Sozialkonzept der Spielbanken Niedersachsen GmbH

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Sozialkonzept der Spielbanken Niedersachsen GmbH
Sozialkonzept
der Spielbanken Niedersachsen GmbH
Spielbetrieb und Spielerschutz –
ein Widerspruch?
Die Spielbanken Niedersachsen (SNG)
10 Standorte:
4 Standorte Klassisches Spiel
und Glücksspielautomaten
6 Automatenspielbanken
Norderney
Borkum
Bad Zwischenahn
Bad Bentheim
Osnabrück
Seevetal
Hannover
Wolfsburg
Bad Pyrmont
Bad Harzburg
Mitarbeiter/-innen:
1.1.2009: 460
30.6.2009: 360
BSE:
2007: 93 Mio. Euro
2008: 71 Mio. Euro (- 22,8 %)
I/2009: -12,4 %) zum Vorjahr
Besuche:
2007: 964.000
2008: 747.000 (-22.4 %)
Gründe für Rückgänge:
Ausweiskontrolle im Automatenspiel bei gleichzeitiger Nichtregulierung im gewerblichen Bereich,
Nichtraucherschutzregelungen, Finanz- und Wirtschaftskrise, Internetangebote.
 Ziel/ Herausforderung:
• Umsetzung der neuen gesetzlichen Auflagen zum Spielerschutz in
wirtschaftlich schwierigen Zeiten
 „Stolpersteine“:
• Inkohärenz der Gesetzgebung => Frage der Wirksamkeit und Effektivität bei
derzeitiger Gesetzeslage
• Glaubwürdigkeit vs. „Feigenblatt“ => Spielerschutz und Spielbetrieb aus einer
Hand, ein Widerspruch?
• Interne Akzeptanz generell und insbesondere angesichts drohender
Arbeitsplatzverluste
 Aufgaben:
• inhaltliche Konzeption Sozialkonzept
• organisatorische Konzeption
• Implementierung
• Akzeptanz und Motivation/ Gestaltung interner Kommunikationsprozess
Bausteine des Sozialkonzepts der SNG
a.
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g.
h.
Benennung Spielerschutzbeauftragte.
Information/Schulung/Evaluation/Feedback.
Entwicklung und Implementierung eines Melde-/Interventionssystems.
Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen und jährlicher Bericht
gegenüber der Aufsichtsbehörde.
Erweitertes Informationsmaterial zum verantwortungsvollen sowie
problematischen Spielverhalten. Bereitstellung im Internet ab März 2008,
Flyer überarbeitet ab Mai 2008.
Bereitstellung von Kontaktadressen für Hilfe- und Beratungsstellen.
Wissenschaftliche Beratung sowie Zusammenarbeit mit
Prof. Dr. G. Meyer, Universität Bremen (September 2007 bis Juni 2008).
Aufbau, Austausch und Pflege des Kontakts zu Beratungsstellen und
Vereinen/Verbänden/Einrichtungen im Bereich Spielerschutz/
Suchtberatung/ -prävention.
Benennung von Spielerschutzbeauftragten
 Unternehmensbeauftragte
=> Verantwortung für Konzeption, Implementierung, Durchführung und
Weiterentwicklung, Berichtswesen, interne und externe
Kommunikation
 Spielerschutzbeauftragte und –verantwortliche in allen 10 Standorten
Aufarbeitung von Meldungen, Gastgespräche, Dokumentation im
Rahmen des Meldesystems, Ablauforganisation vor Ort
 Auswahl der Spielerschutzbeauftragten vor Ort in Abstimmung mit
Spielbankleiter und Betriebsräten
Wichtig: Freiwilligkeit zur Übernahme der Funktion!
