellen zu erschließen: von Grand Inga, über die Trans-Sahara Gaspipeline bis zu Pipelines aus dem Osten wie die Baku-Tbilisi-Ceyhan oder die Nabucco-Pipeline. In ihrer „Second Strategic Energy Review“ vom November 2008 formuliert die Kom mission dies aus. Sie erklärt, was dies außerhalb der Es gibt grundlegende Kritik an den Aktivitäten der EIB, vor allem bei ihren außer-europäischen Aktivitäten. Während sie bei Finanzierungen innerhalb der EU eu ropäisches Recht einhalten muss, sind die Sozial-, und Umweltstandards außerhalb der EU weniger klar und verbindlich, womit sie einigen Interpretationsspielraum lassen. Hinzu kommt die Frage nach dem Entwicklungs modell, welchem die Bank folgt. Die Auswahl an Fallbei spielen zeigt, dass die EIB in den Regionen, in denen sie operiert, wiederholt nicht zur Förderung nachhaltiger Entwicklung beigetragen hat. In diesem Zusammenhang ist es besonders besorgnis erregend, dass die EIB nur wenig Kapazität besitzt, um ihre Projekte gründlich zu prüfen und noch weniger Kapazität, um ein Monitoring während der Umsetzung der Projekte gerade außerhalb der EU zu gewährleisten. Die EIB lobt sich dafür, eine „schlanke Institution“ mit wenig Mitarbeitern zu sein, sie beschäftigt etwa 1.500 Mitarbeiter (im Verhältnis zu 10.000 Angestellten bei der Weltbank, obwohl die deutlich weniger Geld vergibt) Die Zahl der Angestellten ist darüber hinaus nicht proportio nal zum vergebenen Volumen gewachsen. Dies lässt den Mitarbeitern wenig Zeit für Projektprüfung, Monitoring und Evaluierung. Das bankinterne Anreizsystem belohnt Mitarbeiter, die ein großes Kreditvolumen vergeben haben, dieses Anreizsystem richtet sich nicht danach, ob Projekte qualitativ gut sind. Als schlanke Institution hat die EIB wenige Niederlassungen außerhalb der EU, was die Beurteilung der Bedingungen und Realitäten vor Ort erschwert, diese jedoch haben einen großen Einfluss darauf, wie Erfolg versprechend und umsetzbar Projekte sind. Auch werden die von der EIB finanzierten Aktivitäten in Entwicklungsländern nicht so gut dokumentiert wie die anderer internationaler Finanzinstitutionen (etwa bei Weltbank oder Asiatischer Entwicklungsbank). Während des Projektzyklus werden wenige Informationen ver 8.1 Rohr für die Baku-Tbilisi Ceyhan Pipeline. Foto: Hannah Ellis (Friends of the Earth) 50 Europäische Kommission, „An Energy Policy for Europe”, Januar 2007 51 Europäische Kommission, Second Strategic Energy review, November 2008 zitiert in Counter Balance „Conrad’s Nightmare – The World’s Biggest Dam and Development’s Heart of Darkness” November 2009, S.17 Die Möglichkeiten für Betroffene, sich bei Problemen an eine unabhängige Beschwerdestelle wie das Inspection Panel der Weltbank zu wenden, gibt es nicht, sondern nur eine EIB-interne Beschwerdestelle. Eine bedeutende Verbesserung hierbei ist, dass inzwischen der europäi sche Ombudsmann auch Fälle von EIB-Finanzierungen außerhalb der EU prüfen kann. Allerdings passiert dies auf eigene Initiative des Ombudsmanns, womit nicht eine immer ansprechbare, unabhängige Instanz für Betroffene existiert wie bei anderen Entwicklungsbanken. Proteste zum 50. Geburtstag der EIB. Foto: Liza Gabry (Amis de la Terre) Die Entscheidung des EuGH Natürlich ist die EIB keine Entwicklungsbank im engeren Sinne, da ihre Hauptaufgaben innerhalb der EU liegen und sie dort explizit als Investitionsbank tätig ist. Jedoch ist unbestreitbar, dass ihre Aktivitäten außerhalb der EU eine entwicklungspolitische Dimension haben. In AKP-Staaten ist die Arbeit der EIB vom CotonouAbkommen geleitet, welches