Malte Müllerhoff
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Malte Müllerhoff
Inhaltsverzeichnis: Einführung 1 1. Teil: Videoportale und seine Akteure 1 I. Was ist ein Videoportal? 1 II. Rechtliche Einordnung des Videoportals und seiner Akteure 1 1. Videoportal 1 a)Teledienst oder Mediendienst 1 b) Ergebnis 2 2. Betreiber des Videoportals 2 a) Host-Provider oder Content-Provider 3 b) Probleme des Merkmals „eigene“ Inhalte 3 3. Nutzer des Videoportals 4 a) Teledienst oder Mediendienst 4 aa) Filmausschnitte 5 bb) Nutzer-Video 5 cc) Zwischenergebnis 6 b)“Eigene“ Inhalte des Nutzers 6 c) „Bereithalten“ 7 d) Ergebnis 7 2. Teil: Rechtliche Verantwortlichkeit bei Videoportalen 7 I. Anwendbarkeit deutschen Rechts 7 II. Haftung nach den allgemeinen Gesetzen 8 1. Grundsatz 8 2. Urheberrecht 8 a) Haftungsprivilegierung des Host-Providers 8 aa) Anwendbarkeit des TDG auf das UrhG 8 bb) Haftungsprivilegierung für die jeweiligen Ansprüche 9 b) Das Video als „Werk“ iSv. § 2 UrhG 10 c) Schutz des Urhebers 10 aa) Eingriff in ein Urheberrecht 10 bb) Fehlen des Eingriffs 11 d) Ansprüche des Urhebers 11 3. Öffentlich-rechtliche Störerhaftung 12 II a) Anwendbarkeit des TDG 12 b) Zuständigkeit 12 aa) Sachliche Zuständigkeit 12 bb) Örtliche Zuständigkeit 12 c) Gefahrentatbestand 13 d) Ordnungspflichtigkeit 13 aa) Ordnungspflichtigkeit des Content-Providers 13 bb) Ordnungspflichtigkeit des Host-Providers 13 e) Störerauswahl bei Videoportalen 14 f) Allgemeine Anforderungen an die Rechtmäßigkeit 14 3. Teil: Grundrechte 15 I. Kunstfreiheit aus Art. 5 III GG 15 1. Musik-Video 15 2. Homevideos 16 II. Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG 16 1. Berufsfreiheit des Betreibers des Videoportals 16 2. Berufsfreiheit des Nutzers des Videoportals 17 4. Teil: Neue Gerichtsbarkeit 17 I. Bundesgericht nach Art. 96 I GG 17 II. Sondergerichte nach Art. 101 II GG 18 1. Sondergerichte auf Bundes- oder Länderebene 18 2. Sachgebiet der Sondergerichte 18 3. Sachgebiet durch Gesetz 20 III. Ergebnis 20 5. Teil: Fazit 21 I. Zusammenfassung in Thesen 21 II. Ausblick: Neues Telemediengesetz 21 III Literaturverzeichnis: Arndt, Hans-Wolfgang „Elektronischer Handel nach der E- Köhler, Markus Commerce-Richtlinie“, EWS 2001, 102, 103. Brunst, Philip W. „Umsetzungsprobleme der Impressumspflicht bei Webangeboten“, MMR 2004, 8-13. Decker, Ute „Haftung für Urheberrechtverletzungen im Internet“, MMR 1999, 7-14. Determann, Lothar Kommunikationsfreiheit im Internet, Freiheitsrechte und gesetzliche Beschränkungen, 1. Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1999. Dreier, Horst Kommentar zum Grundgesetz, Band III (Art. 83-146), Mohr Siebeck, Tübingen 2000. Engel-Flechsig, Stefan „Das neue Informations- und Maennel, Frithjof A. 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Zum Abschluss wird der Versucht unternommen, neue Vorschläge dafür zu unterbreiten, wie den Rechtsproblemen im Zusammenhang mit Videoportalen begegnet werden könnte. 1. Teil: Videoportale und seine Akteure I. Was ist ein Videoportal? Das Videoportal ist vergleichbar mit einem Diskussionsforum. Dabei stellt der Betreiber des Videoportals Speicherplatz auf seinem Server bereit. Der Nutzer kann nach Anmeldung bei dem Betreiber Videos auf dessen Portal stellen. Dies erfolgt durch den Vorgang des Hochladens. Deutsche Videoportale sind beispielweise „fmarket“ 1 , „webzooms“ 2 oder „clipfish“ 3 . II. Rechtliche Einordnung des Videoportals und seiner Akteure 1. Videoportal a) Teledienst oder Mediendienst Nach der Legaldefinition des § 2 I MDStV ist ein Mediendienst ein an die Allgemeinheit gerichteter Informations- und Kommunikationsdienst in Text, Ton oder Bild. Maßgeblich ist dabei das Merkmal der Massenkommunikation. Denn der Teledienst dient hingegen nur der Individualkommunikation. Dementsprechend ist dem § 2 I TDG zu entnehmen, dass Teledienste Informations- und Kommunikationsdienst sind, die für eine individuelle Nutzung von kombinierten Daten wie Bilder und Töne bestimmt sind. Ein Videoportal lebt gerade davon, dass in regelmäßigen Abständen neue Videos auf die Webseite gestellt werden und die Videos von möglichst vielen angesehen werden. Daher spricht vieles dafür, Videoportale als Mediendienste einzustufen. Sie wenden sich schließlich auch an die Allgemeinheit. Aber allein mit dem Abgrenzungskriterium, dass sich Mediendienste an die Allgemeinheit zu wenden haben, würde man zu dem Ergebnis kommen müssen, dass alle Multimediadienste als Mediendienste zu klassifizieren sind 4 . Denn schließlich sind Multimediadienste für jeden frei abrufbar. 1 http://www.fmarket.de/ abgerufen am 07.11.2006. http://www.webzooms.net/01_Home/home.php abgerufen am 07.11.2006. 3 http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006; http://www.clipfish.de/ abgerufen am 07.11.2006. 4 Stadler unter: http://www.afs-rechtsanwaelte.de/egg.htm, abgerufen am: 07.11.06. 2 1 Stattdessen ist eine Abgrenzung mit Hilfe von § 2 IV Nr. 3 TDG möglich. Danach werden Mediendienste als solche Dienste beschrieben, bei denen die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht. Es muss also eine journalistische-redaktionelle Gestaltung vorliegen, die ähnlich wie Presse und Rundfunk eine Meinungsbildung bezweckt 5 . Als redaktionelle Gestaltung kann dabei das Sammeln und Aufbereiten von verschiedenen Informationen oder Meinungen mit Blick auf den potentiellen Empfänger verstanden werden 6 . Vorausgesetzt ist damit die Bearbeitung des Angebots 7 . Diese Bearbeitung muss gerade der Einwirkung auf die Meinungsbildung zu dienen bestimmt sein 8 . Es entsteht somit ein einheitliches Produkt 9 . Weder werden Videos gezielt gesammelt noch findet eine Aufbereitung statt. Die Videos werden vielmehr von Nutzern in das Videoportal gestellt. Ein Sammeln durch den Betreiber findet nicht statt. Auch versieht der Betreiber die Videos nicht mit Kommentaren oder Beurteilungen. Daneben fehlt es an einer Aufbereitung ebenfalls deswegen, weil nicht der Betreiber die Webseite anordnet, sondern der Computer. Der Benutzer speist sein Video ein. Die Sortierung und Platzierung der Videos an der entsprechenden Stelle auf dem Videoportal vollzieht sich jedoch in einem computergesteuerten, vollautomatischen Vorgang. Eine für die Presse und den Rundfunk typische Bearbeitung der Informationen, hier der Videos entfällt somit völlig. Es ist lediglich von einer reinen Zusammenstellung der Videos, vergleichbar einer Datenbank auszugehen 10 . Dass ein Videoportal die Meinung eines unbestimmten Nutzerkreises zu beeinflussen gerade bestimmt ist, kann nicht angenommen werden. Genauso wenig von Bedeutung ist die Tatsache, dass vom Nutzer des Videoportals kein Entgelt verlangt wird. Denn Teledienste können sowohl entgeltlich als auch unentgeltlich oder gar privat angeboten werden 11 . b) Ergebnis Ein Videoportal ist somit ein Teledienst nach § 2 I TDG. 2. Betreiber eines Videoportals 5 Stadler unter: http://www.afs-rechtsanwaelte.de/egg.htm, abgerufen am: 07.11.06. Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG Rdn. 11; OLG Düsseldorf, Az.: I-15 U 21/06, Seite 4; VG Köln CR 2006, 201, 202. 7 VG Köln CR 2006, 201, 202. 8 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 45; VG Köln CR 2006, 201, 202. 9 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG Rdn. 11; OLG Düsseldorf, Az.: I-15 U 21/06, Seite 4. 10 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 11. 11 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, Vor § 8 TDG, Rn. 21. 6 2 Zunächst bleibt festzustellen, dass der Betreiber eines Videoportals ein Diensteanbieter nach § 3 S. 1 Nr.1 TDG ist, da er ein Videoportal, einen Teledienst, den Nutzern zum Einstellen von Videos zur Verfügung stellt. Betreiber kann dabei sowohl eine Privatperson als auch eine juristische Person sein, gem. § 3 S. 1 Nr. 1 TDG. Schaut der Nutzer Videos an, wird ihm also der Teledienst Video vom Server des Betreibers auf seinen Computer übertragen, so kann von einem Abrufdienst nach § 3 S. 1 Nr. 4 TDG gesprochen werden. a) Host-Provider 12 oder Content-Provider 13 Host-Provider ist nach § 11 TDG derjenige, der fremde Inhalte speichert. Dagegen stellt der Content-Provider nach § 8 TDG eigene Inhalte zur Nutzung bereit. Entscheidend ist diese Frage für die Möglichkeit einer Haftungsprivilegierung. Ist § 11 TDG einschlägig, kann die Haftung nach den dort genannten Voraussetzungen ausgeschlossen werden. Im Falle der Anwendbarkeit des § 8 I TDG kommt eine Haftungsbeschränkung nicht in Betracht. Der Betreiber eines Videoportals stellt Speicherplatz für Videos auf seinem Server bereit. Die Videos werden ihm von Nutzern zugeleitet. Der Betreiber speist jedoch keine Videos ein. Damit ist er vergleichbar mit dem Betreiber eines Diskussionforums, der als Host-Provider gem. § 11 TDG anzusehen ist 14 . Der Betreiber eines Videoportals ist Host-Provider und damit haftungsprivilegiert nach § 11 TDG. b) Probleme des Merkmals „eigene“ Inhalte Das Merkmal „eigen“ bedeutet, dass der Content-Provider den zur Verbreitung im Internet bestimmten Inhalt selbst ausgewählt hat 15 . Zwar entscheidet der Nutzer, welches Video er in das Videoportal setzt. Der Nutzer trifft damit die eigentliche Auswahl des Inhalts. Allerdings können die Videos vom Betreiber des Videoportals überprüft werden mit der Folge, dass dieser über die Sperrung oder Löschung der Videos nach seinen Kontrollkriterien entscheidet. Der Betreiber ist somit die letzte Entscheidungsinstanz. Zum einen findet eine derartige Überprüfung nur auf Veranlassung des Nutzers statt 16 . Zum anderen genügt die Überprüfung für sich genommen 12 Übersetzung:Gast- oder Serviceanbieter. Übersetzung: Inahlteanbieter. 14 Sobola/Kohl, CR 2005, 443, 443; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 3 TDG Rdn. 10; OLG Düsseldorf, Az.: I-15 U 21/06, Seite 5. 15 Determann, S. 70. 13 3 nicht, damit der Betreiber eines Videoportals zum Anbieter eigener Inhalte wird 17 . Eine andere Möglichkeit, den Betreiber dennoch als Content-Provider anzusehen, hat die Rechtsprechung entwickelt. Mit Hilfe des Konstrukts des Sich-Zueigen-Machens ist der Betreiber nicht mehr Host-Provider, sondern Content-Provider 18 . Voraussetzung ist jedoch, dass sich der Betreiber den fremden Inhalt zueigen macht. Als Indiz dafür gilt die Bewertung oder Kommentierung des Videos. Gleichermaßen akzeptabel ist die Empfehlung, sich ein Video anzuschauen 19 . Derartiges wird aber regelmäßig vom Betreiber eines Videoportals gerade nicht unternommen. Daher hat sich der Betreiber den fremden Inhalt auch nicht zueigen gemacht. Der Betreiber eines Videoportals ist nicht ContentProvider nach § 8 I TDG, sondern Host-Provider nach § 11 TDG. 3. Nutzer eines Videoportals Die rechtliche Einordnung des Nutzers hängt von der Art seines Verhaltens im Videoportal ab. Werden lediglich Videos angeschaut, so ist der Nutzer lediglich User. Eine für das TDG und den MDStG unbedeutende Stellung. Stellt der Nutzer jedoch selbst Videos auf die Webseite, könnte er ContentProvider sein. Dazu müsste der Nutzer nach § 8 I TDG oder § 6 I MDStV eigene Informationen zur Nutzung bereithalten. a) Teledienst oder Mediendienst Ein Video besteht aus Bewegbildern, also einer sehr schnellen Abfolge von Bildern, verbunden mit akustischen Signalen. Ein Video enthält daher Daten nach § 2 I TDG. Da schon Bilder als Teledienste angesehen werden 20 , liegt die Vermutung nahe, dass Videos erst recht Teledienste sind. Allerdings ist zu bedenken, dass Videos gerade wegen der sowohl optischen als auch zusätzlich akustischen Wahrnehmbarkeit, die Meinungsbildung beeinflussen können und damit nicht Teledienste, sondern Mediendienste wären. Das entscheidende Abgrenzungskriterium ist jedoch letztlich § 2 IV Nr. 3 TDG zu entnehmen. Danach ist ein Mediendienst dann gegeben, wenn die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht. 16 http://www.heise.de/newsticker/meldung/76487 abgerufen am 07.11.2006. Sinngemäß: Determann, S. 72; LG München, CR 2006, S. 496, 497. 18 http://www.afs-rechtsanwaelte.de/egg.htm, abgerufen am: 07.11.06; KG Berlin CR 2005, 62, 63; LG Trier MMR 2002, 694, 696; LG Köln MMR 2002, 254, 255. 19 Ähnlich: Determann, S. 72. 20 AG Bielefeld, CR 2006, S. 72, 73. 17 4 Wegen der Vielfalt an Videos in dem Videoportal werden in repräsentativer Weise zwei Beispiele heraus gegriffen. aa) Filmausschnitte Häufig zu finden in Videoportalen, sind Ausschnitte aus Fernseh- oder Kinofilmen 21 . Dabei wird ein Teil des Originals kopiert oder von der Webseite gezogen, damit aus dem Gesamtkontext gerissen und ohne eine Kommentierung oder Bearbeitung durch den Nutzer ins Portal gestellt. Eine Aufbereitung wäre aber gerade mit Blick darauf erforderlich, dass nicht der ganze Film, sondern nur ein Ausschnitt davon gezeigt wird. Es fehlt an der redaktionellen Gestaltung. Mit diesem Ausschnitt ist auch nicht die Beeinflussung der öffentlichen Meinung beabsichtigt. Zumindest steht dies nicht im Vordergrund. Es ist vielmehr von einer isolierten Präsentation auszugehen und ein Beitrag zu einer öffentlichen Diskussion zu verneinen 22 . Filmausschnitte enthalten keine Gestaltung zur Meinungsbildung und sind damit keine Mediendienste, sondern Teledienste iSd. § 2 I TDG. bb) Nutzer-Video In den Videoportalen befinden sich ebenfalls Videos, die vom Nutzer erstellt wurden. Der Nutzer ist also bei diesen Videos Produzent, Regisseur und Schauspieler oder Sänger zugleich. Aufgrund dieser Tätigkeiten des Nutzers kann zwar von einem gestalterischen Element ausgegangen werden. Das Video ist auch an beliebig viele, anonyme Rezipienten, nämlich die VideoCommunity gerichtet 23 . Allerdings mangelt es an dem Erfordernis, dass die Bestimmung zur Meinungsbildung gerade im Vordergrund zu stehen hat. So ist der selbsterstellte Video-Clip mehr Ausdruck der Kreativität sowie eines Präsentationsbedürfnisses und weniger dazu geeignet, die Ansichten des Rezipienten zu steuern. Schließlich wird sich nach dem Videoabruf die Meinungsbildung nicht verändert haben. Damit ist bei solchen Videos die Meinungsbildung bestenfalls ein bloßes Beiwerk. Dies genügt für die Einstufung als Mediendienst jedoch nicht 24 . Somit sind auch selbstgenerierte Videos als Teledienst einzustufen. Diese Bewertung hat für den Moment noch Gültigkeit. In Zukunft kann jedoch erforderlich sein, vom Nutzer erstellte Videos als Mediendienst zu 21 http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006. 