 Rund 30 Mitarbeiter/-innen bilden das Team „Sozialkonzept“
Konzeption, Information, Schulung,
Evaluation, Feedback …
 Konzeption
• Konzeption ab Mitte 2007
 Information
• Besondere Bedeutung der Internen Kommunikation zur Unterstützung
und Einleitung des Prozesses
- Infoveranstaltung der Spielbankleiter
- Schriftliche Information der Mitarbeiter/innen (Ankündigung 2007,
Feedback 2009)
- Kontaktaufnahme mit GBR, Ausschussbildung, regelmäßiger Austausch
- Information auf Betriebsversammlungen (2007, 2008, 2009)
- Einrichten eines eigenen Kommunikationsnetzes für „Team
Sozialkonzept“
…Konzeption, Information, Schulung,
Evaluation, Feedback …
 Schulung
• Schulung aller Mitarbeiter/innen mit Gastkontakt sowie Führungskräfte
(rund 24 Termine) im Frühjahr 2008.
Ziel: Sensibilisierung der Mitarbeiter/-innen für das Thema und für die aktive
Beteiligung im Meldesystem, gesetzliche Verpflichtung.
• Kontinuierliche Unterweisung von neuen Mitarbeiter/-innen, Wiederholung
der Basisschulung für neue Mitarbeiter 2009, geplante Wiederholung der
Basisschulung für alle Mitarbeiter/-innen 2010.
• Zusätzliche Schulungen der Spielerschutzbeauftragten in
Gesprächsführung 2008 und 2009, weitere Informationsveranstaltung zu
Prozessabläufen.
 Evaluation
• Evaluation der Schulungen durch Befragung im Vorfeld und Nachgang.
Subjektiv bewerteter Wissensstand wurde verbessert. Ergebnisse wurden
den Mitarbeiter/-innen mitgeteilt.
…Konzeption, Information, Schulung,
Evaluation, Feedback
 Feedback
• Ende 2008/Anfang 2009 Feedbackgespräche mit allen
Spielerschutzteams vor Ort.
=> Erfahrungsaustausch, Verbesserungsmöglichkeiten, Reflexion,
Teamstärkung, Motivation.
• Kein Benchmarking!
Implementierung Meldesystem …
 Konzeption bis Frühjahr 2008 (inhaltlich, organisatorisch)
 Implementierung ab Juli 2008
 Zentraler Baustein des Sozialkonzeptes
• standardisierter und abgestufter Interventionsprozess bei auffälligem
Verhalten.
• Nachvollziehbarkeit (Dokumentationspflicht, Aufhebung von
Spielsperren).
… Implementierung Meldesystem
I. Ausfüllen Meldezettel (FSo 1)
II. Auswerten Meldezettel
III., IV., V., VI.
Dokumentationsakte/Dokumentation
(FSo 1-6, ggf. FSp-Formulare sowie Sperrnachweis aus Rez.system)
Keine weitere Auffälligkeit innerhalb v. 4 Wo.
VIII.
Weitere Auffälligkeit
IX. Sofortige
Intervention
Schließen der Akte (FSo 4)
Gespräch
(FSo 4/5)
Kopie an Zentrale
5a:
Dokumentation
und
Schließen
der Akte
(FSo 4/5)
Kopie
an
Zentrale
5b:
Ausgabe von
Infomaterial
Dokumentation
(FSo 4/5)
Schließen
der Akte
Kopie an
Zentrale
5c:
5d:
Finanznachweis
14 Tage Frist
Wiedervorlage
Liegt vor
(FSo 4/5):
Empfehlung
mit Kopie der
Akte an
Zentrale
Entscheidung
Zentrale
Feedback
Liegt nicht vor:
Sperre Y
vor Ort
(FSp 19,
FSo 4/5)
Akte in Kopie
mit Sperrnachweis an
Zentrale
Empfehlung
zur Sperre Y
(FSo 4/5)
Akte mit
Empfehlung
an Zentrale
Entscheidung
Zentrale
Feedback
5e:
2. Gespräch
innerhalb von
4 Wochen
(FSo 4/5),
dann
weiter mit
5a/b/c/d/f
5f:
Selbstsperre Z
nach
Gespräch
Veranlassung
der Sperre
(FSp 11/12,
Sperrnachw.
