Kfz-Wirtschaft

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Kfz-Wirtschaft
mit Detailberichten:
• Autohandel
• Kfz-Werkstätten
• Tankstellen
Juli 2016
BranchenBericht
Kfz-Wirtschaft
BANK AUSTRIA
ECONOMICS &
MARKET ANALYSIS
AUSTRIA
Branchenberichte - Rückblick
• Februar 2016: Bauzulieferer
• März 2016: Forstwirtschaft und Holzverarbeitung
• Juni 2016: Einzelhandel
Branchenberichte - Vorschau
• August 2016: Großhandel
Autor: Günter Wolf
Impressum
Herausgeber, Verleger, Medieninhaber:
UniCredit Bank Austria AG
Economics & Market Analysis Austria
Schottengasse 6-8
1010 Wien
Telefon +43 (0)50505-41952
Fax +43 (0)50505-41050
E-Mail: [email protected]
Stand: Juli 2016
Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
uwirtschaft
Kfz-Wirtschaft
Zusammenfassung
Zusammenfassung
■ Struktur: 12.000 Kfz-Händler, Werkstätten und Tankstellen, 75.000 Beschäftigte,
33,5 Mrd. € Umsatz
Mit den Änderungen der Gruppenfreistellungsverordnung 2013, dem zentralen Regelwerk
der Branche, ist die Zahl neuer Kfz-Werkstätten kräftig gestiegen; im Kfz-Handel blieb die
Struktur mehr oder weniger unverändert. (Seite 4)
Die Ertragslage der Autohändler hat sich zwischen 2011 und 2015 sukzessive verschlechtert, aufgrund rückläufiger Absatz- und Umsatzzahlen und nicht kostendeckender Aufschläge im Neuwagenverkauf. Auch im Werkstattbereich sind die Ergebnisse leicht gesunken
und liegen wie im Kfz-Handel deutlich unter jenen anderer Sektoren. (Seite 5)
■ Kfz-Handel: Absatz beschleunigt 2015 und 2016, Umsatzergebnis leidet unter Preisdruck
Wie die hohe Zahl an Tageszulassungen in der ersten Hälfte des Jahrzehnts zeigte, hat sich
die Kluft zwischen neu registrierten und tatsächlich zu Neuwagenkonditionen verkauften
Autos verbreitert. Die ertragsschmälernde Praxis für die Händler dämpfte zwar die KfzAnschaffungskosten für die Konsumenten; ihre gesamten Autokosten werden allerdings
von den stark steigenden Servicekosten angetrieben. (Seite 6)
2015 hat Österreichs Automarkt an Schwung gewonnen, mit einem Erstzulassungsplus von
1,7 %, das sich im ersten Halbjahr 2016 auf 6,3 % beschleunigte. Die Händlerumsätze sind
2015 um 3,2 %, 2016 bisher sogar um 8 % nominell gestiegen. Kurzfristig profitiert der
Autohandel v. a. von höheren Haushaltseinkommen und anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen; voraussichtlich wird sich die Fahrzeugnachfrage aber schon 2017 aufgrund der Konjunkturverlangsamung wieder abkühlen. (Seite 7f)
Neue Zulassungsrekorde werden in Österreich immer unwahrscheinlicher; dagegen sprechen einer der höchsten Motorisierungsgrade und eine der jüngsten Fahrzeugflotten Europas. Zudem wird der Individualverkehr langsam aus den Ballungsräumen gedrängt und die
Jahresfahrleistung mit privaten Pkw sinkt. Das heißt nicht, dass Autos im Alltag der Österreicher generell an Bedeutung verloren haben. Auf jeden Fall wird der Fahrzeugbestand,
nicht zuletzt aufgrund der in den nächsten Jahren noch rasch steigenden Bevölkerungszahlen, weiter wachsen. Voraussichtlich bleiben die Zuwachsraten aber unter den Ergebnissen
der letzten fünfzehn Jahre von durchschnittlich 1,1 % pro Jahr. (Seite 8f)
■ Kfz-Werkstätten: Teure Leistungen aber schwache Umsatzergebnisse
Dass die Preise für Kfz-Werkstattleistungen mit durchschnittlich 3 % seit Jahren relativ
rasch steigen, dient nicht zuletzt dazu, die fehlenden Erträge im Fahrzeughandel zu alimentieren. Allerdings verbuchen die Werkstätten seit mehr als zwei Jahren nur schwache
Umsatzergebnisse, werden aber 2016 voraussichtlich positiv abschließen. (Seite 11)
■
Tankstellen: hoher Ertragsdruck
Trotzdem die Netzbereinigung in Österreich im Wesentlichen abgeschlossen ist, bleiben
der Konkurrenz- und Ertragsdruck im Tankstellenmarkt hoch. Österreichs Tankstellenbetreiber erzielen unverändert eine der niedrigsten Bruttomargen im westeuropäischen Vergleich. Wirtschaftlich betreiben lassen sich die Stationen sehr oft nur mehr mit Tankstellenshops und zusätzlichen Gastronomie- und Serviceangeboten. (Seite 12f)
2016 wachsen die Treibstoffnachfrage und mit ihr die Tankstellenumsätze, angetrieben vor
allem von der lebhafteren Außenhandelsentwicklung. Auch der Tanktourismus wird wieder
einen Beitrag zum Absatzplus liefern. Langfristig wird der Treibstoffverbrauch aber abnehmen und damit die Standorte der Stationen und das Dienstleistungsangebot immer wichtiger werden. (Seite 14)
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Kfz-Wirtschaft
Struktur
Perspektiven
1. Struktur
Handel
Unternehmen
unselb. Beschäftigte*
2014 2004-14
Umsatz nominell**
2015 2005-15
2015 2004-15
in 1.000
Vdg.
in 1.000
Vdg.
Mrd. €
Vdg.
