Rommel-Segeln an der Bol d`Or: 511 Boote, 5 – 7 Beaufort
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Rommel-Segeln an der Bol d`Or: 511 Boote, 5 – 7 Beaufort
Rommel-Segeln an der Bol d’Or: 511 Boote, 5 – 7 Beaufort mit Sonnenschein, Masten gebrochen, aber auch der ein oder andere Rekord Mit der Rommel 33 SUI 2031 (QUATTRO) von Raphael Vogel segelten wir als gemischtes schweizerisches-deutsches Team vom YCRo: Raphael Vogel, Markus Olbrecht, Roland Ledergerber und vom YLB: Matthias Auer und Christoph Hard bei der legendären Bol d’Or. Bild: Die Flotte der 511 Starter bei der Bol d’Or © Loris von Siebenthal Bei der 76. Bol d’Or Mirabeaud Regatta über 66 Meilen auf dem Genfer See gingen 511 Schiffe an die Startlinie und wurden von einer starken Bise erwischt, dem typischen trockenen, kalten (25 Grad Celisius!!) Nordostwind, der am Genfer See relativ selten unter 6 bis 7 Beaufort bläst. Auch so in diesem Jahr, so dass von der 511 gestarteten Booten 98 Schiffe aufgrund von Mastbruch, Ruderbruch oder ähnlichem aufgeben mussten, 3 Schiffe wurden disqualifiziert, so dass 410 Schiffe die Ziellinie überquerten. Die Bol d’Or Mirabeaud zählt zu den wichtigsten Langstreckenregatten auf Europas Binnenseen, insbesondere wenn es um geschwindigkeitsorientiertes Segeln geht. Der Genfer See ist ein HotSpot in Europa für radikale Bootskonstruktionen und Versuchsboote die mit vielen physikalischen Tricks die klassische Segelphysik aushebeln wollen. Die schnellsten und extremsten Schiffe Europas treten hier gegeneinander an. Also durchaus ein Grund um mit einem familientauglichen Performance-Cruiser, wie der Rommel 33, an diesem Event teilzunehmen und sich einem Vergleich zu stellen. Der 66 Meilen Kurs der Bol d’Or auf dem Genfer See. Als wir am Samstagmorgen von Versoix nach Genf zur Startlinie segelten blies der Wind bereits mit 20 bis 22 Knoten. Folglich zogen wir es vor, die Fock anzuschlagen, zumal bei dem Nordost-Wind ein sehr lange Kreuz bevorstand. Was wir allerdings nicht beachteten, dass sich in diesem riesigen Startgetümmel der reale Wind nur noch zwischen 12 und 16 Knoten bewegte. Aber mitten in der Startphase nochmals die Segel zu wechseln schien uns aber nun deutlich zu riskant. Was wir ebenfalls nicht berücksichtigten, war die enorme Kreuzwelle die durch die vielen Begleit-Motorboote verursacht wurden. 3 bis 4 Beaufort unter diesen Bedingungen sind einfach zu wenig um mit der Fock zu starten und mit dem nötigen Druck durch die Welle zu kommen. Raphael hatte zum Glück noch eine schwere Genua mit dabei. Nach kurzer Diskussion nach dem 4. Kreuzschlag haben wir uns entschieden, in einer Wende auf die schwere Genua zu wechseln. Christoph hat das Manöver perfekt vorbereitet und auch einen tollen Job auf dem Vorschiff gemacht. Nach 30 Sekunden war die Fock unten, die Genua oben und wir segelten nach der Wende auf dem neuen Kurs 1,5 bis 2 Knoten schneller und somit mit deutlich mehr Speed weiter. (Man lernt nie aus!) . Da wir alle zum ersten Mal am Genfer See segelten und nicht genau über die Winddrehungen bescheid wussten, kreuzten wir am Schweizer Ufer relativ weit nach oben bis fast nach Morges. Im