festlegt, dass die EIB darauf hinarbeiten soll, die Armut zu vermindern und abzuschaffen und dabei nachhaltige Entwicklung sowie 52 ebd. EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 öffentlicht. Insbesondere die Finanzverträge, in denen die Verantwortlichkeiten der Projektträger festgelegt sind, werden unter Verschluss gehalten. Dies verhindert eine öffentliche Beurteilung der Projekte hinsichtlich der Einhaltung von Verantwortlichkeiten und Zielen. EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 die Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft be rücksichtigen soll. In den ALA Ländern, Zentralasien und den Nachbarländern regeln externe Mandate die Arbeit der EIB. In der Vergangenheit wurde das Europäische Parlament bei Entscheidungen des Rates bezüglich des externen Mandats der EIB nur konsultiert, das Parlament konnte jedoch nicht mitentscheiden. Gegen diese Praxis reichte es Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein, der dem Parlament am 06. No 33 32 vember 2008 Recht gab und damit das existierende exter ne Mandat des Rates von 2006 für die EIB aufhob. In dem Urteil fordert der EuGH, dass innerhalb der nächsten 12 Monate neu über das Mandat entschieden werden muss, auf einer anderen rechtlichen Basis, nämlich indem das Europäische Parlament mitentscheidet und nicht mehr nur konsultiert wird. Der Beschluss des EuGH bedeutet einen historischen Fortschritt dahin, dass die EIB die EU GemeinschaftsZiele der Entwicklungszusammenarbeit auch bei ihren 8.2 Tätigkeiten in Asien, Lateinamerika, Beitritts- und Nach barländern fördern soll. Wegen der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 wurde jedoch das aktuelle Mandat bis zum 31. Ok tober 2011 verlängert. Die Europäische Kommission wird dem Parlament einen ersten Entwurf für ein erneuertes Mandat am 30. April 2010 vorlegen. Danach wird der Ent wurf im Parlament diskutiert und muss bis August 2011 verabschiedet werden. Ein erster Schritt muss klären, welche Ziele der EU Politik die EIB fördern soll, wozu eine Überprüfung der verschiedenen Mandate und ihrer Widersprüche gehört. Die Spannbreite geht von Verbesserung der europäischen Energiesicherheit, Erhöhung der Präsenz europäischer Firmen weltweit, bis zum Umweltschutz und der Er reichung der Millenium Entwicklungsziele. Im Idealfall mögen Finanzierungen allen diesen Zielen dienen, oft jedoch gibt es Widersprüche. Widerstreitende Ziele gibt es natürlich auch in der EU Politik an sich, wo die Global Europe Strategie zur Förderung europäischer Firmen im gobalen Wettbewerb in Konflikt zu Zielen des euro päischen Konsens für Entwicklung steht. Kurzfristig braucht die EIB strikte do-no-harm Politiken, um Entwicklungs- und Menschenrechtszielen zu dienen und negative Auswirkungen von Finanzierungen vor Ort zu minimieren. Die Halbzeitprüfung des externen Mandates der EIB 8.4 Parallel dazu verläuft ein weiterer Prozess mit Potenzial für bedeutende Auswirkungen auf die EIB: Das Mandat zur EIB-Kreditvergabe an Nicht-EU-Staaten (ausge nommen die AKP-Länder und Beitrittskandidaten) wird derzeitig von einem Gremium „weiser Personen“ (Personen mit weit reichender Erfahrung in der Entwick lungszusammenarbeit in Institutionen wie OECD, IWF, KfW, aus Universität und Zivilgesellschaft) untersucht. Dieser Prozess der Halbzeitprüfung wurde vom Rat vor geschrieben, da die EU-Mitgliedsländer unterschiedliche Sichtweisen zur Rolle der EIB außerhalb der EU hatten, als 2006 das externe Mandat für 2007–2013 verabschiedet wurde. Die Halbzeitüberprüfung sollte abwägen, ob die EIB außerhalb der