als PDF - Katharina von der Leyen
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ACCESSOR R EPORT I ES Der Charme des Kleinkari erten sind darauf nicht festgelegt.“ Für die ProrsumLinie besann er sich auf die Signatur, die Firmengründer Thomas Burberry sich vor 100 Jahren schützen ließ: e inen Ritter auf einemsteigenden Pferd. Auf der Fahne des Ritters steht „Prorsum“, was auf Lateinisch „vorwärts“ bedeutet.„Manche dachtendamals, ich hätte eine unheimlich mutige Aussage mit meiner Kollektion gemacht, weil ich eben nicht 20-mal Karo verwendete“, erzählt er vergnügt. „Ehrlich gesagt, kam ich gar nicht auf die Idee, dass das ein Muss wäre. Als ich hier anfing, sah ich Burberrynicht als die ‚Karo-Marke‘. Mich interessierte die ungeheure Bandbreite, die Kleidung für Kinder,Hunde, klassische Banker, trendige Kids und Leute auf dem Land umfasst.“ Wer Burberry sagt, denkt an Karos: Von praktischen Trenchcoats, die gut zu Gummistiefeln und Corgis passen, bis zur internationalen Megaluxusmarke – ihre rasante Entwicklung verdankt die Firma Burberry vor allem dem verantwortlichen Designer Christopher Bailey. Der ist ein Meister darin, einige wenige Erkennungsmerkmale der Marke in etwas zu verwandeln, das gleichzeitig neu und vertraut erscheint. den Fotografen, nach Art von Scott Schumann Trenchcoat-Porträts zu machen. Gleichzeitig kann jeder Fotos von sich oder seinen Freunden im Burberry-Trench auf die Website hochladen, so dass ein Bilderkorpus entsteht, der persönlichen Trenchcoat-Stil aus aller Welt widerspiegelt. Bailey überwacht dies alles persönlich. Alles wird von dem Gebäude in Westminster aus kontrolliert. Hier werden die Kollektionen designt, hier werden sie in einem eigens dafür eingerichteten Studio fotografiert, hier werden auch die Auslagen aller Schaufenster weltweit entworfen. Jedes einzelne Detail wird mit Bailey abgesprochen, jede der über 50 Kollektionen im Jahr, jede Laufsteg-Show, jede Tasche, jeder Pulli, jeder Trenchcoat in Kindergröße, jedes Foto der neuesten Kampagne. Man könnte ihn für einen Kon trollfreak halten. Nein, sagt er, vielmehr mache er eben alles, was er täte, 100%ig. Dass er einen ungewöhnlichen Geschmack hatte, bemerkte Bailey zum ersten Mal, als er ungefähr zehn Jahre alt war. Aufgewachsen im ländlichen, armen Yorkshire in einfachen Verhältnissen, konnte er sich nie mit dem Geschmack seiner Eltern abfinden. „Damals wusste ich noch nicht, © C o p y r i g h t B u r b e r r y / T e st i n o Christopher Bailey kam nicht als Neuling zu Burberry. Donna Karan holte Bailey direkt vom London Royal College of Art weg, wo er Mode design studiert hatte, nach New York. Mit 25 wechselte er als Mitarbeiter des legendären Tom Ford zu Gucci in Mailand als Designer der Frauenkollektion. Je größer Gucci wurde, desto unwohler fühlte Bailey sich jedoch. Er spielte gerade mit dem Gedanken, Gucci zu verlassen, als Rose Marie Bravoihn anrief, um sich – ganz Prorsum-Linie hat immer den Hauch von London der 60er Jahre, von Michael Caine, Marianne Faithfull und Mick Jagger. Bailey wahrt stets die Identität des Hauses Burberry, setzt sie unaufdringlich modern um. „Für mich geht es bei Mode und Kleidung ausschließlich um Emotion“, sagt er. „Niemand braucht jede Saison einen neuen Mantel. Das ist seit 40 Jahren vorbei. Heutzutage muss man verführt werden. Man braucht eine emotionale Verbindung zu Kleidungsstücken. Um sich noch ein weiteres weißes Hemd zu kaufen, muss man von diesem weißen Hemd schon sehr persönlich angesprochen werden. Also muss man das weißeHemd jede Saison neu erfinden. Darum geht es bei Design: Es soll funktional sein und trotzdem berühren.“ Dafür wurde Bailey 2005 und 2009 als „Designer des Jahres“ sowie 2007 und 2008 als „Herrenmode-Designer des Jahres“ bei den BritishFashion Awards ausgezeichnet. Seit 2009 ist er Chief Creative Officer des Unter nehmens. 2008 rief er die Stiftung Burberry Foundation ins Leben, die zusammen mit verschiedenen karitativen Partnern junge Menschen mit kreativem Talent fördert. 2010 gründete er die „Burberry Acoustics“, eine Kooperation mit 1960’s Burberry Men’s Trench Coat T e x t: K at h a r i n a von de r L e y e n Nicht weit vom Parlamentsgebäude in London, gleich um die Ecke vom MI5, dem englischen Geheimdienst, liegt das Hauptquartier von Burberry: ein imposantes Gebäude mit restaurierten viktorianischen Elementen direkt an der Themse,das einen wichtigen Eindruck macht. Und wichtig war Burberry ja auch immer: so klassisch wie die Queen, so englisch wie Minzsoße, nicht wegzudenken aus den Straßen Lon dons und der Welt. 1880 erfand Thomas Burberry den Gabardine-Stoff, einen robusten, wasserdichten und atmungsaktiven Baumwollstoff, aus dem er 1910 die berühmten Trenchcoats für das britische Militär entwickelte. Sogar in der Antarktis wurden Burberry-Jacken getragen, nämlich von Robert Scott