Nachhinein kann man es ja sagen, die letzten zwei Kreuzschläge hätten wir uns sparen können, da der Nordostwind vor Le Bouveret immer stärker raumte. Wir hatten zwar am Schweizer Ufer stärkeren Druck, aber mussten auch den weiteren Weg segeln. So ging es dann mit 8 bis manchmal sogar 10 Knoten und ein leichten Schrick auf die Wendemarke zu. Mittlerweile waren die Böen schon wieder knapp über 20 Knoten. Nachdem wir nach knapp 7 Stunden Le Bouveret gerundet hatten, wurde bei allen das Grinsen im Gesicht immer breiter, denn nach einer langen Kreuz steht nun einer langer Raumkurs an. Zunächst entscheiden wir uns mit halbem Wind etwas höher wie nötig zu laufen um dann den kleinen Genacker zu setzen. Der Wind frischte mittlerweile in Böen mit 25 Knoten auf. Nachdem der Genacker oben war beschleunigten wir auf einen Durchschnitts-Speed von 12 bis 13 Knoten, in Spitzen sogar 14 Knoten (nach GPS). Das ging so, bis wir das französiche Yvoire passierten. Nun galt es aber immer mehr Tiefe in Richtung Genf zu fahren. Da wir mit dem Genacker nun immer weiter abfallen mussten, ging trotz des starken Windes der Speedometer tendenziell nach unten. Folglich wechelten wir nun auf den Spinnaker und der Speedometer ging wieder nach oben. Spi-Segeln bei 20 – 25 Knoten Wind lässt jedes Seglerherz höherschlagen (Manchmal ist es aber auch nur das Adrenalin im Blut!). So ging es dann in Richtung Genf, immer der Ziellinie entgegen. Bis …, ja, … bis wir während einer Halse kurz vor Versoix einen Sonnenschuss fabrizierten. Die Spibaumnock ging nicht auf und just in diesem Moment traf uns eine Bö mit über 30 Knoten. Da wir uns in unmittelbarer Ufernähe befanden und unser Echolot nur noch 6 Meter Wassertiefe meldete entschieden wir uns den Spinnaker zu bergen. Zu allem Unglück rauschte uns bei diesem Manöver noch das Spifall aus, so das wir die letzen 5 bis 6 Kilometer nur noch mit der Genua raumschots segeln konnten. Der Speed sank auf 9 Knoten und damit auch kurzfristig die Stimmung an Bord. Auf den letzten 5 Kilometern segelten wir aber noch an einigen enthaupteten Booten (mit Mastbruch) vorbei und sahen auch noch den ein oder anderen Spinacker und Genacker platzen, so dass wir mit einem ausgerauschten Fall als einziges Malheur trotz des starken Windes keine weiteren Schäden zu vermelden hatten. Für uns nicht gerade windverwöhnte Bodensee-Segler war dies geradezu Champagner-Segeln. Nachdem Zieldurchlauf zeigte unser Tracker nicht die Ideallinie von 66 Seemeilen an, sondern aufgrund der langen Kreuz eine Strecke von 96 Seemeilen (ca. 178 km), für die wir 11 Stunden und 3 Minuten benötigten. Eckard Kaller vom Yachtclub Meersburg (Neueigner der Rommel 33 „Yellow Cab“) segelte als weiterer Bodenseesegler mit dem Schwenkkieler SAY „ICE“ ein bravuröses Rennen. Er rundete in Le Bouveret von unserer Wertungsgruppe als 13. (wir waren das 14. Schiff aber bereits mit einem Rückstand von etwa 50 Minuten gegenüber den Schwenckkielbooten) und lag nach dem Raumschotkurs kurz vor dem Ziel auf Höhe Versoix auf Platz 9 der Einrumpfboote. Leider brach bei 20 Knoten Speed unter Genacker das Ruderblatt, so dass er mit Schiff und