EU eine sinnvolle Rolle spielt. Die Prüfung ist entscheidend für die zukünftige Gestaltung der Bank – Ergebnisse werden für Juni 2010 erwartet. Die Zivilgesellschaft hat die Europäische Kommission, die EIB und die Mitgliedsstaaten aufgefordert, nicht nur eine technische Bestandsaufnahme zu machen, sondern auch die Effektivität der EIB als Instrument der EU Zusammen arbeit mit Entwicklungsländern zu beurteilen. Die Finanzierungen der EIB in AKP-Staaten stehen ebenfalls für 2010 auf dem Prüfstand, wenn eine Über prüfung der Investitionsfazilität (IF) erfolgt. Bei dieser Überprüfung geht es zunächst einmal um die Relevanz, Effektivität und Nachhaltigkeit der Aktivitäten, für die die Fazilität Gelder vergibt. Die Evaluation soll in die Gestaltung der zweiten Hälfte des IF-Mandats (bis 2013) einfließen. Energiesicherheit: beim eigenen Verbrauch ansetzen Im Bereich der Energiesicherheit sollte die EIB vor allem die Verbrauchsminimierung fördern. Dies betrifft ihre Kernaufgaben der Geldvergabe innerhalb der EU. Dort engagiert sich die EIB bereits im Bereich Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Sie könnte jedoch eine entscheidende Rolle beim klimafreundlichen Umbau der europäischen Wirtschaft spielen, wenn sie ihre Verleih aktivitäten radikal an diesem Ziel ausrichten und neue Prioritäten setzen würde, etwa: 8.5 8.3 Wie die EIB heute strukturiert ist, favorisiert die Bank in ihren außereuropäischen Aktivitäten die Handels-, Energie- und Rohstoffprioritäten der EU über Ziele wie die Förderung globaler öffentlicher Güter, etwa die Stabi lisierung des Klimas und die Armutsreduktion. Es ist daher nun an der Zeit für die EIB und ihre Anteils eigner, auf die zunehmende Verantwortung zu reagieren. Dazu gehört, das altmodische Entwicklungsmodell der EIB zu überdenken, das allein auf Wachstum und Ein kommensschaffung basiert. Denn dieses schafft nur für wenige Menschen Gewinne und übersieht einen Großteil der Ärmsten. Im Lichte der Nahrungsmittel- und Klimakrise wird über deutlich, dass es einen grundlegenden Wandel in Rich tung nachhaltige Entwicklung geben muss. Wenn die EIB in diesem Wandel eine Rolle spielen will, muss sie selbst einen fundamentalen Wandel durchlaufen. Die Institution wurde vor über 50 Jahren mit gänzlich anderen Zielen als der Förderung von Entwicklung in Nicht-EU-Staaten gegründet. Wie sie heute organisiert ist und Geschäfte macht, ist die EIB ungeeignet dafür, nachhaltige Entwick lung in diesen Ländern zu fördern. Was die Aktivitäten der EIB außerhalb der EU betrifft, hält Counter Balance eine Diskussion darüber für notwendig, ob die EIB sich so stark ändern kann, dass sie tatsächlich einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leistet. Dies ist jedoch eine längerfristige Diskussion. Als kurzfristige Vorschläge für die Aktivitäten der EIB außer halb der EU sehen wir folgende Punkte für wichtig an: 1. Der EIB fehlt entwicklungspolitische, menschen rechtliche, soziale und ökologische Kompetenz, da die Mitarbeiter im Wesentlichen einen wirtschaftlichen und technischen Hintergrund haben. Im Umweltbereich ist die Expertise in den letzten Jahren ausgebaut worden, vorsichtig auch im Bereich Soziales. Für einen positiven Beitrag zur 53 Diese Vorschläge sind detailliert ausgeführt in der Veröffentlichung “Change the lending, not the climate” von CEE Bankwatch Network, November 2009 EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 • Einhaltung der eigenen Ziele von 50 Prozent des Verleihs für Energieerzeugung und Steigerung dieses Anteils; • Fokus auf Energieeffizienz, vor