22 Ähnlich Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 13, 14. 23 Dieses Erfordernis wird für den Mediendienst verlangt nach: Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 12. 24 VG Köln, CR 2006, 201, 202; OVG NW, CR 2003, 361. 5 qualifizieren. Denn es ist vorstellbar, dass aufgrund der globalen Vernetzung die Videos deutscher Videoportale eine ähnliche Entwicklung nehmen wie die von amerikanischen Portalen. So wurde von amerikanischen Medien vermutet, dass die Niederlage der Republikaner bei den Kongresswahlen im November 2006 auch auf eine Mitteilung eines Nutzers im Videoportal „youtube“ zurückzuführen sei 25 . Das würde bedeuten, dass Videos neben der redaktionellen Gestaltung eben doch geeignet wären, die öffentliche Meinungsbildung zu beeinflussen. Damit würde das Video aber nicht mehr einen Teledienst, sondern einen Mediendienst darstellen. Diese Einstufung hängt aber von der Weiterentwicklung der Videoportale ab und muss zurzeit abgelehnt werden. Dieses Ergebnis ist auch mit dem Argument der Teileinheit vereinbar 26 . Wenn also das Videoportal selbst ein Teledienst ist, dann sind auch die anderen auf dem Videoportal angebotenen Dienste, die Videos, als Teledienste zu qualifizieren. Dieser Ansatz steht aber im Widerspruch zum TDG und MDStV. Ist ein Dienst aufgrund seiner Charakteristika ein Mediendienst, so kann er nicht mit dem Argument der Einheitlichkeit zu einem Teledienst gemacht werden. Die Folge wäre, dass die Bestimmung des Dienstes contra legem ist. Dies entspricht auch der h.M, die auf die Kommunikationsart und –inhalt abstellt und damit die Existenz eines Mediendienstes neben der eines Teledienstes in einem Angebot zulässt 27 . cc) Zwischenergebnis Die in Videoportalen gestellten Videos sind Teledienst nach § 2 I TDG. Eine Information iSd. § 8 I TDG liegt vor. b) „Eigene“ Inhalte des Nutzers Für das Merkmal „eigene“ Inhalte kommt es auf zivil- und urheberrechtliche Zuordnungen nicht an 28 . Folgerichtig stellen auch vom Nutzer ins Videoportal gestellte, aber von Dritten erstellte Videos, wie Filmausschnitte oder Konzertausschnitte, eigene Inhalte des Nutzers dar. Zu Problematisieren ist aber, ob der Nutzer die eigene Information verloren hat. Im Moment der Übertragung des Videos in Richtung Videoportal handelt es sich gewiss um eine eigene Information des Nutzers. Ist das Video aber erst einmal auf dem Portal eingespeist, besteht für den Nutzer keine Einflussmöglichkeit mehr. Das Video gilt aber schon dann als „eigen“, wenn 25 http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,447760,00.html abgerufen am 15.11.2006. Stadler, Rn. 51; Brunst, MMR 2004, 8, 9; Waldenberger, MMR 1998, 124, 125. 27 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis,, § 2 TDG, Rn. 38, 39; v.Heyl, ZUM 1998, 115, 118; Pichler, MMR 1998, 79, 80; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2982. 28 Spindler in: Spindlet/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 40, 41; Determann, S. 70. 26 6 es vom Nutzer auf eigene Initiative ins Portal gestellt wurde 29 . Dies ist regelmäßig der Fall. Damit ist dem Merkmal „eigen“ genüge getan 30 . c) „Bereithalten“ Als problematisch erscheint hier, dass die Videos auf dem Server des Betreibers des Videoportals, nicht jedoch auf dem Server des Nutzers gespeichert sind. Damit könnte der Nutzer, der ein Video in das Portal stellt, dieses nicht mehr bereithalten wie von § 8 I TDG gefordert. Allerdings ergibt sich aus der Natur eines Portals, dass die Inhalte zentral gespeichert werden müssen. Würde jeder Nutzer seine Videos allein in dem Speicher seines Computers haben, würde es kein Videoportal geben. Außerdem ist zu betonen, dass der Nutzer durch seine Benachrichtigung veranlassen kann, dass sein Video aus dem Portal entfernt wird. Wenn der Nutzer somit Einfluss auf die Entfernung des Videos nehmen kann, muss gleiches auch für die weitere Existenz des Videos auf dem Videoportal gelten. d) Ergebnis Nutzer, die lediglich Videos anschauen, sind User. Nutzer, die Videos in das Videoportal stellen, sind Content-Provider. Diese Qualifizierung kommt auch der neuartigen Bezeichnung für Videoportal entgegen, wonach Videoportale User-Generated-Content-Webseiten 31 (UGC) sind 32 . 2. Teil: Rechtliche Verantwortlichkeit bei Videoportalen I. Anwendbarkeit deutschen Rechts Problematisch erscheint die Anwendung deutschen Rechts insbesondere vor dem Hintergrund, dass Videos auf den Videoportalen global abrufbar sind und auch global ins Portal gestellt werden können. Nach dem in § 4 TDG verankerten „Herkunftslandprinzip“ ist deutsches Recht dann anzuwenden, wenn der Telediensteanbieter in Deutschland niedergelassen ist (§ 4 I TDG) oder in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 niedergelassener Telediensteanbieter seine Teledienste in Deutschland anbietet (§ 4 II TDG). Maßgeblich ist dabei, dass der Teledienst geschäftsmäßig erbracht oder angeboten wird. Dies erscheint bei Videoportalen fraglich, da vom Nutzer des 29 Allgemein: Determann, S. 69. Determann, S. 72. 31 Übersetzung: „Von Nutzern geschaffene Inhalte-Seiten“. 32 Jürgens, CR 2006, 188; http://www.zdnet.de/news/tkomm/0,39023151,39147594,00.htm, abgerufen 07.11.2006. 