Schi-Wunder traten nicht ein

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Schi-Wunder traten nicht ein
12 Sport Steirisch
Donnerstag, 19. Februar 2009
Schi-Wunder traten nicht ein
Querpass
Harald
Müllner
Die Ergebnisse der 40. Alpinen Schiweltmeisterschaft in Frankreich
dürfen aus österreichischer Sicht als durchaus zwiespältig betrachtet werden.
Es hat den Anschein, als ob
die hochgelobte Fußball-EURO schon einige Jahre und
nicht erst wenige Monate zurück liegen würde. Im Herbst
haben wir ein unnötiges Fußballspiel gegen die Türkei über
uns ergehen lassen müssen, im
winterlichen Graz haben wir
zuletzt eineinhalb Stunden gegen eine tapfere schwedische
Mannschaft erduldet. Unser
Nationalteam bewegt sich leider auf der Stelle, die Unlustgefühle mancher Kicker waren schwer zu übersehen.
Mag sein, dass die Tage von
Teamchef Karel Brückner gezählt sein werden, weil mit
dem neuen ÖFB-Präsidenten
Leo Windtner ein deklarierter
Skeptiker des slowakischen
Fachmannes an der Schaltstelle des Fußballverbandes
sitzt. Windtner wird in wenigen Tagen seine Ideen und
sein Konzept präsentieren,
wie das Nationalteam (wieder
einmal) neuen Schwung bekommen soll. Schon seit Wochen wird ja das Heimspiel
gegen Rumänien am 1. April als Schlüsselspiel für die
laufende WM-Qualifikation
in seiner Wichtigkeit hochgeredet.
Es spricht nun aber wenig bis gar nichts dafür, dass
ganz plötzlich ein FußballWunder eintreten sollte. Ich
bin nach wie vor der Ansicht,
dass ein jüngerer heimischer
Trainer auch keine schlechtere Bilanz mit dem Team gehabt hätte als Karel Brückner in seiner siebenmonatigen
Amtszeit. Es ist auch klar zu
erkennen, dass es keine große Vertrauenslinie zwischen
Spielern und dem derzeitigen
Trainerstab gibt. Natürlich
werden sich die Kicker ihren
Trainer nicht aussuchen können. Aber ein wenig Diplomatie und Fingerspitzengefühl
bei den kommenden Personalentscheidungen würde ich
dem neuen ÖFB-Präsidenten
ganz gerne unterstellen.
N
ach dem Gewinn von
fünf Medaillen sprechen
die Trainer im ÖSV von
einem enttäuschenden Ergebnis, die Ausbeute entspricht
aber ziemlich genau jener Größenordnung, die von NEUES
LAND vorhergesagt worden ist.
Merke: selbst der größte Schiverband der Welt (der ÖSV)
verfügt nur über eine begrenzte Zahl an Spitzenfahrern. Weil
heimische Trainer seit Jahrzehnten eben auch den Rennsport sehr erfolgreich in alle
Welt exportieren, darf der heimische Schisportfreund eine
österreichische Medaillenflut
nicht mehr als selbstverständlich ansehen. Und bevor man
in Versuchung kommt, eine
sportliche Krise herbeireden zu
wollen: Man sollte schon die
Kirche im Dorf lassen. Der bei
uns so beliebte und populäre
Die junge Steirerin Nicole
Schmidhofer konnte bei der
WM in Val d`Isere ihr Talent
nicht zeigen; sie war zum Zuschauen verurteilt. Foto: Lachtal
alpine Wintersport bewegt sich
weltweit gesehen nur knapp
oberhalb der Wahrnehmungsgrenze. In einer internationalen Einstufung, was Bedeutung
und Medieninteresse betrifft,
liegt der Schirennsport an 41.