allem in den neuen Mitgliedsstaaten; • Finanzierung von intelligenten Erzeugungssystemen • Abschied von der Förderung fossiler Energiequellen, um die Abhängigkeit von diesen zu beenden.53 Außerhalb der EU Zeit für einen Wandel Die Rolle der EIB in der europäischen Entwicklungs zusammenarbeit hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, ihr wurde eine Vielzahl an Aufgaben und Mandaten zugeteilt, von denen nicht alle problemlos miteinander vereinbar sind. Zudem sind die Kapazitäten der Bank nicht in dem Maße gewachsen, wie sie neue Aufgaben und größere zu verteilende Geldvolumina bekommen hat. • Förderung öffentlicher Verkehrssysteme; EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 Entwicklung und die Berücksichtigung umfassender entwicklungspolitischer Fragen, über den reinen Glauben an den Trickle-Down Effekt hinaus, ist jedoch mehr Expertise unter den Angestellten notwendig. 2. Die EIB sollte ihre Projektprüfung bezüglich „Entwicklungsaspekten“ verbessern und klare, überprüfbare Entwicklungsfaktoren (wie Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze, gebaute Schulen oder Gesundheitszentren) in die Projektverträge aufnehmen, um leere Versprechen zu verhindern und diese Punkte für lokal Betroffene einklagbar zu machen. 3. Auch im Bereich Menschenrechte sollte die EIB ihre Projektprüfung verbessern und mögliche 34 menschenrechtliche Auswirkungen sowie Konfliktpotenziale durch Projekte prüfen. 4. Die EIB wie auch die europäische Kommission sollten sicherstellen, dass die Verleihaktivitäten der EIB den nationalen Entwicklungszielen der Länder entsprechen, in denen Projekte realisiert werden. 5. Um die Aufgaben der EIB klarer und überschaubarer zu machen und sicherzustellen, dass die EIB als öffentliche Bank einen klaren Zusatznutzen bringt, sollte die Bank sich auf einige wenige Prioritätssektoren konzentrieren und klare Ausschlussbereiche definieren, in denen die negativen Effekte die positiven überwiegen und die keinen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung bringen. Hierzu gehören fossile Energien, Großstaudämme sowie der industrielle Bergbau. 6. Der Bereich der Globaldarlehen macht einen bedeutenden Anteil an der Finanzierung der EIB aus. Gleichzeitig ist der Bereich überaus undurchsichtig. Die EIB sollte Globaldarlehen nur an solche Finanzintermediäre vergeben, die nicht in OffshoreFinanzzentren agieren, die sich substantiell in lokalem Besitz befinden und die in der Lage sind, einen positiven Entwicklungsansatz zu verfolgen, indem sie Kredite an lokale kleine und mittlere Unternehmen vergeben. 7. Die EIB sollte sicherstellen, dass Zulieferer aus den Ländern, in denen Projekte realisiert werden, bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden, um die Wirtschaft dort zu unterstützen. Proteste zum 50. Geburtstag der EIB. Foto: Liza Gabry (Amis de la Terre) Der Zeitpunkt für einen Wandel bei der EIB ist günstig, da Prozesse wie die Erarbeitung des neuen externen Mandats und die Halbzeitüberprüfung zusammen kom men. Dazu sollten das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten ihren Einfluss nutzen, um den Wandel, der notwendig ist, in Gang zu bringen. 8. Die EU sollte sicherstellen, dass der Ombudsmann hinreichend Mittel hat, um sich auch Beschwerden von Nicht-EU-Bürgern widmen zu können, wo diese sich von EIB Projekten negativ betroffen fühlen. Die EIB braucht mehr entwicklungspolitische Expertise. Foto: Caterina Amicucci (CRBM) EU Infrastrukturinvestitionen – Zu wessen Nutzen? | Dezember 2009 www.counterbalance-eib.org email: [email protected]