30 7 Videoportals kein Entgelt verlangt wird. Allerdings genügen Werbebanner für die Geschäftsmäßigkeit 33 . Dies ist bei Videoportalen der Fall 34 . Eine Besonderheit gilt für das eigentlich deutsche Videoportal „myvideo“ 35 . Dieses ist in Rumänien niedergelassen 36 , also außerhalb des geforderten Geltungsbereichs; damit findet hier kein deutsches Recht Anwendung. Ausnahmen zum „Herkunftslandprinzip“ ergeben sich aus § 4 III-V TDG. So gilt für das Urheberrecht (§ 4 IV Nr. 6) das Schutzlandprinzip 37 . Danach ist nicht auf den Ort der Niederlassung des Videoportals, sondern den der Rechtsverletzung abzustellen 38 . Dies bedeutet, dass das Videoportal „myvideo“ für den Fall doch nach deutschem Recht haftbar zu machen ist, dass es eine Urheberrechtsverletzung in Deutschland verursacht hat. II. Haftung nach den allgemeinen Gesetzen 1. Grundsatz Die Haftung richtet sich gem. § 8 I TDG nach den „allgemeinen Gesetzen“. Dies drückt aus, dass die §§ 8-11 TDG keine haftungsbegründenden, sondern lediglich haftungsbeschränkende Normen sind 39 . Begründet wird die Haftung dagegen durch die allgemeinen Gesetze. Die §§ 8- 11 TDG verwenden einheitlich den Begriff „verantwortlich“. In Verbindung mit der Formulierung „nach allgemeinen Gesetzen verantwortlich“ in § 8 I TDG lässt sich schlussfolgern, dass sich die rechtliche Verantwortlichkeit nach allen Rechtsgebieten richtet 40 . Ausgenommen sind die in § 2 IV aufgezählten Rechtsgebiete 41 . Damit ist neben dem Urheberrecht auch die öffentlich-rechtliche Störerhaftung gemeint. 2. Urheberrecht a) Haftungsprivilegierung des Host-Providers aa) Anwendbarkeit des TDG auf das UrhG Abweichend von früheren Ansichten 42 wird heute überwiegend vertreten, dass die Haftungsprivilegierung aus dem TDG auf das Urheberrecht Anwendung findet 43 . 33 Hoeren, MMR 1999, 192, 193; Satzger, CR 2001, 109, 112; Arndt/Köhler, EWS 2001, 102, 103; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 4 TDG, Rn. 12. 34 http://www.zdnet.de/news/tkomm/0,39023151,39147594,00.htm abgerufen am: 07.11.2006. 35 http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006. 36 http://www.myvideo.de abgerufen am 16.11.2006. 37 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 41, 44. 38 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 41. 39 Stadler, Rn. 43 40 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, Vor § 8 TDG, Rn. 13. 41 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, Vor § 8 TDG, Rn. 20. 8 Dies steht auch im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut des TDG. In § 4 IV Nr. 6 TDG wird nämlich ausdrücklich davon gesprochen, dass das UrhG vom „Herkunftslandprinzip“ ausgeschlossen ist. Eine solche Formulierung ist nur deswegen von Notwendigkeit, weil das TDG auch das UrhG umfasst 44 . bb) Haftungsprivilegierung für die jeweiligen Ansprüche Die Haftungserleichterung für den Host-Provider aus § 11 TDG gilt für den Schadensersatzanspruch. Diesbezüglich ist eine Haftung nur bei Kenntnis und bei gleichzeitigem Unterlassen der Inhaltesperrung durch den Host-Provider (vgl. § 11 S. 1) möglich. Es bleibt aber umstritten, ob sich die Kenntnis allein auf den Inhalt oder auf die Rechtswidrigkeit beziehen muss. Für den Bereich des Strafrechts ist die Kenntnis des rechtswidrigen Inhalts erforderlich 45 . Dagegen kann bei Schadensersatzansprüchen, die Kenntnis gerade der Umstände genügen, aus denen sich eine rechtswidrige Information ergibt 46 . Entscheidend ist grundsätzlich die positive Kenntnis 47 . Ein „Kennenmüssen“ scheidet aus 48 . Auf den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch hingegen ist § 11 TDG nicht anwendbar 49 . Dies kann damit begründet werden, dass ungeachtet der Haftungsprivilegierung aus § 11 TDG der § 8 II 2 TDG die Verpflichtung zur Entfernung oder Sperrung vorschreibt. Daraus folgt, dass der Begriff der „Verantwortlichkeit“ keine negatorischen Ansprüche umfasst 50 . Die Formulierung „verantwortlich“ ist jedoch gerade in § 11 TDG enthalten. Folgerichtig wird von § 11 TDG lediglich der „Schadensersatzanspruch“ genannt. Zusätzliche Probleme entstehen dann, wenn sich der Unterlassungsanspruch gegen den Host-Provider richtet. Um dem Unterlassungsbegehren nachkommen zu können, müsste der HostProvider die auf seinem Videoportal gespeicherten Videos kontrollieren. 42 OLG München CR 2001, 333; OLG Köln, CR 2002, 603; Waldenberg, MMR 1998, 124. Spindler CR 2001, 324 ff.; Decker, MMR 1999, 7 ff; Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 421; Haberstumpf, Rn. 560. 44 Ähnlich: Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 2 TDG, Rn. 6; Nickels, CR 2002, 305; Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 421. 45 Hörnle, NJW 2003, 1008, 1012; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 11 TDG, Rn. 10. 46 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 11 TDG, Rn. 10. 47 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 11 TDG, Rn. 11. 48 OLG Brandenburg MMR 2004, 330, 331; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 11 TDG, Rn. 11. 49 Jürgens, CR 2006, 188, 191; BGH, CR 2004, 763, 766; Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 422; LG Hamburg, CR 2006, 638, 639. 50 Helle, JZ 2002, 593, 599. 43 9 Eine derartige Überprüfungspflicht steht jedoch im unmittelbaren Widerspruch zum Wortlaut des § 8 II 1 TDG, wonach eine Kontrollpflicht gerade nicht besteht. Eine differenzierte Betrachtung ist daher von Nöten. Die Vorschrift des § 8 II 1 TDG muss dahingehend verstanden werden, dass keine Kontrollpflicht bei der Frage besteht, ob überhaupt ein rechtswidriger Inhalt vorhanden ist 51 . Die Überwachungspflicht als Folge des Unterlassungsanspruchs ist dagegen so gestaltet, dass eine Rechtswidrigkeitkontrolle von bereits bekannten Inhalten verlangt wird 52 . Die allgemeine Kontrollpflicht einerseits und die besondere Überwachungspflicht infolge des Unterlassungsanspruchs andererseits sind daher auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Ein Widerspruch besteht nicht 53 . b) Das Video als „Werk“ iSv. § 2 UrhG Wegen der aktuellen Brisanz werden nur die Videos nach dem UrhG bewertet, die nicht vom Content-Provider, sondern einem Dritten geschaffen wurden, aber vom Ersteren ohne Zustimmung des Dritten ins Videoportal gestellt werden. Darunter fallen Mitschnitte aus Konzerten und Fernsehfilmen. Sowohl Konzerte als auch Filme sind das visuell wahrnehmbare Produkt einer künstlerischen Betätigung eines Menschen 54 . Ebenfalls unzweifelhaft ist eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht 55 . Es liegt somit Musik bzw. ein Filmwerk nach § 2 I Nr. 2, 6 UrhG vor. Problematisch könnte lediglich sein, dass auf dem Videoportal nicht das ganze Werk, sondern nur ein Ausschnitt davon zu sehen ist. Werkteile wie hier bleiben jedoch auch dann schutzfähig, sofern sie eine hinreichende schöpferische Gestaltungskraft aufweisen 56 . Der Mitschnitt kann auch als Video-Clip bezeichnet werden mit der Folge, dass ein Filmwerk gegeben ist 57 . c) Schutz des Urhebers aa) Eingriff in ein Urheberrecht Nach § 19 a iVm. § 15 II Nr. 2 UrhG hat der Urheber das Recht, zu bestimmen, ob sein Werk öffentlich zugänglich gemacht wird. Indem der Nutzer das Video ohne Zustimmung des Urhebers ins Portal stellt, entscheidet 51 Spindler/Volkmann, WRP 2003, 1, 3; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 8 TDG, Rn. 19. 