Groß handel
25,1
-2%
179,9
4%
148,7
36%
Kfz-Handel, Werkstätten, Tankstellen
12,0
23%
75,2
1%
33,5
28%
Einzelhandel
40,3
-3%
277,6
7%
59,2
33%
* Daten o hne geringfügig B eschäftigte; Vdg. lt. Euro stat ** ho chgerechnet auf 2015 mit den Veränderungen lt. Ko njunkturstatistik
Q.: Statistik A ustria, Hauptverband d. So zialversicherungsträger; B ank A ustria Eco no mics & M arket A nalysis A ustria
Von den 12.000 Unternehmen des Bereichs Kfz-Wirtschaft sind schwerpunktmäßig
<
3.900 Groß- und Einzelhändler mit Neu- bzw. Gebrauchtfahrzeugen (Umsatz 21,8 Mrd. €),
<
4.700 Kfz-Werkstätten (4,1 Mrd. €),
<
1.500 Kfz-Teile- und -Zubehörhändler (3,7 Mrd. €),
<
440 Motorradhändler (580 Mio. €) und
<
1.500 Tankstellen (3,3 Mrd. €).
Eine klare Zuordnung der Unternehmen zu den einzelnen Bereichen ist praktisch unmöglich, da
ein Großteil der Betriebe sowohl im Fahrzeughandel als auch im Werkstattsegment tätig ist;
entsprechend vorsichtig müssen die Ergebnisse auf Spartenebene interpretiert werden.
Zahl der Konkurrenten wuchs vor allem im markenungebundenen Gebrauchtwagenhandel
Im Kfz- und Zubehörhandel und den Werkstätten, kurz der Kfz-Wirtschaft, hat zuletzt die Reform der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) 2003, dem zentralen EU-Regelwerk für den
Autohandel, massive Strukturänderungen ausgelöst. Mit der Regeländerung wurden die exklusiven Händlerverträge in Händler-, Service- und Teileverträge getrennt, der Gebietsschutz für
Kfz-Händler aufgehoben, Mehrmarkenhändler zugelassen und die Markenservicenetzwerke geöffnet. Infolgedessen mussten die Kfz-Händler zusätzliche Investitionskosten für die Verkaufsraum- und Werkstattausstattung tragen und waren laut brancheninternen Angaben mit deutlich geringeren Bruttomargen von Seiten der Hersteller konfrontiert. In Summe hat sich die
Zahl der Händler mit einem Herstellervertrag bis 2005 um fast die Hälfte verringert, auf rund
1.900 Betriebe, und blieb danach bis 2015 praktisch unverändert (Tabelle S. 9).
Gleichzeitig ist aber die Zahl der Betriebe kräftig gestiegen, gemessen an den aktiven Mitgliedern der Fachgruppe Kfz-Handel von 2003 bis 2015 um 53 % und bei den Werkstätten um
49 %. Das lebhafte Gründungsgeschehen konzentrierte sich im Autohandel auf die markenungebundenen Betriebe, die schwerpunktmäßig im Gebrauchtwagenhandel arbeiten, während im
Neuwagengeschäft kleinere Autohändler vorwiegend von Markenhändlern mit eigenen Verkaufsstellen verdrängt worden sind.
Angespannte Ertragslage im Autohandel
Mit der Neuregelung der GVO 2013 wurde den Herstellern wieder die Möglichkeit eingeräumt,
von den Händlern eine stärkere Markentrennung im Ausstellungsraum zu verlangen, die Berechtigung für mehrere Standorte einzuschränken und Händlerverträge leichter und rascher zu
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Kfz-Wirtschaft
Struktur
Perspektiven
kündigen. Vorerst sind keine nennenswerten strukturellen Veränderungen in der Branche zu erkennen gewesen.
Mit der GVO 2013 wurden aber auch freie, „Nicht-Vertrags“-Werkstätten gestärkt, indem sie
auf technische Informationen der Hersteller zugreifen können, die bisher Vertragswerkstätten
vorbehalten waren und auch Ersatzteile anderer Hersteller verbauen dürfen. Die Zahl neuer
Kfz-Werkstätten ist 2014 und vor allem 2015 kräftig gestiegen und damit auch der Konkurrenzdruck im Servicebereich. In weiterer Folge wurde es vor allem für kleinere Markenhändler
schwieriger, die relativ geringen Verdienstmöglichkeiten im Fahrzeughandel mit Erträgen aus
dem Werkstattgeschäft zu alimentieren.
Die Ertragslage der Autohändler hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, in erster Linie
aufgrund der rückläufigen Absatz- und Umsatzzahlen begleitet von nicht kostendeckenden
Aufschlägen im Neuwagenverkauf. Eine Musterkostenrechnung der KMU Forschung Austria
zeigt, dass die Bruttogewinne im Neuwagenverkauf seit Anfang der Nullerjahre in etwa gleich
geblieben sind, im Durchschnitt bei 6,8 % der Erlöse (Verkaufserlöse minus Wareneinsatz), die
Gesamtkosten aber auf 9,6 % der Verkaufserlöse gestiegen sind und die Händler in dem Segment ein negatives Ergebnis verbuchten. In Summe ist die Umsatzrentabilität im Kfz-Handel
von durchschnittlich 1,7 % 2011 auf 1 % 2015 sukzessive gesunken. Die Ertragslage bei den
Kfz-Werkstätten, die sich bis 2013 verschlechterte, stabilisierte sich in den letzten zwei Jahren
wieder auf einem etwas höheren Niveau, liegt aber gemessen an der durchschnittlichen Umsatzrentabilität von 2,6 % ebenfalls unter den Werten anderer Sektoren (z. Vgl. im Einzelhandels-Ø 3,1 %).
Ertragsrückstand im internationalen Vergleich
Österreichs Kfz-Wirtschaft verdient nicht nur im Branchenvergleich im Inland, sondern auch im
Vergleich zur eigenen Branche in anderen Ländern wenig. Ein einfacher, aber längerfristig verfügbarer und vergleichbarer Ertragsindikator auf internationaler Ebene ist die Bruttobetriebsrate (Definition siehe Grafik), die zeigt, dass der Ertragsrückstand zum europäischen Durchschnitt
mittelfristig zwar gesunken ist, allerdings 2013 wieder zulegte. Im Kfz-Handel lag der Indikator
mit 2,7 % um 0,4 Prozentpunkte unter dem EU28-Ergebnis. Für die im EU-Vergleich nur halb
so hohe Bruttobetriebsrate der heimischen Kfz-Werkstätten von 5,3 % dürften im Wesentlichen strukturelle Unterschiede verantwortlich sein (vor allem die deutlich größeren Unternehmen; Österreichs Werkstätten verbuchten 2013 einen Umsatz von durchschnittlich 900.000 €,
eine EU-Werkstatt 280.000 €).