Stelle! Daher bleibt die Entrüstung oder Enttäuschung, je
nachdem, eine vorwiegend lokale Erscheinung. Das SteirerTrio, das in Frankreich im Einsatz war, hat sich überwiegend
gut gehalten. Elisabeth Görgl
war die fleißigste Teilnehmerin
überhaupt und in allen fünf Bewerben am Start, eine Bronzemedaille und insgesamt vier
Top-Ten-Platzierungen lassen
keine Wünsche offen. Klaus
Kröll ist ebenfalls zwei Mal unter den besten Zehn gelandet,
von Renate Götschl durfte man
sich diesmal ja keine Spitzenränge erwarten.
Sponsoren-Geld wird knapp
Angesichts der aktuellen Wirtschaftkrise deutet jetzt schon vieles
darauf hin, dass auch der heimische Sport wird kürzer treten (müssen).
E
s trifft ohnedies immer die
Kleinen, heißt es. Sinngemäß gilt das für die Veranstalter von Sportereignissen
und vor allem für jene Funktio­
näre, die in ihrem Klub auf finanzielle Zuwendungen von
Gönnern und Sponsoren angewiesen sind. Oftmals sind es nur
kleine und kleinste Beträge, die
über den Fortbestand eines Vereines entscheiden. Wenn plötzlich ein- oder zweitausend Euro
nicht mehr zur Verfügung stehen, weil eben der örtliche Installateur oder Malerbetrieb dieses Geld nicht mehr übrig hat,
sind viele Funktionäre gezwungen, kürzer zu treten. Sehr oft
wird danach an der Basis gespart und die Jugendarbeit wird
zurück geschraubt. Der örtliche
Nachwuchs-Trainer, der ohnedies um ein Butterbrot arbeitet,
wird vielleicht noch ein paar
Euro weniger bekommen.
Noch sind es wenige Sportereignisse, die von der Finanzkrise
direkt betroffen sind. Die Steiermark-Radrundfahrt wird 2009
nicht mehr stattfinden, doch ist
dieses Rennen auch in den vergangenen Jahren nicht immer
durchgezogen worden – auch da
gab es schon Probleme mit Sponsoren. Dort, wo im Sport weltweit viele Millionen umgesetzt
werden, im Tennis, Golf und
Fußball etwa oder auch im Motorsport, wird die Wirtschafts­
krise für den Sport-Konsumenten nicht direkt sichtbar sein.
Fußball-Großklubs
Es macht für den Zuschauer keinen Unterschied, ob ein Formel
1-Rennstall etwa hundert Millio­
nen Budget hat oder nur mehr
zwei Drittel davon. Die Autos
werden nicht schlechter sein,
auch ein Rennfahrer, der künftig weniger verdient, wird nicht
langsamer unterwegs sein wollen als bisher. Sinngemäß gilt
das auch für Tennisprofis und
Golfspieler, wo die Preisgelder künftig ebenfalls spärlicher
fließen werden – unterm Strich
aber immer noch in reichlichster Höhe. Größere Einbrüche
könnte es bei den großen, milliardenschweren
Großklubs
geben. Ein FC Chelsea London, der einem russischen Oligarchen gehört, oder Manchester United, AC Milan oder Real
Madrid werden es künftig vielleicht ein wenig billiger geben.
Wo eine Sportorganisation auf
mittel- oder langfristige Verträge
pochen kann, etwa in einer Fußball-, Handball- oder BasketballLiga, dort wird man spätestens
bei einer anstehenden Verlängerung der Zusammenarbeit ein
schwieriges Terrain vorfinden.
Der Veranstalter der kommenden Handball-EM in Österreich
hat aktuell schon einige Absagen hinnehmen müssen. Wer
jetzt dabei ist, eine Großveranstaltung zu finanzieren, ist nicht
zu beneiden.
Zukunft in Donawitz
Im Fußball muss bekanntlich
DSV Leoben auf Amateurbasis weitermachen, andere Vereine werden dem obersteirischen
Beispiel folgen, glauben viele
Fachleute. Beunruhigende Meldungen kommen auch von der
Aus­tria Kärnten aus Klagenfurt. Fazit: der Sport hat früher
mit sehr viel weniger Geld existiert, und wer den eigentlichen
Sinn eines sportlichen Wettstreites versteht, wird auch die jetzige
Krise meistern können.
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