52 BGH, CR 2004, 763, 766; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 8 TDG, Rn. 19. 53 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 8 TDG, Rn. 19. 54 Zu Merkmal diesem Merkmal der geistigen Schöpfung in: Schmid/Wirth, § 2 UrhG, Rn. 3, 4. 55 Nennung dieses Erfordernisses in: Schmid/Wirth, § 2 UrhG, Rn. 4. 56 Ähnlich BGH NJW-RR 1989, 618 ff.; Schmid/Wirth, § 2 UrhG, Rn. 4. 57 Dazu, dass ein Video-Clip ein Filmwerk ist, siehe: Schmid/Wirth, § 2 UrhG, Rn. 26. 10 der Nutzer über die Zugänglichmachung des Werkes und greift damit in das dem Urheber durch § 19 a UrhG zugesprochene Recht ein. Ob daneben der Betreiber des Videoportals eine Urherbrechtsverletzung herbeiführt, hängt davon ab, ob allein das Betreiben eines Videoportals eine urheberrechtsrelevante Handlung darstellt. Weder der finanzielle Nutzen, den der Betreiber aus dem Portal zieht 58 noch die Tatsache, dass § 19 a UrhG erst durch die Erscheinung des Videos auf dem Portal verletzt wird, genügen für eine volle Haftung des Betreibers des Videoportals. Es liegt lediglich ein Fall der Mithaftung vor 59 . bb) Fehlen des Eingriffs Der Eingriff fehlt jedoch, wenn der Urheber ein Nutzungsrecht wirksam eingeräumt hat 60 . Ein solches Nutzungsrecht könnte sich bei Videoportalen aus einer mutmaßlichen oder konkludenten Einwilligung ergeben. So wurde etwa der Hitler-Parodie von Walter Moers mit dem Titel „Ich hock’ in meinem Bonker“ erst durch die Veröffentlichung auf Videoportalen zum Erfolg verholfen 61 . Somit stellen Videoportale eine geeignete Marketingplattform dar. Bezeichnend ist, dass dieser Streifen ungeachtet der Platzierung im Videoportal ebenfalls ein großer kommerzieller Erfolg wurde. Beides liegt im Interesse des Urhebers. Auch wenn dem Rechtsinhaber deswegen eine mutmaßliche Einwilligung hinsichtlich der Einspeisung des Videos ins Portal unterstellt wird, bleibt fraglich, ob durch eine Einwilligung, die mutmaßlich erfolgt ist, überhaupt ein Nutzungsrecht eingeräumt werden kann. Das Nutzungsrecht wird nach § 31 UrhG eingeräumt. Nach § 31 V 2 Alt. 1 UrhG ist auf den Vertragszweck abzustellen, der nicht ausdrücklich, jedoch konkludent hervortritt. Bei der hier aus Marketing-Interessen gefolgerten eventuell gegebenen mutmaßlichen Einwilligung ist die Konstellation allerdings so, dass nicht einmal eine Vertragsanbahnung stattgefunden hat. Es besteht sogar keinerlei Kontakt zwischen dem Nutzer und dem Urheber. Auf dieser Grundlage kann auch kein Nutzungsrecht eingeräumt werden. d) Ansprüche des Urhebers 58 Zu finanziellen Einkünften aus der Werbung: http://www.zdnet.de/news/tkomm/0,39023151,39147594,00.htm abgerufen am 07.11.2006. 59 So im Ergebnis für den Fall eines Zeitungsverlegers: Haberstumpf, Rn. 555. 60 Haberstrumpf, Rn. 534. 61 http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006. 11 Für den Urheber eines Werks, das auf einem Videoportal platziert wurde, sind Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüche von Relevanz. Sämtliche genannten Ansprüche ergeben sich aus § 97 I UrhG. Für die Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen gegen den Betreiber eines Videoportals ist jedoch ein grober Verstoß gegen die zumutbaren erforderlich 62 . Prüfungspflichten Beim Schadensersatzanspruch ist die Kenntnis des Betreibers ausschlaggebend. 3. Öffentlich-rechtliche Störerhaftung a) Anwendbarkeit des TDG auf die öffentlich-rechtliche Störerhaftung Auf die Störerhaftung, eben auch die öffentlich-rechtliche 63 , kann die Haftungsprivilegierung aus § 11 TDG nicht angewandt werden 64 . Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass sich die Haftungsprivilegien ausschließlich auf verschuldensabhängige Ansprüche beziehen. Schließlich spricht § 11 TDG von Schadensersatzansprüchen. Die Störerhaftung ist jedoch gerade verschuldensunabhängig. Zum anderen besteht nach § 8 II 2 TDG die Verpflichtung, rechtswidrige Inhalte zu entfernen mit der Betonung, dass die Nichtverantwortlichkeit nach § 11 TDG ohne Belang ist. Folglich ist das TDG auf die öffentlich-rechtliche Störerhaftung nicht anwendbar. b) Zuständigkeit aa) Sachliche Zuständigkeit Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsbehörden sind dann nicht zuständig, wenn das TDG spezifische Zuständigkeitsregelungen enthält 65 . Im TDG findet sich keine Regelung, die eine Sonderzuständigkeit für eine bestimmte Behörde Kompetenzverteilung ausspricht 66 . zwischen Hintergrund Bund und dafür Ländern 67 . ist Während die das 68 Ordnungsrecht in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt , ist das TDG dem Bund zuzuordnen 69 . Sonderzuweisung Würde schaffen, also läge der ein Bund im Eingriff TDG eine in die Gesetzgebungskompetenzen der Länder vor. Die sachliche Zuständigkeit haben mithin die allgemeinen Polizei- und Ordnungsbehörden. 62 Dieses Erfordernis gilt für die Mithaftung von Presseunternehmen: Haberstumpf, Rn. 555; LG Hamburg, CR 2006, 638, 639. 63 VG Köln, CR 2006, 201 ff.; Zimmermann, NJW 1999, 3145, 3148. 64 Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 422; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, § 8 TDG, Rn. 15, 41; Zimmermann, NJW 1999, 3145, 3146. 65 Zimmermann, NJW 1999, 3145, 3146. 66 Zimmermann, NJW 1999, 3145, 3147. 67 Determann, S. 575. 68 Determann, S. 575. 69 Helle, JZ 2002, 593, 594. 12 bb) Örtliche Zuständigkeit In Ermangelung einer ausdrücklichen Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit der Behörden bestimmt sich diese nach den polizeirechtlichen Regelungen der Länder. Dies richtet sich, wie in § 5 I SOG M-V geregelt, ausschließlich danach, wo die polizeilich zu schützenden Interessen gefährdet oder verletzt sind 70 . c) Gefahrentatbestand Mangels Spezialermächtigung im TDG 71 ist auf die polizeirechtliche Generalklausel aus §§ 13, 16 SOG M-V zurückzugreifen. Danach ist der Gefahrentatbestand erfüllt, wenn eine Störung oder konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Die öffentliche Sicherheit meint auch die Rechtsordnung 72 und damit erst recht das StGB. Als verletzte Straftatbestände kommen insbesondere das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB), die Volksverhetzung (§ 130 StGB) 73 , die Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB) und die Beleidigung (§ 185 StGB) in Betracht. d) Ordnungspflichtigkeit aa) Ordnungspflichtigkeit des Content-Providers Der Content-Provider ist Anbieter eigener Inhalte. Sind gerade diese Inhalte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, so erscheint es nur folgerichtig, den Content-Provider als Störer anzusehen. Problematisch ist aber, dass in manchen Fällen der Content-Provider die Inhalte zwar ins Portal stellt, die Inhalte als solche aber von anderen geschaffen wurden. Fraglich ist somit, ob allein das Einspeisen des Videos in das Videoportal für die Störereigenschaft genügt. Dies ist zu bejahen. Denn es wird erst derjenige zum Störer, der eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung eben gerade in der Öffentlichkeit schafft. Konkret bedeutet dies, dass Auslöser für eine ordnungsbehördliche Maßnahme das Zugänglichmachen ist. Indem der Content-Provider den Inhalt auf das Videoportal stellt, macht er diesen zugänglich für die Allgemeinheit. Das Verhalten des Content-Providers ist damit von polizeirechtlicher Relevanz. Da der Gefahrentatbestand durch das Einstellen ins Videoportal, also ein Handeln erfüllt wurde, Verhaltensstörer. 