Unverbesserlicher Idealist
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Unverbesserlicher Idealist
be t r ie b + m a n a ge me n t Seit 20 Jahren führt Curd Janssen den GaLaBau-Betrieb Der Schaugarten mit Schwimmteich ist nicht nur Besichtigungsobjekt für Kunden. Er gehört zum Garten der Familie Janssen Gärtner Janssen, Saterland-Ramsloh Unverbesserlicher Idealist Für Curd Janssen teilen sich die Landschaftsgärtner in Kaufleute und Gärtner. „Die Kaufleute haben Erfolg, die Gärtner sind die Idealisten. Den Kaufleuten geht es um Rentabilität, die Idealisten wollen die Lebensqualität des Kunden verbessern.“ Er selbst zählt sich zu den Letzteren – und ist dabei nicht wirklich unglücklich. C urd Janssen leitet den beinahe 100 Jahre alten Betrieb im niedersächsischen Saterland-Ramsloh nun schon seit 20 Jahren. „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen“, lässt Johann Wolfgang von Goethe seinen Faust sagen. Diese innere Zerrissenheit, die Faust damit ausdrückte, kennt Curd Janssen nur allzu gut. Auch in seiner kontakt Garten Janssen Moorgutstraße 2 26683 Saterland-Ramsloh Telefon 04498/9195-55, Fax -56 [email protected] www.garten-janssen.de 26 Idealistenseele meldet sich manchmal der Kaufmann – der, der gerne wüsste, dass die Aufträge für das nächste halbe Jahr gesichert sind. Doch der Idealist in ihm ruft immer ein wenig lauter. „Ein echter Landschaftsgärtner lehnt lieber einen Auftrag ab, als etwas zu tun, was für ihn konzeptionell nicht stimmig ist“, schmunzelt er. Als Gärtner geboren Janssen ist Gärtner mit Leib und Seele. Schließlich ist der 48-Jährige in der 1914 von seinem Großvater gegründeten „Baumschule, Landschafts- und Handelsgärtnerei, Samenhandlung Hermann Janssen“ groß geworden. „Nach der Schule hat man mich gefragt, ob ich Gärtner werden will. Ich habe diese Frage nie verstanden – ich war doch schon immer Gärtner“, erinnert er sich. Auf dem 5 ha großen Betriebsgelände gibt es keine Baumschule und Samenhandlung mehr, dafür aber den Landschaftsbaubetrieb und einen Pflanzenhof, eingebettet in einer landschaftlich idyllischen Kulisse. Der Pflanzenhof wird von Curd Janssens Frau Martina geleitet. Viele Tiere leben nebeneinander im Freigehege: zwei Esel, Schweine, Ziegen, Ponys, Hühner, Enten, Gänse, Kaninchen, Meerschweinchen und ein Hund. Die Tiere gehören für Curd Janssen zum Lebensgefühl dazu. Die Menschen aus dem Saterland haben das Tiergehege längst zu ihrem Streichelzoo erklärt. Auf dem Betriebsgelände befindet sich auch ein Schaugarten mit Schwimmteich. Vor zehn Jahren hat Curd Janssen seinen ersten Schwimmteich gebaut – und das System so lange weiterentwickelt, bis er vor fünf Jahren beschloss, dass es marktreif ist. Seither erwirtschaftet das Unternehmen mit dem Verkauf von Schwimmteichen einen Umsatzanteil von etwa 40 %. Oftmals ist der Wunsch nach einem Schwimmteich der Beginn einer kompletten Gartengestaltung. „Es ist ja nicht einfach nur ein Teich, sondern ein Eingriff in den gesamten Garten“, sagt Janssen. Und der wird bei dieser Gelegenheit dann gleich „runderneuert“. Schwimmteiche sind Männersache Was den Landschaftsgärtner beim Verkauf der Schwimmteiche erstaunt hat: „Eigentlich ist der Garten ja Sache der Frau. Beim Schwimmteich ist das anders – das ist eine Männerspielwiese.“ Seine Vermutung: „Schwimmteiche sind ein Prestigeobjekt, ähnlich wie Autos. Sie werden in der Regel auch von Männern gepflegt.“ Das Experimentieren mit verschiedenen Teichkomponenten und Bauweisen hat sich für den Landschaftsbaubetrieb gelohnt. Durch den Einsatz fertiger Module können wir sehr rationell Schwimmteiche bauen, was sich natürlich im Angebotspreis positiv auswirkt. Im 4/2008 Hat Janssen erst einmal einen Schwimmteich gebaut, wird er im Anschluss oft mit der Gestaltung des Gartens beauftragt Allgemeinen wird viel zu viel herumgeturnt und dementsprechend hochpreisig angeboten. „Das muss nicht sein“, ist der Landschaftsgärtner überzeugt. Vier Landschaftsbaubetriebe bauen bereits nach seinem System. Von Systemanbietern hält Janssen nichts. „Ich will frei sein und entscheiden, was und wie ich baue.“ Neben dem Idealismus zeigt sich hier eine weitere Charaktereigenschaft des Landschaftsgärtners: ein ausgeprägter Eigenwille. Dieser kommt auch bei der Mitarbeiterführung zum Vorschein. Im Landschaftsbaubetrieb sind sechs Mitarbeiter beschäftigt, davon zwei Auszubildende. Während viele Unternehmer auch in kleinen Betrieben nach und nach erkennen, dass es das Leben erleichtern kann, wenn man nicht alles selbst macht, hat Curd Janssen hier seine ganz eigene Ansicht: „Ich möchte mein bester Mann sein. Es gibt keine Arbeit, die ich nicht selbst machen kann.