2014 ist der Ertragsrückstand des Kfz-Handels zum EU-Schnitt wahrscheinlich noch gestiegen,
da die Bruttobetriebsrate der Sparte in Österreich auf durchschnittlich 2,5 % gesunken ist (Daten auf EU-Ebene stehen noch nicht zur Verfügung). Hingegen erzielten die Kfz-Werkstätten
2014 erstmals einen Indikatorwert von über 10 % und erreichten damit das EU-Niveau.
Bruttobetriebsrate* im Kfz-Markt
12%
10%
Österreich
EU27
8%
6%
4%
2%
0%
Kfz-Handel
Werkstätten
Zubehörhandel
* Wertschöpfung minus Personalaufwand in Prozent vom Umsatz, 2013
Q.: Eurostat; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
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Kfz-Wirtschaft
Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
2. Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
Tageszulassungen, Flottenkäufe und sonstige Pkw-Verkaufsaktionen …
Für den Ertragsrückgang im Kfz-Handel 2014 waren der rückläufige Neuwagen- und Gebrauchtwagenabsatz verantwortlich und indirekt auch die hohe Zahl an Tageszulassungen. Der
Indikator zeigt, dass sich die Kluft zwischen neu registrierten und tatsächlich zu Neuwagenkonditionen verkauften Autos verbreitert hat. Tageszulassungen verwenden die Autohändler
grundsätzlich zur Marktanteilspflege, indem die Fahrzeuge nach dem formalen An- und Abmelden als Jungwagen mit Preisnachlässen auf dem Gebrauchtwagenmarkt im Inland angeboten beziehungsweise ins Ausland gebracht werden. Zumindest bis 2011 sorgte die Praxis zusammen mit anderen Verkaufsaktionen auch für Neuzulassungsrekorde, die aber in den Folgejahren rasch verloren gingen. Der Rekord an Tageszulassungen 2014 von 9 % der Neuzulassungen war im Wesentlichen der Nova-Novelle im März geschuldet (die im Schnitt höhere Abgabe galt nicht für Fahrzeuge, die bereits registriert waren).
Die hohe Zahl an Tages- und Kurzulassungen, in Summe wurden 2015 41 % aller neu registrierten Pkw innerhalb von 60 Tagen wieder abgemeldet, vor zehn Jahren 20 %, korrespondiert mit der Tatsache, dass bereits zwei Drittel der Neuzulassungen - mit steigender Tendenz auf Unternehmen entfallen. Verantwortlich dafür sind neben dem starken Zuwachs an Demofahrzeugen und Jungwagen bei den Händlern selbst, die großteils wieder an Private verkauft
werden, der wachsende Flottenmarkt, angetrieben von der zunehmenden Zahl an Leasing- und
Mietautos, an Car-Sharing-Angeboten und vor allem an Firmenautos. Die Unternehmen investieren über den Eigenbedarf hinaus nicht zuletzt aus steuerlichen Gründen in Dienstwagen für
die Beschäftigten, wobei die höhere Besteuerung von Firmenwagen ab 2016 das Wachstum
der Firmenflotten zumindest dämpfen wird.
… bremsen die Anschaffungskosten
Die Autokosten für österreichische Konsumenten wurden in den vergangenen Jahren in erster
Linie von den Treibstoff- und Servicekosten getrieben, während die Kosten für neue und gebrauchte Kfz trotz des anhaltenden Trends zu stärker motorisierten, vielfach teureren Fahrzeugen, kaum zulegten. Allein in den letzten vier Jahren ist der Anteil der PKW in der höchsten
ausgewiesenen Motorleistungsklasse ab 126 Kilowatt an den Neuzulassungen von knapp 10 %
auf mehr als 13 % gestiegen.
Eurotax erhebt die Werte aller neu registrierten Pkw mit ihren Listenpreisen, die in den letzten
zehn Jahren um insgesamt 13 % gestiegen sind (auf 8,8 Mrd. € 2015 bzw. auf durchschnittlich
28.500 € pro Fahrzeug). Gleichzeitig sind die Kosten für die Konsumenten für den Pkw-Kauf
um 1 % gesunken. Trotzdem das Kostensegment auch die Gebrauchtwagenpreise berücksich-
Pkw-Kosten 2000 bis 2015
2000 = 100
164
160
140
137
129
134
120
107
100
Autokosten
gesamt
davon:
Pkw-Kauf
Service,
Reparatur
Q.: Statistik Austria; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
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KraftSchmierst.
z.Vgl. VPI
gesamt
Kfz-Wirtschaft
Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
tigt, ist die Abweichung der Indikatorentwicklung ein Hinweis auf hohe Preisnachlässe im Autohandel.
Die moderate Fahrzeugpreisentwicklung ist in erster Linie das Ergebnis des starken Konkurrenz-und Preisdrucks unter den Herstellern und im Autohandel. Darüber hinaus spielen strukturelle Veränderungen beim Neuwagenkauf eine Rolle, da ein Großteil der erstmals zugelassenen
Fahrzeuge den Konsumenten bereits als verbilligte Vorführ- oder Jungwagen übergeben wird
oder geleast wird (2015 bei mehr als 40 % aller Kfz-Neuanschaffungen). Nicht zuletzt liegen
die Kfz-Anschaffungskosten bei Flottenbestellungen deutlich unter den Listenpreisen.
Pkw-Marktsättigung
370.000
340.000
12%
Anteil der Tageszulassungen in % (r. S.)
Neuzulassungen (l. S.)
10%
310.000
8%
280.000
6%
250.000
4%
220.000
2%
190.000
vor 2006 n.v.
0%
80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 14 16
Q.: Statistik Austria; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
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Pkw-Absatz beschleunigt 2015 und 2016
2015 hat der Automarkt in Österreich nach drei negativen Jahren wieder an Schwung gewonnen, mit einem Zulassungsplus bei neuen Pkw von 1,7 % auf 309.000 Fahrzeuge. Gleichzeitig
sind die Tageszulassungen deutlich gesunken. Das Tempo ist im ersten Halbjahr 2016 noch
gestiegen, die Neuzulassungen legten um 6 %, die Gebrauchtwagenummeldungen um 4 % zu.