und Roald Amundsen auf ihren Expeditionen. Und dann das Karo, das berühmte „Burberry Check“. Lange Zeit war es nur das Muster des Fut36 Generation terstoffs. Für eine Weile gar das Muster des Futterstoffs sehr praktischer, aber ziemlich spießiger Handtaschen und Mäntel. Dann, in den 90er Jahren, gab es eine Art Bewusstseinsveränderung. So mancher wurde eine Zeitlang vom Karo sogar bis in den Schlaf verfolgt. Es war überall, beigerot-schwarz-weiß: auf Bikinis, Pumps, Röcken, Taschen, Hundehalsbändern und Blusen,auf Halstüchern und Regenschirmen.Nachdem 1997 die Amerikanerin Rose Marie Bravo den britischen Klassiker Burberry als Generaldirektorin übernommen hatte, mauserte sich die erlahmte Trenchcoat-Company innerhalb von drei Jahren zur internationalen Megaluxusmarke. Zusammen mit Designer Roberto Menichetti machte Bravo, vorher Direktorin des berühmten New Yorker Kaufhauses Saks Fifth Avenue, das konservative Karo zum weltweiten Trendemblem. Die Strate gie war so erfolgreich, dass Burberry im Jahr 2001 den bis dahin höchsten Gewinn seiner 150-jährigen Geschichte verzeichnen konnte. 2001 wurde der damals 30-jährige Designer Christopher Bailey bei Burberry angeheuert. Ei gentlich sollte er wohl verhindern, dass die KaroManie zum Karo-Überdruss würde, und Burberry davor bewahren, Opfer des eigenenErfolgs zu werden. Dementsprechend war in den luxuriösen Prorsum-Kollektionen kaum noch Karo zu sehen. Man findet es eher undercover, farblos auf Gürtelschnallen geprägt, auf den Innenseiten von Hosen- und Rockbund oder den Innensohlen weißer Espadrilles. So ganz kommt man aber natürlich nicht an ihm vorbei: Das Markenzei chenist der Verkaufsschlager von Burberry. „Das Karo ist Teil unseres Erbes, genau wie das LV von LouisVuitton oder das CC von Chanel“, sagt Bailey. „Alle Luxusmarken mit Geschichte und Tradition haben eine eigene S ignatur. Aber wir unver bindlich – auf einen Drink mit ihm zu treffen. Bravo war eine Institution in der Modebranche mit einem Ruf wie Donnerhall und sehr, sehr einflussreich. „Zu diesem Zeitpunkt ging es überhaupt nicht um irgendwelche Jobs oder Angebote. Ich wollte eigentlich irgendetwas k leines Eigenes machen“, sagt er und lacht. „Dumm gelaufen, ich weiß.“ Je länger er mit Bravo über Burberry sprach, desto mehr interessierte ihn die Firma. Und dann bekam er die Aufgabe, Burberry einmal generalüberholen zu lassen. Jahrzehntelang war Burberry nicht gerade für die Sinnlichkeit seiner Produkte bekannt, sondern vor allem dafür, praktisch zu sein – „funktional“ nennt man das in der Branchenfachsprache. Von Tom Ford hatte Bailey gelernt, wie man in eine „anständige“ Lederwarenfirma – Gucci – den SexFaktor einbringt und aus einer Handtasche ein Objekt erotischer Begierden macht. Bei Burberry musste eine gewisse Sexiness jedoch verhaltener, bodenständiger sein: englischer eben. Seine 1970’s Burberry Women’s Red Trench Coat britischen Musikern, die ihre Stücke in Akustik versionen exklusiv für Burberry aufnehmen. Solche Projekte, findet er, passen genau zu Burberry. „Thomas Burberrywar unglaublich modern“, sagt Bailey. „Er verstand schon sehr früh etwas von Markenbewusstsein und davon, dass ein be stimmtes Symbol einem Luxusprodukt Wieder erkennungswert verleiht.“ Tatsächlich steht auf Baileys großem dunklem Schreibtisch ein schwerer Silberrahmen mit einem alten Foto von Thomas Burberry, und zwar offenbar nicht aus PR-Gründen – das Bild ist vom Besucher weg gedreht –, sondern zu seiner persönlichen Erbauung. Als Hommage an das klassischste aller klassischen Kleidungsstücke, das „Signature Piece“ von Burberry, den Trenchcoat, entstand das Projekt „The Art of Trench“ auf der Burberry-Website. Es ist ein „lebendes Dokument über den Trenchcoat und die Menschen, die ihn tragen.“ Dafür beauftragte Burberry einige der weltführen 1930’s Burberry Double Breasted Donegal Tweed Top Coat dass man auch einfach eine andere Meinung haben kann“, sagt er. „Ich dachte, mit mir stimme etwas nicht.“ Zu Hause ermutigte ihn niemand zu einer Karriere in der Modebranche. Aber ganz offensichtlich ist er genau der Richtige für das englischste aller englischen Unternehmen, abgesehen von den Windsors. „Ich glaube, man muss Brite sein, um Britishness zu verstehen“, sagt er. Britishness. So ein Wort, bei dem Nichtengländern Tee aus gemeinen Teebeuteln mit Milch einfällt, Harrods, Queen Mum und Regenschirme mit dem gewissen Karo. Er selbst hat eine an dereAuffassung von dem Begriff. „Exzentrizität. Klassendenken. Höflichkeit. Schräger Sex. Immer nein sagen, wenn man ja meint“, sagt er. „Und ein gewisses Aufrührertum – ist doch interessant, wie viele Subkulturen England produziert hat: Punk, Mod, Ska, Rocker. In England hat man ein gewaltiges Bedürfnis, seine Individualität aus zudrücken. Diesen Widerstand dagegen, sich anzupassen, mag ich sehr.“ i Generation 37