“ Das gibt ihm das Gefühl von Unabhängigkeit. Janssen gibt ungern Verantwortung ab. Doch er hat die Mitarbeiter gefunden, die damit leben können. „Meine Leute machen einen guten Job.“ Die letzte Verantwortung liegt allerdings beim Chef. Manchmal meldet sich bei Janssen zwar auch hier 4/2008 eine „zweite Seele“. Die, die nicht verstehen will, warum etwas falsch gebaut wird, nur weil es im Plan missverständlich gezeichnet ist. Doch letztendlich siegt – meist bei einer Tasse Tee in der Küche – die Selbsterkenntnis. „Jeder, der sich über seine Mitarbeiter aufregt, regt sich im Prinzip über sich selbst auf. Jede Firma ist so wie ihr Chef“, sagt Janssen. Was er nicht versteht, sind die Klagen der Kollegen über Jugendliche, die nicht mehr ausbildungsfähig seien. „Ich bilde seit 15 Jahren aus und die Jugendlichen von heute sind nicht anders als die Jugendlichen damals.“ Ausbildung ist für ihn nicht nur die Vermittlung von Wissen, sondern zu einem Großteil Pädagogik. „Das klappt nicht mit Regeln und Vorschriften, sondern nur mit Vorleben“, ist Curd Janssen überzeugt. Gärten leben – nicht nur verkaufen Das Vorleben spielt für ihn eine große Rolle. Der Schaugarten mit Schwimmteich ist daher nicht nur ein Besichtigungsobjekt für Kunden. Er grenzt direkt an das Wohnhaus der Familie Janssen an – hier wird gelebt, gefeiert und entspannt. „Ich kann keine schönen Gärten verkaufen, wenn ich das nicht selbst lebe. Ich kaufe auch lieber von jemandem, der seinen eigenen Markt lebt.“ Ohnehin sieht Janssen seine Aufgabe nicht allein darin, schöne Gärten zu bauen, sondern die persönlichen Lebensbedingungen des Kunden zu Hause so zu verbessern, dass dieser sich wohlfühlt. „Viele Kunden sind überrascht, was eine professionelle Planung und die Gartengestaltung kosten.“ Um sich nicht in endlosen Preisdiskussionen zu verlieren, helfen seiner Ansicht nach nur verständliche Pläne, Ehrlichkeit und Vertrauen. „Und Vertrauen entsteht nicht allein aufgrund von Bildern und Zeichnungen, sondern vor allem durch Gespräche.“ Dabei gilt es, auf die Nebensätze zu achten – sie enthalten oft mehr Informationen als die Hauptsätze. Was er damit meint, erklärt Janssen am Beispiel eines Kunden, der von seinem Garten aus direkt auf eine hässliche Gewerbehalle sah – und sich zähneknirschend mit diesem Anblick abgefunden hatte. Die Idee, dass eine entsprechende Gartengestaltung hier Abhilfe schaffen könnte, zog der Kunde gar nicht in Erwägung, sondern bemerkte im Beratungsgespräch nur ganz nebenbei, wie sehr ihn der Anblick stört. „Jetzt verdeckt vier Meter hoher Bambus die hässliche Wand – und der Kunde ist glücklich.“ Bei dieser Gartengestaltung war der Bambus keine idealistische Zusatzleistung, sondern von vornherein Bestandteil des Auftrags. Das ist nicht immer so – und für Curd Janssen ein Los der Idealisten. „Jede Autowerkstatt hat auf ihren Rechnungen mittlerweile einen Posten mit Kleinteilen, die berechnet werden – wir machen viele Leistungen umsonst mit. Das sind im Endeffekt vielleicht nur 5 % der Auftragssumme, aber vermutlich sind es die entscheidenden 5 %.“ Da ist er wieder, der leise Ruf des Kaufmanns. Doch schnell siegt der Idealist. „Geld ist nicht das alleinige Ziel, es geht um die Verwirklichung einer Philosophie.“ Seine nicht ganz ernst gemeinte Hoffnung ist, dass Sta n do rt Saterland-ramsloh Garten Janssen, Saterland-Ramsloh Be t ri ebsdaten ➜ Firmengründung: 1914 ➜ Gesellschaftsform: GmbH & Co KG ➜ Inhaber: Curd Janssen ➜ Umsatz: 460 000 e/Jahr ➜ Gewinn: 85 000 e/Jahr ➜ Materialkostenanteil: 30 000 e/Jahr ➜ Betriebsmittellohn: 29,50 e ➜ Mitarbeiter: 7 inklusive Unternehmer, davon 2 Azubis, 1 Meister, 2 Gesellen, 1 Verwaltungsangestellter ➜ Tätigkeitsfelder 50 % Hausgarten, 40 % Schwimmteichbau, 10 % Gewerbe ➜ Fuhrpark/Maschinen: 2 Lkw, 4 Erdbaumaschinen, 2 Spezialmaschinen und Sonderanfertigungen ➜ Mitgliedschaften: Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau ➜ EDV-Lösungen: Bosse, Vectorworks sich diese Einstellung in der nächsten Generation ändert. Die beiden Töchter sind noch in der Berufsfindungs-Phase, verfügen jedoch auch über sehr viel kreative Kraft, die sich sicher in der Berufswahl widerspiegeln wird. Sohn Henning will Landschaftsarchitekt werden – und Janssen will aufpassen, dass er mehr Kaufmann wird als sein Vater das ist. Susanne Wannags, Geltendorf Bilder: Fluche (1), Janssen (2) 27