Die Nachfrage nach Gebrauchtwagen entwickelt sich langfristig stabiler als nach Neuwagen,
auch weil Verkaufsaktionen fehlen und Gebrauchtwagen etwa zur Hälfte von privat an privat
und nicht über den Kfz-Handel verkauft werden. In den letzten zehn Jahren wechselten pro Jahr
durchschnittlich 790.000 Gebraucht-Pkw den Besitzer, mit steigender Tendenz (2015 816.000
Fahrzeuge). Allerdings wächst die Zahl der Gebrauchtwagenummeldungen, seit 2005 durchschnittlich 0,6 % im Jahr, nur wenig rascher als die Neuwagenzulassungen.
Auf EU-Ebene verläuft die Neuwagennachfrage seit Jahren dynamischer als in Österreich, mit
Zuwächsen von durchschnittlich 7 % 2014 und 2015 und knapp 10 % von Jänner bis Mai
2016. Mit Ausnahme der Benelux-Staaten und Österreich sind die Neuzulassungen in allen europäischen Ländern seit 2013 stetig gewachsen.
Branchenumsatz und Geschäftsvertrauen steigen
In welchem Ausmaß die Autohändler Rabatte gewähren, lässt sich nicht beantworten. Auf jeden Fall dämpfen nicht nur die schwache Absatzentwicklung, sondern auch die Verkaufsaktionen die Umsatzentwicklung der Branche. Von 2005 bis 2014 ist der Branchenumsatz nominell
um 0,6 % im Jahr gestiegen, preisbereinigt leicht gesunken. Erst 2015 und in den ersten vier
Monaten 2016 legte der Spartenumsatz wieder kräftiger zu (Tabelle S. 8). Der Aufschwung
sollte zumindest in den nächsten Monaten anhalten, wie die Ergebnisse der Konjunkturbefragungen zeigen, wonach die Zahl der Autohändler, die mit einer anhaltend guten Geschäftsentwicklung rechnet, im ersten Halbjahr fast kontinuierlich gestiegen ist.
Langfristig konnten die schwachen Handelsumsätze mit zusätzlichen Werkstatteinnahmen
ausgeglichen werden, eine Funktion, die der Servicebereich in den letzten vier Jahren nicht
mehr erfüllte. Noch 2015 hat sich der Werkstattumsatz nominell nur geringfügig erhöht, ist
Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
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Kfz-Wirtschaft
Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
preisbereinigt allerdings schon das vierte Jahr in Folge gesunken (was mit dem gestiegenen
Konkurrenz- und Preisdruck in der Sparte erklärt werden kann). Seit Beginn 2016 sind auch bei
den Kfz-Werkstätten wieder stärkere Umsatzzuwächse möglich, die bisher aber deutlich unter
den Handelsergebnissen geblieben sind.
Ob sich mit der positiven Absatzentwicklung die Ertragslage der Kfz-Wirtschaft verbessert,
bleibt abzuwarten. Der Rückgang der Pkw-Tageszulassungen von 21 % im ersten Halbjahr
2016 lässt auf weniger Verkaufsaktionen schließen. Dennoch sind die Unternehmen in ihren
Preiserwartungen im zweiten Quartal wieder pessimistischer geworden. Insofern ist eine Entspannung des Preisdrucks, wie der Rabatt-Index des Center for Automotive Research für den
deutschen Neuwagenmarkt ankündigt, in Österreich unwahrscheinlich (der Indikator zeigt auch
deutlich, dass Pkw in Deutschland weiterhin mit einem Preisnachlass von durchschnittlich
25 % des Listenpreises angeboten werden).
Geschäftsvertrauen
20
Salden positiver und negativer Unternehmensmeldungen
15
10
Autohandel
Einzelhandel
5
0
-5
-10
-15
-20
-25
-30
Jän 13 Mai 13 Sep 13 Jän 14 Mai 14 Sep 14 Jän 15 Mai 15 Sep 15 Jän 16 Mai 16
Q.: EU Kommission; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Absatzrekorde sind keine mehr in Sicht
2016 profitiert der Autohandel noch vom gestärkten Konsumentenvertrauen, den höheren Realeinkommen, günstigen Finanzierungsbedingungen und auch davon, dass ein Teil der Nachfragerückgänge der letzten Jahre ausgeglichen wird. Allerdings wird der Fahrzeugabsatz schon
2017 wieder schwächer zulegen, vor allem weil mit geringeren Zuwächsen der Haushaltseinkommen gerechnet werden muss, Steueränderungen die Attraktivität von Firmenwagen etwas
dämpfen und sich die Nachfrage wieder auf einem hohen Niveau eingependelt hat.
Kfz-Handel-, Werkstätten- und Tankstellenkonjunktur
Be schäf- Umsätze*
tigte
Mio. €
2015
2015
Ø05-13
2014
66.540
30.200
1,1%
-2,4%
Kfz-, Motorrad- u. Zubehörhandel
45.182
26.100
0,9%
Kfz-Werkstätten
21.358
4.100
2,1%
8.640
3.300
2,2%
Handel, Werkstätten ges.
Tankstellen
nominelle Werte
* Umsätze laut LSE 2014, hochgere chnet auf 2015
Q.: Statistik Austria, Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Seite 8
reale Werte
2015 1-4 16
Ø05-13
2014
2,7%
7,1%
-0,1%
-3,1%
-1,9%
3,2%
8,0%
-0,2%
-4,9%
0,3%
1,7%
0,7%
-1,5%
-3,7%
-6,1%
-2,0%
2015 1-4 16
2,3%
6,6%
-2,5%
2,7%
7,4%
-6,3%
-0,4%
1,3%
1,6%
7,9%
5,6%
Kfz-Wirtschaft
Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
Auf jeden Fall werden neue Zulassungsrekorde immer unwahrscheinlicher. Mit 550 Pkw pro
1.000 Einwohner ist der Motorisierungsgrad in Österreich statistisch einer der höchsten im europäischen Vergleich (Ø 500 Pkw pro 1.000 EW) und die Fahrzeugflotte mit einem Durchschnittsalter von 7,9 Jahren pro Pkw auch eine der jüngsten Europas. Wesentlich mehr Autos
pro Einwohner, aber auch deutlich ältere Fahrzeuge sind in größeren Staaten nur in Italien und
Finnland registriert (im Durchschnitt 610 bzw. 590 Pkw pro 1.000 EW); in Deutschland sind es
ebenfalls 550 Pkw pro 1.000 Einwohner mit einem Durchschnittsalter von neun Jahren.