Mannschaft von einem Rettungsboot geborgen werden musste. Von 511 gestarteten Booten (davon 38 Kats und viele weitere Extremkonstruktionen) kamen wir als 115 Schiff ins Ziel. Von 117 gestarteten Schiffen in unserer Wertungsgruppe erreichten wir den 10. Platz. Als Greenhorns vom Bodensee und ohne tiefer gehende Revierkenntnisse waren wir mit unserer Leistung bei der ersten Teilnahme an der Bol D Or ganz zufrieden. Schließlich waren die Boote vor uns bis auf ein 60 Fuß Schiff ausschließlich Schwenckkiel-Konstruktionen, z. B. wie die Psaros 40 oder diverse Psaros 33, tja und dann kamen wir mit unserem familientauglichen Performance-Cruiser. Bild: Zielfoto Rommel 33 Quattro SUI 2031 Der Kampf um den Sieg wurde eine Angelegenheit für die Schweizer Décision 35 Kat-Flotte. Die von Profis gesegelten Einheitskatamarane belegten die ersten acht Plätze. An der Spitze landete schließlich Dona Bertarelli mit Yann Guichard am Steuer. Sie distanzierte das Extreme Sailing Team Realstone und ihren Bruder Ernesto Bertarelli mit Alinghi nur um zwei und vier Minuten. Die drei Katamarane rasten mit 25 Knoten auf das Ziel zu. 300 Meter vor der Ziellinie überholte Dona Bertarelli den Realstone-Cat und kam 50 Meter vor ihm ins Ziel. Bild: Dona Bertarelli mit ihrem Ladycat © Loris von Siebenthal Der fliegende Hydros-Katamaran kam nur auf Rang neun rein. Auch der hochgewettete GC32-Kat von Flavio Marazzi hätte das Potenzial für den Sieg gehabt. Er raste aber mit 31 Knoten auf Treibgut und beschädigte sein Steuerbord-Foil. Schließlich ging er als 17. über die Linie. Der Einrumpf-Sieger der Bol d’Or “Syz&Co”, eine Psaros 40. ©MiguelBueno Die Psaros 40 “Syz & Co” von Jean Psarofaghis, die zuvor zweimal gewonnen hatte, brach den Monohull Rekord um 35 Minuten (Gesamtplatz 24.). Voraus segelte zuerst der ExtremNeigekieler “Stravaganza”, der in der Startphase mit seinem Bleitorpedo am Neigekiel nur knapp unser Heck verfehlte und später aufgeben musste. Bild: Stravaganza © Loris von Siebenthal Die Libera “Raffica” lag bei den Einrumpfbooten längere Zeit in Führung. Nachdem die Psaros 40 unter Spi immer mehr aufholte, musste die Raffica das Gleiche tun, um die Führung zu verteidigen. Allerdings brach dabei der Mast und die Libera kenterte durch. Bild: durchgekenterte Raffica (Ex-BTV) © Loris von Siebenthal Auch wenn für die eine oder andere Extremkonstruktion bei 6 bis 7 Beaufort die Grenzen deutlich überschritten wurden, so segelten wir mit unserer Rommel 33 ein sicheres Rennen und hatten eigentlich nie das Gefühl, dass wir in den Grenzbereich des Schiffes kommen. Im Nachhinein war es eine phantastische Regatta, in einem traumhaft schönen Revier bei gigantischen Segelbedingungen. Bild von links: Cristoph Hardt, Markus Olbrecht, Roland Ledergerber, Matthias Auer, Raphael Vogel Übrigens, wer einmal einen der schönsten und renommiertesten Segelclubs in Europa sehen will, sollte einmal die „Societe Nautique de Geneve“ besuchen (tolles Clubrestaurant edle Dachterasse mit fantastischer Aussicht und eine schicke Bar – lohnt sich auch bei einem Besuch ohne Boot!) Allerdings ist die Vitrine mit dem Admirals-Cup mittlerweile leider leer.