70 Zimmermann, NJW 1999, 3145, 3147. Determann, S. 575. 72 Götz, S. 43. 73 VG Köln, CR 2006, 201 ff. 71 13 ist der Content-Provider auch bb) Ordnungspflichtigkeit des Host-Providers Der Betreiber des Videoportals als Host-Provider stellt kein Video in das Portal. Damit kann er auch nicht Verhaltensstörer sein. Geht aber eine Gefahr vom Eigentum des Host-Provider aus, so kommt er als Zustandsstörer in Betracht. Der Betreiber als Host-Provider muss dafür Sorge tragen, dass von seiner Rechneranlage keine Gefahr ausgeht. Ein rechtsverletzender Inhalt befindet sich jedoch auf seinem Rechner. Außerdem besteht die Möglichkeit, auf die auf seinem Rechner gespeicherten Inhalte zuzugreifen. Der Betreiber eines Videoportals ist Zustandsstörer. e) Störerauswahl bei Videoportalen Der Content-Provider ist Verhaltensstörer und der Host-Provider ist Zustandsstörer. Festzustellen bleibt, gegen wen die polizeirechtliche Maßnahme vorrangig zu vollziehen ist. Aus dem SOG M-V ergibt sich keine Verpflichtung dahingehend, wer zu erst in Anspruch zu nehmen ist. Eine solche Verpflichtung kann auch nicht der Gesetzes-Systematik entnommen werden, indem behauptet wird, dass wegen der Erstnennung des Verhaltensstörer dieser auch zu erst zu belangen ist. Für die Maßnahmen der Polizei- und Ordnungsbehörden gilt vielmehr der Grundsatz der Effektivität. Generell ist die Maßnahme gegen den Verhaltensstörer schon deswegen effektiver, weil die Maßnahme bewirkt, dass die Gefahr zumindest nicht neugeschaffen wird. Eine Maßnahme gegen den Zustandsstörer ermöglicht hingegen dem Verhaltensstörer die beanstandete Gefahr erneut zu kreieren. Für den Bereich der Videoportale ist aber die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Content-Provider schwer zu ermitteln ist und damit der polizeirechtlichen Maßnahme nur geringe Erfolgschancen zukommen 74 . Dagegen gestaltet sich ein Eingreifen gegen den Host-Provider einfach 75 , da dieser nach § 6 I TDG zur Impressumsangabe verpflichtet ist. Somit wurde in der Praxis aus dem Grund der schweren Ermittelbarkeit des Content-Providers schon gegen einen Access-Provider vorgegangen, obwohl dieser wie der Host-Provider lediglich Zustandsstörer ist 76 . Für die Zukunft muss daher die Rechtsprechung des BverfG mehr Beachtung finden. Danach sind an einen Rückgriff auf den Zustandsstörer strenge verfassungsrechtliche Anforderungen zu stellen 77 . 74 Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 422. Schmitz/Dierking, CR 2005, 420, 422. 76 VG Köln, CR 2006, 201 ff.. 77 BVerfGE 102, 1 ff; Lepsius JZ 2001, 22. 75 14 Vorrangig ist somit der Verhaltenstörer, also der Content-Provider, zur Rechenschaft zu ziehen. f) Allgemeine Anforderungen an die Rechtmäßigkeit Bei Videoportalen bestehen für den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mit Ausnahme der Geeignetheit keine Besonderheiten. Geeignet setzt zwar keine vollständige Gefahrenabwehr voraus. Wenn der infolge der Sperrungsanordnung zu sperrende Inhalt aber ohne Schwierigkeiten auf andere Server kopiert werden kann mit der Folge, dass die fraglichen Inhalte dann über diese abfragbar sind, ist anzunehmen, dass nicht einmal ein Schritt in die richtige Richtung vorliegt. Außerdem ist es üblich, dass Inhalte nicht nur auf einem Videoportal erscheinen, sondern gleich auf mehreren Portalen platziert werden 78 . So kann sich ein auf dem deutschen Videoportal „f.market“ gesperrter Inhalt, auf der Seite von „youtube“ wieder finden 3. Teil: Grundrechte Es stellt sich die Frage, ob die Aktivitäten im Zusammenhang mit deutschen Videoportalen einen grundrechtlichen Schutz genießen. I. Kunstfreiheit aus Art. 5 III GG Zu klären ist, ob sich der Content-Provider, der ein von ihm erstelltes Video ins Portal stellt, auf die Kunstfreiheit berufen kann. Dazu müsste sein Video also als Kunst zu qualifizieren sein. Der Begriff der „Kunst“ ist nicht abschließend definiert 79 . Vielmehr bedarf es einer Zuordnung des in Frage stehenden Objekts zu dem formalen, materiellen oder offenen Kunstbegriffs 80 . Wegen der Vielzahl an unterschiedlichen Inhalten der Videos, werden zur Veranschaulichung zwei Beispiele am Maßstab der Kunst gemessen. 1. Musik-Video In einem Musik-Video singt der Content-Provider ein bereits vertontes Musikstück. Der Originalsong wird dabei im Hintergrund abgespielt. Diese Form der Darbietung kann mithin als Playback-Parodie bezeichnet werden81 . Zwar kann auch das Schaffen eines Hobbykünstlers als Kunst angesehen werden. Es muss sich dafür aber um eine von eigenen Elementen dominierte Darbietung handeln. Bei derartigen Musik-Videos stammt der Originalsong 78 So geschehen bei der Hitler-Parodie: „ich hock’ in meinem Bonker“, siehe: http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html, abgerufen am 07.11.2006. 79 Bethge in: Sachs, Art. 5, Rn. 183. 80 Bethge in: Sachs, Art. 5, Rn. 185 ff.. 81 http://www.heise.de/newsticker/meldung/76487.html abgerufen am 07.11.2006. 15 samt Melodie und Gesang von einem anderen. Der Beitrag des ContentProviders lässt sich auf ein bloßes Mitsingen reduzieren. Es ist aber zu betonen, dass neben der Musik auch eine visuell wahrnehmbare Darbietung geboten wird. Dabei ist allein die Kreativität des ContentProviders maßgeblich. Dieser entscheidet, wie er das Musikstück in Bewegungen ausdrückt. Dass dies meist zum Zwecke der Verballhornung geschieht, ist genauso unerheblich wie das fehlende Maß an Professionalität in den Bewegungsabläufen des Content-Providers. Damit handelt es sich um eine schöpferische Gestaltung. Hinzukommt, dass ein solches Musik-Video dem Kunstbereich der Musik zuzuordnen ist. Das Musik-Video ist Kunst. Der Content-Provider wäre auch Grundrechtsträger, da es auf seine Hobby-Eigenschaft nicht ankommt. 2. Homevideos Unter Homevideos im Zusammenhang mit Videoportalen werden Filmmitschnitte aus dem privaten Lebensbereich verstanden. Darunter können Aufnahmen von einer Hochzeit genauso fallen wie ein Strandurlaub82 . Es handelt sich somit um ein Abbild der im Rahmen der Privatheit ausgeübten Betätigungen. Diesen fehlt, sofern nicht die Tätigkeit eines Künstlers gezeigt wird, die freie kreative Entfaltung. Freizeitaktivitäten entspringen nicht etwa einer Schöpfungskraft, mit dem Ziel seine Erfahrungen zu verarbeiten und mit Hilfe eines Medium dem Rezipienten dies darzubieten. Homevideos sind keine Kunst. II. Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG 1. Berufsfreiheit des Betreibers des Videoportals Art. 12 I GG schützt sowohl Wahl als auch Ausübung des Berufs 83 . Dabei ist ein Beruf jede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die zur Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage dient 84 . Mit Hilfe von Werbebannern auf den Videoportalen erhalten Betreiber Einnahmen. Auch ist ihre Tätigkeit dauerhaft. Damit handelt es sich bei der Unterhaltung eines Videoportals um einen Beruf. Problematisch ist aber die Grundrechtsträgereigenschaft. Bei den meisten deutschen Videoportalen handelt es sich um inländische juristische Personen des Privatrechts. Da für die Betreiber das gleiche Maß an Schutzbedürftigkeit wie für natürliche Personen besteht, ist auf sie grundsätzlich Art. 19 III GG 82 http://www.heise.de/newsticker/meldung/76487.html abgerufen am 07.11.2006. Tettinger in: Sachs, Art. 12, Rn. 8. 84 BVerfGE 7, 377, 397; BVerwGE 22, 286, 287; Tettinger in:Sachs, Art. 12, Rn. 29. 83 16 anzuwenden mit der Folge, dass auch Betreiber von Videoportalen Grundrechtsträger sind. Eine Ausnahme ist jedoch bei dem Videoportal „myvideo“ erforderlich. Dieses ist nämlich in Rumänien niedergelassen 85 und damit nicht inländisch. Mangels EU-Beitritt von Rumänien, kann „myvideo“ auch nicht als EGAusländer angesehen werden und dadurch nach einer Ansicht in den Genuss der Grundrechts aus Art. 12 I GG gelangen 86 . 2. Berufsfreiheit des Nutzers des Videoportals Als Beruf kann lediglich das Einstellen von Videos in das Portal gelten. Wenn der Content-Provider Videos unter Rechtsverletzung, beispielweise des Urherbrechts, in das Videoportal stellt, erlangt der Streit Relevanz, ob eine Tätigkeit „erlaubt“ sein muss. Allerdings ist dieser Streit nicht zu entscheiden, da der Content-Provider kein Entgelt für die Einspeisung von Videos erhält. Ohne finanzielle Einkünfte kann eine Lebensgrundlage weder geschaffen noch erhalten werden. Das Einstellen von Videos ist kein Beruf. 4. Teil: Neue Gerichtsbarkeit Den rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit Videoportalen kann m. E. nicht nur auf legislativer Ebene begegnet werden. Sowohl der Umstand, dass mit Hilfe von Videoportalen Inhalte blitzschnell, in großen Mengen und von jedermann verbreitet werden können 87 als auch die, schon jetzt auf internationaler Ebene angedrohten Klagen 88 lassen die Forderung nach einer neuen Gerichtsbarkeit aufkommen. Dann könnten nämlich Rechtsverletzungen zügig abgegolten und Ansprüche von Rechtsverletzten rasch durchgesetzt werden. I. Bundesgericht nach Art. 96 I GG Art. 96 I GG bestimmt die Zuständigkeit des Bundes für die Errichtung eines Bundesgerichts im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Dem Bund steht dabei ein Ermessen zu 89 . Dies befreit den Bund jedoch nicht von der Notwendigkeit eines Parlamentsgesetzes 90 . Das folgt aus dem institutionellen Gesetzesvorbehalt für Sondergerichte, vgl. Art. 101 II GG. 85 http://www.myvideo.de abgerufen am 16.11.2006. Allgemein: Tettinger in: Sachs, Art. 12, Rn. 18; Jarass in: Jarass/Pieroth, Art. 12, Rn. 9. 87 So geschehen bei dem Film „Ich hock’ in meinem Bonker“ von Walter Moers, siehe: http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006. 88 Die Drohung von Urheberrechtsklagen, vgl.: http://www.morgenpost.de/content/2006/10/28/feuilleton/862429.html abgerufen am 07.11.2006. 89 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 96 GG, Rn. 4. 90 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 96 GG, Rn. 3. 86 17 Als Oberster Gerichtshof würde nach Art. 96 III GG weiterhin der Bundesgerichtshof gelten. Damit wäre anstelle einer Vielzahl an Instanzen eine Zweistufigkeit des Instanzenzuges erreicht 91 . Die daraus resultierende zwangsweise Verfahrensverkürzung würde rascher Rechtssicherheit schaffen. Gerade dies würde der Besonderheit eines Videoportals gereicht werden. Denn Neben der schnellen Verbreitung von Inhalten ist auch die Aktualität der Rechtsverletzung maßgeblich. So kann eine über ein Videoportal verbreitete Beleidigung in kurzer Zeit vielen Nutzern zugänglich gemacht werden. Gleichzeitig verliert diese Beleidigung aber mit der Zeit an Bedeutung. Dafür ist es grundsätzlich förderlich, dass dem Bundesgericht nur ein beschränkter Sachbereich zugeteilt wird. Problematisch ist aber, dass ein Bundesgericht nach Art. 96 I GG nur für den gewerblichen Rechtsschutz zuständig wäre. Damit würden dieser Bundesgerichtsbarkeit weder der Urheberrechtsschutz noch deliktische Ansprüche aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterliegen. Derartige Rechtsverletzungen sind aber gerade im Bereich der Videoportale von Bedeutung. Die Errichtung eines Bundesgerichts nach Art. 96 I GG erscheint daher ungeeignet, um bei Videoportalen auftretenden Rechtsproblemen besser Herr zu werden. Davon abgesehen gibt es schon ein Bundespatentgericht, das auf Grundlage des Art. 96 I GG entstanden ist 92 . Ob daneben ein zweites Bundesgericht mit einem ähnlichen Aufgabenbereich bestehen darf, erscheint angesichts des Wortlauts von Art. 96 I GG fraglich. Denn Art. 96 I GG spricht von der Errichtung „ein(es)“ Gerichts. Dass tatsächlich nur ein einziges Bundesgericht dieser Art bestehen darf, ist zwar zu hinterfragen. Allerdings wird gerade bei näherer Betrachtung des Bundespatentgerichts deutlich, dass dieses Gericht eben nicht über Streitsachen entscheidet, denen die Geltendmachung eines Anspruchs aus Patentverletzungen zugrunde liegt 93 . Diejenigen, die sich durch Videos auf den Portalen in ihren Rechten verletzt fühlen, bezwecken dagegen, etwaige Ansprüche geltend zu machen. Ein Bundesgericht nach Art. 96 I GG ist daher auch aus diesem Grund ungeeignet. II. Sondergerichte nach Art. 101 II GG 1. Sondergerichte auf Bundes- oder Länderebene 91 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 96 GG, Rn. 4. Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 96 GG, Rn. 4. 93 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 96 GG, Rn. 5. 92 18 Fraglich ist, ob es sich bei einem Sondergericht nach Art. 101 II GG auch um ein Bundesgericht wie das Bundespatentgericht handelt. Die Bundesgerichte sind im Grundgesetz abschließend genannt 94 . Somit sind Sondergerichte nach Art. 101 II GG nur auf Länderebene zulässig 95 . Dort gelten sie als besondere Gerichte und treten somit an die Stelle der allgemein zuständigen Gerichte 96 . 