Der Individualverkehr wird in den Ballungsräumen langsam zurückgedrängt (laut Verkehrsclub
Österreich nutzten 2000 noch 37 % der Wiener Bevölkerung das Auto für Alltagswege, aktuell
nur mehr von 28 %) und die Jahresfahrleistung mit privaten Pkw sinkt (laut Statistik Austria
von 14.100 km 2004 auf zuletzt 12.400 Kilometer).
Letztendlich dämpfen die steigende Qualität und Langlebigkeit der Fahrzeuge die Autonachfrage, noch verstärkt durch die wachsende Zahl an Fahrzeugen mit Elektro- oder Hybridantrieben,
die im Vergleich zu konventionellen Verbrennungsmotoren als deutlich wartungsärmer gelten.
Top-20 Automarken in Österreich
Pkw-Neuzulassungen
Gesamt
Marktanteile
2015 Ø 05-14 Ø 95-05
2015
Markennetz 2015
1
2
Neuzul. pro
3
Händler, 2015
2015
1-6 2016
308.555
6,3%
1,7%
-0,2%
1,0%
100%
-
2.166
3.799
142
0,3%
1,2%
17,3%
0,3
111
271
481
95-15
Händler
Werkst.
davo n: (Marktanteil Top-20 95 %):
VW
53.396
7,5%
-2,5%
Renault inkl. Dacia
23.653
14,4%
-1,8%
2,7%
0,4%
7,7%
1,1
369
365
64
Opel
21.870
5,0%
3,3%
-2,6%
-2,6%
7,1%
-5,4
48
204
456
Skoda
21.021
-2,3%
1,8%
2,7%
14,1%
6,8%
5,3
96
178
219
Hyundai
20.969
-17,1%
5,7%
8,9%
14,9%
6,8%
6,0
83
154
253
BMW inkl. Mini
19.101
23,9%
6,9%
3,0%
3,0%
6,2%
2,5
81
37
236
Ford
17.274
10,5%
-8,3%
-0,5%
-3,0%
5,6%
-3,9
56
200
308
Audi
17.131
12,1%
-6,4%
0,6%
1,8%
5,6%
0,4
73
223
235
Mercedes inkl. smart
14.718
4,9%
14,1%
1,0%
2,5%
4,8%
1,5
48
137
307
Seat
13.339
8,7%
-3,9%
6,7%
4,5%
4,3%
2,6
62
151
215
Fiat
11.816
11,5%
20,3%
-2,2%
0,8%
3,8%
-0,1
115
151
103
Peugeot
10.226
-1,9%
-1,9%
-5,2%
3,4%
3,3%
-1,0
49
171
209
Mazda
10.101
3,0%
7,6%
-3,3%
-0,9%
3,3%
-1,7
107
18
94
Kia
8.627
22,3%
1,3%
4,8%
20,4%
2,8%
2,5
64
116
135
Citroen inkl. DS
7.498
5,4%
-3,6%
-5,1%
2,9%
2,4%
-0,9
45
123
167
Nissan
7.213
-0,8%
14,5%
2,4%
-5,5%
2,3%
-0,9
98
127
74
Toyota
6.280
-18,7% -10,8%
-7,8%
2,0%
2,0%
-2,2
82
168
77
Suzuki
5.468
5,7%
21,9%
-3,6%
2,4%
1,8%
0,0
50
132
109
Mitsubishi
3.678
-13,9%
5,5%
1,9%
-9,2%
1,2%
-1,6
73
108
50
Volvo
3.602
7,8%
16,9%
-0,4%
1,5%
1,2%
0,2
43
50
84
1Veränderung in P rozentpunkten
2 B etriebe mit Händlervertrag und impo rteurseigene Niederlassungen
3 B etriebe mit Werkstättenvertrag; ein Gro ßteil der B etriebe hat so wo hl einen Händler- als auch einen Werkstättenvertrag
Q.: Statistik A ustria, A uto Service; B ank A ustria Eco no mics & M arket A nalysis A ustria
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Kfz-Wirtschaft
Autohandel: Konjunktur und Perspektiven
Elektrofahrzeugboom auf niedrigem Niveau
Trotz des steuerbegünstigten massiven Zuwachses der Neuanmeldungen erreichte der Anteil
von Elektroautos im ersten Halbjahr 2016 an allen PKW-Erstanmeldungen nur 1,3 %. Allerdings ist der Gesamtbestand in den ersten sechs Monaten um 2.000 auf rund 7.000 EFahrzeuge gewachsen. Beliebteste Modelle waren der Renault Zoe, Teslas Model S und der VW
Golf, wobei der Großteil der E-Autos noch von Unternehmen für den eigenen Einsatz oder zurVermietung angemeldet wird und nur etwa 14 % von privaten Haltern. Auch im europäischen
Vergleich avancierte Österreich 2016 zu einem Vorreiter der Elektromobilität, gemessen am
Neuzulassungsanteil (und liegt nur hinter Norwegen, wo allerdings im ersten Halbjahr 2016
17 % der Neuanameldungen Elektroautos waren).
Es steht außer Zweifel, dass trotz der vorhandenen technologischen Hürden und der noch wenig überzeugenden Kosten-Nutzen-Relation der Elektroautos die Elektromobilität weiter an Bedeutung gewinnt. Nicht zuletzt werden die Fahrzeughersteller durch zunehmend engere CO2Ziele gezwungen, ihr Angebot in diese Richtung zu erweitern. Vorerst bleibt aber offen, wann
das Segment eine „nennenswerte“ Marktdurchdringung erreicht und in welchem Ausmaß öffentliche Subventionen dafür gebraucht werden. Der Anteil von Verbrennungsmotoren als KfzAntrieb, aktuell sind das in Österreich 99,5 %, wird auf jeden Fall geringer, laut einer aktuellen
Einschätzung für Deutschland bis 2040 um etwa ein Drittel (Q.: Scope, Tankstellenmarkt
Deutschland 2015).