aus Rez.syst.,
FSp 4/5)
Akte in
Kopie
an
Zentrale
Sperre Y
(FSp 19,
FSo 4/5)
Akte in
Kopie mit
Sperrnachweis an
Zentrale
Meldezettel Früherkennung: Kriterien
1. Notfall: Mord- / Selbstmorddrohung (sofortige Intervention)
2. Hinweise Dritter
3. Gast macht negative Aussagen über seine finanzielle Situation
4. Gast vernachlässigt offenkundig Menschen / Tiere
5. Gast sagt, er/sie habe die Kontrolle über sein/ihr Spielverhalten verloren
6. Gast sagt, er/sie habe wegen des Spielens persönliche oder soziale Probelme
7. Gast bittet um Geld bei anderen Gästen
8. Gast spielt wiederholt, bis er offensichtlich kein Geld mehr hat
9. Gast verlässt das Casino bei Spielschluss oder Totalverlust nur auf Druck
10. Gast versucht erfolglos, die Casinobesuche einzustellen oder zu reduzieren
11. Gast zeigt heftige emotionale Ausbrüche (aggressives oder unkontrolliertes Verhalten wie
Schreien, Weinen, Beschimpfen des Croupiers / des Casinos etc.)
12. Gast zeigt auffällige Veränderung en von Verhalten und Erscheinungsbild (Kleidung,
Körperpflege, Sozialverhalten etc.)
13. Auffällige Veränderung in der Nutzung der EC-Karte
14. Auffällige Veränderung der Spieldauer
15. Auffällige Veränderung der Besuchshäufigkeit
16. Auffällige Veränderung der Einsätze
17. Gast verkauft persönliche Gegenstände / prostituiert sich
18. andere Beobachtung:
Informationsmaterial: Flyer und Website
 Inhalt
• Informationen zum verantwortungsvollen Umgang mit Glücksspiel
• Mythen und Fakten
• Informationen zum problematischen Spielverhalten
• Selfcheck
• Informationen zur Spielsperre
• Informationen zum Sozialkonzept
• Hilfeangebote
 Wo sind Informationen zu bekommen?
• Der Flyer liegt in allen Häusern aus
• Gäste, die gesperrt werden, erhalten den Flyer
• in Häusern mit Vollerfassung erhält jeder Erstbesucher den Flyer
• Download übers Internet (durchschnittlich 200 Downloads pro Monat)
=> www.spielbanken-niedersachsen.de/spielerschutz
• Kontaktdaten der Unternehmensbeauftragten (direkte Anfragen
nehmen zu)
Informationsmaterial: Flyer und Website
 Inhalt
• Informationen zum verantwortungsvollen Umgang mit Glücksspiel
• Mythen und Fakten
• Informationen zum problematischen Spielverhalten
• Selfcheck
• Informationen zur Spielsperre
• Informationen zum Sozialkonzept
• Hilfeangebote
 Wo sind Informationen zu bekommen?
• Der Flyer liegt in allen Häusern aus
• Gäste, die gesperrt werden, erhalten den Flyer
• in Häusern mit Vollerfassung erhält jeder Erstbesucher den Flyer
• Download übers Internet (durchschnittlich 200 Downloads pro Monat)
=> www.spielbanken-niedersachsen.de/spielerschutz
• Kontaktdaten der Unternehmensbeauftragten (direkte Anfragen
nehmen zu)
Aufbau, Kontakt und Kooperation
mit Beratungsstellen

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Kontaktaufbau mit der NLS (Präventionskräfte für Glücksspielsucht).
Arbeitstreffen zum Ausloten möglicher Kooperationen.
Vier Informationsbesuche in den Spielbanken.