2. Sachgebiet der Sondergerichte Anders als bei Art. 96 I GG kann dem Sondergericht nach Art. 101 II GG ein Sachgebiet frei zugeordnet werden. Für den Bereich der Videoportale bietet sich als Sachmaterie die Haftung von Internet-Providern an. Davon wären sowohl der Host-Provider, also der Betreiber des Videoportals als auch der Content-Provider erfasst. Konkret könnte das Sondergericht die Zuständigkeit für Teile des Urheber- und des Zivilrechts haben. Die entscheidende Einschränkung wäre jedoch, dass aus dem Urheberrecht lediglich Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung gemäß § 97 UrhG iVm. der Verletzung von § 19 a UrhG vor dem Sondergericht geltend gemacht werden können. Aus dem Zivilrecht unterliegen die gleichen Ansprüche (Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch) der Zuständigkeit des Sondergerichts. Hierbei stützen sich die Ansprüche auf §§ 823 I, 1004 I BGB analog 97 . Für die Geltendmachung der zivilrechtlichen Ansprüche wäre einzig und allein eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, also sonstige Rechte iSd. § 823 I BGB maßgeblich. Die Notwendigkeit, dass von dem Sachgebiet der Sondergerichte zusätzlich Schadensersatzansprüche erfasst sind, besteht schon deshalb nicht, weil die Geltendmachung solcher Ansprüche in der Regel nicht dringlich ist. Von einer derartigen Dringlichkeit kann auch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Schadensersatzanspruch auf der Verletzung des Persönlichkeitsrechts beruht. Schließlich wird diese Beeinträchtigung schon mit Hilfe des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs unterbunden. Für Schadensersatzansprüche sind vielmehr die allgemein zuständigen Gerichte anzurufen. Darüber hinaus wären die Sondergerichte neben dem Hauptsacheverfahren auch für einstweilige Verfügungen zuständig. Dies entspricht dem Zweck der 94 Bundesgerichte sind: Art. 92, 93, 95, 96 I, II, IV. Dazu vgl.: BVerfGE 10, 200, 212 f.. Detterbeck in: Sachs, Art.101 GG, Rn. 24; Kunig in: v. Münch/Kunig, Art.101 GG, Rn. 42. 96 Kunig in: v. Münch/Kunig, Art. 101 GG, Rn. 41. 97 LG Hamburg, CR 2006, 638, 639. 95 19 Errichtung von Sondergerichten. Denn es soll neben einer speziellen Sachgebietsbezogenheit auch und gerade ein rascher Rechtsschutz gewährleistet werden. Wird eine Festlegung des Zuständigkeitsbereichs wie erfolgt im Vorfeld getroffen, kommt ein Verstoß gegen das Verbot von Ausnahmegerichten nach Art. 101 I 1 GG nicht in Betracht. Denn Ausnahmegerichten ist gerade gemein, dass sie für einen Einzelfall oder bestimmte Personen oder Gruppen gebildet wurden 98 . Es fehlt somit an einer abstrakten und generellen Zuständigkeitsregelung der Sondergerichte 99 . Indem nicht nur die Haftung von Akteuren der Videoportale allein, sondern die Internet Haftung allgemein vom Sachgebiet erfasst ist, wird auch nicht gegen das Verbot verstoßen, dass das Sachgebiet keinem bestimmten Personenkreis zugeordnet werden darf 100 . Eine Einschränkung der sondergerichtlichen Effektivität kann sich nicht aus dem Umstand ergeben, dass die Sondergerichte für eine Mischmaterie zuständig wären. Denn eine Überforderung der Gerichte tritt zum einen nicht ein, weil es wesentliche Überschneidungen bei dem Unterlassungs- sowie Beseitigungsanspruch aus dem UrhG und den jeweiligen Ansprüchen aus § 1004 BGB gibt. Zum anderen ist das Sachgebiet dermaßen beschränkt, nämlich auf die Verletzung von § 19 a UrhG sowie auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, dass eine Überforderung der Sondergerichte ausscheidet. 3. Sachgebiet durch Gesetz Für die Errichtung eines Sondergerichts ist der Gesetzesvorbehalt des Art. 101 II GG zu beachten. Danach bedarf es eines förmlichen Gesetzes 101 . Das Parlament kann somit alle wesentlichen Fragen entscheiden 102 . Diese umfassen den Instanzenzug genauso wie die sachliche als auch örtliche Zuständigkeit 103 . Schwierigkeiten Hinsichtlich auftreten. der örtlichen Schließlich wirken Zuständigkeit könnten Rechtsverletzungen in Videoportalen länderübergreifend. Hier könnte das TDG zum Tragen kommen. So würde für zivilrechtliche Ansprüche das Herkunftslandprinzip in modifizierter Form gelten. Es ist also das Gericht in dem Bundesland 98 BVerfGE 3, 213, 223; Wassermann in: AK-GG, Art. 101, Rn. 29. Wassermann in: AK-GG, Art. 101, Rn. 29. 100 Detterbeck in: Sachs, Art. 101 GG, Rn. 24. 101 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 101, Rn. 43; Wassermann in: AK-GG, Art. 101, Rn. 34. 102 Schulze-Fielitz in: Dreier, Art. 101, Rn. 20. 103 Meyer in: v. Münch/Kunig, Art. 101, Rn. 44; Wassermann in: AK-GG, Art. 101, Rn. 34. 99 20 zuständig, indem der Betreiber des Videoportals niedergelassen ist, auf dessen Portal die Rechtsverletzung aufgetreten ist. Maßgeblich ist somit der Ort der Niederlassung des Betreibers. Nach § 4 IV Nr. 6 TDG ist für Urheberrechtsverletzungen dagegen allein der Ort der Rechtsverletzung entscheidend. III. Ergebnis Ein Bundesgericht nach Art. 96 I GG scheidet aus. Dagegen ist ein Sondergericht nach Art. 101 II GG möglich. 5. Teil: Fazit I. Zusammenfassung in Thesen 1. Videoportale und die auf ihnen platzierten Videos sind Teledienst iSv. § 2 TDG. 2. Der Betreiber des Videoportals ist Host-Provider nach § 11 TDG. Der Nutzer, der Videos in das Portal stellt, ist Content-Provider nach § 8 I TDG. Der Nutzer, der lediglich Videos anschaut, ist User. 3. Als Haftungsgrundlage für Rechtsverletzungen sind die allgemeinen Gesetze heranzuziehen, nicht jedoch das TDG. Dieses wirkt lediglich haftungsbeschränkend für den Host-Provider, also den Betreiber des Portals. Allgemeine Gesetze sind beispielsweise das Urherberrecht. 4. Dem Betreiber des Videoportals steht das Grundrecht aus Art. 12 I GG zu. Der Nutzer, der Videos selbst erstellt, kann sich auf die Kunstfreiheit aus Art. 5 III GG berufen. 5. Zum Zwecke des besseren Interessenausgleichs der Videoportal-Akteure einerseits und der Verletzten andererseits ist der Rat auszusprechen, eine neue Gerichtsbarkeit für den Bereich der Internet-Haftung auf Grundlage von Art. 101 II GG zu schaffen. Auch mit Blick auf aktuelle Entwicklungen von Videoportalen auf internationaler Ebene scheint dies mehr als notwendig zu sein. II. Ausblick: Neues Telemediengesetz, TMG 1. Mit dem Telemediengesetz findet eine Vereinheitlichung von Tele- und Mediendiensten statt. Die in meiner Seminararbeit aufgetretenen Abgrenzungsprobleme wären damit obsolet. Sowohl Videoportale als auch die auf ihnen platzierten Videos wären Telemedien. 2. Da für das neue TMG wie für das TDG der Bund die Kompetenz hat, kann für die Besonderheit bei der Zuständigkeit im Bereich der öffentlichrechtlichen Störerhaftung auf die dazu erfolgte Behandlung in meiner Seminararbeit verwiesen werden. 21 Ende der Bearbeitung. 22