Verliert der Konsumartikel Auto an Stellenwert?
Gemessen an den Ausgaben der Konsumenten für den Fahrzeugkauf, verliert das Auto an Bedeutung. Der Anteil der Fahrzeuginvestitionen am Konsumbudget privater Haushalte ist seit
2000 von 5 % auf 3 % gesunken, wesentlich rascher als der Anteil aller einzelhandelsrelevanten Konsumgüter. Maßgeblich waren neben der Tatsache, dass die Anschaffungskosten relativ
wenig gestiegen sind, der hohe Zuwachs an Firmenwagen (vgl. Seite 6).
Gemessen an den Gesamtausgaben für den Individualverkehr hat das Auto bei den österreichischen Konsumenten kaum an Stellenwert verloren. Im Gegensatz zu den Anschaffungskosten
von Neu- oder Gebrauchtfahrzeugen sind die Kosten für deren Betrieb und das Service seit
2000 stark gestiegen, die Gesamtkosten in etwa im Tempo der gesamten Verbraucherpreise.
Für die Anschaffung und den Betrieb privater Verkehrsmittel verwenden Österreichs Haushalte
seit Jahren unverändert etwa 10 % ihrer Konsumbudgets (2014 5,6 Mrd. € für die Anschaffung
und 12,6 Mrd. € für den Erhalt der Fahrzeuge; zum Vergleich in etwa so viel wie für die Anschaffung von Nahrungsmittel und Getränken). Die Ergebnisse der Generali Autostudien unterstreichen die ungebrochen hohe Bedeutung des Autos im Alltag der Österreicher: fuhren 2008
noch 58 % der Autobesitzer fast täglich, waren es im Vorjahr bereits 85 %.
Der Fahrzeugbestand in Österreich wird weiter wachsen, nicht zuletzt aufgrund der in den
nächsten Jahren noch rasch steigenden Bevölkerungszahlen. Voraussichtlich werden die Zuwachsraten aber unter jenen der letzten fünfzehn Jahre bleiben, als die Zahl registrierter Pkw
in Österreich um durchschnittlich 1,1 % pro Jahr zulegte. Im Vergleich dazu ist der Bestand in
den 80er- und 90er-Jahren noch um mehr als 3 % jährlich gestiegen. Für Deutschland erwartet
Shell, dass die Motorisierung der Bevölkerung und, unter Einrechnung der sinkenden Bevölkerungs- und Erwerbstätigenzahlen, auch der Pkw-Bestand schon ab 2025 wieder sinken (Q.:
Shell Pkw-Szenarien bis 2040).
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Kfz-Wirtschaft
Werkstätten
3. Kfz-Werkstätten
(Anmerkung: die Abgrenzung der Werkstätten zum Kfz-Handel und der Kennzahlenvergleich
auf Spartenebene sind problematisch, da die meisten Händler auch eine Werkstätte betreiben
und Ersatzteile verkaufen; Tab. S. 8.)
Teure Werkstattleistungen
Wesentliche Ziele der GVO-Reform 2003 waren mehr Wettbewerb im Servicemarkt und günstigere Werkstattpreise. Mit der Öffnung des markengebundenen Servicenetzes ist zumindest
die Zahl der Vertragswerkstätten deutlich gestiegen, von 2.800 bis 3.900 Betriebe. Hingegen
blieb der Marktzutritt für freie Werkstätten schwierig, vor allem weil Serviceverträge von Mindeststandards hinsichtlich der Ausstattung und Mitarbeiterausbildung abhängig gemacht wurden. Erst die GVO 2013 hat die Position der freien „Nicht-Vertrags“-Werkstätten gestärkt, indem sie Zugang zu technische Informationen der Hersteller erhielten, die bisher Vertragswerkstätten vorbehalten waren, und Ersatzteile anderer Hersteller verbauen dürfen. Infolgedessen
sind 2014 und vor allem 2015 zahlreiche neue Kfz-Werkstätten auf den Markt gekommen.
Das Ziel günstigerer Werkstattpreise wurde verfehlt, im Gegenteil sind die Kfz-Reparaturen und
Serviceleistungen in den letzten fünfzehn Jahren in Österreich und europaweit überdurchschnittlich rasch teurer geworden (Grafik S. 6). Noch von 2013 bis 2015 sind die Preise für KfzWerkstattleistungen in Österreich um 3,1 %, im ersten Halbjahr 2016 um 3,2 % gestiegen. In
derselben Periode wurden die Leistungen im EU-Schnitt um durchschnittlich 1,7 % teurer und
die Verbraucherpreissteigerung in Österreich lag bei durchschnittlich 1,7 % 2014 und 2015
bzw. 0,8 % im ersten Halbjahr 2016.
Die relativ hohen Zuwächse der Werkstattpreise lassen sich nur zum Teil mit der zunehmenden Komplexität der Leistungen und der Einzelteile erklären; zum Teil dürften die Unternehmen damit die Ertragsschwäche im Fahrzeughandel alimentieren.
Relativ hohe Spartenerträge sind unter Druck geraten
Die Preisentwicklung stärkte die Erträge der Kfz-Werkstätten, die sich nach 2002 günstiger als
im Fahrzeughandel entwickelten: die Umsatzrendite der Sparte hat sich von durchschnittlich
0,1 % auf 2,6 % 2015 erhöht, im Fahrzeughandel von 0,3 % auf 1 % (nach dem Finanzergebnis; Q.: KMU Forschung Austria). Im Vorjahr sind die Erträge der Kfz-Werkstätten als Folge der
gestiegenen Zahl an Konkurrenten und des relativ schwachen Umsatzergebnisses der Sparte
wieder leicht unter Druck geraten.
Werkstattergebnis wächst 2016 schwach, bleibt aber im Plus
Seit 2014 entwickeln sich die Umsätze der Kfz-Werkstätten wesentlich schlechter als der Fahrzeughändler, nachdem die Sparte das Jahrzehnt davor durchwegs höhere Zuwächse verbuchen
konnte (Tabelle S. 8). Auch die kurzfristigen Aussichten im Kfz-Servicebereich haben sich erst
im Lauf von 2016 verbessert, wie die optimistischeren Geschäftserwartungen der Unternehmen im zweiten Quartal signalisierten. Bis April ist der Spartenumsatz um 1,7 % nominell gestiegen. Trotzdem die Umsatzerwartungen kleinerer Betriebe zur Jahresmitte für die nächsten
Monate wieder vorsichtiger geworden sind, kann die Sparte mit einem positiven Jahresergebnis rechnen.