Fünf Besuche der Spielerschutzbeauftragten in den regional zuständigen
Beratungsstellen:
• => Kennenlernen der Personen und der Arbeitsfelder
• => Erfahrungsaustausch
Für die Spielerschutzbeauftragten waren diese Besuche sehr wertvoll für die
tägliche Arbeit. Eigene Vorbehalte konnten abgebaut werden. Das Verstehen
der Arbeitsweise in den Beratungsstellen ist wichtiger Aspekt für aktive
Vermittlung von Gästen in die Beratungsstellen.
Auslage der NLS-Flyer in den Häusern und Ausgabe der Flyer im Rahmen von
Gastgesprächen und Sperrvorgängen.
Auslage der „Glückskarten“ der NLS in den Sanitärbereichen der Spielbanken
(reger Absatz).
„Kurzer Dienstweg“ bei Sperranfragen aus den Beratungsstellen.
Jährliches Wiederholungstreffen zum Erfahrungsaustausch geplant.
Quantitative Ergebnisse
2008
SNG gesamt
bis Mai 2009
SNG gesamt
Selbstsperre "Z" ohne Intervention der Spielbank:
300
64
Selbstsperre "Z" nach Intervention der Spielbank:
12
9
Spielsperre "Y" nach Meldung Dritter:
3
6
Spielsperre "Y" auf Anordnung der Spielbank:
17
5
Anzahl Meldezettel:
53
50
eröffnete Dokumentationsakten:
52
50
geführte Gespräche:
33
28
erhaltene Finanznachweise:
1
Aufhebung Spielsperre
• Gesetzgeber sieht vor, dass eine Sperre frühestens nach einem Jahr auf
Antrag aufgehoben werden kann, sofern die Gründe, die zur Sperre
geführt haben, nicht mehr vorliegen.
• Beweislast beim Spielbankbetreiber, rechtlich schwierige Situation:
=> wer befindet aufgrund welcher Kriterien darüber, ob Spielsucht/gefährdung vorliegt?
• SNG: Schufa-Verbraucherauskunft, Einkommensnachweis sowie ärztliche
Bescheinigung, psychologischer Nachweis
• Seit 2009: Anfragen/Anträge ca. 30, Aufhebungen 15
Erkenntnisse, Bewertungen
Intern:
• Interne Akzeptanz konnte deutlich verbessert werden, ist aber in jedem
Fall ausbaufähig.
• Entlastungsfunktion für Mitarbeiter
• Permanenter Kommunikation- und Informationsfluss erforderlich.
• Kein Selbstläufer => Parole: Qualität erhalten/verbessern
• Hauptwiderstand: Spielerschutz kostet meinen Arbeitplatz. Warum „wir“,
wenn die „anderen“ nichts tun müssen?
• Aufwendiger administrativer Prozess
• Kostenintensiver Prozess
• Theoretisches Konstrukt „Meldesystem“ kann die Wirklichkeit nicht zu
100 % abbilden => permanenter Verbesserungsprozess.
• Motivation, Sensibilisierung und Kompetenzstärkung statt Druck und
Zwang als notwendiger Erfolgsfaktor
Erkenntnisse, Bewertungen
Extern:
•
•
•
•
Kooperation/Kontakt zum Hilfe-System sinnvoll
Präventionsansatz wichtig
Positive Resonanz, qualitative Verbesserung wird bereits wahrgenommen
Deutliche Zunahme der Kontaktaufnahme durch Gäste/Betroffene
Ausblick
• Bei allen Optimierungsmöglichkeiten: SNG ist auf dem Wege, aktiven
Spielerschutz als Bestandteil einer Unternehmenskultur zu etablieren.
• Dies ist ein fließender Prozess.
• Es besteht die Chance, aus einem vermeintlichen Zielkonflikt langsam ein
Leitbild zu entwickeln, in dem Spielerschutz und Spielbetrieb nicht mehr
als konträr, sondern als sich ergänzend wahrgenommen werden.
Spielbetrieb und Spielerschutz ein Widerspruch?
Vielen Dank!