Im Gespräch Ausstellungsreihe im Studio
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Im Gespräch Ausstellungsreihe im Studio
Ausstellungsreihe im Studio Manon de Boer, ›Sylvia Kristel – Paris‹, 2003 Super-8-Film auf Blu-ray, 39 min, Standbilder Courtesy Jan Mot, Brüssel Im Gespräch Acht Untersuchungen zum subjektiven Wissen Die Jahresreihe im Studio des Heidelberger Kunstvereins widmet sich in acht Ausstellungen der Methode des Gesprächs und Interviews – dem Sprechen und Zuhören. Das Interview, abgeleitet vom französischen Wort ›entre voir‹, bedeutet ›sich kurz sehen‹. Es ist eine Technik, die im 18. Jahrhundert als journalistisches Verfahren entwickelt wurde. Das Gespräch ist eine der wichtigsten Grundlagen zahlreicher Disziplinen der Forschung und Wissensvermitt lung. Dennoch ist mit dem Medium eine Ambivalenz ver bunden, da die Bühnen für das Gespräch oftmals künstlich generierte Räume sind, die zum Teil auf fraglichen Rollen aufteilungen basieren. Die Reihe widmet sich dem fragenden Künstler. Welche Porträts entstehen, wenn ein Gespräch geführt wird? Ist es ein Porträt der Person vor oder derjenigen hinter dem Mikrofon, bzw. der Kamera? Wird das Gespräch autoritativ oder integrativ geführt? Ist der Befragte bloßer Informant oder wird er als Persönlichkeit wahrgenommen? Und was ist zu beobachten, wenn Künstler diese Methode an wenden oder sie integraler Bestandteil ihrer künstlerischen Praxis ist? Diese und andere Fragen möchten wir in der Jahresreihe untersuchen, die den Auftakt zum Themen komplex der künstlerischen Forschung bildet. Die Ausstellungsreihe ist in Zusammenarbeit mit der Kulturwissenschaftlerin Anna Till entstanden. 1 Studio 10.3. – 15.4. Eröffnung Freitag, 9.3. / 19 Uhr Zur Person Hannah Arendt / Günter Gaus, Manon de Boer Hannah Arendt, Reproduktion Buchcover, 2012 Philosophische, private und politische Fragen stehen im Mittelpunkt der ersten Studio-Ausstellung. Mittels unter schiedlicher Gesprächs- und Darstellungsstrategien werden dem Betrachter Haltungen, Lebensläufe und die Persön lichkeit der befragten Protagonistinnen – Hannah Arendt und Sylvia Kristel – näher gebracht. In der Interviewreihe ›Zur Person‹, die Günter Gaus in den 1960er Jahren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen etablierte, nimmt sich der Journalist Zeit für genaues Fragen und Nachfragen und scheut sich nicht vor längeren Passa gen, die eine inhaltliche Tiefe ermöglichen. Im Vergleich zu diesem klassischen Setting eines Interviews wendet die belgische Künstlerin Manon de Boer Techniken der Post produktion an. In der Arbeit ›Sylvia Kristel – Paris‹ lässt sie die Schauspielerin in einem Abstand von einem Jahr ein zelne Szenen ihres Lebens Revue passieren. Durch den zeitlichen Abstand der Aufnahmen wird deutlich, dass die Erinnerung an das eigene Leben immer wieder neu erzählt werden kann und dadurch unterschiedlichste Porträts gezeichnet werden. 2 Studio 19.4. — 20.5. Eröffnung Mittwoch, 18.4. / 20 Uhr Die Bühne Kaya Behkalam & Azin Feizabadi, Standbild aus ›The Negotiation ‹, 2010 Wendelien van Oldenborgh, Standbild aus der Montage von ›Supposing I love you. And you also love me ‹, 2011 Kaya Behkalam / Azin Feizabadi, Wendelien van Oldenborgh Die Ausstellung ›Die Bühne‹ thematisiert den Ort eines Gesprächs. Die ausgewählten Arbeiten vereint, dass sie sich signifikanten architektonischen Settings bedienen, um den Charakter einer Aufführung zu erzeugen. Wie in einem Bühnenstück begeben sich die Akteure vor die Kamera. Der deutsche Filmemacher Kaya Behkalam und der irani sche Künstler Azin Feizabadi wenden sich in ihrer Arbeit ›T he Negotiation‹ dem Topos der Revolution zu. Sie arbeiten mit professionellen Schauspielern, die jeweils einen Proto typ des globalisierten 21. Jahrhunderts verkörpern. Diese kämpfen um die Verwirklichung ihrer politischen Ideale, ohne dass dabei ein gemeinsames Ziel oder Feindbild artikuliert wird. Im Unterschied dazu wendet sich die niederländische Künstlerin Wendelien van Oldenborgh in ihrer Arbeit ›Supposing I love you. And you also love me‹ der Realität niederländischer und belgischer Jugendlicher zu. Die modernistische Architektur einer Sendeanstalt dient als Hintergrund. Die Aussagen der Jugendlichen führen vor Augen, dass sie innerhalb unserer Gesellschaft eine Rolle verkörpern, die sie nicht immer bereit sind anzunehmen. Kommentiert werden ihre Gespräche durch den Schweizer Philosophen und Theologen Tariq Ramadan. Donnerstag 10.5. 19 Uhr The Interviewer’s Choice: Interview Project Germany Ein Abend mit zehn ausgewählten Interviews von und mit Judith Keil, Dokumentarfilmerin Wendelien van Oldenborgh, Standbild aus der Montage von ›Supposing I love you. And you also love me ‹, 2011 Begleitend zur Ausstellung ›Die Bühne‹ im Studio wird Judith Keil das ›Interview Project Germany‹ vorstellen. Auf einem vierwöchigen Roadtrip quer durch Deutschland entstanden aus zufälligen Begegnungen mit Menschen auf der Straße 50 kurze Interview-Porträts. Die erzählten persönlichen Schicksale werden zugleich zu einer Momenta ufnahme der Republik, zeichnen sie doch – vor allem im Osten Deutsch lands – die Umbruchsituation der Wiedervereinigung nach. Judith Keil begleitete die Filmemacher Austin Lynch und Jason S. und führte die Interviews. ›Interview Project Germany‹ ist für das Internet konzi piert und gewann im vergangenen Jahr bei den Lead Awards als ›Online-Webspecial des Jahres‹ die Bronze-Medaille. Judith Keil studierte Publizistik, Theater-, Film- und Fernseh wissenschaften an der FU Berlin. Als Regisseurin und Autorin realisierte sie gemeinsam mit Antje Kruska einen Spielfilm und mehrere abendfüllende Dokumentarfilme, u. a. ›Der Glanz von Berlin‹, ausgezeichnet mit dem Grimme Preis 2003 und ›Dancing with Myself‹, ausgezeichnet mit dem Discovery Channel Filmpreis 2005.