Die Perspektiven der Kfz-Werkstätten sind uneindeutig im Hinblick auf das zunehmende Alter
der Fahrzeugflotte, bei gleichzeitig rückläufiger Reparaturanfälligkeit der Fahrzeuge. Gemessen
an der bemerkenswert stabilen Autonachfrage trotz der hohen Kfz-Dichte im Land, haben die
Werkstätten aber keinen stärkeren Nachfragerückschlag zu befürchten. Größere Mehrmarkenwerkstätten dürften im Wettbewerbsvorteil sein, aufgrund der zunehmenden technischen
Komplexität der Fahrzeuge und der Tatsache, dass die Unternehmen sehr oft einen größeren
finanziellen Spielraum für Kundenbindungsprogramme oder Rabattaktionen haben.
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Kfz-Wirtschaft
Tankstellen
4. Tankstellen
Den österreichischen Kraftstoffmarkt teilten sich Anfang 2016 2.641 öffentliche Tankstellen
mit 296 Abgabestellen für Diesel für die Landwirtschaft. Die Stationen gliedern sich auf in,
< 1.357 "Major"-Marken Stationen, die unter den Marken der Mitgliedsfirmen des Fachverbandes betrieben werden; Top-3: Eni (319 Stationen), BP (284), Shell (257)
< 1.284 "Sonstige" Markentankstellen; Top-3: Genol (178), Avia (99), Turmöl (89)
Netzbereinigung abgeschlossen
Die Restrukturierung des österreichischen Tankstellenmarktes ist nach 2012 im Wesentlichen
zur Ruhe gekommen, die Gesamtzahl der Stationen hat sich nur mehr wenig verändert. Innerhalb des Netzes haben die „Majors“ weitere 50 Stationen an kleinere Betreiber abgegeben,
womit sich ihr Netz in Österreich seit Mitte der 90er Jahre halbiert hat, während die Zahl sonstiger Markentankstellen um 35 % gewachsen ist. Zu den expansivsten Betreibern in dem Segment zählen die Doppler Gruppe (AWI, 2014 übernommen, die Marke Turmöl und zahlreiche
BP und Shell Tankstellen), die A1 und die Roth-Gruppe.
Für die börsennotierten Konzernunternehmen mit ihren relativ hohen Overheadkosten wurde
das Tankstellengeschäft, mit Ausnahme hoch frequentierter Standorte, zunehmend uninteressant. Hintergrund sind die niedrigen Margen von 9 bis 10 Cent brutto je Liter Treibstoff einer
„Durchschnittstankstelle“ und der verschärfte Konkurrenzkampf durch die Expansion „sonstiger“ Tankstellenmarken. In Summe betreiben kleinere Unternehmen längst mehr als die Hälfte
aller Tankstellen in Österreich unter eigenem Markennamen und zum Teil unter dem MajorLabel.
Österreichs Tankstellennetz stabilisiert sich
4.000
Diskont
Major
3.000
2.000
1.000
0
88 ... 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15
... 94
Q.: Fachverband Mineralölindustrie; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Der Ertragsdruck ist auf allen Ebenen des Tankstellenmarktes hoch geblieben, auch im Bereich
mittelständischer Betreiber, die wiederum aus Kostengründen ihre Netze zunehmend mit Automatentankstellen ohne Personal ausrüsten. Ihre Zahl hat sich in den letzten fünf Jahren
mehr als verdoppelt; Ende 2015 wurden in Österreich 666 vollautomatischer Tankstellen gezählt.
Trotzdem die Netzbereinigung in Österreich im Wesentlichen abgeschlossen ist, bleibt der
Tankstellenmarkt in Bewegung, wie zuletzt die Übernahme der Hofer Tankstellen durch die
OMV im April 2016 zeigte. Voraussichtlich werden kleinere, markenunabhängige Tankstellenbetreiber, die Treibstoff billiger anbieten, Marktanteile gewinnen und Automatentankstellen
weitere Verbreitung finden.
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Kfz-Wirtschaft
Tankstellen
Dass das heimische Tankstellennetz vor allem im Vergleich zu Deutschland und Großbritannien noch relativ dicht besetzt ist, mit 4,7 Stationen pro 10.000 Kfz, ist letztendlich die Folge der
Topografie des Landes. Am höchsten ist die Tankstellendichte im Vergleich größerer europäischer Länder in Griechenland, der Schweiz und Irland. Zumindest in der Schweiz erklärt sich die
große Zahl an Stationen, 5,9 pro 10.000 Kfz, zusätzlich neben den geografischen Verhältnissen
damit, dass mehr als die Hälfte davon Automatenstationen sind; ihr Anteil liegt in Österreich
erst bei 25 %, aber mit steigender Tendenz.
Tankstellendichte in Europa
Zahl der Tankstellen 2015*
10
pro 10.000 Kfz
8
EL
TK
6
NL
HU
4
DE
2
UK
PL
PT
SW
NO
AT
BE
ES
IE
DK
CZ
CH
FI
IT
FR
0
0
1
2
3
4
5
6
pro 10.000 Einwohner
* oder jüngste verfügbare Daten;
Q.: Eurostat, nationale Verbände; Bank Austria Economics & Market Analysis Austria
Angespannte Ertragslage
Wie hoch der Konkurrenz- und in weiterer Folge der Ertragsdruck im österreichischen Tankstellenmarkt ist, zeigen die geringen Bruttomargen. 2015 war der Preisaufschlag, den die Stationsbetreiber erzielten, mit durchschnittlich 9,8 Cent pro Liter Diesel und 9,3 Cent pro Liter Eurosuper ein weiteres Mal einer den niedrigsten unter 16 westeuropäischen Märkten. Im Wesentlichen soll die Bruttomarge die Transport-, Investitions- und Betriebskosten und die Pächterprovisionen abdecken. Damit bleibt den Unternehmen ein Gewinn von etwa 5 Cent pro Liter
Treibstoff, den Pächtern weniger als 2 ct/L (Q.: Fachverband Energiehandel Österreich). Nur geringfügig höher als in Österreich sind die Margen in Deutschland, am niedrigsten in Frankreich
und Großbritannien. Die drei Märkte kennzeichnen auch die geringste Tankstellendichte Europas. Hingegen erzielt eine Durchschnittstankstelle in Norwegen und der Schweiz einen Preisaufschlag im Bereich von 24 ct/L bis 28 ct/L.
Der deutsche Tankstellenmarkt verfügt über eines der effizientesten Stationsnetze Europas,
das in sehr hohem Ausmaß auf ergänzende Geschäftsfelder ausgerichtet worden ist. Während
in Europa durchschnittlich nur von rund der Hälfte der Tankstellen ein Shop betrieben wird,
sind es im deutschen Netz weit mehr als 90 % (Q.: Scope, Tankstellenmarkt Deutschland
2015). In Österreich stehen nur Daten für die Major-Unternehmen zur Verfügung, wonach 83 %
der Stationen mit einem Shop ausgerüstet sind. Überdurchschnittlich hohe Erträge aus dem
Tankstellenbetrieb bleiben den Autobahn- und Schnellstraßenstationen vorbehalten (in Österreich 86 Stationen).
Auf jeden Fall ist die Bewertung der Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit von Tankstellen
über den Treibstoffabsatz allein kaum möglich. Mit den Tankstellenshops ist längst ein eigenes Einzelhandelssegment entstanden, deren umsatzstärkste Produktkategorie allerdings noch
immer Tabakwaren sind (die in Deutschland mehr als 60 % zum Shopumsatz beitragen; Q.:
Scope). Darüber hinaus gewinnen Gastronomiekonzepte und zusätzliche Serviceleistungen an
Gewicht.
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Kfz-Wirtschaft
Tankstellen
Treibstoffverbrauch wächst 2015 und 2016
2015 konnte der Rückgang des Treibstoffabsatzes in Österreich aus 2014 wieder ausgeglichen
werden, wobei der reale Tankstellenumsatz mit 7,8 % sogar überdurchschnittlich stark zulegte.
Wesentliche Nachfrageimpulse lieferten die konjunkturbedingt wachsende Güterverkehrsleistung ebenso wie die niedrigeren Treibstoffkosten (die für den relativ preissensiblen privaten
Pkw-Verkehr vermutlich eine stärkere Rolle als für die Transportwirtschaft spielen). Der Treibstoffverbrauch und mit ihm die Tankstellenumsätze steigen auch 2016, angetrieben vom beschleunigten Wirtschaftswachstum, vor allem der lebhafteren Außenhandelsentwicklung. Die
Lkw-Fahrleistung in Österreich hat bis Mai um durchschnittlich 5 %, die Mineralölsteuereinnahmen um knapp 4 % zugenommen.
Voraussichtlich liefert 2016 auch der Tanktourismus wieder einen Beitrag zum Absatzplus der
Branche, der vor allem den Stationen in Grenznähe zu Italien und Deutschland zugutekommt.
Hintergrund der gesteigerten ausländischen Nachfrage nach Treibstoffen aus Österreich ist die
Tatsache, dass beispielsweise ein Liter Diesel aktuell in Italien um 25 % und in Deutschland
noch um 6 % mehr kostet als in Österreich. Der Preisvorteil, der in den letzten vier Jahren gegenüber Deutschland im Wesentlichen gleich blieb, gegenüber Italien aber kontinuierlich gestiegen ist, ergibt sich in erster Linie aus den niedrigeren Verbrauchssteuern. Zudem liegen die
Bruttospannen der heimischen Tankstellen unter den Vergleichswerten in Italien und Deutschland. In Summe wird der Anteil der Tanktouristen auf 25 % bis 30 % vom gesamten Treibstoffabsatz in Österreich geschätzt (Q.: Umweltbundesamt).
Treibstoffverbrauch*
20 15
Mio. L
Ø 96-13
2014
2015 1-3 16
25
-18,4%
-9,7%
-9,9% -10,6%
Super
2.133
0,7%
-2,4%
1,1%
1,6%
Diesel **
7.720
4,5%
-1,5%
2,1%
1,9%
Insgesamt
9.878
2,4%
-1,7%
1,9%
1,8%
Normalbenzin
* M enge, die dem Verbrauch im Inland zugeführt wurde
** Dieselabsatz nur zu 57 % über Tankstellen
Stand: Juli 2016
Q.: FV M ineralölindust rie; Bank Aust ria Economics& M arket Analysis Aust ria
Und in Zukunft?
In den nächsten zwei Jahrzehnten sind weder vom Gütertransport noch vom privaten PkwVerkehr stärkere Zuwächse zu erwarten. Auf längere Sicht wird der Treibstoffabsatz nur mehr
wenig steigen, da der Kfz-Bestand in vielen westlichen Industrieländern schon nahe am
Höchstwert ist, die Fahrleistung langsam abnimmt, während die Fahrzeugflotte effizienter wird
und alternative Antriebe an Bedeutung gewinnen (vgl. Seite 9). BP erwartet, dass der Energieverbrauch des Transportsektors in Europa, der in den letzten zwanzig Jahren um 0,9 % jährlich
zulegte, in den nächsten zwei Jahrzehnten nur mehr um 0,1 % wächst. In der aktuellsten Energieprognose der EU aus 2013 wird für den österreichischen Transportsektor nach 2020 sogar
mit einem kontinuierlichen Rückgang des Energieverbrauchs gerechnet.
Eine pauschale Beurteilung der Tankstellenbranche ist aufgrund der spezifischen Risiken und
Chancen nicht möglich. An stark frequentierten Standorten mit einem vielseitigen Handelsund Dienstleistungsangebot ausgestattet, können sich die Tankstellen immer besser den Ölpreisentwicklungen, dem zunehmend schwächeren Treibstoffverbrauch und dem wachsenden
Wettbewerbsdruck entziehen. Letztendlich wird sich der Markt weiter gegenläufig entwickeln,
insofern, als die Einkaufsmöglichkeiten bei den Tankstellen an Bedeutung gewinnen und
gleichzeitig die Zahl der reinen Automatentankstellen wächst.
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